Zum Inhalt der Seite

Despair of the heart

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Sometimes the ones you thought you know...

Gefühlt waren Kaoru und Die jetzt mindestens schon fünf Stunden weg – und ihm war langweilig… extrem langweilig! Der dämliche Fernseher ließ sich ohne eine dieser Codekarten nicht aktivieren, wie er vor einiger Zeit festgestellt hatte und sonst gab es auch nichts, das ihn davon ablenken hätte können, dass ihm noch immer ein wenig übel war und sein Bauch unangenehm schmerzte. Das war das schlimme an Krankenhäusern, es gab einfach nichts zu tun und man fühlte sich ständig dazu bewegt, an die sterile weiße Decke zu starren und in Selbstmitleid zu versinken. Genau das konnte er jetzt aber nicht gebrauchen und so entschloss er sich nach einigem Überlegen, seine dringend benötigte Ablenkung einfach selbst in die Hand zu nehmen.
 

Ganz vorsichtig setzte er sich auf und dennoch entfuhr ihm ein leises Stöhnen, als ein stichartiger Schmerz an seiner linken Bauchseite ihn daran erinnerte, noch mehr auf seine Bewegungen Acht zu geben. Als er dann erst einmal stand, ging es ihm schon bedeutend besser und auch wenn der Fußboden unter ihm ein wenig zu schwanken schien, kam er heil bis an den kleinen Schrank an der Wand gegenüber des Bettes. Kaoru hatte ihn bereits eingeräumt und ein kurzes Lächeln huschte über die Lippen des Braunhaarigen. Der andere war so aufmerksam und fürsorglich, dass man manchmal sogar Angst bekommen konnte. Aber dazu hatte er jetzt überhaupt keinen Nerv, stattdessen zog er seinen dunkelgrauen Bademantel aus dem Stapel Kleidung und schlüpfte hinein. Das war im Moment das unkomplizierteste Kleidungsstück für ihn und auch wenn er wohl nicht unbedingt schick damit aussah, es musste mal eben kurz so gehen. In einem Krankenhaus gewann man schließlich auch keine Schönheitswettbewerbe. Und so lange er sich nicht im Spiegel sah, konnte er sich ja einreden, dass er nicht einem überfahrenen Hamster gleich sah.
 

In der Tasche seiner Jacke fand er dann auch seine Zigaretten und kurze Zeit später spähte er vorsichtig auf den Gang vor seinem Zimmer hinaus. Bestimmt durfte er noch gar nicht aufstehen (geschweige denn rauchen) – aber das war ihm jetzt gelinde gesagt scheißegal. Er brauchte etwas zu tun, sonst machte ihn der dumpfe Schmerz noch völlig Matsch in der Birne. Und was sollte er hier großartig anderes tun als einen Raum zu suchen, in dem man rauchen durfte? Die Luft war offensichtlich rein, sodass er auf den Gang hinaus huschte und sich dann für eine Richtung entschied. Ein Raucherbereich konnte ja nicht so weit sein.
 

Die Schilder an den Zimmern auf beiden Seiten des Gangs überfliegend, hielt er auf einmal wie zur Salzsäule erstarrt inne. Terachi Shinya. Direkt vor seiner Nase befand sich das kleine weiße Schildchen mit dem bekannten Namen und sofort zog sich in ihm alles krampfhaft zusammen. Tausend Emotionen stürzten auf ihn ein und er musste nach der Türklinke greifen um sich daran fest zu halten. Shinya. Nur durch eine Wand und eine Tür von ihm getrennt. Er konnte doch jetzt nicht einfach weitergehen?
 

Toshiya dachte nicht über das nach, was er tat, als er bereits halb im Zimmer des anderen stand. Der Blonde hatte ihn noch gar nicht bemerkt, denn offensichtlich hörte er Musik, während sein Blick auf ein Buch in seiner Hand gerichtet war. Bekleidet mit einer schwarzen Jogginghose und einem hellblauen T-Shirt lag er auf seinem Bett, den dicken Polster im Rücken, sodass er fast aufrecht saß und die Decke zu seinen Füßen zusammengestrampelt. Am Nachttisch neben ihm, am Boden und am Tisch gegenüber standen Blumen und Süßigkeiten, auf einem Stuhl lag Dies Jacke. Momentaufnahmen des Raumes, die völlig an Toshiya vorbei zu gehen schienen – seine Aufmerksamkeit galt ganz dem Jüngeren. Bestimmt ein oder zwei Minuten stand er völlig regungslos da und starrte den Drummer nur an.
 

Auf einmal hob Shinya den Blick irritiert von seinem Buch, weil er sich beobachtet fühlte und als er Toshiya erkannte, wurden seine Augen erst groß vor Überraschung, ehe sie sich verärgert zusammenzogen. Mit einer unwirschen Handbewegung rupfte er sich die Stöpsel seines MP3-Players aus den Ohren und klappte geräuschvoll sein Buch zusammen.

„Was willst du hier? Verzieh dich!“, fauchte er dem Bassisten entgegen, der wie von einer unsichtbaren Faust getroffen einen halben Schritt zurücktaumelte.

„Shinya…“

„Hörst du schlecht? Verschwinde!“, wieder Shinya noch einmal mit Nachdruck und deutete mit einem wütenden Kopfnicken zur Tür.

„Aber…“

„Ich will dich nie wieder sehen! Ich hasse dich! Hau ab!“
 

Tränen schossen ihm in die Augen, als er zurück auf den Gang stolperte und die Tür geräuschlos hinter ihm zufiel. Das, was er befürchtet hatte, was er doch schon wusste und trotzdem bisher immer verdrängt hatte, war nun offensichtlich. Shinya hasste ihn. Zitternd wischte er sich über die Augen und schlurfte ein paar Schritte weg von dem Zimmer, den Kopf gesenkt haltend, sodass ihm die Haare ins Gesicht fielen und ihn der blonde Mann, der im selben Moment an ihm vorbeiging, nicht erkannte – genau wie umgekehrt, denn im Moment war er mit ganz anderen Sachen beschäftigt als darauf zu achten, wem er hier begegnete.
 

„Ich sagte, du sollst - … oh, du bist es Kyo“

Shinya schnaubte leise und legte Buch sowie MP3-Player zur Seite, während der Sänger mit einer hochgezogenen Braue eintrat. Ob Shinya sich mit Die gezofft hatte? Offensichtlich, was sollte diese seltsame Begrüßung denn sonst? Aber deswegen war er nicht gekommen.

Ohne ein Wort zu sprechen näherte er sich dem Bett des Jüngeren und ließ sich auf einem Stuhl an dessen Seite nieder. Shinya wandte sich ihm zu und lächelte leicht.

„Morgen darf ich wieder nach Hause“

„Schön“

„Kyo, was ist los?“, erkundigte sich der Drummer sofort. Erstens war es offensichtlich, dass irgendetwas nicht stimmte und zweitens, selbst wenn es nicht so gewesen wäre, sie waren zu eng befreundet, als dass er es nicht trotzdem bemerkt hätte.

„Warum, Shin…“

„Warum was?“

Kyo’s Blick glitt zu Boden und er wirkte so verzweifelt und fassungslos, dass Shinya beinahe Bauchschmerzen davon bekam. Er hasste es zu sehen, wenn es dem Älteren schlecht ging.

„Warum hast du das getan?“

„Was getan?“, fragte er verwirrt nach. An diese eine Sache dachte er dabei gar nicht.

„Warum machst du mir mein Leben kaputt? Du weißt, dass dir en grey alles ist, was ich habe… alles, was mir etwas bedeutet… und du nimmst es mir weg… ich dachte, wir wären Freunde, Shinya… ich dachte, wir würden füreinander da sein…“ Er war nicht wütend. Es war mehr Hilflosigkeit und Bestürzung, die aus seinen Worten sprach. Er konnte nicht nachvollziehen, wie der Jüngere etwas für ihn so untypisches hatte tun können, entgegen aller Konsequenzen.

Spätestens da begann Shinya zu verstehen und der bis eben besorgte Ausdruck wandelte sich in steinerne Kälte. Ein Ausdruck, den Kyo bisher noch nie auf dem so schönen Gesicht gesehen.

„Toshiya ist nicht der Nagel, an dem das Bild an der Wand hängt – er ist nicht dir en grey, verdammt! Du hast mich, Die und Kaoru, das ist alles, was von Bedeutung ist. Er ist ebenso ersetzbar wie Kisaki es war und das weißt du genauso gut wie ich!“, zischte der Jüngere verächtlich und wandte mit einer stolzen Bewegung den Kopf zur Seite um aus dem Fenster zu sehen.

„Das ist nicht wahr…“, hauchte Kyo beinahe nicht hörbar und betrachtete Shinya von der Seite. Er sah unglücklich aus, auch wenn er versuchte ihm etwas ganz anderes vorzuspielen. Dieses leichte Schimmern in den braunen Augen verriet ihn und Kyo wollte alles daran setzen, diese Gefühle wieder aus ihm hervor zu holen. Dieser blinde Hass stand ihm einfach nicht.

„Und das weißt du so gut wie ich. Keiner von uns ist jetzt noch ersetzbar, auch Toshiya nicht“

Er sprach ganz leise, beinahe beschwörend, aber Shinya schüttelte nur kurz und verärgert den Kopf, als wolle er nichts mehr darüber hören.

„Ich weiß, was ihr getan habt, Gara und du“, erzählte Kyo auf einmal und der Kopf des Jüngeren ruckte herum und er wurde aus großen Augen angestarrt.

„Woher…“

„Er hat geplaudert – du solltest dir deine Verbündeten in Zukunft besser aussuchen, Gara ist in der Hinsicht keine gute Partie“

Es klang ganz ruhig, als würde Kyo dem Jüngeren erklären, wie man Spargel kochte. Im Grunde war es auch nur eine Tatsache und er fühlte sich einfach zu müde, um sich noch darüber aufzuregen. Seit der andere Sänger ihm ihren Plan gebeichtet hatte, hatte er sich wie ein Zombie gefühlt. Auch der kurze Besuch bei Kaoru und Toshiya war für ihn beinahe so abgelaufen, als würde er neben sich stehen und seinem Körper zusehen, wie er alles für ihn erledigte, während er ums Verrecken nicht eingreifen konnte. Auch jetzt ging es ihm kein Stück besser und alles, was er wissen wollte war, warum Shinya ihn bei dieser Sache so übergangen hatte.

„Aber warum, Shinya… bitte, sei ehrlich und sag mir warum… weil du ihn hasst? Weil du ihn loswerden willst?“

„Genau so ist es“, bestätigte der Jüngere in einem eisigen Tonfall und presste dann die Lippen zusammen.

„Ich weiß, dass du niemanden hassen kannst… das passt einfach nicht zu dir“, murmelte Kyo, beinahe so als wäre er derjenige, der in ihrem Gespräch in der Defensive war und sich verteidigen musste

„Dann kennst du mich aber schlecht. Und jetzt lass mich alleine“, beendete Shinya ihr Gespräch und wandte sich wieder ab. Es war nicht schwer zu erkennen, dass es im Moment kein Durchkommen zu ihm mehr gab, sodass Kyo sich schließlich geschlagen geben musste und ohne ein Wort das Zimmer verließ. Shinya hatte sich verändert… so sehr, dass er ihn kaum wieder erkannte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück