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Mein hungriges Herz

Luffy x Vivi [30 Kisses Projekt]
von

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Gestatten, Ford [#03]

Author's Notes:

Whoa, Schreibblockaden kommen immer zur falschen Zeit. -.- Die ganze Zeit konnte ich mich irgendwie nicht dazu bringen an dem Kapitel weiterzuschreiben, aber heute hab ich die ganze Nacht durchgeackert und es zu Ende gebracht, auf den letzten Drücker sozusagen. xD" (Am 1. August ist die Deadline...)

Und ehrlich gesagt bin ich auch ziemlich unzufrieden mit dem Kapitel... Actionszenen zu schreiben ist echt nicht einfach. *drop*
 

Nya, ein ganz liebes Dankeschön an alle Kommischreiber. :3 Hoffentlich enttäuscht euch das Kapitel nicht!
 


 

- - - - - - -
 


 

THREE: Gestatten, Ford
 


 

Es war gigantisch.
 

Zumindest aus Vivis Blickwinkel am Boden aus betrachtet und auch nur aus ihren Augenwinkeln heraus, denn sie traute sich nicht ihr ins Matsch gedrücktes Gesicht so hinzudrehen, dass sie es direkt sehen konnte. Was sie aber erkennen konnte war seine Größe. Zumindest erahnen konnte man sie, wenn man von den mindestens zehn Zentimeter langen Krallen der Hinterbeine auf den Rest des Vieches schloss. Sie sah dunkelgrüne, schuppige Haut mit ein paar wenigen grauen Flecken. Und sie sah gelben Schleim auf den Boden tropfen, und wo auch sonst sollte dieser herkommen, wenn nicht aus dem Maul des Ungetüms? Sie wollte erst gar nicht wissen, wie groß seine Zähne waren und besonders nicht aus der Nähe
 

Zusammengefasst sah ihre momentane Lage ungefähr so aus: Sie lag geknebelt mit dem Gesicht im Matsch, einer ihrer Arme war höchstwahrscheinlich ausgekugelt und über ihr keuchte ein unaussprechlich grauenvolles Monster mit gigantischen Klauen, vermutlich genau so großen Zähnen und einem brechreizbeschwörendem Mundgeruch.
 

Und der glorreiche Monkey D. Luffy saß mit offenem Mund und tellergroßen Augen hinter dem Ungeheuer und… starrte.
 

Wortlos. Ergo, ohne Worte.
 

Und sie sah es schon kommen, es stieg in ihm auf, der eine Satz, der ihrer beiden Leben ein sofortiges Ende setzen würde, langsam, gemächlich, wie eine Luftblase, die sich an die Wasseroberfläche kämpfte. Aber sie näherte sich immer deutlicher, immer sehbarer dem schon gefährlich offen stehenden Mund. Unaufhörlich, Unheil verheißend, ein stummes Todesurteil sprechend.
 

Krampfhaft versuchte die Prinzessin ihm durch pure Konzentration telepathisch irgendwie begreiflich zu machen, dass das hier – obwohl tief in ihr drin noch irgendwo die Hoffnung keimte, dass es sich hierbei nur um eine genmanipulierte, viel zu groß geratene Eidechse handelte – ein fleischgewordener Flashback zurück zu Little Garden war. (Flashback. „Dinosaurier!“ Flashback Ende.) Ein gigantischer fleischgewordener Flashback. Vivi glaubte vorhin beim Rennen über ihre Schulter erkannt zu haben, dass es ein Tyrannosaurus Rex war, zumindest hatte das Vieh hier mehr Ähnlichkeit damit, als mit irgendetwas anderes, das ihr in dem Moment zum Assoziieren greifbar gewesen war. Dennoch, so sagte ihre Erinnerung jedenfalls, war irgendetwas an diesem Ding ganz anders als bei einem Dinosaurier. Nicht nur die außerordentliche Agilität, wie sie fast nur eine Raubkatze aufwies, auch die Struktur der Schuppen und, mal ganz im Ernst, seit wann rannte ein T-Rex denn auf vier Beinen?
 

Nicht bewegen, dachte sie sich immer und immer wieder. Dann kann er dich nicht sehen. Also nicht bewegen.
 

Die Methode hatte jedenfalls bis jetzt geholfen, auch wenn sie sich nicht erklären konnte, wieso das Monster noch immer über ihr verharrte; seit Minuten schon schnüffelte es an ihr, stupste sie ab und zu leicht mit der Nase an und beschleimte sie mit seinem Geifer. Und Luffy saß noch immer bewegungslos da, wie eine Salzsäule.
 

Und starrte.
 

Vivi fühlte ein sehr, sehr mulmiges Gefühl in ihr aufsteigen. Es kroch aus allen möglichen Körperregionen hervor und kulminierte schließlich in ihrem Bauch. Schließlich konnte sie nur noch ein Stoßgebet zu Gott schicken und hoffen, hoffen entgegen aller Hoffnung, dass er verdammt nochmal nicht das tat, was sie befürchtete.
 

Bitte, Luffy-san. Flehend kniff sie die Augen so fest zusammen, dass ihr fast ein bisschen der Kopf wehtat. Bitte, Luffy-san, tu es nicht. Tu es nicht. Tu es nicht.
 

Ihre telepathischen Nachrichten sollten ihr Ziel nie erreichen, denn Luffys Gehirn wurde offensichtlich von etwas ganz anderem so in Anspruch genommen, dass alles andere vollkommen von ihm abprallte. Seine Mundwinkel zogen sich hinauf, machten aus seinem gaffenden Staunen ein gaffendes Grinsen. Und dann tat er etwas, für das Vivi sich schwor, wenn sie jetzt starben und in den Himmel kamen, würde sie Gott auf ihren Knien anbetteln sie beide wieder zu beleben, damit sie ihn nochmal umbringen konnte: Er holte tief Luft.
 

In einem letzten hoffnungslosen Versuch schickte sie noch ein Stoßgebet los. Bitte nicht. Tu es nicht. Bitte tu es nicht, Luffy-san.
 

Doch das Glitzern in seinen Augen bedeutete unmissverständlich das.
 

Er wird es tun, dachte Vivi, den Tränen näher als je zuvor.
 

„OH HEILIGE SCHEIßE, WIE COOL IST DAS DENN!“
 

Verzweifelt versuchte sie sich im Matsch zu ertränken; sie waren ja sowieso schon so gut wie tot.
 

Wie waren sie nochmal in diese Situation geraten? Ah, genau. Natürlich, was sonst könnte es wohl sein? Immerhin gab es da nur eine einzige plausible Erklärung, die einem einfiel, wenn man die ganze Szenerie aufmerksam betrachtete.
 

Immerhin war sie hier mit Monkey D. Luffy unterwegs. Mit genau demselben Monkey D. Luffy, der Gefahr anzog wie ein gottverdammter Magnet.
 

Und dabei hatte alles so schön begonnen.
 


 

_ _ _ _ _
 


 

Zwei Stunden zuvor, als Luffy und Vivi sich noch nichts ahnend auf ihren Rückweg zum Schiff oder ihren Marsch zu den Menschen (beides käme ihn gerade recht) machten, ahnte Sanji schon etwas. Nicht viel, nichts Konkretes, nur ein herannahendes kleines, großes, mittelgroßes, mittelkleines, was auch immer für ein Unglück. Wenn es jetzt Usopp gewesen wäre, den diese böse Vorahnung heimsuchte, hätte er wohl mit Sicherheit sonst welche Weltuntergangsszenarien hinunter gepredigt und selbst, wenn es jemand wie Zoro oder gar Nami gewesen wäre, hätten sie sofort eine Warnung ausgesprochen, nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie tatsächlich richtig liegen sollten.
 

Doch das hier war Sanji.
 

Derselbe Sanji, der sich bekanntermaßen durch nichts und wieder nichts aus der Ruhe bringen ließ. So auch nicht von einer mickrigen bösen Vorahnung, die wahrscheinlich sowieso nicht der Wahrheit entsprach. Immerhin waren sie hier im Dschungel und dort gehörte ein mulmiges Gefühl im Bauch zum Alltag dazu, wie das Atmen und das Fressen. Vermutlich, so redete er es sich jedenfalls ein, hatte er das sowieso nur der von vornherein festgehaltenen Tatsache zu verdanken, dass wenn die Möglichkeit bestand, dass sogar jemand wie Luffy mittlerweile schon tot sein könnte, es auch ihn, Usopp und selbst seine holde Nami mit der Schnelle eines Wimpernschlags treffen konnte.
 

Und deshalb verschob er das Gefühl zurück in seinen Hinterkopf, wo es Sanjis Meinung nach auch hingehörte. Und machte sich im Stillen eine Notiz, dass alle Dschungel gleich waren: Unberechenbar und beängstigend.
 

Dennoch nagte es etwas an seinem Unterbewusstsein, aber als sein Engel den Mund öffnete, war alles sofort vergessen: „Igitt, was stinkt hier so?“
 

„Sorry, ich hab gefurzt!“, gestand Usopp offen, während er sich ängstlich umblickte.
 

Angstfurzen also, stellte Sanji nüchtern fest und verzog das Gesicht. „Es riecht eher als wärst du verdammt nochmal am Verwesen.“
 

„Sorry, sorry! Das kommt von den Bohnen von heute Morgen. Jedes Mal wenn ich Bohnen esse, muss ich pupsen wie ein Furzkissen…“
 

„Könnten wir bitte aufhören über Fäkaldämpfe zu reden?“, schnarchte der Koch. „Hier ist ‘ne Lady anwesend.“
 

„Ich hasse Dschungel“, murmelte Nami zitternd um das Thema zu wechselnd und rückte, sehr zu seinem Entzücken, näher an Sanji heran. „Sie sind so düster und voller ekelhafter Geräusche.“
 

„Keine Sorge, meine zuckersüße Waldelfe, ich beschütze dich!“, versicherte Sanji, unverkennbar im siebten Himmel.
 

„M-merkt euch meine Worte“, stotterte Usopp mit bebender Stimme und schlotternden Knien, ebenfalls näher an Sanji heranrückend. „Der Tod lauert hier hinter jeder Ecke. Hinter jeder Ecke. Hinter jeder-“
 

„Wir haben es kapiert, danke vielmals!“, fauchte der Smutje gereizt und riss seinen Arm aus Usopps Umklammerung los. „Und rück mir nicht so auf die Pelle, du Schisser. Das darf nur meine engelsgleiche Nami-san.“
 

Usopp hatte einen Blick in den Augen, der das Herz eines jeden Mannes zum Schmelzen hätte bringen können – wenn er eine Frau gewesen wäre. „A-aber Dschungel sind so düster… und…“ Doch schlagartig wechselte seine Persönlichkeit, wie das Wetter von Sturm zu Sonnenschein, als ihm bewusst wurde, was er hier tat. „Und… und außerdem wollte ich euch bloß beschützen! Jawohl! Du undankbarer Schnösel!“
 

„Dann geh doch voraus, Usopp“, schlug Nami vor, ein zuckersüßes (jedoch eindeutig tückisches) Lächeln auf den Lippen. „Ich bin sicher, wenn all die grauenhaften hungrigen Kreaturen des Dickichts den großen Captain Usopp-sama sehen, werden sie sich vor Angst gar nicht an uns herantrauen.“
 

Als Usopp wie auf Kommando so blass wurde, dass er fast durchsichtig war, musste sich Sanji ein Grinsen verkneifen. Sie ist so böse, meine Nami-san, dachte er amüsiert. Aber genau das liebe ich ja an ihr!
 

Usopp schluckte. „N-natürlich“, stotterte er und lief mit zitternden Knien voraus. „D-der große Captain Usopp-sama beschützt seine Nakama bis in den… T-Tod!“
 

„Oh ja, ich fühl mich wirklich sicher“, murmelte Sanji der Navigatorin ironisch zu, welche nur seufzte.
 

„K-kommt nur, ihr Monster! Ihr Ungetüme! All die Grauen, die hier ihr Unwesen treiben!“, rief der Lügner tapfer in die Dunkelheit hinein und zückte seine – zugegebenermaßen nicht sehr Furcht einflößenden – Zwille. „I-ich bin gewappnet! Jawohl! Ich habe hier eine gigantische Bazooka, deren Schusskraft schon ganze Inseln versenkt hat! Und ich traue mich auch, sie zu benutzen!“
 

Sanji stöhnte. „Bestimmt machen sich die Tierchen grade in die Hose.“
 

„Sanji-kun!“, flüsterte Nami, verhalten kichernd, in ihre Hand. „Du bist so gemein! Er meint das ernst!“
 

„Das ist ja grade das Traurige daran.“
 

Nami ließ ein geschocktes Lachen ertönen. „Sanji-kun!“
 

„Ja, macht euch nur lustig, ihr Ignoranten!“, rief Usopp und drehte sich mit aufgeblähter Brust zu ihnen herum, plötzlich ganz und gar nicht mehr feige. „Ihr werdet schon noch vor Dankbarkeit vor mir auf den Knien herumrutschen, wenn ich euch höchstpersönlich vor einer entsetzlichen Kreuzung zwischen einer Echse und einer Raubkatze errette und mich demütig um Verzeihung bitten!“
 

„Wie hoch stehen wohl die Chancen, dass sowas passiert?“, brummte der Koch und zog an seiner Zigarette.
 

„Höher als du vielleicht glaubst, Sanji!“, verkündete Usopp mit Unheil verkündender Stimme. „In den Tiefen des Urwalds kann man nie genau wissen, was einen hinter dem nächsten Baum erwartet. Ihr könnt nur von Glück reden, dass ihr mich, Usopp den Urwaldbezwinger, an eurer Seite habt, um euch vor allem Übel zu bewahren!“ Er legte wissend die Hand unter sein Kinn und lächelte. „Wie euch Unwissenden bestimmt entgangen ist, umgibt mich diese gewisse Aura, die den Tieren sofort Respekt einflößt“, Sanji stöhnte genervt auf, „und deshalb braucht ihr absolut keine Angst zu haben. Solange ich bei euch bin, kann euch nichts passieren!“
 

Doch als schon im nächsten Moment genau hinter dem Scharfschützen das Gebüsch zu rascheln anfing, stellte sich seine Behauptung als unwahr heraus, denn so schnell konnte keiner blinzeln, wie Usopp sich hinter Sanji verkroch; sogar sein Schrei brauchte länger, um bei ihnen anzukommen, als der Lügner selbst. Auch Nami schluckte einen schweren Angstkloß hinunter und packte Sanjis Arm, welcher bloß gelassen und ohne eine Miene zu verziehen den Busch anstarrte, gespannt, was jetzt wohl erscheinen würde.
 

„Wir sind tot“, murmelte Usopp apathisch hinter dem Koch. „Wir werden sterben, wir sind tot, mausetot, toter als tot, einfach nur tot, Tod, Verdammen, Hölle, Horror, Teufel, Grauen, adieu.“
 

„W-was kommt da jetzt…?“, flüsterte Nami ängstlich.
 

Sanji verengte bloß die Augen und starrte weiter. Das Rascheln wurde stärker und stärker, immer lauter und lauter und in dem Moment, als die Spannung fast nicht mehr auszuhalten war, da war das Entsetzen umso größer, als plötzlich ein hellbraunes Fellknäuel aus dem Gebüsch kullerte. Das Trio blinzelte vollkommen verblüfft, als sich das Fellknäuel entknäulte und eine niedliche Schnauze und große Kulleraugen zum Vorschein kamen. Das katzenähnliche Tierbaby gab ein winziges Miauen von sich und starrte sie an. Als es auch noch den Kopf schief legte, war es um Nami geschehen.
 

„Aww!“, rief sie aus und schlug die Hände zusammen. „Wie niedlich! Zum Knuddeln!“
 

Während Nami ohne zu zögern auf das kleine Löwenbaby zu rannte, schielte Sanji entnervt auf den fassungslosen Usopp hinab. „Unser Held“, tadelte er monoton. „Was hätten wir nur ohne dich gemacht. Du hast das Biest mit deiner Aura wirklich eingeschüchtert. Wie können wir dir bloß danken.“
 

Zunächst lief der Schütze vor Scham rot an, doch schnell warf er sich wieder in Pose. „Ha, seht ihr! Mit meiner übernatürlichen Aura habe ich den grauenvollen Löwen zurück in ein Löwenbaby verwandelt!“
 

„Okay, jetzt wird’s absurd!“, fauchte Sanji.
 

„Och, ihr Hinterbeinchen hat sich im Gebüsch verheddert. Sie kann sich nicht befreien“, sagte Nami und begutachtete das vollkommen in eine Schlingpflanze eingewickelte Hinterbein des Löwenbabys, das unentwegt miaute. Lächelnd streichelte sie ihm über den Kopf. „Schon gut, Süße. Ich mach dich los.“
 

Usopp blinzelte. „Woher weißt du, dass es eine Sie ist?“
 

„Weibliche Intuition“, grinste Nami, während sie versuchte die Schlingpflanze vom Bein des Tiers zu lösen.
 

„Ach Nami-san, deine weibliche Intuition macht dich nur noch schöner! Ich wusste gleich als ich dich sah, dass sowas wie Perfektion tatsächlich existiert!“, säuselte Sanji.
 

Sie runzelte die Stirn, Sanji völlig ignorierend. „Es sitzt ziemlich fest“, murmelte sie mehr zu sich selbst, hantierte immer noch vergeblich an der Pflanze herum. „Als hätte es jemand absichtlich um ihren Fuß gebunden.“
 

„Lass mich mal, Nami“, sagte Usopp, welcher sich neben sie kniete und ein Taschenmesser zückte. Nami rückte etwas zur Seite und ließ den Scharfschützen an die Schlingpflanzte ran. Schon als er sie in die Hand nahm und die Struktur befühlte, zogen sich seine Brauen zusammen, die Erkenntnis traf ihn wie eine Bombe. „Kein Wunder, dass du das glaubst. Das hier ist keine Schlingpflanze – es ist ein als Schlingpflanze getarntes Seil.“
 

„Was!?“, rief die Navigatorin erstaunt aus. „Ein Seil!? Bist du dir auch ganz sicher?“
 

Usopp nickte. „Ich erkenne Menschenarbeit auf den ersten Blick. Und das hier ist auf jeden Fall welche“, sagte er und zeigte auf ein kleines Knäuel im Seil. „Siehst du das? Das ist ein Seemannsknoten. Eingeborene können es also schon mal nicht gewesen sein.“
 

Namis Augen weiteten sich. „Ein Seemannsknoten? Willst du damit sagen, dass es entweder Luffy oder Vivi gewesen sein müssen?“
 

„Eben nicht“, sagte der Lügner. „Vivi wird als Prinzessin wohl kaum über Seemannsknoten Bescheid wissen und Luffy weiß nicht mal, wie man das schreibt. Außerdem“, er hielt kurz inne und runzelte die Stirn, „ist das ein Knoten, den ich bis jetzt nur bei der Marine gesehen hab.“
 

„Aber die Insel ist unbewohnt“, sagte Nami mit Nachdruck. „Zoro und ich sind um die ganze Insel gegangen und haben weder menschliches Leben, noch ein Marineschiff irgendwo entdeckt. Es kann keiner von der Marine gewesen sein.“
 

„Außer hier geistert ein Gestrandeter auf der Insel rum“, mutmaßte Usopp.
 

Nami überlegte mit. „Das wäre eine Möglichkeit, aber das erklärt es auch nicht wirklich“, sagte sie und beobachtete, wie Usopp mit seinem Taschenmesser das Seil am Hinterbein des Tierbabys durchschnitt. Sofort widmete sich der kleine Löwe seinem verletzten Beinchen und leckte die Wunde hingebungsvoll ab. „Immerhin ist es schon etwas seltsam ein Löwenbaby in einem Busch festzubinden. Aus was für einem Grund sollte jemand so etwas tun?“
 

„Vielleicht um das Junge vor sowas zu bewahren.“
 

Verdutzt wandten sich Nami und Usopp zu Sanji herum, der schon die ganze zeit verdächtig still gewesen war und mit dem Rücken zu ihnen etwa zehn Meter weiter weg vor einer Lichtung stand. Das Löwenjunge war sofort etwas holprig auf den Beinen und flitzte in Sanjis Richtung, gefolgt von der Navigatorin und dem Schützen. Dort angekommen war sofort klar, dass diese Lichtung keine natürliche Lichtung war, genau so wie der Weg, den sie bis hierher beschritten hatten auch kein normaler Weg war. Wie sich nun herausstellte, waren die Palmen und Büsche geradezu niedergewalzt worden, wenn auch nicht so sauber, wie es eine Dampfwalze getan hätte. Und inmitten der Lichtung lag…
 

Nami keuchte, als sie ein unwahrscheinlicher Brechreiz überkam und wandte sich mit einer Hand über dem Mund schlagartig wieder herum, wo sie sich prompt an Sanjis Brust wiederfand, welcher einen Arm um sie legte. Während sie die Augen zusammenkniff und Sanji nur seufzend an seiner Zigarette zog, verzog Usopp das Gesicht zu einer Grimasse zwischen Ekel und Mitleid. Das Miauen des Löwenbabys wurde lauter und penetranter, während es den leblosen, bis zur Unkenntlichkeit verstümmelten, blutüberströmten Körper – selbst die Knochen waren fast überall zu sehen – seiner Mutter immer wieder mit der Nase anstupste, egal ob es dabei selbst mit Blut verschmiert wurde.
 

„Heilige Scheiße“, nuschelte Usopp fassungslos in seine Hand. Seine vor Entgeisterung geweiteten Augen waren nicht imstande das Bild noch länger zu ertragen, wegschauen konnte er dennoch nicht. Es war einer von diesen Anblicken, die zu grausam waren, um wegzuschauen, obwohl man es vielleicht wollte. „Wer um alles in der Welt hat ihm das angetan?“
 

„Du meinst wohl was“, korrigierte Sanji ruhiger, als er sein dürfte. „Ein Mensch war das nie und nimmer.“
 

Nami schluchzte leise in Sanjis Hemd. „Es ist furchtbar“, flüsterte sie. „Gott, ist das furchtbar.“
 

„Wenn ihr mich fragt“, sagte der Smutje, „hat Mr. Inkognito (Usopp: „Und wer soll das sein?“) das Junge im Busch festgemacht, weil es sonst versucht hätte seiner Mutter, die grade mitten im Kampf war, hinterher zu laufen und womöglich noch ihr zu helfen. Mr. Inkognito wusste, dass die Mutter keine Chance hatte und das Junge bloß als Nachtisch enden würde, also band er es fest, um wenigstens eins der beiden zu retten. Dann versuchte er der Mutter zu helfen, wurde aber mit einem Bissen verspeist.“
 

„Wie kommst du darauf?“, fragte Usopp skeptisch, auch Nami hatte sich inzwischen etwas beruhigt und schaute verdutzt zu Sanji hinauf.
 

Sanji lächelte überlegen. „Ganz einfach“, sagte er und zeigte nach links. „Da drüben liegt sein Schuh. Den ich übrigens Beweisstück A nenne.“
 

„Gut kombiniert, Mr. Holmes“, musste Usopp neidlos zugeben.
 

„Vielen Dank, Watson“, grinste Sanji stolz.
 

„Gut und schön, Detective Boy“, unterbrach Nami mit hochgezogener Augenbraue und gekreuzten Armen. „Das erklärt aber immer noch nicht, was genau denn so… riesig sein könnte, um ganze Bäume niederzuwalzen, einen Löwen zu zerfleischen und einen Menschen zu fressen.“
 

Sanji legte eine Hand unter sein Kinn und nahm sich vor, sich auf der nächsten Insel eine Pfeife zu kaufen – fürs nächste Mal. „Guter Einwand“, sagte er. „Ich schätze, der Täter (Nami: „Kannst du mal mit dem Detektiv-Gequatsche aufhören!“) wird ungefähr drei Mal so groß gewesen sein, wie ein durchschnittlicher Löwe. Zumindest wäre das nur logisch.“
 

Namis Augen weiteten sich, Usopp schluckte. Eine Weile herrschte angespannte Stille, in welcher die einzigen Geräusche das gepeinigte Miauen des Löwenbabys und das Zischen des Streichholzes als Sanji sich eine Zigarette (Wenn er schon keine Pfeife hatte…) anzündete waren.
 

„Jetzt mach ich mir erst recht Sorgen um Luffy und Vivi-chan“, sagte der Smutje.
 

Usopp lachte humorlos auf. „Wenn du so offen zugibst, dass du dir sogar um Luffy Sorgen machst, dann sind die beiden wirklich im Arsch.“
 

„…“ Nami sagte gar nichts, sondern starrte ihre beiden Mitstreiter bloß an.
 

Sie sah Usopp schon an seinem Gesicht an, was er dachte – sind Luffy und Vivi schon tot? Es war als stünde es auf seiner Stirn geschrieben. Und als ihr Blick zu Sanji huschte, musste sie bestürzt feststellen, dass sein Gesichtsausdruck extrem nah an Usopps herankam, jedoch dachte er wohl sowas wie: Ich kille das Biest, wenn es ihnen was angetan hat. Nami blickte zu Boden und horchte auf ihre eigenen Gedanken, wartete auf eine Meldung ihrer inneren Stimme. Sie war nicht so pessimistisch wie Usopp, obwohl sie sich sehr um Vivi sorgte, aber auch nicht so kampflustig wie Sanji, denn immerhin war hier von Monkey D. Luffy die Rede.
 

Der Tag, an dem Luffy sich besiegen ließ, war in ihrer Welt der Tag, der nie anbrechen würde und darauf baute sie. Es war die einzige Tatsache, auf die man wirklich vertrauen konnte. Es war so sicher, wie die Sonne, die jeden Tag aufging und so sicher, wie es Wasser und Luft gab. Es war Fakt. Es war kein Wunschdenken, naives Vertrauen oder ein irrsinniger Glaube. Es stand fest, wie in Stein gemeißelt, dass Luffy nicht sterben würde. Nicht auf so einer Insel. Und nicht durch so ein Tier.
 

„Luffy ist der künftige König der Piraten“, sagte sie plötzlich, beide Männer schauten sie überrascht an. Sie grinste, dennoch waren Tränen in ihren Augen. „Also darf er nicht sterben, stimmt’s?“
 

Sanji blickte sie mitleidig an. „Nami-san…“
 

„Solange Luffy bei Vivi bleibt, ist alles gut. Dann kann ihr nichts passieren“, sagte sie, jedoch wusste keiner der Anwesenden, wen sie hier eigentlich zu überzeugen versuchte. „Also ist alles gut.“
 

Sanji, welcher sofort merkte, dass sie bloß nach Bestätigung suchte, ja fast schon darum flehte, rang sich ein Lächeln ab. „Ja, Nami-san“, sagte er. „Alles ist gut.“
 

Usopp nickte, ein aufmunterndes Grinsen im Gesicht. „Alles ist gut, Nami. Ganz sicher.“
 

„Jepp.“ Nami grinste zurück. „Alles ist gut.“
 


 

_ _ _ _ _
 


 

„Lichtet den Anker und Leinen los!“
 

Ein tiefer Seufzer. „Yo ho, hebt auf.“
 

„Unser Herz ist schwarz und die Gier so groß!“
 

Noch ein Seufzer. „Yo ho, hebt auf.“
 

„Aye, sie plündern und morden immer zu“, sang Luffy fröhlich in die Landschaft hinein, „dieser grausame Captain und seine wüste Crew! Ihre Seelen nicht mal der Teufel holt, sie töten jeden für ‘nen Sack voll Gold!“ Sein Grinsen war unwahrscheinlich breit, offensichtlich hatte er seinen Spaß. „Hisst die Flagge und seid geschwind!“
 

Ganz im Gegensatz zu Vivi, auf die er nun fordernd mit dem Finger zeigte. Diese seufzte zum dritten Mal und sang eher monoton: „Yo ho, hebt auf.“
 

„Unsere Beute, sie kommt und geht mit dem Wind!“
 

„Wieso eigentlich ein Piratenlied?“, unterbrach die Prinzessin abrupt ihren gemeinsamen Singsang, während sie über eine besonders dicke Wurzel stieg. „Sollten wir nicht lieber ein Wanderlied oder sowas anstimmen?“
 

Luffy schenkte ihr ein überlegenes Lächeln und schüttelte den Zeigerfinger. „Ts, ts, ts“, machte er neckisch. „Vivi, manchmal bist du echt blöder als du aussiehst.“
 

Ihre Wangen erröteten vor Wut. „H-hey!“
 

„Wir“, verkündete Luffy bedeutungsvoll und stemmte die Hände in die Seiten, „sind Piraten! Und keine Wanderer.“ Letzteres sprach er aus wie eine ansteckende Krankheit.
 

Vivi öffnete den Mund, um zu widersprechen, ihm klarzumachen, dass sie (noch?) keine Piratin war, aber irgendwas, sie wusste selbst nicht was, hielt sie davon ab. Kein Ton kam über ihre Lippen, es war als läge eine unsichtbare Hand auf ihrem Mund, daher schloss sie ihn wieder, verwirrt über ihre eigenen Gedanken. Wollte sie etwa Piratin sein? Wollte er es? Wieso bestand er so vehement darauf, sie immer mit einzubeziehen, wenn er von ‚wir‘ und ‚Piraten‘ und ‚Nakama‘ sprach?
 

Sie wusste (noch?) keine Antwort darauf.
 

Das einzige, das sie tun konnte, war lächeln. Lächeln und seufzen. „Stimmt.“
 

Luffy nickte mit einem gespielt ernsten Gesicht. „Also weiter im Text“, sagte er, bevor er tief Luft holte und zur zweiten Strophe ansetzte: „Sie ertränken ihr Gewissen mit ‘ner Flasche voll Rum – und legen auch ganz gerne mal einander um! Aye, sie schlagen aufeinander, dass es nur so kracht – und wenn einer stirbt, dann hat es Spaß gemacht!“
 

Als er sich daraufhin mit einem erwartungsvollen Grinsen zu ihr herum wandte, errötete die Prinzessin vor Scham. „I-ich will das nicht singen! Nicht das!“
 

„Wieso nicht?“, fragte Luffy trotzig und zog beleidigt die Augenbrauen zusammen. „Das Wort ist witzig.“
 

„Das Wort ist dämlich-Moment, das ist ja noch nicht mal ein Wort“, entgegnete Vivi verwirrt.
 

Der Captain rollte mit den Augen (was aus irgendeinem Grund komisch aussah; vielleicht weil es das erste Mal war, dass sie diese Geste an ihm sah). „Nur weil du das Wort nicht kennst, heißt es noch lange nicht, dass es das Wort nicht gibt“, verkündete er bestimmt. Nach einem Augenblick blitzten seine Augen unter der Ankunft einer Idee auf und er schenkte ihr ein keckes Grinsen. „Aber ist schon gut, wenn du nicht mitsingen magst. Sei halt eine Spaßbremse.“
 

Vivi klappte die Kinnlade hinab. Spaßbremse!?
 

Mit vor Scham knallroten Wangen nahm sie all ihren Mut zusammen und kniff die Augen zu. „H-hulabaka“, sang sie leise, „hulabaka, völlig falsch gedacht…“
 

Triumphierend gluckste Luffy und sang weiter: „Denn die wirklich schlimmen Dinge, die passieren erst heut Nacht!“
 

„H-hulabaka, hulabaka, Seemann wach bloß auf…“
 

„Ist der Schatz erst mal versteckt, nimmt das Unglück seinen Lauf!“, sang er laut. Und nun kam endlich wieder der Refrain, seine Lieblingsstelle im Lied: „Lichtet den Anker und dreht nach Lee!“
 

Vivi blickte düster zu Boden, ganz und gar nicht begeistert. „Yo ho, hebt auf…“
 

„Nein, nein, nein, nein, nein!“, rief Luffy plötzlich aus, als wäre er ein Künstler, dessen Gemälde gerade tödlich beleidigt worden war. „So geht das nicht! Du machst das schon die ganze Zeit total falsch!“
 

Verwirrt blinzelte sie den kopfschüttelnden Piraten an. „Eh?“
 

Er wandte sich zu ihr herum und hob exzentrisch die Arme gen Himmel, als verkünde er das Jüngste Gericht. „Du musst da deine Seele reinstecken und so laut singen, wie du kannst! Es muss Spaß machen, verstehst du?“ Er steckte seine Finger in seiner Mundwinkel und zog seine elastischen Lippen zu einem unmenschlichen Grinsen in die Länge. „Grinsch einfach genau wie isch, Vivi! Dann geht dasch von gantsch alleine!“
 

Vivi verzog kurz das Gesicht, fing sich aber gleich wieder und zwang ein genervtes Grinsen auf ihre Lippen. Dann setzte sie, noch immer lustlos, zu einem neuen Versuch an: „Yo ho, hebt auf.“
 

„FALSCH!“, verkündete der Captain und schüttelte den Kopf. „Lach dabei!“
 

Die Prinzessin blickte ihn finster an. „Ich kann nicht auf Kommando lachen, Luffy-san!“
 

Luffy starrte schmollend zurück, bis ihm eine Idee kam. Lauernd blitzten seine Augen auf, sein Mund formte ein gerissenes Grinsen. „Außer…“
 

Vivi schluckte verdutzt, als er Unheil verheißend die Hände hob, als wäre er der große böse Wolf, der sie, das arme kleine Rotkäppchen, gleich verspeisen würde. „A-außer was?“
 

„Außer ich zwing dich zum Lachen!“ Und tatsächlich, im nächsten Moment stürzte sich Luffy auf sie mit Gebrüll und begann sie so heftig durch zu kitzeln, dass es vollkommen unmöglich war, das Lachen allzu lange zu unterdrücken.
 

Doch Vivi, stur wie sie eben war, zwang sich dennoch dazu die Fassung zu bewahren und so formte ihr Gesicht in den nächsten Sekunden die wohl witzigsten Gesichtsausdrücke, die Luffy je an ihr gesehen hatte: Es fing damit an, dass sie sich auf die Unterlippe biss, dann lief ihr ganzes Gesicht rot an, bis sich schließlich ihre Wangen aufblähten und ihre Augen begannen zu tränen. So lange, bis sie es nicht mehr zurückhalten konnte und in lautes Gelächter ausbrach.
 

„A-aufhören!“, rief die Prinzessin, hilflos lachend.
 

Luffy grinste tückisch und sang nochmals: „Lichtet denk Anker und dreht nach Lee!“
 

Vivi, die sofort verstand, dass diese Tortur wohl erst aufhören würde, wenn sie mitsang, lachte das folgende eher, als dass sie es sang: „Y-yo hooo, hebt auf!“
 

Sein Grinsen wurde breiter, er war sichtbar zufrieden. „Die Geheimnisse bewahrt nur die tiefe See!“
 

„Yo hooo, he-hebt auf!“, lachte Vivi japsend.
 

„Ist das Segel gesetzt, und der Wind frischt auf, nimmt das Lumpenpack alles, sogar den Tod in Kauf!“, sang der Captain, kitzelte Vivi aber stur weiter. „Bei ‘nem Schiff voll Piraten, voll von Heck bis Bug, ist von früh bis spät nur Verrat in Verzug! Lichtet den Anker und tut eure Pflicht!“
 

„Lu-Luffy-san“, japste Vivi lachend und versuchte vergeblich seine Hände von ihrer Taille wegzuziehen, während sie sich krümmte und wand. „B-bitte h-hör auf! Ich kann nicht mehr!“
 

„Siiing“, summte Luffy grinsend. „Sonnst werde ich niemals aufhören und du wirst für den Rest deines Lebens von mir gekitzelt werden! Bis in alle Ewigkeit und sogar noch länger! Also sing!“
 

Kurz kreuzte der absolut absurde und überaus verwirrende Gedanke ihren Sinn, dass sich das doch gar nicht so schlecht anhörte; für immer und Ewigkeit und für den Rest des Lebens, wenn sein Name darin auftauchte. Doch lange hatte sie keine Zeit sich darüber zu wundern, weil schon der nächste Lachanfall ihren Körper durchschüttelte. Na, was sollte es – dann sang sie eben, wenn er dann nur endlich aufhören würde.
 

„Yo ho, hebt auf!“
 

„Wir sind Piraten!“, sang Luffy lachend. „Und Piraten unterschätzt man nicht!“
 

„I-ich kann wirklich nicht mehr“, brachte Vivi gerade noch so heraus, während sie vergeblich in seine Gummihände zwickte, was er scheinbar aber gar nicht spürte.
 

Bestimmt schüttelte Luffy den Kopf, ein überlegenes Grinsen auf dem Gesicht. „Na-heeein, erst singst du zu Ende!“
 

„N-nein, ich kann wirklich nicht mehr!“, lachte sie fast etwas weinerlich und machte ein paar Schritte zurück, um ihm so zu entkommen; jedoch ließ sich Luffy nicht so einfach abschütteln und lief mit. „Mein Bauch tut schon weh!“
 

„Dann siiing!“, grinste Luffy, während sie immer weiter zurücklief.
 

„Y-Yo ho—“
 

Noch bevor einer der beiden die Situation ganz erfassen konnte, verfing sich Vivis Ferse in einer Wurzel und reflexartig griff sie nach dem Stoff von Luffys Shirt, um Halt zu finden. Das allerdings klappte nicht, da es nur dazu verhalf, dass er mit ihr zusammen zu Boden stürzte. Und plötzlich lag Vivi auf dem Rücken…
 

… und Luffy auf ihr.
 

„—hebt auf…?“
 

Mit vor Schock weit aufgerissenen Augen blickte Vivi gen Himmel und traute sich nicht sich zu bewegen, ihr Gesicht war knallrot, allerdings nicht wegen des Lachens. Sie fühlte, wie sie fast unmerklich erzitterte, als sie seinen heißen Atem an ihrer Halsbeuge spürte und seine warme Hand an diesen wenigen Zentimeter freier Haut, dort wo ihr Top einen Spalt hochgerutscht war. Und ihr Herz klopfte und klopfte, so laut, so schnell, so heftig, dass sie schwören könnte, dass er es hörte oder eher gesagt fühlte.
 

Oh Gott. Oh Gott. Oh Gott. Ohgottohgottohgott.
 

Das hier ist nicht gut, gar nicht gut, dachte sie verzweifelt. Und ich krieg meinen Mund einfach nicht auf…
 

Auch Luffy war inzwischen das Lachen vergangen, allerdings fing er sich als erstes wieder und erwachte aus der peinlichen Stille und Starre. Er stützte sich mit den Armen auf alle Viere über sie und grinste etwas verloren, jedoch waren seine Wangen nicht weniger rot und auch das Lächeln war eher wackelig, als wirklich ehrlich.
 

„Hehe.“ Es war ein Wort, kein Lachen. „Ups. Ich hab’s wohl etwas übertrieben, was?“
 

Vivi schwieg, war ganz benommen von der Tatsache, wie nah er ihr war. Wie nah sein Gesicht war. Sein Mund… und plötzlich verspürte sie diesen unglaublichen Drang in ihr. Diesen verwirrenden, seltsamen, unangebrachten, ganz und gar nicht schicklichen Drang den Kopf einfach um einige Zentimeter anzuheben und ihn zu…
 

Eh?
 

Sie blinzelte verdutzt, als sie seine Hand an ihrer Wange spürte und ihr Herz setzte für einen Moment aus, als sie seinen Blick sah. Wieder dieser ernste Blick, voller Bedeutung. Und dann neigte er den Kopf hinab, seine Augen waren halb geschlossen, anscheinend von demselben Drang geplagt wie sie, denn sein Mund kam näher und näher… sie fühlte wie ihr Verstand aussetzte… und näher… ihre Augen fielen zu… und näher…
 

Und dann knurrte er bedrohlich.
 

Hach.
 

…Moment, er knurrte? Warum sollte Luffy knurren?
 

Schlagartig öffnete sie die Augen blickte direkt in sein verdutztes Gesicht. „Vivi“, sagte er und blinzelte in vollkommener Verwirrung, „hast du… hast du grade geknurrt?“
 

„Seh ich so aus, als würde ich willkürlich rumknurren!?“, rief sie mit roten Backen, doch dann stockte sie. „Moment. Wenn du nicht geknurrt hast und ich nicht geknurrt hab… wer hat dann geknurrt?“
 

Luffy setzte sich schulterzuckend auf und drehte sich gerade noch rechtzeitig herum, als ein gigantischer Schatten auf sie fiel. Vollkommen verdutzt blinzelte er die gigantischen Klauen an, die sich in relativ kurzer Entfernung in die Erde bohrten, entsetzt als er die schuppige, grüne Haut sah und die enorme Größe des… Tiers.
 

„Äh.“ Er schluckte unmerklich. „Das da vielleicht?“
 

Vivis Verstand setzte beim Anblick dieser Klauen – oh verdammt, diese Klauen – augenblicklich vollkommen aus. Blackout. Leere. Bauchschmerzen. Nein, Angst. Oh, Mist. Verdammt. Oh Gott. Heilige Schutzgötter Alabastas.
 

WAS. ZUR. HÖLLE. WAR. DAS.
 

„Oi, Katzenvieh“, hörte sie Luffy plötzlich bedrohlich ernst sagen, als er sich schützend vor sie stellte (Katzenvieh? Das Ding war ganz klar eine Echse! Es hatte Schuppen, gottverdammt!). „Verzieh dich oder ich mach dich alle.“
 

Vivi raufte sich panisch die Haare. Ist der lebensmüde oder was!?
 

„Bist du wahnsinnig geworden, Luffy-san!? Ein Verrückter!? Willst du unbedingt sterben!?“, kreischte sie angsterfüllt und griff nach seinem Arm, worauf er sich verdutzt zu ihr herum wandte. „Lass uns lieber wegrennen! Gegen das Ding hast du doch keine Chance!“
 

Beleidigt blähte der Captain die Backen auf. „Hah!?“, rief er eingeschnappt aus. „Was soll das denn heißen!? Das Vieh ist doch ein Kinderspiel für mich! Lass uns wetten, wie lang ich dafür brauche!“
 

„Das hier ist nicht der richtige Augenblick, um größenwahnsinnig zu werden, Luffy-san!“, redete Vivi vergeblich auf ihn ein. „Lass uns abhauen!“ Ein flehender Blick, voller Furcht. „Bitte! Bitte!“
 

Luffy starrte sie wortlos an, ein undeutbarer Ausdruck auf dem Gesicht. Eine Weile herrschte angespannte Stille, in der das Ungetüm fast schon vergessen wurde, doch als es dann ein weiteres bedrohliches Knurren ertönen ließ und sich zu ihnen hinab beugte, sodass sie direkt auf einer Höhe mit seinem gelben, blutunterlaufenen (mindestens verdammte 20 Zentimeter großen) Auge waren, erwachte die Prinzessin aus ihrer Starre und ein dumpfer Schrei entfloh ihrer Kehle.
 

„L-Luffy-san“, wisperte sie erstickt mit vor Angst geweiteten Augen, „bitte hör auf mich! Im Leben geht es nicht immer nur darum, wen du besiegen kannst und wen nicht, oder wie stark du nun bist! Als Anführer ist es deine Pflicht Rücksicht auf deine Kameraden zu nehmen, die vielleicht nicht so stark sind wie du! Denk doch mal an die möglichen Konsequenzen!“ Sie war fast schon wütend. „Wenn wir jetzt hier sterben, dann… dann…“
 

Dann geht Alabasta unter, hätte sie logischerweise denken müssen.
 

Tat sie aber zu ihrer Überraschung nicht. Was ihr stattdessen als erstes in den Sinn kam war so ziemlich das Letzte, das sie jemals erwartet hätte. Nicht weil sie selbstsüchtig oder ein schlechter Mensch war – sondern weil Alabasta auf ihrer Liste im Normalfall als Prinzessin eigentlich ganz oben stehen müsste. Aber seltsamerweise war es nur der zweite Gedanke, der sie heimsuchte.
 

Der Erste war: Dann enden ihre Träume.
 

Luffy blickte sie noch ein paar Herzschläge lang stillschweigend an. Nach einer Weile schlich langsam ein Lächeln auf sein Gesicht, das sich langsam zu einem verstehenden Grinsen ausbreitete. Er nickte einsichtig.
 

„Du hast Recht. Tut mir Leid.“
 

Vivi keuchte kurz überrascht auf, während sie ihn anstarrte, verdutzt darüber, dass er sich so schnell hatte überzeugen lassen. Er lächelte sie an und sie blickte in seine Augen, die den Blick mit einem seltsamen Funkeln erwiderten. Irgendwas in seinen Augen beruhigte ihr vor Angst pochendes Herz sofort.
 

Er grinste. „Auf die Plätze, fertig, los.“
 

Vivi hatte grade noch Zeit ihn verwirrt anzublinzeln, bevor er ihr Handgelenk packte und mit ihr lossprintete, in die entgegengesetzte Richtung des Monsters. Sie stolperte dem Captain schwerfällig hinterher und als sie eine beträchtliche Entfernung zwischen sich und das Ungetüm gebracht hatten, fegte ein ohrenbetäubendes animalisches Brüllen über ihre Köpfe hinweg, das alle Vögel in den Baumkronen um sie herum aufscheuchte und fast Vivis Trommelfell sprengte. Die spürbare, heftige Vibration unter ihren Füßen und das laute Knallen auf die Erde machte ihr sofort klar, dass das Ungeheuer ihnen auf den Fersen war – weshalb sie erstickt wimmerte.
 

„Nicht umdrehen, Vivi.“ Luffys Stimme war seltsam gefasst und ruhig. „Renn einfach.“
 

Sie biss sich auf die Unterlippe und nickte, obwohl sie wusste, dass er sie ja sowieso nicht sehen konnte. Momentan quälte sie sowieso viel eher die Frage, was genau das nun für ein Monster war. Es hatte ausgesehen wie eine Art seltsamer Dinosaurier, aber doch irgendwie auch ganz anders. Irgendwas hatte das Bild eines normalen Dinosauriers vollkommen zerstört. Sie kam nur nicht drauf was.
 

Entgegen Luffys Ratschlag, triumphierte ihre Neugierde über ihren gesunden Menschenverstand und so spitzte sie kurz über ihre Schulter auf das Monster zurück, das sie mit einer erstaunlichen Kondition verfolgte (glücklicherweise waren sie doch noch etwas schneller). Und was sie da sah, verwirrte sie nur noch mehr.
 

„Was zum…“, japste sie atemlos. „Läuft… läuft das Ding da etwa auf vier Beinen!?“
 

„Logisch!“, rief Luffy. „Es ist ja auch ‘ne Katze!“
 

„Wo ist das Ding bitte eine Katze!?“
 


 

_ _ _ _ _
 


 

Während Luffy und Vivi weiterhin etwas darüber diskutierten, ob das Monster denn nun eine Katze oder etwas anderes war, und nebenher auch ein bisschen vor dem Ungetüm auf ihren Fersen wegliefen, bemerkten sie nicht das Augenpaar, das ihren kleinen Marathon von einem Ast hoch oben in einer der Baumkronen aus beobachtete. Der Mann nahm einen großen Schluck aus seiner Bierflasche und lehnte sich kopfschüttelnd zurück.
 

„Ts, ts“, murmelte er leise vor sich hin. „Nicht klug. Gar nicht klug, die zwei. Wieso mussten sie unbedingt vor ihm wegrennen?“ Er stieß einen gedämpften Rülpser aus und klopfte sich anschließend auf die Brust. „Wären sie doch bloß genau da geblieben, wo sie waren. Er war eh kurz davor von alleine abzuziehen.“
 

Er nahm noch einen letzten Schluck Bier (der ekligerweise immer abgestanden schmeckte), sein Magen quittierte mit einem entsetzten Schluckauf, ehe er die leere grüne Flasche zurück in seine Hosentasche steckte und dann auf die Beine sprang.
 

Ein Grinsen. „Vielleicht sollte ich ihnen aus der Patsche helfen. Killer hat heute besonders hungrig ausgesehen“, sagte er. „Außerdem war die Kleine ganz süß.“
 

Überzeugt nickte der Mann mit einem Grinsen und kreuzte die Arme vor dem Burstkorb. „Meine letzte Heldentat ist eh schon ziemlich lange her und langweilig ist mir auch. Jepp, ich werde sie retten!“
 

Er schmiss sich selbstsicher in Pose, wodurch (obwohl der Alkohol sicher auch nicht ganz unschuldig war) er ins Wanken geriet, die Balance verlor und so rücklinks vom Ast rutschte. Glücklicherweise konnte er gerade noch rechtzeitig die Arme darum schlingen, um nicht ganz runterzufallen. Der Mann warf einen Blick nach unten und schluckte.
 

„Das war knapp“, murmelte er. „Vielleicht sollte ich lieber mit dem Trinken aufhören.“
 


 

_ _ _ _ _
 


 

Schnaufen, Japsen, Keuchen, Schnappatmung, Atemlosigkeit.
 

Vivi fühlte sich, als würde sie brennen. Ihr Hals kratzte und ihre Brust fühlte sich an wie ein brodelnder Vulkan. Und es tat weh. Es tat verdammt weh. Schnaufend kniff sie die Augen zusammen und ließ sich einfach von Luffy mitziehen, ganz gleich wo er sie wohl hinführte, Hauptsache weit, weit weg von diesem Monster.
 

„I-ist…“, japste sie atemlos und es kostete sie eine Menge Kraft, „… ist… i-ist es uns noch… auf den Fersen?“
 

Luffys Griff um ihr Handgelenk war glitschig und feucht, nur Gott wusste, wie er es bei seiner schwitzenden Handfläche noch schaffte sie festzuhalten. „Keine Ahnung“, rief er keuchend. „Ich hab seit ein paar Minuten schon nicht mehr nachgesehen!“
 

Vivi wusste nicht, woher sie die Kraft nahm, aber sie schätzte, es musste ihr letzter Funken gewesen sein, als sie schwerfällig den Kopf herum wandte und über die Schulter blickte. Ihre Augen weiteten sich und ein Keuchen drang über ihre Lippen. Sie streckte ihre freie Hand aus um Luffys Arm zu packen und brachte ihn und sich zu einem abrupten Halt.
 

„Warte mal…!“
 

Der Captain blickte schnaufend auf ihren Hinterkopf und erst danach warf er einen Blick auf den Weg hinter sich. Blinzelnd musste er feststellen, dass das Monster weit und breit nicht mehr zu sehen war. Er wandte den Kopf nach links – nichts. Er wandte den Kopf nach rechts – nichts.
 

Nichts.
 

„Eh?“
 

Vivi fasste sich erleichtert an die Brust, ein müdes Lächeln erschien auf ihren Lippen. „Es… es ist weg…! Gott sei Dank!“
 

Luffy schien nicht mal im Entferntesten so erleichtert zu sein, wie die Prinzessin neben ihm. Im Gegenteil sogar. Skeptisch verengte er die Augen und legte seine Stirn in Falten. Da stimmte doch was nicht. Er wusste nicht wieso, aber irgendwas war hier faul. Ganz gewaltig faul. Er fühlte es einfach. Er fühlte es fast so stark wie das Hungergefühl in seinem Bauch.
 

Das Monster war nicht weg.
 

„Warte, Vivi“, sagte er in diesem seltenen Befehlston, den er nur auflegte, wenn die Situation wirklich brenzlig wurde und schob sie mit seinem Arm hinter sich. „Irgendwas stimmt hier nicht.“
 

„E-eh…?“, hörte er Vivi hinter sich verwirrt murmeln. „Was meinst du damit, Luffy-san?“
 

Seine Augen verengten sich, als ihn ein plötzliches Gefühl traf wie ein Blitzeinschlag. Er wandte den Kopf gen Himmel, suchend, achtsam. „Hey.“ Es war eindeutig, diesmal wusste er, dass sein Instinkt ihn nicht betrog. „Hast du deine Waffe mitgenommen, als wir los sind?“
 

Vivi blinzelte, offensichtlich ahnungslos. „Äh… ja, natürlich. Warum fragst du?“
 

„Halt sie bereit.“
 

Ihre Augen weiteten sich. „W-warum…?“
 

Seine Augen glitzerten in Erwartung. „Gum Gum…“, murmelte er und holte zum Schlag aus, „… PISTOLE!“
 

Im nächsten Moment streckte sich sein Arm mit einer so schnellen Geschwindigkeit, dass Vivi gar nicht so schnell schauen konnte, wie er auf eine der Baumkronen zu schnellte. Sie beobachtete in einer Art verqueren Schockzustand, wie seine Faust zwischen den Ästen und Blättern verschwand und schließlich mit einem lauten Knall auf etwas Hartes traf. Blätter flogen wie in einer Explosion herum, zusammen mit Holzstücken die von dem Zerbersten eines der dickeren Äste stammen musste und ein Körper stürzte zu Boden.
 

„GYAAA!“
 

Vivi und selbst Luffy konnten nur vollkommen entsetzt starren, als der Körper auf dem Boden aufschlug und reglos liegen blieb. Es dauerte eine ganze Minute, bis der Prinzessin klarwurde, dass das, was soeben aus dem Baum gefallen war, nicht einmal im Entferntesten einem Monster glich. Zwar war das mit schwarzem Bart überwucherte Gesicht, die langen krausen Haare und die verdreckte Kleidung gleichermaßen abschreckend, aber doch war das vor ihnen ein…
 

„… Mensch!“, rief Vivi entgeistert aus. „Und du hast ihn umgebracht!“
 

„W-wirklich!?“, rief Luffy vollkommen verdattert. „Bist du sicher, dass es kein Gorilla ist!? Es sieht aus wie ein Gorilla! Es ist bestimmt ein Gorilla! Ich sage, es ist ein Gorilla!“
 

Vivi war so perplex, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte und sogar ganz kurz in Luffys Gedankenwelt eintauchte. „Ein Gorilla!? Stimmt, es sieht aus wie einer! Es muss ein Gorilla sein!“
 

„ICH BIN KEIN GORILLA, VERDAMMT!“, brüllte der Affenmensch plötzlich wütend dazwischen und setzte sich auf.
 

Luffy und Vivi wurden mit einem Mal aschfahl und wichen schreiend zurück. „WHAAA! ZOMBIE!“
 

Der Mann mit dem krausen Bart rieb sich fluchend den Kopf und ein Auge zu, offensichtlich geplagt von Schmerzen. „Autsch… das hat gesessen… Sind ja ziemlich interessante Teufelskräfte, die du da hast, Kleiner.“
 

„Siehst du!?“, schrie die Prinzessin ganz aufgebracht und zeigte auf den Gorillamann. „Es ist ein Mensch!“
 

Natürlich bin ich ein Mensch, das sieht man doch“, knurrte der Mann beleidigt mit roten Backen, die durch seinen schwarzen Bart und seine ebenso schwarzen Haare geschickt versteckt wurden. „Jedenfalls, um nochmal auf deine Teufelskräfte zurückzukommen…“ Er schenkte ihnen ein Grinsen voller gelber Zähne. „Gum Gum Frucht, stimmt’s?“
 

„Der Bart!“, rief Luffy entsetzt dazwischen und zeigte auf ihn. „Rasier ihn ab! Er lebt!“
 

„Hörst du mir überhaupt zu!?“, fauchte der Dschungelmensch, fasste sich dann aber dennoch prüfend an den Bart. „Er lebt aber nicht wirklich, oder? Manchmal kitzelt es so komisch, aber ich dachte, das wären bloß Käfer…“
 

Luffy verzog das Gesicht. „He, Gorilla-Ossan, ganz egal wie cool es ist Käfer in seinem Bart zu haben, du solltest mehr auf deine Hirngene achten, sonnst kommen und holen dich die Klaubautermänner!“
 

„Was du meinst ist Hygiene“, stellte Vivi seufzend klar und blickte schließlich zu dem unbekannten Mann hinüber, während sich versuchte ihren Ekel vor den angeblichen Käfern in seinem Bart zu unterdrücken. „Außerdem gibt es wohl viel wichtigere Dinge, über die wir sprechen sollten. Zum Beispiel was Sie hier machen und wer Sie sind und wieso Sie im Baum saßen und wieso Sie uns beobachtet haben und überhaupt-“
 

Der Mann lachte, warm und herzlich. „Whoa, whoa, eins nach dem anderen, Süße.“
 

Süße?“, echote Vivi, und seltsamerweise auch Luffy, perplex.
 

„Zuerst einmal sollten wir uns ein etwas gemütlicheres Plätzchen als den matschigen Dschungelboden suchen“, sagte er Gorillamann. „Dann werde ich alle eure Fragen beantworten. Lasst uns nur schnell verschwinden, bevor er zurückkommt.“
 

Vivi verengte die Augen. „Er?“
 

Der Mann öffnete den Mund um zu antworten, doch dann blinzelte er verdutzt einen Punkt hinter den beiden an und grinste verlegen. „Ups“, sagte er. „Zu spät.“
 

Das ohrenbetäubende Grollen, das darauf folgte, würde Vivi in ihrem Leben nie wieder vergessen.
 

„Nicht bewegen. Dann kann er euch nicht sehen.“
 

Ohne auf den wohlgemeinten Ratschlag zu hören (vielleicht hatte er ihn im Grollen auch einfach überhört), wandte Luffy den Kopf reflexartig um. „Whoa! Das Katzenvieh ist wieder da!“ Sofort war er kampfbereit. „Na komm doch her, du zu großgeratenes Miezekätzchen!“
 

Das zweite Grollen schien Vivis Trommelfell zu betäuben, von da an hörte sie nur noch ein penetrantes Piepen.
 

„Hast du Tomaten auf den Ohren oder was!?“, brüllte der Affenmensch blindwütig und sprang auf die Beine. „Verdammt, habt ihr Kinder heutzutage denn vor gar nichts mehr Respekt!?“
 

Vivi konnte gar nicht so schnell reagieren, wie der Mann auf sie zugerannt kam. Innerhalb eines Augenzwinkerns war er vor ihr und stieß sie und Luffy grob mit einem knappen „Aus dem Weg, wenn ihr nicht sterben wollt!“ zur Seite. Das nächste das sie wusste, war wie sie mit dem Gesicht voran im Matsch landete, vollkommen gelähmt vor Angst. Erst einen Moment später wurden ihr der Schmerz in der Schulter und die Bewegungsunfähigkeit ihrer Arme bewusst.
 

Sie war… geknebelt.
 

Aber wie!?, schoss es ihr entgeistert durch den Kopf. War es dieser Mann!? Ich hab nicht mal was gemerkt!
 

Ein Blick hinüber zu Luffy machte ihr sofort bewusst, dass es ihm nicht anders ging. Auch seine Hände waren gefesselt, doch diesen schien das offensichtlich nicht im Geringsten zu kümmern, da er viel zu beschäftigt war, etwas anderes (wahrscheinlich sein ‚Katzenvieh‘) zu bestaunen. Sie versuchte über ihre Schultern nach dem Unbekannten zu sehen, doch es war ihr vollkommen unmöglich, nicht nur, weil etwas Matsch in ihre Augen gekommen war, sondern auch weil er vollkommen außer Reichweite war.
 

Er will uns doch nicht etwa SO unserem Schicksal überlassen!?
 


 

_ _ _ _ _
 


 

Und so war es also dazu gekommen, dass sie nun geknebelt mit einer möglicherweise ausgekugelten Schulter im Matsch lag. Belauert von einer verqueren Mischung zwischen einer Katze und einer Echse. Im Stich gelassen und wie ein Opfer ausgeliefert von einem völlig Unbekannten und dem einzigen anderen Menschen auf dieser gottverlassenen Insel. Mit nur einem naiven, sorgenlosen und scheinbar angstallergischen Piratencaptain als Leidensgenosse, der Gefahr anzog wie ein gottverdammter Magnet.
 

Womit hatte sie das nur verdient?
 

„OH HEILIGE SCHEISSE, WIE COOL IST DAS DENN!“
 

Ihr erinnert euch? Ganz genau: Das Todesurteil.
 

Aber im selben Moment, in dem Vivi schon alle Hoffnung verloren hatte, sich vom Leben verabschiedete und sich mental bei Alabasta entschuldigte, keimte die Aussicht auf eine mögliche Rettung irgendwo hinter ihr zwischen dem ohrenbetäubenden Grollen des Untiers auf.
 

„Entschuldigt, dass ich euch fesseln musste, Kids“, sagte der Gorillamann von irgendwo weiter weg. „Aber der Grünschnabel war kurz davor anzugreifen und das kann ich unmöglich zulassen. Ihr würdet nur draufgehen.“
 

„Hey!“, hörte sie Luffy beleidigt rufen.
 

Der Mann lachte. „Aber ihr macht das gut. Killer ist vollkommen verwirrt, woher die ganzen Stimmen kommen“, sagte er. „Seine Augen sind wie ein Bewegungssensor. Solange ihr euch nicht bewegt, kann er euch nicht sehen. Das Glück meint es gut mit euch – er ist vollkommen unfähig Geräusche einer bestimmten Richtung zuzuordnen.“
 

„K-Killer?“, echote Vivi mit krächzender Stimme.
 

„Wartet noch etwas“, sagte der Gorillamann. „Er wird sich bald langweilen und von alleine abziehen. Er weiß genau, wann er sich geschlagen geben muss.“
 

Vivis Kopf drehte sich, ihre Emotionen spielten vollkommen verrückt. Das war etwas zu viel auf einmal. Verwirrung, Angst, Fragen, Verwirrung, Angst, Fragen. „W-was genau ist das für ein Tier?“
 

„Ein Tier, das von einer Teufelsfrucht gegessen hat“, antwortete der Mann. „Und die Mischung machte ihn zu einem wahren Monster.“
 

Ein abfälliges, animalisches Schnauben ertönte. Kurz danach hörte Vivi schwere Schritte, seine Klauen bohrten sich tief in die Erde und ließ unter ihm alles erbeben, als es geschlagen von Dannen zog. Vivi unterdessen hatte noch etwas an dieser Information zu nagen, während die bebenden Schritte sich immer weiter entfernten und leiser wurden, bis sie schließlich ganz verklangen. Eine Teufelsfrucht also. Deshalb hatte das Untier so genmanipuliert ausgesehen. Sie hätte es wissen sollen.
 

Der Mann lachte wiederholt auf. „Seht ihr? Tiere sind einfach viel zu berechenbar, wenn man sie lange genug studiert“, sagte er. „Ich mach euch jetzt am besten los.“
 

„Oi, was sollte der Scheiß, Gorilla-Ossan?“, beschwerte sich Luffy lautstark, während der Mann seine Fesseln mit einem Messer durchschnitt. Ärgerlich funkelnd rieb er sich die Handgelenke. „Ich hätte das Vieh ganz locker umpusten können, wenn du nicht eingegriffen hättest. Es sah gar nicht sooo stark aus.“
 

„Davon bin ich sogar überzeugt, Grünschnabel“, gluckste der Ältere. „Und genau deswegen musste ich dich auch fesseln.“
 

„Also das kapier ich nicht“, maulte Luffy, während der Mann sich Vivis Fesseln widmete.
 

Der Gorillamann seufzte lächelnd. „Deine Teufelskräfte sind ziemlich beeindruckend, Kleiner. Ich wusste gleich, dass du ganz schön was auf dem Kasten hast. Wahrscheinlich hättest du Killer mit nur einem Schlag unfähig gemacht“, gab er offen zu. „Und das konnte ich nicht zulassen. Killer ist meine Angelegenheit. Das ist mein Kampf. Ich kann nicht erlauben, dass du dich da einmischt.“
 

Luffy zog die Brauen hoch, ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. „Ihr seid also Rivalen, was?“ Das Lachen des Mannes war Antwort genug. „Dann hättest du das einfach sagen sollen. Ich nehme anderen ihre Kämpfe nicht weg.“
 

Vivi setzte sich auf und rieb sich die schmerzende Schulter, sich fragend, was das wohl für ein Kampf, von dem er da sprach. Und wieso sie gegeneinander kämpften. Und was das überhaupt für eine Teufelsfrucht war. Und woher der Gorillamann überhaupt so viel über Teufelsfrüchte wusste. Hatte er denn nicht auch sofort erkannt, von welcher Frucht Luffy gegessen hatte? Was war das für ein Kerl?
 

„Wahahaha!“, brach Luffy plötzlich in schallendes Gelächter aus, so laut und plötzlich, dass Vivi leicht erschrak. „Oh Mann, du siehst aus wie ein Matschmonster!“
 

Die Prinzessin fasste sich an das von Matsch überzogenes Gesicht, welches ihre knallroten Wangen geschickt versteckte. „H-halt die Klappe! Dafür kann ich nichts!“
 

Selbst der Gorillamann lachte. „Das ist wohl meine Schuld. Tut mir Leid, Süße“, sagte er und stand wieder auf. „Lasst mich das hier wieder gut machen. Ich hab hier selten Gesellschaft, also würde es mich freuen, wenn ich euch auf ein Bier und ein Steak einladen dürfte. Ich hab da-“
 

„STEAK!?“, rief Luffy mit glitzernden Augen und war sofort auf den Beinen. „Wir sind dabei! Stimmt’s, Vivi?“
 

Luffys Ausdruck purer Aufregung kam ziemlich nah an den eines schwanzwedelnden Welpen heran und war gleichermaßen süß, weswegen Vivi nicht umhin kam zu kichern. „Na ja, ich trinke zwar nicht, aber was zu essen wäre nicht schlecht“, gab sie zu. „Außerdem hab ich noch eine Menge Fragen an Sie.“
 

„Ich werde euch alles sagen, was ihr wissen wollt“, nickte der Mann und grinste – ein bisschen wie ein vorfreudiges kleines Kind. „Die Hauptsache ist doch, dass wir uns begegnet sind. Ich hab seit Jahren keine anderen Menschen mehr gesehen, dementsprechend freue ich mich nun über Besuch in meinem bescheidenen Heim!“
 

Luffy grinste. „Hauptsache du gibst mir Fleisch! Ich bin am Verhungern!“ Plötzlich schien ihm etwas einzufallen. „Ach ja, ich bin übrigens Luffy!“
 

Vivi errötete etwas, als ihr klar wurde, dass sie sich noch gar nicht vorgestellt hatten. „Ich heiße Vivi“, lächelte sie, als sie sich aufrichtete. „Danke, dass Sie uns das Leben gerettet haben.“
 

Der Ältere winkte es fast verlegen ab und grinste. „Bitte nicht so förmlich. Nennt mich einfach Ford.“ Lächelnd salutierte er. „Freut mich euch beide kennen zu lernen.“
 

„Okay, Ford, dann will ich mal gleich zur Sache kommen“, sagte Luffy und folgte dem Mann, als er sich in Bewegung setzte. „Was genau sind das für Käfer in deinem Bart?“
 

„Whoa, da frägst du mich was!“
 

„Ist ein Atlaskäfer dabei? Den such ich schon ewig!“
 

Vivi folgte den beiden lächelnd, erleichtert, dass der Schock nun überstanden war. Ihr Adrenalin spielte zwar noch immer etwas verrückt, aber irgendwie war das alles auch ungemein aufregend. Ein Abenteuer. Das dritte aufregende Abenteuer in nur einer Woche. Das dritte aufregende Abenteuer mit Luffy. So sah sein Leben aus. Tag für Tag ein neues Abenteuer, als gäbe es keine Sorgen, keine Gefahren, kein Morgen.
 

„Hey! Finger weg von meinem Bart!“
 

„Oooh! Ich glaube, ich hab grade einen Gelbrandkäfer entdeckt!“
 

„Äh, nein, das… ist bloß Dreck.“
 

Sie kicherte amüsiert in ihre Hand hinein, während sie Luffy beobachtete. Seine Welt war so chaotisch, so unberechenbar, so aufreibend, so interessant… so lustig. Voller Leben und Lachen und ohne Verpflichtungen. Er war einfach nur frei. Frei und sorglos. Diese Welt der Freiheit war beneidenswert.
 

Vivi wünschte, sie könnte ein Teil davon sein.
 


 

To Be Continued...



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2010-10-04T09:23:57+00:00 04.10.2010 11:23
Hab jetzt die letzten beiden Kapitel durchgelesen. Ich fand sie beide richtig gut. Von diesem komischen Monster, das du mit in das Kapitel eingebaut hast, hatte selbst ich beim Lesen Angst *versteck* Ford ist ein komischer Kauz, frag mich was der so auf dem Kasten hat, und natürlich interessiere ich mich sehr über die Vorgeschichte von ihm und dem Monster „Killer“.
Ich Liebe die Neckereien zwischen Vivi &Ruffy, das die dauernd streiten müssen *lol*
Und dann die Kitzelatacke von Ruffy, zum schreien süßXD
Wäre dieser Killer nicht gewesen, hätten sie sich ganz bestimmt geküsst, schade, das es nicht passiert ist.
Zu den anderen, Nami kann richtig gemein sein, Lysop tut mir richtig leid, das sowohl Sanji als auch Nami ihn schlecht behandeln. Hätte ihn gern getröstet. *Auf Schulter klopf*
Lysop du bist der größte!!!
Sanji und Nami , als hätten sie sich zusammen getan um nur die anderen aus der Mannschaft nieder zu machen. (Ist jetzt nicht bös gemeint, mir kam es jetzt so vor.)
Hoffe übrigens dass sich Zorro und Chopper nicht verlaufen, vielleicht hätte doch lieber Nami mit denen mitgehen sollen.
Dein Schreibstil ist einfach fantastisch und deine Kapitel köstlich!!!

Hoffe das du sehr bald weiter schreibst und wir hier deine schönen Kapitel lesen können, kann es kaum erwarten. *umherhüpf, zappelig werd, brauch ne Portion von deinen Leckeren Kapitel*

Mach weiter so und beschenk uns mit deinen süßen Geschichten hier!!!

Liebe Grüsse

Kaguya


Von:  Wendy1990
2009-12-21T19:39:49+00:00 21.12.2009 20:39
ich kann mich nur allem sowas von anschließen!!!
es ist soooooo toll ich konnte gar nich aufhören zu lesen und das is bei mir echt sowas von selten xD
also ich bin sowas von begeister! da möchte man umbedigt weiter lesen
vorallem konnte ich mir alles durch deine tolle schreibweise soo gut vorstellen wie ein film der vorm inneren auge abläuft O//O
bitte bitte mach weiter soooooo echt der hammer!!!!!
Von: abgemeldet
2009-04-05T03:25:53+00:00 05.04.2009 05:25
Ui, ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll xD
Das war alles so herrlich... ehrlich gesagt war Luff/Vivi bevor ich angefangen habe deine FFs zu lesen, gar nicht mein Ding. Aber jetzt kommts mir so vor, als wäre es das einzig Pairing bei One Piece das mal Wirklichkeit werden könnte, echt jetzt :D

Das Kapitel war einfach der Hammer! Als Luffy und Vivi es mit dem Singen übertreiben und letztendlich aufeinander liegen..das war so süß :) Du beschreibst ihre Gefühle so toll, dass es unmöglich ist, die beiden nicht auf Anhieb anfeuern zu wollen!

Hmmn, was soll ich noch großartig sagen, außer: Bitte, bitte, bitte lad das nächste Kapitel bald hoch! Es ist einfach wunderbar von dir zu lesen, ich kanns kaum noch erwarten (ja, klingt jetzt sicher sehr überzeugend, aber es IST nun mal so) =)

Dann hoffentlich bis zum nächsten Kapitel!

LG Untergrundschnecke
Von: abgemeldet
2009-03-13T10:44:30+00:00 13.03.2009 11:44
waaaaaaah~ der arme löwe ó___ò das war nicht nett vor dir.
aber schön das der liebe Sanji seine Nami tröstet ♥ (bahnt sich hier denn eine zweite liebesgesichte an? *hoff*)

ford ist witzig. ich fahre einen ford XD ford ist toll
dem teufelsfruchtvieh nen namen zu geben ist auch ulkig.
grrrr... killer XD trifft es so passend.

die sache mit dem bart... ist da wirklich ein atlaskäfer drinn *nachguck* *haben will* XD

komm schnell über dein kreaTIEF hinweg *anfeuer* cheeeeeeeer UP!
ich freu mich auf das nächste kappi ♥

Von:  Mayonnaise
2009-02-22T19:50:14+00:00 22.02.2009 20:50
aiii~ ich liebe ruffyXvivi...
deine FF is echt gut geschrieben
und die länge is auch klasse
freu mich schon riesig aufs nächste kapi *___*
Von: abgemeldet
2008-07-31T12:29:29+00:00 31.07.2008 14:29
das is sooooooo süß *____*
ich hab ab und zu zweifeln müssen ob ich überhaupt nochn mensch bin oder eher ein meerschweinchen, so wie ich die ganze zeit quietschen musste XD!
aber du schreibst das echt toll! einach nur total lustig und die chappi-länge is auch supi <3 *patpat* *dir ne ganze keksdose schenk*
freu mich schon aufs nächste kappi =D!


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