Zum Inhalt der Seite

Chocolate that tastes like Blood

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Diese Nacht war das größte Desaster, was ich je erlebt habe. Nicht nur, dass ich mein Opfer nicht einmal küssen konnte - nein, Chiaki hatte die Flucht ergriffen, sobald sich die Chance geboten hatte - und die war schnell gekommen. Furchtbare Komplexe schütteln mich immernoch, obwohl schon einige Stunden der Ruhe und des Schlafes mit zahlreichen Träumen verstrichen sind. Wie konnte ich nur so unachtsam sein?! Und warum, Herrgott im Himmel, musste die Wirtin zu dieser späten Stunde - kurz vor Mitternacht - durch die Räumlichkeiten geistern und diesen Schrei ihres Sohnes hören?! Es war zum Gott verfluchen. Wie sollte ich den blonden Engel denn nun noch einmal zu mir locken, wo er doch nun sicher abgeschreckt genug war, um nicht einmal mehr in meine Nähe zu kommen. Ich musste mir etwas einfallen lassen, wie ich ihn mir trotzdem zu Eigen machen konnte, ohne seine Zustimmung zu brauchen. Vielleicht entführte ich ihn einfach in den nahe gelegenen Wald, im Schutze der Dunkelheit. Oder ich machte mich unsichtbar und schliff ihn einfach hinter mir her - das würde lustig aussehen und keine konnte etwas sagen, dass ich es war, der ihn mitnahm. Sie würden alle denken, Chiaki könne seine Glieder nicht mehr ordentlich koordinieren, weil er wie ein Betrunkener durch die Gegend lief. Denn auch wenn er mich nicht sehen konnte, würde er sich gegen die Kraft wehren, die ihn zu entführen versuchte. Hach, das würde ein Heidenspaß werden. Gleich heute Abend werde ich versuchen, so den jungen, blonden Mann mit mir zu nehmen. Ich war schließlich lang genug in dieser Herberge, auch wenn ich für ein oder zwei Wochen bezahlt habe. Ich kann mir Geld von überall her besorgen, da brauche ich nicht einmal zwei Minuten. Nachts ist die Kasse im Wirtshaus außerdem unbewacht und es wäre ein leichtes für mich, mir einfach mein Geld wieder zu holen. Aber das habe ich nicht nötig. Ich bin eigentlich steinreich, auch wenn mich das nicht im Geringsten interessiert. Ich habe andere Interessen und die lauten "Chiaki". Wenn ich den Jungen nicht bald zwischen meine Finger bekomme, werde ich dem Wahnsinn verfallen! Er sieht so verdammt gut aus, dass ich meinen Blick einfach nicht von ihm lassen kann. Und wie er mir mit Worten und Blicken pariert, ist einfach zu göttlich! Wahrscheinlich weiß er doch, was er tut... aber er hat sich diesmal mit dem falschen eingelassen. Denn ich werde seinen Widerstand wie Staub zwischen meinen Händen zerreiben und ihn mir dann zur Brust nehmen. Ha, nicht nur zur Brust... mein Körper hat noch einiges mehr zu bieten, als dieses Körperteil. Wenn Chiaki wüsste, wie gut ich bestückt bin, würde er aufhören, wegzulaufen. Er kann mir ja eh nicht entkommen... Aber zur Zeit macht mir dieses Katz-und-Maus-Spiel noch sehr viel Spaß. Deswegen lasse ich ihn immer wieder laufen, um ihn dann abermals einzufangen. Letzte Nacht hatte ich ihn schon fast soweit, er lag schon unter mir... und es war ein atemraubendes Gefühl, seinen erschreckten Blick zu sehen. Für einen Augenblick hatte er seine Mimik nicht unter Kontrolle und war mir hilflos ausgeliefert. Doch seine Mutter schien einen Instinkt dafür zu haben, wann ihr Sohn in Gefahr war. Ich sollte sie zuerst aussaugen, damit ich meine Ruhe vor ihr hatte. Hoffentlich wurde sie mir nicht noch zum Verhängnis... Aber heute Abend würde sie ihrem Sohn nicht beistehen können, denn ich würde diesen ein wenig mehr ins Abseits schleppen. Ich ließ mir doch von einer korpulenten Frau mit Schürze nicht so einen Leckerbissen wegschnappen! Sie konnte ihr Söhnchen eh nicht mehr retten. Wie ich gesehen hatte, war er mir - oder zumindest meinen Berührungen - schon längst verfallen. Und er würde sich mir hingeben... spätestens heute Abend. Das war mein /letztes/ Ultimatum. Falls es in dieser einen Nacht nicht klappte, schwor ich mir, diese Gegend zu verlassen und sang- und klanglos aufzugeben. Und wenn ich so etwas beim heiligen Himmel schwor, war ich mir ganz sicher, dass ich es nicht machen musste. Chiaki war mein. Er hätte genauso gut ein Schild um den Hals tragen können, auf dem "Eigentum von Noyn Claude" stand. Es war nur die unumstößliche Wahrheit.
 

Doch nun saß ich erstmal beim Mittagessen und schlug mir den Bauch mit doch nicht ganz so übel schmeckendem Menschenfraß voll. Zwar hätte ich mich lieber an Chiakis Blut gelabt, aber ich musste mich noch ein wenig gedulden. Und der Junge brauchte sich auch nicht aufregen: Immerhin bekam er im Gegenzug das reinste Vampirblut. Das würde ihm sicher schmecken. Ein Vorgeschmack auf das, was er bald nur noch als seine Nahrung akzeptieren würde. Ich musste ihm den Fraß der Menschen erst abgewöhnen, schließlich hatte er sich viele Jahre davon ernährt und der Geschmack von Blut war anders, seltsam - auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, wie ich gekotzt und gespuckt hatte, als ich bemerkte, dass nur Blut mich sättigen konnte. Es war erbärmlich, wie ich das, was meine einzige Nahrung war, wieder an die Außenwelt beförderte und danach selber wie Kotze aussah. Doch Chiaki muss diese Zeit ja nicht allein durchstehen. Ich werde ihm helfen und das Blut langsam schmackhaft machen. Denn zu sich nehmen muss er es, sonst verendet er jämmerlich an Unterernährung. Und dies wäre ja schade, wo ich doch so lange um ihn gekämpft habe, ihn mir zu Eigen zu machen. Ich mag es nicht, wenn all meine Arbeit umsonst ist...
 

Am Tresen sehe ich die Wirtin stehen. Sie lächelt mich an und kommt auf meinen Tisch zu, der ziemlich weit am Rand der großen Wirtsstube steht. Wie gesagt, ich habe weder meine Feinde noch mein Essen gern im Rücken. Denn in der Überzahl können sie mir sogar gefährlich werden, auch wenn das lächerlich klingen mag.
 

"Guten Tag, der Herr. Hatten Sie sich gestern abend bei Ihrem Sturz verletzt? Soll ich Ihnen vielleicht einen kalten Umschlag machen?"
 

"Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, aber es ist nichts passiert. Wie gesagt - ich konnte mich gerade noch abfangen und bin mit dem Schrecken davon gekommen. Diese Stufe beim Balkon kann ganz schön gefährlich werden, wenn man nicht darauf achtet. Ich war gestern schon recht müde gewesen, deswegen war ich abgelenkt und nicht konzentriert."
 

Ja, sehr schön... mit meinen Lügenmärchen kann ich sowohl Mutter als auch Sohn einwickeln. Und mein Augenaufschlag scheint die Wirtin wirklich ganz schwach zu machen. Kein Wunder, bei meinem Charme... Ich sonne mich ein wenig in meinen tollen Fähigkeiten und esse dann weiter. Schließlich muss ich noch einen halben Teller voll eigentlich nicht wirklich schmeckenden Fraß vertilgen, sonst fällt es vielleicht noch auf, wenn ich andauernd so wenig esse. Aber eigentlich stimmt es: Ich aß in letzter Zeit recht wenig. Als ich hier ankam, war ein dürrer Bauer meine letzte Mahlzeit, gestern wollte ich frisches Blut eines bestimmten blonden Jungen anzapfen, doch daraus war ja leider nichts geworden. Ansonsten hatte ich keine Nährstoffe bekommen. Ich muss schon ganz blass sein, weil ich kaum mehr Blut in mir habe. Jetzt weiß ich auch, warum ich mich heute früh beim Aufstehen so schwach gefühlt habe: Extremer Blutmangel. Um ein Haar hätte ich mich wieder hingelegt, weil das Schwindelgefühl zu groß war und das Gleichgewicht ist eigentlich mein bester Freund... nur schade, dass einen solche Freunde gern mal im Stich lassen, wenn man sie ganz dringend benötigt. Genauso wie die Beherrschung, die mir gestern Abend auch schnell durch die Finger geglitten war.
 

Heute muss ich es geschickter anstellen, wenn ich Chiaki entführe. Da darf mich sein Blick nicht schwach und auch nicht geil machen, denn dann bin ich geliefert. Ausgeliefert an ihn. Und ich will nicht, dass das geschieht. Immerhin bin ich hier der älteste Vampir, der sich den kleinen, ängstlichen, aber sehr intelligenten Jungen schnappt und ihn zum Mitternachtsmahl verspeist. Da hat dieser keinen Piep dazu zu sagen und nur alles mit sich geschehen zu lassen. Wir sind doch hier nicht im Zirkus, wo jeder mitbestimmen kann, ob ich sein Blut trinke oder nicht. Verdammt, jetzt führe ich schon mit meinem imaginären zweiten Ich Selbstgespräche! Kann es denn noch besser kommen...?
 

Ja, kann es. Denn just in diesem Moment taucht mein Lustobjekt auf der Bildfläche auf und steuert direkt auf mich zu. Er wird doch nicht... traut er sich etwa wirklich noch einmal in meine Nähe, wo ich ihn doch gestern so sehr verschreckt habe? Dieser Junge hat wirklich Schneid, das muss man ihm lassen. Und ich kann einen gewissen Stolz auf ihn nicht verübeln, auch wenn er noch nicht mein Partner ist. Je länger ich ihn so hinhalte - oder auch umgekehrt - desto mehr wächst meine Lust, ihn endlich voll und ganz zu haben. Mäuslein, lauf weg... der große, schwarze Kater stellt dir nach, um dich endlich auffressen zu können! Du solltest dich wirklich in Acht nehmen. Und gerade tust du das überhaupt nicht, denn deine Sachen sitzen viel zu eng am Körper - ganz anders als an den Tagen zuvor. Du scheinst nicht zu wissen, dass ich noch spitzer werde, wenn du in so einem Dress vor mir herumtanzt und mir deinen Prachtkörper präsentierst. Wenn hier ein paar Leute weniger wären, hättest du nicht mehr so ein ausdrucksloses Gesicht, sondern ein lustverzerrtes, das schwöre ich dir bei meiner Seele. Ha, die ich schon längst nicht mehr besitze. Sie ist mir abhanden gekommen, seitdem ich ein Vampir bin. All das menschliche, was an eine Seele erinnert, sind nur noch Bruchstücke meines Ichs, welches vor sechs Jahrhunderten mit einem Schlag ausgelöscht wurde.
 

Ein wenig erstaunt hebe ich eine Augenbraue, als Chiaki nicht stoppt, sondern wirklich direkt auf mich zu geht. Vor meinem Tisch bleibt er stehen und beugt sich zu mir herunter:
 

"Ich will es wissen, Noyn Claude. Heute Abend will ich Ihr Geheimnis wissen. Entweder Sie sind Punkt Mitternacht unten im Garten, am alten Ahorn, oder ich werde aller Welt sagen, dass Sie Dinge tun können, die kein normaler Mensch zu tun vermag. Ich habe keine Hemmungen davor, also überlegen Sie lieber ganz genau, was Sie machen. Falls Sie denken, ich erzähle Märchen, dann unterschätzen Sie mich gewaltig."
 

"Ich finde es schön, dass du keine Hemmungen hast. Ich hoffe nur, du bist dann nicht wieder derjenige, der mich mit angsterfüllten Augen anschaut und die übrigen Hausbewohner aufweckt. Ich mag keine Interrupts, also überleg /du/ dir lieber, wie du deine Schreie dämpfen kannst."
 

Chiakis Gesichtsfarbe wechselt in ein knalliges Rot und er schaut mich bitterböse an. Wahrscheinlich habe ich mit meinen Worten genau ins Schwarze getroffen und ihn an den gestrigen Abend erinnert, wo er schon schrie, als ich ihn nur auf das Bett warf. Das war wohl unter seiner Würde gewesen, was? Tja, Kleiner... ich werde heute da sein. Aber wirst du nicht vielleicht doch Angst bekommen? Auf jeden Fall werde ich dich heute nicht mehr entkommen lassen, egal was du dir für Tricks einfallen lässt. Du bist sowas von fällig, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Und wenn du nicht an diesem besagten, alten Ahorn bist, dann werde ich dich eigenhändig aus deinem Bett ziehen - oder dich gleich an Ort und Stelle zu meinem Eigentum machen. Wage es dir ja nicht, unpünktlich zu sein. Sonst kannst du dein blaues - oder eher schwarzes? - Wunder erleben. Denn ich habe auch keine Hemmungen... aber das brauche ich dir wohl nicht erst zu sagen, oder?
 

"Ich... weiß mich zu beherrschen. Und ich werde sehr ungemütlich, wenn Sie mich noch einmal auf so ein Ereignis ansprechen. Es geht Sie gar nichts an, ob ich schreie oder nicht."
 

"Nun, das werden wir heute Nacht sehen."
 

Mit diesen Worten erhebe ich mich und lasse den Rest des Essens stehen. Ich muss es ja nicht aufessen, dies wäre nur mein guter Wille gewesen. Nun werde ich in mein Zimmer gehen und während ich dies tue, die Blicke des Blonden in meinem Rücken spüren. Er benimmt sich ein wenig auffällig, weil er sich dauernd mit mir abgibt, aber vielleicht hat er seiner Mutter ja erzählt, dass er sich gern mit mir unterhält und ich ihm "etwas über Ungarn erzähle". Ja ja, Märchen kann man auch sehr gut weitererzählen...



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück