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Wie lange noch...?

Die Geschichte eines jungen Prostituierten
von

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Aus der Sicht von Luca

Luca zitterte und bibberte am ganzen Körper. Seine ungeschützten Hände waren rissig und rot und auch der Rest seines Körpers war voller Spuren der letzten vier Nächte, die er nun schon in der eisig kalten und zugigen Ruine des „Vouge“ verbracht hatte. Der Hunger nagte an ihm ebenso sehr wie die Kälte und schon zweimal hatte er sich notgedrungen an der langen Schlange der Armenspeisung ein paar Straßen weiter angestellt. Doch so konnte es nicht weiter gehen. Wenn er in den nächsten paar Tagen nicht ein richtiges Dach überm Kopf und etwas Vernünftiges zu Essen bekam, dann würde er eines Morgens erfroren oder verhungert aus einem Hauseingang geschleppt werden. Und sterben wollte Luca nicht. Noch nicht, jedenfalls.

Jamie war nicht gekommen. Nicht am ersten Tag, den er gewartet hatte, nicht am zweiten und nicht am dritten. Hoffnungslosigkeit begann sich ihren Weg in sein Herz zu bahnen und Luca wusste, dass er nicht viel mehr länger warten würde können. Er musste etwas Essen und er musste endlich raus aus der eisigen Kälte der endlos scheinenden Nächte.

Warum kam Jamie nicht? Luca hatte sich in den letzten Tagen den Kopf darüber zerbrochen, warum um alles in der Welt Jamie nicht auftauchte, geschweige denn nach ihm suchte. War er vielleicht doch nicht aus dem brennenden „Vouge“ entkommen?

Luca zwang sich, nicht an diese eventuelle Wendung zu denken und erhob sich vorsichtig von seinem provisorischen Lager. Er hatte es in Jamies Zimmer nicht lange ausgehalten, also hatte er sich eines der anderen, weitgehend erhaltenen Zimmer ausgesucht und dort geschlafen. Doch durch die zerbrochenen Scheiben kam ein eiskalter Wind und manchmal warfen betrunkene Penner ihre leeren Flaschen durch die Fenster. Feuer machen konnte er keins, denn der Rauch hätte die Polizei alarmiert und sie hätten ihn erneut auf die Wache geschleppt und jetzt wäre er wegen Hausfriedensbruch eingekerkert worden. Die Ruine gehörte schließlich immer noch diesem Viktor.

Langsam, denn ihm taten alle Glieder schrecklich weh, schleppte Luca sich durch die Tür und in den Barraum. Es sah hier nicht mehr allzu verwüstet aus, denn die vielen Obdachlosen Menschen der Umgebung hatten alles noch halbwegs brauchbare hervorgekramt und mitgenommen. Als er durch den Barraum auf die Tür zuging, die auf die Straße führte, fasste Luca den Entschluss nach Hause zu gehen.
 

Die große, dunkle Tür nahm Luca allen Mut, den er noch gehabt hatte. Wie würden seine Eltern reagieren, wenn er wieder bei ihnen auftauchte? Jamie war nicht mehr da, also waren all ihre Gründe, aufgrund derer sie ihn rausgeschmissen hatten, nicht mehr existent. Und dass er Jamie nach wie vor liebte, konnten sie ihm nicht nachweisen.

Zögernd hob er seine Hand an das Holz und klopfte leise. Nachdem er drei Mal geklopft hatte, brannte ein ungeheurer Schmerz in seinen Fingerknöcheln und er wollte sich gerade umdrehen und wieder gehen, da wurde die Tür geöffnet.

„Luca?“

Seine Mutter starrte ihn unverwandt an.

„Mutter“, murmelte Luca und er spürte, wie Tränen in seinen Augenwinkeln brannten.

„Luca, was tust du hier? Wie-... was ist passiert?“ Sie öffnete die Tür etwas weiter und bedeutete ihrem Sohn hereinzukommen.

Schweigend streifte Luca sich die Schuhe von den Füßen und zog die Jacke aus. Seine Mutter starrte ihn immer noch an, nahm ihm aber beides ab und ging in die Küche, um die Kleidungsstücke zum trocknen neben den Ofen zu hängen.

„Magst du... etwas essen? Oder trinken?“

Luca nickte stumm. Dann setzte er sich auf einen der drei Küchenstühle und blickte auf die eingekerbte Tischplatte. Es dauerte ein paar Augenblicke, dann stand ein dampfender Becker Kräutertee und ein Teller mit einer belegten Brotscheibe vor ihm.

„Danke“, sagte Luca leise und biss von dem Brot ab. Seine Mutter setzte sich ihm gegenüber und sah ihm beim Essen zu. Schließlich brach sie das fortwährende Schweigen.

„Wo ist der Junge?“

Luca schluckte und schloss kurz die Augen.

„Ich weiß es nicht“, antwortete er ihr dann wahrheitsgemäß und wartete auf eine abwertende Feststellung von Seiten seiner Mutter, doch die blieb aus.

Unsicher blickte Luca auf und sah eine steile Sorgenfalte auf ihrer Stirn und in ihren Augen stand das, was sie eben nicht ausgesprochen hatte.

„Ich habe dir gleich gesagt, dass er dich nicht liebt... .“

Luca musterte seine Mutter und bemerkte, dass sie sich verändert hatte. Ihr Gesicht war weicher und auch ihre Augen waren nicht mehr stumpf, sondern leuchteten verhalten. Ihr blondes, zum Knoten gestecktes Haar war nicht mehr glanzlos, sondern hier und dort hatten sich Strähnen gelöst und umgaben glänzend und in federnden Locken ihr Gesicht. Auch der Zug um ihren Mund, sonst so streng und bitter, hatte sich gelöst.

„Wo ist Vater?“, fragte Luca als es ihm plötzlich auffiel und sofort wurde der Blick seiner Mutter wieder hart.

„Arbeiten.“

„So spät noch?“

Seine Mutter zuckte die Achseln und betreten aß Luca sein Brot auf.

Nachdem er aufgegessen hatte, breitete sich eine unangenehme Stille aus.

„Wo warst du die letzten Tage?“, fragte seine Mutter Luca plötzlich und ihm fiel auf, dass sie ihre Hand fest um ihre eigene Teetasse geklammert hatte, denn ihre Fingerknöchel traten weiß hervor.

„Bei Jamie“, erwiderte Luca leise.

„Das Haus nebenan ist abgebrannt, also wo warst du?“

In der Stimme seiner Mutter schwang ein leicht panischer Unterton mit und Luca begriff.

„Bevor das „Vouge“ abgebrannt ist bei Jamie, dann fast drei Tage in einer Zelle der Polizei und schließlich vier Tage in der Ruine des Nachtclubs, weil ich gehofft hatte, dass Jamie kommt und mich sucht.“

Ein entsetzter Ausdruck lag auf den ihren Zügen und ihr Mund war ein fahlweißer Strich. Ihre Stimme bebte, also sie wiederholte, was er gesagt hatte.

„Bei der Polizei?“

Luca nickte.

„Du hast vier Nächte in einer Ruine verbracht?“ Wieder nickte Luca.

„Dann hast du Glück gehabt, dass du noch lebst. Und das nur, weil du geglaubt hast, dass dieser Bengel dich suchen würde?“

„Nein Mutter, ich habe es nicht geglaubt, ich glaube es und er wird mich finden!“

Seine Mutter stieß geräuschvoll die Luft aus und bedeckte das Gesicht mit den Händen.

Plötzliches, lautes Poltern ließ beide zusammenzucken.

Seine Mutter sprang auf und riss Luca hoch, ein ängstlicher Ausdruck lag in ihren Augen.

„Dein Vater kommt zurück, er darf dich nicht sehen, sonst prügelt er dich tot!“

Luca sah sie entsetzt an, dann ließ er sich widerstandslos in sein altes Zimmer bugsieren.

„Du bleibst hier und verhältst dich bis morgen früh mucksmäuschenstill, verstanden?“

Luca nickte und zuckte nur kurz zusammen, als sie seine Zimmertür zuwarf und abschloss. Mit geschlossenen Augen lauschte er ihren sich entfernenden Schritten hinterher und erst als er die betrunken umhergrölende Stimme seines Vaters hörte, gestattete er sich, leise aufzuschluchzen.

Dann zog er die Knie an die Brust, schlang seine Arme darum und ließ seinen tagelang angestauten Tränen freien Lauf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  ReinaDoreen
2008-09-19T20:03:36+00:00 19.09.2008 22:03
Ich glaube Luca weiß das er nicht bei seinen Eltern bleiben kann. Auch wenn er es so gehofft hat.
Nur wohin soll Luca gehen?
Reni
Von:  Yumicho
2008-09-19T17:40:49+00:00 19.09.2008 19:40
Man, du bist so böse! >-<
Warum lässt du die beiden bloß so sehr leiden?! >_<
Das tut mir jah im Herzen weh .____.

& der arme Luca! Q____Q
Beschissener Vater. -.- Erinnert mich irgendwie an meine eigenen Eltern... intolerantes Pack... aber na ja... *hust*

Man, ich will alle Kapitel lesen, ich will alles habeeeeeeeeeeeen & ARGH! >< xD
Du machst mich süchtig *-*
Die Fanfic ist besser als jede Droge, eh xD
Hoffe, dass es bald weitergeht .____.
Ich kann nich mehr so lang warten xD [ist jah auch nich sooo lang... aber ich bin ein eher ungeduldiger Mensch xD]

& die beiden sollen wieder zusammenfinden...
Auch, wenn ich auf totales DRAMAAA~ stehe >-<
*schnüff*
Na ja. Bis zum nächsten Pitel! *knuff* ^___^

[omg, du hast die Charabilder editiert? O_O Jetzt erst gesehen >.< Omg... Jamie... Q___Q xD Ich hab das Bild von ihm so gern gehabt *schnief* Aber nyo, was kan [F/m]an schon machen, wenn's der Autorin nich mehr g'fällt... xD]

Yumi ♥
Von:  midoriyuki
2008-09-18T20:54:42+00:00 18.09.2008 22:54
Mh...Irgendwie tut mir die Mutter fast genauso leid...Muss verdammt schwer für sie sein zu sehen wie ihr Sohn so unglücklich ist und ihn vor seinem Vater verstecken zu müssen *sigh*
Aber schon, dass ernicht die Hoffnung aufgibt, dass Jamie noch kommt *_*



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