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Drachen

DMxCW
von

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I. Kapitel

So langsam fragte er sich, ob er in diesem Niemandsland jemals an sein Ziel kam. Es war kein Problem gewesen von England nach Rumänien zu kommen – in London gab es schließlich genügend Fernreiseportschlüssel. Das Problem war vielmehr, hier in Rumänien an den Ort zu kommen, wo er hinwollte. Mal abgesehen davon, dass es so ein kleines sprachtechnisches Problem gab, bei dem ihm auch Magie nicht jedes Mal helfen wollte. Und jetzt saß er auf der Ladefläche eines klapprigen, alterschwachen LKW und fuhr mitten durchs... Nichts. Um ihn herum wurde das Land immer hügeliger und bergiger. Sie kamen immerhin den Karpaten näher. Ansonsten waren hier vor allem Bäume. Viele Bäume.

Draco zog die Knie an und seufzte leise. Vermutlich war das hier die beschissenste Idee, die er jemals bekommen hatte. Na gut, es war irgendwie ein später Rebellionsversuch gegen seinen Vater, der vermutlich in die Luft gehen würde, wenn er herausbekam, dass sich sein Sohn gegen die vermittelte Ausbildungsstelle im St. Mungos entschieden hatte und gerade durch Rumänien unterwegs war. Aber andererseits... Andererseits hatte Lucius Malfoy recht wenig zu melden, hatte Draco doch schließlich mit seinem Entschluss, die Seiten in dem großen Krieg zu wechseln, seine Familie mitgezogen und somit ihr Leben gerettet. Überlegte man sachlich, dann war das wohl seine beste Entscheidung gewesen, denn Sankt Potter hatte den Unnennbaren vernichtet, Frieden gebracht und so weiter. Bla bla bla.

Der blonde Ex-Slytherin verdrehte die Augen. Großartig, da war er Tausende von Meilen von England entfernt und wer suchte ihn heim? Potter.

Argh!
 

Endlich erreichten sie das kleine Dorf, zu dem der Fahrer versprochen hatte, ihn mitzunehmen. Draco sprang von der Ladefläche. Jetzt galt es nur noch, dass ihn die beiden von der Drachenbeobachtungsstation abholten, und schon war er auf dem Weg zu den Drachen...

Er ließ sich in der Mitte des Marktplatzes auf dem Rand eines Denkmals nieder. Es interessierte ihn nicht, wen es darstellte. Was interessierten ihn die Muggel? Er war hier wegen der Drachen. Weil er von Drachen einfach nicht loskam. Sie hatten ihn immer fasziniert. Zum Teil lag es daran, dass er nach ihnen benannt war – Draco war nun einmal Lateinisch für Drache, was er sehr schnell herausbekommen hatte. Und seither ließen ihn diese Geschöpfe nicht mehr los. Mit Begeisterung hatte er bei dem Trimagischen Turnier in seinem vierten Schuljahr die Drachen im Stadion bewundert. Diese Prüfung war viel zu schnell vorüber gegangen. Danach hatte er seinen Vater angebettelt, wenigstens einen Ausflug nach Wales zu unternehmen, um dort den Walisischen Grünling beobachten zu können, aber dann kamen, der Unnennbare, die Todesser und das alles dazwischen und die Pläne zerschlugen sich. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass Lucius Malfoy keinerlei Interessen für Drachen hegte.

Draco stützte das Kinn in die Hände und betrachtete seine Schuhe. Schwarz, feuerfestes Leder, dicke Sohlen.

Er war jetzt wirklich in Rumänien irgendwo im Nirgendwo Transsilvaniens, direkt an den Südlichen Karpaten. Vermutlich war er vollkommen wahnsinnig geworden. Es war ja schon bemerkenswert genug gewesen, dass man ihn als Praktikanten für das Drachenschutzgebiet angenommen hatte. Auf Anhieb. Direkt nach seinem Abschluss und einem einzigen Brief, ohne dass noch großartige Bewerbungsgespräche notwendig gewesen waren... Vielleicht hatte sich da doch irgendjemand eingeklinkt, der ihn kannte. Aber wer? Draco schüttelte leicht den Kopf. Es war auch gleich. Er war hier. Und darauf kam es an. Und das hier wollte er doch, nicht wahr?
 

„Wir haben keine Ahnung, wie er aussieht, oder?“ Eine weibliche Stimme auf der anderen Seite des Denkmals wurde laut.

„Wir wissen noch nicht einmal, wie er heißt, Ileana!“ Diesmal war die Stimme männlich und klang reichlich gereizt.

„Hey, es ist nicht meine Schuld, dass Sparky den Brief verbrannt hat, ehe wir ihn zu Ende lesen konnten!“ Verzweifelter Protest.

„Oh nein... Natürlich nicht. Sparky steckt ja nur alles an...“ Das Augenrollen konnte Draco nahezu hören. Er musste unwillkürlich grinsen.

„Wir können ja einfach mal fragen... Ich meine, ein siebzehnjähriger Junge muss hier schon auffallen, oder?“ Mühsam versuchte die Frau offenbar die Situation zu retten.

Siebzehnjähriger Junge? Nun, Draco kannte da jemanden, der gerade recht genau in das Suchbild passte... Und so viele Siebzehnjährige wurde auf einem verlassenen Dorfplatz mitten im Nirgendwo wohl sonst nicht gesucht. Er stand auf und packte seinen Rucksack. Den Großteil seines Gepäcks trug er geschrumpft in der Jackentasche, in dem Rucksack hatte er nur das, was er für unterwegs brauchte.

Langsam trat er um das Denkmal herum. Die Frau redete weiter. „Ich meine... Charlie, wir können ihn doch finden, oder? Das hier ist ja nicht gerade London!“

Sie hatte hellbraunes Haar, das in weichen Locken um ihr Gesicht fiel, und Sommersprossen auf der Nase. Sie war hübsch. Um nicht zu sagen: Verdammt hübsch. Ihr Gegenüber besaß leuchtendrote Haar. Rot. Zaubererwelt. Konnte nur ein Weasley sein.

Moment... Hatte der Weasley-Sohn in seinem Jahrgang nicht irgendwann mal etwas von einem Bruder in Rumänien gebrabbelt? Konnte sein. Offenbar hatte Draco diesen Bruder gerade gefunden.

„Ich schätze, Sie suchen mich.“ Er trat zu den beiden hinüber, richtete seine Aufmerksamkeit jedoch mehr auf den Mann. Für einen Weasley war er recht klein – irgendwie neigte der Rest des männlichen Teils der Wieselfamilie dazu, in die Höhe zu schießen und nicht unter einem Meter neunzig mit dem Wachsen aufzuhören. Dieser hier war jedoch vielleicht eins achtzig – und damit sogar einen Tick kleiner als Draco selbst. Auffällig waren die Sommersprossen, die sein Gesicht vollkommen überzogen.

„Du bist...?“ Die Frau, die der Weasley-Sprössling Ileana genannt hatte, sah ihn fragend an.

„Draco Malfoy.“ Der Rothaarige war es, der antwortete und Draco mit einem forschenden Blick bedachte, der schon fast etwas von Legilimentik hatte.

„Genau. Oder anders ausgedrückt, der Praktikant, den Sie suchen.“ Der Blonde bemühte sich um ein höfliches Lächeln, konnte aber nicht verhindern, dass es recht kühl geriet. Auch er musterte den Rothaarigen nun unverhohlen. Ungewöhnlich klein für einen Weasley, so weit war er ja schon, außerdem ziemlich kräftig. Wenn er dagegen diese Zwillingsscherzkobolde verglich – deutlich schlaksiger. Die braunen Augen waren von ersten Lachfalten umgeben, die sich ein wenig heller von der sommersprossigen Haut abhoben. Er musste so Mitte zwanzig sein.

Stumm wartete Draco die Musterung des Weasleys ab. Er wusste, was er sehen würde. Und wie sein erstes Urteil ausfallen würde. Zu snobistisch, zu teure Kleidung – obwohl diese wenigstens praktisch war! –, zu arrogant, zu wenig in seinem Leben irgendwo angepackt. Aber hoffentlich ausdauernd genug, dass diese ganze Aktion nicht nur ein kurzes Intermezzo werden würde.

„Ich bin Ileana Radu.“ Die Frau streckte Draco die Hand hin und durchbrach damit das Schweigen. Er ergriff sie und schüttelte sie betont herzlich.

„Charlie Weasley.“ Charlie betrachtete Draco weiterhin skeptisch und einen Augenblick lang schien es, als wenn er diese höfliche Begrüßungsgeste unterlassen würde, aber das tat er dann doch nicht. „Und ich muss sagen, dass es wirklich eine Überraschung ist, dass ausgerechnet du den Weg hierher gefunden hast...“

„Das Leben steckt voller Überraschungen“, gab Draco trocken zurück.
 

Okay, eindeutig zog er klapprige LKW an. Definitiv. Wieder saß Draco auf der Ladefläche eines klapprigen Fahrzeugs, das diesmal jedoch von Ileana gefahren wurde. Charlie leistete ihm Gesellschaft und Draco war sich nicht sicher, ob das so etwas wie Solidarität war oder aber ein Ausdruck seiner gigantischen Skepsis.

Warum ausgerechnet ein LKW? Charlie hatte das damit begründet, dass das einfach praktisch war – und dafür sorgte, dass sich die Muggel hier weniger Gedanken machten. Die Drachen daran zu hindern, in die Dörfer zu gehen, war ja schon schwierig genug. Da musste man nicht unbedingt noch mehr Misstrauen säen, als ohnehin schon vorhanden war für die bekloppten Wissenschaftler in den Bergen.

„Wie bist du auf die Idee gekommen, ausgerechnet Drachenforschung zu betreiben?“, fragte der Rothaarige schließlich. Er hatte sich lässig gegen die Fahrerkabine gelehnt und hielt sich mit der Hand an eben dieser fest.

Draco zuckte mit den Schultern. „Ich habe mich immer für Drachen interessiert und hielt das für eine gute Gelegenheit, mehr über sie zu erfahren.“

„Wir haben nicht gerade viel Nachwuchs hier unten...“ Der Blick aus den braunen Augen war prüfend geworden. „Es gab genau drei Bewerber dieses Jahr. Die anderen beiden sind zwei Wochen vor dir gekommen. Einer davon ist schon wieder zuhause.“

Draco erwiderte den Blick ungerührt. Und was sollte ihm das jetzt bitte schön sagen?

Charlie seufzte leise. „Das heißt, wir brauchen dich. Und ich hoffe wirklich, dass du dir Mühe geben wirst... Hier gibt es niemanden, der dich verhätscheln wird. Es wird anstrengend, herausfordernd, stressig, Schwerstarbeit und du wirst dir vermutlich mehr als einmal deine nette Frisur ruinieren.“

Oha. Daher wehte der Wind also. Draco verschränkte die Arme vor der Brust und bezahlte die Tatsache, dass er seinen Halt damit verloren hatte bei dem nächsten Schlagloch mit einem schmerzhaften Hopser.

„Du erwartest nicht wirklich, dass ich dazu etwas sage, oder? Ich habe gute Gründe hier zu sein. Ob ich etwas tauge – was du ja vermutlich gemeint hast –, kannst du selbst herausfinden. Ich warne dich nur, mich zu unterschätzen.“

Ein Schlagloch später hing er halb auf Charlies Schoß. Mit einem missmutigen Gesichtsausdruck rappelte er sich wieder auf, während er rothaarige Ex-Gryffindor ihn angrinste. „Und du wirst eine Wagenladung Mut brauchen. Wir reden schließlich von Drachen...“ Er schob Draco auf seinen Platz zurück.

„Über Mut sollten wir gar nicht erst reden.“ In den grauen Augen des Ex-Slytherins blitzte es auf.

„So?“ Charlie ließ diese Herausforderung natürlich nicht so einfach verstreichen. Außerdem wollte er herausfinden, ob dieser Junge wirklich irgendetwas für ihr Projekt zu bieten hatte. Oder ob das alles nur Fassade und ein spätpubertärer Rebellionsversuch gegen den übermächtigen Vater war.

„Ich muss dir nicht wirklich meine Geschichte erzählen, oder? Todesser, der den Seitenwechsel gewagt hat und mitgeholfen hat, Du-weißt-schon-wen zu stürzen...“

„Ach das. Bilde dir darauf nicht zuviel ein. Es haben auch andere gekämpft. Da bist du nicht der einzige.“ Charlie watschte ihn ab. Dracos kühle Maske brach zusammen und machte Verblüffung Platz.

„Sei nicht so selbstgefällig über das, was du einmal getan hast – worauf es ankommt, ist, was du jeden Tag tust.“

Jetzt ging Draco wirklich die Kinnlade runter. So hatte bisher niemand mit ihm zu sprechen gewagt. Seine grauen Augen verengten sich zornig. Weasleys. Machten einem nichts als Ärger.

„Halt dich fest.“

Einen Augenblick später wusste der Blonde, dass es klüger gewesen wäre, Charlies Ratschlag zu gehorchen. Der LKW machte nun einen Hopser nach dem anderen, während er auf einen schmalen Bergpfad abbog. Rechts ging es steil bergab, links war eine blanke Felswand. Und Draco rutschte dummerweise Hopser für Hopser weiter nach rechts...

„Idiot.“ Eine Hand griff ihn am Hosenbund und hielt ihn fest.

Okay... Definitiv war das alles Muskelmasse, was Charlies Gestalt so gedrungen machte. Draco spürte, wie seine Ohren rot wurden. Er benahm sich gerade wirklich wie der letzte Depp. Aber das hatte zumindest den Vorteil, dass ihm das nicht noch einmal passieren konnte... Nein, wahrscheinlich eher Schlimmeres.
 

Draco war froh, als sich endlich das Basislager erreicht hatten. Es lag auf einem Plateau, das einen recht guten Blick hinüber in die Berge bot und bestand hauptsächlich aus zwei großen Holzhütten. Auf der einen Seite fiel der Fels steil ab, während er auf der anderen ebenso steil in die Höhe schoss. Der einzige, vernünftige Zugang war offenbar die schmale Holperpiste, über die Ileana sie hergefahren hatte.

Charlie reichte Draco grinsend die Hand, als er von der Ladefläche springen wollte. „Nicht, dass du noch fällst...“

Der Blonde ignorierte ihn und landete weich auf den Füßen.

„Also, die Hütte da drüben beheimatet die Schlafzimmer. Die andere Hütte: Küche, Esssaal und Büros. Das da hinten…“ – Charlie zeigte weiter an das Ende des Plateaus – „…sind die Sanitäranlagen...“

Klasse. Zum Pinkeln musste man also 200 Meter weit laufen. Willkommen in der Provinz. Draco verdrehte leicht die Augen.

„Oh, und da ist der Chef...“ Charlie lächelte einem älteren Zauberer um die Fünfzig entgegen. „Perence! Das ist unser neuer Praktikant!“

„Ja, Mr. Malfoy.“ Perence – offenbar redeten sich hier alle mit dem Vornamen an und duzten sich – erinnerte akut an Dumbledore, nur mit kürzerem Haar, das offenbar schon mehrfach angesengt worden war, und einer breiten Narbe über der Wange. „Wie Sie festgestellt haben werden, ziehen wir es hier draußen vor, die Förmlichkeiten sein zu lassen. Wenn Ihr Leben von Ihrem Mitarbeiter abhängen kann, verliert so etwas sehr schnell an Bedeutung. Von daher: Ich bin Perence.“ Er streckte Draco die Hand hin.

„Draco“, erwiderte der Blonde und schlug ein. Na ja, wenigstens wurde er sofort integriert. Das war doch schon mal was.

„Dein Bewerbungsschreiben war sehr interessant und engagiert. Seit Charlie habe ich so etwas nicht mehr gelesen. Daher glaube ich, ihr beide werdet euch sicher blendend verstehen.“ Er strahlte die beiden jungen Männer an. „Charlie, du kümmerst dich dann um Draco, zeigst ihm alles und so.“

„Aber...“, protestierte der Rothaarige. So war das nicht gedacht! Er wollte den geschniegelten Kerl so schnell wie möglich loswerden und sich wieder auf die Drachen konzentrieren. Er war kein Babysitter! „Ich muss morgen hoch und nach den Gelegen der Langhörner sehen. Da kann kein Anfänger mitkommen!“

„Doch. Draco wird es.“ Perence lächelte ihn noch einmal warmherzig an und nahm dann Ileana beim Arm und zog sie heftig auf sie einredend mit sich.

„Oh nein!“, rief diese aus. „Nicht schon wieder!“

„Na ja... Sparky hat...“ Die restlichen Worte verloren sich.

Draco betrachtete Charlie abwartend. Der Rothaarige sah seinem Boss noch einen Augenblick lang sichtlich wütend hinterher, dann blickte er seine neue Aufgabe. Warum ausgerechnet so ein Snob? Er seufzte.

„Na komm... Ich zeig dir dein Zimmer."

„Zu gütig.“ Draco verzog den Mund. Klasse. Warum verfolgten ihn die Mitglieder der Wieselfamilie eigentlich dauernd? In der Schule erst in Scharen, bei diesem Krieg auch in Scharen – hm, hatte er damals vielleicht diesen Rotschopf irgendwann einmal gesehen? Konnte sein. Aber es waren so viele Weasleys einbezogen gewesen, dass er sie sich wirklich nicht hatte merken können – und jetzt fand er einen in Rumänien. Er musste verflucht sein. Eindeutig...

Charlie führte ihn in ein kleines Zimmer. Mehr als ein Bett, einen Schrank, einen Tisch und einen Stuhl beinhaltete es nicht.

„Okay. Ein paar Spielregeln: Du machst, was ich dir sage, auch wenn es dir noch so bescheuert vorkommt. Dein Leben kann und wird davon abhängen. Du wirst dich anstrengen. Und zwar so wie noch nie zuvor in deinem Leben. Und du wirst mir nicht auf die Nerven gehen.“ Charlie hatte die Hände in die Seiten gestemmt und fixierte den anderen.

„Okay...“ Draco ließ sich auf das Bett fallen und blinzelte zu dem Rothaarigen hoch. „Meine Spielregeln: Behandle mich nicht, als wenn ich blöd wäre. Unterschätze mich nicht. Du hast es mit einem Malfoy zu tun. Verankere die Tatsache lieber gleich in deinem Gehirn.“ Seine Worte klangen nicht nur überheblich, sondern sie waren es auch. Die einzige Möglichkeit, wie er seine Unsicherheit verbergen konnte.

„Du wirst dich noch umgucken... Malfoy.“ Charlie spuckte den Namen regelrecht aus und verließ das Zimmer.

Okay... Vermutlich war es nicht gerade die beste Idee gewesen, ausgerechnet denjenigen zu verärgern, der hier für ihn zuständig war...
 

Der Rest der Drachenforscher entpuppte sich am Abend als recht netter, wenn auch reichlich chaotischer Haufen. Aber zumindest nahmen sie ihm nicht übel, dass er hier war. Draco fühlte somit also zumindest einigermaßen wohl. Gut, das hier war kein Malfoy Manor, aber das hatte er auch nicht erwartet. Dahingehend war er realistisch gewesen. Außerdem ging es ihm darum, seine eigenen Grenzen auszutesten. Bisher war er verhätschelt worden, aber das hier... Das war etwas vollkommen anderes. Dieses Leben hier war wirklich und wahrhaftig rustikal und einfach. Er wollte es ausprobieren. Und er würde nicht scheitern. Das verbat er sich.

Er ließ seine Augen durch den Raum wandern, den Charlie als Esssaal bezeichnet hatte. Vier Tische standen nebeneinander. Um sich herum hatte er viel Raum. Zwar hatten alle den Neuen begrüßt und auch beim Essen neben ihm gesessen, doch nun hatte sich die Runde gelockert. Außer Ileana gab es nur noch eine andere Frau hier. Ihren Namen hatte der Blonde schon wieder vergessen – außer Perence, Charlie und Ileana hatte er sich keinen einzigen merken können, aber das kam schon mit der Zeit – und sie war mindestens so alt wie Professor McGonagall, wenn nicht sogar noch älter. Sie war für die Korrespondenzen mit dem zuständig, was Draco als Zivilisation bezeichnete. Der Blonde rührte in seinem Tee um und musterte die Leute. Es gab hier draußen kein Dutzend Menschen. Der andere Praktikant war ein recht ansehnlicher Franzose. Dunkles Haar, grüne Augen, erinnerte ein bisschen an Potter. Hieß Jacques, Jean, Pierre oder so und war in Dracos Alter.

Er stockte, als er Charlie fixierte. Der Rothaarige machte ihn wütend. Er hatte ihn nicht nur auf dem LKW abgekanzelt sondern auch vorhin. Mittlerweile tat es Draco kein bisschen mehr Leid, ihm Kontra gegeben zu haben. Charlie nahm ihn nicht ernst. Und das würde er ihm schon noch austreiben.

„Na, wie schaut’s aus?“ Ileana ließ sich neben ihn fallen und folgte seinem Blick. „Oha, schon Stress mit Charlie gehabt?“

„Hm...“, machte der Blonde nur und starrte wieder in seine Tasse.

„Weißt du, Charlie ist...“, setzte die junge Frau an, doch Draco unterbrach sie.

„Danke, ich brauche deine Ratschläge nicht.“

„Oha... Schlechte Laune, was? Oder bist du wirklich das, wofür Charlie dich hält? Eine kleine Diva, die sich hierhin verirrt hat?“ Spott lag in ihrer Stimme.

Draco sah sie nur giftig an, dann stand er abrupt auf. „Ich gehe ins Bett. Wird ja morgen früh, nicht wahr?“

Ileana sah ihm perplex nach. So ganz unrecht schien Charlie also nicht zu haben. Ihr Neuzugang war offenbar recht kompliziert – aber das hieß ja nicht, dass er seine Sache schlecht machen würde...
 

Draco ließ sich auf sein Bett fallen und starrte an die Decke. Doch, es war eine dumme Idee gewesen, hierher zukommen. Definitiv. Aber er würde nicht den Schwanz einkneifen und weglaufen, nur weil es etwas komplizierter wurde, als er gedacht hätte. Und mit Sicherheit nicht, weil er an einen weiteren Weasley geraten war...

II. Kapitel

Irgendetwas Kaltes und Nasses riss ihn aus dem Schlaf. Ruckartig setzte sich Draco in seinem Bett auf und blickte perplex auf das nasse Handtuch, das von seinem Gesicht nun auf seine Brust hinunterrutschte „Was...?“

Das Lachen ließ ihn herumfahren. Charlie hielt sich den Bauch und bekam vor lauter Lachen kaum noch Luft. Sein Gesicht nahm eine schon recht ungesunde rote Farbe an.

„Mistkerl!“, fauchte der Blonde und schleuderte ihm das Handtuch ins Gesicht.

Der Rothaarige lachte noch immer, während das nasse Ding an ihm zu Boden rutschte. „Guten Morgen...“, gluckste er.

„Mach das nie wieder.“ Dracos Blick machte einem Todesfluch alle Ehre, hatte jedoch nicht diesen durchschlagenden Erfolg.

„Vielleicht...“ Charlie lehnte sich gegen den Tisch und wurde wieder ernst. „Zieh dich am besten direkt an. Duschen lohnt sich erst heute Abend.“

Draco nickte noch immer zornig und stand auf. Er konnte den prüfenden Blick in seinem Rücken spüren, als er an den Schrank trat und die Türen aufzog. Gut, die Boxershorts ließen ja auch reichlich viel Haut frei...

„Nimm nicht gerade die teuersten Klamotten. Wahrscheinlich werden die etwas mitgenommen aussehen, wenn wir wiederkommen...“

Draco warf einen Blick über die Schulter zu dem Wiesel. „So? Dummerweise ist das alles teuer. Und das war nicht unbedingt meine Entscheidung.“

Verflixt, es wurde langsam empfindlich kalt. Er zog ein T-Shirt aus den Stapel und streifte es über, hangelte als nächstes nach Socken. Dass ihn Charlie beim Anziehen beobachtete, störte ihn kein bisschen. Sollte er doch.

„Zieh dich warm an. Wird kalt da oben. Wir nehmen die Besen, um zu den Nestern zu kommen... Fliegen kannst du ja, oder?“

„Das sollte dir dein Bruder eigentlich erzählt haben. Zweitbester Flieger der Schule in der Ära Harry Potter“, gab Draco zur Antwort und zog sich fertig an.

„Fehlt nur noch ein Regencape... Feuerfest natürlich. Das gebe ich dir gleich.“ Charlie lächelte ihn an.

„Woher die plötzliche Freundlichkeit?“ Draco zog eine Augenbraue hoch, während sie nach draußen gingen.

„Weil wir uns nicht unbedingt angiften müssen. Wir sollen schließlich miteinander auskommen. Und es geht nicht um uns – sondern um die Drachen.“

„Dann bist du definitiv nicht so ein Hitzkopf wie... Verdammt, wie hieß der noch? Don? Won?“

„Ron. Du gibst dir nicht gerade viel Mühe mit Namen, oder?“

Draco zuckte mit den Schultern. „Nicht immer.“

„Ich bin Charlie? Du erinnerst dich?“ Spott lag in der Stimme des Älteren.

„Danke, das habe ich nicht vergessen. Und nach dieser Weckaktion werde ich das auch nie.“ Draco schenkte Charlie einen weiteren giftigen Blick.

„Oha, welch eine Ehre. Bin ich damit der erste Weasley, der einem Draco Malfoy aufgefallen ist?“ Charlie grinste breit, während es Draco vorzog darauf keine Antwort zu geben. Ironischerweise war es wirklich so, dass dieser Weasley der erste war, bei dem er sich den Vornamen merkte. Okay, aber das hier war ja auch eine vollkommen andere Situation...
 

Eine halbe Stunde später besaß jeder einen Rucksack mit den Dingen, die man so brauchen würde, und hielt einen Besen in der Hand.

„Keine Eskapaden. Flieg mir einfach nur hinterher, okay? Du musst hier niemandem etwas beweisen“, bestimmte Charlie.

„Nein?“ Dracos Augenbraue schnellte nach oben.

„Nicht in dieser Hinsicht“, korrigierte ihn Charlie.

„In welcher dann?“ Der Blonde schürzte leicht die Lippen und sah den Älteren herausfordernd an.

„Was deine Interessen hier angeht. Beweis mir, dass du es ernst meinst.“ Charlie stieß sich ab und einen Augenblick später folgte ihm Draco. Die beiden jungen Männer hielten auf den Gipfel des Berges Mîndra zu.

Der Ex-Slytherin pfiff leicht durch die Zähne. Charlie war ein guter Flieger. Sehr gut sogar. Hieß es nicht, dass einer der Weasley-Brüder nach seinem Schulabschluss Angebote von Quidditchvereinen bekommen hatte? Offenbar war das Charlie Weasley gewesen... Ein wenig erinnerte sein Flugstil an den Potters. Aber nur ein wenig...

Draco hielt sich ein Stück hinter dem anderen. Die Wolken hingen tief und irgendwann stießen sie hindurch, flogen höher und höher, bis schließlich der Gipfel vor ihnen aufragte.

„Halte dich rechts!“, brüllte Charlie ihm zu und der Blonde kam der Aufforderung sofort nach. Der andere kannte sich hier schließlich aus. Auch der Rothaarige zog seinen Besen nun beiseite. Wenig später ragten die ersten spitzen Felsnadeln aus den Wolken.

Draco schloss zu dem Rothaarigen auf.

„Wir landen da vorne.“ Charlie wies mit einer Hand auf einen schmalen Felsvorsprung. Landen konnte man dort problemlos, aber dann?

Doch jetzt war nicht der Zeitpunkt, Fragen zu stellen. Fünf Minuten später war er jedoch gekommen.

„Und jetzt?“ Draco starrte die Felswände an. Es ging entweder steil bergauf oder bergab.

„Klettern.“ Charlie wies auf einige Kletterhaken, die in die Wand geschlagen worden waren.

„Nee...“ Draco starrte die unscheinbaren Haken an und legte dann den Kopf in den Nacken.

„Doch.“ Ehe er es sich versah, schlag ihm Charlie ein Seil um die Hüften. „Beine breit.“

„Hä?“ Verwirrt gehorchte Draco und ließ den Rothaarigen gewähren, allerdings nicht ohne ein reichlich komisches Gefühl im Bauch. Er roch gut, musste er feststellen, während der Weasley-Sohn um ihn herumfuhrwerkte. Verdammt gut sogar. Wann hatte er das eigentlich das letzte Mal gedacht?

Einige Minuten später kam er sich reichlich fest verschnürt vor. Charlie hatte ihm das Seil seltsam um Beine und Taille geschlungen und verfuhr nun bei sich selbst genauso.

„Einhaken.“ Der Ex-Gryffindor drückte dem Blonden einen Karabiner in die Hand, den dieser auch gehorsam verklinkte.

„So... Ich klettere vor. Du musst dich immer wieder einhaken, okay? Außerdem hängst du an mir, womit dir nichts passieren kann. Und zieh die Handschuhe an.“ Er drückte Draco ein Paar in die Finger.

„Okay...“ Jetzt war Draco wirklich mulmig. Warum konnten sie da nur nicht mit dem Besen hochfliegen? Das war doch viel praktischer.... Wahrscheinlich war diese Kletterpartie die persönliche Revanche des Wiesels für seine Arroganz. Draco verdrehte die Augen. Aber er würde sich nicht klein kriegen lassen. Ganz sicher nicht.

Der Rothaarige kletterte vor und Draco folgte ihm wenig später nach. An sich war das ja gar nicht so schwer... Dachte er zumindest, bis er knapp fünfzig Meter hinter sich gebracht hatte und das erste Mal abrutschte.

Urplötzlich baumelte er an dem Seil und sein Leben hing an ein paar Stahlhaken – und an Charlie Weasley, der überrauscht aufgekeucht hatte, als auf einmal Dracos Gewicht an ihm zerren spürte.

„Zieh dich hoch!“, brüllte er hinunter und genau das tat der Ex-Slytherin auch, als er den ersten Schreck überwunden hatte.

Auf der gesamten Kletterpartie schaffte er es, noch dreimal abzurutschen und sich gerade noch festhalten zu können, sowie noch drei weitere Male sein Leben an die Haken zu hängen – wortwörtlich.

„Oh, verdammt...“, keuchte der Blonde, als sie endlich oben waren. Er ließ sich auf den Felsboden fallen und atmete schwer. Er war zwar recht trainiert, aber das hier hatte ihm doch gewisse Grenzen aufgezeigt. Charlie dagegen sah zwar auch etwas geschafft aus, grinste aber nur fröhlich vor sich hin.

„Das nächste Mal nehmen wir den einfachen Weg“, verriet er und zwinkerte Draco fröhlich zu.

„Mistkerl...“, knurrte dieser zurück.

„Initiationsritus. Das muss einfach sein. Außerdem weiß ich jetzt, dass du zumindest versuchst, dir Mühe zu geben...“

Draco schnaubte nur.

„Och, nicht eingeschnappt sein...“ Charlie grinste und wuschelte ihm durch die blonden Haare. Draco erstarrte. Das tat der gerade nicht wirklich, oder? Nein, tat er nicht. Oh, verdammt, tat er doch. Verwirrt blinzelte er den Rothaarigen an.

„Komm... Es ist nicht mehr weit. Noch dem Pfad nach und dann finden wir die Nester... Davor machen wir aber noch Rast. Und ich erzähle dir, was du definitiv nicht tun solltest.“

Draco rappelte sich auf und folgte Charlie. Irgendwie war dieser Mann verwirrend... Einerseits stellte er deutlich seine Skepsis und Abneigung zur Geltung und dann war er andererseits wiederum nahezu... nett. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass das hier wohl das sympathischste Exemplar der Weasley-Familie war, das ihm je untergekommen war.
 

Aus der Deckung einiger Felsen beobachteten die beiden die Gelege. Es handelte sich bei diesen um die Nester von drei Rumänischen Langhörnern. Das bedeutete, dass hier sechs ausgewachsene Drache immer wieder Station machten, denn Rumänischen Langhörner bildeten Lebensgemeinschaften, die das ganze Leben lang hielten, was bei einem Drachen wirklich lange sein konnte, länger als ein normales Muggelleben.

„Okay... Also, wir wollen die Eier zählen... Das letzte Mal waren es fünfzehn. Allerdings gibt es immer wieder Schwund...“ Charlie beobachtete die Drachen. Die Rumänischen Langhörner galten nicht gerade als friedlich. Wie alle Drachenarten hatten sie keinerlei Hemmungen, Menschen als Nahrung zu betrachten. Nicht nur vor ihrem Feuer, dem Maul mit dem scharfen Zähnen und den spitzen Krallen musste man in Acht nehmen, sondern auch vor den goldenen Hörnern, mit denen diese Art gerne ihre Beute aufspießte und anschließend über Flammen röstete...

„Wenn nur noch einer da ist – hoffentlich Ludmilla, die ist relativ harmlos -, dann lenke ich den ab und du zählst die Eier, klar? Schreib dir auf, was du siehst.“

Draco nickte. Sein Herz schlug zum Zerbersten schnell. Das hier war mehr Aufregung, als ihm jedes Quidditchspiel hatte geben können. Noch nicht einmal irgendwelche vergangenen Schlachten ließen sich hiermit vergleichen. Nichts davon. Das hier war einmalig.

„Mach dich bereit.“

Sie warteten noch... Vier Drachen waren jetzt weg... Dann fünf.

„Los.“ Charlie schlüpfte aus der Deckung durch den schmalen Felsspalt, der ihnen den Zugang zu diesem kleinen Plateau gewährte und bewegte sich auf den verbliebenen Drachen zu. Mit angehaltenem Atem beobachtete Draco die Szene, während er sich zugleich auch auf den Weg machte und sich auf das erste Nest zu bewegte. Fünf Eier. Er kritzelte die Zahl kurz auf sein Pergament, schlich weiter.

Charlie wich derweil den launischen Angriffbemühungen des grünschuppigen Geschöpfes aus und sprach beruhigend auf es ein.

Vier Eier. Fehlte nur noch das dritte Nest...

Ein lautes Fauchen ließ Draco zusammenschrecken. Er stolperte und fiel auf die Knie. Dieser Umstand rettete ihm das Leben, denn eine Flammenzunge leckte dort durch die Luft, wo sich gerade noch sein Kopf befunden hatte. Er hatte den Himmel nicht im Auge behalten, sondern war viel zu fasziniert von Charlies Umgang mit dem verbliebenen Drachen gewesen! Er war ein Idiot!

Draco rollte sich über den Fels, suchte Deckung, fand aber keine. Der Drache landete mit lautem Knirschen auf dem Fels und warf den Kopf zurück, um erneut Feuer zu spucken.

Scheiße!

Der Blonde sprang beiseite, hüpfte schnell an dem dritten Nest vorbei – auch vier Eier – und sprintete dann los. Hinter ihm schlugen Flammen gegen den Fels und der Drache brüllte drohend.

Damit hatte er jetzt einen Drachen im Rücken und einen direkt vor der Nase. Gar nicht gut... Und noch weniger gut war, dass ein dritter gerade von der Seite kam und mit seinen Pranken nach ihm schlug. Erschrocken ließ sich Draco zu Boden fallen. Wieder Glück gehabt. Aber lange würde sein Glück sicher nicht mehr halten...

„Draco!“ Charlies Stimme zog nicht nur seine Aufmerksamkeit auf den Rothaarigen, sondern auch die der drei Drachen.

Der Blonde nutzte die Chance, kam wieder auf die Beine und spurtete los. Auch Charlie rannte jetzt. Flammen verfolgten sie, während sie sich durch den schmalen Felsspalt quetschten, durch den sie hergekommen waren.

„Oh verdammt...“ Draco presste den Rücken gegen den Felsen, der langsam warm wurde, weil ihn mindestens drei Flammensalven getroffen hatten. Sein Atem ging schnell und Schweiß perlte ihm über die Stirn.

„Alles okay?“ Charlie klang besorgt.

„Klar...“

„Du blutest.“

Verblüfft sah Draco auf seine Hände. Die Handflächen waren abgeschürft, die helle Haut war aufgerissen und blutverschmiert. Wahrscheinlich hätte er doch besser die Handschuhe anbehalten sollen...

„Das ist nichts.“ Er winkte ab, erreichte damit bei dem rothaarigen Drachenforscher jedoch nichts. Dieser griff nur bestimmt nach seinen Handgelenken und betrachtete die Verletzungen.

Verdammt, seit wann fühlte es sich so angenehm an, wenn jemand einfach seine Handgelenke umfasst hielt? Draco blinzelte Charlie stumm an.

„Da reicht ein simpler Heilzauber.“ Der Rothaarige zog seinen Zauberstab hervor und murmelte leise ein paar Worte. Dracos Hände kribbelten, dann schlossen sich die Wunden langsam wieder.

„Danke.“ Er schenkte dem Älteren ein dankbares Lächeln.

„Nichts zu danken... Sowas passiert ständig. Wir haben Glück gehabt. Nur ein paar Abschürfungen – das ist ganz gut, wenn man bedenkt, dass wir im Kreuzfeuer von dreien standen...“ Charlie grinste und wuschelte Draco erneut durch die Haare. Irgendwie kam sich der Blonde nicht ernstgenommen vor. Bei seinen anderen Kollegen würde Charlie das sicher nicht wagen...
 

Es war recht spät, als sie wieder im Basislager ankamen. Sie hatten das Gelege noch eine Weile beobachtet und Charlie hatte ihm die einzelnen Drachen anhand ihrer Merkmale vorgestellt. Es war wirklich Ludmilla gewesen, die zurückgeblieben war und die Charlie recht erfolgreich abgelenkt hatte. Der Blonde war verblüfft, wie viel man über diese einzelnen Tiere wissen konnte. Es kam ihm fast so vor, als wenn Charlie ihm seine besten Freunde vorstellte... Die ganzen Geschichten, die er erzählte, waren persönlich. Und sie kamen Draco persönlicher vor, als alles, was er ihm bisher erzählt hatte... Er war still gewesen, als sie – diesmal Seite an Seite – losgeflogen waren. Und auch als sie landeten, hatte er noch immer nichts gesagt, weswegen Charlie ihn schließlich prüfend musterte. War das etwa schon zuviel für den jungen Malfoy gewesen? Dabei hatte er sich erstaunlich gut geschlagen. Weder von der Kletterpartie noch von dem Intermezzo auf der Plattform hatte er sich wirklich erschüttern lassen...

„Hey!“ Ileana kam ihnen strahlend und winkend entgegen gelaufen. „Und? Wie war’s oben?“

„Drachig“, gab Draco trocken zurück und brachte die junge Frau zum Lachen.

„Hattet ihr Probleme?“, fragte sie dann ernst nach.

Der Blonde zuckte mit den Schultern. „Wenn man ihm glauben darf…“ – er zeigte auf Charlie – „…nicht mehr als das Übliche. Und ich weiß jetzt, dass ich alles um mich im Auge behalte, wenn ich mich einem Drachennest nähere...“

Charlies Augen weiteten sich verblüfft. Draco Malfoy gab einen Fehler zu? Einfach so und derart freimütig? Das passte jetzt nicht in sein Bild. Ganz und gar nicht...

Ileana lachte erneut auf. „Das ist eine wichtige Lektion. Habt ihr euch was getan?“

„Nur die Hände abgeschürft, aber das ist schon wieder weg.“ Draco winkte ab, während die junge Frau sich bei ihm einhakte.

„Gut so. Charlie ist am besten mit diesen Zaubern. Er hat auch immer die meisten Blessuren...“

„So?“ Draco grinste leicht. „Draufgänger, was?“

Ileana nickte ernsthaft. Die beiden gingen zu den Hütten zurück, während der Rothaarige zurückblieb.

Es war verblüffend, wie sehr der Blonde auf einmal aufgetaut war. Von der Kälte, dem Sarkasmus und den spitzen Bemerkungen war nichts mehr zu spüren. Hatte ihm die Lektion etwa gereicht, um zu kapieren, dass er hier mit seinem Getue nicht weiterkam und einfach er selbst sein sollte? Ansonsten kam man an Drachen nicht heran... Sie konnten durch alle Masken hindurchsehen und sie witterten Täuschung. Und sie hassten sie. Charlie war da genauso. Er hasste es, wenn jemand unecht war und bisher hatte er bei seinem neuen Schützling genau dieses Gefühl gehabt. War das jetzt echt? Dieses Verhalten, diese Seite? Oder war das auch nur eine Maske? War das heute Morgen in Dracos Zimmer auch nur eine Maske gewesen?

Er zog die Schultern hoch. Aber was kümmerte es ihn?

III. Kapitel

Draco hatte sich schneller eingelebt, als er gedacht hätte. Dem ersten Tag mit Charlie und den Rumänischen Langhörnern folgten Besuche bei den anderen Drachenarten, die in diesem Reservat untergebracht waren. Sie waren die ganzen Tage unterwegs und der Blonde lernte recht schnell, dass es grundsätzlich eine ziemlich gute Sache war, wenn er tat, was Charlie ihm sagte. Nicht nur, dass sie deutlich besser miteinander auskamen, wenn er keine Aufmüpfungsversuche unternahm, sondern dieser Gehorsam rettete ihm auch gut ein halbes Dutzend Mal den Hals. So langsam stieg Charlie Weasley in seiner Achtung. Es war für diesen definitiv nicht einfach nur ein Job, den er hier machte, um Geld zu verdienen, sondern er war mit wahrer Leidenschaft dabei. Er liebte die Drachen. Jeden einzelnen. Und es machte ihm dabei auch nichts aus, wenn er die Haare versengt bekam oder einen üblen Prankenhieb wegstecken musste. Gar nichts davon machte ihm etwas aus. Und das nötigte Draco wirklichen Respekt ab. Ihm selbst... Ihm machte es auch nichts aus, aber er wusste nicht, ob er diese unbedingte Liebe zu den Fabelwesen aufbringen konnte. Er schätzte Drachen, mochte sie und bewunderte sie. Und er lernte sie jeden Tag, den er hier war, besser kennen und mehr schätzen, aber wirklich lieben? Er fand sie großartig, ja... Aber das war es auch. Oder?

„Hey, Draco... Kennst du Sparky eigentlich schon?“

Der Blonde hatte unter einem Baum gesessen und einen Brief an seine Eltern begonnen. Vermutlich wollten diese doch langsam wissen, was er hier eigentlich trieb und ein Lebenszeichen würde ihnen garantiert gut tun. Ileana lenkte ihn nun davon ab.

„Nein, noch nicht. Ich war ja mit Charlie dauernd unterwegs...“ Er ließ die Feder sinken.

„Dann komm mit. Dem hast du ja schließlich zu verdanken, dass wir dich erst suchen mussten...“ Sie lachte. Ileana lachte gerne und viel, wie Draco aufgefallen war. Und sie lachte offenbar besonders gerne in seiner Nähe, wo sie sich erstaunlich oft aufhielt. Sie war 20, wie er mittlerweile herausgefunden hatte, und stammte aus Turda, war also gebürtige Rumänin. Er mochte sie. Sie war ihm sympathisch, sie war herrlich umgänglich und stets freundlich. Ihre Nähe war angenehm.

Draco folgte ihr zu der Felswand, die das Plateau nach einer Seite hin abgrenzte. Hierher war er bisher noch nicht gekommen. Aber er hatte bislang auch nicht viel Zeit gefunden, die Umgebung näher zu erkunden, zu sehr hatte Charlie ihn in Anspruch genommen. Heute saß der Rothaarige an seinen Berichten und schrieb ihre Beobachtungen zusammen. Das britische Ministerium hatte einen Statusbericht angefordert.

„Hier...“ Ileana griff nach Dracos Hand und zog ihn hinter sich her zu einem großen Tor mitten im Fels. Der Blonde zog eine Augenbraue hoch. Es war an sich absolut nicht notwendig, seine Hand zu halten. Aber offenbar... verspürte sie die Neigung dazu. Nicht gut. Sie war zwar hübsch, aber... Draco hatte keinerlei Interesse an ihr. Es war nicht so, dass ihn Frauen nicht generell nicht interessierten, aber im letzten Schuljahr hatte er die Feststellung gemacht, dass das männliche Geschlecht genauso anziehend sein konnte, im Moment sogar für ihn eher noch anziehender...

Ileana öffnete das Tor und zog ihn mit hindurch. In der Höhle war es dunkel und roch ein wenig verbrannt.

„Sparky...“, lockte die junge Frau halblaut. Ein leises Schnauben ertönte von der anderen Seite und kurz darauf kratzten Krallen über den blanken Fels.

Große, bunt schillernde Augen leuchteten durch das Halbdunkel und näherten sich. Sie besaßen keine Pupillen, wie Draco automatisch feststellte. Ein Antipodisches Opalauge. Ein halbwüchsiges Männchen, wie der Ex-Slytherin, noch immer in einem regelrechten Automatenmodus, bemerkte. Eine recht friedliche Drachenart und dieser hier schien besonders friedlich zu sein. Er reckte seinen Hals ein wenig und stupste Ileana mit der Nase an. Alles an dem Drachen schillerte, als wenn er mit Perlmutt überzogen war. Wirklich ein schönes Geschöpf...

„Hey, Sparky...“ Ileana strich ihm über die Nase. „Schau mal, das ist Draco...“ Sie drückte Sparkys Kopf behutsam zur Seite und dessen pupillenlosen Augen richteten sich nun auf den blonden Mann. Prüfend sog der Drache die Luft ein und schnupperte über Dracos Gesicht. Er konnte nicht verhindern, dass ihm ein wenig unbehaglich war. So nah war er den wilden Drachen dort draußen noch nicht gekommen...

Abrupt wandte Sparky den Kopf ab, stupste Ileana noch einmal an und tapste dann wieder davon. Verblüfft sah ihm die junge Frau nach.

„Nanu... Sonst ist er doch viel neugieriger. Aber vielleicht...“ Jetzt grinste sie schelmisch. „Vielleicht möchte er uns ja allein lassen...“

Nicht gut... Draco unterdrückte einen Seufzer.

„Draco, ich...“ Sie trat auf ihn zu und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen.

Verdammt. Dumme Rechthaberei. Er wäre froh gewesen, wenn er sich geirrt hätte. Sanft, aber bestimmt schob er Ileana von sich. „Es ehrt mich, dass du mich so interessant findest, Ileana, aber...“

Sie lief knallrot an. „Oh, ich... Entschuldige... Ich bin so dumm...“

„Nein, bist du nicht.“ Wenn ihn jetzt jemand aus seinem ehemaligen Haus hören würde, würde er wahrscheinlich nicht glauben, dass das wirklich Draco Malfoy war, der gerade sprach. Aber diese eher sanftere Seite von sich zeigte er auch selten. Äußerst selten... „Es ist nicht deine Schuld, okay? Du bist wirklich schön und klug, aber...“

„Du stehst auf Männer?“, erkundigte sie sich. „Das war bei Charlie genauso... Ich bin so blöd, dass ich immer wieder auf die einzigen Schwulen weit und breit reinfalle...“ Sie schlug die Hand vors Gesicht.

„Na ja... Auch. Aber im Moment... eher Männer, ja.“ Wie kam sie eigentlich dazu, so offen über seine potenzielle sexuelle Orientierung zu sprechen? Das war etwas, worüber er lieber kein Wort verlor. Sein Vater war darauf nicht übermäßig gut zu sprechen. Die Zaubererwelt selbst mochte zwar reichlich tolerant sein, aber in den eher traditionellen Reinblüterfamilien sah es dahingehend doch etwas anders aus... „Und ich wäre dir sehr verbunden, wenn das unter uns bleiben würde.“

„Okay.“ Ileana lächelte schwach.
 

„Na, hat Ileana heute mit dir gesprochen?“ Charlie war von der Seite an Draco herangetreten, der wieder unter dem Baum saß und an dem Brief weiterschrieb.

„Hm...“, gab der Blonde zurück und ließ sich nicht unterbrechen.

Der Rothaarige ging neben ihm in die Hocke. „Seid ihr jetzt ein Paar?“, fragte er unverwandt und betrachtete den Jüngeren. Die Sonne fiel zwischen dem Blätterdach hindurch und malte helle Kreise auf den schwarzen Pullover, das hellblonde Haar und die – trotz der ständigen Höhensonne – helle Haut. Kein Wunder, dass sich Ileana in ihn verliebt hatte... Er war wirklich schön anzusehen.

„Nein.“ Draco blickte auf und seine grauen Augen trafen sich mit Charlies braunen.

„Warum nicht?“ Charlie setzte sich verblüfft auf seinen Hosenboden. „Sie hat sich in dich verguckt, du hängst auch dauernd mit ihr rum... Warum also nicht?“

„Weil sie mich nicht auf diese Weise interessiert.“ Draco seufzte leise und schrieb weiter.

„Nein? Wer dann?“

Erneut blickte der Blonde auf. „Nun, an Frauen herrscht hier ja sonst keine Auswahl, die man ernst nehmen könnte, oder?“

„Oha... Du verblüffst mich. Der einzige Malfoy-Sohn steht auf Männer?“ Charlie grinste.

„Das habe ich nicht gesagt sondern du“, stellte der Ex-Slytherin richtig.

„Also keine Männer?“ Charlie zog einen Flunsch.

„Das habe ich wiederum auch nicht gesagt.“ Draco grinste süffisant. „Solltest du jetzt nicht an deinen Berichten sitzen?“, wechselte er abrupt das Thema. War ja noch schöner, dass er jetzt mit einem Weasley über sein potenzielles Liebesleben und die interessanten Personen hier im Lager sprach. In seinen Augen gab es da eh nur zwei: den Franzosen Jean-Pierre – mittlerweile konnte er sich sogar dessen Namen merken – und – deprimierenderweise – Charlie Weasley.

Der Rotschopf erhob sich und schenkte dem Blonden noch einen letzten undeutbaren Blick, ehe er sich auf den Weg machte. Dummerweise hatte Draco Recht...
 

Es war ein Montag, als Draco seinen ersten Notfalleinsatz miterlebte. Ein Ungarischer Hornschwanz hatte das Reservat verlassen und steuerte auf eine Burg zu, die eine äußerst beliebte Muggeltouristenattraktion war. Graf Dracula sollte da einst gelebt haben. Zumindest behaupteten das diejenigen, denen dieses Gemäuer gehörte.

„Schnapp dir deinen Besen, Draco!“, brüllte Charlie, während er an dem Blonden vorbei stürmte. Draco schoss los und tat wie ihm geheißen. Wenig später war er in der Luft und bemühte sich, zu Charlie aufzuschließen. Der Rothaarige führte die Drachenforscher an. Die anderen holte Draco recht problemlos ein und zog an ihnen vorbei – sie flogen zwar recht passabel, aber er hatte schon deutlich Besseres gesehen –, doch zu Charlie aufzuschließen war nahezu unmöglich.

„Wie Potter...“, knurrte Draco unwillkürlich. Genauso überlegen flog der Rothaarige dort vorne. Einfach nicht einzuholen. Aber er konnte wenigstens dran bleiben...

Sie hängten die anderen immer mehr ab. Schließlich ließ Charlie den Besen ruhig auf der Stelle schweben und blickte zurück. Er hatte den Hornschwanz erspäht, der auf einer der Felsnadeln in der Nähe der Burg hockte und diese aus seinen gelben Augen fixierte.

„Die anderen brauchen zu lange“, entschied der rothaarige Drachenforscher, als Draco neben ihm eintrudelte. „Wir müssen ihn zu zweit von dort wegbekommen. Du wirkst einen Tarnzauber über den Drachen. Lass ihn von mir aus wie eine Wolke aussehen oder sonst was – ich locke ihn von dort weg.“

„Aber...“ Ehe Draco protestieren konnte, startete Charlie schon wieder durch.

Verdammt. Der Blonde zog seinen Besen Richtung Burg und kramte seinen Zauberstab hervor. Blieb nur zu hoffen, dass der Zauber wirkte. Die Muggel starrten nämlich schon vollkommen fasziniert auf den Drachen, der sich langsam in die Luft erhob und auf die Burg zuhielt...

„Draconis abstrudo nimbus!“ Hoffentlich funktionierte das auch... Zumindest wirkten die Muggel jetzt nicht mehr so fasziniert sondern vielmehr verwirrt.

Außerdem änderte der Hornschwanz jetzt seine Flugrichtung. Er hatte Charlie offenbar ausgemacht... Und nicht nur das – der Drache war schnell.

Verdammt, das hatte man ja bei Potters Aktion beim Trimagischen Turnier schon gesehen. Drachen – besonders der Hornschwanz – waren beschissen schnell. Und Charlie stellte sich ihm alleine...

Draco dachte nicht weiter drüber nach, als er seinen Besen beschleunigen ließ. Der Hornschwanz schloss zu Charlie auf. Dieser wich zwar jedem Feuerstoß aus, den ihm der Drache schenkte, kam aber immer wieder ins Taumeln. Es gab hier wenig Möglichkeiten, den Drachen wirklich gut in Schleifen oder ähnliches zu verwickeln... Hauptsächlich das flache Tal und schmale Pässe... Nichts, wo man viel Spielraum hatte... Und da kam selbst der beste Flieger in Bedrängnis.

Der nächste Feuerstoß war deutlich näher an Charlies Besen. Draco beschleunigte noch mehr. Er bekam kaum noch Luft und seine Augen tränten aufgrund des scharfen Winds. Doch er gab nicht auf. Er würde nicht aufgeben.

Er war nah... Jetzt flog er schon direkt hinter dem Hornschwanz...

Die nächsten Flammen erwischten Charlies Besen und brachten ihn ins Trudeln.

Verdammt!

Draco hatte den Zauberstab noch immer in der Hand und handelte ohne nachzudenken. „Restingo!“ Das Feuer an dem Reisig des Besens erlosch, änderte jedoch nichts daran, dass dieser nicht mehr flugtüchtig war. Womit Draco gerade zwei Probleme hatte: Erstens den Drachen direkt vor seiner Nase und zweitens den abstürzenden Charlie, der noch immer versuchte, den Besen in der Luft zu halten. Er brauchte ganz dringend eine Idee!

„Illusio draconis!“ Hoffentlich, hoffentlich wirkte das und der Hornschwanz sprang auf diese Fata Morgana an...

Abrupt schlug der Hornschwanz mit seinen Flügeln und hielt auf die Felswand zu, auf die Draco den Spruch gewirkt hatte. Das würde hoffentlich reichen und ihm genug Zeit verschaffen. Natürlich durfte der dumme Drache nicht verletzt werden – aber im Moment gab es wirklich Wichtigeres und das Vieh würde schon nicht so blöd sein und gegen eine Felswand krachen. Hoffte er zumindest.

Er erreichte Charlie und griff diesen am Arm. Der Rothaarige blickte zur Seite und sah, dass Draco den Kopf schüttelte.

„Dein Besen ist nicht zu retten!“

In der Luft auf einen anderen Besen umzusteigen war nicht unbedingt das einfachste. Insbesondere, wenn es bei dieser Geschwindigkeit war – und wenn danach zwei Erwachsene auf einem Besen Platz finden sollten. Doch sie schafften es. Draco setzte sich gezwungenermaßen aufrecht hin und Charlie schlang ihm die Arme um die Taille. Kurz durchzuckte den Blonden der Gedanke, dass das ein wirklich angenehmes Gefühl war, dann siegte jedoch das Bewusstsein über die gegenwärtige Realität. Er blickte zu dem Hornschwanz hinüber, der beschlossen hatte, die Felswand zu rösten. Gut, das hieß zumindest, dass er nicht dagegen geknallt war und wie ein Vogel, der eine unliebsame Bekanntschaft mit einer Fensterscheibe gemacht hatte, mit einem gebrochenen Genick am Boden lag.

Auch die anderen Drachenforscher erschienen nun auf der Bildfläche.

„Wir kümmern uns um ihn! Ihr fliegt zurück!“

Draco nickte schwach und lenkte den Besen Richtung Basislager zurück. Der Rückflug würde mit Sicherheit recht lange dauern. Sein Besen konnte mit diesem zusätzlichen bei weitem nicht die üblichen Geschwindigkeiten fliegen. Aber wirklich traurig war er nicht darum.

„Danke...“, murmelte Charlie hinter Draco und lehnte den Kopf gegen seine Schulter. Viel Platz war hier oben eh nicht...

„Schon okay.“ Draco lächelte leicht, löste für einen Augenblick eine Hand von dem Stiel und legte sie auf Charlies.

„Wie hast du ihn wegbekommen? Ich dachte, der röstet mich gleich und das war’s...“

„Ein Illusionszauber... Ich habe nur gehofft, dass er sich nicht zu Tode fliegt... Aber eigentlich... War mir das recht egal.“ War es auch. Charlie war ihm wichtiger gewesen... Wenn er allein daran dachte, dass diesem etwas hätte passieren können, raste sein Herz. Das war... Oh, verdammt. Das hatte er nicht wirklich geschafft, oder? Das fehlte ja noch... Nein, er hatte sich garantiert nicht in Charlie Weasley verliebt! „Ich war ja schließlich gerade damit beschäftigt, dir den Hals zu retten.“ Er grinste, obwohl Charlie das natürlich nicht sehen konnte.

„Wofür ich dir auch dankbar bin. Meine Mutter wird es noch mehr sein... Wahrscheinlich wirst du noch Ehrenfamilienmitglied“, witzelte der Rothaarige.

„Das bin ich in gewisser Weise eh schon. Über irgendwelche Tausend Ecken bin ich mit deiner Mutter verwandt“, gab Draco trocken zurück. Ruhte seine Hand wirklich noch immer auf Charlies? Ja. Oh, verdammt. Er zog sie zurück und schloss sie wieder um den Besenstiel.

„Dann bist du also ein entfernter Cousin? Ts... Das einfach so zu verschweigen...“ Charlies Atem kitzelte in seinem Nacken. Das war gemein, wirklich gemein... denn es war einfach so angenehm.

„Gib mir nicht solche Vorlagen, wenn ich nicht etwas Gemeines antworten soll.“ Draco knirschte mit den Zähnen. „Slytherinangehörigkeit und Malfoynaturell verlangen danach.“

Charlie lachte leise. „Was denn? Versuchst du etwa nett zu sein?“

„Vielleicht...“

„Wusstest du, dass du richtig niedlich sein kannst?“

Das war zuviel. Draco hatte das Gefühl, als wenn er gerade einer Tomate ernsthaft Konkurrenz machen und diese in einem Wer-besitzt-das-schönste-Rot-Wettbewerb problemlos schlagen konnte.

„Was denn? Habe ich dir jetzt die Sprache verschlagen?“ Verblüffung lag in Charlies Stimme.

„Nein, ich beiße mir nur gerade auf die Zunge“, gab Draco trocken zurück. Zumindest hatte er seine Sprache wiedergefunden. Falsch hatte Charlie keinesfalls gelegen...

Jetzt schwieg der Rothaarige und irgendwie war Draco froh darum, aber zugleich auch nicht...

Blöde Widersprüchlichkeit.
 

Sie schwiegen noch immer, als sie am Basislager ankamen. Draco landete weich und bedauerte es ein wenig, dass Charlie ihn nun loslassen musste. Seine Nähe war angenehm... Egal, ob verliebt oder nicht – er konnte zumindest eins sagen: Er mochte Charlie Weasley. Nur würde er das garantiert niemals über die Lippen bringen. Dämlicher Stolz.

Stumm sah er den Rothaarigen an.

„Alles okay?“, rang er sich schließlich ab.

„Ja.“ Charlie nickte nur und winkte ab. Seine Augen ruhten auf dem Blonden, der irgendwie den Eindruck eines bedröppelten Hundes machte. „Du bist nur reichlich widersprüchlich, weißt du das? Bei dir weiß ich nicht, was echt ist. Mal bist du nett und ernsthaft bei allem und verschaffst einem den Eindruck, dass das der wahre Draco Malfoy ist und dann... Dann gibst du nur bissige Kommentare von dir und lässt niemanden an dich heran. Was davon ist wirklich?“

Draco schwieg und sah zu Boden.

„Auf mich machst du den Eindruck, als wenn nichts an dir echt ist. Gar nichts.“ Charlie wandte sich abrupt ab und ging davon.

Der Zurückgebliebene seufzte leise und legte den Kopf in den Nacken. Er wirkte unecht? Ironischerweise konnte er Charlie noch nicht einmal widersprechen. War es ein Wunder, wenn er so wirkte, wenn diese antrainierten Masken und Schutzmechanismen automatisch die Kontrolle übernahmen, sobald er sich in die Enge gedrängt fühlte?

„Scheiße...“, murmelte er leise.

Da Charlie in einem der Häuser verschwunden war, zog es Draco vor, dort jetzt lieber nicht hinzugehen. Stattdessen besuchte er Sparky.

Bisher hatte er das Opalauge noch nie allein aufgesucht, Ileana jedoch häufiger Gesellschaft geleistet, wenn sie sich um den schillernden Drachen kümmerte.

„Hey du...“ Sparky kam sofort angetrabt, als Draco in seine Höhle hineinkam. Suchend schnupperte er über das Hemd des blonden Mannes. „Findest du auch, dass ich unecht bin?“, fragte er leise und strich über die feinen, glitzernden Schuppen. „Denkst du auch, dass ich nicht... echt bin?“

Sparky schnaubte nur leise und vergrub den Kopf in Dracos Pullover. Die Fingerspitzen des Ex-Slytherins glitten über die harten Schuppen, fuhren ihre Konturen nach.

Unecht. Man hatte ihm den Vorwurf gemacht, arrogant zu sein. Überheblich, verzogen, snobistisch, kalt, unfair, gemein, hinterhältig. Aber unecht? Das war nie dabei gewesen... Und bisher hatte er sich auch noch nie Gedanken darüber gemacht. Aber eins spürte er: Es tat weh. Es tat weh, so gesehen zu werden...

Seufzend ließ er sich an der Felswand zu Boden sinken und blickte zu dem Drachen empor. Ileana hatte immer gesagt, dass man Sparky niemals unterlegen erscheinen durfte. Er war unterlegen. Voll und ganz. Sparky, Charlie und allen anderen dort draußen...

Das Opalauge hockte sich neben ihn und leckte ihm mit der Zunge über die Wange. Mit einem schwachen Lächeln strich er Sparky über die Nase.

„Magst du mich wenigstens?“

Der Drache gab keine Antwort – wie auch? – und fuhr fort, mit seiner Zunge Dracos Gesichts zu bearbeiten. Erst jetzt ging ihm auf, dass er tatsächlich weinte.

IV. Kapitel

In den nächsten Tagen war Draco recht froh darum, dass er gelernt hatte, Tiefschläge schnell zu verdauen und beiseite zu schieben. Ohne diese Fähigkeit... Er wusste nicht, ob er sonst in der Lage gewesen wäre, so scheinbar gelassen mit Charlie umzugehen. Aber selbst jetzt... Diese Worte hatten sich in sein Gedächtnis gebrannt.

Auf mich machst du den Eindruck, als wenn nichts an dir echt ist. Gar nichts.

Draco bemühte sich, diese Gedanken wieder beiseite zu schieben, doch es gelang ihm kaum. Immer wieder kamen sie hervor.

Echt – was war schon echt? Er doch sicher. Voll und ganz. Aber er präsentierte sich nicht so. Daran würde er arbeiten müssen... Aber wofür? Damit ihm der zweitälteste Weasley noch mal irgendetwas an den Kopf warf? Danke, nein. Das musste nun definitiv nicht sein. Reichte ja schon, dass er deswegen geheult hatte. Und einen Malfoy zum Weinen zu bringen war nun wirklich eine ziemliche Meisterleistung.

„Draco! Schläfst du? Wir müssen diese ganzen Tränke noch fertig machen!“ Ileana verdrehte die Augen.

„Sorry...“, murmelte der Blonde und konzentrierte sich wieder aus das Rezept. Unter den Drachen des Reservats drohte sich eine Epidemie auszubreiten. Nordischer Drachenfluch hieß diese Krankheit und jedes einzelne Tier musste mit einem Trank versorgt werden, um es dagegen zu schützen. Diese galt es nun erst zu brauen – woraufhin Draco aufgrund seiner ausgezeichneten Zaubertranknoten genau dazu abberufen wurde und worüber er nicht gerade übermäßig traurig war, denn so war er wenigstens nicht ständig mit Charlie unterwegs – und dann den Drachen irgendwie zukommen zu lassen. Letzteres würde noch recht anstrengend und aufregend werden...

„Was ist los?“, fragte die braunhaarige Frau mitfühlend. „Irgendetwas ist zwischen dir und Charlie ganz und gar nicht in Ordnung.“

„Wie kommst du darauf?“, gab der Ex-Slytherin zurück und studierte das Rezept weiter und sortierte die Zutaten.

„Nun... Charlie läuft mit einer so betonten Fröhlichkeit herum, dass man allein vom Zusehen schon Karies bekommt. Und du... Du wirkst wie ein Vulkan kurz vorm Ausbruch...“ Ileana betrachtete den Blonden kritisch. Er war ihr wirklich ans Herz gewachsen. Als Freund. Ihre Hoffnungen auf eine Beziehung hatte sie schnell begraben und langsam fühlte es sich auch so an, als wenn da sowieso nichts weiter als eine Schwärmerei gewesen wäre. Außerdem hatte sie jetzt zwei Monate Zeit gehabt, die ganze Sache zu verarbeiten. Es war alles in Ordnung – wenigstens, was es die Freundschaft zwischen Draco und ihr betraf.

„Wenn du meinst...“ Betont gleichgültig begann Draco die Zutaten herzurichten und die Ingwerwurzeln kleinzuschneiden.

„Ja, das meine ich. Was ist passiert?“, hakte Ileana weiter nach.

„Nichts weiter. Gar nichts.“ Starr den Blick auf die Wurzeln gerichtet, bearbeitete er sie weiter mit dem Messer.

„Es hat nach dem Tag mit dem Hornschwanz angefangen... Ihr seid zusammen zurückgeflogen...“ Die junge Frau legte die Stirn in Falten.

„Du solltest mir helfen, anstatt dusselige Vermutungen anzustellen“, knurrte der Blonde ungehalten.

„Also ist es da passiert. Was?“

„Ileana, du wirst von mir nichts hören. Also gib es auf.“ Entnervt knallte Draco das Messer auf den Tisch.

„Es ist also doch etwas passiert!“, frohlockte diese jetzt.

„Du machst mich noch wahnsinnig...“ Draco stützte die Hände auf den Tisch und senkte den Kopf, sodass ihm das mittlerweile halblange blonde Haar einen gewissen Sichtschutz von der Seite gewährte.

„Du magst Charlie, nicht wahr?“ Ileana legte ihm behutsam die Hand auf die Schulter. „Sehr sogar...“

„Hm...“ Das war die einzige Antwort, die Draco von sich gab. Sie schwiegen.

Draco wusste nicht wie lange. Nur irgendwann... Da brachte er es über sich, doch noch etwas mehr zu sagen. „Er hat gesagt, dass ich unecht bin... Dass nichts an mir echt zu sein scheint...“, sagte er leise. Er hielt den Blick noch immer gesenkt, wagte es gar nicht, Ileana in die Augen zu schauen.

„Oh...“ Sie strich ihm langsam über den Rücken. „Weißt du... Dann beweise ihm doch, dass du echt bist und wer du wirklich bist. Was hast du zu verlieren? Dir geht es so doch schon beschissen... Noch schlimmer geht doch kaum noch, oder?“

Draco lachte heiser. „Da könntest du fast Recht haben...“ War er denn so leicht zu durchschauen? Waren all seine Masken so sinnlos geworden?
 

Die nächsten Tage verbrachten Draco und Ileana beständig damit, die Tränke für die Drachen fertig zu machen und schließlich war es so weit. Die ersten Ladungen konnten ausgeflogen und unter die Patienten gebracht werden.

Perence bestand darauf, dass die eingespielten Teams zusammen loszogen, was nichts anderes hieß, als dass Draco sich wieder an Charlies Seite wiederfand. Großartig. Aber er wollte sich ja Mühe geben... War nur die Frage, wie lange das sein Stolz mitmachen würde...

Sie schwiegen, während sie auf das Plateau mit den drei Langhornnestern zuhielten. Die Jungen waren längst geschlüpft und wuchsen nun heran. Natürlich mussten diese auch mit dem Trank versorgt werden, aber sie würden wohl das kleinste Problem darstellen. Viel mehr Sorgen machten Draco die Eltern...
 

Die beiden jungen Männer kauerten wieder hinter der Felswand und beobachteten die Drachen durch den schmalen Spalt. Noch immer hatten sie nicht mehr Worte miteinander gewechselt, als unbedingt notwendig war. Hin und wieder warf Draco Charlie einen Seitenblick zu und spürte genauso, dass dieser ihn immer wieder musterte, aber keiner von ihnen durchbrach das lastende Schweigen.

Sie saßen hier bestimmt eine Stunde, wenn nicht sogar zwei, ehe Charlie schließlich sprach.

„Nur noch Ludmilla ist da... Gut. Du übernimmst die Nester. Ich lenke sie ab.“

Draco nickte knapp. Direkt nach Charlie kletterte er durch den Spalt auf das Plateau. Die kleinen Drachen erinnerten ein wenig an junge Vögel. Sie hockten in ihren Nestern und rissen die Mäuler auf. Hin und wieder sausten Flammenkugeln durch die Luft und einer der Kleinen krabbelte aus dem Nest, kehrte jedoch sehr schnell wieder zurück. Ruhig näherte er sich den Jungtieren und wurde von ihnen eher neugierig als misstrauisch begrüßt. Das verblüffte ihn etwas – und Charlie auch. Der Rothaarige sah überrascht zu, wie leicht der andere die Jungtiere mit dem Vorsorgetrank behandeln konnte. Dann riss Ludmilla seine Aufmerksamkeit wieder an sich, indem sie einen Prankenhieb knapp neben dem Drachenforscher herunterkommen ließ. Charlie sprang erschrocken beiseite und konzentrierte sich wieder auf sie. Aber dennoch... Hatte er sich geirrt? Wenn die Drachen Draco annahmen... Hatte er sich dann geirrt?

„Pass auf!“ Dracos Stimme gellte über das Plateau. Direkt hinter Charlie kam eines der anderen Langhörner zurück.

„Mist...“ Der Rothaarige stolperte rückwärts und landete auf seinem Hinterteil. Der landende Drache sog bereits Luft in seine Lungen und bereitete sich darauf vor, Feuer zu spucken.

„Proferratus!“ Der Fluch traf den Drachen. Er schleuderte ihn zwar nicht beiseite, brachte ihn jedoch aus dem Takt und zwang ihn dazu, abzudrehen und eine Schleife für einen erneuten Landeanflug zu drehen, was Charlie wiederum Zeit verschaffte. Der Rothaarige rappelte sich auf und sah sich augenblicklich Ludmilla gegenüber, die nun wirklich gereizt war. Sie brüllte drohend und plusterte sich ebenfalls für eine Feuersalve auf...

Draco stieß ihn zur Seite und riss ihn mit zu Boden. Die beiden Männer kugelten über den Fels. Der Feuerstoß ging ins Leere. Ruckartig zog der Blonde den Rothaarigen hoch.

„Los!“

Charlie nickte. Auch die anderen Drachen kamen nun zurück. Nacheinander stürmten sie durch den Spalt und lehnten wenig später an einem Felsen, der langsam immer wärmer wurde.

„Diesmal hast du eindeutig gepennt...“, keuchte Draco und wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „So unvorsichtig warst du noch nie.“

Charlie sagte nichts, sondern atmete nur und versuchte, seinen Herzschlag wieder zu beruhigen. Der Blonde hatte Recht. Er hatte sich noch nie so unvorsichtig benommen. Noch nicht einmal, als er selbst Anfänger gewesen war...

„Und jetzt?“, erkundigte sich Draco schließlich. Seine Wut auf den Rothaarigen und seine Unsicherheit waren vergessen. Sie hatte eine Aufgabe zu erledigen, die seine volle Konzentration verlangte. Ein Fehler konnte hier draußen tödlich enden.

„Wir warten bis heute Nacht. Wenn die anderen fünf schlafen, betäuben wir den Wachhabenden und verpassen ihnen die Arznei im Schlaf...“

„Toll. Hättest du das nicht eher als Plan rausrücken können?“, maulte der Blonde. „Das hätte die Sache einfacher gemacht...“

„Drachen zu betäuben ist mindestens genauso gefährlich“, erwiderte Charlie. „Abgesehen davon, dass es für die Tiere besonders riskant ist...“

„Okay.“ Der Blonde nickte verstehend.

Sie schwiegen und sahen Seite an Seite der Sonne zu, wie sie über den Himmel wanderte und schließlich hinter den Bergen versank. Das Schweigen war nicht ganz so drückend wie zuvor. Jetzt wirkte es auf Draco eher etwas verlegen. Er wusste aber auch nicht, wie er es durchbrechen sollte. Über den Sonnenuntergang reden? Über Drachen? Über seltsam geformte Wolken? Das war alles so belanglos und bescheuert... Also schwieg er.

Die ganze Sache ging letztlich einfacher, als gedacht... Ludmilla hatte die Ehre auch die Nacht über Wache schieben zu dürfen und fand sich kurz darauf betäubt auf dem Felsboden wieder. Danach schüttete Draco dem jeweiligen Patienten den Trank in die Schnauze, während Charlie mit dem Zauberstab bereit stand, um einzugreifen, falls doch einer wach werden sollte. Das geschah allerdings nicht. Langhörner schienen einen wahrlich gesegneten Schlaf zu haben.

„Du hast echt ein Händchen für sie...“, murmelte Charlie, während sie sich auf den Rückweg zu den Besen machten. Draco zuckte mit den Schultern.

„Vielleicht sehen sie mich deutlicher, als es andere können“, gab er kryptisch zurück.
 

Im Basislager angekommen, mussten sie feststellen, dass sie die ersten waren, die wieder zurückwaren. Die anderen schlugen sich wohl alle noch mit ihren Drachen herum.

„Ich bin bei Sparky...“, sagte Draco leise und ließ den Rothaarigen stehen.

Nahezu geräuschlos betrat er die Höhle und wurde sofort begeistert von dem Opalauge begrüßt.

„Na du... Du hast deine Medizin schon bekommen, was?“ Er lächelte und strich dem Jungspund über die Schnauze, was dieser mit einem leisen Quieken beantwortete.

„Hat das, was ich tue, eigentlich irgendeinen Sinn? Ich meine... Er glaubt mir doch eh nicht. Dann ist es doch egal, was ich tue...“ Draco schmiegte seine Wange an die kühlen Schuppen, während Sparky seine Hosentaschen nach etwas zum Knabbern durchsuchte. „Was soll ich ihm sagen? Dass ich meine Unsicherheiten hinter Grobheiten und Sarkasmus verstecke? Dass das alles nur Masken sind?“ Er lachte heiser auf. „Und wie? Einfach so ins Gesicht? Das ist doch bescheuert... Ich kann das nicht...“

„Aber du hast es doch gerade getan...“

Draco schrak zusammen, als er auf einmal Charlies Stimme hörte. Unwillkürlich drückte er seine Hand fester gegen Sparkys schuppigen Hals.

„Und? Das ist in deinen Augen doch wohl kaum ‚echt’, oder?“, gab Draco bissig zurück. Er wollte ihn nicht sehen... Nein... Nicht jetzt. Nicht hier. Überhaupt nicht. Am besten war es, wenn er hier einfach abhaute, sobald seine Zeit um war. Keine feste Anstellung oder so. Das fehlte ja noch.

„Doch... Die Drachen verraten es. Sie wissen, wenn sich jemand nicht versteckt, sondern er selbst ist... Deswegen war ich auf dem Plateau abgelenkt. Ich habe dich mit den Jungtieren gesehen... Ich hatte Unrecht.“

Draco wirbelte herum. „Na und? Was interessiert mich das?“, fauchte er wütend.

„Hör zu, du hast alles Recht der Welt, wütend auf mich zu sein, okay? Aber... ich würde es lieber sehen, wenn du es nicht wärst.“ Charlie grinste schief.

„Und warum?“ Die grauen Augen funkelten ihn an.

„Weil ich dich mag. Sehr sogar...“ Jetzt wurde Charlies Grinsen unsicher und brach ganz in sich zusammen.

„Du...“ Dracos Wut verrauchte schlagartig. Er starrte den Rothaarigen nur verblüfft an. Das war das letzte, womit er gerechnet hatte. Nach den letzten Tagen hatte er eher das Gefühl gehabt, dass Charlie ihn nicht ausstehen konnte. Aber dennoch... Da waren doch immer diese leichten Berührungen gewesen, das Haargewuschel... Waren das etwa Zuneigungsbekundungen gewesen?

Stumm standen sie sich gegenüber, keiner bereit, den ersten Schritt zu tun.

Schließlich stieß Sparky Draco unsanft in den Rücken und schubste den Blonden auf Charlie zu. Der Rothaarige fing Draco ab, ehe dieser zu Boden gehen konnte. Auf einmal waren seine Wärme und sein Geruch überall um den Blonden. Es machte ihn fast schwindelig...

„War das so etwas wie ein Zeichen?“ Charlies braune Augen leuchteten amüsiert.

„Möglich...“ Draco grinste. „Finde es doch raus...“ Herausfordernd blitzte er den Älteren an, übertünchte damit dieses Mal seine eigene Unsicherheit.

„Du kannst nicht anders, als einen ständig herauszufordern, oder?“ Charlies Gesicht kam näher und sein Atem strich war über Dracos Haut, jagte ihm einen angenehmen Schauer über den Rücken.

„Nein... Gewöhn dich besser dran. Denn ich habe vor, dich noch eine ganze Weile herauszufordern...“ Dracos Grinsen wurde zu einem weichen Lächeln. Er sagte so einen Kitsch gerade nicht wirklich, oder? Doch, tat er. Und es fühlte sich irgendwie gut an.

„Dann bin ich ja mal gespannt...“ Charlie erwiderte das Grinsen. Dann beugte er sich vor und verhinderte jegliches weitere Gespräch, indem er Dracos Mund mit einem Kuss verschloss.

Dracos schloss die Augen und genoss die Liebkosung. Vielleicht war es doch kein Fehler gewesen, hier rauszufahren... Nein, vielleicht war diese Reise sogar seine bisher beste Idee gewesen.

Sparky zog sich derweil in den hinteren Teil seiner Höhle zurück. Er fand, dass er seinen Teil getan hatte. Den Rest mussten die Menschen schon von selbst auf die Reihe kriegen.
 

ENDE



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Kommentare zu dieser Fanfic (20)
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Von:  Omama63
2011-04-12T12:35:43+00:00 12.04.2011 14:35
Ein klasse Kapitel und ein schönes Ende.
Deine FF hat mir sehr gut gefallen.
Von:  Omama63
2011-04-12T12:16:55+00:00 12.04.2011 14:16
Ein klasse Kapitel.
Mir tut Draco leid.
Hoffentlich sieht Chalie noch den waren Draco.
Von:  Omama63
2011-04-12T11:53:44+00:00 12.04.2011 13:53
Ein super Kapitel.
So ist Draco bestimmt noch nie geweckt worden.
Das war ganz schön knapp, auf dem Berg, bei den Drachen. Da glaub ich, würde jedem die Maske abfallen.
Von:  Omama63
2011-04-12T11:20:17+00:00 12.04.2011 13:20
Ein klasse Anfang.
Das kann ja noch lustig werden, wenn die Beiden so weiter machen.
Bin schon gespannt, wie sich Draco anstellt.
Von: abgemeldet
2010-04-20T17:13:48+00:00 20.04.2010 19:13
Wow, die FF ist soo~ toll!
Am allerbesten find ich aber Sparky^^ und das Pairing ist cool!
endlich mal was anderes als die tausendmal gelesenen Standartpairs...
überhaupt ist die ganze Story einfach toll!
Wär auch cool zu lesen, wie die jeweilige Familie drauf reagiert xD

Von: abgemeldet
2010-04-02T16:59:13+00:00 02.04.2010 18:59
Ich fande die FF wirklich toll :)
Du hast einen sehr schönen Schreibstil und auch die Idee an sich finde ich echt super.Außerden finde ich es cool,dass du ein etwas außergewöhnliches Pairing genommen hast.Ich bin ja echt ein HPxDM Fan,aber davon gibt's schon so viele Geschichten.Und Draco und Charly passen eigentlich wirklich wunderbar zusammen *grins*

Hab auch nichts gefunden,was ich bemängeln könnte/wollte.Wirklich 'ne tolle FF.Mehr davon ist gern gesehen :)

LG
Von:  Elementargeist
2009-02-06T22:19:08+00:00 06.02.2009 23:19
(Dieses Kommi wurde im Verlauf des Wettbewerbs Queer couples verfasst. Bitte bedenkt, dass es nur meine persönliche Meinung wieder spiegelt und das ich mit Kritik nicht recht haben muss.)

Draco ist gerade anfangs herrlich arrogant – während gleichzeitig deutlich zu erkennen ist, dass der größte Teil seiner Großspurigkeit nur Show ist, um seine Unsicherheit zu überspielen. Diese Interpretation mag ich sehr. Sein Auftauen geht mir dagegen fast zu schnell, aber ich sehe ein, dass du die beiden irgendwie zusammen kriegen musstest.
Und die vielen Gelegenheiten bei denen die beiden sich näher kommen, lassen natürlich auch das Herz eines jeden Slash-Fan´s höher schlagen. (Stell dir einfach eine Runde Aaaacch-Seufzen bei jedem Haarwuscheln und jeder Berührung vor). Dracos Tränen und Sparky, der sie ableckt sind eindeutig meine Lieblingsszene. Toll fand ich auch, dass Charley anhand der Drachen gemerkt hat, dass Draco sich nicht verstellt hat. Allerdings fand ich die Auflösung am Ende (Draco redet mit Sparky und Charley hört zu) einen kleinen Tick zu einfach. Das du sehr locker-leicht und wunderbar flüssig schreibst, weißt du sicher selbst.



Von:  _Delacroix_
2008-09-28T14:48:58+00:00 28.09.2008 16:48
Hi,

Ich wollte die Story schon etwas länger lesen und habe es bisher immer verschoben, aber nun habe ich es doch geschafft und muss sagen:
Eine sehr interessante Geschichte.
Besonders die Drachen hast du sehr gut eingebaut und es macht Spaß die Geschichte zu lesen. Auch die Charaktere finde ich persönlich gut getroffen.

Wirklich gute Arbeit.^^

Roryn
Von:  smilingcat
2007-03-26T19:02:32+00:00 26.03.2007 21:02
schöne story *seufz* hätte gern mehr davon gelesen ;)

lg
smilingcat *schnurr*
Von:  Chiron
2007-03-13T09:48:47+00:00 13.03.2007 10:48
Hey..
Superschönes Ende, nur schade das es jetzt aus ist..
Die beiden hast du echt schön zusammengeführt..
Und es war mal ein aussergewöhnliches Pairing..
Also solltest du was neues in dieser Richtung schreiben, dann sag bescheid^^


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