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Des Feuervogels Glut II

Fortsetzung des ersten Teils
von

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Schicksal

Grenzenlose Unendlichkeit.
 

Unmöglich zu sagen, ob er in sie hinein gesogen wurde oder sie nur durchquerte. Zu unwirklich breitete sich die schneeweiße Fläche unter ihm aus, verschmolz mit allen Konturen, verschluckte den bleichen Himmel, entstellte den Horizont.
 


 

Die Fensterscheibe beschlug von seinem Atem.

Unruhig wandte er den Kopf ab, ließ den Blick rastlos und widerwillig umherwandern.
 

Er befand sich im Inneren eines Militärhelikopters, außer ihm und den anderen befanden sich zwei Piloten und drei Eskorten. Soweit er es erkennen konnte, waren sie unbewaffnet.
 

Der Platz zu seiner linken war leer. Rechts befand sich das Fenster.

Hinter ihm befanden sich Alex und Brian, schlafend. Letzterer ersoff allmählich in seiner eigenen Speichelpfütze.

Vor ihm saß Mina, die sich mittels überdimensionaler Kopfhörer und dem kreischenden Scheppern eines verzerrten E-Basses oder etwas ähnlichem den letzten Rest Gehirn von der inneren Schädeldecke fetzte.
 

In den letzten zwei Tagen (so lange hatten die Vorbereitungen gedauert) hatte sich ihr Verhältnis um Hundertachtzig Grad gedreht. Sie hatten sich ohnehin kaum gesehen, und die wenigen Male, die sie einander über den Weg liefen, tauschten sie nichts als wort- und emotionslose Blicke.
 

Sie hatte für sich behalten, was er getan hatte. Ein weiteres Mal. Doch verstand sie es, ihn fortan mit ihrem Schweigen und ihrer Ignoranz zu strafen. Ob sie ihn dazu bringen wollte, sich selbst zu stellen (falls man das in diesem Zusammenhang so nennen konnte).
 

Die Verletzung in seiner Hand verheilte relativ gut für seine ansonsten überaus schlechte körperliche Verfassung. Inzwischen konnte er auf einen Verband verzichten. Doch hatte er sich noch nicht dazu durchgerungen, ihr das Taschentuch wieder zu geben. Wohlbehütet lag es bei ihm zuhause, sorgfältig hatte er es von den Blutflecken befreit und noch immer haftete ihr schwacher Duft an den Fasern. Jedes mal, wenn er sich die Tatsache vor Augen führte, schämte er sich regelrecht für diese neu entdeckte, viel zu sensible Neigung. Aber dieses kleine Stückchen Stoff hatte etwas an sich, das...
 

Es zog seinen Blick zurück nach draußen.

Unter ihm breiteten sich die schneebedeckten Weiten Nordsibiriens aus.

Vor Stunden hatten sie Tokio, das Meer, Wladiwostok hinter sich gelassen. Kälte war mehr und mehr ins Innere des Helikopters eingedrungen, obwohl die Kabine gegen Außentemperatur, niedrigen Luftdruck und den Lärm des Motors isoliert war.
 

Der widerliche Kloß in seinem Hals war auf unerträgliches Volumen angeschwollen. Hinderte ihn am Atmen. Am klaren Denken. Wie lange würde er es durchhalten, bevor die Erinnerungen zurückkehrten?
 

Hinter ihm lagen ein geordnetes, komfortables Leben und die Möglichkeit, seine Vergangenheit zu vergessen. Er musste den Verstand verloren haben, all das für einen Horrortrip nach Sibirien zurückzulassen...ausgerechnet Sibirien, dem Ursprung all seiner Probleme.

Tage, vielleicht Wochen, alleine, mitten im Schnee, abgeschottet von der Außenwelt. Umgeben von Leuten, die ihm nichts bedeuteten. Um Leute zu retten, die ihm nichts bedeuteten. Eines Geldbetrages wegen, der ihm nichts bedeutete.
 

Doch er selbst bedeutete ihm auch nichts.

Es gab nichts, weswegen er darauf Wert legen sollte, weiter zu leben.

Er hatte nichts zu verlieren. Sein Körper war schon so gut wie tot, die Kälte betäubte den letzten Rest seiner Wahrnehmung. Innerlich hatte ihn das schwarze Nichts bereits zerfressen.

Was immer er tat, es war gleichgültig. Was immer ihm widerfahren würde, er würde es hinnehmen wie es kam. Und sollte es für ihn keine Heimreise geben, so empfand er angesichts dessen sogar eine Art Vorfreude…
 

Vor einem Jahr hatte es damit begonnen, dass er die kalte, trockene Luft des Nordens zu riechen glaubte. Und jetzt führte ihn sein Schicksal ein letztes Mal hier her....
 


 


 

Eine Erschütterung riss Kai unsanft aus seinem Schlaf. Offenbar mussten ihm für einen Moment die Augen zugefallen sein, denn er konnte sich nicht daran erinnern, wirklich geschlafen zu haben.

Doch dann bemerkte er, dass sich der Helikopter auf festem Untergrund befand. Allmählich kam das Heulen des Motors zum Stillstand.

Halbherzig fand er sich damit ab, vermutlich doch ein paar Minuten geschlafen zu haben, und rieb sich mit der unverletzten Hand durchs Gesicht.
 

Einer der Männer wies ihn darauf hin, sich auf den Ausstieg vorzubereiten. Geistesabwesend steckte er seine knochigen Arme in den warmen Anorak, den man ihm gereicht hatte, und überprüfte noch einmal, dass er nichts vergessen hatte.
 

Sein Blick fiel auf Mina, die bereits fertig angezogen auf der Armlehne eines Sitzes saß, Beine überkreuzt, Arme verschränkt, das Gesicht hinter einer großen dunklen Sonnenbrille. Es war unmöglich zu sagen, ob sie ihn beobachtete oder bloß vor sich hin starrte.
 

Brians lautstarkes Gähnen riss ihn aus seinen Überlegungen. Kurz darauf sog der Philippine lautstark einen Speichelfaden in den Mund und ärgerte sich noch halb schlafend über den Rest der nassen Bescherung, dessen Ursprung er im Augenblick nur zu erahnen schien. Zeitgleich hatte er damit auch Alex geweckt, der sich als allererstes über die Sauerei lustig machte, dann aber feststellen musste, dass er selbst mit der übel riechenden Flüssigkeit beschmiert war.
 

"Du stinkst aus dem Maul wie ein Klärbecken..."
 

Kai gab sich größte Mühe, die Fassung zu bewahren und den sich anbahnenden Streit so gut es eben ging zu ignorieren. Stattdessen bekam er mit, dass die Tür des Helikopters so eben geöffnet wurde und ein eisiger Schwall der trockenen Winterluft schoss ins Innere der Kabine.
 


 

Sibirien, Mitte Dezember
 

Es war ein eigenartiges Gefühl, plötzlich den tiefen, pulvrigen Schnee unter den Füßen zu spüren.
 

Während die Eskorten das Fluggerät ausluden, war Kai nach draußen getreten, um die Landschaft zu Begutachten und den Blutfluss seiner Beine wieder in Gang zu bringen.

Die Luft war so klar, dass man Kilometerweit hätte blicken können, wären sie nicht umgeben von mit verschneiten Nadelbäumen gespickten Höhen.

Kondenswölkchen von Atemluft gefroren sofort zu kleinen glitzernden Kristallen. Hoffentlich kam Brian nicht auf die glorreiche Idee, an die nächste Tanne zu urinieren...
 

In etwa 300 Metern Entfernung erkannte Kai eine verlassen wirkende Siedlung, aus der man mit Schneetauglichen Transportern Ausrüstung zu ihnen brachte. Offenbar hatte man hier ein kleines Basislager eingerichtet. So wirklich hatte er vorhin bei der Lagebesprechung nicht zugehört. Wieso auch? Es war ohnehin ungewiss, was sie jenseits des Fußes des Todesbergs erwartete…
 

"Heilige Scheiße!", hörte er plötzlich eine Stimme hinter sich. Als er seinen Blick zum Ausgang des Fluggerätes wendete, erkannte er Brian, der sich starr vor Kälte von Alex die Rampe hinunter schieben ließ.

"Warum zur Hölle ist es hier so verfickt kalt?!"
 

"Was bitte hast du erwartet? Du warst doch so scharf drauf, nach Sibirien zu fliegen. Also, hier sind wir.", machte Kai ihm den Sachverhalt mehr oder weniger verständlich.
 

"Ja schon…aber…niemand hat gesagt, das es so SAUUUUUUUUUUUUUMÄßIG kalt wird! Und wieso liegt hier so viel von diesem gefrorenen Zeug rum?! Das ist kein Land sondern ein Eiswürfel!", protestierte der Philippine, der trotz mangelnder Erinnerungen an seine Vergangenheit immer noch an das warme Klima des Südens gewöhnt sein musste. Anscheinend wollte er noch etwas hinzufügen, doch dazu kam er nicht. In dem tiefen Schnee verlor er das Gleichgewicht und fiel der Länge nach auf die Nase. In seiner Verzweiflung hatte er sich an Alex festgekrallt, ihn aus dem Gleichgewicht gebracht und schließlich unter sich begraben.
 

Kai verdrehte die Augen und sah nach den Transportern. Er hoffte, möglichst bald zur eigentlichen Mission aufbrechen zu können.
 

"Willkommen in Sibirien, Mr. Hiwatari. Wir bringen sie jetzt zum Basislager, wo sie ihre Ausrüstung und eine warme Mahlzeit erwarten. Folgen sie mir bitte.", begrüßte ihn ein nach ranghohem Offizier aussehender Mann und deutete auf das Fahrzeug, mit dem er gekommen war. Wortlos setzte Kai seine Sonnenbrille auf und folgte seiner Anordnung. Mina ergriff die Initiative, stapfte an dem immer noch im Schnee liegenden und blöd vor sich hin gaffenden Alex-Brian-Gemisch vorbei und kletterte nach dem Siebzehnjährigen in das Fahrzeug.
 


 

Die holperige Fahrt durch den Schnee dauerte nicht all zu lange. Im Zentrum der Siedlung angekommen erkannte der Halbrusse, dass die meisten der Hütten nicht leer standen, sondern als Betriebs- und Lagerräume sowie als Unterkunft zur Verfügung standen. Eine ziemlich gute Tarnung, die Kais Meinung nach aber mehr als überflüssig war. Unter Garantie wusste er Entführer längst von der Existenz des Lagers, wenn nicht sogar, dass er und die anderen so eben eingetroffen waren.

Man brachte ihn und die anderen zu einem der Häuser. Es roch nach drittklassigem Kantinenfraß, doch das interessierte ihn nicht weiter. Er hatte ohnehin nicht vor gehabt, etwas zu sich zu nehmen. Brian hingegen verdarb es gehörig die Laune.
 

„Kai!“

„So lange ist es her….“
 

Der Halbrusse fuhr zusammen, als er plötzlich die Stimmen hinter sich hörte. Eigentlich wollte er sich gar nicht erst umdrehen, tat es dann aber doch.
 

„Was wollt ihr hier?“, gab er den dreien unsanft zu spüren, was er davon hielt, sie wieder zu sehen.
 

Es handelte sich um niemand anderen als um Bryan, Spencer und Ian, die drei verbliebenen der ehemaligen Demolition Boys.
 

„Ihr habt hier nichts zu suchen. Das hier geht euch nichts an, also verschwindet."

Trotz der schützenden Barriere, die die Sonnenbrille bot, vermied er die Konfrontation ihrer Gesichter.
 

Die drei schwiegen eine Weile, dann ergriff Bryan noch einmal das Wort. „Nun gut, du freust dich offensichtlich nicht über unser Wiedersehen. Dennoch wirst du nicht drum herum kommen, uns die nächsten Tage um dich zu haben.“
 

„Wir bringen euch höchst persönlich nach ganz oben!“, verkündete Ian stolz und wies dort hin, wo in der Ferne dunkle Wolken einen Berggipfel verschluckten, „Ihr seid nicht die einzigen, die so ein fetter Batzen Geld lockt.“
 

Kais Fingernägel bohrten sich ins Fleisch seiner zu Fäusten geballten Hände, die er der Kälte wegen in die Jackentaschen gestreckt hatte.
 

„Mich interessiert das Geld nicht. Wenn ihr so geil drauf seid, euren Arsch zu riskieren, um euch selbigen mit bunten Scheinen abwischen zu können, dann sucht euch nen anderen von diesen Drecksbergen, klettert hoch und springt von mir aus wieder runter. Mein Preisgeld könnt ihr gerne haben, aber haltet euch aus meinen Angelegenheiten raus.“
 

Der Wortwechsel hatte die Aufmerksamkeit seines Gefolges und einiger Soldaten erregt, die den Halbrussen verständnislos anstarrten. Dennoch wagte niemand, etwas zu sagen.
 

„Kommt. Wir gehen.“

Entschieden kehrten die Demolition Boys ihm den Rücken.
 

"Na toll! Und wie sollen wir uns jetzt in diesem Gefrierfach zurechtfinden?", nörgelte Brian, am Kantinenessen kauend, und blickte seinem Namensbruder und dessen zwei Gefolgsleuten nach.
 

"Ohne die drei sind wir in jedem Fall besser dran...", murmelte Kai und beschloss spazieren zu gehen, wo die anderen doch sowieso nichts anderes zu tun hatten als zu essen.
 

"Mach dir nichts draus. Ich hab da hinten ein paar Karten gefunden. Ich denke, damit werden wir schon irgendwie zu Recht kommen.", beruhigte Alex seinen aufgebrachten Kumpanen, "und irgendwie hat Kai auch Recht mit dem was er sagt."
 

"So? Meinst du?"
 

"Ja. Je weniger wir sind, desto schneller kommen wir voran. Und außerdem sollten wir die drei nicht noch unnötigen Gefahren aussetzen. Einen Teamkollegen haben sie schon verloren."
 

Mit diesen Worten verschwand Alex, gefolgt von Brian, wieder im Inneren des Gebäudes.

Es war besser, sich auf die bevorstehende Reise zu konzentrieren und sich nicht unnötig wegen Meinungsverschiedenheiten zu verausgaben. Zuerst sollten sie in Ruhe essen und dann das Equipment sorgfältig überprüfen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  kylara_hiku_Lamore
2011-05-15T18:54:48+00:00 15.05.2011 20:54
ach herrje die Demo´s ich habe mir eigendlich erwartet da Kai das mit Tala so bescheftigt dass er die anderen jung vielciht mag aber dengste! tja falsch gelegen...

und weiter gets ^^
Von: abgemeldet
2008-09-01T11:53:49+00:00 01.09.2008 13:53
Also, sicher nicht das beste Kapitel, aber verstecken brauchst du dich dafür definitiv nicht Süße. Ich finds gut, bildet ne hübsche Überleitung zu dem was -hoffentlich- noch alles kommen wird...xD
Lass dich nicht stressen, weder von uns noch von der Schule. Alles geht seinen Weg -irgendwie.
Hab dich lieb!
Von: abgemeldet
2008-08-31T18:36:06+00:00 31.08.2008 20:36
endlich nach langen warten xD

lol also ich muss sagen, auch wenn das Kapitel wieder etwas kurz war ^^" war es spannend.
ich bin schon wie ein flitzebogen gespannt wie es weiter geht ^^

schreib schön witer

lg unico


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