Abschied (Der letzte Teil der Serie)
Abschied
Bela rannte, so schnell er konnte, die Stufen hoch, schwang sich am Geländer um die Kurve und rannte weiter.
Schließlich war er an der Haustür angelangt und prallte noch dagegen, bevor er die Klinke runterdrückte.
Jetzt plötzlich verzagt, weil die Tür sich so einfach öffnen ließ, blieb Bela, die Nerven zum Zerreißen gespannt, erst in der offenen Tür stehen.
Er schluckte, und betrat den Raum.
Bela ertappte sich dabei, wie er die weißen, mit Gitarren, Bässen und Postern zugehängten Wände nach Blutspritzern absuchte, aber andererseits, wie hätte Rodrigo an eine Waffe kommen sollen?
Daraufhin sank sein Blick auf den Fußboden, auf der Suche nach Blutlachen.
Wie makaber, dachte er bei sich, sollte er nicht eigentlich nach Rodrigo Ausschau halten?
Langsam hob er den Blick und bekam beinahe einen Herzinfarkt. Rodrigo saß, wenige Schritte vor ihm, auf der Couch. Er war zusammengesackt.
Vorsichtig trat Bela um das Sofa herum. Rodrigo schlief, die Augen waren geschlossen, Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht, verdeckten seine Stirn, nicht aber die Tränenspuren.
Sein Blick fiel auf das Glas auf dem Couchtisch. Es war leer. Jetzt, wo er sich darauf konzentrierte, konnte Bela einen schwachen Alkoholgeruch ausmachen, der vom Glas und von Rodrigo auszugehen schien.
Er seufzte erleichtert auf. Rodrigo hatte sich nur betrunken. Bela beugte sich vor, rüttelte ihn leicht an der Schulter.
Und dann bemerkte er den weißen Bodensatz im Glas.
Rodrigo sackte weg, lag jetzt halb auf der Couch. Er rührte sich nicht.
Bela begann, ihn zu rütteln. Immer stärker. „Rod! Rodrigo, wach auf! WACH VERDAMMT NOCH MAL AUF!!!“
Ein Stieren, oder hatte er sich das nur eingebildet? Er rüttelte weiter.
Ein leises Stöhnen. Bela erstarrte und sah gebannt in Rodrigos Augen. Die Lider flatterten, öffneten sich halb und schlossen sich dann wieder.
„…Jan…bitte…“ „Rodrigo…ich bin’s…“
Die Augen öffneten sich. Rodrigo blinzelte müde. Seine Augen waren verschleiert und seltsam trüb.
„Jan…bist…du das?“
Blind…, schoss es Bela durch den Kopf. Er schloss die Augen und schluckte schwer.
„Ja. Ich bins…“ flüsterte er mit heiserer Stimme. In seinen Augen sammelten sich Tränen. „Ich…liebe dich…Jan…ich habe dich…immer geliebt…“
Bela schluchzte halb erstickt. „Ich. Ich liebe dich auch…“ Zum ersten Mal, zum allerersten Mal, konnte er diese Worte sagen…
„Wirklich…?“ Rodrigos Lippen verzogen sich zu einem müden, sanften Lächeln.
„Dann hab ich über…reagiert…Das…das tut mir leid…“ Wieder ein Lächeln.
Bela streichelte sanft mit dem Daumen über Rodrigos Wange. „Du kannst nichts dafür…“ Er beugte sich vor und küsste ihn behutsam.
Rodrigo sah ihn an, als er sich wieder löste. „Jan…mir…ist kalt…“
Wortlos hob Bela ihn weiter an, setzte sich aufs Sofa und hielt Rodrigo an sich gedrückt. Rodrigo lehnte sich dankbar an ihn. Bela begann damit, sacht durch seine Haare zu streichen.
Nach einer Weile begann Rodrigo wieder zu weinen und er hielt ihn umarmt, bis Rodrigo ganz still war.
Langsam löste Bela die Umarmung und musterte Rodrigo. Er hatte die Augen geschlossen und lächelte dieses sanfte, geheimnisvolle Lächeln, das ihn selbst im Tod noch schöner machte als jeden anderen Menschen, den Bela jemals gesehen hatte.
Ende
