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Shiomari

Waffen, Brüder und andere Probleme
von

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Inochi to Shi

Shioken war eine lange Zeit immer Richtung Nordosten über das Land getobt, hatte Felder, Dörfer und Wälder zerstört, bis er schließlich an das Meer gelangte, kehrt machte und nun in südwestliche Richtung raste. Noch immer zu schnell, als dass die meisten Lebewesen ihm hätten erfolgreich entkommen können, aber inzwischen doch ein wenig gemächlicher, als hätte er erkannt, dass es keinen Grund zur Eile gab, sondern ihm früher oder später ohnehin alles Leben zum Opfer fallen würde.
 

Auf ihrem Weg Richtung Kinai hatten Hinagiku, Kaoru und Inochiyume den Chūneji-See inzwischen hinter sich gelassen und waren ebenfalls in die Nähe des Nikkō-Futarasan-Schreins gelangt. Hinagiku hatte entschieden, dass sie diesem Schrein einen Besuch abzustatten würden, bevor sie ihren eigentlichen Weg fortsetzen würden. Die Bemerkung Kaorus, dass sie auf diese Weise nur schwerlich die Reisegruppe von Haru einholen würden, wenn die Prinzessin jeder ihrer Launen nachgab, wurde mit einer harschen Zurechtweisung als falsch und unsinnig abgetan, bevor die Prinzessin sich überraschend doch die Mühe machte zu erklären, dass um den Schutz der Berggötter zu bitten, noch nie einem Menschen geschadet hatte.
 

Hinagiku hatte ihre Rede noch nicht ganz beendet, als plötzlich die Pferde nervös wurden und scheuten, sodass die Prinzessin und ihr Leibwächter Mühe hatten sie unter Kontrolle zu halten, während gleichzeitig Vögel und Insekten verstummten, einen kurzen Moment spannungsgeladene Stille herrschte und schließlich die Geräusche von verzweifelt flüchtenden Lebewesen zu hören waren.
 

Da vor und neben ihnen nichts zu entdecken war, was diese plötzliche Panik erklärt hätte, wandten die drei Reisenden die Köpfe und konnten hinter sich zunächst nur etwas gleißend Weißes erkennen, das für einen Augenblick weder näher zu kommen, noch sich zu entfernen schien. Die nach wie vor panisch flüchtenden Tiere und Yōkai bewiesen jedoch nur zu deutlich, dass dieses Etwas mit Sicherheit nicht harmlos war.
 

Für einen Sekundenbruchteil waren sowohl die beiden Frauen, als auch der Krieger von diesem bedrohlich wirkenden Weiß zu geblendet, um in irgendeiner Weise reagieren zu können, während dieses Weiß viel zu schnell die Konturen eines riesigen Katzenwesens annahm.
 

Kaoru war der Erste, der auf diese schnell näherkommende Gefahr reagierte, indem er dem Pferd der Prinzessin einen heftigen Schlag auf die Kruppe versetzte, es auf diese Weise davon jagend, sodass Hinagiku nichts anders übrig blieb, als sich darauf zu konzentrieren im Sattel zu bleiben und nicht vom Rücken des Pferdes zu stürzen, bis sie es wieder vollkommen unter Kontrolle hatte.
 

Unterdessen hatte Kaoru sich nicht damit aufgehalten, der Prinzessin nachzusehen, sondern noch im gleichen Moment sein Pferd auf der Hinterhand die Richtung ändern lassen, sodass er nun dem schlohweißen Katzentier direkt entgegensah, das sie beinahe erreicht hatte. Noch jedoch gehörte Kaorus Aufmerksamkeit nicht dem heranrasenden Ungeheuer, sondern dem jungen Mädchen, das sich bisher hinter ihm und Hinagiku befunden hatte.
 

Scheinbar zur Salzsäule erstarrt stand Inochiyume seit dem ersten Anblick der Pferdekatze mitten auf dem Weg und starrte dem Tier unverwandt entgegen, während sie das Gefühl hatte, dass sich die Zeit immer mehr verlangsamte, je näher ihr das Tier kam. Wieder konnte sie, wie nur wenige Tage zuvor bei dem scheinbar toten Rōnin, das Rauschen ihres Blutes in den Ohren vernehmen, fühlte sie wie sich ihr Herzschlag vervielfachte und sich ein nervöses Kribbeln in ihr ausbreite, während sie stocksteif auf die Ankunft des weißen Tieres wartete.
 

Kaoru fluchte beim Anblick Inochiyumes und stieß sie grob zur Seite, um sie doch noch im letzten Moment irgendwie vor dem Monster in Sicherheit zu bringen. Als er nur einen Wimpernschlag später sein Schwert ziehen und gegen das Wesen kämpfen wollte, berührte eine der Tatzen beinahe sanft Pferd und Reiter, ohne dass das Katzenwesen überhaupt zu bemerken schien, dass sich ihm jemand in den Weg gestellt hatte. Im nächsten Moment war das Katzenwesen auch schon wieder fort, weiter Richtung Südwesten, nur um auf diese Weise erneut an ein Meer zu gelangen und gleich darauf wieder die Richtung zu wechseln, in stupider Gründlichkeit Linie an Linie Ödland reihend, an das stetig hin und her gleitende Schiffchen eines Webstuhls erinnernd.
 

Währenddessen war von Kaoru und seinem Pferd nach der kurzen Berührung nicht mehr übrig geblieben, als die Kleidung und Bewaffnung des Vizekommandanten sowie Sattel und Zaumzeug seines Pferdes.
 

„Kaoru-san“, es war nur ein entsetztes, fassungsloses Flüstern, das sich Inochiyumes Kehle entrang, während sie sich eilig aufrappelte und die wenigen Schritte zu der Stelle lief, wo sich Sekunden zuvor noch der stellvertretende Kommandant befunden hatte. Ungläubig starrte sie auf die nun herrenlosen Kleider und konnte nicht begreifen, was gerade geschehen war. Von einem Moment auf den anderen hatte Kaoru einfach aufgehört zu existieren, hatte sich aufgelöst wie ein Hitzetrugbild, wenn sich die Luft abkühlt. Ihretwegen war Kaoru-san gestorben, weil sie nicht getan hatte, was notwendig gewesen war. Weil sie statt wegzulaufen, dagestanden und sich nicht gerührt hatte, sonst wäre es ihm doch sicher gelungen diesem Wesen standzuhalten, oder?
 

„Kaoru-san“, hilflos, flehend, als bäte sie darum, dass ihr der Krieger im nächsten Moment persönlich versichern würde, dass das alles nur ein dummes Missverständnis wäre und mit ihm alles in bester Ordnung wäre. Aber so war es nicht und würde es auch nie wieder sein.
 

Stattdessen raste in diesem Moment erneut das Katzenwesen heran, dieses Mal ungehindert und zielgenau auf Inochiyume zu, als würde es von ihr ebenso angezogen werden, wie umgekehrt.
 

Wieder schien sich die Zeit zu dehnen, wurden aus Sekunden scheinbar Stunden und war es dem Mädchen unmöglich davon zu laufen. Wieder rauschte das Blut in ihren Ohren, begann ihr Herz zu rasen und ihr Körper unruhig zu kribbeln, während ihr mit unumstößlicher Sicherheit klar wurde, dass sie das Tier nur würde berühren müssen, um es aufzuhalten. Wenn Leben und Tod ungehindert aufeinander trafen, würden sie sich gegenseitig aufheben, auf ewig zwischen Sein und Nichtsein verharren, zwischen Ende und Neubeginn.
 

Inochiyume wusste nicht, woher sie diese Gewissheit nahm, noch hatte sie eine Erklärung für die dreiste Anmaßung, dass ausgerechnet sie diejenige wäre, der es gelingen würde den Tod aufzuhalten.
 

Es war auch keine Zeit für solche Erklärungen, denn die Pferdekatze war beinahe heran und das Mädchen hatte bereits eine Hand gehoben, um in das Fell des Wesens zu greifen, als urplötzlich ein weiterer riesiger, silbrig rauchgrauer Schemen heranjagte, sich im Hals der schlohweißen Pferdekatze verbiss und im nächsten Moment ein gnadenloser Kampf zwischen den beiden Giganten entbrannte.
 

Sesshōmaru war Shioken zunächst der Spur der Verwüstung entlang gen Nordosten gefolgt, bevor er auf halbem Weg die Witterung von Hinagiku, Inochiyume und Kaoru südlich von ihm wahrgenommen hatte und zugleich bemerkte, wie sich Shioken ihm bereits wieder näherte, ihn hinter sich zurückließ und eindeutig auf die kleine Reisegruppe aus dem Norden zuhielt. Es blieb keine Zeit dafür, sich zu fragen, was die Prinzessin und ihre Untergebenen in dieser Gegend treiben mochten, es blieb auch keine Zeit dafür, zu überlegen, ob es ihm gelingen würde Shioken rechtzeitig einzuholen. Stattdessen nahm Sesshōmaru seine Gestalt als riesiger, rotäugiger Hund an und machte sich erneut an die Verfolgung des Katzenwesens, um gerade so verhindern zu können, dass auch Inochiyume dem ausschließlich Instinkt gesteuerten Katzentier zum Opfer fiel.
 

Während sich die vollkommen außer Kontrolle geratene Pferdekatze heftig gegen ihren Angreifer zur Wehr setzte, sich die beiden in einander verkrallten und verbissenen Gegner überschlugen, einander schwere Verletzungen zufügten, das Ausmaß der Zerstörung um sich noch vergrößerten und sich allmählich von Inochiyume entfernten, war es Hinagiku gelungen ihr Pferd wieder soweit zu beruhigen und zu beherrschen, dass sie zu ihrer Dienerin zurückkehren konnte. Entschlossen ihrem Leibwächter gründlich die Meinung zu sagen, was diesem einfiele ihr einen solchen Schrecken einzujagen.
 

Inochiyume fühlte sich merkwürdig benommen und schwindlig, als sich das Katzentier so unerwartet wieder von ihr entfernte, das Ohrensausen und Kribbeln langsam versiegte. Verwirrt faste sie sich an die Stirn, in dem hilflosen Versuch, die Welt dazu zu bringen wieder normal zu funktionieren und nicht wie ein wild gewordener Kreisel durch die Gegend zu torkeln. So dauerte es auch einen Augenblick, bis sie auf die herrische Frage Hinagikus, wo der Fukutaishō abgeblieben sei, antworten konnte, indem sie der Prinzessin ihr blasses Gesicht zuwandte und leise äußerte: „Er ist tot.“
 

Für einen Moment schwieg Hinagiku geschockt, während sie versuchte diese Nachricht zu verarbeiten. Kerzengerade und sehr steif, die Hände fest um die Zügel geballt, saß die Prinzessin schweigend im Sattel, bis sie sich schließlich selbst einen Ruck gab und an Inochiyume gewandt, ohne die übliche befehlsgewohnte Herablassung erklärte: „Wir reiten weiter.“
 

Nun ja, sie ritt, während Inochiyume hinter ihr herlief, nachdem sie Kleider und Schwert Kaorus eingesammelt hatte, um sie nach der Rückkehr in ihr Dorf, dessen Eltern zu geben, als letztes Andenken an ihren Sohn.
 

Kurze Zeit später kamen die beiden Frauen am Futarasan-Schrein an und machten schließlich neben der berühmten Quelle halt, von der nicht weit entfernt der leblose Körper einer dunkelhaarigen, schlanken Frau lag. Die Prinzessin schenkte dem Leichnam jedoch ebenso wenig Beachtung, wie der kleinen Gruppe, die sich etwas weiter entfernt ebenfalls auf dem Gelände des Schreins befand und schweigend auf Etwas in ihrer Mitte blickte, während sie gleichzeitig offenbar auf jemanden oder etwas warteten.
 

Als Hinagiku ein wenig von dem Quellwasser getrunken und von ihrer Dienerin ein Tuch erhalten hatte, um sich Hände und Gesicht zu trocknen, befahl die Prinzessin Inochiyume bereits wieder sehr viel energischer als zuvor, sie solle sie allein lassen. Schweigend tat das Mädchen, was ihr befohlen worden war und zog sich diskret zurück, die Prinzessin ihrer Trauer überlassend, während sie selbst nach der am Boden liegenden Frau sah, ihr Gepäck in der Nähe der Quelle zurücklassend.
 

Sobald Inochiyume neben der toten Frau kniete, begann Inochiyumes Körper zum wiederholten Mal die gleichen Signale zu senden, wie zuvor bei der Begegnung mit der Pferdekatze. Behutsam, nur mit den Fingerspitzen, als wolle sie die Frau nicht noch mehr verletzen, berührte Inochiyume den geborstenen Stein unterhalb der Schlüsselbeine der Frau, ohne dass sie dafür hätte eine plausible Erklärung abgeben können, sondern lediglich einem Instinkt folgend.
 

Kaum spürte sie die unregelmäßigen, scharfen Kanten der Splitter unter ihren Fingerkuppen, begannen diese sich auf magische Weise wieder zu einem vollständigen Ganzen zusammen zu fügen. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bevor dieser doch äußerst merkwürdige Vorgang auch schon wieder endete. Sobald diese wundersame Instandsetzung abgeschlossen war, ging ein Seufzen durch den zuvor reglosen Körper der Frau, die im nächsten Moment die Augen öffnete und Inochiyume schweigend anstarrte, ehe sie plötzlich in einem ruhig feststellenden Tonfall „Getsumeiko“ äußerte, sich erhob und anschließend eilig das Gelände des Schreins verließ, innerhalb weniger Sekunden aus dem Blickfeld der Zurückbleibenden verschwindend.
 

Der Kampf zwischen Shioken und Sesshōmaru tobte noch immer unvermindert heftig, keiner der beiden Gegner war gewillt dem Anderen in irgendeiner Form Zugeständnisse zu machen oder ihm den Sieg zu überlassen. Beide Tiere bluteten aus mehreren schweren Wunden, doch während die Pferdekatze unempfindlich gegen den Schmerz zu sein schien und weiterhin mit unverminderter Heftigkeit angriff, bekam Sesshōmaru die Folgen seiner Verletzungen immer stärker zu spüren. Er musste diesem Kampf bald ein Ende setzen, wenn er ihn gewinnen wollte. Mit einem drohenden Knurren stürzte sich der große, silbrig rauchgraue Hund erneut auf die Pferdekatze, mit der Absicht dieser mit einem Biss das Genick zu brechen. Doch der Katze gelang es rechtzeitig auszuweichen, während sie ihrerseits versuchte den Bauch des Hundes zu zerfetzen. Dieser verbiss sich daraufhin in der Pfote mit den ausgefahrenen Krallen und schleuderte im nächsten Moment die Pferdekatze durch die Luft, um ihr sofort nachzusetzen und seinen ursprünglichen Plan doch noch auszuführen. Doch die Katze war zu schnell für ihn, landete geschickt auf ihren Pfoten, ohne dabei Rücksicht auf die frische Verletzung zu nehmen, stieß sich im nächsten Moment auch schon wieder vom Boden ab und versuchte erneut mit ausgefahrenen Krallen tiefe Wunden in dem Hundekörper zu hinterlassen. Ganz gelang es Sesshōmaru dieses Mal nicht mehr auszuweichen, sodass eine weitere blutige Krallenspur in seinem Fell zurückblieb, während sich die beiden großen Tiere im nächsten Moment auch schon wieder lauernd gegenüberstanden, nach einer Möglichkeit suchend den Anderen erneut anzugreifen.
 

Gerade als die beiden Gegner zum Sprung ansetzt hatten und gleich darauf auf einander zu flogen, erschien Mamori am Ort des Kampfes. Ohne einen Moment zu zögern oder eine Einschätzung der Lage vorzunehmen, lief sie mitten zwischen die beiden Angreifer, blieb gleich darauf, das Gesicht der Pferdekatze zugewandt, zwischen den riesigen Tieren stehen und äußerte lediglich ein Wort, ruhig und gelassen: „Shioken.“
 

Für einen Augenblick schien es, als würde Mamoris verrückte Aktion kein anderes Ergebnis erzielen, als dass sie im nächsten Moment von der Pferdekatze getötet werden würde. Doch noch während das riesige Katzenwesen auf sie zuflog, wurde sie bereits wieder kleiner, erschien bald darauf die Goldschmiedearbeit auf der Brust und waren schließlich auch wieder die leuchtend roten Pupillen in den Augen zu erkennen. Als Shioken schließlich bei Mamori ankam, hatte er bereits wieder seine menschliche Gestalt angenommen, während die Wunden schon beinahe vollständig verheilt waren.
 

Das Gleichgewicht und die Einheit Shiomaris waren wieder hergestellt, der Irrsinn beendet, als Shioken wortlos die Arme um Mamori schloss und sein Gesicht an ihrem Hals barg, ebenso wie sie es bei ihm tat.
 

Sesshōmaru hatte bei dem plötzlichen Erscheinen Mamoris zwischen ihm und Shioken nur durch ein schnelles Ausweichmanöver einen Zusammenprall verhindern können und stand nun etwas abseits von dem Paar während er sie irritiert beobachtete und einen gewissen Unmut auf die Frau spürte, die sich ungefragt und ungebeten in diesen Kampf eingemischt hatte. Als die Beiden auch nach einer Weile keinerlei Anstalten machten, sich von einander zu trennen, stieß der Hundedämon ein Knurren aus, das zugleich Warnung und Erinnerung war. Dieses Knurren war insofern ein Erfolg, als sich die beiden Schwerthälften daraufhin ihm zuwandten, ihn kurz prüfend musterten und Mamori anschließend auf ihn zutrat, um gleich darauf einen enganliegenden, blau schimmernden Bannkreis um Sesshōmarus Körper zu erzeugen, ähnlich einem Ganzkörperverband bei Schwerverletzten. „So wirst du nicht verbluten, bis wir beim Schrein angekommen sind“, fügte sie erklärend hinzu, als sie wieder einen Schritt zurückgetreten war und den Hundedämon ebenso gelassen abwartend ansah wie Shioken.
 

Binnen weniger Sekunden hatte Sesshōmaru seine gewohnte menschenähnliche Gestalt angenommen, der sich auch die magische Bandagierung mühelos anpasste, und starrte Mamori finster an, während er in eisigem Tonfall befahl: „Du wirst dich nie wieder ungefragt in einen Kampf einmischen, egal wer der Gegner ist.“ Mamori neigte nur zustimmend den Kopf, bevor sie ruhig erwiderte: „Es wird nicht wieder geschehen. Aber dieses Mal war es die einzige Möglichkeit.“ Der Blick mit dem Sesshōmaru sie betrachtete, ließ sie erklärend hinzufügen: „Wir können nur getötet werden, wenn die Steine auf unserer Brust zerstört werden. Aber sobald einer von uns stirbt, verliert der andere diesen Stein, ebenso wie jede Fähigkeit rational zu denken. Du hättest Shioken nicht besiegen können, egal wie sehr du dich bemüht hättest. Niemand kann den Tod besiegen. – Allerdings warst du der Einzige, der in der Lage war, überhaupt gegen ihn zu kämpfen, jeder Andere wäre bei der kleinsten Berührung mit Shiokens Fell zu Nichts zerfallen.“
 

Da Mamori anscheinend nicht beabsichtigte eine weitere Erklärung abzugeben, hakte Sesshōmaru gezwungenermaßen mit einem knappen und fordernden „Warum?“ nach und erhielt dieses Mal von Shioken die Antwort: „Zum einen, weil du der Herr über Shiomari bist, egal was geschieht, der Besitzer Shiomaris kann nicht von uns getötet werden“, Shioken lächelte leicht, während er die Randbemerkung hinzufügte: „Du siehst, wir hätten bis in alle Ewigkeit weiterkämpfen können, wenn nicht einer von uns an Entkräftung gestorben wäre, was aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ich gewesen wäre.“ Dann kehrte er zum eigentlichen Thema zurück und erklärte: „Zum anderen, weil du der Erbe Tenseigas bist, es ist das Schwert das Leben gibt und hat dich in diesem Fall zusätzlich vor mir geschützt. Sonst wärst du, wie einst Atami, jetzt so alt, dass dein Ableben nur noch eine Frage weniger Tage gewesen wäre.“
 

Für einen kurzen Moment hatten sich Sesshōmarus Augen bei den Worten Shiokens missmutig verengt, bevor er die Antwort der männlichen Schwerthälfte schweigend akzeptierte und sich noch einmal an Mamori wandte, dieses Mal in gleichmütigerem Ton als es zuvor der Fall gewesen war: „Ich benötige deinen Bannkreis nicht um mich zu heilen“, indirekte Aufforderung den blau schimmernden Mantel magischer Energie wieder von ihm abzuziehen. Doch Mamori schüttelte den Kopf, während sie ruhig erwiderte: „Ich bin nicht Tenseiga, ich kann keine Wunden heilen, jedenfalls nicht auf diese Art. Der Bannkreis dient lediglich dazu, dass du nicht verblutest, bis wir am Schrein sind, dort ist jemand, der diese Wunden sehr viel schneller heilen wird, als du es in deinem Zustand kannst.“
 

Mamori war kaum aus dem Blickfeld des Schreins verschwunden, als gleichzeitig Hinagiku und InuYasha auf Inochiyume zu kamen. Die Prinzessin erreichte das Mädchen zuerst und verlangte zu wissen, was sie mit der Frau gemacht habe, dass diese plötzlich so eilig davon gelaufen war. Bevor das Mädchen auf die Frage ihrer Herrin eingehen konnte, war auch InuYasha heran und erkundigte sich eifrig: „Hey, Inochiyume, kannst du dir Rin und Jaken mal ansehen? Vielleicht bekommst du die ja auch wieder lebendig.“ Das Mädchen wollte bereits mit einem Nicken zustimmen und ohne ihre Herrin erst um Erlaubnis zu bitten, dem jungen Halbdämon folgen, als die beiden von Hinagiku mit den scharfen Worten aufgehalten wurden: „Was bildest du dir ein, dich einfach in meine Unterhaltung einzumischen?!“, nachdem sie auf diese Weise den Hanyō abgekanzelt hatte, wandte sie sich an die Karei und verklärte energisch: „Du wirst nicht mit ihm gehen, ich brauch deine Hilfe selbst!“
 

„Hime-sama, ich bitte Euch, es wird auch sicher nicht lange dauern“, bat Inochiyume, erhielt allerdings nur eine abschlägige Antwort darauf und die unsinnige Forderung nach einer warmen Mahlzeit. Weshalb Inochiyume ihre Herrin auch nur aus großen Augen erstaunt betrachtete, bevor sie einen nicht ganz ungefährlichen, zweiten Versuch unternahm die Prinzessin umzustimmen.
 

InuYasha unterdessen wurde bei diesem fruchtlosen Hin und Her zwischen den beiden Frauen sichtlich ungeduldig und mischte sich nun mit der an Hinagiku gerichteten Bemerkung ein: „Jetzt stell dich nicht so an, die paar Minuten wirst du schon nicht gleich verhungern und wenn Inochiyume sich um Rin und Jaken gekümmert hat, kann sie dir doch immer noch was zu essen kochen.“
 

Jetzt starrte Inochiyume InuYasha verblüfft an, bevor im nächsten Moment ein erheitertes Lächeln an ihren Mundwinkeln zupfte, bei dem Gedanken, dass ausgerechnet der Halbdämon, der im Haus ihrer Großmutter die Hälfte des gekochten Eintopfs allein gegessen hatte, es tatsächlich wagte einer Prinzessin zu sagen, sie müsse noch eine Weile auf ihr Essen verzichten.
 

Hinagiku hingegen schien von den dreisten Worten InuYashas kein bisschen erheitert zu sein, stattdessen erkundigte sie sich in hochfahrendem Ton: „Wie kannst du es wagen so mit mir zu reden?!“
 

„Wieso, was stimmt denn nicht mit dem, was ich sage?“, erkundigte sich der Halbdämon verständnislos und zwang Inochiyume auf diese Weise sich sauf die Lippe zu beißen, um nicht loslachen zu müssen, während die Prinzessin Mühe hatte, nicht entsetzt nach Luft zu schnappen und so ihre Würde zu verlieren.

Unterdessen waren auch Shippō und Kagome herangekommen, die wissen wollten, warum InuYasha so lange brauchte, obwohl er gesagt hatte, dass er nur schnell das Mädchen holen wolle, dass bei der toten Frau gekniet hatte. Abgesehen davon, war Kagome zusätzlich in Sorge, dass InuYasha möglicherweise mit seiner rauen Art, die nun einmal nicht jedem auf Anhieb zusagte, nicht vielleicht mehr Schaden als Nutzen bei dem Versuch anrichtete, Hilfe für Rin und Jaken zu organisieren.
 

Als Kagome und Shippō nun das verständnislose Gesicht InuYashas, die empörte Miene Hinagikus und das sowohl erheiterte als auch etwas ratlose Gesicht Inochiyumes sahen, ahnten sie nichts Gutes und der kleine Kitsune begann vorsorglich umgehend damit InuYasha ins Gewissen zu reden, dass er gefälligst etwas höflicher und freundlicher zu den beiden Frauen sein solle, damit sie ihnen halfen. Die einzige Reaktion des Halbdämons, die Shippō darauf erhielt, war eine mit gelangweiltem Gesichtsausdruck ausgeteilte Kopfnuss und die Bemerkung: „Sei still, Winzling“, worauf sich der Fuchsdämon umgehend mit leidendem Gesichtsausdruck bei Kagome über das schlechte Benehmen beschwerte. Diese beruhigte zunächst den Kitsune ein wenig und äußerte dann an die beiden, ihr unbekannten Frauen gewandt: „Es tut mir leid, falls InuYasha zu grob war“, der Halbdämon ließ ein beleidigtes Grummeln hören, wurde jedoch mit einem Blick von Kagome zum Schweigen gebracht, „aber es wäre wirklich nett von euch, wenn ihr uns helfen würdet.“
 

„Welchen Grund hätte ich denn, euch zu helfen?“, erkundigte sich Hinagiku herablassend, sich ein weniger höher aufrichtend, um ehrfurchtgebietender zu wirken. „Keh, du brauchst uns gar nicht helfen“, brummte InuYasha an dieser Stelle genervt halblaut vor sich hin, „Inochiyume ist diejenige, von der wir Hilfe brauchen.“
 

„Man merkt, dass du aus der Gosse stammen musst, du hast nicht das geringste Benehmen“, erwiderte Hinagiku mit kühler Arroganz darauf, bevor sie sich abwandte und nur fordernd sagte: „Inochiyume, komm!“ Mit einem Seufzen und nachdem sie sich entschuldigt sowie in Richtung des Halbdämons, des Menschenmädchens und des Kitsune verbeugt hatte, folgte die angesprochenen Dienerin ihrer Herrin, während die anderen Drei zurück blieben und verdutzt den beiden sich entfernenden Frauen nachsahen.
 

„So ein Drachen“, brachte es InuYasha schließlich auf den Punkt, ohne dass ihm einer der anderen beiden widersprach, stattdessen erkundigte sich Shippō nach einem Moment enttäuscht: „Und was machen wir jetzt?“

„Vielleicht sollten wir etwas warten und es dann einfach noch mal versuchen?“, schlug Kagome ein wenig unsicher vor und erhielt auf diesen Vorschlag nur zustimmendes, wenn auch frustriertes Brummen als Antwort.
 

Die drei Freunde hatten sich gerade auf den Weg zurück zu Sango und Miroku gemacht, als hinter ihnen plötzlich jemand rief: „InuYasha-dono, bitte wartet.“ Verwundert blieben die drei stehen und sahen sich um, auf diese Weise Inochiyume sehend, die auf sie zugelaufen kam, bei ihnen angelangt stehen blieb und mit einem Lächeln sagte: „Gehen wir, damit ich mir Jaken-dono und eure Freundin an sehen kann.“
 

Noch viel zu erstaunt über diesen plötzlichen Stimmungswechsel in der Hilfsbereitschaft der beiden Frauen, nickte InuYasha lediglich und die vier setzten ihren Weg nun gemeinsam fort, während Shippō wissen wollte: „Warum nennst du ihn denn ‚dono’, es ist doch nur InuYasha“, wofür er postwendend die nächste Kopfnuss kassierte und die erneute energische Aufforderung erhielt still zu sein, während Kagome ein wenig entnervt InuYasha ermahnte sich zu benehmen, bevor sie an Inochiyume gewandt erklärte: „Es ist sehr freundlich von dir, dass du uns jetzt doch hilfst.“
 

„Keh“, meinte der Halbdämon wegwerfend, während er seine Hände in den Ärmeln des Feuerrattengewandes barg, „vermutlich erhofft sich der Drache davon irgendeinen Vorteil.“ Inochiyume lächelte verlegen, als sie diese Ansicht bestätigend erklärte: „Sie hofft, Ihr könntet ihr Genaueres über den Verbleib Haru-donos berichten.“
 

„Wer ist denn Haru-dono?“, verlangte der kleine Kitsune neugierig zu wissen, während InuYasha zugleich mit gerunzelter Stirn wissen wollte: „Wie kommt sie auf die Idee, dass ich etwas über ihn wüsste, wir sind uns doch nie vorher begegnet.“ Inochiyume wurde noch ein wenig verlegener als sie gestand, dass sie die Prinzessin auf diesen Gedanken gebracht habe. Anschließend wandte sie sich an den jungen Fuchsdämon, um ihm seine Frage zu beantworten, auf diese Weise kurzerhand das Thema wechselnd. Sie hatte ihre einfache Erklärung, dass Haru der Verlobte Hinagikus sei, gerade beendet, als sie auch schon bei den Sango und Miroku sowie den beiden kleinen Leichnamen angekommen waren.
 

Wortlos kniete sich Inochiyume neben die leblosen Körper des Kappa und des kleinen Mädchens, berührte zunächst mit ihrer Hand Jakens kalte, trockene Haut und spürte zum wiederholten Male an diesem Tag das Rauschen in den Ohren, das Kribbeln und den sich vervielfachenden Herzschlag, während sie ebenso staunend wie InuYasha und seine Freunde dabei zusah, wie sich die Wunde Jakens schloss, heilte und schließlich gänzlich verschwand, ehe der Kappa schließlich aufschreckte, als wäre er gerade aus einem Alptraum erwacht und sich anschließend etwas verwirrt umsah. Bevor er jedoch fragen konnte, wie es möglich war, dass er plötzlich wieder lebte, konnte er die Erklärung dafür hautnah miterleben, sobald Inochiyume Rin berührte und diese kurze Zeit später wiedererwachte, als wäre sie nie vergiftet worden, die junge Frau neben sich freundlich anlächelte und anschließend wissen wollte, wo denn Sesshōmaru-sama sei.
 

Als hätte er nur auf dieses Stichwort gewartet, betrat genau in diesem Moment der Gesuchte, von Mamori und Shioken flankiert, das Gelände des Schreins und kam auf die kleine, am Boden kniende Gruppe zu, sich beim Anblick eines lebenden Jaken sowie einer erfreut aufspringenden und ihm entgegen eilenden Rin keinerlei Verwunderung oder Erleichterung anmerken lassend, sondern lediglich mit einem prüfenden Blick feststellend, ob sie tatsächlich wieder vollkommen gesund und unversehrt waren.
 

Unterdessen hatte Mamori, sobald sie nah genug herangekommen waren, an Inochiyume gewandt geäußert: „Berühr seine Hand, Getsumeiko“, worauf sie von dem Mädchen verblüfft angesehen wurde, ehe es sich schweigend aus der Hocke erhob und auf den Dämon zutrat, dabei unwillkürlich so viel Abstand zu dem weißhaarigen Mann neben dem Yōkai haltend, wie irgend möglich und schließlich mit fragendem Gesichtsausdruck unsicher einen Schritt vor dem Dämon stehen blieb, nicht sicher, ob dieser mit der Anordnung der dunkelhaarigen Frau an seiner Seite überhaupt einverstanden war.
 

In dem Moment, in dem Inochiyume zu dem Verletzten vor sich aufsah, hatte sie Mühe nicht überrascht zusammenzuzucken und unverfroren zu starren, als ihr Blick dem kühlen Ausdruck eines goldfarbenen Augenpaares begegnete.
 

Ebenso wie Inochiyume, hatte auch Sesshōmaru Mamori bei deren ungewöhnlicher Aufforderung angesehen, allerdings nicht verwundert sondern prüfend, als wolle er auf diese Weise herausfinden, was sie im Schilde führte. Inochiyume konnte zwar auf menschenmögliche Art heilen, aber bisher hatte er nie erlebt, dass ihr dergleichen allein durch Hand auflegen gelungen wäre. Mamori schien den Blick zu verstehen und äußerte lediglich bekräftigend: „Sie wird dich heilen.“
 

Da die Wunden des Yōkai diesem inzwischen schwer zu schaffen machten und er nur die Wahl hatte entweder seinen Ruf zu ruinieren, indem er infolge der Verletzungen das Bewusstsein verlor, oder sich von einem Menschen anfassen zu lassen, fiel ihm die Entscheidung nicht wirklich schwer, zumal es sich nicht um irgendeinen Menschen handelte. Also streckte er nur schweigend die Hand aus, sah Inochiyume auffordernd an und wartete ab was geschehen würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hotepneith
2009-02-26T11:16:08+00:00 26.02.2009 12:16
Ich liebe diese....höfliche Prinzessin. Ob sie das je lernen wird? udn ob sie überhaupt merken wird, wem sie da sollem gegenübersteht? ich wage es fast zu bezweifeln. Immerhin sind ihr die nicht ganz gewöhnlichen Fähigkeiten ihrer Dienerin ja auch noch nicht aufgefallen.

Ich hoffe ja, dass sich da auch noch etwas mit dem armen Karou ergibt, damit er seine Hilfsbereitschaftf nicht wirklich mit dem Leben bezahlt.(Übrigens, falls er wieder auftauchen würde, hätte er doch keine Kleider an, oder? Das dürfte doch ein wenig schockierend wirken auf die anwesende Damenwelt.

Und Siene Lordschaft lässt sich herab, sich von einem Menschne heilen zu lassen? Wow. Nun, er scheint es wirklich nötig zu haben, und zum zweiten: ihre Fähigkeiten sind unbestritten. Mal sheen, welches Geheimnis dahinter steckt.
Ich warte gespannt uaf den nächsten Teil.

bye

hotep




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