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Blood Heritage

1st Arc - Nerima im Wandel
von

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Enthüllungen

Teil 2 - Enthüllungen
 

Als Ranma-chan wieder zu sich kam, fand sie sich allein in einem für ihre Verhältnisse riesigen beheizten Wasserbett wieder. Die Bettwäsche schien aus Seide oder einem ähnlichen Material zu bestehen und verursachte bei jeder winzigen Bewegung ein interessantes Gefühl auf ihrer nackten Haut.

Es war das wundervollste Bett, in dem sie je gelegen hatte.

Plötzlich riß sie die Augen auf, die Stirn gerunzelt.

"Nackt?!", rief sie verblüfft. "Wieso bin ich nackt? Und wo bin ich hier eigentlich?"

"Sie sind ein Gast in Mistress Yuis Haus, Ranma-sama."

°Oh, Gott! Kodachi!? Nein. Aber...°

Ranma hob verwirrt den Kopf und erblickte ein Mädchen etwa in Kasumis Alter mit hüftlangen blonden Haaren, das in einer schwarz-weißen Dienstmädchenuniform ein paar Meter von seinem Bett entfernt neben einem Rollwagen, auf dem ein Tablett mit Frühstück stand, auf dem dicken roten Teppich kniete, der den Boden bedeckte.

Für einen Moment entspannte er sich, doch dann registrierte er die Pose, in der sie sich befand, und plötzlich wurde seine Kehle staubtrocken.

Das Mädchen kniete nicht in der traditionellen japanischen Weise, mit geschlossenen Beinen und quasi auf den Fersen sitzend, sondern leicht nach vorn gebeugt mit gespreizten Oberschenkeln, so daß der Ansatz ihrer Brüste genauso gut zu sehen war wie der fast schon mikroskopisch winzige schwarze Slip, den sie trug. Und das was ein Slip eigentlich hätte bedecken und nicht einfach nur schmücken sollen ebenfalls.

"GACK!", rief er panisch und schloß augenblicklich seine Augen. "Tut mir leid. Ich hab nichts gesehen. Und wenn, dann war es keine Absicht. Wirklich nicht. Ich..."

Selbst als sie belustigt kicherte, klang die Stimme der jungen Frau angenehm und melodisch.

"Entschuldigt bitte, aber es ist schon so lange her, daß Mistress Yui einen so lustigen Gast im Haus hatte."

"Wa...Wieso lustig?"

"Seid ihr hungrig, Ranma-sama?"

Ranma-chan brauchte diese Frage nicht zu beantworten, da ihr Magen sich geräuschvoll meldete, also erhob das Mädchen sich von seinem Platz und trat mit dem Tablett an das Bett der Rothaarigen heran.

"Ihr könnt euer Mahl gleich hier zu euch nehmen, wenn ihr wünscht."

"Ähm...aber..." Ranma-chan errötete heftig. Wenn sie sich aufsetzte, um zu essen, würde die Blonde ihren nackten Oberkörper betrachten können. Spätestens dann würde das Dienstmädchen sicherlich anfangen, sich über das perverse Verhalten ihres Gastes aufzuregen, vermutete sie.

Das Mädchen schien zu ahnen, was den Gast ihrer Herrin gerade beschäftigte und lächelte beruhigend.

"Wenn es ihnen unangenehm ist, daß ich ihren nackten Körper sehen könnte, kann ich ihnen einen Morgenmantel holen."

Ranma-chan blinzelte verblüfft.

"Wenn es MIR unangenehm ist?", fragte sie überrascht. "Sie würden mich nicht für...naja...pervers halten, wenn ich einfach so nackt hier sitzen würde?"

Jetzt war es an der Blonden, überrascht zu schauen.

"Warum sollte ich das pervers finden?"

"Nicht?", wunderte der Rotschopf sich. "Ich wurde bisher dauernd pervers genannt, wenn man mich außerhalb eines Badezimmers nackt sehen konnte, egal ob es meine Schuld war oder nicht."

"Dauernd? Wie schrecklich.", erwiderte das Dienstmädchen mitfühlend.

"Naja, es gibt auch Leute, die nichts dagegen hatten. Aber DAS waren Perverse, die nur im Sinn hatten mich zu begaffen oder zu begrapschen. Aber mir fällt gerade ein...wie heißt du überhaupt?"

"Mein Name ist Mari. Und ich finde es wirklich nicht pervers, sie nackt zu sehen, Ranma-sama. Und wenn ich damit ein Problem hätte, wäre das meine Sache."

"Wie meinst du das?", fragte Ranma-chan verständnislos.

"Nun, wenn ich den Anblick ihres nackten Körpers unerträglich finden würde, dann dürfte ich halt nicht hinsehen.", antwortete Mari darauf. "Und wenn ich ein Problem damit hätte, daß jemand mein Höschen oder meine Brüste sehen kann, oder was ich sonst noch so zu bieten habe, würde ich mich schlicht anders kleiden.", fügte sie mit einem schelmischen Lächeln hinzu. "Sie sind also keineswegs dafür zu verurteilen, daß sie einen Blick auf etwas werfen, was freiwillig gezeigt wird, Ranma-sama."

"Ähm...einfach nur Ranma ist okay."

"Aber..."

"Es gibt bei mir zu Hause eine Person, die mich Ranma-sama nennt, und damit sind nicht gerade positive Erinnerungen verbunden."

"Natürlich. Entschuldigung. Wenn es euer Wunsch ist, werde ich euch selbstverständlich mit Ranma anreden."

"Gut." Ranma-chan warf Mari einen skeptischen Blick zu. "Und es ist wirklich okay, wenn ich...ähm...nackt?"

"Aber ja.", versicherte Mari ihr nochmal mit einem freundlichen, fast mütterlich wirkenden Lächeln. "Um ehrlich zu sein habe ich bereits alles gesehen, was es an eurem Körper zu sehen gibt, als ich Mistress Yui geholfen habe, euch zu entkleiden."

"Oh.", sagte die Rothaarige nur, nicht wissend, was sie mit dem seltsamen Blick anfangen sollte, den Mari ihr zuwarf. Ein wenig ähnelte er dem Blick mancher Jungs in der Schule, die ihren, wenn auch in der Regel dann bekleideten, Körper betrachteten. Und Ranma-chan hatte eine recht gute Idee davon, was dann in den Köpfen dieser Jungs vor sich ging. Aber Mari war eine Frau. Also konnte es ja kaum dasselbe sein. Nein. Sicher irrte sie sich da, und wenn sie Mari darauf ansprach, würde die sie spätestens dann für pervers halten, unabhängig von ihrer recht lockeren Einstellung, die sie zuvor zum Ausdruck gebracht hatte. Also entschied Ranma sich für den einzig sinnvoll erscheinenden Weg und ließ die Angelegenheit auf sich beruhen.
 

Mari hatte bei weitem nicht so viel Erfahrung wie ihre Herrin, aber schon genug, um mit Leichtigkeit einiges von dem zu entschlüsseln, was im Kopf des attraktiven Rotschopfs vor sich ging. Sie unterdrückte ein trauriges Seufzen. Wenn diese Mischung aus Unwissenheit, Fehlinformationen, Halbwahrheiten, Unerfahrenheit, Unsicherheit und unterdrückter Sexualität nicht wäre, würde Ranma sicher ein deutlich zufriedeneres Leben führen können. Und das wenige, was sie von ihrer Herrin über den Hintergrund des jungen Rotschopfs erfahren hatte, machte das Durcheinander in Ranmas Kopf nur umso tragischer.

Nun ja...mit etwas Glück und Arbeit würde Mistress Yui der Rothaarigen die Augen öffnen. Und mit noch mehr Glück würde sie, Mari, ihrer Herrin bei dieser Arbeit behilflich sein dürfen.
 

Nach einem blitzschnellen Frühstück brachte Mari Ranma-chan ihre inzwischen gereinigte Kleidung und wartete, bis die Rothaarige sich angezogen hatte, bevor sie sie zu Yui geleitete. Ranma-chan staunte über die Weitläufigkeit des teuer aber sehr geschmackvoll eingerichteten Anwesens. Unterwegs trafen sie mehrere andere Dienstmädchen, die Ranma-chan sehr freundlich begrüßten. Die Tatsache, daß viele von ihnen weniger oder knappere Kleidung trugen als Mari, irritierte sie jedoch zusehends. Ebenso die Tatsache, daß diejenigen unter den Dienstmädchen, die er von hinten zu sehen bekam, eindeutig diese kleinen Fledermausflügel auf dem Rücken trugen. Genau wie Mari. Und genau wie sie selbst, wie sie nach einem prüfenden Blick über ihre Schulter feststellte. Was auch immer es mit diesen Flügeln auf sich hatte, sie würde diese Yui dazu zwingen, es rückgängig zu machen.

Als sie das Haus durch eine Seitentür verließen und durch einen kleinen japanischen Garten zu einem Areal gingen, in dem sich mehrere miteinander verbundene Schwimmbecken und eine Reihe kleiner gemütlicher Whirlpools befanden, erblickte sie Yui, die gemütlich auf einem Liegestuhl lag, während eines der Dienstmädchen ihr gerade ein Getränk servierte und ein anderes Mädchen, dessen Alter Ranma-chan auf höchstens vierzehn schätzte, sorgfältig irgendein Öl in die Haut der Blauhaarigen einmassierte.

"Ah, guten Morgen, Ranma.", begrüßte Yui sie lächelnd und deutete auf einen benachbarten Liegestuhl. "Mach´s dir gemütlich. Dann können wir uns ein wenig unterhalten."

"Zuerst sorgen sie dafür, daß diese dämlichen Flügel wieder verschwinden, Lady.", brummte die Rothaarige grimmig. "Und dann werden sie mir erzählen, was das alles eigentlich soll."

"Wenn du mir erlauben würdest, die Erklärung vorzuziehen, wäre es einfacher. Also setz dich doch bitte, Ranma."

"Hrmpf. Hauptsache ich werde diese blöden Flügel bald wieder los.", schnaufte sie, während sie sich auf dem Liegestuhl niederließ. "Und könnte ich vielleicht etwas heißes Wasser haben?"

"Das würde nichts helfen, Ranma.", erwiderte Yui darauf und nippte gelassen an ihrem Drink.

"WAS? Wieso nicht? Was haben sie mit mir gemacht?"

Yui seufzte.

"Wenn du einfach nur zuhören würdest, Ranma, könnte ich dir die Situation erklären."

"Na schön. Ich höre."

"Zunächst einmal ist es wichtig, daß du mir bis zum Ende zuhörst, bevor du Fragen stellst. Einige Dinge, die ich dir zu sagen habe, sind schwer zu glauben, aber ich schwöre dir, daß ich dir die Wahrheit sage."

"Okay.", erwiderte Ranma-chan daraufhin nur und wartete gespannt.

"Bevor ich auf dich selbst zu sprechen komme, werde ich dir erst mal ein paar Hintergrundinformationen geben müssen. Ansonsten wirst du vieles, was dich betrifft, nicht verstehen können. Auch wenn du mir hier und da nicht glauben solltest oder eine andere Meinung hast als ich, möchte ich, daß du dir eventuelle Widersprüche aufhebst, bis ich fertig bin. Verstanden?"

"Nun mach es doch nicht so spannend und komm endlich zur Sache, Yui-chan.", schnaufte jemand zu Ranmas rechten.

Ranma-chan blickte überrascht auf den bis dahin leeren Liegestuhl, wo plötzlich wie aus dem Nichts ein junger Mann in schwarzen Shorts lag. Eine dichte pechschwarze Haarmähne, die ihm, wenn er aufrecht stand, wohl bis fast zum Poansatz reichen mußte, breitete sich um ihn herum auf der Liegefläche aus. Im Kontrast zu seinem Haar wirkte seine glatte Haut fast marmorhaft. Genau wie Yui hatte er rote Dreiecke auf den Wangen, während auf seiner Stirn in Rot das Kanji-Symbol für Neko – Katze – eintätowiert war.

Die Rothaarige studierte abschätzend die Figur des Mannes, dessen Alter er auf irgendwo in den frühen Zwanzigern schätzte. Athletisch, aber nicht vom Typ breitschultriger Muskelmann. Selbst jetzt, wo er einfach nur entspannt auf einem Liegestuhl lag, hatte seine Haltung etwas von einem grazilen Raubtier.

Gelbe Augen musterten mit einem amüsierten Funkeln Ranma-chans blaue Augen.

"Gefällt dir, was du siehst?" Die Stimme des Mannes war ungewöhnlich weich und mit so etwas wie einem schnurrenden Unterton unterlegt, der Ranma-chan eine Gänsehaut verursachte.

"Hah?" Ranma-chan verstand zuerst nicht, worauf der Mann hinauswollte. Ein paar Sekunden später jedoch...

"W-Was wollen sie damit sagen? Seh ich vielleicht aus wie ein Perverser?", fuhr Ranma-chan ihn mit hochrotem Kopf an.

"Aber natürlich nicht." Der Mann grinste schelmisch. "Entschuldige, Ranma. Ich weiß sehr genau, wer und was du bist, aber kleine Spielchen wie dieses zu treiben liegt mir einfach im Blut."

"Na gut. Entschuldigung angenommen. Aber machen sie das in Zukunft nicht noch mal.", schnappte sie irritiert.

"Ich werde mich bemühen.", versprach der Mann mit einem schelmischen Grinsen, das Ranma-chan mehr als tausend Worte sagte, daß sie sich ihre Forderung auch hätte sparen können.

"Gut. Dann hätte ich jetzt eine Frage."

"Schieß los."

"Wie haben sie es geschafft, unbemerkt hier reinzukommen?"

"Wie meinst du das?"

"Stellen sie sich doch jetzt nicht dumm. Bis vorn einer Minute war der Platz auf diesem Stuhl noch leer."

"Nun...das stimmt nicht.", widersprach der Mann grinsend.

"Aber natürlich.", widersprach Ranma-chan. "Ich hätte sie doch sonst sehen müssen, als ich hier angekommen bin. Ich bin doch nicht blind."

"Oh, ich weiß, daß jemand mit meinem guten Aussehen nur schwer zu übersehen ist.", meinte der Mann augenzwinkernd. "Aber gerade du solltest wissen, daß es Mittel und Wege gibt, Dinge anders erscheinen zu lassen als sie wirklich sind."

"Worauf wollen sie hinaus?"

"Was wäre, wenn unsere Positionen vertauscht wären?", fragte der Mann zurück. "Glaubst du, DU hättest dich hier direkt vor meiner Nase verbergen können?"

Die Rothaarige brauchte nicht lange zu überlegen.

"Natürlich. Kleinigkeit für mich."

"Und weshalb ist das so?"

"Es gibt eine Kampfkunsttechnik, mit der ich mich unsichtbar machen kann."

"Oh, um genau zu sein gibt es auf der Welt mindestens sechs solcher Techniken.", korrigierte der Mann sie lächelnd. "Aber die Umisenken tut es natürlich für den Anfang."

"Woher wissen sie..."

"Glaubst du wirklich, daß diese Technik ein Geheimnis deines Vaters ist, Ranma?"

"Ist es das nicht?"

"Genma Saotome hat mit der Umisenken und Yamasenken lediglich Zugang zu zwei der vielen Techniken gewonnen, die Teil seines Geburtsrechts sind.", erklärte der Mann. "Was sie natürlich auch zu einem Teil DEINES Geburtsrechts macht."

"Was ist mit Ryo Kumon? Er beherrschte die Yamasenken, obwohl er ganz sicher nicht zu meiner Familie gehört."

"Oh, im weitesten Sinne gehört er sehr wohl zu deiner Familie. Aber wenn ich mir das wütende Gesicht der liebreizenden Yui so ansehe, halte ich es für besser, meine Ausführungen zurückzustellen, bis sie mit ihrer Erklärung fertig ist."

"Ich bin dir ja SO dankbar, daß du mich endlich zu Wort kommen lässt.", entgegnete Yui sarkastisch.

Ranma-chan drehte sich zu Yui herum und sah tatsächlich enorme Verärgerung in ihrem Blick.

"Ich hasse unnötige Unterbrechungen.", erklärte die Blauhaarige ihr. "Und ich hasse es, wenn Neunmalkluge, wie Neko-kun hier, dazwischenquatschen. Insbesondere in Situationen, in denen die Reihenfolge, in der Dinge erzählt werden, wichtig ist."

"Sein Name ist...N-Neko?"

Yui lächelte amüsiert.

"Keine Sorge, Ranma. Er wird dich nicht kratzen oder beißen...solange du ihn nicht darum bittest."

Bei dieser Bemerkung lief Ranma-chan von Kopf bis Fuß rot an, während ihr vor Verlegenheit ganz heiß wurde.

"Wenn du so weitermachst, Yui-chan, wirst du nie zum Punkt kommen, und der arme Ranma hier wird sich im Pool abkühlen müssen."

"Still, Neko.", schnaufte Yui mit einem Hauch von Belustigung.

"Also...lass mich dir zunächst eine kleine Geschichte erzählen, Ranma."

Ranma-chan nickte gespannt.

"Neben der Welt, die du kennst, der Welt der Sterblichen, gibt es noch die Domänen der Unsterblichen, von den Menschen allgemein Himmel und Hölle genannt.", begann Yui. "Die korrekten Namen dieser beiden Ebenen lauten Asgard und Nifelheim. Asgard ist die Heimat der Götter, während Nifelheim von Dämonen bewohnt wird. Und nur unter den außergewöhnlichsten Umständen kann ein Gott Nifelheim oder ein Dämon Asgard betreten. Da ein solcher Schritt mit dem vorübergehenden Verlust der eigenen Kräfte verbunden ist, ist sicher zu verstehen, daß solche Besuche überaus selten sind. Um ohne lästige Einschränkungen miteinander interagieren zu können, müssen Götter und Dämonen also die Welt der Sterblichen aufsuchen. In früheren Zeiten geschah dies sehr häufig und relativ offen, weshalb es viele Legenden aus vergangenen Zeiten gibt, die sich mit den Ereignissen befassen, die mit solchen Besuchen verbunden gewesen sind. Gelegentlich ist es vorgekommen, daß Götter oder Dämonen sich während ihres Aufenthalts sterbliche Geliebte genommen und mit ihnen Kinder bekommen haben. Daher stammen Geschichten über Halbgötter und Halbdämonen. Konntest du mir soweit folgen?"

Ranma-chan nickte.

"Wunderbar. Nun, in der heutigen Zeit sind Besuche von Göttern und Dämonen in der Welt der Sterblichen keineswegs weniger selten als früher. Heute jedoch sind diese Wesen bemüht, ihre wahre Natur während solcher Besuche zu verbergen, um keinen unnötigen Aufruhr unter den Menschen zu verursachen. Auch kommt es immer noch vor, daß Götter und Dämonen Kinder mit Sterblichen haben. Die besonderen Kräfte dieses Nachwuchses werden jedoch zum Zeitpunkt der Geburt mit einem Bannsiegel belegt, denn die Zeit der großen halb-unsterblichen Champions wie Herakles ist laut einer Übereinkunft zwischen Kami-sama und Hild, der Magna-Regentin der Hölle, vorbei. Solche Kinder profitieren von ihrem unsterblichen Elternteil lediglich durch eine höhere Lebenserwartung, Beinaheimmunität gegen Krankheiten und eine beschleunigte Heilung von Verletzungen. Mehr Boni sind normalerweise nicht gestattet. Aber es gibt Umstände, die das ändern können."

"Zum Beispiel?"

"Wenn das Bannsiegel aus irgendeinem Grund geschwächt wird, manifestieren sich weitere Fähigkeiten."

"Fähigkeiten wie übernatürliche Stärke beispielsweise.", warf Neko ein. "Oder enorme Schnelligkeit."

"Willst du wohl ruhig sein?", grollte Yui. "Dazu komme ich gleich schon noch. Wenn du nicht still sein kannst, geh und spiel mit einem der Dienstmädchen."

"Was für eine verlockende Einladung." Neko schaute das Mädchen, das Yui massiert hatte, fragend an. Das Mädchen nickte daraufhin mit einem erwartungsvollen Lächeln auf den Lippen und verschwand zusammen mit Neko im Haus.

"So. Jetzt wo er eine Weile beschäftigt ist, können wir hoffentlich ohne weitere Störungen miteinander reden."

"Ähm...die Zwei tun jetzt nicht was ich denke, oder?", fragte Ranma-chan stirnrunzelnd.

"Ich weiß zwar nicht, was du denkst, aber wenn du an Sex denkst, dann vermute ich, daß du richtig liegst.", erwiderte Yui mit offener Selbstverständlichkeit.

"WAS? Aber das geht doch nicht!"

"Oh? Wieso nicht?", fragte Yui in gespielter Verblüffung.

"Das Mädchen ist doch höchstens vierzehn!", rief sie aufgebracht. "Das...das ist doch krank!"

"Ranma, beruhige dich wieder. Es ist alles in bester Ordnung und ich werde dir auch sofort erklären, warum."

Ranma-chan bedachte Yui mit einem Blick der sagte: "DIE Erklärung muß aber verdammt überzeugend sein, oder ich werde verdammt ungemütlich."

"Wie du vielleicht weißt, gibt es verschiedene Arten von Dämonen. Es sind zu viele, um sie alle aufzuzählen, aber neben Tierdämonen und Höllenengeln sind für dich besonders zwei Kategorien interessant: Oni und Succubi."

"Oni und Succu-was?"

"Succubi, Ranma. Weißt du, was ein Succubus ist?"

Ranma-chan schüttelte den Kopf.

"Ein Succubus ist ein Dämon mit der Fähigkeit, seine Gestalt zu ändern und sie so den sexuellen Ansprüchen seines Gegenübers anzupassen. Mit anderen Worten: Ein Succubus erspürt, wie der Wunschpartner seines Gegenübers beschaffen sein soll und kann sich entsprechend verwandeln, um dem Partner maximale Befriedigung zu verschaffen. Im Gegenzug ernährt sich der Succubus vom Überschuß-Ki, das beim sexuellen Akt freigesetzt wird."

"Und was hat das mit diesem Mädchen zu tun?"

"Simpel, du Dummie. Kia ist ein Succubus. Trotz ihres sehr jugendlichen Aussehens ist jede Form von Sex für sie so normal wie Atmen."

DAS mußte Ranma-chan erstmal verdauen.

"Wieso", fragte sie nach einer Weile, "hast du einen Dämon bei dir zu Hause? Ist das nicht gefährlich?"

Diese Frage brachte Mari, die gerade eine Kanne mit kaltem Tee auf einem Tablett aus dem Haus geholt hatte, zum Kichern.

"Wie kommt ihr darauf, daß Mistress Yui nur einen Dämon im Haus hätte?", fragte sie den Rotschopf mit gespielter Unschuldsmiene, während sie ein Glas mit Tee füllte und dem geschockten Teilzeitmädchen reichte.

"Du...auch?", fragte sie vorsichtig.

"Ich habe die Ehre.", antwortet die Blonde darauf mit einem eleganten Hofknicks.

"Obwohl Sex zu haben für einen Succubus etwas völlig Natürliches ist, bedarf es dennoch einer gründlichen Ausbildung, um alle Aspekte perfekt zu beherrschen. Schließlich ist das Ergebnis für den Succubus um so positiver, je besser er den Partner oder die Partnerin zufriedenstellen kann.", fuhr Yui an dieser Stelle fort. "Das Mädchen, das dich gestern in der Stadt geküßt hat, befindet sich in einem frühen Ausbildungsstadium, während die Mädchen und Frauen hier auf meinem Anwesen in verschiedenen Phasen der fortgeschrittenen Ausbildung stehen."

Ranma-chan war sprachlos.

"Und da du dich über die Flügel gewundert hast, die die Damen hier tragen...sie sind ein Erkennungsmerkmal."

"Wofür?"

"Genau wie die leicht vergrößerten Eckzähne für Oni charakteristisch sind, sind es die Fledermausflügel für Succubi."

"Moment mal. Soll das heißen, du willst aus mir so einen perversen Sex-Dämon machen? Vergiß es. Da mache ich ganz sicher nicht mit."

"Aber nein, Ranma. Das habe ich nicht vor.", erwiderte Yui beruhigend. "Wie ich dir gestern schon sagte, bringt dieser Ort hier verborgene Eigenschaften zum Vorschein. Die Tatsache, daß du die Flügel eines Succubus und die Dämonenmarkierungen im Gesicht hast", sie zeigte zur Verdeutlichung auf ihre eigenen roten Dreiecksmarkierungen, "bedeutet lediglich, daß zu deinen Vorfahren ein Succubus gehört."

Ranma-chan begriff plötzlich, warum Yui ihr die Geschichte über Kinder von Dämonen und Menschen erzählt hatte.

"Aber nur weil einer meiner Vorfahren MÖGLICHERWEISE ein Dämon gewesen ist, und ich sage nicht, daß ich diese Story glaube, bedeutet das noch lange nicht, daß ich auch ein Dämon bin."

"Es gibt da kein 'möglicherweise', Ranma-kun. Und ich kann dir sogar sagen, welchem deiner Vorfahren du dein besonderes Erbe verdankst."

"Oh. Und wem? Meiner Ururururoma?"

"Nein, Ranma-kun." Yui lächelte freundlich. "Meiner Schwester Nodoka. Deiner Mutter."

"Meiner..." Ranma-chan war sprachlos.

"Ja, geliebter Neffe. So ist es."

"Da-Das glaube ich nicht.", stieß sie hervor.

"Oh doch. Das tust du. Du hast nur Probleme damit, die Wahrheit zu akzeptieren."

"Welche Wahrheit?", schnaubte Ranma-chan trotzig. "Daß meine Mutter ein perverser Sex-Dämon sein soll?"

"Wenn du mir nicht glaubst, frag sie doch selbst."

"Oh, sicher. Ich gehe zu meiner Mutter, und sage zu ihr: 'Entschuldige, Mama, aber ich habe neulich eine Frau getroffen, die behauptet, deine Schwester zu sein, und die gesagt hat, du wärst ein perverser Sex-Dämon. Hat sie Recht damit?' Für wie blöd halten sie mich?"

"Du hast doch nur Angst, daß ich die Wahrheit gesagt haben könnte.", gab Yui zurück.

"Ich habe vor gar nichts Angst.", widersprach Ranma-chan hitzig. "Aber ich geh doch nicht mit so einem Schwachsinn zu meiner eigenen Mutter."

"Zumal du dich vor ihr in deiner Mädchenform versteckst, nicht wahr, Ranko Tendo?"

"Genau. Ich..." Ranma-chan stutzte und funkelte Yui wütend an. "Woher weißt du DAS denn schon wieder?"

"Aus deiner Akte natürlich."

"Akte?"

"Die Aufzeichnung deines Lebens.", antwortete Yui. "Das Universum, die gesamte Realität, wird vom Yggdrasil-System in Asgard kontrolliert, einer Art riesigem Supercomputer. Und jeder Gegenstand und jedes Lebewesen, alles was in dieser Realität existiert, wird durch ein Programm repräsentiert, das auf dem Yggdrasil-Computer ausgeführt wird. Du, ich, Mari hier, Götter, Dämonen, Menschen...wir alle sind letztlich nichts anderes als Programme auf dem großen Computer, der die Realität lenkt."

"Programme?" Ranma-chan verstand trotz ihres geringen Wissens über Computer genug von Yuis Worten, um die allgemeine Aussage zu verstehen. Sie war geschockt und zugleich fasziniert von dem Konzept.

"Ich gebe zu, es ist eine starke Vereinfachung. Aber es trifft den Kern recht gut. Aufgrund meines Ranges habe ich gewisse Zugriffsrechte, die mir beispielsweise erlauben, die Aktivitätsprotokolle diverser Programme anzusehen."

Ranma-chans Blick zeigte pure Verständnislosigkeit.

"Ein Aktivitätsprotokoll zeichnet auf, was ein Programm seit seinem Start alles getan hat. Wenn ich also das Protokoll zum Programm 'Ranma Saotome' aufrufe, kann ich mir jedes Detail deines Lebens anschauen."

"Und das können sie für jedes Lebewesen machen?"

"Für alle Sterblichen und für niederrangige Dämonen.", korrigierte Yui. "Dämonen können nicht die Akten von Göttern ansehen. Die Akten von gleich- und höherrangigen Dämonen sind ebenfalls gesperrt. Außerdem können Kami-sama oder Hild-sama Zugangssperren für beliebige Akten verhängen, wenn ihnen danach ist."

"Hild ist die Chefin der Hölle, richtig?"

Yui nickte.

"Und sie hat Zugriff auf dieses Yggda-Dingsbums?"

"Nifelheim hat ein eigenes System namens Nidheg.", erklärte Yui. "Nidheg kontrolliert Nifelheim und ist so mit dem Yggdrasilsystem verbunden, daß ein Austausch von Informationen möglich ist. Hild schickt also genaugenommen über diese Verbindung eine Anfrage an Yggdrasil, wenn sie beispielsweise den Zugriff auf bestimmte Protokolle gesperrt haben möchte."

"Aber warum sollten die Götter zulassen, daß jemand aus der Hölle an der Realität herumpfuscht?", fragte die Rothaarige verwirrt. "Ich meine, Götter und Dämonen sind doch Feinde, oder? Und Dämonen richten allen möglichen Schaden an..."

"Kennst du das Konzept sich bedingender Gegensätze?"

Ranma-chan schüttelte den Kopf.

"Gut und Böse sind solche sich bedingenden Gegensätze. Das eine kann nicht ohne das andere existieren, weil der jeweilige Gegenpart benötigt wird, um das Konzept zu definieren. Um etwas als Böse zu definieren, brauchst du einen moralischen Vergleichsmaßstab, auf dem du sagen kannst, was gut ist und umgekehrt.", erklärte Yui langsam. "Denk mal in Ruhe darüber nach, wenn du Zeit hast. Das ist kein Konzept, das man mal so eben auf die schnelle komplett verstehen kann. Man könnte aber sagen, daß Götter und Dämonen einfach zwei Seiten derselben Münze sind."

"Das soll jetzt aber wohl nicht heißen, daß alles Friede, Freude, Eierkuchen zwischen beiden Seiten ist, oder?"

"Kaum.", bestätigte Yui mit einem leisen Lachen. "Die Götter haben ihre Pläne und Aufgaben und wir Dämonen haben unsere. Und wenn sich die Gelegenheit ergibt, die Arbeit der anderen Seite ein wenig zu sabotieren, dann tun wir das – vorausgesetzt, es bietet uns einen Vorteil. Häufig ist es so, insbesondere bei den hochrangigen Göttern und Dämonen, daß sich über die Zeit bereits Paare oder Gruppen von Gegenspielern fest etabliert haben. So wie es bei dir und deinen Rivalen ist."

Ranma-chan nickte verstehend.

"Es gibt selbstverständlich auch Rivalitäten zwischen einzelnen Dämonen, genau wie es das auch unter den Göttern gibt. Deshalb würde sich ein Dämon zweimal überlegen, ob er die Arbeit eines Gottes sabotiert, der ein bekannter Gegenspieler eines eigenen Rivalen ist."

"Das klingt so, als wenn die Beziehung zwischen Göttern und Dämonen gar nicht so verschieden von meinem Leben in Nerima wäre."

"Auf gewisse Weise hast du Recht. Der bedeutendste Unterschied ist wohl, daß wir eher selten zu Gewalt greifen, wenn wir uns mit Göttern auseinandersetzen."

"Du machst Witze."

"Nein, Ranma. Hild-sama und Kami-sama haben vor langer Zeit beschlossen, daß ein Krieg zwischen unseren Lagern nicht wünschenswert wäre. Deshalb haben sie das Doubletsystem eingeführt."

"Und was macht dieses Doubletsystem?"

"Das wollte ich gerade erklären. Das Doubletsystem kommt bei allen Göttern und Dämonen zur Anwendung, die ein nennenswertes Maß an Macht besitzen, und verbindet je einen Gott und einen Dämon, die beide zufällig ausgewählt werden und nicht wissen, wer der Gegenpart ist, miteinander. Sollte nun ein Dämon einen Gott töten, dann wird im gleichen Moment auch der dämonische Gegenpart des Gottes gelöscht. Umgekehrt natürlich genauso."

"Eine schlaue Idee."

"Dann glaubst du mir jetzt also endlich?"

"Was diese Götter-Dämonen-Story betrifft...ja. Aber nicht daß meine Mutter ein Dämon sein soll."

Yui nickte.

"Immerhin etwas."

"Aber wenn ich mich richtig erinnere, wollten sie mir etwas über meine Verwicklungen mit all diesen vielen Mädchen erzählen."

"Stimmt. Das wollte ich."

"Und?"

"Ich nehme nicht an, daß dir der Name Urd etwas sagt?"

"Nein. Wer ist das? Eine neue Verlobte?"

"Das wäre mal eine interessante Vorstellung.", meinte Yui schmunzelnd. "Nein, Ranma. Urd ist die Göttin der Vergangenheit. Eine der drei Nornen. Ihre Schwestern Belldandy und Skuld sind für die Domänen Gegenwart und Zukunft zuständig."

"Interessant. Aber was hat das mit den..."

"Urd ist auch die selbsternannte Göttin der Liebe. Und die Betonung liegt hierbei auf selbsternannt."

"Göttin der...Liebe?" So langsam bekam Ranma-chan eine Idee, worauf das nun hinauslaufen würde.

"Nun siehst du, Urd neigt dazu, von ihren eigentlichen Aufgaben schnell gelangweilt zu sein, sagt man. Und dann beginnt sie eigenständig irgendwelche Projekte, mit denen sie sich die Zeit vertreiben kann. Eines ihrer bevorzugten Hobbies ist es, sich irgendeinen Sterblichen herauszupicken und den perfekten Partner für ihn oder sie zu suchen. Perfekt nach ihrem eigenen Maßstab und ihrer aktuellen Laune versteht sich."

Ranma-chan begann langsam zu verstehen.

"Und das alles wäre ja auch halb so wild, wenn Urd nicht so eine sprunghafte Persönlichkeit besitzen würde.", fuhr Yui fort. "Denn nachdem sie einen Partner für ihren aktuellen Projekt-Sterblichen gefunden und die Weichen für ein Zusammenkommen der Zwei gestellt hat, passiert es häufig, daß sie irgendwann einen ihrer aktuellen Laune entsprechend noch besseren Partner findet, den sie dann ebenfalls mit ihrem Projekt-Sterblichen zusammenbringt. Und so weiter, und so weiter. Natürlich ist es nicht ihre Absicht, damit all dieses Chaos zu verursachen. Sie ist nur eine gedankenlose Dilletantin, für die das alles nichts als ein Spiel ist, mit dem sie sich die Zeit vertreiben kann."

"Soll das heißen,", fragte Ranma-chan mit gefährlich leiser Stimme, "daß mein Leben ein Chaos ist, weil eine gelangweilte Göttin mich als Spielzeug zur persönlichen Unterhaltung benutzt?"

"Du hast es präzise auf den Punkt gebracht.", antwortete Yui. "Wobei ich ehrlicherweise sagen muß, daß das Chaos in den letzten anderthalb Jahren deines Lebens zu einem kleinen Teil auch auf meinen Mist gewachsen ist."

Ranma-chans Blick bohrte sich mit der Intensität eines Laserstrahls in die Blauhaarige.

"Wie bitte?!"

"Ich mußte einen Weg finden, um das Bannsiegel auf deinen Kräften zu schwächen, damit du nicht mehr als simpler Sterblicher zählst, Ranma.", erklärte Yui hastig, da sie spürte, daß ein enormer Wutausbruch Ranmas unmittelbar bevorstand. "Solange du 'nur' ein Sterblicher warst, hatte ich keine Möglichkeit, dich gegen Urd zu unterstützen, oder dich überhaupt über ihre Einmischung in dein Leben zu informieren."

"Und was präzise haben sie in den letzten anderthalb Jahren getan, um mein Leben schwer zu machen?"

"Nicht IN, sondern VOR anderthalb Jahren."

Die Rothaarige verstand augenblicklich, worauf die Blauhaarige sich bezog.

"JUSENKYO?!?"

Ranmas Kampfaura fegte Yui glatt von ihrem Liegestuhl.

"HABEN SIE EINE AHNUNG, WAS ICH WEGEN DIESES VERDAMMTEN FLUCHS ALLES ERTRAGEN MUSSTE?!?"

Yui rappelte sich wieder auf.

"Das habe ich, Ranma. Und ich kann deine Verärgerung verstehen. Aber denk für einen Moment nach: Eine kurze Zeit unter dem Einfluß eines Fluchs zu leben, ist doch ein fairer Tausch für die Möglichkeit, die Kontrolle über das eigene Leben zurückzubekommen, oder?"

Ranma-chan rang sichtlich um Selbstkontrolle.

"Was soll das heißen? Eine kurze Zeit?", presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

"Mit ein wenig Training und Hilfe von mir und Neko kannst du das Bannsiegel so weit schwächen, daß du die völlige Kontrolle über den Formwechsel erlangst.", antwortete die Blauhaarige. "Vergiß nicht: Die Fähigkeit zum Gestaltwandel liegt dir im Blut. Die Transformationsmagie von Jusenkyo war nur notwendig, um deine unterdrückten Talente zu stimulieren. Sobald du deine Kräfte gemeistert hast, braucht kaltes Wasser dich nicht mehr interessieren."

"W-Wirklich?"

"Wirklich."

Ranmas Kampfaura erlosch schlagartig.

"Mann. Das hätten sie doch gleich sagen können. Dann hätte ich mich nicht so aufgeregt."

"Das ist eine deiner Schwächen.", schnaufte Yui.

"Was soll DAS jetzt wieder heißen?", schnappte Ranma-chan irritiert.

"Das soll heißen, daß du zu leicht dein Temperament zügelst, und dir jeden Mist ohne echte Gegenwehr gefallen lässt, mit dem du konfrontiert wirst. Die prominentesten Beispiele: Akane, Ryoga und Nabiki."

Ranma-chan ließ ein wenig den Kopf hängen.

"Aber weißt du was?", meinte Yui und klopfte dem Rotschopf aufmunternd auf die Schulter. "Ich weiß, daß dein Vater dir nicht beigebracht hat, wie man Konflikte löst, die nichts mit Kampfsport zu tun haben. Genauso wie er dir andere Dinge nicht beigebracht hat, die du wissen solltest."

"Da sagen sie mir nichts neues."

"Deine Mutter wollte, daß du zu einem Mann unter Männern wirst. Aber das, was dein Vater aus dir gemacht hat, würde No-chan wohl eher einen Neandertaler unter Männern nennen. Wie wäre es, wenn ich dir ein paar Tips geben würde, wo und wie du dich verbessern kannst?"

"Und was wollen sie dafür haben?"

"Hmm?"

"Kein Mensch würde ein so großzügiges Angebot machen, ohne eine Gegenleistung haben zu wollen."

"Ich werde mich einfach darüber freuen, meiner hier in Nifelheim so hochgeschätzten Schwester einen Gefallen getan zu haben, Neffe."

"Ich glaube ihnen das mit der Verwandtschaft nicht wirklich, Lady."

"Oh, ich denke das tust du, Ranma-kun.", erwiderte Yui mit einem überzeugten Lächeln. "Du kannst es nur noch nicht zugeben. Aber das macht nichts. Du wirst mich Tante nennen, sobald du dich dazu bereit fühlst. Ich kann warten."

"Hmm. Sie wollen mir also wirklich helfen?"

"Das sagte ich doch gerade."

"Und was erwarten sie, was ich tun soll?"

"Gute Frage." Sie schaute Ranma-chan ernst in die Augen, bevor sie fragte: "Was willst du denn tun?"

Diese Frage kam offenbar überraschend.

"Mich hat seit ich denken kann noch niemand gefragt, was ICH tun will.", erklärte sie verdutzt.

Yui legte ihre Hände auf die Schultern des kleineren Mädchens und lächelte warmherzig.

"Nach den Maßstäben der Sterblichen, unter denen du aufgewachsen bist, bist du fast volljährig. Da wird es höchste Zeit, daß du herausfindest, was du tun möchtest. Es ist schließlich DEIN Leben, also denk sorgfältig darüber nach, was du damit anfangen willst." Dann gab sie dem erstaunten Mädchen einen Kuß auf die Stirn. "Tu nichts, was dich unglücklich machen würde, nur weil andere es von dir erwarten. Und solange du hier bist, hast du die Möglichkeit, eine Menge Dinge auszuprobieren, über Optionen nachzudenken und so weiter."

Ranma-chan nickte langsam. Yuis Vorschlag klang nach einem sehr guten Plan.

Aber...

"Was ist mit den Tendos und den anderen Leuten? Sie werden mich in Nerima vermissen, wenn ich hier bin. Es wird schon schwer genug werden, zu erklären, wo ich über Nacht gewesen bin."

"Das ist kein Problem, Ranma. Nifelheim existiert außerhalb der gewöhnlichen Raumzeit. Anders gesagt: Ich kann dich an einem Zeitpunkt kurz nachdem wir Nerima verlassen haben, dort wieder abliefern."

"Wirklich?"

"Du könntest Jahre hier verbringen und trotzdem fünf Minuten nach verlassen Nerimas dort wieder auftauchen.", bekräftigte Yui. "Allerdings würdest du in der Zwischenzeit ganz normal altern, also würde jemand in Nerima zwangsläufig den Altersunterschied bemerken. Trotzdem denke ich, daß ein kleiner Urlaub in Nifelheim dir ganz gut tun würde. So ein bis zwei Monate vielleicht."

Ranma-chan schmunzelte belustigt.

"Ryoga hat immer gesagt, wegen mir hätte er die Hölle gesehen. Nun, jetzt habe ich ihm DAS auf jeden Fall voraus."

"Oh, dein Rivale Ryoga ist ein ähnlicher Fall wie du, also kann es durchaus sein, daß er eines Tages die Hölle sehen wird."

"Was?"

"In Ryogas Familie fließt Erd-Oni-Blut. Und dank Jusenkyo ist SEIN Bannsiegel ebenfalls geschwächt.", erläuterte Yui ihre Worte. "Da Oni jedoch keine Gestaltwandler sind, wird er anders als du niemals Kontrolle über den Fluch erlangen können. Eure Rivalität hängt übrigens auch damit zusammen. Zwischen Erd-Oni und Succubi herrscht eine jahrtausendealte instinktive Rivalität. Je schwächer also eure Bannsiegel werden, desto stärker werdet ihr diese Rivalität gegeneinander in euch fühlen." Sie zuckte mit den Schultern. "Nichts, worüber du dir Gedanken machen müßtest. So ist halt der Lauf der Dinge."

"Noch etwas, was ich wissen sollte?"

"Von meiner Seite wäre das vorerst alles. Aber Neko hat dir noch ein paar Dinge zu sagen."

"Vorausgesetzt, er ist mit seinen perversen Spielchen fertig.", schnaufte die Rothaarige irritiert.

"Wenn Sex wirklich so schrecklich und ablehnenswert ist, wieso hat die Erde dann das Problem der Überbevölkerung?", fragte Yui sie mit einem dünnen Lächeln.

"Aber..."

"Ich sage nicht, daß du hinter jedem Rock herjagen solltest, der in dein Sichtfeld gerät, aber deine totale Anti-Haltung ist auch nicht das Wahre.", unterbrach Yui ihn seufzend. "Aber darüber können wir später noch reden. Jetzt sollten wir mal sehen, ob Neko schon wieder ansprechbar ist."

Das Teilzeitmädchen neben ihr kommentierte das nur mit einem vielsagenden Brummen, trottete aber nichtsdestotrotz brav hinter dem blauhaarigen Succubus her.
 

Neko war in der Tat schon wieder ansprechbar. Gerade als Yui und Ranma-chan das Haus betraten, kam ihnen der Schwarzhaarige in einen dunkelblauen Yukata gekleidet und mit einem zufriedenen Grinsen auf den Lippen entgegen.

"Hi, Ranma. Hat Yui-chan dich inzwischen gut unterhalten?", fragte er mit einem schelmischen Grinsen.

"Wir hatten ein aufschlußreiches Gespräch.", erwiderte Ranma-chan darauf und wunderte sich ein wenig über Yuis leises Kichern bei seiner Antwort.

"Na dann können wir uns ja jetzt mal miteinander unterhalten, hmm?", meinte Neko fröhlich.

"Aber behalt bloß deine Griffel bei dir, klar?!"

"Glaubst du wirklich, ich würde mich an einem unschuldigen Wesen wie dir vergreifen?", gab Neko gespielt beleidigt zurück.

"Jemandem, der sich an kleinen Mädchen vergreift, ist alles zuzutrauen."

"Oh, diese Jugend.", seufzte der Schwarzhaarige theatralisch. "Einfach kein Vertrauen mehr in die ältere Generation."

"Hättest du auch nicht, wenn du mit Leuten wie Happosai und dieser Cologne leben müßtest.", erwiderte Yui trocken. "Und vergiß Genma und Soun Tendo nicht."

"Natürlich. Bei solchen Vorbildern ist es kein Wunder, wenn die Jugend das Vertrauen in ihre Älteren verliert.", stimmte Neko verständnisvoll zu. "Komm, Ranma, wir machen einen kleinen Spaziergang durch den Garten."
 

Ranma-chan folgte Neko schweigend durch die ausgedehnten Gartenanlangen, dass Geräusch zweier Fußpaare auf ordentlich geharkten Kieswegen der einzige akkustische Begleiter, bis nach einer Weile das leise Plätschern eines künstlich angelegten Miniaturwasserfalls hinzukam, der einen kleinen See speiste, an dessen Ufer Neko schließlich stehenblieb.

"Cool.", murmelte die Rothaarige leise, während ihr Blick bewundernd über die friedliche Szenerie schweifte.

"Das hier ist einer meiner Lieblingsplätze auf Yui-chans Anwesen.", erklärte Neko.

"Neben dem Schlafzimmer eines Dienstmädchens, meinst du wohl." Ranma-chans Erwiderung klang bei weitem nicht mehr so feindselig oder empört wie ihre früheren Kommentare zu diesem Thema.

"Oh, wer braucht DAFÜR schon Schlafzimmer?", gab Neko schmunzelnd zurück. "Es gibt wesentlich interessantere Orte. Aber mehr hierüber herauszufinden überlasse ich dir selbst."

"Da bin ich dir ja sooo dankbar.", gab Ranma-chan mit beißendem Sarkasmus zurück.

"Mir ist bewußt, daß das ein unangenehmes Thema für dich ist, mein Freund. Und ich kann durchaus rücksichtsvoll sein, wenn ich will.", bemerkte der Schwarzhaarige sichtlich amüsiert.

Ranma-chan blinzelte überrascht.

"Freund?"

Neko drehte sich zu ihr um und lächelte freundlich.

"Wie würdest du jemanden nennen, der dich über mehrere Jahre deines Lebens begleitet hat?"

"Du hast mich jahrelang begleitet? Wieso? Und wie?"

"Das verdankst du deinem Vater. Und seiner überstürzten Entscheidung, dir etwas beizubringen, wofür du nicht bereit warst. Schau gut zu. Ich werde dir demonstrieren, was ich meine."

Neko ging zu einem der kleinen Felsen, die am Ufer des Sees lagen und hob seinen rechten Arm, die Hände zu Krallen geformt. Dann schlug er zu, wobei seine Hand den Felsen jedoch kaum streifte.

Den Felsen, der kurz darauf, in fünf Stücke geschlagen, auseinanderfiel.

Ranma-chan starrte die Bruchstücke für einen Augenblick staunend an. Ihr fielen sofort die wahnsinnig glatten Bruchflächen auf, und sie verstand. Der Felsen war nicht in Stücke geschlagen, sondern in Stücke geschnitten worden.

"Wie...?"

"Das, Ranma,", erklärte Neko mit einem stolzen Lächeln, "ist die wahre Neko-ken."

"DU beherrscht die WAHRE Neko-ken?"

"Als Meister der Tierfaust-Kampfkünste sollte ich das wohl.", erwiderte Neko schmunzelnd.

"Tierfaust-Kampfkünste?" Sie betrachtete Neko mit völlig neuem Respekt.

"Die Inu-Ken, die Mibu-Ken und die Neko-Ken.", antwortete Neko. "Techniken, die von Hunde-, Wolfs- und Katzendämonen praktiziert werden."

"Kannst du mir das beibringen?" Ranma-chans Blick strahlte regelrecht vor Enthusiasmus.

"Setz dich."

Die Rothaarige setzte sich neben Neko auf einen der Felsen.

"Die Fähigkeit eine dieser Künste zu beherrschen ist eine Frage der Herkunft.", begann Neko seine Erklärung. "Wenn einer deiner Vorfahren ein Hundedämon war, ist es einfach für dich, die Inu-Ken zu beherrschen, weil es zu deinen Geburtsrechten gehört."

"Du sagtest, die Yamasenken und Umisenken wären auch solche Geburtsrechte. Was hat es damit auf sich?"

"Nun, dein Vater denkt, er hätte zwei neue Techniken erfunden, aber das ist Blödsinn. Die Yamasenken und Umisenken gehören beide zum Neko-Ken-System.", antwortete Neko darauf. "In den Adern deines Vaters fließt Katzendämonenblut, was er natürlich nicht ahnt. Gleiches gilt für die Kumon-Familie."

"Deshalb konnte Ryo also die Yamasenken meistern.", erkannte Ranma.

"Richtig."

"Hmm. Okay. Das bedeutet, ich könnte diese Inuken und Mibuken mit Leichtigkeit meistern, wenn ich Hunde- und Wolfsdämonen in meiner Ahnenreihe hätte."

"Ich sehe, du begreifst schnell."

"Aber was meintest du damit, daß du mich seit Jahren begleitet hättest?"

"Nach deinem verunglückten Versuch, die Nekoken zu lernen, hattest du Alpträume, die sich auf deine Erlebnisse mit Katzen bezogen, nicht wahr?"

Ranma-chan nickte mit unbehaglicher Miene.

"Diese Alpträume waren meine Versuche, dich auf unterbewußter Ebene zu kontaktieren und den mentalen Schaden zu beseitigen, den das Training bei dir angerichtet hatte. Auf diese Weise hättest du schon vor Jahren lernen können, deine Angst vor Katzen zu besiegen und die wahre Nekoken zu meistern. Und wenn du dich jetzt fragst, wieso ich all diesen Aufwand betreiben sollte..." Er machte eine kleine Effektpause. "...ich sehe es als meine Verantwortung als Meister der Nekoken an, denjenigen zu helfen, die so mutig oder verrückt waren, zu versuchen diese Technik zu meistern, sofern sie meine Hilfe benötigen."

"Hmm. Dann verstehe ich nicht, wieso Cologne gesagt hat, das Training sei in allen ihr bekannten Fällen für den Schüler tödlich verlaufen.", wunderte Ranma-chan sich.

"Natürlich. Wenn ein MENSCH versucht, die Nekoken zu meistern, bleibt mir leider nicht viel mehr übrig, als einen Akt von Barmherzigkeit zu zeigen."

"WAS?" Ranma-chan sprang auf und starrte den Schwarzhaarigen fassungslos an. "Du willst sagen, DU hast all diese Leute UMGEBRACHT?!"

"Du hast selbst erlebt, welchen Schrecken das Training bedeutet, Ranma.", erwiderte Neko darauf. "Und bei dir hielt es sich noch relativ in Grenzen, weil du tatsächlich die Veranlagung hattest, diese Technik zu lernen. Wird jedoch jemand, der diese Veranlagung nicht besitzt, dem Training unterzogen, ist der mentale Schaden vieltausendfach schlimmer."

"A-Aber..."

"Ich verstehe deine Aufregung, Ranma. Aber in solch bedauernswerten Fällen zerstört das Training den Verstand des Schülers völlig und ohne Aussicht auf Heilung. Wenn du jemals Zeuge gewesen wärst, würdest du verstehen, daß es wirklich ein Akt der Gnade meinerseits gewesen ist. Keiner der Betroffenen hätte als das weiterleben wollen, was das Training aus ihm gemacht hatte. Und in den letzten fünfhundert Jahren habe ich Anstrengungen unternommen, Trainingshandbücher der Tierfaust-Kampftechniken überall auf der Welt aus dem Verkehr zu ziehen."

"Wieso hatte mein Vater dann so ein Handbuch?"

"Weil er als Mitglied einer Katzendämonenfamilie das Recht darauf hatte."

Das ergab für Ranma erstaunlicherweise Sinn. Auch wenn die Unwissenheit seines Vaters bezüglich seines Erbes diese Erlaubnis reichlich dubios erscheinen ließ.

"Und? Kann ich die Inuken oder die Mibuken lernen?", wandte er sich wieder für ihn wichtigeren Dingen zu.

"Nicht von mir.", antwortete Neko darauf. "Und ganz sicher nicht, solange du die wahre Nekoken noch nicht gemeistert hast."

"Okay. Aber die kannst du mir doch sicher beibringen, oder?"

"Sobald du wieder in Nerima bist."

"Warum nicht hier?"

"Das hier ist Yui-chans Anwesen."

"Und?"

"Nun, hier macht sie die Regeln. Und eine dieser Regeln sagt, daß sie...nun ja, sagen wir einfach, sie hat gewisse Vorrechte."

"Vorrechte?", fragte die Rothaarige verständnislos.

Neko lächelte schmal.

"Lass es mich so formulieren: Möchtest du in der Lage sein, wieder deine männliche Form anzunehmen, bevor du nach Nerima zurückkehrst?"

"Blöde Frage. Natürlich will ich das."

"Dann solltest du dich mit deiner Tante arrangieren.", riet Neko ihm. "Auch wenn du gelernt hast, Dämonen nicht zu vertrauen, solltest du ihr ein wenig Spielraum gewähren."

"Warum sollte ich das tun?"

"Weil sie nur dein Bestes im Sinn hat."

"Hrmpf. Das sagen mir mein Vater und Soun Tendo zu Hause auch."

"Zugegeben. Aber Yui-chans einziges Anliegen ist, dir dein wahres Erbe bewußt zu machen und dich mit deinen größtenteils noch versteckten Fähigkeiten vertraut zu machen."

"Und was ist mit dieser Urd?", unterbrach Ranma ihn. "Yui erwartet doch mit Sicherheit, daß ich mich mit dieser Göttin anlege. Wer sagt mir, daß DAS nicht ihre versteckte Agenda ist?"

Neko kicherte.

"Du bist ziemlich klug.", meinte er. "Das wäre durchaus eine Möglichkeit. Aber du hast alle Zeit der Welt, um herauszufinden, ob und wenn ja was Yui-chan im Schilde führt."

"Und wie soll das gehen?"

"Warte bis deine Kräfte sich soweit entwickelt haben, daß eine Registrierung erforderlich ist. Dann steht dir die Hilfe von Nidheg zur Verfügung. Außerdem kannst du deine Tante einfach nach ihren Plänen fragen und sie schwören lassen, dir die volle Wahrheit zu sagen."

"Als wenn ein Dämon nicht lügen dürfte.", schnaubte die Rothaarige abfällig.

"Du wirst lachen, aber genau so ist es."

"Bitte?"

"Wir dürfen Fakten verschweigen oder hier und da ein wenig übertreiben. Aber ein Schwur ist dasselbe wie ein Vertrag, und an so einen Vertrag sind wir gebunden."

Ranma-chans Blick verriet, daß sie nicht überzeugt war.

"Götter und Dämonen sind gezwungen, ihre Versprechen einzuhalten. Aber während Götter sich auch an den Geist einer Vereinbarung halten müssen, sind wir Dämonen ausschließlich an den Wortlaut gebunden. Ich bin sicher, durch deine Bekanntschaft mit Nabiki bist du mit dem Unterschied zwischen diesen beiden Konzepten vertraut."

Der Rotschopf nickte mit säuerlicher Miene.

"Normalerweise formulieren wir Verträge immer so, daß wir uns durch Schlupflöcher davor drücken können, uns an den Geist des Vertrages halten zu müssen.", erklärte Neko. "Oft, gerade wenn wir es mit Sterblichen zu tun haben, gelingt es uns sogar, zu einer Formulierung zu kommen, die es uns gestattet, den Vertrag letztlich fast völlig außer acht zu lassen. Daran solltest du denken, wenn du mit einem anderen Dämon verhandelst, Ranma. Formuliere Vereinbarungen so einfach und unmißverständlich wie möglich. Und achte darauf, daß es keine Ausschlußklauseln oder ähnlichen Nonsens gibt."

"Du bist also auch ein Dämon. Und wieso sagst du, wenn ich mit einem 'anderen' Dämon verhandele?"

"Ich bin natürlich ein Dämon." Neko erhob sich und verneigte sich dann elegant vor der Rothaarigen. "Erlaube mir, mich vorzustellen. Ich bin Neko. Dämon erster Klasse ohne Beschränkungen. Und um deine zweite Frage zu beantworten: In deinen Adern fließt Dämonenblut. Sowohl von der väterlichen als auch von der mütterlichen Seite aus, was ein ziemlich seltener Fall in Midgard ist, wie ich vielleicht mal bemerken sollte. Das macht aus dir zumindest einen Halbdämon." Neko zeigte ein breites Grinsen und setzte sich wieder. "Dadurch fällst du natürlich auch unter die Regeln für Dämonen. Oder was glaubst du, weshalb es dir so schwer fällt, ein Versprechen zu brechen, hmm?"

"Was heißt hier schwer fällt? Ich habe mein Wort noch nie gebrochen!"

"Natürlich nicht. Die Ultimative Kraft, manche nennen sie auch Schicksalskraft, sorgt dafür, daß du deine Versprechen halten musst, auch wenn dir nicht bewußt ist, daß du dies nicht immer aus eigenem Antrieb tust."

"Kannst du das beweisen?"

"Denk an Ryoga. Oder besser gesagt: Denk an die Situationen, in denen du kurz davor standest, Akane sein Geheimnis zu enthüllen.", erwiderte der Katzendämon darauf. "Ist nicht jedesmal irgendetwas passiert, was dich daran gehindert hat, dein Versprechen zu brechen?"

Ranma-chan schwieg für eine Weile nachdenklich, während sie die unzähligen Ereignisse Revue passieren ließ. Am Ende ihrer Introspektive schaute sie Neko fassungslos an.

"Jetzt verstehst du vielleicht, warum gerade jemand deiner Herkunft mit Versprechungen vorsichtig sein sollte, nicht wahr? Andernfalls besteht die Gefahr, daß du ausgenutzt wirst und völlig unfähig bist, etwas dagegen zu unternehmen." Neko seufzte mitfühlend. "Es ist natürlich gemein und unfair, aber die Ultimative Kraft interessiert sich nicht dafür, wie tragisch die Situationen sind, in die du durch ein Versprechen gerätst. Sie ist einfach nur ein Werkzeug, dessen Zweck darin besteht dafür zu sorgen, daß auf das Wort von Göttern und Dämonen verlaß ist. Das ist der Preis, den wir für unsere Macht zu zahlen haben."

"Aber warum muß ich diesen Preis auch zahlen? Ich habe doch keine Macht."

"Du hast noch nicht gelernt, deine Kräfte zu nutzen, was auch daran liegt, daß sie größtenteils durch das Bannsiegel unterdrückt werden. Aber das Potential ist da und deshalb fällst du auch unter die Reglementierung der Schicksalskraft.", widersprach Neko seiner sichtlich frustrierten Begleiterin.

Der Katzendämon betrachtete Ranma prüfend und erhob sich schließlich wieder.

"Bleib ein Weilchen hier und denk über dich und deine Situation in Ruhe nach.", riet er ihr. "Komm zum Haus zurück, wenn du dich bereit fühlst. Oder", fügte er augenzwinkernd hinzu, "wenn du Hunger bekommst."

Dies entlockte Ranma-chan ein schiefes Grinsen. Sie nickte Neko zustimmend zu und beobachtete dann, wie der Katzendämon in den Weiten des Gartens verschwand.

Sie hatte wirklich eine Menge Dinge erfahren, über die sie nachdenken mußte. Seufzend legte sie sich in das warme, weiche Gras am Ufer des kleinen Sees und schloß ihre Augen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Umi
2007-09-02T17:53:44+00:00 02.09.2007 19:53
Mari ist süüüüüß <3
Und Ranma: 'Aber Mari ist doch eine Frau, die kann doch gar nicht SOWAS denken, wenn sie mich ansieht... das geht doch gar nicht o.O' ... yeah, er/sie/es hat noch verdammt viel zu lernen XDDD
Wuaaah, jetzt auch mal was Leckeres für die weibliche Leserschaft... ein schnugglischer Seme-Bishi, der auch noch ein Katzendämon ist... mit Lolita-Faible... *hrr~* (Ja, ich wollte eigentlich konstruktiv sein, aber... uh... überall läuft der personalisierte Sex herum, das ist schwer <XD') Kuschelig... *g*
Soll ich dir das Geheimrezept eines guten Mangas/guten Animes verraten? Er muss Stoff für Fanfictions bieten! Jup! Und deine FF bietet hier Stoff für weitere Fanfics, also, wie gesagt, wenn sie ein Anime wäre... dann hättest du verdammt viele weibliche Fans, die das Internet mit massig Neko+Ranma-kun(!)-Fics zumüllen würden... *smirk* Darf man denn eventuell später noch auf ein paar 'lehrreiche Lektionen' seitens Neko für Ranma-chan hoffen? Weil, damit der/die/das Gute sich sexuell voll entfalten kann, darf man sein/ihre/whatever homophobe Seite nicht komplett unbehandelt lassen und... *smirk* Okay, lassen wir das... *grien*
Muss ich übrigens erst erwähnen, was für herrliche Vorfreude die Ankündigung, dass die Rivalität zwischen Ryoga und Ranma sich noch verstärken wird, in mir auslöst? ^________________^
Njaaahahaaaaaa..... macht Geschmack auf meeeeeehr *hehe*


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