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Der letzte Ausweg

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Der letzte Ausweg

Der letzte Ausweg
 

Das Silber funkelte so verspielt und einladend im hellen Mondschein des Vollmondes. Es war eine sternenklare Nacht und der Vollmond erhellte diese trügerisch. Etwas gespenstisches lag in der Luft und man konnte das Schlagen der aufkommende Wellen gegen die Kaimauer vernehmen.
 

Kristoffer saß angelehnt an ein Dock. Er besann sich darauf sich erstmal nur die Klinge anzusehen, ihr wunderschönes Silber wirkte schon fast hypnotisierend auf ihn.

Ihm schien es als wenn die Klinge nach ihm schrie. Sie schrie nach ihm und wollte in seine zarte Haut eindringen. Sie wollte seine Haut spüren und der warmen Flüssigkeit, die sich in seinen Adern befand, nach draußen verhelfen.

Sie hatte scheinbar nur diesen einen Sinn und wurde nur für diesen Moment gemacht. Es war schon fast so, als ob sie nur auf diesen Moment gewartet hätte.
 

Er schloss kurz seine Augen und sah Bilder.

Bilder die ihn schon so lange quälten und die er doch als wunderschön ansah.

Bilder die er am liebsten aus seinem Gedächtnis verbannt hätte und es doch nicht wollte.

Bilder die er so sehr hasste und sie doch liebte.

Bilder die er verfluchte und doch vergötterte.

Bilder die ihn umbrachten und ihn doch am Leben hielten.
 

Er legte das Messer neben sich, ganz behutsam. Als wenn es zerbrechlich wäre. Nur damit er nicht wieder einmal schwach werden würde und der Schrei aufhören würde.

Nein, dieses Mal würde er es tun.

Dieses Mal würde er es beenden, für immer.

Seine Augen brannten, doch er wollte nicht weinen. Jetzt nicht, nicht bevor er sein Vorhaben beendet hatte.
 

Sein Blick fiel auf seinen Schoß, auf dem ein Foto thronte.

Ein Foto, dass ihn schon fast in den Wahnsinn trieb und doch konnte er es nicht zerstören.

Wie oft hatte er es doch schon zusammen geknüllt und in die Ecke geschmissen, um es am Ende wieder zurück zu holen und sorgfältig auseinander zu knüllen

Wie oft hatte er es bereits angezündet, nur um die Flamme wieder zu löschen?

Wie oft wollte er es schon zerstören, hatte es jedoch nicht übers Herz gebracht?

Wie oft hat er es doch schon in eine Schublade gesteckt und vergrub es unter anderen Sachen, um es schließlich wieder heraus zu kramen?

Wie oft nur?

Es war das zu wertvoll um es zu zerstören und doch waren es und die Bilder in seinem Kopf das Schlimmste was ihm je passieren konnte.
 

Dank dieser Bilder konnte er den Schrei genießen, der eigentlich aus seinem Herzen kam

Es schrie nicht nur nach diesen Bildern es hatte auch verlangen, verlangen nach einer einzigen Person.
 

Mit einem Lächeln auf den Lippen legte er das Bild zur Seite. Dieses Lächeln war jedoch kein Grinsen, wie man es sonst von ihm gewohnt war. Nein, dieses Lächeln umschleierte etwas Trügerisches. Das Bild, wie auch die anderen Bilder in seinem Kopf, würde er wohl nie vergessen. Immer würde er sich an sie erinnern. Es war zu wertvoll und gleichzeitig zu schmerzhaft, als das er sie jemals in seiner Erinnerung verblassen würden. Wenn er auch viel vergaß, diese würde er wohl nie vergessen.
 

Er umfasste nun wieder mit der rechten Hand fest das Messer. Die Klinge funkelte immer noch einladend im Mondschein. Die Klinge zitterte. Und obwohl er sich so sicher war, hatte er doch Angst. Was wenn die Zeit zu knapp werden würde?

Was wenn man ihn finden würde?

Was wenn es nicht funktionieren würde?

Was dann?

Wieder schloss er seine Augen und sah das Bild, dass er zuvor auf seinem Schoß hatte mit all seinen Brandspuren und Narben. Dann wurde er sich wieder sicher, dass es klappen würde. Es musste einfach!
 

Mit noch immer zittriger Hand setzte er das wunderschön funkelnde Silber an seiner Haut an. Er spürte sogleich die Kälte durch das Metall, dass in seine Haut eindrang.

Es fühlte sich irgendwie angenehm wie auch beruhigend an.

Er spürte wie das warme Blut aus seiner klaffenden Wunde floss, dass sein Vorhaben nur verstärkte.
 

Er verspürte, dank eines Pochens, dass die Klinge tief genug eingedrungen war und es zur Seite legen konnte.

Eine Hand würde für den Rest wohl reichen müssen.
 

Er schloss kurz die Augen, um die Gefühle besser wahrnehmen zu können. Es waren kalte, jedoch durchaus angenehme Gefühle die sein Herz umschlossen die letzten Zweifel verbannten.

Es war irgendwie erleichternd und befriedigend.
 

Er griff zu seinem Handy, dass neben dem Messer bereit lag. Seine Finger tippten schon ganz automatisch eine Nummer ein. Diese Nummer hatte er in der letzten Zeit schon viel zu oft gewählt. Nur aus einem Grund: die Stimme wahrnehmen und hören zu dürfen. Diese Stimme, die er schon so lang kannte und die ihn immer wieder erneut faszinierte und in ihren Bann zog.
 

„Hallo?“ kam es vom anderen Ende der Leitung.
 

Und da war er wieder. Dieser wunderschöne, sanfte Klang in der Stimme. Wie er diese Stimme liebte? Und wie sehr er Niels doch begehrte und liebte?
 

„Hallo? Soll das ein Scherz sein, oder was? Wenn sich nicht augenblicklich...“

„Niels...“
 

Er schaffte es gerade mal ein Flüstern hervor zubringen. Seine Lippen waren trocken und seine Zunge füllte sich schwer wie Blei an. Was, dank des Blutverlustes, kein Wunder war. Zu sehr zog in diese Stimme zusätzlich noch in ihren Bann.
 

„Kris? Bist du das? Was ist denn los? Boah Alter, es ist zwei Uhr nachts!
 

Es war schon zwei Uhr nachts? So spät war es schon. Er hatte sich doch schon um elf Uhr dort an dieses Dock gelehnt.

Er hatte schon so lange dort gesessen?

So lang den Wellen und vorbeiziehenden Möwen zugehört?

So lang in Gedanken gewesen?

So lange die im Mondlicht silbrig schimmernden Klinge angesehen?

So lange sich an die Bilder fest gekettet?
 

„Kris?“

„Niels...“
 

Erneut brachte er nur ein Flüstern hervor, jedoch lag in diesen Worten so viel Gefühl, so viel Schmerz, wie auch Liebe...
 

„Oh Mann, Alter! Kannst du auch mal was anderes hervorbringen als andauernd meinen Namen?“
 

Die Stimme klang genervt, müde und ein Hauch von Wut lag in ihr, doch trotz alledem wunderschön. Er liebte und hasste sie, wie auch die Bilder, die in seinem Kopf herumschwirrten. Wie oft hatte er sich doch dieses Klanges wegen zurück halten müssen?

Wie oft hatte sich doch schon selbst Schmerzen zugefügt, um nicht andauernd diese Stimme im Kopf zu haben und, auch wenn es nur ein klitzekleiner Moment war, diese Bilder aus dem Kopf zu kriegen?

Wie oft hatte er dies getan ohne das die anderen etwas davon mitbekamen?

Wie oft nur?
 

„Nun komm endlich Kristoffer! Mach mal hin! Es ist mitten in der Nacht und ich bin müde! Also, sag endlich was du willst oder ich leg auf! Nun spuck´s schon aus, warum du mich um so eine bescheidene Zeit anrufst?!“

„Ich wollte nur...“
 

Weiter kam er nicht. Der Schmerz an seinem Handgelenk, den er schon so lange unterdrücken konnte, machte sich in ihm breit. Ihn wurde schwindelig und seine Augenlieder schwer.

Nein! Noch nicht jetzt! Ich bin doch so kurz davor! Ich muss es doch noch sagen! Ich muss es ihm endlich gestehen! Ich darf jetzt noch nicht! Dachte sich der Verblutende.
 

„Ja? Was wolltest du nur? Nun mach schon!“
 

Diese Stimme, die vom anderen Ende der Leitung in sein Ohr drang! Niels unglaubliche Stimme! Sie ließ ihn für einen klitzekleinen Augenblick den gesamten Schmerz vergessen. Es reichte um genug Kraft für seine letzten Worte zu tanken.
 

„I..i...ich wollte nur ein letz...letz...letztes Mal dei, dei...deine wun...wunder...wunderschöne Stimme hör...hör...hören und dir sa...sa...sagen, dass ich di, dich, dich lie..liebe.“
 

Mit diesen Worten gewannen der Schmerz und das Schwindelgefühl die Oberhand. Er hatte es geschafft. Er hatte die Tat vollendet, die er sich schon so viele Male nicht getraut hatte zu begehen. Das Handy glitt aus seinen Händen und krachte auf den verdreckten Boden. Nun hörte er Niels´ Stimme nicht mehr.

Diese Stimme er so liebte, würde er jetzt nie wieder hören.

Er hörte nur noch seinen Herzschlag, der immer leiser wurde. Bis es ihm letztendlich die Dunkelheit beschlich und in Kälte tauchte, eine angenehme Kälte...
 

Und da vernahm er sie wieder: Niels´ Stimme! Wie sie in ihrem wundervollen, sanften und unglaublich schönen Ton liebevoll seinen Namen rief.

Er hörte sie...

Ein allerletztes Mal...
 

~Ende~



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