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Erwarte nichts, rechne mit allem

von

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…noch schlimmer?

…noch schlimmer?
 

Mark strampelte als Jin ihn noch weiter hoch hob, ihn schließlich über seine Schultern hievte und dann in einem irrwitzigen Tempo die Treppe hinunter lief, ihm so die Aussicht auf die merkwürdige Kugel ließ, die hinter ihnen aus der Tür raste. Gerade als sie um die Ecke bogen, prallte sie auf die gegenüber liegende Wand, krachte dagegen und flammte in einem Feuerball auf. Jetzt fühlte er sein Herz rasen, während er sich in das Hemd krallte, sich duckte und versuchte möglichst klein zu machen. Immer lauter pochte es, sprang förmlich bei jedem Schritt bei dem er auf und ab schwang, die Treppe hinunter. Es ging alles zu schnell, zu langsam. Immer wieder blinzelte er, schaute ängstlich in alle Richtungen ohne etwas zu entdecken und ohne beruhigt zu werden, die Rauchschwaden so lange zu sehen, bis sie förmlich um die Ecke schlitterten.

„Was…“, wollte er fragen, doch keine Antwort kam und er zuckte nur panisch zusammen, als eine Tür an die Wand prallte, vibrierte, sie hinaus in den Garten rannten, der so sicher wirkte – oder auch nicht. Alles war viel zu offen, zu wenige Bäume um sich zu verstecken, zu viel Gras, zu viel. Schneller und schneller rasten seine Augen hin und her, suchten nach etwas, nach jemandem, nach dem Grund, der ihnen vielleicht gefolgt sein konnte.

Doch da war nichts und er wähnte sich schon in Sicherheit, landete wieder auf seinen Beinen und schaute fragend zu Jin auf.

„Es…“, begann dieser, bevor ein kreischendes „RU, RU!“, ertönte, Sarah tief an ihnen vorbeiflog und in Richtung Erde stürzte. Ein kräftiger Ruck riss ihn im gleichen Moment zu Boden, schleuderte ihn förmlich auf den Grund. Sofort legte sich eine Hand über ihn, drückte ihn hinunter, noch tiefer in das Gras, verhinderte seinen Versuch wieder aufzustehen, den er selbst wieder aufgab, als er eine in Flammen gebadete Kugel direkt über seinem Kopf zischen sah. Er blinzte, zitterte inzwischen nur noch, nur beruhigt von seinem Dschinn, der hier war.

Und dann landete sein Blick auf der Häuserfassade, auf dem Fenster, das förmlich brannte und dessen zweite Scheibe mit einem lauten Knall zersplitterte. Flammen schlugen hinaus, erfüllten es, lösten sich schließlich von den Vorhängen, die nur noch in einzelnen Fetzen zu in der Luft flatterten und schwebten hinunter. Mark richtete sich wieder auf, Mund offen bei dem Schauspiel, und hielt sich an Jin fest, der mit einem grimmigen Ausdruck die Fäuste ballte. Das Feuer richtete sich auf, schlug zur Seite aus und bildete fast so etwas wie Flügeln, wie ein riesiger Vogel, der seine Flügel ausstreckte, wie ein Phönix.

„Das ist doch nicht…“, murmelte er, fühlte sich an Videospiele erinnert, dachte jetzt fast an einen Dschinn und trat ein paar Schritte zurück, zurück hinter Jin, hinter den in diesem Augenblick so sympathischen Jin.

Genau da explodierten die Flammen in diesem Moment mit einem ohrenbetäubenden Knall, trugen eine knisternde Stimme mit voller Wucht zu ihnen hinüber: „Ihr werdet mir nicht entkommen…alle Dschinns müssen sterben, all ihre Gefäße verschwinden!“

Jin wanderte bei jedem Wort Schritt für Schritt, stellte sich zwischen ihn und dieses Wesen, das gerade förmlich aus Feuer geboren wurde. Die Flammen wanden sich, flossen ineinander wie Wasser und vereinigten sich, trennten sich wieder und schlugen ein letztes Mal empor, bevor sie in einer riesigen Rauchschwade verschwanden und einen Mann zurückließen, der ganz in Rot gewandte und mit seinen roten Haaren aus der grünen Umgebung hervorstach. Der Mund war das auffälligste, viel zu groß und farbintensiv für dieses Gesicht und bewegte sich nur Millimeter, wenn er sprach, während eine eigenartige Schlinge in seiner linken Hand dabei immer wieder hin und her schwang.

Etwas rührte sich. Hinter ihm die aufgeregten Schläge, Krallen in seiner Schulter, kreischte Sarah: „WEG, WEG! Du vermaledeite Mörder!“, und rüttelte ihn damit wieder wach.

„Oh…Sarah, wie schön dich hier zu sehen – wobei es ja nicht überraschend ist. Wie ich sehe bist du diesmal auch nichts Besseres geworden…und danke, dass du mich hierher geführt hast, du dumme Mücke…“ Jedes Wort klang giftig, begleitet von weißen Schwaden, die dabei aus dem Mund aufstiegen.

Die Taube flatterte immer aufgeregter, kaum noch fähig zwischen den Ausrufen, den abgehackten „Ru“, die Worte herauszubringen: „Mörder! Mörder! Verschwinde! Abscheuchlichkeit du! Angeber!“

Mark schaute nur hin und her, das aufgeregte Kreischen in seinem Ohr, den starren, verspannten Jin vor sich und murmelte nur wieder „Was?“ und schlotterte mit den Knien. Er schluckte den Knoten hinunter, der sich jetzt gebildet hatte, mit jedem Herzschlag hin und her vibrierte, bekam ihn nicht runter und biss sich schließlich auf die Zunge. Angst wollte er nicht mehr haben, wollte stark sein und selbst bestimmten, sich nicht beschützen lassen und es sogar gut finden. Schritt für Schritt trat er zur Seite, hinaus aus dem Schatte seines Dschinns, nur um wieder zu erstarren, als die glühend roten Augen des Fremden auf ihn fielen, ihn begutachteten und strahlten.

„Oh, dann hat Jin wohl seine Taktik geändert. Wunderbar, jetzt kann ich dich endlich töten, jetzt wo du ein Gefäß hast. Jetzt wo du Abhängig bist…“, hörte er nur noch, sah mit Schrecken, wie sich der Mund anfing weit zu öffnen, der Kiefer unmöglich weit nach unten klappte. Alles ging so schnell, ließ ihm keine Zeit zu reagieren, als plötzlich eine weiße Kugel mit roten Mustern erschien, fiel und in der Schleuder der rechten Hand landete. Sofort fing dieser Semi-Phönix an, seinen Arm hin und her zu wirbel, in großen Kreisen neben sich zu schwingen.

„RUNTER!“, hörte er noch, schaute kurz ratlos zu Jin, der ihn am Arm ergriff, ihn zu sich zog - genau in dem Moment, in dem die Kugel in Flammen aufging und durch die Luft schoss. Ein heißer Schwall, eine Druckwelle raste an ihnen vorbei, als das Ding über sie hinweg fegte, an einen Baum krachte und in einem monströsen Lärm in alle Richtungen davonstob. Feiner Staub erfüllte die Luft, blieb am Gras und anderen Pflanzen hängen, entzündete sich wie von selbst und setzte alles in Brand.

„VERDAMMTE SCHEISSE!“, schrie Mark, klopfte sich wild auf den Arm, wo eines dieser Glutnester aufflammte, konnte nicht anders, als besorgt zu Jin zu schauen, der über ihm lag, ihn beschützte.

Zerknirscht bestätigte dieser: „Das ist…wahr.“, und er sah jetzt kleine Flammen auf dem Rücken seines Dschinns, hob seine Arme, biss die Zähne zusammen und klopfte sie aus, sah sich in diesen wenigen Augenblicken um, und riss dann seine Lider erschreckt auf.

„Oma…!“ Sorge überflutete ihn und er fing an aufzuspringen, fühlte den Druck, den Widerstand, der ihn festhielt und wollte fauchen, als er das Kopfschütteln sah und ein „Sie ist in Sicherheit“, hörte. Erleichtert atmete er auf, vergaß für einen Moment alles, nur um gleich wieder bei dem leisen Knistern daran erinnert zu werden, was hier vorging.

„Scheiße! Wir müssen hier weg…tu etwas dagegen, tu doch etwas gegen dieses Monster! Mach ihn unschädlich! Ich wünsche es mir!“, brüllte er voller Angst, drückte sich mit seinen Beinen vom Boden weg, wollte nur noch fliehen, bis er das Leuchten in Jins Augen sah.

Mit einem einzigen Satz stand Jin schon, richtete sich mit einer Eleganz auf, die Mark in Staunen versetzte und blieb ungerührt stehen. Inzwischen fühlte er einen sanften Windhauch um sich herum streichen, der nur noch stärker wurde, als er sich wieder vom Boden erhoben hatte und die Szene so unwirklich vorfand.

Der glückliche Ausdruck war unterdessen aus dem Gesicht ihres Feindes gewichen, eine Kugel knisternd in dessen Hand, feiner Staub rundherum, der sich selbst in der Luft entzündete und wie ein Regen aus Feuer auf den Boden hinab prasselte. „Du wirst mich nicht wieder besiegen, Jin. Diesmal werde ich dich töten. Diesmal…“ Noch bevor er den Satz beendete, schleuderte er die brennende Kugel los, ein wütender Kriegsschrei auf den Lippen. Mit einem lauten Zischen schossen die Flammen hoch, wurden zu einem Schweif, der hinter dem Geschoss Sekunden in der Luft hängen blieb wie das, was er begleitete, wie eingefroren wirkte, gehalten von einem stetigen Wind der gleichzeitig an seiner Kleidung zerrte.

Und dann lief alles wie in Zeitlupe ab. Das Lächeln auf Jins Gesicht wurde nur noch deutlicher, grausamer, als er seine Hand langsam hob. „So wie die letzten Male? Du bist schwach und wie immer wird dein geborgtes Flämmchen in meinem Sturm untergehen.“

„Nein, du…“, spuckte ihr Gegner aus, schleuderte kleine Kügelchen, die aus seinem Mund tropften, mit seiner Schleuder los, ohne Erfolg. Jede einzelne von ihnen trieb ab, prallte gegen den Boden, gegen Bäume, bevor sie auch nur in ihre Nähe kommen konnten oder blieben neben der großen hängen wie kleine Geschwister, gefangen. Immer wieder versuchte ihre Feind es, spuckte und fluchte dabei, bis er schließlich: „Ich werde ihn umbringen, ich werde dein Gefäß umbringen!“, schrie und Jins Lächeln gefror.

„Niemals.“ So ein kurzes Wort, so still dargebracht von seinem Dschinn, bevor die Hölle losbrach. Ein Sturm warf Mark zu Boden, drückte ihn mit aller Gewalt hinunter, Sarah neben ihm völlig bewegungslos, während er verzweifelt versuchte sich wieder zu lösen. Sein Blick wanderte hoch und er starrte wieder, wollte nicht mehr hinschauen, doch konnte sich nicht abwenden.

Die Kugeln, die nur Momente zuvor in der Luft schwebten, drehten um, langsam getrieben, beschleunigten plötzlich vorbei an Bäumen, deren Äste im wilden Sturm abbrachen und wie in einem Wirbel hin und her taumelten, knarrten. Und dann brach alles zusammen.

Die Geschosse, die Kugeln bewegten sich immer schneller, nahmen Geschwindigkeit auf, piffen in einem furchtbar schrillen Ton, bis sie kurz still waren, auf ihren Feind prallten, aufflammten. Jedes Mal, wenn eine traf, zuckte ihr Gegner, schrie, riss den viel zu großen Mund auf, in dem weiß über weiß zu sehen war. Doch das war nicht das Ende. Fast gleichzeitig drehten die Baumteile, die durch die Luft schwirrten wie eins in eine Richtung, hielten an, nur um dann wie Pfeile immer schneller zu werden. Wie Geschosse sausten sie durch die Luft - und trafen.

Mark zuckte zusammen, als sich die Äste mit voller Wucht in das Fleisch ihres Gegners bohrten, stecken blieben und nur einzelne Tropfen hinausließen, wieder und wieder gedreht wurden, von nichts, von Wind, hinaus gezerrt wurden, nur um gleich wieder mit einem grausamen Ton hinein gerammt zu werden. Jedes Mal ein gellender Schrei, ein furchtbares Geräusch, das ihm den Magen umdrehte und alles Blut weichen ließ. Seine Hand wanderte zu seinem Mund, ängstlich, dass er gleich nicht mehr konnte, das Schauspiel zu brutal um es noch in Worte zu fassen.

Momente später hob Jin wieder seinen Arm winkelte ihn an, nur um ihn dann in einer rasenden Bewegung in Richtung seines Gegners auszustrecken. Ein „Jetzt“ fegte durch den Garten, teilte alles an Laub und Ast, das sich in seinem Weg befand, bis es wohl ankam. Eine rote Fontäne spritzte hoch, nur noch ein Gurgeln zu hören, der Hals des Gegners merkwürdig verdreht und halb zur Seite hängend. Sekunden blieb der Mann noch stehen, bevor er nach hinten kippte und Marks Magen bei den Massen an Rot endgültig rebellierte.

Würgend beugte er sich vornüber, brachte nichts hinaus und schnappte verzweifelt nach Luft, versuchte sich zu beruhigen. Kleine Fäden an Spucke, an Galle, waren das einzige, was herauskam; es brannte, trieb ihm die Tränen in die geschlossenen Augen.

Schlucken war unmöglich, brachte jedes Mal nur wieder Anfälle mit sich; er krallte sich am Gras fest, bis ein warmer Wind über ihn fegte, eine Hand sich auf seine Haare legte und fast zärtlich über seine Kopf strich. Wieder und wieder diese sanften Berührungen, der leichte Druck, der alles mit sich nahm und ihn wieder beruhigte.

So hörte sein Magen langsam wieder auf sich zu winden und der Drang etwas loszuwerden verging, alles wurde wieder besser, bis er endlich wieder die Augen öffnen konnte und sie gleich wieder schließen musste, die Sonne zu stark. Ein neuer Versuch folgte sogleich und mit etwas Blinzeln, vertrieb er das Blendende, die Tränen, die halb an seinen Lidern klebten und schaute sich nach der Hand um, die mit einem Schlag verschwunden war.

„Jin?“, flüsterte er, sicher, dass es seine Finger gewesen waren, suchte weiter und fand ihn nur einen Meter hinter sich, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, der Blick so schnell wieder amüsiert, dass der vorige Ausdruck, den er nicht identifizieren hatte können, wie ein Trugbild erschien.

Er wollte schon fragen, bis sein Blick auf der Leiche landete, die jetzt nicht mehr zu erkennen war. Flammen knisterten, zischten, bis sie mit einem lauten Knall emporschlugen, wo der Tote vor seinem Anfall gelegen hatte, zogen Rauchschwaden mit sich, die hin und her schwankten, zerrissen wurden und in der Luftströmung zu Grunde gingen. Immer wieder loderte das Feuer stärker auf, schien zu kämpfen, nur um im gleichen Moment ineinander getrieben zu werden und in sich zusammenzustürzen.

„Was…?“, begann er, unfähig sich schon von dem Anblick zu lösen, schüttelte den Kopf und fixierte Jin – das einzig normale hier. „Oh Gott…er ist tot. Was war das?“, drang gleichzeitig eine Frage und pures Entsetzen hervor.

Jin schien nicht sehr erfreut, als die Flammen immer größer wurden, die Mundwinkel deutlich nach unten gezogen, bis er sich wieder ihm zuwandte und nur: „Etwas Schlechtes“, antwortete.

„Ein Dschinn-Jäger ist er, Duran heißt er“, schreckte ihn Sarahs Stimme direkt in seinem Ohr hoch, die Krallen wie viel zu oft auf seiner Schulter. „Intelligent manchmal er ist, ein Phönix. Er wird aus seiner Asche wiedererstehen – braucht nur etwas Zei…“

In einem lauten Kreischen endete der Satz, in panischen Flügelschlägen, der Kopf der Taube mit den Fingern einer Hand gefährlich nach hinten gedreht. Mark schluckte, starrte Sekunden fassungslos wie versteinert Jin an, der die Zähne zusammengebissen hatte, so offensichtlich durch den offenen Mund zu sehen. Immer weiter drückte sein Dschinn den Kopf hinunter, war kurz davor, den Vogel umzubringen – so wie diesen Verrückten.

Das hier konnte nicht wahr sein, nicht nach all dem hier. Sein Kopf fing langsam an zu pochen und er streckte schon seine Hand aus, wollte etwas sagen, doch dann kam ihm sein Jin zuvor: „Du hast ihn hierhergeführt, nicht wahr? Dafür sollte ich dich unendlich leiden lassen, leiden bis in alle Ewigkeit, doch ein neues Leben wird dir im Moment wohl genug Qualen bereiten, bis ich dich wieder gefunden habe. Das hier ist meine Welt und du hast dieses Insekt…dafür wirst du sterben.“

„Nei…Nein!“, krächzte Sarah, kaum noch verstehbar, „ich ihn nicht hergeführt. Er ist…mir gefolgt. Bitte, bitte, will nicht wiedergeboren werden. Tue alles…“ Dabei strampelte sie schwach mit den Beinen, noch immer gefangen und scheinbar am Ende ihrer Kräfte.

Mark zitterte, seine Knie reine einzige schlotternde Gummimasse, während sein Blick wieder unwillkürlich zu dem Feuer wanderte, das jetzt kaum noch brannte, nur Asche hinterließ, die in alle Winde zerstreut wurde. Bilder des Kampfes, nein, des Massakers waren noch zu deutlich vor seinen Augen. Er schluckte. Ein Toter war genug für seinen Magen.

Seine Hand, noch immer auf halbem Weg, beendete ihn bis sie etwas fühlte, sich auf Jins Arm legte. „Lass sie…sie will, sie hat ihn sicher nicht…nicht absichtlich hergeführt. Ich glaube nicht…“, stotterte er vor sich hin, unfähig sinnvoll auszudrücken, dass Sarah nur mit jemandem reden wollte und das sicher nicht aufs Spiel setzen würde, zumindest wenn er seiner beschränkten Menschenkenntnis trauen konnte. Seine Kehle war noch wie zugeschnürt, das Flattern so laut. Dabei versuchte er überzeugend zu sein, wollte es wirklich, doch im Moment blieb ihm nur seinen Dschinn anzustarren, so flehentlich zu schauen, wie es ihm möglich war, bis er den nächsten Versuch startete: „Sie will…ach zum Henker, du weißt doch, was ich meine, oder?“ – und aufgab.

Mark seufzte, hatte das Gefühl alles würde viel zu lang dauerte, bis Jin endlich Sarahs Kopf los ließ, sie ihm in die Hand drückte, dabei sanft über seine Finger strich.

„Danke, Danke, Danke…“, gurrte Sarah, „ich Wahrheit gesagt…ich…“

Der Blick seines Dschinns brachte sie so schnell zum Schweigen, dass es fast unheimlich war, nur um sich dann ihm zuzuwenden, die ersten Anzeichen eines Lächelns auf den Lippen: „Das war fast ein Wunsch, mein Markus. Du wolltest also doch mehr von meiner Aufmerksamkeit nach all dem? Wie wäre es mit einer Belohung…“

Stotternd öffnete Mark seinen Mund immer wieder, wie um etwas zu sagen, schloss ihn schließlich sprachlos und presste ihn zusammen. Die goldenen Augen schienen ihn einzuladen, herauszufordern, weckten wieder etwas in ihm, dass er nicht unterdrücken konnte. „Belohnung…aber nur dieses Mal…und nur weil…“, murmelte er kaum hörbar, atmete tief ein und ignorierte das leise Pochen unten, das laute oben in seinen Ohren, bewegte seinen Arm, bis er die viel zu weichen Haare fand, ihn um den Nacken legte und sich damit hochzog.

Scheinbar ewig dauerte es, bis er oben war, dort war und seine Lippen sanft, zaghaft auf die seines Dschinns legte, fast zurückschreckte und nur von Fingern in seinem Rücken zurückgehalten wurde. Es kitzelte kurz, doch dieses Gefühl wurde in der Berührung, in dem Kribbeln ertränkt, das ihn mit sich ziehen wollte. Etwas Warmes strich sanft über seine Haut, reizte sie, zog sie leicht hinauf und an seinem Bein spürte er etwas Hartes, das ein so starker Kontrast war, so sehr dem gleichte, was ein anderer Teil seines Körpers gerade spürte. Langsam begann er sich zu verlieren, in Erinnerungen zu schwelgen, die ihm den Verstand raubten und so süß zu riechen schienen, schaute auf in diese goldenen Augen, so entrückt und glücklich. Vielleicht war mehr doch nicht schlecht…

Doch genau in diesem Moment schrillte ein Gurren irgendwo in der Ferne und dabei so nah, unterbrach alles, das Hämmern in seinen Ohren so laut, dass sein Verstand beinahe schreien musste und seine Hand dazu brachte, kräftig an den Haaren in seinen Fingern zu zerren. Ein kalter Wind, der dem Blick in Jins Gesicht glich, fegte im gleichen Moment über seine Lippen, ließ ihn kurz bereuen, was er getan hatte – aber nur kurz.

„Das…das…“, suchte er nach Fassung, zerrte weiter und ignorierte das Flattern in seiner anderen Hand, dachte angestrengt an kalte Duschen und vollbusige Frauen, was kläglich scheiterte. Ständig erschien sein Dschinn wieder vor seinem geistigen Auge, stand dazu auch hier direkt vor ihm und lenkte ihn viel zu sehr ab. Mit einem kräftigen Ruck an den Haaren löste sich die Hand von seinem Rücken, ein leises Grummeln war zu hören und er murmelte nur: „Das war…Belohnung…genug…“, begleitet von einem leisen Kichern zwischen seinen Fingern.

Verwirrt schaute er dorthin, fand eine zitternde Sarah noch immer dort, den Schnabel in ihr Brustgefieder geklemmt, die Augen geschlossen. „Das ist nicht lustig!“, wies er sie zurecht und erntete dank seiner Unaufmerksamkeit wieder eine Hand um seinen Rücken, die ihn so nah an Jin zog, dass er dessen Erregung deutlich spürte und an seine eigene erinnert wurde.

All das ließ seine Schläfen langsam wieder pochen, so stark hämmern, dass er die Taube los ließ, das Flattern hörte und sich nur noch mit den Fingern über seine Stirn strich, während die Hand seines Dschinns seinen Rücken entlang immer weiter hinunter wanderte und alles nur noch schlimmer machte. „Lass mich in Ruhe“, fauchte er schließlich genervt und versuchte seinem Körper wieder zu erklären, dass er sich seinem Kopf anschließen sollte…

Jin hielt kurz inne, eine Hand nachdenklich an sein Kinn gelegt. „Hm…“, murmelte er, bevor er lächelte und: „Das würde keinen Spaß machen – außerdem sollten wir doch langsam geklärt haben, wie das mit dem alleine lassen funktioniert. Also mein lieber Markus…“, sagte.

Es war unglaublich. „Sag nicht ‚mein Lieber‘! Ich bin nicht dein lieber…ich bin…und…argh…“ Dabei rollte er mit den Augen, stemmte sich gegen die halbe Umarmung, hatte keinen Erfolg, suchte das nächstliegende Ziel, um sich abzulenken und nicht auf dumme Ideen zu kommen.

Sarah saß auf seiner Schulter, scheinbar völlig glücklich und nagte ein wenige an seinen Haaren. Er schnaufte. „Was soll das? Lass das! Reicht es nicht, dass ich einen, nein, zwei Verrückte fast ständig um mich herum habe? Jetzt bin ich auch noch mit einer durchgedrehten Taube gesegnet, die sich wohl für einen Papagei hält und mich für einen Piraten…“ Dabei versuchte er sie mit seiner Hand hinunter zu stoßen, hatte immer kurz Erfolg, nur um sie gleich darauf auf seiner anderen Seite vorzufinden, ein leises Kichern ständig in seinen Ohren.

Ein kalter Hauch war der Vorbote der unzufriedenen Stimme: „Markus…“, klang sein Dschinn unzufrieden, schaute für einen kleinen Moment wie ein beleidigtes kleines Kind, bevor das Lächeln wieder erschien. Aschestücke flogen dabei langsam an ihm vorbei, segelten in alle Richtungen, während ihn dieser Blick gefangen hielt.

„Küssen…Küssen…Sex…das ist schick…“, sang Sarah in sein Ohr. Er konnte sein Herz jetzt wieder laut hören, fühlte förmlich, wie es das Blut immer stärker in seinen schon hämmernden Kopf pumpte und ihn in den Wahnsinn trieb. Jeder Schlag ließ ihn zusammenzucken, alles zu viel für ihn.

„Markus?“, potenzierte jetzt auch noch die Stimme seiner Großmutter alles. Sie stand mit den Armen in die Seite gestemmt vor dem letzten Häufchen Asche, dass von dem Dschinnjäger noch übrig war und schaute ihn zweifelnd an. „Was hast du angestellt? Ich musste nur kurz etwas holen, aber ich hätte nie gedacht, dass du dich aus Rache für ein wenig Spaß an meinen Pflanzen vergreifst…!“ Vorwurfsvoll klang es, vorwurfsvoll war es sicher gemeint und ließ seinen Nacken jetzt in das Konzert aus Spannung und Schmerz mit einstimmen.

„Ich…“, wollte er einwenden, rieb sich noch einmal über die Stirn, ohne dass etwas besser wurde.

„Ach Claudia, es gibt genügend Wälder, die durch ein wenig Brand gerade die Fähigkeit erlangen, weiter zu wachsen.“ Wie ein kalter Wind strich ihm die Stimme, strich ihm Jin, über den Kopf, beruhigte ihn. „Und außerdem war ich es und nicht Markus. Ich wollte ihm eine Freude machen“, klang er fast unschuldig, nett, „und ich denke wir werden uns jetzt wieder hinauf begeben, um wieder zur Ruhe zu kommen.“

Mark wunderte sich nicht mehr wirklich, als sein Blick kurz wanderte und das Fenster völlig unbeschädigt wirkte.

Seine Großmutter kniff kurz die Augen zusammen, bevor sie langsam anfing, wieder ruhiger zu sprechen: „Oh, dann tut es mir leid. Aber dafür könntest du mir einen Gefallen tun, Jin. Also…wenn ihr hinaufgehen wollt, dann halte ich euch ganz sicher nicht davon ab.“

Damit wandte sie sich so schnell wieder um, wie sie erschienen war, bevor ihr wohl wieder etwas einfiel: „Barbara rief mich in den letzten Stunden immer wieder an, da du wohl noch immer kein Handy besitzt, dass du einschaltest. Ihre Sorgen waren ja schon beängstigend groß, also klär das – JETZT.“

Damit stapfte sie wieder durch das Gras zurück und drückte ihm ein vibrierendes Mobiltelefon in die Hand und erklärte auf seinen verwirrten Blick hin nur: „Die grüne Taste…“, und lief dann wieder fröhlich in Richtung Haus.

„Das weiß ich!“, murrte er noch und hob ab, obwohl er Ruhe wollte.

„Claudia“, war zu hören, „jetzt erzähl mir endlich…“

Seufzend fuhr er dazwischen: „Ich bin’s…“

„Oh“, erwiderte Barbara nur leise, bevor sie sich wieder fing und weiter redete, „Mark, Mark! Endlich habe ich dich erwischt. Du bist so schnell verschwunden und ich habe mir Stunden Vorwürfe gemacht, bis deine Oma mir endlich erklärt hat, was passiert ist. Du weißt ja nicht, wie schlecht ich mich fühle…ich hätte dir das nie SO sagen dürfen.“ Sie verfiel schon fast in einen Rausch, redete und redete, während seine Schläfen weiter pochten. „Ich würde mich gerne morgen mit dir treffen und Julius will dich auch unbedingt näher kennen lernen.“

Dabei schnaufte er. „Das sagst du mir, nachdem du mich abserviert hast und anscheinend kein Stück auf MEINE Meinung gibst? Und anstatt mit mir zu reden, fragst du Oma? Lass mich in Ruhe, wenn du sowieso nichts anderes willst, als weiter zu trampeln. Und ich will mit ihm aber nichts zu tun haben, ich will nichts mit Julius…“, erklärte er noch, bevor Jin ihm das Telefon aus der Hand riss und über seine Schläfen strich, ihn so sehr beruhigte, dass er nichts anderes als die Berührung wollte.

„Morgen wieder am selben Ort zur Mittagsstunde und wir werden da sein. Also Barbara, richte Julius aus, er soll erscheinen wie letztes Mal und jetzt entschuldige uns und besonders Markus. Ihm geht es nicht ganz so gut – du kennst sicher die Wirkung eines Kopfschmerzes, der einen zur Verzweiflung treibt. Du hast alles richtig gemacht und er leidet nur unter dem nachwirkenden Einfluss seiner Eltern. Aber keine Sorge: Er wird sich wieder beruhigen und wir beide werden noch ein paar Dinge erledigen…bis Morgen.“ Sein Dschinn redete statt ihm, doch es war ihm egal und er schüttelte nur halbherzig den Kopf, wollte nach dem Telefon greifen, doch das Gespräch endete mit einem leisen Klick.

„Und wir gehen hinauf.“, beschloss sein Jin. „Die Asche ist mehr als schlecht für uns beide und scheinbar für deinen Kopf besonders. Die Nacht ist doch deutlich besser für Spaß geeignet oder zumindest Ruhe. Außerdem scheint die Zeit der Ruhe schnell zu Ende zu gehen und…“, hörte er das Murmeln so besänftigend, so angenehm, zittere ein wenig, ließ sich führen, sein Kopf viel zu schwer.



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von: abgemeldet
2009-02-26T19:08:23+00:00 26.02.2009 20:08
aah, also doch nicht wirklich in dem sinne ein feuer xD
ich fands auf jeden fall richtig gut, hab mich schon die ganze zeit gefragt ob so ein kapitel wphl wieder auftauchen wird *gg* bin ja mal gespannt was es genau mit diesem mann auf sich hat ^^
aber okay, ganz so sachlich wie ich im letzten kapitel noch dachte ist die taube dann wohl doch nicht xD
auf jeden fall freu ich mich schon aufs nächste kapitel xD
bis dann,
*wink*
Von:  Vampire-Hero
2009-02-22T18:14:42+00:00 22.02.2009 19:14
Schlimmer geht immer ^^ aber ich finde es toll, wie Jin sein Gefäß verteidigt und wie er sich hinterher die dreistigkeit nimmt, über ihn zu bestimmen. Bin mal gespannt wie das Treffen läuft mit Julius und Barbara :-) Zumal, wird er sich dann immer noch wehren, schwul und mit Jin zusammenzusein oder nicht ^^ Bin mal gespannt wie Markus sich verhält, da er für Jin langsam doch Gefühle entwickelt, auch wenn er sie manchmal noch abstreitet und diesen ziemlich temperamentvoll daran erinnert, ihm nicht zu nahe zu kommen. Tja, wie Cain, nicht ^^ und dennoch hat ihn der Dämon begrabbelt, weshalb ich Jin genauso einschätzen würde ^^ Weshalb ich aber deine Charas nur noch mehr liebe. Also schreib weiter so, es macht immer laune was von dir zu lesen und es ist spannend mit zu verfolgen, wie sich Markus leben verändert ^__^

LG
Vampire
Von:  Wolkenfee
2009-02-22T14:06:42+00:00 22.02.2009 15:06
Hm, ob Mark wohl doch noch mal irgendwann aufgibt? Es ist lustig, wie er versucht, immernoch zu widerstehen.
Und ein Dschinn-Jäger also. Sehr interessant.
Bei Sarah weiß ich noch nicht genau, was ich von ihr halten soll.
Mal sehen, was noch passiert^^
Von:  xuxu713
2009-02-22T12:09:28+00:00 22.02.2009 13:09
Der Dschinn-Jäger taucht aber auch zu einem sehr unpassenden Zeitpunkt auf, nicht zu fassen, so eine Frechheit. Er hätte wenigstens warten können bis Jin ans Ziel gekommen ist. Wegen dieser Unverschämtheit hat er einen schmerzhaften Tod verdient ... er ist doch tot, so dass beide vorerst ihre gemeinsame Zeit auskosten und sich auf den anderen einlassen können.

Nun ja, das wird er ja jetzt sicherlich nachholen und obwohl Markus Migräne hat ... vielleicht hat er ja danach keine mehr. Sarah ist echt eine Nervensäge, bleibt zu hoffen Sie hält wenigstens beim Sex zwischen Jin und Markus etwas Abstand nicht nur körperlich sondern auch stimmlich. Claudia ist auch fies, bei Markus meckert sie, aber bei Jin hat sie Verständnis - unerhört! *frech grins*
Von:  yamimaru
2009-02-21T21:13:13+00:00 21.02.2009 22:13
Ohoooo ein Dschin-Jäger. Was es nicht alles gibt. Und die Sarah hat doch auch irgendwie Dreck am stecken oder? So ganz glaub ich nicht dass sie nur jemanden zum reden will. Irgendwie ist mir das Tierchen suspeckt.
Naja und Jin... hmmm... auch wenn er Mark ständig bevormundet, irgendwie wird er doch richtig nett. So zum Schluss, das mit den Kopfschmerzen und dass er nicht so wehement auf seinen "Spaß" bestanden hat sondern auch "Ausruhen" einräumte ist doch schon mal ein guter Vortschritt find ich.
Bin mal gespannt auf deine angekündigte Überraschung ... was da wohl noch alles kommen wird...?
Schreib auf jeden fall genau so weitr, hast du wieder mal klasse gemacht *loblob*
Von:  Toastviech
2009-02-20T21:14:37+00:00 20.02.2009 22:14
Das ist einfach so süß!
Zuckerflash alarm. Wie Jin seinen Markus gerettet hat und danach sich so gut um ihn kümmert.
*hach*
So süß~


lg Toasty
Von:  sky74
2009-02-20T20:36:17+00:00 20.02.2009 21:36
Hallo Vandra,

siehst Du, ich habe es diesmal nicht vergessen. *lach* Das hätte ich mir auch nie verziehen.

Ich kam also, sah und las und ... fiel um *g* Gut, dass ich gerade nichts gegessen habe, da hatten wir ja eine nette kleine Metzelei. *Angstschweiß von Stirn wischt* Du hast es wirklich drauf, solche Sachen zu schreiben, so plastisch und irgendwie beängstigend, beklemment real. *puh*

Und trotzdem sind auch immer wieder diese kleinen witzigen Szenen da, eine wirklich gelungene Mischung! *smile*

Die Idee mit dem Dschinn-Jäger ist echt mal spannend, bin schon gespannt, ob und wann der das nächste Mal wieder auftaucht. Den und sein Aussehen und die Art des Angriffs hast Du ... wow beschrieben. Du und Deine faszinierenden Ideen... *smile*

Uiuiui, arme Sarah, die hätte es um ein Haar auch erwischt. Jin ist schon ein böser, kleiner, schlimmer Finger... *kicher*

Also, meine Lieblingswahnsinnige, *zwinker* ich bin schon sehr interessiert, was Du Dir für das nächste Kapitelchen ausgedacht hast. Dieses verspricht ja eigentlich eine heiße Fortsetzung. *kicher blush* Öhem, Du weiß schon ... *lach*

Bye
sky

Von:  evejean
2009-02-20T16:22:33+00:00 20.02.2009 17:22
damit haste es wieder bewissen du kann net nur "romantische sachen" schreiben, sondern auf echt mitreisende kampfszenen.
was soll man noch sagen ausser ein großes WOW, klasses kapitel

lg eve
Von:  aYaKaShI
2009-02-20T09:37:56+00:00 20.02.2009 10:37
das war ja das reinste action si-fi kapitel
und ich muss schon sagen die belonung war auch nicht das wahre
ein kuss er hätte schon etwas mehr verdient^^

lg aya


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