Zum Inhalt der Seite

Reise durch Enorath

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Beweis

Layn sah leicht nach hinten. Ihnen folgten einige und als sie so durch die Straßen gingen, kamen noch mehr dazu. Sie erkundigten sich bei den anderen, was los sei und als sie von den Goblins hörten, schlossen sich einige sogar an. Er sah zufrieden auf Ombur, der seinen Blick erwiderte. Ombur und Layn folgend ging der Menschenzug die Hauptstraße entlang und über den großen Marktplatz. Die Straßen wurden immer steiler, denn das Schloss stand hoch oben im Norden der Stadt. Sie mussten sogar durch eine abgrenzende Mauer gehen, die quer durch die Stadt lief, um zum Schloss zu gelangen. Dort angekommen drehte sich Layn um, denn von dort hatte man einen herrlichen Ausblick. Ihm fiel gleich auf, dass durch die weite Wiesenlandschaft Feinde sofort entdeckt werden würden, falls sie sich näherten und das schon auf viele hunderte Meilen Entfernung. Das ist wirklich sehr vorteilhaft…

Ombur stieg als Erster die Stufen zum Eingangstor hoch und wurde sofort von den Wachen zum Stehen gebracht. Layn, der sich von dem dankbaren alten Schmied gelöst hatte, war ihm gefolgt und erntete nun misstrauische Blicke von den Wachen. „Wir wollen zum König… es ist sehr wichtig und geht um das Wohl des ganzen Landes…“ sprach Ombur mit ernster Stimme. Die beiden Wachen sahen sich kurz an, dann ging einer zum Tor und trat hindurch.

„Ihr müsst auf die Antwort unseres Königs warten…im Moment ist er sehr beschäftigt und empfängt auch nicht jeden sofort…“ erklärte die andere Wache. Das beunruhigte Layn schon ein wenig. „Nun gut…“ Ombur drehte sich zu Layn um. „Mach dir keine Sorgen…er wird uns empfangen…er erkennt wichtige Angelegenheiten, selbst, wenn Fremde eine Anhörung wünschen…“ Layn nickte und lächelte dabei leicht, dann hörten sie auch schon eilige Schritte hinter dem Tor, welches sich daraufhin sofort wieder öffnete.

Die Wache, die zuvor hineingegangen war, stellte sich wieder neben die andere, nickte ihm kurz zustimmend zu und sofort zogen sie die Waffen zurück und es wurde ihnen Platz gemacht. „Der König möchte euch empfangen…folgt mir…“ sprach der eine und ging erneut durchs Tor. Ombur und Layn folgten ihm und die schweren Torflügel wurden sofort wieder hinter ihnen geschlossen. Layn war es, als ob sie ein großes Monster verschluckt hätte, wenn nicht an den Wänden Fackeln den Saal beleuchtet hätten. Diesen betrachtete er nun interessiert.

Die Wände waren reichlich geschmückt mit vielen Wandteppichen und überall standen Figuren und Statuen an den Seiten. Die gesamte Decke zierte ein wunderschönes Gemälde, das von einer großen Schlacht erzählte, sowie die verschiedenen Völker Enoraths vorstellte. Layn sah wieder herunter.

So etwas wie ihn gab es in keinem Buch und erst recht nicht auf Gemälden, man erzählte sich noch nicht einmal von solchen wie ihn. Er dachte es sich schon, dass er der einzige seiner Art wäre, obwohl er noch nicht einmal wusste WAS er nun genau war. Halb Elf, halb Vampir, wie sollte man so etwas auch nennen? Er seufzte leise und sah auf Ombur. Es gab noch ein paar Elfen, die ihn ebenso akzeptierten wie ihn und Nurana, sowie einige Zwerge. Alle zusammen konnte man jedoch an beiden Händen abzählen. Allerdings war Ijaii der einzige bis jetzt, der ihn in jeglicher Situation blindlings folgen und ihn niemals im Stich lassen würde. Er glaubte nicht, dass es nur daran lag, das Ijaii ihn für seinen Meister hielt, sie waren Freunde und vielleicht sogar irgendwie mehr als das, denn Ijaii erwähnte immer wieder wie gern er ihn hätte und auch Layn hatte die kleine Fledermaus richtig lieb gewonnen. Ein Leben ohne den Kleinen könnte er sich zumindest nicht mehr vorstellen. Diese Gedanken ließen Layn aufschrecken, denn er hatte Ijaii vergessen zu sagen, dass er länger wegbleiben würde, als nur zum Frühstücken. Doch er beruhigte sich rasch wieder, denn Ijaii würde um die Uhrzeit eh fest schlafen und Layn wäre sicherlich wieder zurück, wenn dieser aufwachen würde.

Sie traten vor ein großes Bronzetor, an der ebenfalls rechts und links Wachen standen und die Wache, die sie geführt hatte, klopfte an. Als es sich öffnete, kündigte er Ombur und Layn an und ging dann zurück auf seinen Posten. Zaghaft folgte Layn Ombur in den großen, hell beleuchteten Thronsaal.

Dieser schien auch zum ersten Mal hier zu sein und war genauso nervös wie er. Layn sah sich unwohl um. Die Blicke, die auf ihnen und besonders auf ihn gerichtet waren, zeigten das Missfallen an ihrem Auftreten. Sie müssen gerade in einer wichtigen Sitzung gewesen sein, denn alle saßen an einem langen Tisch. Der König saß an einem Ende des Tisches und zwei Wachen standen rechts und links neben ihm. An den Seiten saßen Ritter in glänzenden Rüstungen, Mönche, Priester und andere Heilige in langen Kutten, sowie viele andere Menschen, deren Stand Layn nicht genau zuordnen konnte. Es waren gewiss Berater und sonstiges Personal, welches ein König halt brauchte. Unter ihnen saßen auch zwei Männer in langen Gewändern und großen Hüten. Der ältere hatte einen langen, weiß-silbrigen, teils geflochtenen Bart; der wesentlich jüngere hatte kurzes, leicht strubbeliges, bronzefarbenes Haar mit einer langen, mit Bändern umflochtenen, Strähne an der Seite. Ihrer Kleidung, sowie dem langen Stab des Alten nach, nahm Layn an, dass es sich um einen Magier und seinen Lehrling handeln musste.

Er selbst hatte nur einen einzigen bis jetzt gesehen und kennen lernen dürfen. Ein elfischer Magier, den er im Elfenwald traf, als er diesen vor langer Zeit durchwanderte. Er wollte ihn alles über die elfischen Fähigkeiten lehren und was man sonst so als Halbelf wissen müsste. Doch dann verstarb dieser leider seines Alters wegen. Danach blieb Layn nicht mehr lange im Elfenwald. Die Tiere, sowie die anderen Wesen dort hätten ihn sonst ganz verrückt gemacht mit ihrem ständigen Geplapper. Anders als andere Elfen, hatte Layn seine Fähigkeit die Tiere verstehen zu können nicht unter Kontrolle, er konnte es nicht abstellen und hatte noch keinen weiteren Elf gefunden, der es ihm hätte beibringen oder erklären können. In der Zeit, in der Layn bei dem alten Magier lebte, las er nur die Bücher, die er von diesem erhielt. So kannte Layn gerade mal das Grundwissen aller elfischen Fähigkeiten, sowie ihre Sitten und Bräuche und war somit am Ende genauso schlau wie vorher.

Layn sah auf den König. Dieser musterte sie beide und besonders der haftende Blick auf ihn behagte ihm nicht. Dann stand er auf und setzte sich auf seinen Thron. Die anderen verteilten sich rechts und links von ihm im Saal und setzten sich teilweise auf die dortigen Stühle und Bänke. Ombur und Layn traten vor und als Ombur vor seinen König niederkniete, tat es ihm Layn zögernd nach.

„Nun gut…erhebt euch…“ Der König sprach mit ernster Stimme und sein Blick schien so würdig, wie ihn sich Layn bei einem König nur hätte vorstellen können. Die ganze Statur des Königs bestätigte ihm all seine Vorstellungen, nur das Alter stimmte nicht ganz.

An Stelle eines älteren, weisen Mannes Mitte Fünfzig, sah er einen doch recht attraktiven Mann, der Mitte Zwanzig zu sein schien. Layn hätte nicht geglaubt, dass es der König sei, wenn er ihn hier nicht mit Krone und weitem Umhang, sowie edlen Gewand auf dem Thron sitzen sah.

Sie erhoben sich und Ombur trat einen Schritt nach vorn. Dann sprach wieder der junge König: „Wer seid ihr und was ist euer Anliegen? Man sagte das es sehr wichtig sei…nun? Sprecht! Aber rasch! Wir hatten bis eben eine wichtige Besprechungen, die eigentlich nicht hätte gestört werden dürfen! Also…für euer Wohl hoffe ich doch, dass es wirklich wichtig ist…“ Er sah gebannt abwechselnd zwischen ihnen hin und her. Layn konnte ihm nicht in die Augen schauen, sein Blick schien in ihn hinein sehen zu können, bis in die letzte hinterste Ecke seiner Seele. Er erwiderte den Blick nur kurz und suchte sich dann rasch etwas anderes. So ließ er seinen Blick auf den Anhänger des Königs verweilen. Ombur dagegen schien der Blick nichts auszumachen, er sah seinem König direkt in die Augen und erhob das Wort.

„Mein König…mein Name ist Ombur…ich arbeite als eine Eurer Nachtwächter am südlichen Haupttor…“ Er machte eine kurze Pause und Layn merkte, dass man darauf wartete, dass er sich nun vorstellte. Ombur stieß ihn von der Seite an. Sofort blickte Layn auf, doch bevor er etwas sagen konnte, hakte nun der König ungeduldig nach: „Nun? Wer seid ihr? Eure Kleidung ist hiesiger gleich, aber ich bin mir sicher, dass ihr nicht von hier seid…“ „Ja, ja verzeiht mir…mein Name ist Layn… und...also...ich kam gestrige Nacht vor Eure Tore an…und...Ombur ließ mich hinein…ich…“ „Gestrige Nacht?“ unterbrach ihn der König sofort und sah Ombur eindringlich an. „Es ist nicht gestattet Fremde nach Sonnenuntergang einzulassen…was habt ihr Euch dabei gedacht?“ fragte er ihn mit kräftiger Stimme, die durch den ganzen Saal widerhallte.

Ombur zuckt leicht zusammen, es schien, als ob ihm der Ton und Blick des Königs gleich erdrücken würde. „Ja…ich weis…verzeiht mir, aber…dieser Junge - junger Mann hier…Layn…er war völlig durchnässt und da habe ich dennoch das Tor geöffnet und ihn zu mir in mein Haus genommen…versteht mich bitte, mein König…bei dem Wetter…und außerdem war er doch recht schwer verwundet…“ Layn schielte leicht in die Augen des Königs. Er schien immer noch nicht überzeugt genug. „Verwundet? Schwer genug, als dass ihr dieses Risiko auf Euch nehmt einen eventuellen Spion in mein Königreich einzulassen?“

„Herr, ich bin keineswegs ein Spion!“ mischte sich Layn nun laut ein und blickte mit aufrechtem, ernsten Blick zu dem jungen König. Dieser schien für wenige Sekunden über sein plötzliches Verhalten überrascht, fasste sich jedoch sofort wieder. „In welchem Ton erlaubst du dir so mit unserem König zu reden?!“ Aufgebracht trat ein älterer Mann hervor und sah Layn mit funkelnden Augen böse an. „Schon gut…“ Der König winkte mit der Hand und brachte ihn zum Schweigen. „Nun… Layn…wenn Ihr kein Spion seid…wer seid Ihr dann? Und vor allem…WAS seid Ihr? Wie ein Elf seht ihr mir nicht gerade aus…sprecht schon!“ Das hatte Layn befürchtet und doch gedacht, irgendwie um diese Situation herumzukommen. Seine Gedanken rasten wild in seinem Kopf und suchten nach einer rettenden Lösung, denn er wusste, wenn er sein vampirisches Blut verraten würde, würde er direkt im Kerker landen. Jedoch dachte er auch daran, dass es den König sicherlich wundern würde einen Vampir am helllichten Tage herumlaufen zu sehen.

„Er ist aber ein Elf, Herr!“ ertönte plötzlich Omburs Stimme. „Seht seine Ohren! Die blasse Hautfarbe hat doch nichts zu sagen…und die Kleidung bekam er von mir…seine war, wie gesagt, völlig durchnässt…und kaputt…“ fügte er, jedoch leiser, hinzu. Der König sah ihn leicht grimmig an, er hatte schließlich eine Antwort von Layn erwartet, schloss kurz die Augen und sah dann wieder auf ihn. Dieser schluckte hart und hoffte, dass er Ombur glauben würde.

„Hm…könnt Ihr es beweisen? Besitzt Ihr irgendwelche Fähigkeiten, die Elfen von anderen unterscheiden? Eure Ohren sehen zwar sehr danach aus, aber dennoch…sie können genauso gut eine Laune der Natur sein…“ Laune der Natur?! Ich bin für ihn eine Laune der Natur? Layn platzte innerlich. Dieser arrogante… Grimmig sah er ihn an. „Er…“ „Ich rede nicht mit Euch!“ erhob der junge König mit leicht erzürntem Ton die Stimme. „Er wird ja wohl für sich selbst reden können, oder?“ Ombur war, wie auch einige andere im Saal, erneut zusammengezuckt und entschuldigte sich kleinlaut.

„Schon gut…“ hauchte Layn, legte Ombur eine Hand auf die Schulter und wandte sich wieder an den jungen König. „Ich…kann mit den Tieren reden und die Pflanzen, sowie den Wind verstehen…“ sprach er mit leicht zittriger Stimme und achtete darauf den Mund nicht zu weit aufzumachen. „Hm…“ Der König fasste sich ans Kinn und grübelte leicht, die anderen tuschelten leise. Der Alte sah verwundert zu Layn. „Kannst du das wirklich? Ich meine, na du weist schon…“ flüsterte er leise. Layn grinste knapp und nickte leicht.

„Ruhe!“ hallte die Stimme des jungen Königs wieder durch den großen Saal. Sofort hörten alle auf zu tuscheln. „Beweis es…dann werde ich mir anhören, was du so Wichtiges zu sagen hast…denn Elfen sind mir jeder Zeit herzlich willkommen…wir haben viele Bündnisse mit ihnen…“ Ach...jetzt sind wir also schon beim „du“ oder wie…?, dachte sich Layn, beließ es aber dann dabei. Stattdessen überlegte er, wie er es dem König recht machen wollte. „Beweisen...hm…nun gut...ich habe eine kleine Fledermaus…ich müsste sie aber erst holen, das...“ „Nein!“ unterbrach ihn der König. „Du könntest sie dressiert haben…du sollst mit einem anderen Tier reden…“ „Nun gut, aber…ich garantiere für nichts…die meisten reden nicht mit mir…“ erwiderte Layn und jegliche Lust am Reden mit irgendeinem Tier verflog schlagartig.

„So? Wieso? Wissen sie etwas über dich, was du uns verheimlichst?“ fragte er in einem leicht triumphierenden Ton und hob dabei interessiert eine Braue. Layn verzog leicht das Gesicht. „N-nein…sie mögen mich halt nicht… es ist einfach nur wie bei den Menschen und anderen Leuten…die meisten sehen nur auf das Äußere…kaum sieht man anders aus, als alle anderen, wird man schon als Feind abgestempelt…oder als Abschaum, Missgeburt oder sonst irgendwas…“ Layn wollte weiter mit ernster und klarer Stimme reden, doch er wurde zunehmend ärgerlicher und zugleich trauriger im Ton. Während er sprach ballte er nur die Hände und sein Blick wanderte dabei leicht zu Boden. Er spürte Omburs mitleidigen Blick, doch in dem Moment tröstete es ihn nicht wirklich. Der König veränderte ebenfalls seine Miene, jedoch konnte Layn sie nicht genau deuten. Fühlte er vielleicht Mitleid?

Aber sein Mitleid will ich nicht…genauso wenig wie das aller anderen..., dachte sich Layn und suchte wieder etwas, was sich anzustarren lohnte.

„Hm…nun gut…holt Sîrfalas hierher…er soll mit ihm reden…“ wandte sich der König an seine Wachen und sofort verschwanden diese und verließen den Saal durch eine der Nebentüren. Sîrfalas? Layn runzelte die Stirn. Was das wohl für ein Tier sein wird… Er sah auf Ombur, der seinen Blick ebenfalls ahnungslos erwiderte.

Dann sah er auf den König, der ab und an erwartungsvoll zur Tür starrte und dann plötzlich Layns Blick erwiderte. Ruckartig sah er woanders hin, doch der junge König ließ seine Augen auf ihn ruhen. „Ich hoffe für euch, das ihr die Wahrheit gesagt habt…ansonsten war unsere Begegnung hier sehr kurz…“

Jetzt ist er wieder höflich? Der kann sich aber auch nicht entscheiden...scheint sich wohl abgeregt zu haben...oder hatte er nur kurz so etwas wie Interesse gezeigt gehabt?

Doch sich weiterhin damit beschäftigen wollte Layn sich damit auch nicht. Er atmete nur tief ein und aus, denn wenn nur die Tiersprache als Beweis ausreichen würde, so erleichterte ihn das sehr. Besonders musikalisch oder künstlerisch begabt, wie es alle Elfen sind, war er nicht, zumindest glaubte er das nicht und hatte auch noch nie einen Grund gehabt zum Pinsel oder zur Laute zu greifen, geschweige denn ein Lied zu singen. Und selbst wenn, würde ich HIER NICHT singen..., dachte sich Layn und wurde schon beim bloßen Gedanken daran leicht rot im Gesicht.

Sie mussten nicht lange warten, da kamen auch schon die zwei Wachen wieder. Ombur und Layn staunten nicht schlecht, als sie unter Mühe einen riesigen Käfig herein trugen, der mit einem goldbestickten, blauen Tuch bedeckt war. Sie stellten ihn auf einen leeren Tisch, ganz in der Nähe des Throns. Der König stand auf und trat auf den Käfig zu. Er lugte kurz unter das Tuch, flüsterte etwas und trat dann zurück. Layn glaubte nicht, dass es etwas bringen würde, wenn der König dem Vogel etwas zuflüsterte. Nur wenige und dann auch nur sehr magische Tiere verstehen was Menschen und andere Ananimalen sprechen.

„Zieht das Tuch herunter - aber vorsichtig…“ befahl er den beiden Männern. Zu Layns Verwunderung hatte die Lautstärke seiner Stimme rapide abgenommen, so als wolle er absichtlich leise sprechen um das Tier darunter nicht zu erschrecken. Die Männer lehnten ihre Waffen an die Wand und fassten das Tuch rechts und links an, dann zogen sie es vorsichtig herunter, falteten es zusammen und legten es zur Seite. Layns Augen weiteten sich und auch Ombur schien sehr beeindruckt und starrte fassungslos auf das Tier.

In dem Käfig saß ein riesiger Vogel, mit kahlem Kopf und smaragdgrünem Gefieder, das wie Fischschuppen im Licht der Fackeln schimmerte. Er sah aus wie eine Mischung aus Krähe und Geier, nur um einiges größer. Layn versuchte die ungefähre Flügelspannweite zu schätzen und kam auf ca. 3m, wenn nicht sogar mehr. Dann riss ihn auch schon wieder die Stimme des jungen Königs aus den Gedanken. „Bitte…beweist uns endlich Eure Fähigkeiten und verratet mir Sîrfalas’ Leiden…“ „Leiden?“ Layn sah nur kurz auf den König und dann wieder zurück auf Sîrfalas. „Ja…denn seit einigen Wochen fliegt er nicht mehr und frisst kaum noch…selbst gestern, wo dieses Unwetter herrschte flog er nicht, obwohl er es bei Regen am liebsten tut…je stürmischer desto besser, wisst Ihr…ich mache mir Sorgen…“

Layn trat langsam näher und staunte immer mehr. „Jetzt…bei näherer Betrachtung und bei dem was ihr sagtet…das ist ein Orodreth, nicht wahr?“ fragte er interessiert und sah dem jungen König dabei direkt in die Augen. „Ja…I-Ihr kennt seine Art?“ Der König wirkte leicht erstaunt und musterte Layn noch einmal genauer, als dieser ihnen näher kam. Layn wurde jetzt erst bewusst, dass der König sehr groß für die Menschen war, die er bis jetzt in Evendim getroffen hatte. Layn überragte ihn nur mit wenigen Zentimetern. „Ja…nein…also…zumindest nicht direkt…ich las über solche Vögel in einem Buch…in einem elfischen, um genau zu sein...er ist ein naher Verwandter der Augureys, allerdings viel größer, nahezu riesig dagegen…“ „Na dann wisst Ihr sicherlich mehr, als jeder andere hier über solche Geschöpfe wie ihn…nun gut…fangt an…“ Er trat weiter zur Seite, jedoch nah genug um Layn genauestens beobachten und hören zu können.

Layn stellte sich vor den Käfig und wartete darauf, dass der Vogel ihn bemerkte. Er sah gleich, dass dieser schon sehr alt war und vermutete sofort, dass dies einer der Gründe sei, warum er nicht mehr so häufig fliegen und fressen würde.

Der Vogel sah ihn mit seinen großen, traurigen Augen an und hob dabei müde den Kopf. Layn trat sofort einen Schritt zurück und verbeugte sich leicht. Daraufhin nickte ihm Sîrfalas leicht zu und versuchte dann den Kopf aufrecht und die Augen offener zu halten.

„ichgrüßeeuch…“ sprach Layn mit ruhiger und freundlicher Stimme. „dubeherrschtunseresprache…nochnichtsehrgewandt, abergut genug…nungut…wasmöchtestduvonmir...jungervampirelf?“ fragte er mit fast tonloser, müder Stimme und klang, seinem Aussehen gerecht, wie ein alter und schwacher Mann. Layn war über diese Bezeichnung seiner selbst sehr überrascht und antwortete deshalb nicht gleich, denn er musste sich konzentrieren. „euchhelfen…“ sprach er dann weiter.

Layn gebrauchte selten die Sprache der Tiere aber dieses Mal musste es sein. Er wollte nicht, dass der König wusste, worüber sie sich unterhielten, außerdem war das Sprechen einer fremden Sprache ein weiterer Beweis. Für Menschen klang es eher wie eine Mischung aus dem Singsang aller Vögel dieser Welt und der elfischen Sprache, denn die elfische Sprache ist die einzige, die mit der tierischen verwandt war. Daher fiel es den Elfen auch nicht schwer Tiere verstehen und mit ihnen sprechen zu können. Sie besaßen nur nebenbei die Gabe, sie auch ohne diese Kenntnisse zu verstehen. Für Layn war das Anwenden der Tiersprache schwierig denn er lernte sie noch, Ijaii konnte ihn, auch ohne das er diese Sprache verwendete, einwandfrei verstehen, etwas, was er bis heute noch nicht ganz begriff, aber das machte die kleine Fledermaus halt zu etwas ganz Besonderem.

„mirhelfen?“ Der alte Vogel sah ihn leicht skeptisch an. „ja…“ fuhr Layn fort. „zudem… möchteichauchnochbeweisen, dassichnichtsüblesimschildeführe…undmanmirvertrauen kann…“ „soso…ja…ja, dasskannichgutverstehen…dennnichtviele…jasogarnursehrwenige… erkennengleichdiewahrenabsichteneinesanderen…siesehennuraufdasäußere…“ Layn strahlte leicht, und seine Brust füllte sich mit einer angenehmen Wärme, denn er hatte sich immer gewünscht genau das von anderen zu hören und nicht nur von sich selbst. „dasheißt…ihrglaubtmir?“ Seine Augen funkelten bei diesem Gedanken leicht vor Freude. Solche Vögel waren sehr magische Wesen und sie von der eigenen Unschuld und Ehrlichkeit zu überzeugen war schwierig. Sie als Freunde zu gewinnen noch schwieriger, doch hoch angesehen und dass nicht nur bei den Menschen, sondern vor allem auch bei den Elfen, die solche Wesen sehr ehrten.

„nun…ichspüre, dasduehrlichbist…und…nichtdieabsichthastandere zutöten, nurweildudendrangdazuverspürst…dutötestnur, wennesseinmuss…sagmir…deinen blutdurst…beherrschtduihngut?“ „ähm…nun...ichschlafeerstnachsonnenaufgang, sohabeich denstärkerendrangzumtrinkenwährenddernachtbesserunterkontrolle, dennoch…anmanchen tagen, besondersbeivollmond, kannespassieren, dassichnichtherrübermichselbstbin…ichhalte michschonextrainabgelegenengebietenauf, umkeineunschuldigenanzufallen…leider…passiert esdannschoneinmal, dassichineinentranceartigenzustand verfalleunddann…nun…dasletztewas mirzumopferwurdewareinhirsch...“ erinnerte sich Layn. „ichbedaurediessehr...“ fügte er rasch hinzu, denn Sîrfalas’ Miene wurde leicht ernst.

Doch dieser sprach nur mit ruhiger Stimme weiter: „ja…daswareintraurigesschicksalfürdenhirsch, abergut…dubedauerstes, darumkann mandirverzeihen…duwirstniedenblutdurstverlierenund...erhörebittemeinenrat...ichfindedu solltestöftertrinken…“ „ich…sollwas?!“ Bei diesen Worten fiel Layn sprichwörtlich aus allen Wolken. Er hatte stets versucht diesen Fluch zu unterdrücken und nun riet man ihm diesen öfter nachzugeben? „ich…verstehenichtganz…“ sprach er noch leicht verwirrt und sah Sîrfalas erwartungsvoll und mit großen Augen an. „esistdochganzeinfach…“ erklärte dieser. „dubist vielzublass…unddassselbstfüreinenvampir…halbvampir…duwirstschwächerwerdenundwenn dunichtgenügendtrinkstkönntestdusogarsterben…nein…nichtsofortwiereinblütigevampire, aberes kannpassieren…nein…eswirdpassieren…spürstdudennnicht, dassdeinkörperschwächerwird, vontagzutag?“
 

Der alte Vogel sah ihn leicht fragend und vielleicht sogar ein wenig besorgt an. „nun…“ Layn musste nicht lange überlegen, tatsächlich kam er sich nicht so stark vor, wie an anderen Tagen und besonders nicht dann, nachdem er mal getrunken hatte. Selbst der schwere Karren von der gestrigen Nacht hätte eigentlich kein großes Problem darstellen müssen, dennoch empfand er es als ein wenig anstrengend diesen anzuheben. Sîrfalas riss Layn aus den Gedanken. „derblutdurstisteinteilvondir, junge…dassolltestdunievergessen…er istgenausoeinteilvondir, wiedeineelfischenfähigkeiten…bekommtdeinkörpernichtdiebenötigte energie, dieersonstdurchdasgetrunkenebluterhält, beginnter, sichandeinerlebensenergiezu nähren…“ Sein trauriger, müder Blick erdrückte Layn schon das ganze Gespräch über und nun schien er sogar noch trauriger zu sein. Layn sah ihn leicht verzweifelt an. „aber…ich kanndochjetztnichteinfachwildleuteanfallennurweilichspüre, dassmeinblutdurststärker wird!“

Während er sprach fasste Layn vor Verwirrung und Ratlosigkeit unbewusst an die Stäbe des Käfigs. Der König schien über Layns plötzliche Handlung sehr überrascht und dann sofort erzürnt. „Fasst ihn nicht an!“ Sofort packte er Layns Hände, der ihn überrascht ansah. „verzeihtmirherr…ähm…“ Er schüttelte leicht den Kopf und besann sich der richtigen Sprache. „Ich mein…verzeiht mir Herr…es war…es tut mir Leid…“ „Das will ich auch hoffen… nun…Ihr scheint die Wahrheit gesagt zu haben…und? Was habt ihr herausgefunden? Was hat er? Bedrückt ihn irgendetwas?“ Der König trat nah an ihn heran, sodass sich Layn fast schon bedrängt fühlte. „Nun…viel weis ich noch nicht, aber ich hoffe Ihr wisst, dass Sîrfalas schon sehr alt ist…vielleicht liegt es daran, dass er seine Zeit bald als gekommen sieht…ich müsste mich noch länger mit ihm unterhalten, um Genaueres herauszufinden…“ „Hm…nun gut…tut das…“ Einigermaßen zufrieden gestellt ließ der junge König von ihm ab und trat wieder ein wenig zurück. Layn atmete erleichtert aus und wandte sich wieder an Sîrfalas, der mit seiner traurigen Stimme sofort wieder zu sprechen begann: „duhastrecht, meinjunge…ichbinschon sehralt…“ Dies überraschte Layn nun noch mehr. „ihrverstehtdiemenschlichesprache? Wieso antwortetihrnie, wennderkönigmiteuchspricht?“ Sîrfalas sah ihn wieder mit seinen großen, traurigen Augen an und Layn fühlte sich in irgendeiner Art schlecht, so als ob er etwas Falsches gesagt hätte. Diese Augen…so viel Trauer…so viel Leid…entweder sind sie immer so oder er hatte schon viel Schreckliches miterleben müssen...oder hat er vielleicht Schmerzen? Doch dann ertönte leise wieder die Stimme des Orodreth: „weilichsienurnochverstehe…ich habevergessen, wiemansiesprechenkann…früherunterhieltichmichoftmitdenaltenkönigen, gab ihnenauchgerneratschläge,warihneneinguterfreundundzuhörerüberjeglicheproblemeoderwas siesonstnochbedrückte, abernun…ichwerdestetsschnellmüdeundfühlemichzuschwachzum fliegen…ichwerdebaldsterben…auchdahattestdurecht…ichhabeschonzulangegelebt…fast1534 jahre…meinstdunichtauch, dassdasreicht?“ Er sah Layn mit seinen großen Augen noch trauriger an und Layn spürte nun erstrecht, wie sehr er wohl schon unter seinem Alter zu leiden hatte. „dochherr...doch…das...dasisteinhohesalter…ichselberwerdewohlauchnur...tja... vielleicht...nocheinpaartausendjahrealtwerden…hm...“ Layn überlegte, wie alt er wirklich mal werden würde oder überhaupt könnte. „dasmeinstdu, aber...ichschätzedichandersein…weist du...elfenkönnensehrvieletausendevonjahrenaltwerden…ohja...undauchvampire – wennsie nichtvorhergetötetwerden…der ältestewarsogarfast8350jahrealt…du, meinjunge...duwirst nochlangeleben...dabinichmir sicher…“ krächzte er heiser und es hatte den Anschein, dass seine Stimme ihn langsam zu verlassen schien. „wiemeintihrdas?“ Layn war nun ganz verwirrt, doch Sîrfalas antwortete nicht mehr. Er musste durch das Gespräch sehr müde geworden sein. Der kahle Kopf hing leicht schlapp nach vorn über und er konnte den schwachen Atem des Vogels hören.

Layn trat zur Seite und sah zum König. Dieser starrte entsetzt auf Sîrfalas. „Was habt ihr getan?!“ Sofort fasste er ihn am Kragen. Layn legte seine Hände auf die des Königs und lockerte dessen Griff. „Keine Sorge, aber…ich lag richtig…“ antwortete er mit ruhiger Stimme. „Was sagt Ihr da? Womit lagt Ihr richtig?“ erwiderte der König erregt, schien aber nicht daran zu denken ihn loszulassen. Layn legte einen Finger an den Mund „Sshh…“ und der König verstummte schlagartig. „Er ist sehr alt…fast 1534 Jahre…er schläft jetzt seinen wohlverdienten Schlaf - und wird garantiert noch heute wieder aufwachen…“ fügte er wegen der entsetzten Blicke des Königs noch rasch hinzu. „Aber…ich weis nicht wie es morgen aussieht…er ist sehr schwach und stets müde…und da er ja auch kaum noch was gefressen hat, wie Ihr sagtet…“ Layn sah zurück auf den schlafenden Vogel. „Nein…er…er darf nicht sterben…“ Der König fasste an die Gitterstäbe und sah traurig und verzweifelt zugleich auf Sîrfalas. „Er hat ein hohes Alter erreicht…eines, dass nicht viele seiner Art erreichen…lasst von ihm ab…und versucht erst gar nicht seinen Tod herauszuzögern…“ Er warf einen leicht grimmigen Blick auf die Magier, Mönche und die Männer, die er als Ärzte vermutete. Dann sah Layn zurück auf den König und legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter. „Er hat seiner Meinung nach lange genug gelebt…“ „…“ Der König jedoch streifte Layns Hand von seiner Schulter und wandte sich an seine Wachen. „Bringt ihn zurück, aber vorsichtig und leise…wenn ihr ihn weckt, rechnet mit einer Strafe!“ befahl er ihnen in einem halbflüsternden Ton. Sofort fassten die beiden wieder das Tuch und bedeckten den Käfig, dann griffen sie vorsichtig unter diesen und verließen langsam den Saal. Seufzend setzte der König sich wieder auf seinen Thron. Layn stellte sich wieder neben Ombur. „Das...war beeindruckend, mein Junge…“ flüsterte dieser. „Wusste gar nicht, dass du das kannst…also...diese Sprache, mein ich...mit deiner Fledermaus hast du doch auch immer normal gesprochen…“ Layn grinste. „Ijaii versteht auch unsere Sprache…er kann sie nur nicht sprechen…“ antwortete er dann leise. Ombur runzelte die Stirn. „Oohh…ach so ist das…“ Dann sahen sie wieder nach vorne.

Der König schwieg noch viele Minuten und war tief in Gedanken versunken. Layn konnte diese Stille nicht mehr länger ertragen. Er hatte nun doch alles bewiesen, da MUSSTE der König ihn nun anhören! „Herr…“ sprach er mit lauter und ernster Stimme und ließ den König dadurch hochschrecken. „Ich sollte Ihnen nun endlich sagen können, was mir in der gestrigen Nacht passiert war…“ „Was? Gestrige Nacht?“ fragte dieser und runzelte leicht die Stirn. „Mein - unser Anliegen, weshalb wir hierher gekommen sind…“ erwiderte Layn völlig fassungslos und fiel heut nun schon zum zweiten Mal aus allen Wolken. Sollte das etwa ein Scherz sein? Ha, ha, sehr witzig…was denkt der sich! Nur weil er der König ist… Wütend grummelte Layn in sich hinein und auch alle anderen Anwesenden schienen ebenfalls sehr überrascht und manche räusperten sich. „Oh…ja…ja, gut…“ Er räusperte sich verlegen und rutschte auf seinen Thron hin und her, bis er wieder richtig darauf saß. „Nun…sprecht…“ Na endlich…, dachte Layn erleichtert und begann mit ernster Stimme von den Goblins zu erzählen. Wie im Wirtshaus, fingen auch hier alle Anwesenden zu murmeln an. Die Miene des Königs verfinsterte sich immer mehr. Als Layn fertig war, wartete er gespannt auf die Antwort des Königs. Dieser hob die Hand um die anderen zum Schweigen zu bringen. Sofort herrschte wieder Stille im Saal, sodass man sogar eine Stecknadel hätte fallen hören können. „Das ist sehr weit hergegriffen, was Ihr uns hier erzählt…habt Ihr einen Beweis?“ Dass der immer Beweise braucht...kann er einem nicht mal einfach glauben? Haahh…nun gut…das ist ja auch eine heikle Sache, kann man ihm also nicht ganz verübeln… „Ich kann Euch die Verletzung auf meiner Schulter zeigen…“ grummelte Layn und deutete auf die Schulter, an dessen Stelle das Blut im Hemd getrocknet war. „…hab mich schon wegen des Flecks gewundert…noch irgendein Beweis? Die Wunde kann schließlich wer weis woher stammen…“ Layn platzte bald der Kragen, doch er versuchte noch so ruhig wie möglich zu bleiben. „Ihr könnt Euch die Pfeilspitze ansehen…“ Layn wandte sich an Ombur, der nicht gleich reagierte. „Oh…ja…hier ist sie…“ Er zog sie aus seiner Hosentasche hervor und trat näher vor den König, doch ihm kam dann auch schon einer der Ritter entgegen, der sie ihm abnahm. Dieser wollte dem König die Spitze geben, doch er wies ab. „Ich habe noch nicht genug Ahnung von fremden Waffen…seht sie Euch zuerst an, Velten…“ „Wie Ihr wünscht, mein König…“ Der Ritter verbeugte sich und trat wieder zurück, dann sah er sich die Pfeilspitze genau an. Die anderen, die um ihn herum standen warfen sofort interessierte Blicke auf das kleine Metallstück. Layn sah sich den Ritter genauer an. Er fragte sich, ob dieser genauso viel Ahnung hat, wie es der alte Schmied hatte. Der Ritter war ebenfalls noch sehr jung. Layn schätzte ihn, wie den König auf Mitte Zwanzig oder sogar jünger, auf jeden Fall war er mit Sicherheit der jüngste unter den anderen Rittern. Er war auffällig groß, schien sogar ein wenig größer als er selbst zu sein und hatte kurzes, rotes Haar. Er trug eine glänzende, verzierte Rüstung aus silberfarbenem Metall mit langem blauem Umhang. Dieser Velten schien zumindest der engste Vertrauteste des Königs zu sein.

Plötzlich stutzte Layn und beugte sich zu Ombur herunter. „Sag mal…wie heißt eigentlich euer König?“ Ombur sah ihn verdattert an. „Wie...das weist du nicht?“ Layn schüttelte verlegen den Kopf und wurde sofort leicht rot im Gesicht. Ombur konnte sich ein Lachen kaum verkneifen und erntete dafür gleich böse Blicke von allen Anwesenden. „Das ist Calef, Sohn des Firn. Er ist noch sehr jung wie du siehst…unser früherer König, also sein Vater, verstarb leider an seinem schwachen Herz. Darum musste er früher als gedacht den Thron besteigen…“ „Oh…“ Layn betrachtete noch einmal genauer den jungen König, der gespannt auf Veltens Meinung wartete. Plötzlich erwiderte er Layns Blick. Layn sah rasch zur Seite. Gott wie peinlich…wie macht er das nur? Immer genau dann zurückzustarren wenn ich es tue..., dachte er sich und sah wieder auf Velten. Dieser drehte die Spitze gerade in seinen Händen hin und her. Layn fiel sofort auf, dass Veltens Miene ernster wurde und das erleichterte ihn sehr. Scheint wirklich Ahnung zu haben der Typ... „Nun? Was sagt ihr dazu Velten? Kann es eine Goblinpfeilspitze sein? Ihr hattet doch schon Kontakt mit ihnen…“ Bei dem Satz hob Layn interessiert und erstaunt die Brauen. „Ja, mein König….kein Zweifel…es ist eine Goblinpfeilspitze…allerdings…frage ich mich woher Ihr die habt…“ Er trat zu Layn und drückte Ombur die Metallspitze wieder in die Hand. „Was? Aber…“ Layn sah ihn fassungslos an. Er schien ihm immer noch nicht zu glauben. „Herr…“ mischte sich Ombur ein. „Ich versichere, nein...ich schwöre euch…als er zu mir kam, war die Wunde frisch gerissen und die Spitze saß tief in seiner Schulter…mit der Verletzung hätte er keine Kilometer hinter sich bringen können unter den Schmerzen…er hatte weder schon viel Blut verloren, noch hatte sich die Wunde bereits entzündet, falls sie länger im Fleisch gesteckt hätte...es passierte hier in Andros…auf den Wiesen…nicht weit vom Königreich entfernt…“ Velten hob eine Braue und sah auf Layn herab, der seinen Blick grimmig erwiderte. „Wenn das so ist…könnt Ihr mir sicherlich die Goblinleichen zeigen…seid Ihr damit einverstanden, mein König?“ Calef nickte nur. „Sicher…reitet hinaus und überzeugt Euch selbst…“ „Gut…dann machen wir uns sofort auf den Weg…“ „Ich…habe kein Pferd, Herr…“ mischte sich Layn verlegen und kleinlaut ein. Velten hob die Braue. „Ihr reist durch die Länder Enoraths ohne Pferd?“ „Äh…ja…“ erwiderte Layn. Na und? Haben halt nicht viele das Glück…, dachte er sich leicht verärgert. Als ob es verboten wäre…außerdem erspar ich mir dann Zankereien... Er hatte nämlich schon oft von dem überwiegenden Stolz und der Verwöhntheit dieser überzüchteten Viecher gehört und bei der Anzahl und dem Wert seiner Besitztümer wären sie sicherlich „stolz“ über solch einen Herrn. Die würden eh nur mit den anderen Tieren über mich lästern, immer mit den Hufen nach mir ausschlagen und mich treten wollen oder gleich am ersten Tag das Weite suchen...nein, danke... Dinge, auf die Layn gern verzichten konnte.

„Dann…bekommt ihr halt ein Pferd aus unseren Ställen…“ Calef stand vom Thron auf und wandte sich dann an die anderen. „Mein König?“ Velten sah überrascht auf seinen König. Ihm gefiel es wohl nicht, dass so einer wie Layn auf einem der stolzen Pferde des Königs reiten würde und Layn gefiel die Sache ebenfalls nicht besonders. „Na los…geht…“ drängte dieser jedoch nur. „Wie ihr wünscht…“ Velten verbeugte sich und wandte sich an Layn. „Folgt mir…“ Bevor Layn jedoch tat, wie es der Ritter von ihm verlangte, sah er fragend zu Ombur. „Keine Sorge, Junge…ich geh nach Hause…Nurana macht sich sicherlich schon Sorgen…“ „Gut…oh...kannst du Ijaii sagen wo ich bin? Er macht sich sicherlich ebenfalls schon Sorgen…“ „Öh…na gut…wo ist er und was muss ich denn machen?“ Layn lächelte. „Er schläft unter der Wandlampe…einfach nur über seine Flügel streicheln, dann müsste er eigentlich schon aufwachen…und dann einfach sagen wo ich bin…keine Sorge, du weist doch, er wird dich verstehen und sich sofort auf den Weg machen…“ „Gut…“ Ombur verbeugte sich vor Calef und dann vor den anderen und ging. Layn sah hoch zu Velten, der ihn leicht verwirrt ansah. „Meine Fledermaus…“ erwiderte er knapp und mit leicht grimmigen Ton. „Ah…“ Der Ritter schüttelte nur leicht den Kopf und führte Layn dann raschen Schrittes aus dem Saal. Allerdings verließen sie ihn nicht durch das Haupttor wie Ombur, sondern durch eine Nebentür.

Layn betrachtete wieder interessiert alle Gänge und Korridore die sie passierten. Es war schließlich das erste Mal, dass er sich in einem Schloss befand. „Was wolltet Ihr hier in Andros…in Evendim?“ brach Velten ihr Schweigen. „Ich…nun…wegen meiner Schulter…ich selbst kam nicht an die Spitze…“ brummte Layn. „...außerdem brauchte ich neue Stiefel…“ fügte er kleinlaut hinzu. Velten schielte ihn von der Seite an und Layn spürte, wie dessen Blick auf seiner Schulter verharrte. „Wie schafft man es, dass die Pfeilspitze in der Schulter stecken bleibt?“ Layn schnaubte leise. Dieser Velten musste ihn für ziemlich bescheuert halten, dabei kämpfte er schon gegen schlimme Monster, da war dieser noch nicht mal geboren! „Er ließ sich eigentlich ganz einfach herausziehen…nur die Spitze blieb drin so als ob es vorgesehen wäre…es war zumindest nicht nur wegen der Widerhaken - die Ihr ja sicherlich bemerkt haben solltet - dafür war es zu leicht…“ erwiderte Layn in einem leicht genervten Ton. Er wusste jetzt schon, dass er diesen Ritter nicht mochte und das passte ihm überhaupt nicht, doch zum Glück schien dieser seine Gedanken zu teilen.

Sie traten durch eine Tür und waren plötzlich im Freien. „Dort sind die Ställe…ich werde Ihnen ein Pferd zuteilen und dann mein eigenes holen…warten sie hier…“ Layn blieb stehen und sah sich um. Er war ein großer Innenhof mit eigener kleinen Koppel und vielen großen Ställen. Layn musste nicht lange warten, dann kam auch schon Velten wieder. Hinter ihm trabte ein mittelgroßes, braunes Pferd.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück