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The Healing Touch

This was love at first sight, love everlasting, a feeling unknown, unhoped for, unexpected...
von

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Girls' Talk

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Beim Abendessen war Logan natürlich nicht aufgetaucht, Candy vermutete über sein Verhalten verschnupft, daß er raus in die Natur gegangen war und über die Ungerechtigkeiten der Welt brütete.

Als sie nach dem Essen auch noch zusehen mußte, wie Jean und Scott Hand in Hand die Mansion verließen, um schick auszugehen, und dabei scherzten und alberten wie zwei Teenager, landete ihre Laune auf einem Tiefpunkt.

Ihr fiel nämlich ein, daß Logan und sie noch nie ein richtiges Date gehabt hatten. Nicht daß sie ihr eine märchenhafte Fantasie über eine romantisches Dinner in einem First-Class-Restaurant vorschwebte, aber dennoch wäre ein Abend zu zweit außerhalb der Mansion doch mal so etwas wie der Anfang zu einer normalen Beziehung gewesen.

Sie hatte das Gefühl, daß sie ohne diese kleinen, alltäglichen Rituale vermieden, sich über die Natur ihrer Beziehung klar zu werden. Und wenn sie ehrlich war, trug sie selbst genauso viel Verantwortung dafür wie Logan, seit der Sache mit Remy vertraute sie ihrem eigenen Urteilsvermögen nicht mehr und war Männern aus dem Weg gegangen.
 

Candy war tief in Gedanken versunken auf die Terrasse hinaus geschlendert und fuhr zusammen, als Rogue sie lächelnd begrüßte: „Guten Abend, Candy. Möchtest Du dich zu mir setzen?“

Die junge Frau saß auf einer gemütlichen Hollywoodschaukel und hatte sich in eine warme Decke gehüllt. Es war Mitte Oktober und an Abenden schon recht kühl. Candy war froh, daß sie einen dicken Pulli übergestreift hatte, bevor sie aus dem Haus gegangen war.
 

„Ein paar Minuten gerne.“, erwiderte sie freundlich und setzte sich neben die junge Frau, die ihr immer ein wenig gedankenverloren vorkam.
 

„Ich habe dir noch nie persönlich dafür gedankt, daß Du mich damals geheilt hast, Candy.“, sagte Rogue unerwartet und drehte ihren Oberkörper, so daß sie Candy besser anschauen konnte.
 

Candy wehrte natürlich sofort ab: „Bitte, Rogue. Du mußt mir nicht danken, ich habe das gerne gemacht und außerdem hat sich B- Rob schon tausend Mal dafür bedankt.“
 

Candy hätte fast vergessen, daß der junge Mann sich dagegen verwehrte, ständig Bobby gerufen zu werden, schließlich war er ein erwachsener Mann und kein Schuljunge mehr. Die Leute in der Mansion hatten akzeptiert, daß er von nun an Rob oder Iceman zu rufen war. Wolverine war der einzige, der den jungen Mann noch mit seinem alten Spitznamen ansprechen durfte, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen.
 

Es war nicht leicht für die ehemaligen Schüler aus dem Schatten ihrer behüteten Rolle zu treten, wenn sie graduierten und als Lehrer an das Institut zurückkehrten, wo sie von ihren ehemaligen Zieheltern empfangen wurden und von Schülern, die sie noch als ausgelassene Teenager gekannt hatten.
 

Rogue lächelte leicht: „Trotzdem! Ich weiß von Logan, daß er nicht gerade lautere Mittel verwendet hat, dich hierher zu bekommen. Er hat mir natürlich nicht erzählt, warum er das gemacht hat. Aber der Mann vergißt immer, daß ich ihn in- und auswendig kenne und er vor mir keinerlei Geheimnisse hat.“
 

An Candys erstauntem Gesichtsausdruck erkannte Rogue, daß Logan mal wieder sehr mundfaul gewesen war und die arme Frau über ziemlich viel im Dunkeln gelassen hatte.

„Hör zu, Candy. Logan kann sich selbst heilen, andere jedoch nicht, mit einer Ausnahme, nämlich mich. Bei Berührung sauge ich die Lebenskräfte von Menschen auf und bei Mutanten auch ihre Fähigkeiten. Logan war bei dem Einsatz dabei, als mich Pyro so zugerichtet hat. Er hat vor Ort versucht, mir seine Fähigkeiten zu übertragen. Das hat natürlich Konsequenzen für ihn gehabt. Ich hätte ihn fast wieder umgebracht.“
 

Rogue legte eine kleine Pause ein, damit Candy nicht von den ganzen Informationen erschlagen wurde. Als sie fragte, was Rogue mit „wieder“ gemeint hatte, erklärte sie ihrer Teamkollegin, daß Logan sie schon einmal auf diese Weise gerettet hatte, als Magneto noch ihr Feind gewesen war und Rogue als Batterie für seine Fähigkeiten mißbraucht hatte, um damit halb Manhattan mit Hilfe einer von ihm erfundenen Maschine künstlich zu mutieren.
 

„Diesmal waren meine Verletzungen aber viel schlimmer, ich wäre beinahe schon am Einsatzort gestorben. Die Verbrennungen waren dritten Grades und ein sehr großes Hautareal betroffen. Durch Logans Eingreifen sank der Schweregrad von 3 auf 2b und 2a, aber er hätte mich nicht weiter heilen können, er wäre unweigerlich dabei gestorben. Er wollte es versuchen, doch der Professor und ich hielten ihn davon ab. Da müssen ihm wieder deine speziellen Fähigkeiten eingefallen sein.“
 

Candy schluckte schwer, Verbrennungen dritten Grades? Das hatte Candy bisher nur in Lehrbüchern gesehen, die Haut wurde dadurch so stark beschädigt, daß sie wie abgestorben aussah.

Sie hatte sich im Laufe der Jahre ein breites medizinisches Wissen angeeignet und wußte, daß die Behandlung derartiger Verletzungen sehr heikel war. Man versetzte solche Patienten oft in ein künstliches Koma und die Heilung war selten vollständig, ziemlich langwierig und zog oft viele komplizierte Operationen nach sich.
 

„Ich bin froh, daß er mich hergeholt hat. Das waren sicher unerträgliche Schmerzen.“, meinte Candy schließlich.
 

„Die Du mir ohne zu zögern abgenommen hast. Ich weiß, was es bedeutet, das Leid anderer Menschen zu spüren, Du mußt dich sicher jedes Mal aufs Neue überwinden, deshalb hast du meinen vollen Respekt, Candy“, erwiderte Rogue ernsthaft.
 

Candy lächelte sie verwundert an, sie hatte zwar bei der Heilung ein wenig von Rogues Charakter erspürt, doch da sie in tiefer Bewußtlosigkeit gelegen hatte, waren das nur nebelhafte Wahrnehmungen gewesen. Ihr wurde klar, daß sie noch sehr wenig über ihre Teamkollegen wußte. Wenn man mit Menschen, die über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügten, zu tun hatte, dann mußte man auch bedenken, daß diese Auswirkungen auf ihre Persönlichkeit hatten.

Rogue konnte mit einer einfachen Berührung einem Menschen den Tod bringen, ihn vollkommen in sich aufsaugen, Candy wurde nun klar, daß ihr distanziertes Wesen darin seinen Ursprung hatte. In ihrem Fall hätte sie auch Angst gehabt, den Menschen zu nahe zu kommen, auch wenn sie inzwischen fähig war, ihre Anlagen zu kontrollieren, würde es wohl Jahre dauern, bis Rogue diese Unsicherheit überwunden hatte.
 

„Ich muß mich noch daran gewöhnen, daß hier alle anderen genauso mit ihrer Mutation zurecht kommen müssen wie ich. Irgendwie vergesse ich immer wieder, wo wir hier sind, weil sich hier alle so normal verhalten. Ich fühle mich schon richtig zuhause.“, schloß Candy, wobei ihre Stimme etwas unsicher klang und ihr Blick in die Dunkelheit schweifte zum nahegelegenen Wald, wo sie Logan vermutete.
 

Rogue legte ihr eine Hand auf den Unterarm, den Candy auf der Rückenlehne abgelegt hatte, so daß sie sich ihr wieder zuwandte.

„Laß dich von seinen Launen nicht abschrecken. Es ist ein Teil seiner animalischen Natur, er muß oft schwer dagegen ankämpfen, seine Urinstinkte nicht Überhand gewinnen zu lassen. Du hast ihn vorhin wohl ziemlich geschockt.“, meinte Rogue und grinste spitzbübisch.
 

Candy erwiderte mit einem leisen, verlegenen Lachen: „Ich war selbst geschockt, ich hätte nie gedacht, daß ich in diese Sache verwickelt sein könnte. Außerdem ist es fünf Jahre her!“
 

Rogue zog die Augenbrauen hoch und ihr Grinsen wurde breiter: „Das mag sein, aber der Kerl sieht verdammt gut aus und ihr beide sollt ihn nun auch noch aufspüren. Sagen wir es mal so: Logan hat wohl panische Angst vor Konkurrenz. Genau genommen ist es ausgleichende Gerechtigkeit!“

Hier brach Rogue in schallendes Gelächter aus und ihre grünen Augen blitzten fröhlich auf, bis sie sich die Seiten halten mußte und nach Luft schnappte.
 

Candy konnte nur verdutzt zusehen und sich fragen, was Rogue mit ihrer Anspielung wohl meinte. Es dauerte einige Zeit, bis sich Rogue von ihrem Heiterkeitsausbruch erholt hatte und wieder sprechen konnte, ohne dabei zu japsen.

„Sorry, Candy! Die Erkenntnis kam mir eben gerade, ein altes Erinnerungsfragment von Logan schoß mir durch den Kopf, und ich konnte förmlich spüren, was ihn wohl so aufgebracht hat.“, erklärte Rogue, wobei ihre Augen immer noch vergnügt leuchteten.
 

„Als Logan zum ersten Mal in die Mansion kam, hat er sofort eine Schwäche für Jean entwickelt. Sie war damals schon mit Scott verlobt, doch plötzlich war ein neues Alpha-Männchen im Rudel, das Jean außerordentlich anziehend fand. Ich denke, es machte ihr Spaß, ein wenig mit dem wilden Kerl zu flirten, doch am Ende blieb sie bei Scott. Frag mich bloß nicht, was sich Logan dabei gedacht hat, dazu sage ich nur: Nicht viel!“
 

Candy wußte nicht, ob sie über Rogues Frechheiten lachen oder auf Logans Gefühle für Jean eifersüchtig reagieren sollte, obwohl sie wußte, daß das total kindisch wäre.
 

Rogue ließ ihr keine Zeit, zu einer Entscheidung zu kommen, denn sie fuhr fort, ihren Gedankengang zu erklären: „Jetzt stell dir mal vor, daß ihr diesen Remy findet und ihn hierher bringt. Dann würde er durchaus die Kriterien eines „Bad Guy“ erfüllen, mit dem Du in der Vergangenheit eine bisher ungeklärte Verbindung hattest. Männer mögen solche Konkurrenz gar nicht, frag Scott, wie es ihm ging, als Logan ihm das Leben zur Hölle gemacht hat.“
 

So betrachte hatte Rogue recht, wenn Remy sich seit ihrem letzten Treffen nicht verändert hatte, dann würde wohl jeder Mann in der Mansion, der eine feste Beziehung hatte, den passionierten Womanizer als äußerst lästige Konkurrenz betrachten.

Und wenn sie in sich ging und ehrlich gegen sich selbst war, dann würde eine von Logans alten Flammen hier in der Mansion sie auch die Wände hochtreiben. Allein der Gedanke an Jean und ihre Vergangenheit mit Logan schnürte ihr vor Eifersucht die Kehle zu. Fünf Jahre waren wohl doch keine so lange Zeitspanne, wie sie gedacht hatte.
 

Candy lächelte ihre Kollegin dankbar an: „Ich danke dir, daß Du mir das alles erzählt hast, Rogue. Ich hoffe, daß ich dich damit in keine unangenehme Situation bringe.“
 

Rogue wehrte lachend ab: „Keine Sorge, ich darf mir Logan gegenüber mehr rausnehmen als jeder andere. Das ist der einzige Vorteil meiner Mutation: Ich kenne Logans Gedankengänge so gut, daß ich jeden Streit mit ihm gewinne!“
 

Candy stimmte in Rogues Lachen ein, sie saßen noch ein paar Minuten zusammen, bis ihr zu kalt wurde und sie der Teamkollegin eine Gute Nacht wünschte.
 

Bevor sie die Terrasse verließ, rief ihr Rogue noch zu: „Gute Nacht, Candy! Und bei Gelegenheit solltest Du Wolverine mal nach seinem Alter fragen.“
 

Candy warf stirnrunzelnd einen Blick zurück auf Rogue, die jedoch nur ein rätselhaftes Lächeln in ihre Richtung warf und ihr mit der Hand zum Abschied zuwinkte. Candy hob ebenfalls kurz ihre Hand und verschwand dann sehr nachdenklich im Haus.

Wieso sollte sie Logan nach seinem Alter fragen?

Sie war kein Teenager mehr und mit 29 doch im richtigen Alter, um mit einem Mann Mitte Dreißig eine wie auch immer geartete Beziehung zu führen. So in ihren Gedanken versunken, merkte sie nicht, daß ihre Füße sie instinktiv zu Logans Zimmer geführt hatten. Sie klopfte kurz an und nachdem sich keiner meldete, öffnete sie die Tür und schlüpfte in sein Zimmer hinein. Sie würde hier auf ihn warten…
 

. . .

New York hatte sie wieder, die Zeit in New Orleans erschien Candy wie ein flüchtiger Traum, der sich einem entzieht sobald man die Augen öffnet und in der wirklichen Welt aufwacht.

Remy war ein Teil dieser Illusion, doch sie litt unter der Trennung als wäre sie auf Entzug, als würde ihr Körper mit jeder Zelle nach ihm gieren. Das Gefühl war so stark, daß Candy richtig Angst davor bekam, sie konnte sich die Heftigkeit ihrer Reaktion einfach nicht erklären.

Candy stürzte sich lieber in die Arbeit, sie bereitete eine neue Ausstellung vor, deren Herzstück die vollendete Serie „Visions of the Night“ sein würde.

Bei einem nächtlichen Streifzug durch das Künstlerviertel Greenwich Village fiel ihr Blick auf die Auslage einer Apotheke, in der eine alte Arzttasche und die dazugehörenden Instrumente im Schaufenster aufgebaut waren.

Sie stand noch unter dem starken Eindruck der Ausstellungsvorbereitungen und der Anblick der Arzttasche brachte einen unfertigen Gedanken in ihr zum Klingen. Sie würde ihre eigene Arzttasche packen und auf nächtliche Patrouillen gehen, dahin, wo sie niemandem auffallen würde. So wie in New Orleans. Sie würde dann in der Lage dazu sein, Menschen mit ihrer Fähigkeit zu helfen, oder gar solchen, die wie sie ein wenig mehr von der Natur begünstigt waren, und deshalb den Besuch eines herkömmlichen Arztes scheuten.
 

Vier Wochen waren seit ihrem Entschluß vergangnen und Candy ging drei bis vier Mal die Woche auf Patrouille, wie sie es nannte, dabei öffnete sich ihr eine völlig neue Welt. Es war unglaublich, daß es so viele Mutanten in New York City gab, die ihr bisher gar nicht aufgefallen waren. Im Schutze der Dunkelheit kamen sie aus ihren Verstecken und waren oft das Opfer von Angriffen durch Verbrecher oder Mutantengegner.

Heute Nacht hatte es eine Massenschlägerei in einer Bar gegeben, nachdem ein illegales Kartenspiel ziemlich ausgeartet war. Candy hatte so viele Verletzte wie möglich versorgt, ohne als Heilerin aufzufallen. Sie wußte instinktiv, daß ihr Status geheim bleiben und sie ihr Inkognito in jedem Fall wahren mußte.

Sie lief leichtfüßig die dunklen Treppen zu ihrem neu erworbenen Loft hoch, den Erlös ihrer letzten Ausstellung hatte sie als Anzahlung für eine Eigentumswohnung verwendet, noch ganz berauscht von ihren vielen Heilungserfolgen, doch auch leicht im Kopf, weil ihr ziemlich viel Energie abgezapft worden war und sie nun einen Bärenhunger verspürte.

Sie beschloß, gleich Morgen in die nächste Bibliothek zu gehen, um den Energiehaushalt des menschlichen Körpers zu studieren. Es mußte doch eine andere Möglichkeit geben, ihren Energieverbrauch schneller auszugleichen als mit simpler Nahrungsaufnahme. Vielleicht fand sie Hinweise bei Extremsportlern wie Bergsteigern oder Marathonläufern.

Sie kramte mit einem zufriedenen Lächeln nach ihren Schlüsseln, als sie eine Bewegung aus den Augenwinkeln wahrnahm. Sie hörte leises Atmen und ihr entfuhr ein erstickter Schrei. Eine Hand griff nach ihrem Handgelenk und die Schlüssel glitten aus Candys schwachen Fingern und fielen mit einem lauten Klirren zu Boden.
 

„Calme-toi, princesse, c’est moi, Remy“, hauchte eine tiefe Männerstimme in ihr Ohr. (Beruhig dich, Prinzessin, ich bin es, Remy.)
 

„Remy?“, brachte Candy mit dumpfer Stimme hervor und streckte die Hand aus, um sie ihrem Gegenüber auf die Brust zu legen.

Sie spürte das weiche Leder seines Mantels unter ihren Fingern und atmete erleichtert aus.
 

„Was machst Du hier im Dunkeln?“, fragte Candy plötzlich ungehalten und bückte sich nach ihrem Schlüsselbund.

Sie schloß die Tür auf und machte gleich das Licht an, um sich davon zu überzeugen, daß er keine Einbildung war.
 

„Sacrebleu! Du bist vraiement brutale“, meckerte Remy und bedeckte seine Augen schützend mit einer Hand, weil ihn das starke Licht blendete, nachdem er über zwei Stunden im dunklen Treppenhaus auf sie gewartet hatte.
 

Er trug heute keine Sonnenbrille und als er die Hand runter nahm, sah Candy die Spuren von Übermüdung in seinem sonst so makellosen Gesicht. Sie stellte ihre Tasche ab und legte ihre Jacke über die Truhe neben der Tür, die ihr als provisorische Garderobe diente.
 

„Komm rein, ich bin gerade umgezogen, also wundere dich nicht über die vielen Kartons. Sie lief in die Küche und ging an den Kühlschrank, wo ein Vorrat an zuckersüßer Schokoladenmilch auf sie wartete, die sie selbst mit viel Traubenzucker anreicherte. Unter normalen Umständen wäre ihr von diesem sirupartigen Gebräu schlecht geworden, doch nach harten Einsätzen schmeckte es wie Ambrosia. Sie nahm eine Flasche und trank den Inhalt gierig auf ex, der Schreck über Remys plötzliches Auftauchen schien ihre Kraftreserven bis zum Nullpunkt ausgesaugt zu haben.

Remy lehnte an ihrer unfertigen Theke - ein Freund wollte sie noch mit Alu verkleiden - und sah ihr besorgt zu, während sie ein den Inhalt einer zweiten Flasche vertilgte.
 

„Wo hast Du gesteckt? Es ist mitten in der Nacht und ich glaube nicht, daß Du von einem Fotoshooting kommst.“
 

Candy drehte sich heftig herum und starrte ihn ungläubig an.

„Hast Du den Verstand verloren, Remy? Du tauchst unangemeldet in meiner Wohnung auf und spielst dich auf?! Es geht dich gar nichts an, was ich treibe oder mit wem!“, schnaubte Candy verächtlich und pfefferte die leere Flasche mit mehr Gewalt als nötig in die Müllklappe.
 

Remy schien blasser zu sein, als noch vor ein paar Minuten, jedenfalls kam es Candy so vor. Es wunderte sie auch, warum er ihr keine Widerworte gab, er war doch sonst nicht von der stummen Truppe…
 

„Candy, ich hoffe, das Zeug hat dich wieder auf die Beine gebracht, ich brauche deine Hilfe...“ Nach diesen dahin gehauchten Worten schwankte Remy bedenklich und glitt dann im Zeitlupentempo auf den Boden.
 

Candy stand einen Moment wie erstarrt und sprang ihm dann zur Hilfe, sie konnte jedoch seinen Sturz nur abmildern, denn er war viel zu schwer, um ihn aufzufangen. Seine gespenstige Blässe verursachte Candy eine Gänsehaut.

Wieso hatte sie nicht vorher gemerkt, daß es ihm schlecht ging?, dachte sie beklommen.
 

Sie nahm seine linke Hand in ihre und suchte nach dem Grund für seine Ohnmacht. Candy war entsetzt, als sie das Ausmaß seiner Verletzungen erspürte, es war ein Wunder, daß er sie aufrecht stehend begrüßt hatte. Mehrere Rippen waren gebrochen, er blutete innerlich und seine rechte Hand war innerlich fast in ihre Einzelteile auseinander gefallen, als hätte sie in einem Schraubstock gesteckt. Sie brauchte alle frisch aufgeladene Energie, um Remy vollständig von seinen Verletzungen zu heilen.

Sie lud ihre Kraftreserven erneut auf, bevor sie Remy, der immer noch bewußtlos am Boden lag, weckte. Er konnte schlecht die Nacht auf dem Boden verbringen und er war viel zu schwer, um ihn in ihr Bett zu tragen.

Mit Hilfe von etwas Riechsalz brachte sie ihren Patienten wieder zur Besinnung. Er blinzelte verwirrt und seine Augen blickten sich hektisch um, als suchte er nach einem Angreifer.
 

„Le diable, il est le diable en personne. Je... Candy?“, fragte er unsicher und streckte seine Hand aus, um sie sanft an der Wange zu berühren. (Der Teufel, er ist der Teufel in Menschengestalt…)
 

„Ja, ruhig, Du bist hier in Sicherheit. Hier wird dir keiner etwas tun, Remy. Wer hat dir das angetan, deine Verletzungen waren sehr schwer.“

Candy strich ihm zärtlich eine Haarsträhne aus der Stirn und sah ihn besorgt an.
 

Remy wich ihrem Blick aus und setzte sich auf, Candy wich zurück und sah zu, wie er auf die Füße sprang, was er jedoch bereute, als ihn ein leichter Schwindel erfaßte.
 

Candy erhob sich ebenfalls und meinte: „Mach langsam, Du bist zwar geheilt, aber dein Körper braucht dennoch Ruhe. Du mußt dich von dem Schock der Heilung erholen, Du wirst dich wohl eine Weile ein wenig eigenartig fühlen. Ich kann es dir leider nicht genauer erklären, weil ich bisher nicht viele Daten darüber habe sammeln können.“
 

„Okay, kann ich mich auf deine Couch legen, ma petite?“, fragte Remy und sah ihr treuherzig in die Augen.
 

Candy verzog den Mund und seufzte dann innerlich: „Leider nein, Du wirst dir mit mir meine Matratze teilen müssen. Ich habe noch nicht alle Möbel geliefert bekommen. Es ist alles ein wenig provisorisch.“
 

Remy lächelte sie strahlend an: „Très bien! Ich wußte, daß ich mich auf dich verlassen kann.“
 

Candy verdrehte die Augen und wies ihn dem Weg zu ihrem provisorischen Schlafzimmer, das sie mit einem schweren samtenen Vorhang vom Rest der Wohnung abgeteilt hatte. Auf dem Boden lag eine große Matratze, die sie in orientalisch anmutender Üppigkeit mit vielen bunten Kissen dekoriert hatte. Candy runzelte die Stirn, als ihr klar wurde, daß sie Remy praktisch in die perfekte Liebeshöhle geführt hatte.
 

„Hier ist Platz genug für uns beide, wir werden ungestört schlafen kön…“

Candy blieb das letzte Wort in der Kehle stecken, da sie sich zu Remy umgedreht hatte, der nur noch in Unterwäsche vor ihr stand und eben seine letzte Hülle herunterzog, so daß er bald splitternackt vor ihr stand. Ihr Mund fühlte sich mit einem Mal staubtrocken an und sie hatte das Gefühl, daß ihr das Herz bis zum Hals schlug.

Völlig ungeniert kroch Remy unter die Decke und machte es sich auf ihren weichen Kissen bequem.
 

Mit einem breiten Grinsen sah er zu ihr hoch: „Ich fühle mich wie ein Sultan, princesse! Dein Stil gefällt mir.“
 

Candy enthielt sich eines Kommentars und suchte aus ihrer Kommode Pyjamahosen und ein Shirt heraus, sie hatte nicht vor, sich nackt schlafen zu legen, auch wenn sie das die meiste Zeit vorzog. Remy war hier als ein Patient, bestenfalls als ein Freund, sie wollte nicht an New Orleans anknüpfen, wo sie alle Prinzipien über Bord geworfen hatte und sich in ein Abenteuer mit einem Frauenhelden gestürzt hatte, der immer noch verheiratet war.
 

Sie hatte den Schreck ihres Lebens bekommen, als sie die Familie Boudreaux in Remys Begleitung aufgesucht hatte und Belladonna beiläufig in einem Gespräch erwähnt hatte, daß Remy und sie eine sehr komplizierte Ehe führten.

Zurück im Hotel hatte sie Remy eine Szene gemacht, die sich gewaschen hatte und zu ihrer Schande war sie wieder mit ihm im Bett gelandet. Wie sehr hatte sie sich am nächsten Tag dafür geschämt, besonders als eine Lieferung von Bella für sie im Hotel angekommen war.

Sie hatte sich mit der jungen Frau über ihren Wunsch unterhalten, in New York Wohneigentum zu erwerben und mögliche Einrichtungsstile diskutiert.

Candy hatte ihre Schwäche für schwere Stoffe und orientalische Schnörkel eingestanden und Bella hatte sich bei ihr für ihre Rettung bedankt, indem sie ihr einen wunderschönen Kristallspiegel schenkte, der mit filigranen vergoldeten Ornamenten verziert war. Dieser Spiegel hing eben über ihrer Kommode und sie konnte in diesem Augenblick ihr Spiegelbild darin betrachten.
 

‚Du wirst dich nicht noch einmal von seinem Charme einlullen lassen. Der Kerl ist ein Egoist durch und durch. Ich kann mir gut vorstellen, warum die Ehe mit ihm kompliziert ist.’, sprach Candy in Gedanken zu sich selbst und blickte sich dabei streng in die Augen, wie um sich anzuspornen, dem Mann nicht nachzugeben, wie verführerisch er auch sein mochte.

Ihre guten Vorsätze hatten nur bis zum nächsten Morgen gehalten…
 

~

Logan betrat sein Zimmer und ihm wurde sofort klar, daß er nicht allein war, als ihm sein Geruch vermischt mit dem einer anderen Person in die Nase stieg. Candy war hier, in diesem Augenblick. Er blickte zum Bett, doch das lag verlassen da, obwohl jemand darin gelegen haben mußte. Logan sah sich stirnrunzelnd um, während er die Tür leise ins Schloß drückte und abschloß.

Er blickte zu dem schweren Sessel, der am Kamin stand, wo er oft die Nächte durchlas, wenn er innerlich zu unruhig war, um sich schlafen zu legen. Dort hingen zwei nackte Beine über der Lehne.
 

„Candy?“, flüsterte Logan und ging um den Sessel herum.

Sie lag eingehüllt in eines seiner weichen Flanellhemden quer über dem Sessel, so daß ihr die Lehne als Kissen diente und schlief tief und fest, wie er an der Tiefe und Regelmäßigkeit ihrer Atemzüge erkennen konnte.
 

Er konnte sie nicht so liegen lassen, in dieser Position würde sie kaum die nötige Ruhe für den morgigen Einsatz finden. Logan nahm sie vorsichtig hoch und als er sie sicher in seinen Armen hatte, trug er sie zum Bett, wo er sie behutsam ablegte. Sie hatte das Hemd nicht zugeknöpft und es klaffte auf, als Logan die Decke unter ihr heraus zog.

Er verharrte in der Bewegung und starrte ihre weichen Formen an, die nun vom Mondlicht beschienen wurden und ihrer Haut einen silbernen Schimmer verliehen. Er hatte noch nie etwas Erotischeres gesehen, als die selbstvergessene Schläferin, die in sein Hemd gehüllt war, als wollte sie das Gefühl heraufbeschwören, von ihm umarmt zu werden.

Er setzte sich vorsichtig neben sie und beobachtete sie im Schlaf, dabei schalt er sich einen Narren. Er hatte sich wie ein kompletter Idiot verhalten, nachdem Candy dem Team mitgeteilt hatte, daß sie die gesuchte Person kannte.

Es war ihm klar gewesen, daß er nicht der einzige Mann in Candys Leben gewesen sein konnte. Was für eine Vermessenheit! Allein dafür hätte er es verdient, in ein kaltes Bett zu kommen.

Aber wegen einer alten Geschichte so einen Ärger zu machen? Das war wirklich unterste Schublade. Aber er war auch nicht besonders gut darin, vor Frauen zu Kreuze zu kriechen.

Was sollte er nun machen?
 

„Nein!“

Logan zuckte erschrocken zusammen, als Candy plötzlich sprach und den Kopf heftig hin und her warf.
 

„Wie konntest Du nur!“, sagte sie vorwurfsvoll.

Candy schluchzte im Schlaf auf und dann quollen dicke Tränen unter ihren geschlossenen Augenlidern hervor, worunter Logan die unruhigen Augenbewegungen der REM-Schlafphase erkennen konnte. Candy schien einen heftigen Alptraum zu durchleben.
 

„Du Mistkerl! Ich will dich nie wieder sehen!“, brachte sie hervor und ihre Stimme klang tränenbelegt.
 

Logan umfaßte ihre Schultern und rüttelte sie leicht, um sie zu wecken, er konnte nicht zulassen, daß sie weiter von ihren Träumen gequält wurde.
 

„Candy, wach auf! Du träumst!“, sagte Logan eindringlich und schüttelte sie wieder, dieses Mal etwas fester.
 

Sie riß ihre Augen auf und starrte ihn ohne ein Zeichen des Erkennens an.

„Laß mich, ich sagte, daß ich die nie wieder sehen will, Du Bastard!“, schrie Candy aufgebracht und schlug wild um sich, als sie die Hände eines Mannes um ihre Schultern spürte.
 

Logan wurde unsanft auf der Nase getroffen, bevor er ihre Fäuste einfangen konnte und sie mit einer Hand an seine Brust gedrückt hielt.

„Candy, ich bin es Logan, Du hast nur schlecht geträumt“, sprach er mit beruhigender Stimme auf sie ein.

Ihre Gegenwehr erschlaffte und dann sah sie traurig mit tränenverschmierten Augen zu ihm hoch.
 

„Logan?!“, wisperte sie unsicher. „Es tut mir leid, ich, was ist passiert?“
 

Logan strich ihr sanft mit dem Daumen die Tränen von der Wange und antwortete: „Du hast schlecht geträumt. Du hast gesagt, daß Du mich nie wieder sehen möchtest und daß ich ein Mistkerl und ein Bastard bin. Es tut mir leid, wenn dich mein Verhalten so sehr aufgebracht hat, daß Du davon Alpträume bekommst.“

Logan war selbst überrascht, wie leicht ihm die Entschuldigung in Angesicht von Candys Tränen über die Lippen kam.
 

Candy riß ungläubig die Augen auf, als Logan sich für sein Verhalten entschuldigte. Sie überlegte, ob sie eine Auseinandersetzung einfach vergessen hatte, aber sie hatte ihn ja gar nicht mehr nach dem Abendessen gesprochen. Sie war in sein Zimmer gegangen, nachdem sie sich mit Rogue unterhalten hatte, um auf ihn zu warten.

Als er um elf immer noch nicht auf sein Zimmer gekommen war, war sie aus dem Bett geschlüpft und hatte sich in eines seiner Hemden gehüllt in seinen Sessel gesetzt. So hatte sie der Illusion hingeben können, in seinen Armen einzuschlafen.

Bevor sie eingeschlafen war, hatte sie an ihre Anfänge als „Undercover-Heilerin“ gedacht und daran, wie Remy sie in New York aufgesucht hatte, nachdem er von einem unbekannten Gegner krankenhausreif geprügelt worden war.

Remy!
 

„Ich habe nicht dich gemeint, Logan“, erklärte Candy leise und richtete sich im Bett auf.

Sie zog sein Hemd vor ihrer Brust zu und umschlang ihre angezogenen Beine. Logan kannte sie inzwischen gut genug, daß sie das immer machte, wenn sie unsicher oder etwas beichten wollte, was ihr peinlich war.
 

„Wer sollte sich zum Teufel scheren, Candy?“, fragte Logan sanft und strich ihr eine wirre, dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht.
 

„Ich meinte Remy. Ich muß wohl von ihm geträumt haben. Ich habe gedacht, daß ich das alles schon längst vergessen hätte. Immerhin hatte meine Bekanntschaft mit ihm etwas Gutes, durch ihn bin ich auf die Idee gekommen, auf meine nächtlichen Patrouillen zu gehen.“
 

Logans Blick verdüsterte sich etwas, aber diesmal, weil er spürte, daß Remy Candy verletzt haben mußte, denn sonst hätte sie wohl kaum Alpträume, die ihn betrafen.

„Was hat der Dreckskerl dir angetan?“, grummelte Logan erbost und runzelte dabei die Stirn.
 

Candy lächelte ihn zögernd an: „Du mußt mich nicht beschützen, Logan. Ich war selbst schuld, ich hätte selbst darauf kommen müssen. Er hat einfach mein Vertrauen mißbraucht und das hat mich damals sehr aufgeregt. Ich begann, an meinen Fähigkeiten zu zweifeln und wurde sehr vorsichtig im Umgang mit Männern. Und dann traf ich dich…“

Candy ging auf die Knie und umschlang ihn mit ihren Armen, um ihren Kopf an seine Schulter zu betten. Logan nahm sie fest in die Arme und drückte sie an sich, während ihm klar wurde, was sie da gesagt hatte. Er hatte mit seinem ersten Eindruck doch nicht so falsch gelegen, sie war unerfahren und zudem noch von einem miesen Kerl enttäuscht worden.
 

Gott! Das war eine ziemliche Verantwortung und er wußte nicht, ob er der Richtige war, um diese Erfahrung wieder auszugleichen. Er hatte so viele Fehler und Eigenheiten, die er eine ganze Weile gehegt hatte, war daran gewöhnt, alleine zu sein und ziemlich egozentrisch. Man konnte ihn wohl kaum als den idealen Seelentröster bezeichnen.

Wäre ein Mann wie zum Beispiel Scott Summers nicht viel besser geeignet, Candy die nötige Geborgenheit und Sicherheit zu geben?

Das Tier in ihm fletschte bei dem Gedanken sofort die Zähne und ging in Angriffsstellung, er würde jeden Heini, der sich Candy auch nur auf einen Meter näherte, in Stücke reißen.

Logan atmete tief durch, um seinen Anfall von unbegründeter Eifersucht zu unterdrücken. Seine Urinstinkte trieben ihn dazu, seine Partnerin mit Haut und Haaren besitzen zu wollen, und er mußte sich des öfteren ins Gedächtnis rufen, daß er ein Homo Sapiens war und kein triebgesteuerter Vierbeiner.
 

Er hätte gerne erfahren, wie dieser Kerl Candy enttäuscht hatte, doch ihre Lippen wanderten gerade seine Kehle hinauf und verschlossen ihm dem Mund mit einem innigen Kuß, bevor er die Frage stellen konnte. Seine Hände glitten unter das Hemd, das sie sich von ihm ausgeliehen hatte, wo sie sich warm und weich anfühlte, und sie begann seine Hemdknöpfe mit fiebrigen Fingern zu öffnen, plötzlich war alles egal und er ließ sich mit ihr nach hinten auf die Matratze gleiten, wo sie sich an seinen Hosen zu schaffen machte.

Morgen…, dachte Logan, als sich Candy halb aufrichtete und sich küssend einen Weg über seine Brust nach unten bahnte.
 


 

Fortsetzung folgt…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  mitsuki11
2008-08-03T16:24:56+00:00 03.08.2008 18:24
Du bist so gemein!!!Ich kann es nicht glauben das du schon wieder aufgehört hast!!!

Ich muss doch wissen was Remy ihr angetan hat!! Und was passiert wenn die drei auf einander treffen!!

Also bitte schreib schnell weiter!!!!

LG
Mina


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