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Step Into My World

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ein frohes neues Jahr euch allen, auch wenn es viel zu spät kommt.
Vielleicht haben es einige gemerkt, aber ich habe das Ende des Kapitels "Step sixty-five" aus gegebenen Anlass geändert. Das hat verschiedenen Gründe. Aber ich habe mich dazu entschieden meine eigentlichen Verlauf der Geschichte wieder aufzunehmen und nicht eine spontan überlegte Idee, die ich vor einigen Monaten hatte.
Ich hoffe ihr verzeiht mir das und das ihr weiterhin dabei seit. Letztes Jahr um diese Zeit hab ich gemeint, das wir uns dem Ende nähern - Pustekuchen, hat voll geklappt wie wir sehen *lol*
Naja ich hoffe es dieses Jahr zu schaffen, also drückt die Daumen. Gruß und danke an alle Leser und Kommischreiber und natürlich geht ein großes Dank an meine Beta-Leserin Simone aka MangaMaus85.
Danke für all die Jahre in denen du meine Rechtschreibfehler korrigierst und meine wie Konfetti gestreuten Kommata sortierst. KNUDDEL Komplett anzeigen

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Step sixty-six… Rainbow

In the future, it's going to dye all colors of the rainbow Just only you, by your side Thank you, Today, Tomorrow there's happiness.
 

Kana Nishio, J-Pop Sängerin
 

Mamoru Chiba
 

„Maru-chan?“ „Hmm?“ ich sah zu Katrin hinunter, welche an meiner Hand lief, blieb stehen, kniete mich hin und rückte ihren Schal fest. „Was gibt es?“ Ich tippte ihr auf die Nase und schmunzelte. „Ich finde es toll, dass du mich vom Kindergarten abholst. Das musst du öfter machen.“ Beim Sprechen bildeten sich kleine Atemwolken vor ihrem Gesicht und ihre Wangen, sowie ihre Nase waren rot verfärbt vor Kälte. „Ja. Das ist toll, oder? Aber das geht eben nur diese Woche, weil deine Mama doch diese Fortbildung macht und deswegen nicht da ist.“ Ich stand auf und zog auch meinen Schal fester. In der letzten Woche hatte es sich nochmal sehr abgekühlt und ihm Radio redete man sogar wieder von Schnee. Seufzend streckte ich Katrin meine Hand wieder hin und wir machten uns weiter auf den Heimweg. „Maru-chan?“

„Ja Nezumi-chan?“

Mein Blick glitt zur ihr hinunter. Sie hatte einen angestrengten Gesichtsausdruck und ihre Nase kräuselte sich etwas. „Wenn du und Sano-oji-chan heiraten, dann darf ich zu dir auch Maru-oji-chan sagen, oder?“

Sofort blieb ich stehen und wurde rot. „Also…“ ich stotterte herum und versuchte darauf eine Antwort zu geben, die mich nicht in Verlegenheit brachte – es gelang nur mittelmäßig muss man dazu sagen.

„Also wir werden bestimmt nicht heiraten… u-und außerdem geht das in Japan nicht… wie-wieso so-sollte er das au-auch…“

Katrin schien das alles nicht zu interessieren. „Aber wenn, dann darf ich Maru-oji-chan sagen?“

Irritiert sah ich sie an und nickte, bevor ich mein Gesicht bis zur Nasenspitze in meinem Schal vergrub und mich wieder in Bewegung setzte.

Katrin freute sich über meine Antwort und begann von ihrem Tag im Kindergarten zu erzählen. Aber ich konnte mich gerade nur mit ihrer Frage beschäftigen.

„Sag mal Katrin?“

„Ja?“

„Wie kommst du darauf, dass dein Onkel und ich heiraten wollen? Hat er was gesagt, also Massanorie?“ Neugierig sah ich sie aus den Augenwinkeln an, während wir an einer Ampel standen und auf grün warteten.

„Nein. Aber ich fände das toll. Dann darf ich den Ring tragen und so.“

„Aha…“ über mich selbst verwundert, dass dies nicht unbedingt die Antwort war, die ich hörten wollte seufzte ich kurz auf. „Mamoru?“ „Ja.“ Kam es leicht frustriert von mir. <Wie dumm ich bin, ich kenne Massanorie gerade Mal einige Monate und wir sind noch gar nicht lang zusammen und außerdem können wir sowieso nicht heiraten, weil wir Männer sind und…>

„Mamoru?“ aus meinen Gedanken gerissen sah ich zu Katrin. „Ja?“ „Dein Handy klingelt und es war grün.“ Sie zeigte auf die Ampel, die gerade wieder umschlug, ich spürte die leichte Vibration in meiner Jackentasche und hörte meinen Klingelton.

„Ich sollte aufhören so viel zu denken.“ Kommentierte ich mich selber und nahm das Handy in die Hand.

„Ja Chiba?“

„Herr Chiba. Hier ist die Hochschule, ich wollte ihnen mitteilen, dass ab heute die Prüfungsergebnisse ausgehängt werden. Sie finden diese am schwarzen Brett in der unteren Etage des Hauptgebäudes. Egal wie das Ergebnis für sie ausgefallen ist, bitten wir darum sich die Prüfungsunterlagen bei Herrn Professor Doktor Tzumito Uyeda abzuholen. Sein Büro finden sie in Etage 3, Raum D4. Haben Sie noch Fragen?“

„Nein, danke für die Information.“

„Gerne. Ich wünsche Ihnen viel Glück. Falls sie nicht bestanden haben sollten, bitten wir ebenfalls darum, dass sie ihre Unterlagen in der Anmeldung abholen.“

Damit legte sie auf. Ich hatte ganz vergessen, was für eine Herzenswärme dort herrschte. Als wenn sie nicht schon wusste wer bestanden hatte und wer nicht. Schließlich hatte sie ja die Unterlagen von denen die nicht bestanden hatten schon vor sich liegen. Aber nein, jetzt musste ich wirklich zur Hochschule tingeln und mir den Mist selber ansehen.

„Katrin, wollen wir einen kleinen Umweg machen? Und du kommst mit zu meiner Hochschule? Oder willst du lieber zu Oma und Opa und…“ „Jaaaa. Ich will mit.“ Kam es sofort aus ihrem Mund und sie klatschte begeistert in die Hände, was mit Handschuhen sehr komisch aussah.

„Na gut. Dann ruf ich deine Oma an und sag ihr Bescheid. Sonst macht sie sich Sorgen.“
 

Wir waren doch etwas länger unterwegs und ich bereute es Katrin mitgenommen zu haben. Nicht das sie störte, aber ich merkte, dass ihr kalt war. Als wir das Hauptgebäude betraten, herrschte hier, anders als vor einer Woche, ein reges Treiben. Anscheinend hatten einige Kurse schon wieder angefangen. Ich beugte mich zu Katrin und rieb ihr kurz über die kalten roten Wangen. „Dir ist kalt oder?“ Katrin nickte leicht. „In der Cafeteria gibt es warmen Kakao, da hol ich dir gleich einen ok?“ „Ja.“ Kam es lächelnd von ihr.

„Du musst an meiner Hand bleiben, sonst verliere ich dich.“ Katrin sah sich neugierig um, nickte und drängte sich an mich. „Hier sind aber viele Leute.“ Ich schmunzelte. Wenn sie das schon viel fand, dann würde sie sich aber wundern was hier los war, wenn alle Vorlesungen wieder anfingen. Mit ihr an meiner Hand ging ich durch das Hauptgebäude zum schwarzen Brett, wo auch schon einige Studenten vorstanden und sich anscheinend andere Prüfungsergebnisse ansahen.

Mein Blick glitt über die Wand, bis ich den Zettel fand den ich suchte. „Was steht da überall?“ Katrin zupfte an meiner Hand. „Oh, das sind Prüfungsergebnisse. Weißt du, anders als in Deutschland werden hier die Noten in Listen ausgehängt. So das alle sie sehen können.“ „Das ist aber gemein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Dann kann man sich ja über die lustig machen, die nicht so gut sind und dann sind die traurig. Dass finde ich doof.“

Etwas verwundert sah ich zu ihr hinunter. Darüber hatte ich mir nie Gedanken gemacht, aber so unrecht hatte sie nicht. Diese Art der Notenpräsentation sollte natürlich Ansporn sein für alle gute Leistungen zu bringen, aber für die die schwach in der Schule waren, konnte es wahrscheinlich demütigend sein. „Hmm. Weißt du, darüber habe ich nie nachgedacht.“ <Besonders, weil ich das Problem nie hatte. Ich stand ja immer bei den besten 5.> schoss es mir durch den Kopf. Wieder suchte ich die Liste, fand sie dieses Mal aber sofort und schaute aus Gewohnheit auf die ersten drei Plätze.

„Hayashibara Megumi, Subawa Junichi, Yanami Ryo…“ murmelte ich nur und biss mir auf die Lippen, während mein Blick auf die Plätze vier bis sechs fiel. „Orikasa Nyo, Narasai Fumiko, Sakamoto Kazuya.“ Völlig erstarrt stand ich da und musste feststellen, dass ich nicht auf der Liste stand, jedenfalls nicht auf den Plätzen die mit dem Vermerk „erneute Zulassung“ versehen waren. Die Punktezahl der ersten sechs Leute lag zwischen 98 und 86, dann folgten die fünf anderen Namen. Mein Name war der letzte auf der Liste mit nur 65 Punkten und plötzlich verstand ich Katrins Einwand, was diese öffentliche Demütigung anging.

„Hast du eine gute Note?“

„Weißt du was? Du hast recht, das ist ein wirklich blödes System das wir haben.“

Damit kniete ich mich zu ihr und stupste ihr auf die Nase. „Wollen wir einen Kakao trinken gehen?“ „Ich hab dich lieb. Also sei nicht traurig.“ Damit umarmte sie mich, auch wenn ich nichts gesagt hatte so merkte sie anscheinend, dass es nicht so gut gelaufen war.
 

Nach dieser süßen Umarmung trabten wir zur Cafeteria. Ich wusste nicht so richtig was ich denken sollte oder wie ich mich fühlte. Gerade war ich innerlich leer und wusste nicht einmal was ich machen musste.

Die Cafeteria war fast leer und nur einige Tische waren belegt. Wir suchten uns einen Platz in der Nähe der Heizkörper.

„Wärm dich erst einmal auf, sonst bist du ein Eiszapfen bis wir bei Oma und Opa sind.“ Katrin legte ihre Hände an den Heizkörper, der hinter ihrem Stuhl hing, zog sie aber sofort wieder zurück. „Das ist heiß.“ Ich hing gerade meinen Mantel an die Stuhllehne und setzte mich. „Kann ich auf deinen Schoß und kuscheln?“ Schmunzelnd hob ich sie zu mir auf den Schoss und sie kuschelte sich in den Wollpullover den ich an hatte. „Das ist viel besser.“ Nuschelte sie nur, bevor sie ihre Tasse in die Hand nahm und anfing zu pusten. Ich lehnte mich zurück und starrte an die Decke. Was sollte ich denn jetzt tun? Alle meine Karten waren doch darauf ausgelegt, dass ich wieder studierte und nun war alles dahin. Eigentlich wollte ich nur noch heulen. Wieso lief dieses Jahr eigentlich noch schrecklicher ab als das Letzte?
 

„Guten Tag.“ Ich zuckte zusammen und sah nach vorne. Und wenn mein Tag nicht schon schlimm genug gewesen war, stand dort natürlich der Mann dem ich dieses Fiasko bestimmt zu verdanken hatte. “Guten Tag Professor Tzumito.“ Kam es nur höflich von mir. Und sofort schämte ich mich für meinen Gedanken. Ich war selber schuld, ich hätte mehr lernen können, hätte nicht so viel trinken müssen am Vorabend, hätte meine Post besser kontrollieren können und vielleicht hätte ich nicht so patzig in dem Gespräch sein dürfen.

„Guten Tag junge Dame. Du bist aber noch sehr jung für eine Studentin.“ Er lächelte Katrin freundlich an. Diese sah zu mir und schien etwas ratlos. „Mamoru, ich hab das nicht so gut verstanden…“ Ich lächelte sie an und nickte. „Entschuldigen Sie Professor Tzumito. Aber sie lernt immer noch japanisch und es fällt ihr schwer dann noch Dialekte zu verstehen.“ „Ah verstehe. Ja das ist ja immer das Problem, wenn man aus Hokkaido kommt.“

„Mamoru?“ Katrin zupfte an meinem Pullover. „Alles gut. Das ist ein Dialekt. Das gibt es doch im Deutsch auch.“ Katrin dachte nach und nickte. „Soll ich es dir erklären?“ „Ja, aber kannst du das auf Deutsch, weil ich im Kindergarten auch oft Wörter habe die ich nicht verstehe und Mama erklärt sie mir dann zu Hause.“ Ohne es zu merken, war sie selber ins Deutsche verfallen. Julia hatte mir schon gesagt, dass sie in letzter Zeit wieder öfter deutsch sprach und weniger japanisch. Sie meinte das käme daher, dass die Kinder im Kindergarten sich letztens etwas über sie lustig gemacht hatten, weil sie immer noch einen starken Dialekt hatte und einige Wörter noch nicht aussprechen konnte.

„Darf ich mich setzen?“ Ich sah wieder auf und sah zu Professor Tzumito, der sich den Stuhl zurück zog. „Natürlich. Ich wollte sowieso noch zu ihnen um meine Prüfung abzuholen und ich muss noch ins Sekretariat…“ ich wich seinem Blick aus. „Das klären wir gleich. Erst einmal sollten sie der jungen Dame Rede und Antwort stehen.“ Damit setzte er sich, stellte seine Tasche und seinen Kaffeebecher ab und wartete.

Etwas skeptisch war ich schon, aber Katrin zupfte ungeduldig an meinem Pullover.

„Maru-chan…“ „Ich erkläre es dir, aber auf Japanisch. Nicht auf Deutsch. Du musst mehr japanisch reden und weniger deutsch, sonst lernst du es nicht. Ich erkläre dir alles ganz einfach und wenn du ein Wort nicht kennst, dann ist das nicht schlimm.“ Katrin verschränkte die Arme und presste die Lippen aufeinander. „Nein.“ „Dann erkläre ich es dir eben nicht.“

„Doch… die anderen Kinder haben gelacht.“ Sie schniefte und ich konnte sehen, dass sie kurz vorm weinen war. „Sie haben mich gehänselt und haben mich Gaijin genannt.“ Ich zog die Luft scharf ein und schüttelte den Kopf. Natürlich hatte ich Massanorie auch schon so genannt, aber es war zwischen uns etwas anderes und ich würde ihn nie so vor anderen nennen. „Hast du das der Kindergärtnerin gesagt?“ Katrin nickte, während ich ihr mit meinem Ärmel die Tränen wegwischte. „Und?“ „Sie hat mit denen geschimpft, sie hat zu Mama gesagt, dass ich besser werden muss. Aber ich gebe mir schon ganz viel Mühe.“

Sie zog die Nase hoch und sah mich an. „Ich weiß, dass du das machst. Manchmal sind andere Kinder sehr gemein. Aber du darfst deswegen nicht weniger japanisch reden, du solltest stolz darauf sein, dass du schon so früh zwei Sprachen kannst. Deutsch und Japanisch. Das können nur ganz wenig Kinder.“ Wieder nickte sie, nahm ihre Tasse und trank einen großen Schluck Kakao. „Und Deutsch ist eine ganz schön schwere Sprache und Japanisch auch. Also ist das nicht schlimm, dass es mit einer von beiden nicht gut klappt.“

Sie stellte die Tasse ab und ich kitzelte sie etwas. Katrin quickte und hielt meine Hände fest.

„Magst du Kuchen?“ wir sahen beide auf und ich hatte fast vergessen, dass mein Professor – naja, mein ehemaliger Professor - dort saß. „Katrin hatte es diesmal besser verstanden und nickte. Professor Tzumito drehte sich um, zeigte auf die Vitrine, wo einige Sorten Kuchen angeboten wurden. „Du kannst dir eins aussuchen und wenn die Frau an der Kasse fragt, sagst einfach, dass der Mann bezahlt und zeigst dann einfach auf mich.“ Er lächelte sie an und hatte dieses Mal im Dialekt Edo gesprochen. Aber Katrin wäre nicht Katrin, wenn sie es nicht schaffen würde ein nettes Angebot auf ihre Art abzuweisen. „Mama und Maru-chan sagen, ich darf von Fremden nichts annehmen.“ Sie musterte ihn und trank ihren Kakao. Ich schmunzelte etwas. „Ist schon gut. Er ist ja mein Professor und ich bin dabei. Dann darfst du das.“ Sie legte den Kopf in den Nacken und schnaubte. „Das ist aber kompliziert. Zuerst darf ich nicht aber dann ja, das ist alles sooo schwer was Erwachsene wollen.“ Sie seufzte theatralisch auf, sprang dann aber doch sehr schnell von meinem Schoss und rannte zu der kleinen Kuchenauswahl.
 

Professor Tzumito lachte auf und winkte kurz zu der Bedienung, die anscheinend verstand was er meinte und sich ganz Katrin widmete.

„Wie geht es Ihnen?“

Ich nippte an meinem Kaffee und musterte ihn, ließ aber immer einen kurzen Blick zu Katrin schweifen. „Den Umständen entsprechend. Ich wäre noch zu Ihnen gekommen…“

„Ist mir bewusst. Dass sie keinen der Plätze bekommen haben tut mir leid, jedoch konnte ich mich nicht bei meinen Kollegen durchsetzen. Anscheinend ist diese Hochschule noch nicht bereit dazu Ehrlichkeit und Gradlinigkeit als eine Stärke von Studenten anzusehen.“

Jetzt war ich sprachlos. Er hatte gewollt, dass ich den Platz bekam? Dabei konnte gerade er mich doch nie leiden.

„Ich sehe sie sind Verwirrt.“ „Ähm, entschuldigen Sie, aber ich bin nur verwundert. Wenn ich offen sein darf…“ „Ich bitte darum.“ „… Sie haben nie ein großes Geheimnis daraus gemacht, dass sie mich nicht leiden können und da finde ich es nur…“ „Wie kommen Sie darauf, dass ich Sie nicht leiden kann?“ Nun schaute er leicht verwundert.

„Naja, Sie haben mich immer schlechter bewertet als andere Professoren und bei Vorträgen haben Sie meine Leistung immer herabgewürdigt.“

Er stellte die Tasse wieder ab und schmunzelte. „Und Sie denken das ist ein Zeichen für Missgunst Ihnen gegenüber?“ Nickend sah ich ihn an.

„Dann muss ich Sie enttäuschen und Sie müssen noch etwas an ihrer Menschenkenntnis arbeiten. Der Grund warum ich Sie oft schlechter bewertet habe, war nicht der das ich Sie nicht leiden kann, sondern das ich immer dachte, dass Sie mehr sein könnten als das was andere Dozenten sehen wollten. Sie waren so perfekt in ihren Leistungen und in ihrem Auftreten und ich wollte sehen was dahinter steckt. Ob sie wirklich das sind oder ob ich sie dazu bringen kann nicht nur ihr bestes sondern sich selbst einzubringen. Sie waren von der Leistung her immer ein besonderer Student, aber menschlich war da noch viel Potenzial und dieses Potenzial wollte ich sehen und das haben Sie mir letzte Woche gezeigt – sehr zu meiner Freude steckt in Ihnen also doch mehr als nur ein gesellschaftliches Abziehbild. Diese Universität hat viele Studenten und wenige schaffen es ihre Individualität zu behalten, während man sie vorbereitet in einer Gesellschaft zu arbeiten wo es ein klares Bild von Ärzten und anderen Berufen gibt. Ich freue mich immer wenn Studenten es schaffen dieses spezielle zu behalten, aber viele fallen unter dem Druck der Anpassung zum Opfer. Das ist in meinen Augen schwierig, aber auf mich will ja keiner hören.“ Er zuckte mit den Achseln.

Sprachlos sah ich ihn an und wusste nicht was ich sagen sollte.
 

Mein Blick wanderte an ihm vorbei zu Katrin, die gerade ihren Kuchenteller auf dem Tisch abstellte und mich anstrahlte. „Die haben Schokokuchen. Ich hab zwei Gabeln.“ Sie hielt mir eine hin und strahlte über das ganze Gesicht. Schmunzelnd nahm ich eine Gabel entgegen und hob sie wieder auf meinen Schoß. „Du bist ein Schatz Nezumi-chan.“ Ich gab ihr einen Kuss auf die Schläfe und drückte sie einmal. „Hab dich auch lieb.“ Kam es nur lachend von ihr, während sie sich schon das erste Stück in den Mund schob. „Was sagt man?“ Ich stupste sie an und deutete mit einem Kopfnicken in Professor Tzumitos Richtung. „Danke.“ Kam es nuschelnd. „Entschuldigung. Aber wenn es um Kuchen geht...“ „Keine Sorge, das verstehe ich.“ Er sagte einen Moment nichts, sondern beobachtete mich, was mich nervös machte.

„Was wollen sie denn jetzt machen?“

Sichtlich verunsichert wich ich seinem Blick aus und stocherte mit meiner Gabel in einem kleinen Krümel herum. „Nicht mit dem Essen spielen.“ Kam es von Katrin, die anscheinend darauf achtete das alles vernünftig lief. Sie nahm ein Stück Schokokuchen auf ihre Gabel und hielt mir diese hin. „Du musst was essen.“ Ihre Stimme war ernst und sie hatte ihre Augenbrauen zusammengezogen. Ich musste mir ein Lachen verkneifen und ließ mir das Schokokuchenstück schmecken. „Sonst sag ich Oma, dass du nichts isst.“ „Kleine Petze“ nuschelte ich nur und pikste sie in die Seite. Sie kicherte und zuckte leicht zusammen.

Seufzend kaute ich, schluckte und zuckte auf seine Frage mit den Achseln. „Wissen Sie, ich habe keine Ahnung. Bis jetzt gab es immer nur dieses Studium, aber in letzter Zeit bin ich mir nicht mehr sicher was ich machen soll oder was mir liegt. Meine Eltern sagen ich soll etwas machen was mir Spaß macht, aber ich weiß…“ ich stockte, weil ich bemerkte was ich gerade gesagt hatte. „Alles in Ordnung?“ Professor Tzumito sah mich fragend an. Ich nickte nur und versuchte das Ganze zu überspielen. „Ja… ich wollte sagen, dass ich eben nicht weiß was ich noch kann außer studieren.“ „Ich würde sagen Sie sind gut im Umgang mit Kindern.“ Er machte eine Kopfbewegung in Richtung Katrin. „Ja mit Kindern kann ich ganz gut. Es ist einfacher als mit Erwachsenen.“

„Na das ist perfekt.“

Daraufhin nahm er sein Handy, stand auf und ging einige Schritte.

„Was macht dein Lehrer?“

„Wenn ich das mal wüsste.“

Ich stützte meinen Kopf auf Katrins Kopf ab und seufzte. „Soll ich dir heute Abend eigentlich die Geschichte von Sailor Moon zu Ende erzählen?“

„Jaaaaaaaaa!“

Sie drehte sich ruckartig zu mir um und riss fast die Tassen vom Tisch. Gut, dass ich das voraus gesehen hatte und alles festhielt.
 

Katrin Lenjier
 

Der Lehrer von Maru-chan war ganz nett und ich bekam sogar noch einen Kakao, weil die beiden sich noch unterhalten haben. Aber irgendwie hab ich nicht verstanden worum es ging, denn der Lehrer von Maru-chan hat schon wieder komisch geredet und dann hab ich nicht alles verstanden. Aber Maru-chan war irgendwie komisch und als ich wissen wollte über was sie reden, hat er mir nur über den Kopf gestrichen und gemeint, das wäre was für Erwachsene. Das finde ich voll gemein, ich weiß doch schon total viel. Aber vielleicht ist Maru-chan noch böse, weil ich vorhin deutsch gesprochen habe.

Aber die anderen Kinder waren so gemein und als ich Geburtstag hatte wollte ich auch keinen einladen. Ich habe Mama gesagt, dass ich erst feiern will wenn Maru-chan wieder gesund ist, aber ich will keinen einladen. Die waren alle gemein und ich hab gedacht ich hätte Freunde gefunden.

Ich atmete ganz tief ein und aus, damit sich ganz viele weiße Wolken bilden. „Maru-chan schau.“ Doch Maru-chan schaute nicht, wir standen vor einem Tor und Mamoru machte gerade auch ganz viele weiße Wolken beim atmen.
 

„Maru-chan?“ „J-ja?“ erschrocken schaute er mich an und drückte meine Hand, bevor er sich zu mir beugte. „Tut mir leid Nezumi-chan. Eigentlich sollte ich dich nur vom Kindergarten abholen und nun zerre ich dich durch die ganze Stadt.“

„Aber ich mag es mit dir zusammen zu sein. Und… und als du krank warst, da hab ich dich ganz doll vermisst. Deswegen will ich jetzt ganz viel Zeit mit dir verbringen.“

„Ich hab dich auch vermisst. Und wenn wir später zu Hause sind, dann kuscheln wir und ich erkläre dir die Sache mit den Dialekten und wir reden noch einmal über die Kinder im Kindergarten, ok?“ Ich kräuselte die Nase und zog eine Schmolllippe. „Ich mag die nicht mehr.“ „Ich weiß, aber redest du trotzdem mit mir darüber?“ Er streichelte mir über den Kopf und ich nickte. „Aber nur du und ich und Sparky und Wolle, sonst darf keiner dabei sein.“ „Ok. Versprochen.“

Er seufzte. „Maru-chan warum sind wir denn hier?“

„Weil mein Professor mir gerade ein Vorstellungsgespräch besorgt hat, auch wenn ich das nicht wollte. Aber jetzt weiß ich nicht ob ich das machen soll. Weil ich gar nicht weiß ob ich so einen Beruf will.“

„Was für ein Beruf denn?“ ich zupfte an meiner Mütze und wippte auf und ab mit den Füßen.

„Als Lehrer in einer Kindestagesstätte…“

„Kindergärtner?“ „Nein… also ja… ja Kindergärtner…“ er legte seine Stirn in seine Handflächen und seufzte. „Das ist toll!“ rief ich und klatschte in die Hände. „Dann kannst du den ganzen Tag spielen und basteln und die Jungs in meinem Kindergarten wollen immer Fußball spielen, aber die Kindergärtnerinnen können das nicht und du kannst Mittagsschlaf halten.“ Ich grinste und sah Maru-chan an. Dieser lächelte etwas und seufzte leise. „Das macht bestimmt Spaß. Wenn ich groß bin, will ich auch was werden was mir Spaß macht.“ „Was?“ Maru-chan sah mich fragend an. „Das macht Spaß Maru-chan. Mama und Oma und Opa sagen, dass man Spaß haben muss wenn man arbeitet. Denn sonst ist das ganze doof.“ Maru-chan sah mich weiterhin an und lächelte schließlich. „Ich hab mir noch nie darüber Gedanken gemacht ob ich Spaß beim arbeiten haben will. Hmm, vielleicht sollte man wirklich machen was einem Spaß macht.“ Damit stand er auf und drückte auf die Klingel. „Ist das hier der Kindergarten?“ Maru-chan nickte und ich nahm mir vor, ganz brav zu sein, damit Maru-chan stolz auf mich sein konnte.
 

Mamoru Chiba
 

Lehrer in einer Kindertagesstätte… ich wäre selber nie auf so eine Idee gekommen. Aber Professor Tzumitos Schwägerin arbeitet in einer Kindertagesstätte und sie suchte noch nach einem Auszubildenden. Also hatte er sie kurzerhand angerufen und nun stand ich hier, weil sie mich kennenlernen wollte. Andrea hatte am Telefon nur gemeint, dass wir aufpassen sollten, falls es glatt wird. Ich hatte ihr nicht gesagt was ich noch vor hatte und somit musste ich das ganze wohl später erklären.

Dass ich sie vorhin als Eltern betitelt hatte war auch noch seltsam für mich. Dieser ganze Tag war seltsam, so viele Dinge auf einmal und das obwohl ich doch nur Katrin vom Kindergarten abholen sollte.
 

„Guten Abend.“ Ich sah auf und eine Frau kam auf uns zu. Sie trug eine Schürze und selbst jetzt wo es schon dämmerte konnte man den Glitzer drauf erkennen. Ok, das war nichts für mich.

„Sie müssen Chiba-san sein, nicht wahr?“ „Ja, bitte entschuldigen Sie die Umstände.“ Doch sie winkte nur ab. „Dann bist du wohl Katrin.“ „Ja. Es freut mich sehr Sie kennen zu lernen. Ich bin Lenjier Katrin.“ Ich schmunzelte. Das die Kleine sich so vorstellen konnte war mir neu, anscheinend wollte sie ihr bestes benehmen an den Tag legen.

„Du bist ja eine süße. Du musst mir sagen, wenn du mich mal nicht verstehst, ich komme nämlich auch aus Hokkaido und da kann es schon mal vorkommen, dass ich etwas anders rede.“ Katrin nickte und grinste. Anscheinend hatte Professor Tzumito seiner Schwägerin schon erzählt, dass es hier sprachliche Einschränkungen gab.

„Kommen sie erst einmal rein, heute ist es ja bitterkalt. Drinnen können wir uns dann richtig vorstellen.“ Sie öffnete das Tor mit einem Summer und ließ uns rein. Das Gelände war groß und war von einer Mauer umschlossen, an der verschiedene Büsche und kleine Bäume standen.

Drinnen war es angenehm warm und sehr hell. Anders als in Katrins Kindergarten, den ich persönlich nicht mochte. Aber darum ging es nicht, es war ein sehr guter Kindergarten und wer in diesen ging konnte später auf gute Grund- und Mittelschulen wechseln. Dieser Kindergarten war ein städtischer, nicht schlecht, aber ob die Chancengleichheit später gegeben war, wagte ich zu bezweifeln. Gleich im Eingangsbereich hingen unzählige kleine Kleiderhaken über denen verschiedenen Bilder von Tieren angebracht waren. An den Haken hingen Jacken, Pullover und anderes Zeug. Die Hausschuhe standen ordentlich unter den kleinen Bänken und nur ab und an konnte man einen verirrten Socken sehen.
 

„Warum sind denn hier die Bilder?“ Katrin zeigte auf die Kleiderhaken. „Oh weißt du, damit die Kinder sich merken können wo ihr Haken ist. Denn wenn sie in unseren Kindergarten kommen, bekommen sie ein Tiersymbol und dann finden sie ganz alleine ihren Platz. Außerdem ist es doch lustig.“ „Ja, sowas haben wir nicht. Ich hab ein kleines Fach und da stell ich meinen Schuhe rein, das ist wie in der Schule später.“

„Ja das machen viele Kindertagesstätten so. Aber wir wollten alles ganz bunt gestalten. Du musst wissen, ich hab in Japan studiert, aber ich war auch schon in Amerika, Deutschland und Schweden und habe mir dort Kindergärten angesehen und dort gearbeitet und nicht alles was wir hier machen ist wirklich kindgerecht – denke ich. Deswegen mach ich es anders. Weil doch Kinder wie du Spaß im Kindergarten haben sollen.“ „Ja…“ Katrin war völlig begeistert und deutete auf ein Schild mit einer kleiner Maus. „Schau Maru-chan. Nezumi. Das heißt Maus, so wie ich. Das würde ich gerne haben als Bild.“

Sie grinste und nahm dankend die Pantoffeln entgegen, die ihr die Dame hinhielt. „Wenn du magst Katrin, dann kannst du gerne hier den Gang runter laufen. Es sind noch vier andere Kinder hier und warten darauf abgeholt zu werden. Sie freuen sich sicherlich wenn noch jemand kommt.“ „Darf ich Maru-chan?“ Ich nickte nur und schon war sie weg.
 

„So, es freut mich, dass es so kurzfristig geklappt hat. Mein Name ist Tzumito Akeno. Es freut mich.“ „Chiba Mamoru. Danke, dass ich vorbei kommen durfte. Ihr Schwager, also Professor Tzumito, hat gemeint, dass sie noch nach jemanden suchen der hier arbeitet.“

„Das stimmt und gerade Männer sind in diesem Beruf Mangelware. Und mein Schwager hat gemeint, dass sie sehr kinderlieb sind und hat sie mir empfohlen. Normalerweise preist er mir ehemalige Studenten nicht so an, also müssen sie schon was besonderes sein.“ Ich schmunzelte kurz. „Besonders würde ich nicht sagen. Ich glaube auch, dass…“ „Akeno-san, Kamiya-San ist am Telefon. Er meint es wäre wichtig, wegen der Förderung.“ „Oh wie ungünstig.“ Sie drehte sich kurz um und winkte die junge Frau heran. „Chiba-san das ist Yuzuki-san. Yuzuki-san würdest du Chiba-san bitte in unsere Küche bringen. Wir müssten noch warmen Tee haben. Ich komme gleich.“

„Danke.“ Kam es nur schnell von mir, dabei wollte ich ihr doch gerade sagen, dass ich mir das eigentlich nicht so recht vorstellen konnte.

Yuzuki-san war wirklich nett, wir tranken kurz einen Tee und plauderten etwas, bevor eine Kinderstimme nach ihr rief.

Ich sah mich etwas um und musste feststellen, dass dieser Kindergarten ganz anders war als der von Katrin. Es war wirklich viel bunter und schon etwas chaotischer, aber das wirkte irgendwie passender für Kinder. Es gab verschiedenen kleine Gruppenräume, die auch mit Bildern von Blumen gekennzeichnet waren und einen große Raum mit einem Tisch. Darauf lagen verschiedene Bastelsachen herum.

„Maru-chan.“ Katrin kam aus dem Raum mit dem Gänseblümchen gestürmt und sah mich ernst an. „Du musst Möhrchen helfen!“ Mit einem total dummen Gesichtsausdruck sah ich sie an und ging in die Hocke. „Bitte?“ „Du musst Möhrchen helfen.“ Sie drehte sich um und deutet auf ein kleines Mädchen, sie war bestimmt jünger als Katrin und sah unsicher zu mir. Ich lächelte und bemerkte das Stofftier in ihrem Arm. „Hallo. Ich vermute du bist nicht Möhrchen?“ Das Mädchen lächelte matt und schüttelte den Kopf. „Das ist mein Stofftier.“ Kam es ganz leise von ihr. „Verstehe.“ Damit wandte ich mich wieder Katrin zu. „Und was soll ich nun tun?“ Katrin stemmte die Hände in die Hüfte und atmete tief ein und aus, als könne sie nicht fassen, dass ich sie nicht verstand. „Du bist doch ein Doktor und Möhrchen ist krank. Und ich hab Hana gesagt das du ihm helfen kannst.“ Das Mädchen, das also Hana hieß, kam langsam zu uns und beobachtete mich genau. Ich setzte mich auf den Boden und seufzte. Auf was für Ideen dieses Kind auch immer wieder kam, einfach faszinierend.

„Kannst du Möhrchen wirklich helfen?“ Ihre Stimme klang zaghaft und sie schien ein eher ängstliches Kind zu sein. „Ich weiß nicht, aber ich kann es versuchen.“ Was ritt mich denn plötzlich?

Hana sah Katrin fragend an, welche nur nickte. „Maru-chan kann das ganz bestimmt. Weißt du, Maru-chan ist ganz toll und lieb und er kann toll Geschichten erzählen und trösten und bestimmt kann er Möhrchen helfen. Das verspreche ich dir.“ <Memo: Katrin mal erklären, dass sie solche Versprechen nicht vergeben kann. Wenn ich nur genauso zuversichtlich wie sie sein könnte.>

Ich sah zu Hana und konnte erkennen, dass das Stofftier ein kleines weißes Schäfchen war, es hatte eine kleine Glocke um den Hals, aber eines der Füßchen hing etwas skurril an ihm hinunter. Das Mädchen wirkte traurig und drückte das kleine Schäfchen fest an sich. „Hallo Hana, ich heiße Mamoru. Und das Schäfchen heißt Möhrchen?“ Sie nickte. „Meine Oma hat es mir geschenkt… aber sie ist jetzt nicht mehr da…“ Sie schluckte und begann leise zu weinen. „Du kannst ganz viel weinen Hana. Weinen ist wichtig und mein Papa passt auf deine Oma auf, ganz bestimmt.“ Katrin strich Hana über den Arm und wollte sie trösten. „Ist dein Papa im Himmel, wie meine Oma?“ „Ja, und ich hab ganz viel geweint, aber Mamoru hat mich immer getröstet und du kannst gaaanz viel mit ihm reden und dann geht es dir besser.“

„Weißt du Hana, ich hab auch ein Stofftier. Einen kleinen Bären, den habe ich von meiner Mama und meinem Papa bekommen, als ich noch ganz klein war. Aber die beiden sind auch im Himmel; wie deine Oma und Katrins Papa. Und ich hab auch ganz viel geweint und das ist gut so. Und wenn dir Leute sagen, dass du nicht weinen darfst dann lügen sie. Denn wenn man nicht weint, dann geht es einem nur schlechter. Und mein Teddy war vor einiger Zeit sehr krank, aber…“ Sie musterte mich. „… ich habe eine sehr liebe und nette neue Familie und meine neue Mutter hat ihn wieder gesund gemacht.“ Sie sah mich mit großen Augen an und plötzlich war da ein wirklich hübsches Kinderlächeln zu sehen.

„Soll ich mir Möhrchen mal ansehen?“ Sie zögerte noch.

„Weißt du, ich verstehe das. Du hast das kleine Schäfchen lieb und willst nicht das man ihm weh tut. Und du willst es beschützen? Oder?“ Hana nickte und kam noch einen Schritt näher. „Weil deine Oma es dir geschenkt hat, aber nun ist es krank und eigentlich können nur Mütter und Großmütter Stofftiere wieder gesund machen. Aber ich glaube, wenn wir beide das zusammen machen dann können wir Möhrchen auch helfen, was meinst du?“

„Wieso können das denn eigentlich nur Mamas und Omas?“ Ich musste über ihre Frage lächeln. „Weißt du, dass hab ich…“ ich zögerte, schloss kurz die Augen und sah Hana dann wieder an. „…das hab ich meine Mama auch gefragt.“ Katrin setzte sich neben mich. „Meinst du Oma damit?“ Ich nickte. „Ja.“ Sie lächelte nur und nickte.

„Und was hat deine Mama gesagt?“ „Sie hat mir erzählt, dass Stofftiere etwas ganz besonderes sind. Denn wenn man sie an seine Enkelkinder oder Kinder verschenkt, dann hofft man, dass sie dem Kind Trost spenden, dass sie auf die Kinder aufpassen, ihnen Wärme und Geborgenheit vermitteln. Das was also Omas und Mamas sonst machen, sie sollen auf die Kinder aufpassen und sie trösten wenn mal keiner da ist und im Gegenzug kümmern sich Omas und Mamas um die Stofftiere.“ „Meine Mama hat keine Zeit, kannst du Möhrchen wirklich helfen?“ Ich nickte und sie streckte mir ihr geliebtes kleines Schäfchen hin.

„Wir schauen zusammen und du kannst ja die gesunde Pfote von Möhrchen halten, damit er keine Angst hat.“ Hana setzte sich zu mir und hielt die Pfote von Möhrchen die noch ganz war. Ich konnte eine Bewegung aus den Augenwinkeln sehen, Yuzuki-san schob mir ein kleines Nähset über den Tisch. Ich nahm es mit einem nicken und unterhielt mich weiter mit Hana, während ich die Pfote wieder an den kleinen flauschigen Körper nähte. Am Ende band ich einen kleinen Verband herum und reichte Möhrchen wieder an Hana.

„So, aber du musst jetzt Möhrchen pflegen. Er darf zurzeit nicht viel toben und muss viel Schlafen. Passt du darauf auf, dass er das macht?“ Hana nickte und plötzlich umarmte sie mich. „Danke Maru-chan.“ „Ja danke!“ Katrin sprang auf und umarmte mich ebenfalls stürmisch. „Komm Hana. Wir spielen noch was?“ Hana nickte und die beiden Mädchen liefen wieder in einen anderen Raum.

„Ich glaube, ich habe alles gesehen, was ich musste.“ „Tzumito-san.“ Ich stand auf und verbeugte mich. „Entschuldigung, ich wollte nur…“ „Alles in Ordnung. Hana ist ein sehr verschlossenes Mädchen und ich hab sie zum ersten Mal seit langem wieder lächeln sehen. Und normalweise darf niemand Möhrchen anfassen. Also Chiba-san, wenn sie wollen dann würde ich sie gerne bis April als Praktikanten einstellen und wenn wir uns beide Einig sind, dann könnten wir über eine Ausbildung sprechen. Was sagen Sie?“
 

Irritiert sah ich sie an, als ich ein zupfen an meiner Hose bemerkte. Ein kleiner Junge stand neben mir. „Ich heiße Ryu.“ „Hallo Ryu.“ „Kannst du Fußball spielen?“ Ich lachte leise und nickte. „Ja, kann ich und zwar ganz gut und du Ryu, spielst du Fußball?“ „JA!“ er grinste und ich wuselte ihm durch die Haare. „Yuzuki-senpai, kommt Maru-chan morgen und können wir dann Fußball spielen?“ „Also erst einmal ist es nicht höflich Chiba-san so anzureden und ich muss Chiba-san noch ein bisschen was von uns erzählen.“ Sie nickte mir zu und ich folgte ihr in ein kleines Büro.

„Verzeihen sie Ryu, er ist ein kleiner Frechdachs und testet seine Grenzen gerne aus. Aber ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass ein Mann im Team gerade für die Jungs nicht bereichernd wäre.“

„Ich weiß gar nicht ob ich als Lehrer für den Kindergarten tauge.“ Kam es etwas skeptisch von mir. „Wirklich?“ sie schien ernsthaft überrascht. „Also wenn Sie meine Meinung interessiert, dann habe ich selten jemanden erlebt der so schnell mit Kindern so gut zurechtkommt. Gerade Kinder wie Hana sind, was Fremde angeht, sehr skeptisch und zurückhaltend und Sie haben sie sofort für sich gewonnen. Das allein zeigt mir, dass Sie wahrscheinlich sehr geeignet sind.“ Sie bemerkte meine Skepsis. „Haben Sie Fragen oder kann ich ihre Bedenken irgendwie aus dem Weg räumen?“

„Verstehen Sie mich nicht falsch, ich mag Kinder. Sie sind teilweise einfacher zu verstehen als Erwachsene und deswegen komme ich mit ihnen gut klar. Aber ich wollte immer…“ ich zögerte und suchte nach den richtigen Worten. „Sie wollten einen Beruf wo man mehr Anerkennung und Prestige hat als ein Lehrer für Kindergärten.“

Ich wurde rot und wollte verneinen, doch sie hob nur die Hand. „Sie müssen sich nicht entschuldigen. Ich finde es gut, dass Sie ehrlich sind. Das finde ich besser, als wenn man Dinge nur macht oder sagt weil andere sie hören wollen. Am Ende ist ihre Entscheidung die, die ich respektiere. Aber falls ihr zögern daher rührt, dass ich sie am Ende nicht einstellen würde weil sie zum Beispiel mit einem Mann zusammen leben, dann kann ich beruhigen, das interessiert mich nicht. Für mich sind ihre pädagogischen Kompetenzen wichtiger und davon scheinen Sie einige mitzubringen.“ Völlig entsetzt sah ich sie an. Woher bitte wusste sie das denn? „Woher?“ „Oh entschuldigen Sie, mein Schwager meinte, als er sie ankündigte, dass sie die Nichte ihres Lebensgefährten mitbringen und ob das in Ordnung wäre.“

Ich sagte nichts sondern nickte nur. Anscheinend war es ok, mit dem Umstand schwul zu sein hausieren zu gehen, solange es um andere ging. Seufzend dachte ich nach.
 

<Warum eigentlich nicht? Ich hab ja sowieso nichts zu verlieren. Es ist ja nur ein Praktikum und wenn es bis April nicht klappt, dann such ich mir eine andere Arbeit. Vielleicht liegt es mir ja wirklich und wie Katrin meinte, es könnte Spaß machen.>

„Wie gestaltet sich denn die Ausbildung?“

Yuzuki-san lächelte und schien sich zu freuen, dass ich nicht sofort ablehnte.

„In Japan gibt es für die Arbeit in Kindertagesstätten Ausbildungsformen auf verschiedenen Niveaus. Das erste Niveau ist eine 2-jährige Ausbildung auf dem sogenannten Junior-College-Niveau. 80 Prozent der Lehrer in Kindertagesstätten haben diesen Abschluss. Es gibt auch die Möglichkeit, eine 4-jährige Ausbildung an einer Universität zu machen, die mit einem Bachelor-Abschluss abschließt und ebenfalls für die Arbeit in Kindertagesstätten befähigt. Die Arbeit mit diesem Abschluss wird aber ähnlich oder fast gleich entlohnt wie die 2-jährige Ausbildung. Man kann danach noch durch spezielle Zusatzkurse einen Master anschließen, aber auch das bietet nicht die Chance wesentlich mehr zu verdienen als mit anderen Abschlüssen. An der Shukutoku Universität können sie die 2-jährige Ausbildung machen. Dabei wechseln sich Praxis und Theorie in Blockseminaren ab.“

„Das heißt, ich könnte in zwei Jahren schon fertig mit der Ausbildung sein?“ „Ja sicherlich. Wobei die Shukutoku Universität zu 60% von Frauen besucht wird und Sie dazu auch noch wahrscheinlich der Älteste in den Seminaren wären, aber wenn Ihnen das alles nichts ausmacht, dann ja könnten Sie in zwei Jahren fertig sein.“

„Und Beginn wäre regulär im April?“

„Genau und davor würden wir schauen ob Sie mit uns arbeiten können und wir mit Ihnen. Das wäre deswegen hilfreich, weil Sie dann schon einen Kindergarten hätten um die Praxisseminare halten zu können. Außerdem werden Männer in allen Einrichtungen gesucht, das heißt Sie würden auch keine Problem haben nach den zwei Jahren eine Stelle zu finden, falls Sie dann nicht bei uns bleiben wollen.“

Sie lächelte und zwinkerte mir zu. „Aber das wollen wir mal nicht hoffen.“
 

Wir stiegen gerade aus dem Bus, als Katrin stehen blieb und gähnte. „Ich bin müde.“ Lächelnd kniete ich mich hin. „Na komm, ich trag dich huckepack.“

Sie hatte ihre Arme um meinen Hals geschlungen und ich hörte wie sie regelmäßig atmete. Heute war ein komischer Tag gewesen.

Zuerst hatte mich Katrin gefragt ob Massanorie und ich heiraten wollten.

Dann erfuhr ich, dass ich durch die Aufnahmeprüfung der Uni gefallen war, bekam daraufhin ein Vorstellungsgespräch aufgezwungen von einem Mann, von dem ich dachte er könne mich nicht leiden.

Ich hatte einem Schäfchen in einer Not-OP seine Pfote gerettet und zum Abschluss des Tages hatte ich einen Praktikumsvertrag unterschrieben bis zum 31. März.

<Und ich habe Andrea und Seijiro vor anderen als Eltern bezeichnet und hab Andrea später als meine Mutter tituliert.> schoss es mir durch den Kopf. Seltsam, wenn man bedachte, dass genau das das Thema heute Morgen bei meiner Therapeutin gewesen war.

Irgendwie waren wir mal wieder auf dem Thema hängen geblieben und sie meinte, ich würde eventuell Schuldgefühl gegenüber meinen Eltern haben. Deswegen würde ich Seijiro und Andrea nicht so anreden. Außerdem sollte ich mit meinen Eltern reden, ihnen sagen, wie es mir ging und wie ich mich fühlte – aber ich war eigentlich nicht der Typ der am Grab mit einem Grabstein redete. Daraufhin meinte die Therapeutin nur, dass es wichtig sei, dass ich ihnen sagte wie ich mich fühlte und ich dürfte keine Angst vor der Zurückweisung von Andrea und Seijiro haben, das wäre wohl auch ein Grund warum ich mich nicht zu 100% auf diese Eltern-Sohn Beziehung einlassen würde, meinte sie.
 

„Wieso müssen sich an einem Tag so viele Knoten ansammeln?“ kam es resigniert von mir. „Mamoru?“ Ich zuckte zusammen, als Katrin ihren Griff festigte. „Bist du traurig?“

Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Nur ist heute alles so schwierig gewesen.“

„Wieso?“ „Ach weißt du, solche Sachen sollte ich wohl nicht gerade mit dir bereden. Schließlich bis du noch ein Kind.“ Plötzlich spürte ich ein zwicken im Ohr. „Ich will runter.“

Ich ging in die Hocke und ließ sie runter und schon im nächsten Moment stand sie vor mir und tippte mir gegen die Stirn. „Du darfst das nicht sagen. Ich habe dich doch lieb und ich kann dir auch helfen. Ich hab viele tolle Ideen und kann viele Dinge auch schon verstehen über die die Erwachsenen reden.“ Lächelnd nahm ich ihre Hand und küsste sie. „Du hast recht. Es tut mir leid, dass war dumm von mir. Aber heute war es so einfach ein doofer Tag.“ „Aber wieso denn?“ Sie sah mich verwundert an. „Wir haben Kakao getrunken und Kuchen gegessen und dein Lehrer war ganz nett und dann haben wir Hana geholfen und du darfst jetzt auch, wie ich, jeden Tag in den Kindergarten. Und du hast Oma Mama genannt, das ist doch toll. Weil ich weiß das Oma und Opa dich ganz doll lieb haben, so wie ich und Sano-chan und Mama. Ich finde das war ein ganz toller Tag. Wir haben ganz viele Abendteuer erlebt und jetzt gehen wir nach Hause und Oma hat gekocht und ich kann Opa und Sano-oji-chan erzählen was wir erlebt haben. Und dann erzählst du mir noch eine Geschichte über Sailor Moon. Das war richtig toll heute.“ Sie grinste und wippte auf und ab.
 

In meinem Leben hatte ich mir angewöhnt immer nur das Schlechte zu sehen, das Gute war nie gut genug. Katrin war das genaue Gegenteil, sie sah nur das Gute und alles andere war nicht so schlimm. Und wenn man es so wie sie sah, dann hatte ich einen tollen Tag. Vielleicht, aber nur vielleicht hatten sich keine Knoten gebildet, sondern gelöst?

Wir liefen weiter und ich konnte schon das Haus sehen und freute mich auf ein warmes Essen und auf eine heiße Dusche. Andrea öffnete uns die Tür als wir gerade den Weg hochkamen. „Na da sind ja unsere Weltenbummler. Da schickt man dich los zum Kindergarten und du machst eine ganze Reise daraus.“ Sie lachte und Katrin fiel ihr um die Beine.

„Oma, heute war ein Regenbogentag.“

„Ein was?“ sie sah zuerst mich an, doch ich zuckte mit den Schultern.

Die kleine Maus lachte auf. „Weil wir ganz viele einzelne Dinge gemacht haben, aber alles zusammen ist es wie ein Regenbogen. Der hat doch auch viele bunte Farben.“

„Was für ein hübscher Vergleich.“ Sie küsste Katrin auf die Stirn und sah mich an fragend an, als ich vor der Tür stehen blieb. „Was ist los?“

Ich sah sie an und hinter ihr erschien Seijiro. „Alles gut? Ich dachte schon ihr wolltet gar nicht wieder kommen.“ Regungslos blieb ich stehen und mir gingen Katrins Worte nicht mehr aus dem Kopf. Ich wollte es, ich wollte es zu 100%, aber ich hatte Angst. Wenn ich nur etwas so wie Katrin sein könnte, es einfach sagen, einfach raus damit.

„Nun komm schon rein Mamoru. Deine Mutter hat gekocht und ich will wirklich keine kalte Lasagne essen.“ Er streckte seine Hand zu mir aus. Das hier war perfekt und ich hatte es bekommen, nicht wegen guter Noten oder wegen einer Leistung, sondern nur weil ich, ich war. Und das war genau richtig gewesen.

Ich griff nach seiner Hand.

„Kalte Lasagne ist auch lecker… Papa.“ Für einen kurzen Moment sah er mich an und plötzlich zog er mich in eine feste Umarmung und ich spürte wie er mich auf den Kopf küsste. „Ich bin stolz auf dich.“ Hörte ich ihn wispern und plötzlich schien es so einfach zu sein. Ich lachte leise und konnte die Tränen kaum zurück halten. Es fühlte sich gut an, es war alles was ich je wollte. An meinem Arm spürte ich eine weitere Hand und ich sah trotz des leichten Tränenschleiers wie mich Andrea ansah und lächelte. „Danke Mama, für alles.“ Auch sie konnte die Tränen kaum zurück halten und umarmte mich ebenfalls.
 

„Können wir nun essen?“ Ich sah auf und sah zu Massanorie, der lächelnd im Flur stand und die Arme verschränkt hatte.

„Ja können wir Massanorie. Jetzt sind wir komplett.“ Mein Vater sah mich an und strubbelte mir durch meine Haare.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  blackholmes94
2017-02-21T19:04:44+00:00 21.02.2017 20:04
Professor Tzumito ist mein Held in diesem Kapitel xD
Bin gespannt wie Massanorie und seine Eltern (endlich hat er es akzeptiert) auf seine neue Siuation als Kindergärtner reagieren werden ^^
Freu mich auf mehr!


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