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Zu Früh

Kurzgeschichte
von

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Zu Früh

So, mal wieder eine meiner freien Arbeiten. Die ja bekanntlich nie besonders lang sind!^^

Ich habe auch diesmal wieder versucht mich an die Merkmale einer typischen Kurzgeschichte zu halten. Als Anmerkung: die Inspiration meiner Geschichte ist der erste Satz. Entnommen aus der Geschichte "Grube und Pendel" von Edgar Alan Poe. ich besitze keinerlei Rechte an diesem Satz, sondern hab ihn lediglich in meine Geschichte eingefügt...
 

Viel Spaß und ich würde mich über kommis freuen!!!
 

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Ich war geschwächt und krank- zum Tode krank von der langen Qual; und als man mir schließlich die Fesseln abnahm und ich mich setzen durfte, spürte ich wie mir die Sinne schwanden.

Benebelt von den Schmerzen in meinem Körper schielte ich noch ein letztes Mal durch meine Blutverklebten Wimpern. Das letzte was ich auf Gottes schöner Erde sehen würde, waren die dreck- verschmutzen Stiefel meiner Peiniger. Dann wurde es schwarz um mich herum und mein Geist irrte durch dunklen Nebel. Verzweifelt versuchte ich das endgültige Licht zu erreichen. Ich wollte endlich meine Erlösung und ins Licht gehen. Doch wie sollte ich das Licht erreichen, wenn ich es nicht einmal sah. Mein Geist streifte ziellos umher, und wollte nicht ruhen ehe er das Licht gefunden hatte. Aber wo war es? Sollte ich von einer Hölle in die nächste kommen. Von den Schmerzen in das rastlose Umherziehen und die Sehnsucht nach Frieden?

Doch da durchfuhr es mich wie ein Peitschenschlag. Würde ich vielleicht nicht sterben? War dies hier nicht mein Ende? Die Verzweiflung über die endlose Schwärze der Nebelschwaden wich einem weitaus stärkeren Gefühl! Mein Wille war geweckt worden. Erwacht aus seinem viel zu langen Schlaf. Entfesselt durch den unsäglichen Schmerz, den ich hatte erleiden müssen. Ich würde weiter leben! Ich wollte weiter leben! Ich musste leben!

Mein Geist gierte nach Rache. Viel zu lange hatte ich gelitten, viel zu schnell hatte ich mich selbst aufgegeben. Zu früh hatte mein gequälter Körper meinen Geist eingesperrt. Unglaubliche Wut loderte wie eine Flamme durch meinen Körper, und gab die letzten Kraftreserven, die ich in mir trug frei. Ich würde nicht sterben!

NEIN! Mit dem letzten Wort erwachte ich aus meiner Ohnmacht. Und mit meinen Sinnen kamen auch die Schmerzen wieder, doch diesmal beachtete ich sie nicht. Die Konturen meiner Umgebung schärften sich langsam, auch wenn mein Blick immer noch getrübt vom Fieberwahn war. Die modrigen Wände meiner Zelle schlossen mich wieder ein. Eingepfercht wie wildes Getier hockte ich zitternd auf dem Boden, doch dieses Mal zitterte ich vor Wut. Diese Enge, die mich so lange eingesperrt hatte, entfesselte meinen ganzen Hass und der fiebrige Glanz meiner Augen wurde von diesem rein gewaschen. Zwar war mein Wahn gegangen, aber meine Entschlossenheit war geblieben.

„Ihr kriegt mich nicht klein!“, schrie ich so laut es meine ausgetrocknete Kehle hergab. „NEIN!“

Unter anderen Umständen wäre ein langer Schmerzensschrei gefolgt, doch ich biss mir auf die Lippe bis sie blutete, bloß um diesen zu unterdrücken. Das Atmen fiel mir schwer und ich litt Qualen in diesem Drecksloch, die sich kein Mensch je vorstellen kann. Ich war ein gebrochener Mann. Doch selbst Brüche konnten heilen.

Hier hatten sie eine elende Tradition, damit die Häftlinge in der immer währenden Dunkelheit die Zeit nicht vergaßen. Zum Jahrestag seiner Ankunft wurde jeder 20 Minuten lang ausgepeitscht. Heute war mein 4. Jahrestag gewesen. Sie hatten mich fast soweit gehabt. Meine Kapitulation war nahe gewesen und ich war versucht um den Tod zu betteln. In dieser ewigen Einsamkeit und Dunkelheit drehte man langsam durch. Alles verschmolz und wurde zu Schmerz.

Ich dachte an meine wunderschöne Ehefrau und an meinen kleinen Sohn, der damals 6 gewesen war, als ich ihm entrissen wurde. Ich weiß nicht mehr viele Tage und Nächte ich in Erinnerungen an die beiden einfach nur da gesessen hatte, doch es gab mir schließlich den letzen Antrieb. Ich würde überleben. Ich ließ mich nicht klein kriegen! Noch 10 Jahre…10 endlose Jahre musste ich überstehen und ich war frei. Wieder ein freier Mann. 10 Jahre! Aber was waren 10 Jahre im Vergleich zur Ewigkeit? Mein Wille war zu stark um sich zu beugen, er würde sich nie wieder beugen, vor nichts und niemanden. Und so übte ich mich in Geduld.

Die Jahre vergingen und keine Sekunde verstrich in der ich nicht in Gedanken an meine Frau war. Ich würde sie wieder sehen, ich musste nur überleben! Tage und Nächte vergingen, doch davon merkte ich nicht viel, die Zeit verging immer gleich im Dunkel meiner Zelle.

Dann, endlich, an einem Tag, ich nehme an es war um die Mittagszeit, es konnte aber auch nachts gewesen sein, wurden mir die Augen verbunden. Ein letztes Mal wurde mir die Ehre zuteil meinen Jahrestag zu zelebrieren, doch diesmal ging kein Ton über meine Lippen. Innerlich zerriss mich der Schmerz fast, aber auch nur fast. Ich wusste, wenn ich dieses eine Mal noch überleben würde, dann würde ich sie endlich wieder sehen. Meine Familie. 14 Jahre Einsamkeit und ich würde sie endlich hinter mir lassen. 4 Jahre Verzweiflung, 10 Jahre Geduld!

Als ich das erste Mal wieder die Sonne sah, schmerzten meine Augen, doch es war ein angenehmer Schmerz, den ich leicht ertragen konnte. Ich fühlte das Gras unter meinen nackten Füßen und begann zu weinen. Ich weinte, und weinte bis ich keine Tränen mehr hatte. Meinem Körper sah man die jahrelange Quälerei an, ich musste schrecklich aussehen, doch innerlich war ich zum ersten Mal seit langem wieder heil. Endlich war auch dieser Bruch geheilt. Ich machte mich auf den Weg zu dem Hof, den ich einst mit meiner Frau zusammen errichtet hatte. Alles sah so aus, wie ich es verlassen hatte und das Tor stand offen. Vorsichtig trat ich auf den Innenhof und wollte meine Frau endlich wieder sehen, ich war sicher sie würde noch auf mich warten, denn das hatte sie mir einst versprochen.

Und dann sah ich sie auch schon. Auch sie war älter geworden und sah mitgenommen aus, aber nichts desto trotz war sie immer noch die schönste Frau, die ich je gesehen hatte. Doch dann blieb mein Herz stehen, ein junger Mann kam auf sie zu und umarmte sie herzlich und vertraut. Und sie, meine geliebte Frau gab ihm einen Kuss auf die Wange.

Das war zu viel für mich. Sie, für die ich überlebt hatte, für die ich zurückgekehrt war, für die ich alle körperlichen Schmerzen erduldet hatte, sie zerstörte mich jetzt auch von innen heraus. Das, was meinen Willen die Kraft gegeben hatte war verschwunden. Ein Schwarz, das mich von innen heraus auffraß. Diese Art von Schmerz konnte ich nicht ertragen.

Ohne bemerkt zu werden drehte ich mich um und ging. Ich konnte nicht weinen, nichts fühlen. In mir war nur noch Schmerz. Was all die Jahre meine Hoffnung gewesen war, zerstörte mich nun. Äußerlich ruhig entfernte ich mich immer weiter. 14 lange Jahre hatte ich gewartet. 14 Jahre mich in Geduld geübt. Doch jetzt fehlte sie mir. 14 Jahre! Und jetzt hatte ich eine Minute zu früh gehandelt.

Und so bekam ich die Worte des jungen Mannes gar nicht mehr mit „Auf wieder sehen Mutter!“
 

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Kommis immer gerne gesehen

LG eure trinithy



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  jyorie
2012-12-06T17:42:31+00:00 06.12.2012 18:42
Hi^^

irgendwie hatte ich schon die ganze Zeit mitgerechnet, wie alt der Sohn ist und es
mir schon fast gedacht, als du „junger Mann“ und „Kuss auf der Wange“ erwähnt
hast. Wenn die Hoffnung stirbt und alles dass woran sich der Mann all die Jahre
geklammert hat, das ist wirklich schlimm. Ich glaube der Scherbenhaufen könnte
nicht größer sein.

CuCu Jyorie

Von:  moonlily
2009-09-21T18:19:34+00:00 21.09.2009 20:19
Ich muss sagen, ich bin absolut beeindruckt, was du aus dem Anfangssatz von Poes Roman gemacht hast.
Du hast seine anfängliche Verzweiflung, die sich dann in Gedulden und Aushalten gewandelt hat, bis die 14 Jahre um waren, sehr gut beschrieben.
Nur das Ende ...
*schnüff*
Daran hat er gar nicht mehr gedacht, dass sein Sohn auch älter geworden ist und erwachsen.
Von:  Yami_no_cookie
2008-10-26T18:26:31+00:00 26.10.2008 19:26
Wow, die Story ist einfach nur der Hammer *auf favo pack*
Dein Schreibstil ist richtig gut und die Geschichte sowieso... einfach nur wahnsinn!


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