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Please be my Cinderella

Abel & Lowell
von

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I kiss your shoes

Please be my Cinderella
 

Vorwort: Diese FF schließt an Folge 24 an. In dieser Folge verkleidet sich Georgie als Junge, um beim Bumerangwettbewerb mitmachen zu dürfen, da der erste Preis eine Maschine zum Maiskolben entkernen ist, die sie Onkel Kevin schenken will. Sie gewinnt und soll einen Kuss als Zusatzpreis bekommen und zwar von Lowell J. Greys Verlobter Elise Dangering. Daher lässt sie ihre Tarnung auffliegen, wird jedoch dennoch als Siegerin des Wettbewerbes anerkannt und erhält anstatt von Elise, einen Kuss von Lowell. Als Abel Butman das sieht, verliert er vor Eifersucht seine Fassung und versetzt Lowell einen Schlag. Lowells Verlobte ist empört über dieses Verhalten und verlangt, dass er als Entschuldigung Lowells Schuhe küssen soll. Doch anstatt Abel, erklärt sich Arthur dazu bereit, da er meint, dass es ihm nichts ausmache, aber es Abels Stolz verletzen würde. Und ab hier ändere ich die Geschichte ab, denn anstatt das Lowell sagt: „Ich möchte dich warnen, wenn er meine Schuhe küsst, dann werde ich genau dasselbe bei Georgie tun“, bezieht er in meiner FF dies auf Abel. Meiner Meinung nach wäre das auch viel nachvollziehbarer, da es ja Abel betrifft. Allerdings schenkt ihm Elise in meiner FF keinen Glauben und lässt zu, dass Arthur Lowells Schuhe küsst. Vielleicht sollte ich auch noch erwähnen, dass ich für Lowells Worte und Gestiken am Anfang der Geschichte nichts kann, da ich diese aus dem Film übernommen habe. Natürlich behält er seine kitschig-romantische Ader auch im Rest der Geschichte bei, da ich seinen Charakter nicht abändern wollte. So das sollte als Vorwort reichen, den Rest erfahrt ihr, wenn ihr die FF lest.
 

Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Die Charaktere gehören natürlich nicht mir und ich verdiene auch kein Geld hiermit (aber ich glaube, dass hat sich auch schon jeder gedacht ^^°)
 

I kiss your shoes
 

Wie konnte dieser Lackaffe es nur wagen?! Wie konnte er es wagen SEINE Georgie zu küssen?! Wutentbrannt rannte Abel auf Lowell zu und versetzte ihm so einen heftigen Schlag, dass dieser zu Boden fiel. Georgie stand konfuse daneben und wusste nicht was sie tun sollte. Was war nur in Abel gefahren?
 

„Was hast du mit meiner Schwester gemacht?“, keifte Abel den am Boden liegenden Lowell an. Dieser war noch vollkommen benommen und regte sich keinen Millimeter.
 

„Georgie komm, wir gehen“, kommandierte Abel, immer noch zornig, seine jüngere Adoptivschwester herum. Er wusste nicht auf wen er wütender war, auf diesen eingebildeten Snob, oder auf Georgie, weil diese den Kuss erwidert hatte.
 

Endlich öffnete Lowell seine Augen und hievte sich in eine sitzende Position. „Seine Schwester?“, murmelte er verwundert vor sich hin und blickte den beiden nach.
 

„Holt sofort diesen Jungen Mann zurück!“, erklang die befehlsgewohnte Stimme des Gouverneurs. Vier Soldaten folgten seinem Befehl und rannten auf Abel zu, doch sein Bruder Arthur stellte sich schützend dazwischen.
 

Auch Lowell erhob sich nun endlich vom Boden und mischte sich in das Geschen ein: „Nein Großvater, er hat genau das richtige getan!“
 

„Aber Lowell…“, setzte Elise zum Widerspruch an, doch wurde von ihrem Verlobten unterbrochen.
 

„Er hat ihre Ehre verteidigt, dass musste er tun, er ist ihr Bruder! Ich hab’ einen Fehler gemacht.“
 

Bei diesen Worten richtete er seinen Blick auf die beiden Geschwister. Abel hielt Georgie schützend in seinen Armen. Während ihre Augen Besorgnis widerspiegelten, machte Abel eher einen angriffslustigen Eindruck. -Wie eine Löwin, die ihre Jungen beschützen will-, schoss es Lowell durch den Kopf und er musste belustigt schmunzeln.
 

„Ich habe mich sehr schlecht benommen“, setzte der junge Adlige seine Rede fort, wobei er immer noch Abel musterte und schließlich zu Georgie abschweifte, die sich wie ein verletztes Rehkitz an ihren großen Bruder drängte. Die beiden sahen so aus, als wären sie direkt einem Gemälde entsprungen, wie zwei Liebende, dass man gar nicht glauben mochte, dass sie Geschwister waren.
 

„Sie ist so wunderschön das ich meine Verlobte vergessen habe und auch alle anderen die uns zugesehen haben“, fügte er etwas geistesabwesend hinzu. Benebelt von der Anmut und Schönheit welche die beiden verkörperten. Jeder auf seine Art. Während Georgie zierlich und schutzbedürftig war, gar schwanengleich, strotzte Abel nur so vor Kraft und kämpferischem Geist, wie die Helden welche in den griechischen Mythologien beschrieben werden.
 

„Wenn jemand bestraft werden muss, dann bin ich es!“, rief Lowell aus, wobei seine Arme weit ausgestreckt waren, als versuche er die gesamte Menge zu umfassen.
 

„Und auch das Land Australien, das eine so wunderschöne junge Frau hervorgebracht hat. Eine Frau, so schön wie ein Engel“, brachte der Blonde euphorisch hervor und reckte seine Arme hoch in den Himmel, um seinen Worten Ausdruck zu verleihen.
 

Am liebsten hätte er auch Abels Schönheit gepriesen, doch er unterdrückte diesen merkwürdigen Impuls.
 

Die Soldaten zogen sich wieder zurück, während Lowell auf die drei Geschwister zuging.
 

„Es tut mir leid, dass ich dich überrumpelt habe, Georgie“, sagte er mit sanfter Stimme und einem warmen Lächeln.
 

„Kommt mit lasst uns gehen!“, forderte Arthur seine Geschwister zum Gehen auf und schon hatten sie sich umgedreht, als sie plötzlich Elises Stimme zurückhielt: „Halt! Glaub ja nicht, dass dir so leicht vergeben wird! Ich verlange das dieser Mann sich auf der Stelle bei dir entschuldigt!“
 

Lowell brachte lediglich ein überraschtes „Was?“, zustande.
 

„Ich bin aus einer adligen Familie! Und du hast die Frechheit meinen Verlobten zu schlagen, der obendrein noch der Enkel des Gouverneurs ist. Das geht zu weit! Dafür musst du bestraft werden. Entschuldige dich!“, brachte Elise entrüstet hervor.
 

„Elise jetzt reicht es aber!“, widersprach Lowell ärgerlich, doch das störte Elise nicht. Auf ihre Meinung beharrend, ließ sie verlauten: „Er soll lernen, wie man sich uns gegenüber zu benehmen hat!“
 

Abel lächelte daraufhin nur abwertend und meinte mit zynischem Unterton in der Stimme: „Was erwarten sie von mir? Soll ich jetzt hier vor ihnen sterben?“
 

Seine Augen blitzten angriffslustig auf. –Wie die Augen einer Wildkatze-, dachte sich Lowell dabei und konnte nicht anders, als den jungen Mann für seinen Mut zu bewundern.
 

„Du kniest nieder in den Sand und küsst Lowell die Schuhe!“, befahl sie streng, wobei ihre Mundwinkel ein süffisantes Lächeln umspielte.
 

Abels Augen weiteten sich vor Entsetzen. Er öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, doch er brachte kein Wort über die Lippen.
 

Auch Lowell war nicht minder entsetzt und starrte seine Verlobte fassungslos an. Wie konnte sie nur so etwas verlangen?!
 

Abel hatte währenddessen seine Fassung wiedererlangt und wollte grade mit einem spöttischen Grinsen zum Gegenschlag ansetzen, als ihm sein Bruder Arthur dazwischen kam: „Abel! Lass nur, ich werde mich für dich entschuldigen.“
 

„Arthur?!“, war das einzige was Abel hervorbrachte, dass sein Bruder sich für ihn aufopfern wollte um seinen Stolz zu schützen, damit hatte er nicht gerechnet.
 

„Elise…“, zischte Lowell seiner Verlobten leise zu, so dass nur sie es hören konnte. „Ich möchte dich warnen, wenn er meine Schuhe küsst, dann werde ich genau dasselbe bei Abel tun.“
 

Elise zog nur skeptisch eine Augenbraue hoch. –Als ob Lowell es wagen würde, vor versammelter Menge einem Bauerntrampel die Schuhe zu küssen. Nie und nimmer! Das war doch nur eine leere Drohung.
 

Und so hielt sie auch Arthur nicht davon ab, als er sich langsam hinab beugte und Lowell die Schuhspitze küsste. Dieser wandte beschämt sein Gesicht ab und wagte nicht aufzusehen, um Abels stechendem Blick zu entgehen.
 

Elises kaltes abfälliges Lachen, ließ Lowell das Blut in den Adern gefrieren. Gequält schloss der Blonde die Augen. Abel und Georgie würden ihn bestimmt dafür hassen. Warum interessierte es ihn eigentlich so sehr, was dieser junge Mann von ihm dachte? Ja sogar mehr noch als Georgies Reaktion? War das normal?
 

Elise spottete währenddessen erheitert über das Geschehene: „Danke, dass reicht, ich wollte euch nur den Unterschied zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten klar machen, damit ihr das nie wieder vergesst.“
 

Lowell reichte Arthur die Hand und half ihm, sich zu erheben. Man konnte keinerlei Gefühlsregung aus Arthurs Gesicht entnehmen. Es wurde wie durch eine undurchdringliche Maske geschützt. Jetzt erst wagte es Lowell ihm wieder in die Augen zu sehen und er sprach mit einem ernsten Gesichtsausdruck: „Ich möchte mich bei euch für alles entschuldigen.“
 

„Schon gut, es hat mir nichts ausgemacht, aber für Abel wäre es eine Demütigung gewesen, es hätte seinen Stolz verletzt. Und ich glaube nicht, dass irgendein Mensch auf der Welt einem anderen Menschen so etwas antun darf“, schallt Arthur die beiden Aristokraten.
 

Lowell nickte daraufhin mit einem schwachen Lächeln und stimmte ihm zu: „Ja, da hast du vollkommen Recht.“
 

Abels Magen hatte sich währenddessen regelrecht zusammengezogen. Dieser Lackaffe hatte doch tatsächlich zugelassen, dass sein Bruder ihm die Schuhe küsste! Das würde er ihm nie verzeihen! Und sich selbst wohl auch nicht, schließlich war das alles ja irgendwo auch seine Schuld gewesen. Das könnte er nie wieder gutmachen, außer er…Sein Blick wanderte zu seiner Adoptivschwester…, außer er würde sein Versprechen Arthur gegenüber halten und Georgie niemals seine Gefühle ihr gegenüber offenbaren, oder ihr verraten, dass sie nicht ihre leiblichen Brüder waren.
 

Lowell hatte sich währenddessen von Arthur abgewandt und schritt nun auf Abel zu, welcher ihm hasserfüllt entgegen sah. Diese offene Ablehnung schmerzte Lowell, auch wenn er nicht genau wusste warum.
 

„WAS WILLST DU NOCH?!“, harschte Abel ihn an. Mit einem schmerzlichen Lächeln beugte sich der Blonde langsam herab.
 

„Nein Lowell, du wirst doch nicht wirklich…“, versuchte ihn Elise aufzuhalten, aber es war bereits zu spät.
 

Seine Lippen ruhten auf Abels Schuh. Nicht nur Elise, sondern auch alle übrigen Anwesenden waren über dieses Verhalten zutiefst schockiert.
 

Besonders Abel traf es wie ein Schlag. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit!
 

Mit vor Verlegenheit geröteten Wangen erhob sich Lowell und wand sich bereits mit einem genuschelten „Jetzt sind wir Quitt“, zum gehen um, als Abel plötzlich sein Handgelenk ergriff.
 

Überrascht verharrte Lowell in seiner Bewegung und drehte sich ihm wieder zu. Sein blondes, welliges Haar wehte im Wind, beschienen von den schmeichelnden Strahlen der Sonne, während seine aquamarinblauen Augen den Himmel widerspiegelten. Ein wenig erinnerte er Abel sogar an Georgie.
 

„Was ist noch?“, erkundigte sich der Adelssohn verwundert. Von Lowells Handgelenk aus, wo Abel ihn berührte, durchlief ein Kribbeln seinen ganzen Körper.
 

„Warum…warum hast du das getan?!“, brachte Abel aufgewühlt hervor.
 

Jeglicher Hass und jedwede Ablehnung waren aus Abels Gesicht gewichen und allein Verwunderung und etwas, dass Lowell nicht deuten konnte, waren zurückgeblieben.
 

Mit einem entwaffnenden Lächeln wiederholte Lowell seine Worte: „Wie schon gesagt, jetzt sind wir Quitt.“
 

Abel überkam plötzlich ein Gefühl, von tiefster Zuneigung, was er jedoch schnell wieder abschüttelte. ES HANDELTE SICH HIER SCHLIEßLICH UM EINEN MANN!
 

Die Zuschauer waren noch immer in tiefes Schweigen gehüllt, welches plötzlich von Arthur unterbrochen wurde: „Lasst uns jetzt gehen.“
 

Mit einer leichten Kopfneigung verabschiedete sich Abel etwas gefasster von Lowell und verließ zusammen mit seinen Geschwistern, den Wettkampfsplatz.
 

Nachdem sie Kevin den Maiskolbenentkerner gebracht hatten, beschloss Abel nach Hause zu gehen und Arthur ihn zu begleiten, während Georgien noch etwas länger bei Onkel Kevin blieb.
 

Als sie die alte Hütte verließen, ging bereits die Sonne unter. Abel wand sich, mit einem undeutbaren Grinsen auf den Lippen, seinem jüngerem Bruder zu und meinte im Plauderton: „Ich sag dir was Arthur. Ich hätte nie im Leben die Schuhe von diesem Affen geküsst. Lieber hätte ich mir die Zunge abgebissen.“ Abel war immer noch etwas verärgert darüber, dass Lowell zugelassen hatte, das sein Bruder in aller Öffentlichkeit gedemütigt wurde. Gleichzeitig war ihm jedoch auch bewusst, dass es nicht gerechtfertigt war Lowell einen Affen zu schimpfen. Schließlich hatte er durch seine Geste gezeigt, dass es ihm Leid tat und Abel hatte ihn ja auch nicht davon abgehalten, seine Schuhe zu küssen, da er viel zu überrascht gewesen war.
 

Sollte er ihm noch einmal begegnen, würde er sich bei ihm entschuldigen. Bei dem Gedanken an Lowell, lief Abel ein angenehmer Schauer über den Rücken, doch er ließ sich nichts anmerken und fügte seiner Rede ein „Ich danke dir, dass du mich gerettet hast“, hinzu, welches aus tiefster Seele kam.
 

„Hm…ich habe es gerne für dich getan, Abel“, entgegnete Arthur mit einem ehrlichen Lächeln.
 

„Trotzdem danke“, entgegnete dieser und lehnte sich an das Gatter der Weide. „Ich bin dir wohl was schuldig“, meinte er grinsend. „Ach was“, widersprach Arthur und lehnte sich ebenfalls an das Gatter der Weide an.
 

„Oh doch! Und ich verspreche dir, dass ich…“, Abel stockte der Atem. Sollte er es seinem Bruder wirklich versprechen? Konnte er dieses Versprechen überhaupt halten?
 

„Was willst du mir versprechen?“, fragte Arthur verwundert.
 

Abel schüttelte leicht den Kopf, um seine Bedenken abzustreifen. Er war es Arthur schuldig, dachte er sich und beendete seinen Satz mit ernstem Gesichtsausdruck: „Ich verspreche dir, dass ich Georgie meine Gefühle ihr gegenüber niemals offenbaren werde. Wenn einer das Recht dazu hat, dann bist alleine du das!“
 

Arthur starrte seinen älteren Bruder fassungslos an: „Aber Abel…“
 

Plötzlich vernahmen die beiden das Hufklappern, eines Pferdes und schauten in die Ferne. Dort nährt sich ihnen niemand geringeres, als Lowell J. Grey, welcher ihnen auf einem Schimmel entgegen geritten kam. Die letzten Strahlen der Sonne ließen sein Haar golden aufblitzen. Irgendwie erinnerte er an einen Märchenprinzen, was wahrscheinlich der Grund dafür war, dass Georgie seinen Kuss erwidert hatte. Welches Mädchen träumte schließlich nicht von einem Märchenprinzen, dachte sich Abel und wusste nicht, ob er Lowell das wirklich zum Vorwurf machen konnte.
 

„Was ist?“, fragte Abel in einem unfreundlichen Tonfall, als Lowells Pferd vor ihnen zum Stillstand kam.
 

Unruhig trappelte der Schimmel auf der Stelle, während Lowell versuchte ihn im Zaun zu halten: „Ich muss euch unbedingt sprechen“
 

Genau in diesem Moment verließ auch Georgie Onkel Kevins Haus. Als sie Lowell erblickte schlug ihr Herz plötzlich schneller und geschwind rannte sie auf die drei jungen Männer zu.
 

„Ich wollte mich noch einmal entschuldigen und ich wollte euch einladen“, antwortete Lowell höflich und ließ sich nicht anmerken, dass er verletzt über Abels rüden Tonfall war.
 

Als Georgie bei den Dreien ankam, schenkte Lowell ihr ein warmherziges Lächeln, was wohl jedes Frauenherz hätte höher schlagen lassen. Und auch Abel konnte sich diesem Lächeln nicht erwähren. Aber er wusste, dass dieses Lächeln alleine seiner Adoptivschwester galt und irgendwie machte ihn das rasend vor Wut! Er redete sich ein, dass diese Wut davon herrührte, dass dieser Lackaffe es wagte seiner kleinen Schwester den Hof zu machen und zog gar nicht erst in Erwägung, dass es nicht Lowell war, auf den er eifersüchtig war, sondern Georgie.
 

Mit großen Augen und erröteten Wagen musterte das Mädchen den blonden Schönling.
 

„Georgie“, rief Lowell erfreut und wollte bereits vom Pferd steigen, um die junge Frau zu begrüßen, als Abel ihn anfuhr: „Bleib wo du bist!“
 

Erschrocken verharrte der junge Adelssohn in seiner Stellung -Was hat er nur gegen mich?- fragte er sich enttäuscht, während Abel ihn mit einem abwertenden Lächeln bedachte. Er hatte so sehr gehofft, dass sie Freunde werden könnten, aber anscheinend stieß er da bei dem Braunhaarigen auf Ablehnung.
 

Beunruhigt, durch die plötzliche Spannung, welche zwischen den beiden Männern herrschte, stieg Lowells weißer Araber und Lowell versuchte ihn verzweifelt wieder zu bändigen: “Ruhig…Ist schon in Ordnung, ich verstehe dich ja. Ich hatte nur etwas vergessen und das wollte ich euch sagen. Der Sieger des Bumerangwettbewerbes ist zu einem Fest eingeladen, dass morgen im Haus des Bürgermeisters stattfindet. Es kommen viele angesehene Persönlichkeiten.“
 

Georgie staunte nicht schlecht über diese Nachricht. Ihre Augen leuchteten vor Freude, während ihr ein „Oooh…“, über die Lippen kam.
 

Lowell wusste, das es an der Zeit war zu verschwinden, wenn er Abels Groll nicht noch weiter anstacheln wollte und so verabschiedete er sich mit den Worten: „Ich bitte euch alle drei zu kommen. Ich würde mich wirklich sehr darüber freuen. Also dann, bis morgen Abend. Wiedersehen!“ Mit einem „Hüja!“, trieb er sein Pferd zum Galopp an, welches daraufhin davon preschte.
 

Die drei Geschwister sahen ihm noch lange nach, sie fühlten, dass die Begegnung mit Lowell ihr Leben für immer verändern würde.
 

Am Nachmittag des nächsten Tages waren die Vorbereitungen für das Fest schon im vollen Gange.
 

„Albert“, rief Lowell einen der Diener herbei, welcher unter anderem bereits mit dem Aufbau beschäftigt war.
 

„Ja, bitte sehr Mr. Lowell?“
 

„Wenn Georgie Butman und ihre Brüder nachher kommen, dann sind sie mir dafür verantwortlich, dass man sie auch einlässt.“
 

„Ja Sir“, erwiderte Albert mit einer leichten Verbeugung. „Ich werde es sofort am Empfang veranlassen.“
 

„Danke Albert“, fügte Lowell hinzu und ging hinaus auf den Balkon, von wo aus er das rege Treiben beobachtete. „Lowell!“, erklang plötzlich Elises Stimme und jener Wand sich, mit dem leichten Ansatz eines gekünstelten, zu ihr um. –Was wollte sie denn nun schon wieder?
 

Mit einem erheiterten Lachen fragte sie: „Na, wie gefällt dir mein neues Kleid?“
 

„Oh, dass ist aber wirklich schön“, sagte Lowell in einem monotonen Tonfall und sah gar nicht richtig hin.
 

Auch Elise war dies nicht entgangen und erkundigte sich besorgt über das Wohlbefinden ihres Verlobten: „Lowell, was ist denn los mit dir?“
 

Dieser wand ihr den Rücken zu und meinte nur schlicht: „Gar nichts!“
 

Er blickte gen Himmel und musste plötzlich an Georgie und ihre Brüder denken, besonders an Abel. –Hoffentlich kommen sie zum Fest!
 

Währenddessen war die Familie der Butmans in eine ernste Diskussion verwickelt, denn Mrs. Butman wollte nicht das ihre drei Kinder zum Fest gingen, während Georgie und Abel unbedingt dorthin wollten. Die eine, um Lowell wieder zu sehen und der andere, um sich bei ihm zu entschuldigen.
 

„Ich möchte nicht, dass ihr dahin geht“, verbot Mrs. Butman streng, während sie Kartoffeln schälte.
 

Die drei Geschwister saßen am Esstisch und Georgie drehte sich ihrer Mutter zu und fragte erstaunt: „Aber was hast du denn dagegen Mami?“
 

„Was willst du zu dem Fest anziehen Georgie?“, stellte diese die Gegenfrage. Ihre Augenbrauen hatten sich zusammengezogen und ihre Lippen bildeten eine schmale Linie.

„Sie tragen alle wunderschöne Kleider zu so einem Anlass“, versuchte ihre Mutter sie zu belehren.
 

„Na und, dass stört uns doch nicht Mami“, entgegnete Arthur.
 

„Ihr werdet armselig aussehen“, erklärte Mrs. Butman den Beweggrund ihrer Entscheidung.
 

Doch mit einem Lächeln erwiderte Georgie: „Das macht doch nichts Mami!“
 

„Wenn ihr so auf ein Fest geht, dann muss ich mich für euch schämen und das will ich nicht“, widersprach Mrs. Butman streng.
 

Enttäuscht wollte sich Georgie bereits ihrem Schicksal hingeben, nicht aufs Fest gehen zu können, als Abel plötzlich meinte: „Ich habe mich dem Enkel des Gouverneurs sehr unhöflich gegenüber verhalten und wollte diesen Anlass nutzen, um mich bei ihm zu entschuldigen. Bitte gewähre mir diese Möglichkeit Mami.“
 

Mit Erstaunen richteten sich drei Augenpaare auf den ältesten Sohn der Butmans.
 

„Abel!“, rief Georgie erfreut aus. „Du willst dich wirklich bei Lowell entschuldigen?“
 

„Entschuldigen? Was ist denn vorgefallen?“, fragte seine Mutter überrascht und auch etwas verärgert, weil ihre Kinder ihr allem Anschein nach etwas verschwiegen hatten.
 

„Ich habe ihm einen Kinnhacken verpasst“, sagte Abel schlicht, als wäre es das normalste der Welt.
 

„DU HAST WAS?! Wisst ihr was das für ein Bild auf unsere Familie wirft und was für Schwierigkeiten uns das einbringen könnte? Warum hast du das getan Abel?!“
 

„Es war meine Schuld Mami!“, verteidigte Georgie ihren großen Bruder. Mrs. Butman verharrte in ihrer Bewegung, während sich ihr Gesichtsausdruck noch weiter verdunkelte.
 

„GEORGIE!“, unterbrachen sie Abel und Arthur, denn sie wussten wenn sie ihrer Mutter die Geschichte erzählen würde, bekäme alleine Georgie die Schuld für alles zugeschrieben und das wollten sie in jedem Falle vermeiden, schließlich konnte sie nichts für Abels schon fast krankhafte Eifersucht.
 

„Aber es ist doch wahr, Abel wollte mich nur beschützen“, fuhr das blonde Mädchen fort.
 

„Wieso beschützen? Würdet ihr mir mal bitte endlich erklären, was denn nun vorgefallen ist!“, forderte Mrs. Butman sichtlich verstimmt und warf Georgie einen anklagenden Blick zu, der dem blonden Mädchen das Gefühl vermittelte in diesem Hause unerwünscht zu sein.
 

„Dieser eingebildete Lackaffe hat Georgie einfach geküsst und das auch noch vor allen Zuschauern! Da musste doch jemand eingreifen und die Ehre unserer Familie verteidigen!“, rechtfertigte sich Abel mit einem ebenso zornigem Gesichtsausdruck, wie den seiner Mutter.
 

„Das gibt dir noch lange nicht das Recht gewalttätig zu werden! Besonders nicht gegenüber einem Adligen!“
 

„Willst du damit sagen ein Adliger dürfte sich mehr herausnehmen, als ein normaler Bürger, oder Landwirt?“, fragte Abel seine Mutter nun vollkommen in Rage.
 

„Denk doch mal an die Konsequenzen Abel! Der Adel besitzt immer noch viel mehr Macht, als wir kleinen Bauern. Was ist, wenn sie dich für deine Tat verhaften lassen? Du wirst in jedem Falle zum Fest gehen und dich bei dem jungen Herrn entschuldigen“, befahl Mrs. Butman in einem Tonfall, der keine Widerrede duldete.
 

„Das hatte ich, wie schon gesagt, ohnehin vor“, meinte Abel mit zusammengezogenen Augenbrauen und ging auf sein Zimmer. Somit war die Diskussion beendet.
 

Währendessen verfolgte Lowell immer noch die Aufbauarbeiten und gab hier und da, einige Anweisungen, als plötzlich sein Großvater ins Esszimmer kam.
 

„Albert, ist alles vorbereitet für das Fest?“, fragte er mit hinterm Rücken verschränkten Armen.
 

„Ja Sir.“
 

„Wir brauchen einen freien Platz auf dem man Bumerang werfen kann“, verkündete der Gouverneur lächelnd und gestikulierte so mit den Händen, als würde er selbst einen Bumerang in diesen halten.
 

Albert starrte ihn verständnislos an. –Hatte er das grade richtig verstanden? Sie bräuchten einen freien Platz zum Bumerangwerfen?! „Oh! Findet denn heute schon wieder ein Wettbewerb statt?“
 

„Nein, dass nicht aber wir haben die Siegerin des Wettkampfes eingeladen, damit sie den Gästen etwas von ihrer Kunst zeigen kann“, sagte der Gouverneur mit erhobenem Zeigefinger.
 

„Ja Sir, ich werde Platz schaffen!“
 

„Großvater?“, mischte sich Lowell in das Gespräch ein, welches er vom Balkon aus mitverfolgt hatte.
 

„Ja Lowell?“
 

„Ich habe Georgie zum Fest eingeladen, als Gast und nicht damit sie hier mit dem Bumerang wirft“, ermahnte ihn sein Enkel.
 

Der Gouverneur kratzte sich daraufhin, mit einem schelmischen Lächeln am Hinterkopf und erwiderte: „Sie kann doch so fabelhaft mit dem Bumerang umgehen. Sie wird unsere Gäste sicher amüsieren.“ Darauf zwirbelte er mit den Fingerspitzen seinen Schnauzbart.
 

„Aber warum sollen sie die Gäste unterhalten? Ich bin sicher das würde Georgie und ihre Brüder verletzten“, dabei musste Lowell besonders an den stolzen Abel denken.
 

Nun mischte sich auch Elise in das Gespräch ein, die Lowell vom Balkon in das Esszimmer gefolgt war: „Hör mal Lowell, ich glaube sie würden sich hier überhaupt nicht wohl fühlen, wenn sie nichts zu tun hätten und keiner sie beachtet.“
 

„Was soll das heißen Elise?“, hinterfragte der Blonde verärgert diese Äußerung.
 

„Glaubst du etwa sie wissen, wie man sich auf so einem Fest benehmen muss? Sie werden ja nicht einmal die richtige Garderobe haben?“
 

Schon wollte Lowell zum Widerspruch ansetzen, als ihm plötzlich der Inhalt ihrer Worte bewusst wurde. Mit vor Endgeisterung offen stehendem Mund, starrte er seine Verlobte an. –Sie hatte Recht, die drei besaßen doch gar nicht die richtige Garderobe für so einen Anlass. Verdammt! Daran hatte er nicht gedacht.
 

„Es ist bestimmt leichter für sie, wenn sie mit den Bumerang werfen und unsere Gäste unterhalten, so bekommen sie ein wenig Aufmerksamkeit und fühlen sich nicht deplatziert“, fügte Elise lachend hinzu und der Gouverneur stimmte in das Lachen mit ein. Nur Lowell war auf einmal sehr unbehaglich zu Mute.
 

„Habe ich nicht Recht?“, meinte Elise nun an den Großvater gewand.
 

„Jahaha“, stimmte dieser ihr lachend zu.
 

Lowell verließ wieder das Esszimmer und ging zurück auf den Balkon, dort lehnte er sich betrübt über die Brüstung. –Vielleicht war es ein Fehler sie einzuladen, dachte er mit in die Ferne gerichteten Blick.
 

Zur selben Zeit saß Geogie, mit ihrem Koalabären Knöpfchen, unter einer Eiche und machte sich Gedanken über die Worte ihrer Mutter. „Vielleicht stimmt es was Mami sagt. Ich hab’ nichts Anzuziehen. Mit so einem Kleid kann ich nicht auf ein Fest gehen.“ Just in diesem Moment kam Kevins Hund auf das blonde Mädchen zugelaufen, mit einer Nachricht am Halsband. Überrascht entfernte Georgie dem Brief vom Halsband, während der Hund freudig um sie herumtänzelte und sie ihm den Kopf tätschelte. –Hm…er will mich sehen, aber er schreibt nicht warum…Dann sollte ich mich beeilen!
 

Freudig rannte sie zu Onkel Kevins Hütte, zusammen mit Kevins Hund und Knöpfchen im Schlepptau.
 

„Onkel Kevin wir kommen!“, rief sie bereits, als sie den Hof betrat.
 

Dieser öffnete ihr freudestrahlend die Tür: „Hallo Georgie, ich hab’ dich schon erwartet.“
 

„Kann ich was für dich tun Onkel Kevin?“
 

„Nein, ich möchte dir etwas zeigen, komm rein Georgie.“
 

Onkel Kevin führte Geogie zum Bett, auf welchem eine Schachtel lag. Gespannt beobachte sie, wie Kevin den Deckel öffnete und zum Vorschein kam ein wunderschönes rosafarbendes Kleid.
 

„Ah!“, Georgies Augen funkelten vor Begeisterung.
 

Behutsam hob es Onkel Kevin aus der Schachtel: „Das Kleid gehörte meiner Frau. Sie hat es sich genäht, als sie noch ein junges Mädchen war.“
 

„Oh, ist das schön“, sagte sie verzückt und betrachte fasziniert das rüschenbesetzte Kleid.
 

„Du bist doch auf ein Fest eingeladen. Du hast für mich diese Maschine beim Bumerangwettbewerb gewonnen und als Dank dafür gebe ich dir das Kleid“, meinte er erfreut über Georgies Begeisterung.
 

Ehrfürchtig nahm sie es entgegen. „Oh! Ich soll das tragen?“
 

„Jaha. Und jetzt probier das mal“, meinte Onkel Kevin und reichte ihr eine zweite runde Schachtel.
 

Überrascht öffnete das blonde Mädchen die Schachtel und zum Vorschein kam ein violetter Hut, der ebenfalls mit weißen Rüheschen und einer roten Orchidee geschmückt war.
 

„Ah! Er ist wie für mich gemacht Onkel Kevin!“, sagte sie freudestrahlend, setzte ihn auf ihren Kopf und bannt ihn unter ihrem Kinn zu.
 

„Georgie ich wünsch dir sehr viel Spaß auf dem Fest.“
 

„Und du willst mir das alles geben?“
 

Hierauf antworte Kevin mit einem freundlichen Kopfnicken.
 

„Ah, Danke! Ich werde auch ganz vorsichtig damit umgehen.“
 

„Nun geh und mach dich fertig für das Fest“, forderte er Georgie glücklich auf
 

„Danke Onkel Kevin“, rief sie und tanzte regelrecht aus der Hütte.
 

Am Abend des Festes trafen die Geschwister mit ihrer alten Kutsche vorm Haus des Bürgermeisters ein, wobei ihre Kutsche zwischen denen der adligen irgendwie deplaziert wirkt, aber das störte sie nicht. Die Sonne stand trotz der späten Stunde, noch hoch am Himmel, was aber auch nicht sehr verwunderlich war, denn der Winter war gegangen und die Tage wurden wieder länger. Abel und Arthur trugen ihre Sonntagsanzüge, die ihnen schon sichtlich zu kurz geworden waren, während Georgie das schöne rosa Kleid und den Hut von Onkel Kevin trug und damit den adligen Damen in nichts nachstand, auch wenn ihr Kleid nicht aus Seide war und oben herum ein wenig zu weit.
 

Ein bewunderndes „Oooh“, ging den Dreien über die Lippen, als sie den reich geschmückten Platz vorm Haus des Bürgermeisters erblickten, vor welchem viele Bänke und Tische aufgestellt wurden waren und überall hangen Geladen und weiße Rosen. Die Tische waren mit Rüschendecken verziert und auch auf ihnen standen Kristallvasen mit weißen Rosen, sowie viele Kerzen. Die Bänke waren mit bequemen Polstern belegt, während auf den Tischen reiche Speisen und ausgelesene Weine standen.
 

Aber das war noch lang nicht alles! Ein roter Teppich, war vorm Eingang das Hauses ausgerollt wurden und das Gebäude, welches sonst schon immer beeindruckend auf die Geschwister gewirkt hatte, erschien durch die ganze Zierde noch pompöser.

Ebenso wie die anderen geladenen Gäste, stiegen sie aus ihrer Kutsche und schritten über den roten Teppich zum Empfang. Dort erwartete sie bereits Albert, der die Drei sofort wieder erkannte und überwältigt von Georgies Veränderung war.
 

„Folgen sie mir bitte hier entlang“, forderte er sie höflich auf und geleitete sie zum Speisesaal.

Als sie dort eintrafen, verschlug es den Butmans fast die Sprache. Natürlich waren sie noch nie zu Gast im Hause des Bürgermeisters gewesen und hatten daher auch nicht geahnt, dass hier alles mit Gold, Marmor, sowie Seide versehen war. Die Decke wurde von altertümlichen Säulen getragen, die aus ebenso weißem Marmor bestanden, wie der Boden. Und der Saal war so groß, wie ihr ganzes Haus. Die seidenen roten Vorhänge waren mit goldenen Lilien bestickt, während die Wände von einer goldenen Bordüre veredelt wurden. Ein Orchester spielte im Hintergrund und eine riesige reich geschmückte Tafel befand sich in diesem Raum, mit noch köstlicheren Speisen, als die welche draußen schon bereitstanden. An der Tafel saß eine Vielzahl von Adeligen. Am Kopf des Tisches befand sich der Gouverneur und zu seiner Rechten Elise, welche Georgie sofort beim Betreten des Saales in Augenschein nahm und mit Erstaunen feststellte, dass sie im Gegensatz zu ihren Brüdern, ein doch recht angemessenes Kleid für diesen Anlass trug. Und zur linken Seite des Gouverneurs befand sich niemand geringeres, als Lowell!
 

Bei Lowells Anblick schlug nicht nur Georgies Herz schneller, sondern auch das von Abel.

Dieser schenkte ihnen nämlich ein bezauberndes Lächeln als sie eintraten. Sein Haar glänzte im Schein der vielen Kerzen golden und seine Augen funkelten wie Saphire. Er trug einen strahlendweißen Smoking, sowie eine weiße Rose, die an seinem Jackett befestigt war.
 

Abel schloss die Augen um sich von diesem Anblick loszureißen. Was war nur los mit ihm? Es handelte sich hier schließlich um einen MANN! Und nicht um irgendeinen, sondern um denjenigen der Georgie geküsst hatte! Beim Gedanken an den Kuss musste er umgehend daran denken, wie sich Lowell grazil vor ihm niedergekniet hatte und seinen Schuh… schnell schüttelte Abel fast unmerklich den Kopf, um sich von diesen Gedanken zu lösen und öffnete wieder die Augen.
 

„Nun kommen sie schon, ihre Plätze sind hier“, drängte sie Albert und wies auf drei Stühle am Rande der Tafel.
 

Wie auch die übrigen Gäste, die grade eingetroffen waren ließen sich die Geschwister am Tisch nieder, wobei viele Abel und Arthur verwunderte und manche sogar abwertende Blicke zuwarfen.
 

Georgie war so in Gedanken vertieft, dass sie dies gar nicht merkte. Ihre Wangen waren leicht gerötet und immer wieder schielte sie zu Lowell hinüber, der die Drei noch immer mit einem warmherzigen Lächeln beobachtete. Arthur fühlte sich hingegen ziemlich unwohl und Abel ließen die Blicke der Leute kalt. Sollten sie sich doch das Maul über ihre Anzüge zerreißen. Abel wusste selbst, dass ihm die Hosenbeine schon bis über die Knöchel reichten, von den Hemdärmeln ganz zu schweigen.
 

Im selben Moment in welchem sich der letzte Neuankömmling niedergelassen hatte, erhob sich der Gouverneur und hieß alle Gäste förmlich Willkommen. Daraufhin hielt er eine kleine Empfangsrede die er einstudiert hatte und beendete sie mit den Worten: „Nun wünsche ich ihnen allen einen guten Appetit und bitte sie mir nach dem Dinieren, hinaus auf den Vorplatz zu folgen, wo ein Feld aufgebaut wurde, auf welchem uns die Siegerin des Bumerangwettbewerbes ihre Künste zur Schau stellen darf!“
 

Daraufhin prostete der Gouverneur, den Geschwistern mit seinem Weinglas zu und alle klatschten Beifall, außer Lowell dem das Lächeln vom Gesicht geschwunden war und der nun verlegen auf seine Hände hinab sah, sowie die drei schreckensbleichen Gestalten, welche diese Worte betroffen hatte.
 

Abel ballte seine Hände zu Fäusten. DAS DURFTE DOCH NICHT WAHR SEIN! WAREN SIE NICHT GENAUSO GÄSTE WIE ALLE ANDEREN AUCH? HATTE MAN SIE ETWA NUR EINGELADEN, UM SIE VOR DEN ÜBRIGEN GÄSTEN WIE ZIRKUDSTIERE ZUR SCHAU ZU STELLEN?!
 

Schon wollte Abel aufstehen und Einspruch erheben, als ihn Georgie mit einem sanften Flüstern zurückhielt: „Schon gut Abel. Hast du etwa vergessen, was Mami gesagt hat? Wir müssen uns benehmen. Außerdem macht es mir nichts aus.“ Das blonde Mädchen zwang sich zu einem fröhlichen Lächeln, welches jedoch nicht vermochte, ihre wahren Gefühle zu verbergen, denn die Scham und Enttäuschung zeichnete sich zu deutlich in ihren Seelenspiegeln ab.
 

Während des Festmahls bekamen die Butmans-Kinder kaum einen Bissen runter. Während Arthur Geogie aus dem Augenwinkel mitleidig betrachtete, starrte Abel unablässig auf seinen Teller.
 

-Das war bestimmt die Idee von dieser Elise gewesen. Oder kam der Vorschlag tatsächlich vom Gouverneur? Warum hatte ihnen Lowell nichts davon erzählt, als er zu ihnen kam, um sie einzuladen? War es womöglich gar seine Idee gewesen- Bei diesem Gedanken hob Abel nun doch sein Haupt und warf einen Blick auf den jungen Adelssohn, welcher sich anscheinend vollkommen unbefangen mit seiner Verlobten unterhielt.
 

-DIESER MISTKERL!-
 

Plötzlich spürte Lowell Abels Blick auf sich ruhen und wandte sich ihm zu, obwohl er dies seid der Ansprache geflissentlich vermieden hatte. Und wie er befürchtet hatte, machte der Braunhaarige den Eindruck, als würde er ihm am liebsten jeden Moment den Hals umdrehen.
 

„Lowell!“, wurde er plötzlich von Elise in die Gegenwart zurückgeholt.
 

„Ähm…was denn meine Liebe?“, fragte dieser gespielt interessiert.
 

„Sag mal, hast du mir überhaupt zugehört?“, entgegnete die Brünette gereizt.
 

Um Lowell aus dieser unangenehmen Situation zu befreien, erhob sich plötzlich sein Großvater und verkündete: „Da nun bei den meisten der größte Hunger getilgt ist, wollen wir jetzt hinunter aufs Feld gehen. Für diejenigen, die noch nicht gesättigt sind, besteht kein Grund zur Sorge. Wie sie wahrscheinlich schon bei ihrer Ankunft bemerkt haben, wurde auch dort für ein reichliches Büfett gesorgt.“
 

So erhoben sich alle und folgten dem Gouverneur nach draußen. In Georgies Magen hatte sich alles zusammengezogen und eine plötzliche Übelkeit überkam sie. Die Leute würden sich alle über sie lustig machen, schoss es ihr durch den Kopf. Dabei hatte Onkel Kevin ihr ein so wundervolles Kleid geschenkt, damit sie sich auf dem Fest nicht deplaziert fühlen musste.
 

Mitfühlend legte Arthur eine Hand auf Georgies Schulter, als sie nach draußen ins freie gingen: „Wenn du nicht willst, dann können wir hier und jetzt gehen.“
 

„Der Meinung bin ich auch“, schloss sich Abel seinem jüngeren Bruder an.
 

„Nein ist schon gut. Es wäre unhöflich jetzt einfach zu verschwinden“, winkte Georgie ab und marschierte mit zittrigen Knien auf das bereitstehende Feld zu. Als sie das Feld erreichte ging Jubeln durch die Menge und der Gouverneur persönlich, reichte ihr den Bumerang. Mit einem aufgesetzten Lächeln nahm sie ihn entgegen und konzentrierte sich nur auf den Apfel, welchen der Diener Albert in die Luft warf. Problemlos teilte sie ihn in zwei Hälften und durch die Menge ging ein beeindrucktes: „Ooooooh!“
 

Abel wand sich von diesem Schauspiel ab und ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen. Nanu, wo war denn diese falsche Schlange mit dem engelsgleichen Gesicht geblieben, fragte sich Abel, als er sah, dass Lowell nicht mehr an der Seite des Gouverneurs war. Unauffällig trennte er sich von Arthur und der Menge und fand Lowell unter einem etwas abseits stehenden Baum.
 

Als dieser Abel bemerkte, welcher sich ihm mit funkelnden Augen und geschürzten Lippen angriffslustig nährte, wisch er einige Schritte zurück, blieb dann jedoch mit einem trotzigen Gesichtsausdruck stehen. Er wollte nicht auch noch wie ein Feigling erscheinen, sondern sich lieber seinem Schicksal ergeben.
 

Als Abel vor ihm zum stehen kam, schloss der Blonde seine Augen, gefasst auf einen Schlag, doch er kam nicht. Blinzelnd hob er wieder seine Lieder und sah sich Abel direkt gegenüber stehen, so nah, dass er seinen Atem auf seiner Haut spüren konnte. Ein angenehmer Schauer lief Lowell über den Rücken.
 

Abels Haut erschien so weich, das Lowell das Bedürfnis überkam sie zu berühren, doch Abels abwehrende Haltung, hielt ihn davon ab. Sein Blick hatten etwas katzenartiges, gar Lauerndes und dennoch fesselte er ihn.
 

„Wie konntest du zulassen, dass sie Georgie zum Gespött werden lassen?!“, unterbrach der Braunhaarige die Stille. Man merkte ihm durchaus an, dass er bemüht war seine Wut noch einigermaßen im Zaum zu halten.
 

„Glaub mir, ich habe das nicht gewollt“, versuchte Lowell sich zu verteidigen und Abels durchbohrendem Blick standzuhalten.
 

„Ach ja? Und warum hast du dann nichts dagegen unternommen, oder uns wenigstens davon erzählt? Glaube mir, hätte ich geahnt, dass Georgie nur als Unterhaltungselement dienen soll, wären wir von dieser Feierlichkeit fern geblieben!“, zischte ihn Abel hasserfüllt an.
 

„Ich wusste zu jenem Zeitpunkt selbst noch nichts davon. Mein Großvater hat mich erst am späten Nachmittag über die geplante Bumerang-Vorführung in Kenntnis gesetzt!“
 

„Und warum hast du dann nicht versucht es ihm auszureden?“, erkundigte sich der Braunhaarige misstrauisch.
 

„Aber das habe ich doch!“, widersprach Lowell nun selbst etwas erzürnt.
 

„Dann sag mir bitte, warum meine Schwester da vorne auf dem Feld steht und zur Belustigung eurer Gäste, irgendwelche Äpfel mit dem Bumerang halbieren muss?! Ich hätte dich schon fast für einen guten Kerl gehalten, aber zum Glück wurde ich frühzeitig eines besseren belehrt“, warf er ihm im herablassendem Tonfall vor und wollte schon gehen, als Lowell ihn mit den Worten „Was hätte ich denn tun sollen?“, zurückhielt.
 

Aufgebracht ergriff Abel den anderen am Kragen, welcher erschrocken versuchte sich aus dem Griff seines Gegenübers zu befreien:

„Du hättest zum Beispiel…“, plötzlich wurde der Braunhaarige vom höhnischem Gelächter der Menge abgelenkt und sah noch wie Georgie vom Feld floh.
 

-WAS IST PASSIERT?
 

Er ließ den Blonden los, welcher ins Straucheln geriet und rücklings hinfiel, den Blick auf Abels sich entfernenden Rücken geheftet. Dieser eilte seiner Schwester hinterher, wobei ihm das Hohngelächter der Leute immer noch in den Ohren klang. Er holte sie an ihrer alten Kutsche ein, wo sie bereits weinend in Arthurs Armen lag, der ihr immer wieder sanft zuwisperte, dass es ja nicht so schlimm sei, dass sie ja nichts dafür könne. ABER WAS MEINTE ER?
 

„Georgie…?“, war das einzige was Abel in diesem Moment, etwas außer Atem, hervorbrachte. Besorgt musterte er seine Schwester, wagte aber nicht zu fragen, was vorgefallen war.
 

Schweigend stiegen die drei Geschwister in die Kutsche. Arthur hielt das blonde Mädchen immer noch tröstend im Arm, während Abel die Kutsche lenkte und Georgie weinte, bis sie irgendwann erschöpft einschlief.
 

Als sie wieder zu Hause ankamen, war es bereits dunkel und ihre Mutter schlief anscheinend schon. Behutsam hob Arthur ihre Adoptivschwester aus der Kutsche und trug sie in ihr Bett.
 

Währenddessen nahm Abel dem Pferd das Halfter ab, brachte es in den Stall und schlich leise, um seine Mutter nicht zu wecken, in sein und Arthurs Zimmer, wo sein Bruder schon auf ihn wartete.
 

„Was ist denn passiert?“, war seine erste Frage, als er ihr Zimmer betrat.
 

„Sag bloß du hast Nichts mitbekommen?!“, entgegnete der Jüngere vorwurfsvoll.
 

„Entschuldige, aber ich war anderweitig beschäftigt.“ Arthur musterte ihn daraufhin skeptisch, ging aber nicht weiter auf Abels Worte ein, sondern widmete sich dem Grund, für ihren plötzlichen Aufbruch: „Georgies Kleid ist beim Werfen obenherum ein wenig runter gerutscht, was diese hochnäsigen Adligen, als geeigneten Anlass angesehen haben, um sie zu verspotten!“
 

Arthurs Fingernägel bohrten sich, vor unterdrücktem Zorn, in seine Handflächen, während Abel ihn schockiert anstarrte.
 

Lowell hatte sich zum selben Zeitpunkt bereits von den Feierlichkeiten zurückgezogen, um sich Schlafen zu legen, was ihm allerdings nicht so richtig gelingen wollte, denn er bekam kein Auge zu. Elise hatte ihm erzählt, was Georgie widerfahren war und nun plagte ihn ein schlechtes Gewissen. Hätte er sie doch nicht eingeladen! Immer wieder gab er sich selbst die Schuld für das Desaster. Abel hatte vollkommen Recht! Warum hatte er sich nicht gegen seinen Großvater durchgesetzt?!

Er war ein Feigling! Kein Wunder das ihn Abel so verabscheute, dachte er sich, wobei er ein flaues Gefühl in der Magengegend verspürte. Warum beschäftigte es ihn so sehr, was dieser Abel von ihm dachte? Es konnte ihm doch eigentlich egal sein. Schließlich war der Kerl nur ein ungehobelter Bauerntrampel, welcher sein Temperament nicht im Zaun halten konnte. Warum wollte er ihm dann unbedingt gefallen? Lag es daran, dass er Georgies Bruder war und er deswegen keinen schlechten Eindruck bei ihm hinterlassen wollte.
 

Aber nein, dass war doch Unsinn, schließlich interessierte es ihn doch auch nicht was dieser Arthur von ihm dachte und auch wenn er Georgie bewunderte, so war diese Bewunderung doch nicht mit jener gleichzusetzen, die er für Abel empfand.
 

Ja, denn obwohl dieser ein Rüpel war, der ständig handgreiflich wurde, bewunderte er ihn für seinen Mut und sein ehrfurchtgebietendes Wesen. Ebenso für sein äußeres Erscheinungsbild. Seine Augen, die einen regelrecht durchdrangen, waren einfach atemberaubend! Wie auch seine geschmeidigen Bewegungen und seine raubtierhaftes Verhalten. Ein verträumtes Lächeln huschte über Lowells Lippen, während ihm beim Gedanken an den Braunhaarigen plötzlich ein Gefühl der Erregung überkam, dass ihn aufschrecken ließ.
 

Was dachte er hier eigentlich schon wieder?! Es handelte sich hier immer noch um einen KERL und er führte sich hier auf wie ein kleines verliebtes Mädchen. Bei diesem innerlichen Eingeständnis lief der Blonde rot an und das eben noch angenehme Gefühl wurde durch Schamgefühl ersetzt.
 

Er redete sich ein, dass er den Dunkelhaarigen lediglich bewunderte, und dass es nichts mit Liebe zu tun habe. Genau in jenem Moment musste er sich daran erinnern, wie er Abels Schuh geküsst hatte und im Nachhinein, war ihm das furchtbar peinlich, auch wenn er seine Tat nicht bereute. Schließlich hatte Arthur auch seinen Schuh geküsst und er hätte es sich nie verziehen, wenn er diese Demütigung einfach so hingenommen hätte. Sein Großvater hatte ihm noch an jenem Abend einen Stunden langen Vortrag über die Ehre der Familie gehalten, die er angeblich mit seiner Tat besudelt habe. Allem Anschein nach war der Groll des Gouverneurs jedoch schon wieder verflogen, während Abels Abneigung sich offensichtlich weiter gesteigert hatte. Daher nahm sich Lowell vor, morgen zu den Butmans zu reiten und sich in aller Förmlichkeit bei ihnen zu entschuldigen, selbst wenn der Dunkelhaarige ihn davonjagen sollte. Mit diesem Gedanken schlief er ein.
 

Als er am nächsten Morgen zum Haus der Butmas reiten wollte, begegnete er bereits auf dem Weg dorthin Abel, welcher auf dem Feld arbeite. Dieser hatte ihn gar nicht bemerkt, da er so in seine Arbeit vertieft war. Mit klopfendem Herzen ritt Lowell auf ihn zu und versuchte seine Aufregung zu verbergen.
 

„Guten Morgen. Ich war grade auf dem Weg zu euch.“
 

Erschrocken blickte Abel auf und ließ den Rechen fallen. „WAS WILLST DU HIER!“
 

„Eigentlich wollte ich mich nur bei euch entschuldigen. Sag mal, wo sind eigentlich dein Bruder und deine Schwester?“
 

„LASS GEFÄLLIGST DEINE FINGER VON GEORGIE!“, fuhr Abel ihn an.
 

„Ganz ruhig, ich will ja gar nichts von deiner Schwester. Wie schon gesagt, wollte ich mich lediglich entschuldigen.“

Misstrauisch musterte ihn der Braunhaarige und ließ sich erst nach einer Phase unangenehmen Schweigens, zu einer Antwort herab: „Georgie geht es nicht so gut, deswegen ist sie zu Hause geblieben und Arthur ist bei ihr.“
 

„Oh, das tut mir leid“, meinte der junge Adelssohn mit einem besorgten Gesichtsausdruck.
 

„HÖR ENDLICH AUF DICH ZU VERSTELLEN! Das war doch alles von vorne herein geplant gewesen, damit ihr euer Vergnügen habt!“
 

„Was meinst du?“ fragte der Blonde sichtlich verwirrt.
 

„Ich meine das Fest und wie ihr meine Schwester öffentlich zur Schau gestellt habt. Unsere Mutter war fuchsteufelswild, als sie davon erfuhr und sie gibt natürlich Georgie die Schuld für alles, dabei bist DU allein der Schuldige!“
 

Durch Abels plötzlichen Wutausbruch verunsichert, tänzelte Lowells Schimmel nervös auf der Stelle.
 

„Das stimmt nicht! Ich habe meinen Großvater darum gebeten euch genauso zu behandeln, wie die übrigen Gäste, aber ich bin nicht derjenige, der das Sagen hat, sondern er.“
 

„DAS IST DOCH EINE LÜGE!“, behauptete Abel lautstark und schritt mit geballten Fäusten auf ihn zu.
 

Verängstigt stieg das Pferd, wobei Lowell, welcher nicht darauf gefasst gewesen war, hinunter fiel. Der weiße Araber preschte daraufhin davon, den Ruf seines Herren ignorierend: „AH…SADUR! BLEIB STEHEN!“
 

Auch Abel war darauf nicht gefasst gewesen und beugte sich besorgt über den Gestürzten.
 

„Ist alles in Ordnung?“
 

Nun war es Lowell der die Fassung verlor: „IN ORDNUNG?!...Mein Pferd ist grade fortgelaufen.“
 

„Keine Sorge, es läuft gewiss nur nach Hause.“
 

„Und was wenn nicht?!“
 

Mit ernstem Gesichtsausdruck erhob sich der Braunhaarige wieder und reichte Lowell die Hand.
 

„Komm mit, ich helfe dir ihn zu suchen. Wir nehmen einfach mein Pferd.“
 

Verwundert über Abels plötzliche Freundlichkeit, ergriff er dessen Hand und ließ sich von ihm auf die Beine ziehen.
 

Er führte Lowell zu einem Baum, wo sein Brauner festgebunden war. Flink löste er die Zügel vom Stamm und machte eine auffordernde Handgestik, die Lowell verdeutlichen sollte, dass er aufsteigen konnte.
 

Dieser antwortete ihm auf diese Geste mit einem steifen Nicken und wollte aufsteigen, als er plötzlich Abels Hände an seiner Hüfte spürte. Dieser wollte ihm gedankenlos aufhelfen, wie er es bei Georgie gewohnt war, aber Lowell war keine junge Dame.
 

Überrascht blickte der Blonde zu ihm hinab. Dieser ließ ihn daraufhin sofort los, als hätte er sich die Finger verbrannt.
 

„Verzeihung…“, nuschelte er beschämt und stieg hinter Lowell aufs Pferd, welcher verhalten lächelte. Verlegen legte er seine Arme um die Talje des Blonden und griff nach den Zügeln, peinlichst darum bemüht den anderen nicht zu berühren.
 

Dabei lief dem Adelsohn ein angenehmer Schauer durch alle Glieder.
 

Abel presste seine Füße sanft in die Flanken seines Pferdes, welches daraufhin zum Galopp ansetzte und regelrecht über die Weiden, Felder und Wiesen flog.
 

Lowells Haar wehte ihm ins Gesicht und verströmte den angenehmen Duft von Flieder und Rosmarie. Genießerisch schloss der älteste Sohn der Butmans, für einen kurzen Moment die Augen und vergrub sein Gesicht unbewusst in Lowells Haar.
 

Dieser spürte hingegen, wie sich Abels Brust an seinen Rücken presste und seine Arme ihn geschmeidig umfingen. Als er dann auch noch Abels Gesicht so nah an dem seinen spürte lehnte er sich unauffällig weiter zurück, um ihm noch näher zu sein.
 

Abels Atem in seinem Haar, sorgte dafür, dass sich Lowells Nackenhaare aufstellten und ein bis dahin unbekanntes Glücksgefühl, seinen Körper flutete.
 

In einiger Entfernung konnte Lowell nun auch sein eigenes Pferd ausmachen. Mit einem heiterem Lächeln, wendete er seinen Kopf Abel zu und frohlockte, mit in die Ferne weisenden Arm: „Sie mal, da vorne läuft er!“
 

Der Dunkelhaarige konnte nicht anders, als dieses Lächeln zu erwidern, es überkam ihn einfach. „Ja, ich sehe ihn.“
 

Mit einem schnalzenden Geräusch, trieb er sein Pferd an, noch schneller zu laufen und in kürzester Zeit hatten sie Lowells Araber eingeholt. Hastig griff der Braunhaarige nach den Zügeln, damit der Schimmel nicht wieder entkam und brachte die beiden Pferde mit einem leichten Ziehen, an den Zügeln, zum stehen.
 

„Das war wahrlich beeindruckend“, meinte der Blonde anerkennend.
 

Abel reagierte darauf nur mit einem Schnauben, welches der Adelssohn nicht zu deuten vermochte und stieg vom Pferd. „Möchtest du nicht auch absteigen, oder soll ich dir wieder helfen“, spottete Abel mit einem leichten Zucken der Mundwinkel.
 

„Nicht nötig“, entgegnete Lowell und überspielte einfach Abels beißenden Unterton. Anscheinend litt der Kerl unter schweren Stimmungsschwankungen. Schade eigentlich, mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen, hatte er ihm besser gefallen. Elegant sprang Lowell vom Pferd und nahm die Zügel von Abel entgegen. Dort wo sich ihre Finger trafen, begann es leicht zu Kribbeln, während sie es nicht vermochten, den Blick von dem jeweils anderem abzuwenden.
 

„Danke“, flüsterte Lowell so leise, das es fast einem Windhauch glich. Dann wie aus heiterem Himmel beugte er sich nach vorne und küsste Abel schüchtern auf die Lippen. Der Kuss wehrte nur einige Sekunden, doch dem Dunkelhaarigen kam es wie eine halbe Ewigkeit vor. Mit weit aufgerissenen Augen, stand er wie zur Salzsäule erstarrt da und konnte nicht fassen, was grade geschah, während in seinem Innern ein regelrechtes Feuerwerk herrschte.
 

Wie in Zeitlupe, löste sich der Blonde von ihm und sah beschämt zur Seite. –WARUM HATTE ER DAS GETAN?! Abel würde ihn jetzt gewiss noch mehr hassen. Schließlich war er ein Junge und kein junges Fräulein…Aber als Der Braunhaarige ihm so nahe war, hatte ihn einfach das Verlangen überkommen, diese süßen Lippen zu schmecken und es hatte sich so verboten gut angefüllt!
 

„Ich…ich gehe jetzt mal, wieder. Sonst macht sich meine Verlobte noch Sorgen, wo ich so lange bleibe“, brachte Lowell verlegen hervor und wollte schon auf sein Pferd steigen, als ihn plötzlich ein gezielter Kinnhacken traf und zu Boden streckte.
 

„Ah…verdammt…“, zähneknirschend erhob er sich aus dem Staub, eine Hand an die schmerzende Stelle in seinem Gesicht gepresst.
 

„WAS SOLLTE DAS?!“, fauchte er Abel wutentbrannt an.
 

„Entschuldige, aber ich glaube du hast mich mit einer, deiner vielen Liebhaberinnen verwechselt. Ich wollte dich nur in die Realität zurückbefördern“, entgegnete der älteste Sohn der Butmans mit einem bedrohliche Funkeln in den Augen.
 

Ohne ihn auch nur noch eines Blickes zu würdigen, sprang er auf sein Pferd und Trieb es mit den Worten, „Hüja, zurück aufs Feld! Wir haben noch einiges zu erledigen!“, an.
 

Lowell sah ihn teilweise gekränkt, teilweise zornig nach und stieg schließlich selber auf seinen Schimmel. Noch immer spürte er ein schmerzendes Pochen, dort wo sich sein Unterkiefer befand. Ein Schleier von aufkommenden Tränen vernebelte seinen Blick, während er sich innerlich ziemlich leer fühlte. Frustriert schloss er die Augen. NEIN, er würde jetzt NICHT weinen! Diesen Funken Würde wollte er noch bewahren. Stattdessen presste er sein Gesicht in die Mähne seines Arabars und wies ihm an noch schneller zu laufen. Es war ihm gleichgültig wohin er lief, nur möglichst weit weg von Abel und dieser Pein in seinem Innern. Diese Demütigung würde er wohl nie vergessen und das schlimmste war, es war seine eigene Schuld! Er bereute es zutiefst ihn geküsst zu haben. Wenn das herauskäme, wäre er geliefert, denn nichts war verwerflicher, als die Liebe zwischen zwei Männern!
 

Abel war indessen ebenso durcheinander, aber keineswegs verletzt, eher wütend auf den blonden Schönling und seine eigene übereilte Reaktion. Er hätte ihn vielleicht nicht sofort schlagen sollen, denn wenn das seine Mutter erfuhr, gäbe das wieder nur Ärger. Aber er war es ja auch selber Schuld gewesen, warum hatte er ihn einfach geküsst? IHN…einen Mann!
 

Und warum…warum VERFLUCHT NOCH MAL, hatte es sich so unbeschreiblich gut angefühlt?! Bis zu jenem Moment hatte Abel noch nie in Erwägung gezogen, dass ein Mann auch einen anderen Mann lieben konnte. Ihm war bis zu jenem Zeitpunkt nur die Liebe zwischen Mann und Frau bekannt gewesen. Er hätte nie erwartet, dass ein anderer Kerl solche Gefühle in ihm auslösen würde!
 

Am Abend, als Georgie und Arthur noch damit beschäftigt waren die Schafe reinzuholen und seine Mutter am Herd stand, um das Abendessen vorzubereiten, beschloss Abel, sie danach zu befragen. „Mami?“

„Was gibt es denn Abel?“

„Ist es eigentlich normal sich…sich in jemanden zu verlieben, der…der das gleiche Geschlecht hat wie man selbst?“

Entsetzt ließ Mrs. Butman den Kochlöffel fallen: „WIE…wie kommst du auf so etwas Absurdes?!“

Unbehagen breitete sich in Abel aus, er bereute es schon diese Frage gestellt zu haben.

„Ich…ich habe heute zwei Männer gesehen, die sich geküsst haben“, behauptete er.

Mrs. Butman atmete sichtlich auf, schien aber noch immer sehr angespannt zu sein. Mit strengen Blick wand sie sich zu ihrem Sohn um und mahnte ihn: „Es ist eine Sünde Abel! Denn in der Bibel steht, ein Mann darf nicht neben einem Manne liegen, wie neben einer Frau. Schließlich hat Gott die Frau geschaffen, damit sie die Liebe in das Leben ihres Mannes bringt. Das ist ein von Gott gegebenes Gesetz!“

Bestürzt über diese Offenbarung, senkte der Dunkelhaarige sein Haupt und musterte die Tischplatte, um seiner Mutter nicht in die Augen sehen zu müssen.

„Aber sag mal Abel, wer war es denn? Kennen wir sie?“

„Nein“, entgegnete Abel mit belegter Stimme. Sein Mund fühlte sich so furchtbar trocken an.

„Wenn du sie noch mal sehen solltest, dann wechsle auf keinen Fall ein Wort mit ihnen! Das könnte ein schlechtes Bild auf unsere Familie werfen.“
 

Am selben Abend noch, lag Abel wach in seinem Bett und dachte über die Worte seiner Mutter nach. „Ein Gesetz Gottes soll das sein? Was für ein schwachsinniges Gesetz?!“, fluchte er leise vor sich hin. Er schenkte den Worten seiner Mutter keinen Glauben. Ebenso wenig, wie er damals Wert auf die Drohung, der Schwester ihrer Gemeinde, gelegt hatte, als sie meinte, dass man für eine Lüge in die Hölle käme. Dem naiven Arthur konnten sie das vielleicht weiß machen, aber ihm gewiss nicht!

Wieso sollte der Herrgott etwas gegen die Liebe zweier Männer haben? Er war sich sicher, dass Gott die Liebe in jedweder Form befürwortete und dieses so genannte Gesetz nicht von Gott kam, sondern vom Klerus!

Warum beschäftigte ihn das Thema eigentlich so sehr? Immerhin betraf es ihn ja nicht, sondern ausschließlich Lowell.
 

Obwohl, wenn er so darüber nachdachte, hatte es ihm nicht irgendwie gefallen? ACH UNSINN, schallt er sich innerlich. Aber er kam nicht umhin, bei dem Gedanken an den Kuss ein angenehmes Kribbeln auf den Lippen zu spüren. -Nun gut, vielleicht ein bisschen-. Mit den Fingerspitzen strich er leicht über seine rauen Lippen und wünschte sich er könne noch mal Lowells ergiebigen weichen Mund, auf dem seinen zu spüren. NA GUT! Es war der wundervollste Kuss gewesen den er je hatte, sogar noch angenehmer als jener, den er Georgie eines Nachts heimlich gestohlen hatte.

Aber verdammt noch mal, dieser Lackaffe war ein MANN! Und auch wenn er nicht glaubte, dass Gott etwas gegen diese Gefühle einzuwenden hatte, so war die Reaktion seiner Mutter nur zu deutlich gewesen.
 

Außerdem war ein Kuss für diesen arroganten Kerl, wie es aussah, wohl nichts anderes als ein Händedruck. Schließlich hatte er nicht nur ihn sondern auch Georgie geküsst. Bei dieser Erinnerung spürte er wiederum Eifersucht in sich aufkeimen, wobei er sich diesmal nicht sicher war, wem von beiden seine Eifersucht galt. Aber das war ja auch vollkommen belanglos, denn schließlich hatte es für Lowell wahrscheinlich nichts bedeutet und nebenbei bemerkt war dieser blonde Schönling VERLOBT!
 

Teilweise verwirrt, teilweise über sich selbst verärgert, stülpte er sich sein Kissen über den Kopf. „Nicht mehr daran denken, nicht mehr daran denken“, murmelte er wie eine Beschwörungsformel vor sich her.
 

In dieser Nacht lag Abel noch lange wach und war demnach am nächsten Morgen mehr als nur unausgeschlafen. Aber zum Schlafen war keine Zeit mehr, denn das übrige Getreide musste eingeholt werden und sie mussten die Schafe noch scheren.
 

Am späten Nachmittag, als die Sonne prall am Himmel stand und ihnen die Arbeit noch zusätzlich erschwerte, kam zufällig Onkel Kevin vorbeigefahren und begrüßte freudig die Butman-Kinder.
 

„Hallo ihr Drei! Ihr seid ja ganz schön fleißig. Wo ist denn eure Mutter.“
 

„Mami ist schon nach Hause gefahren und bereitet das Abendessen vor“, antwortete Georgie mit einem Strahlen im Gesicht, dass die Sonne erblassen ließ. All der Kummer schien vergessen.
 

„So ist das also. Nun erzähl mal Georgie, wie war denn das Fest?“
 

Plötzlich schwand jedwede Freude aus Georgies Gesicht und das Mädchen murmelte, mit gen Boden geneigtem Kopf: „Nicht so besonders…“
 

„Ach nein? Ist irgendwas passiert?“, erkundigte sich Kevin besorgt.
 

Georgie lief putenrot an und bekam kein Wort heraus, doch zum Glück, eilte ihr Arthur zur Hilfe: „Diese Reichen halten sich einfach alle für etwas Besseres, dass ist alles.“
 

„Hm…wenn du es sagst. Komisch, ich hatte geglaubt dieser Lowell J. Greys hätte einen Narren an ihr gefressen und hatte schon damit gerechnet er würde unserer kleinen Georgie den ganzen Abend über den Hof machen“, sagte er sichtlich amüsiert.
 

„Dieser LOWELL ist doch der aller Schlimmste!“
 

„Aber Abel…“, wollte Georgie ihrem großen Bruder widersprechen, da sie aber wusste, dass dies nichts bringen würde beließ sie es dabei.
 

„Vielleicht ist das ganz gut so, ansonsten wäre unsere Georgie bestimmt enttäuscht darüber, dass er heute schon abreist.“
 

„WAS?“, Abel traf diese Neuigkeit wie ein Blitz.
 

„Oh, wusstet ihr das etwa gar nicht?“
 

Georgie und Arthur schüttelten lediglich leicht den Kopf. Sie schien diese Nachricht nicht sonderlich zu interessieren, während Abel den Eindruck erweckte, als würde für ihn eine Welt zusammenbrechen.
 

„WANN?“, begehrte er zu wissen.
 

Onkel Kevin starrte ihn verständnislos an: „Was meinst du?“
 

„Wann reist er ab?!“
 

„Da er wahrscheinlich die Eisenbahn nehmen wird, schätze ich mal in ungefähr einer halben Stunde. Warum?“
 

„Danke“, entgegnete der Dunkelhaarige, ohne weiter auf diese Frage einzugehen. Er lief hinüber zur Baumreihe, wo ihre Kutsche stand und löste das Pferd von der Halterung. Mit einem Satz schwang er sich auf den Rücken des Tieres und preschte davon.
 

Die anderen Drei blickten ihm verwirrt nach.
 

„Was ist denn in Abel gefahren?“, sprach das blonde Mädchen ihren gemeinsamen Gedanken laut aus.
 

Der älteste Butman-Sohn war sich bewusste, dass sein plötzlicher Aufbruch die anderen verwirrt haben musste, aber es war ihm gleichgültig. Das letzte was er Lowell an den Kopf geworfen hatte, war eine Beleidigung und davor hatte er ihn sogar noch geschlagen. Was wenn das wirklich das letzte Mal gewesen war, dass sie sich gesehen hatten. In Abels Innerem krampfte sich alles zusammen. Der Dunkelhaarige wollte nicht, dass der andere mit so einem Bild von ihm abfuhr. Weswegen ihn dieser Gedanken so beunruhigte vermochte er in diesem Moment nicht zu sagen, aber es blieb auch keine Zeit darüber nachzudenken, denn immerhin wollte er noch den Zug erwischen, bevor Lowell für immer fort war!
 

Hoffentlich war es noch nicht zu spät! Verzweifelt trieb Abel sein Pferd an noch schneller zu laufen. Sie passierten Felder, Flüsse, Wälder und endlich kamen die Schienen in Sicht und –Gott sei’s gedankt- auch die Eisenbahn!
 

Der Dunkelhaarige ritt eilig an den einzelnen Abteilen vorbei und spähte hinein, bis er im vierten Abteil endlich einen blonden Harrschopf entdeckte. Mit einem, „Brrr...“, zügelte er sein Pferd und brachte es schließlich zum Stillstand.
 

„Hey, du Affe! Dreh dich gefälligst um!“
 

Als der Blonde diese wohlbekannte Stimme vernahm, wollte er zuerst seinen Ohren nicht trauen, dennoch wand er sich um und sah sich dem Grund seiner schlaflosen Nächte gegenüber.
 

-Wieso war er hier? Hatte er ihm noch nicht zu genüge deutlich gemacht, was er von ihm hielt? Musste er ihn denn immer weiter demütigen und verletzen?!
 

„Ich heiße immer noch Lowell J. Greys! Was willst du?“, er versuchte so selbstbewusst und unnahbar wie nur möglich zu wirken, was ihm aber nicht so richtig gelang, denn er musste vor Nervosität schlucken, während sich seine Fingernägel vor Anspannung in seine Handflächen bohrten.
 

„Ich wollte mich nur bei dir entschuldigen, da wir uns wahrscheinlich ja nie wieder sehen werden.“
 

Überrascht zog Lowell eine Augenbraue hoch und musterte den jungen Farmer, vorm Abteilfenster, skeptisch.
 

Cammelo tänzelte verunsichert auf der Stelle. Er war keine Eisenbahnen gewöhnt und fürchtete sich vor dem riesigen Ungetüm. „Brrr…ganz ruhig mein Alter“, versuchte Abel sein aufgeregtes Pferd zu beruhigen, den Blick immer noch auf Lowell gerichtet.
 

„Schon gut. Auch ich muss mich für mein Verhalten, von gestern, entschuldigen.“ Dabei strich sich Lowell elegant seine Haarsträhne zur Seite und zwang sich zu einem freundlichen Lächeln.
 

„Dazu gibt es keinen Anlass, es hat mir gefallen“, widersprach Abel aus dem Affekt heraus und bereute seine Worte im selben Moment auch schon wieder. –Verdammt! Warum hatte er das jetzt gesagt? Er spürte wie ihm die Hitze in den Kopf stieg und wollte sich schon mit einem gestammelten „Ähm…ich muss jetzt zurück aufs Feld“, aus dem Staub machen, als Lowell ihn mit den Worten „Ist das alles?“, davon abhielt.
 

„Was willst du denn noch hören?“, entgegnete Abel etwas gereizt. Diese ganze Situation war ihm plötzlich unheimlich peinlich. Warum musste ihm das nur so rausrutschen?
 

Elise, die das ganze Gespräch aufmerksam verfolgt hatte, sah verwirrt von einem zum anderen. –Worüber sprachen die beiden nur? Bestimmt hatte es wieder etwas mit dieser blonden Göre zu tun!
 

„Wie sehr hat es dir gefallen?“, man merkte Lowell an, dass ihm diese Situation ebenfalls sehr unangenehm war, aber er musste einfach wissen, ob der Dunkelhaarige dasselbe fühlte wie er!
 

Abel wagte nicht ihm in die Augen zu sehen. Sein Gesicht glühte regelrecht. „Es…es war…“, Abel fand einfach nicht die richtige Formulierung. Verlegen hob er nun doch seinen Kopf an und sah wie sich Lowell erwartungsvoll auf die Unterlippe biss. Seine aquamarinfarbenen Augen schienen verzweifelt auf eine Antwort zu warten. Und konnte er da nicht sogar etwas wie Sehnsucht erkennen?
 

Ein schrilles Pfeifen unterbrach plötzlich die vermeidliche Stille, wobei die Lock weiße Rauchwolken ausstieß.
 

-Nein! Er durfte jetzt nicht abfahren!
 

„Komm mit mir!“, stieß Abel panisch aus. Langsam setzte sich die Eisenbahn in Bewegung und Abel trieb sein Pferd dazu an, Schritt zu halten. Mit einem flehenden Blick streckte Abel seine Hand nach Lowell aus und dieser nahm sie nach kurzem Zögern strahlend entgegen und versuchte aus dem Abteilfenster zu klettern.
 

„Was soll das werden Lowell? Bist du verrückt geworden?! DAS IST GEFÄHRLICH!“, erklang Elises hysterische Stimme, doch es war Lowell gleichgültig.
 

Mit einem Satz, wurde er von Abel aufs Pferd gezogen, bevor der Zug seine normale Geschwindigkeit erreicht hatte. Besitzergreifend legte er von hinten einen Arm um Lowells Brust und presste ihn näher an sich, während seine andere Hand die Zügel hielt. Mit einem schnalzenden Geräusch trieb er seinen Braunen zum Galopp an. Lowell brach in schallendes Gelächter aus. Er hatte so etwas verrücktes noch nie getan! Auch Abel kam nicht ohnehin verschmitzt zu grinsen.
 

„LOWELL!“ Elise hatte sich aus dem Fenster gelehnt und sah ihrem Verlobten erzürnt nach, welcher ihr jedoch keinerlei Beachtung schenkte, da diese in jenem Moment einzig und alleine Abel galt. –Was sollte das alles? Wo wollte er hin? Gewiss zu dieser Georgie!- Vor Zorn krallten sich ihre Fingernägel in dem Saum ihres Kleides fest. Wie konnte er es wagen, sie so zu hintergehen?! Mag sein, dass sie schon als Kinder einander versprochen wurden und er sie niemals lieben würde, aber dennoch war er ihr gegenüber durch die Verlobung verpflichtet und sie duldete es nicht, dass er anderen Frauen hinterherlief. Besonders nicht so einer! –Warte nur ab Lowell J. Greys, wenn du nach Hause kommst, kannst du etwas erleben!
 

Währenddessen gelangten Abel und Lowell zu einem See, der gar nicht so weit vom Anwesen der Familie Butman entfernt lag.
 

Die Leute hatten nicht schlecht geguckt, als die beiden stürmisch auf Camello durch das Dorf geritten waren. Besonders da das Gesicht des jungen Adligen, seid der Einweihungsfeier der Eisenbahn, recht bekannt war. Erst als sie die Wohnsiedlung hinter sich gelassen hatten, zügelte Abel sein Pferd, welches seinen Weg im gemächlichen Schritt fortsetzte. Seither hatten sie kein Wort mehr miteinander gewechselt. Es war jedoch keine unangenehme Stille, die zwischen ihnen herrschte, sondern eher ein vertrautes Schweigen. Noch immer ruhte Abels Arm auf der Brust des Blonden, welcher sich zurückgelehnt hatte, um seinen Kopf in Abels Halsbeuge zu betten.
 

Auch dieser hatte für einen Moment alle Bedenken beiseite geschoben und genoss, den Augenblick. Wie zierlich der junge Adelssohn doch war und wie gut er roch. Abel kam sich vor wie ein tapferer Ritter, der eine Prinzessin aus einem Turm befreit hatte, auch wenn er wusste, dass das schwachsinnig war. Schließlich war Lowell keine Frau! Und er selbst hatte nichts weiter getan, als ihn ständig zu schikanieren. Auf einmal bereute Abel die Dinge, die er zu ihm gesagt hatte. Lowell war kein schlechter Mensch und er hatte auch gewiss nichts mit dem Vorfall auf dem Fest zutun gehabt.
 

Allerdings war er verlobt, hatte Georgie geküsst und gestern ihn. Was wenn der Kuss Lowell gar nichts bedeutet hatte und für ihn ein Kuss wirklich nichts weiter war, als ein Händedruck? Was wenn er überhaupt nichts für Abel empfand?! Bei diesem Gedanken musste der Dunkelhaarige schwer schlucken.
 

Mit einem leichten Ziehen der Zügel, brachte er Camillio zum Stillstand. Überrascht wand sich der Blonde zu seinem Begleiter um: „Was ist? Sollen wir absteigen?“
 

„Lowell…“, sein Tonfall klang auf einmal sehr ernst. „Machst du das eigentlich häufiger?“
 

Irritiert hob der Adlige seine Augenbrauen an. „Was meinst du?“
 

„Küssen“, entgegnete Abel einsilbig, wobei er stur geradeaus starrte. Er wollte Lowell nicht ins Gesicht sehen, da er wusste, dass er dann nicht mehr in der Lage wäre ihn zur Rede zu stellen. Dieser löste sich ruppig aus Abels Griff und sprang vom Pferd.
 

„HÄLST DU MICH ETWA FÜR EINE DIRNE?!“, sowohl Wut, als auch Enttäuschung schwangen in seiner Stimme mit.
 

„Sag mir was ich anderes denken soll, wenn du verlobt bist und trotzdem nicht nur mir, sondern auch meiner Schwester Avancen machst?!“
 

„Für die Verlobung mit Elise kann ich nichts! In unser Gesellschaftsschicht ist es nun einmal so, dass man nicht aus Liebe heiratet, sondern die Person, welche die Eltern einem im Kindesalter schon erwählt haben.“
 

„Und was ist mit Georgie und… und mir?“, bei den letzten Worten errötete Abel merklich, den Blick immer noch starr in die Ferne gerichtet.
 

„Ich gebe zu, deine Schwester so zu bedrängen war ein Fehler. Ich liebe sie schließlich nicht und habe ihr dadurch vielleicht unnötige Hoffnungen gemacht, aber sie ist so wunderschön, dass ich in jenem Moment einfach den Drang verspürte sie zu küssen. Hätte ich dich schon vorher gekannt, dann hätte ich niemals… ich meine… Ach verflucht! Was ich sagen will ist… Einzig und alleine dich… alleine dich Abel, habe ich…Abel, ich rede mit dir! Sie mich wenigstens an, wenn ich dir etwas sagen will!“
 

Als der Dunkelhaarige immer noch keine Reaktion zeigte, wurde es Lowell zu viel. Gekränkt wand er sich von seinem Gegenüber ab, dem glitzerndem Gewässer zu. „Ich wäre wohl besser zurück nach Hause gefahren. Dann würde ich jetzt immerhin nicht verhört werden.“
 

„Nein, sag das nicht“, eilig stieg Abel vom Pferd. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals.
 

-Alleine dich… ? Was wollte Lowell ihm offenbaren?- Ein kleiner Hoffnungsschimmer keimte in dem ältesten Butman-Sohn auf. Vielleicht hegte Lowell ja wirklich dieselben Gefühle wie er.
 

Behutsam legte er eine Hand auf die, unerwarteter Weise muskulöse Schulter, des blonden Schönlings. Merkwürdig. Rein äußerlich erschien er so zierlich.
 

„Entschuldige, meine Worte waren unbedacht. Es lag wirklich nicht in meiner Absicht, dich wieder zu verletzen. Im Gegenteil, ich wollte…“
 

Plötzlich spürte er wie Lowells Schulter leicht zitterte. WEINTE ER ETWA?! Abel hatte noch nie einen Mann weinen sehen und wusste nicht, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Plötzlich vernahm er jedoch ein unterdrücktes Lachen und atmete erleichtert aus.
 

„Schon gut Abel, dass passt nicht zu dir.“
 

„Was meinst du“, fragte dieser irritiert.
 

„Dich zu entschuldigen“, antwortete Lowell mit einem leichten Schulterzucken, den Rücken immer noch zu Abel gewand.
 

„Hältst du mich etwa für einen gefühllosen Rüpel? Ich habe das ernst gemeint! Was ich getan und gesagt habe war nicht gerechtfertigt. Verzeih mir bitte.“
 

Mit einem undeutbaren Lächeln und einem gefährlichem Funkeln in den Augen, drehte sich der junge Greys-Erbe wieder um und beugte sich mit hinterm Rücken verschränkten Armen nach vorne, so dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten.
 

Verlegen trat Abel einen Schritt zurück.
 

„Na wenn das so ist, dann küss mir doch als Beweis deiner Reue die Schuhe.“ Das Wort ‚Reue’ spie Lowell regelrecht aus, als wäre es etwas äußerst Abwegiges.
 

„WAS?!“ Entsetzen stand in Abels Gesicht geschrieben. Was sollte das auf einmal?!
 

„Ich habe dir die Schuhe geküsst, weil ich dich und deinen Bruder in eurem Stolz gekränkt habe. Nun hast du mich gekränkt, also wäre es wohl an dir MIR die Schuhe zu küssen.“ Lowell war sich sicher, dass er gleich wieder einen von Abels üblichen Wutausbrüchen miterleben durfte, aber das war ihm immer noch lieber, als den Dunkelhaarigen von Gewissensbissen geplagt vor sich stehen zu sehen.
 

Mit zusammengezogenen Augenbrauen regte sich der Braunhaarige wieder aus seiner Erstarrung und Lowell wollte bereits einem möglichen Schlag ausweichen, als Abel bereits vor ihm auf die Knie ging.
 

„Ah…Abel, dass…das war nicht ernst gemeint! Das… das sollte nur ein Scherz sein!“, versuchte der Blonde ihn davon abzuhalten, aber unbeirrt beugte sich der Dunkelhaarige weiter herab und platzierte einen hauchzarten Kuss auf Lowells Schuhspitze. Gemächlich erhob er sich wieder aus dieser Position und stand nun Lowell von Angesicht zu Angesicht gegenüber. „Nur damit du es weißt, dass hatte nichts mit deinem Stand, oder Rang zu tun! Ich wollte einfach nur das wir quitt sind.“
 

„Quitt…?“, verwundert legte er den Kopf zur Seite und versuchte Abels Innerstes zu durchleuchten.
 

„Ja quitt. Ich kann mich entsinnen, dass dies auch deine Wortwahl war“, erläuterte Abel.
 

„Das stimmt aber nicht ganz, denn demnach wäre ich immer noch deinem Bruder etwas schuldig.
 

Plötzlich packte ihn Abel an den Schultern. „NEIN! Du sollst niemanden außer MIR… also…ich meine mir natürlich auch nicht,…aber erst recht sonst niemanden die Schuhe küssen!“
 

Bei dieser Äußerung entwich Lowell ein amüsiertes Prusten. Erheitert entgegnete er mit einem ehrlichen Lächeln: „Glaube mir, ich hege auch nicht das geringste Verlangen danach!“
 

„Und du sollst auch sonst niemanden außer mir küssen!“ Abel wusste wie albern es klang so etwas von seinem Gegenüber zu verlangen und er war sich sicher, dass dieser jeden Moment in schallendes Gelächter ausbrechen würde, doch entgegen seiner Erwartungen, schlang dieser seine Arme um Abels Hals und küsste ihn. Nur kurz, fast wie ein Windhauch, der die Lippen streift und dennoch hinterließ er bei Abel ein überwältigendes Gefühl.
 

„Gut versprochen, aber nur, wenn du mir dann dasselbe versprichst!“, forderte ihn Lowell mit einem schelmischen Funkeln in den Augen auf.
 

Überwältigt von seinen Gefühlen nickte Abel nur gefügig, legte seine Hand in Lowells Nacken und versiegelte die Lippen des Adligen, wie in Trance, mit den seinen. Etwas überrumpelt wollte der Blonde zurückweichen, doch Abels Hand hielt ihn davon ab. Er intensivierte sogar noch den Kuss, was den Blonden dazu verleitete die Augen zu schließen und sich ganz seinem Verlangen hinzugeben. Dieser Kuss war anders, als die ersten beiden die sie geteilt hatten. Er war nicht schüchtern, oder zurückhaltend, sondern leidenschaftlich und fordernd. Lowell schlang seine Arme um Abels Körper, um ihn noch näher an sich zu spüren, während dieser mit seiner freien Hand unter Lowells Hemd glitt und die samtene Haut darunter vorsichtig berührte. Als Lowell Abels tastenden Finger auf seiner Brust spürte, entwich seiner Kehle ein erregtes Stöhnen, welches den Dunkelhaarigen zurückschrecken ließ und dem Kuss ein jähes Ende setzte.
 

„Habe ich dir weh getan“, fragte er besorgt und noch immer etwas benommen von dem unbekannten, atemberaubenden Gefühl, welches ihn durchströmte.
 

Etwas enttäuscht über die plötzliche Unterbrechung, öffnete Lowell nur langsam seine verschleierten Augen und erwiderte mit einem leichtem Kopfschütteln: „Nein, es war…es war…“
 

Ihm fehlten einfach die passenden Worte um diesem Gefühl gerecht zu werden, doch Abel beendete seinen Satz: „…unbeschreiblich?“
 

„Ja genau“, stimmte Lowell mit einem liebestrunkenen Lächeln zu, wobei er sich mit geschlossenen Augen an seinen Gegenüber schmiegte. Er genoss den angenehmen Geruch, welchen dieser verströmte. Den Duft, von Feldern, Wiesen, Sommer und hoffte inständig, dass dieser Moment ewig währen würde.
 

Forsetzung folgt…
 

(Könnte allerdings etwas dauern, bis ich das nächste Kapitel hochlade, da ich im Moment auch noch an einer anderen Georgie-FF zu dem Paring „Abel & Arthur“ schreibe, die ich in nächster Zeit wohl auch hier veröffentlichen werde)



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  mor
2015-09-13T21:31:35+00:00 13.09.2015 23:31
^^ Ich freue mich schon sehr auf den weitern verlauf der ff ^^
Von: abgemeldet
2014-12-17T08:22:27+00:00 17.12.2014 09:22
Hey auf die zwei wäre ich auch nie im leben gekommen. Aber gut mit der Ähnlichkeit die georgie und Lowell aufweisen hatte das glatt passieren können. ^^
Von: abgemeldet
2008-05-24T07:26:46+00:00 24.05.2008 09:26
also ich merke an deinen ff´s dass du doch eher auf eingeschlechtliche liebe aus bist^^ aber es ist was total anderes und somit sehr interessant und spannend. ich finde du erzählst gut und es liest sich flüssig. natürlich bin ich ein georgie&abel pairring fanatikerin - aber - ich bin wirklich gespannt was du noch aus deiner ff machst. schreib schnell weiter.

glg


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