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Genesung

von

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Weiße Pflaumenblüten und eisgekühlter Sake

Seine Halluzinationen begannen zwei Tage später.

Megumi aß gerade mit Okina zu Mittag, als Sae die Treppe herunter gerannt kam, die Augen weit aufgerissen und völlig außer Atem. Megumi blieb fast das Herz stehen, als sie die normalerweise stille und beherrschte Sae die Treppe herabstürzen sah, wobei sie hysterisch ihren Namen rief. Sie war sich sicher, dass Kenshin tot war.

Sie ließ vor Erleichterung beinahe ihre Schale fallen, als Sae zwischen zwei Japsern berichtete, dass Kenshin wach war, phantasierte und versuchte, sich die Bandagen herunterzureißen. Die drei eilten nach oben und fanden den Rurouni halb von dem Futon herunter, zusammengesunken zwischen den Decken. Er rief verzweifelt immer und immer wieder einen Namen.

„Tomoe!“

Megumi hatte keine Zeit sich zu fragen, wer Tomoe sein mochte. Kenshin riss gerade an seinen Badagen und frisches Blut floss aus einer Reihe Wunden.

„Sae, bleib zurück“, warnte Okina. Sae sah aus, als wollte sie in Ohnmacht fallen. „Megumi, kannst du Himuras Beine schnappen? Ich nehme die Schultern.“

Megumi nickte und zusammen näherten sie und Okina sich vorsichtig dem halb wahnsinnigen Rotschopf. Er kämpfte gegen sie an als sie ihn zurück auf den Futon drückten. Er war zu schwach um groß Gegenwehr zu leisten, aber es dauerte dennoch seine Zeit bis sie ihn dorthin bewegt hatten. Er war an so vielen Stellen verwundet, dass es schwer war ihn zu packen zu bekommen, ohne ihm noch mehr wehzutun. Aber sie brachten ihn schließlich zur Ruhe und sein Strampeln ließ nach, als ihn Müdigkeit überkam.

Dann begleitete Okina die erschütterte Sae nach unten und ließ Megumi mit dem verwundeten Schwertkämpfer allein. Megumi setzte sich erschöpft neben ihren Freund und fühlte sich selbst erschüttert genug. Obwohl sie ihr Leben lang mit verletzten Patienten zu tun gehabt hatte, war es doch etwas anderes – und sehr beunruhigend – zu sehen wie jemanden, der ihr nahe stand, sich blutverschmiert zu winden versuchte.

Kenshin lag ruhig da, den starren Blick seiner violetten Augen auf etwas in unbekannter Entfernung gerichtet, und durchlebte aufs neue Schrecken, die Megumi nicht erraten konnte. Er war sehr steif, aber keineswegs in friedlicher Ruhe, wie sie besorgt beobachtete. Wenn sie den Rurouni so betrachte, wie er hastig und flach atmete und sich sein flatterhafter Puls an seiner Kehle zeigte, war sie sicher, dass er aus vollem Hals schreien würde, wenn sein erschöpfter Körper es zulassen würde.

„Ken-san?“ rief sie leise. Ihre Berührung war sanft, doch er schrak zurück als hätte sie ihn geschlagen. Sie rief wieder seinen Namen, doch es nützte nichts. Er war eine Welt entfernt.

„Ken-san, was siehst du?“ fragte sie sich, verzweifelt, dass sie nichts tun konnte um ihm zu helfen. Sie hatte in ihrem Repertoire nichts hierfür. Keine Medizin, die diese Art Schmerz lindern konnte. Megumi zog die Beine an und legte ihre Stirn auf die Knie. Sie war müde. Ihr Kopf schmerzte. Sie war tagelang an seiner Seite gewesen, hatte darauf bestanden länger als die anderen über ihm zu wachen. Aber jetzt, da er endlich aufgewacht war, litt er und es gab nichts, was all ihre Schulmedizin in dieser Situation helfen konnte. Sie konnte es ihm nicht einmal erleichtern, da Betäubungs- und Schmerzmittel dazu neigten Halluzinationen zu verschlimmern, nicht sie zu stoppen. Sie konnte weiter seine Wunden behandeln, weiter gegen das Fieber angehen. Aber das dauerte. Und in der Zwischenzeit konnte sie ihn nur beobachten und nichts tun, hilflos, trotz all ihren Wissens, wie jeder andere.

„Warum bist du gegangen?“ Die Worte waren ein schwaches Keuchen, kaum hörbar, doch trotzdem war der Schmerz in ihnen herzzerreißend.

Sie sah schnell auf. „Ich bin doch hier, Ken-san. Ich bin nicht gegangen.“

Sie wusste, dass er gar nicht mit ihr sprach.

„Ich muss sie finden“, flüsterte er und tastete wieder nach den Bandagen an seiner Kehle.

Megumi packte seine Handgelenke. „Ken-san, nicht! Die sind da um dir zu helfen. Sie werden dich nicht ersticken, ich verspreche es.“

„Muss sie finden!“ Seine Stimme wurde noch drängender, und obwohl er sich nicht aus Megumis Griff lösen konnte, öffneten und schlossen seine Finger sich zuckend als er versuchte sich loszureißen.

„Wen?“ fragte sie. „Ist es Tomoe? Versuchst du Tomoe zu finden?“

Ein kleiner Aufruhr auf der Treppe lenkte ihre Aufmerksamkeit für einen Moment von dem Rurouni ab. Megumi hörte Hikos tiefe Stimme, der gedämpft mit Okina sprach. Der hochgewachsene Krieger betrat bald danach das Zimmer und blickte finster drein als Okina kam und sich in die Tür stellte, wo er erklärte was zuvor geschehen war.

„Wissen Sie wer diese Tomoe ist?“ fragte Megumi.

„Vielleicht könnte die Oniwabanshu dabei helfen sie aufzuspüren“, bot Okina an.

Hiko schüttelte den Kopf und blieb einen Moment stumm. „Ich habe keine Ahnung wovon er spricht. Aber wenn Ihr das besorgen könntet, worum ich Euch gebeten habe, Okina-san, könnte es helfen.“

„Ich werde sehen, was ich tun kann“, sagte Okina.

„Und schicken Sie jemanden zu Kaoru“, fügte Megumi hinzu. „Ich glaube, sie sollte hier sein.“

Sie hasste es das sagen zu müssen, aber es war wahr. So sehr ihr der Gedanke missfiel, wusste sie doch, dass die Anwesenheit des Mädchens beruhigend für Ken-san wäre. Eifersucht war kein angemessenes Gefühl für eine Zeit wie diese, sagte sie sich. Zumindest war das was ihr Gehirn ihr sagte. Ihr Herz jedoch legte energisch Widerspruch ein.

Okina nickte und ging. Hiko blieb stehen und starrte auf den Rurouni mit gemischten Gefühlen herab, die Megumi nicht zuordnen konnte.

„Wer ist Tomoe?“ fragte sie.

Hikos Augenbrauen hoben sich als er sich zu Megumi wandte. Er ragte über ihr auf, sah ihr geradewegs in die Augen und sagte ohne zu zucken: „Ich habe keine Ahnung.“

„Warum nur glaube ich Ihnen nicht?“ sagte Megumi leise.

Hikos Blick wurde keine Spur unsicher. Der Hauch eines humorlosen Lächelns kroch über seine Mundwinkel, doch er sagte nichts.

„Jemand, den er liebt, vielleicht?“ wagte Megumi mit klopfendem Herzen.

Konnte Ken-sans Herz die ganze Zeit jemand anderer gehört haben? Er hatte diese Tomoe nie erwähnt. Aber andererseits erwähnte Ken-san fast nie etwas aus seiner Vergangenheit. Megumi wusste, dass es gemein von ihr war in diesem Moment so eine Eifersucht zu empfinden, aber sie konnte nicht anders. Und so seltsam das war, wurde sie sich bewusst, dass ihr Kaoru Leid tat. Sie blinzelte. Also das war ein unerwartetes Gefühl, diese plötzliche Sorge um das Wohlbefinden ihrer größten Rivalin.

Hikos Schweigen brachte sie noch zur Weißglut.

Die drei blieben noch für ein paar Minuten wie sie waren, Kenshin strampelte, Megumi hielt seine Handgelenke fest und Hiko sah die ganze Zeit teilnahmslos zu. Die Wartezeit wurde lang.

Megumi seufzte innerlich erleichtert auf als eine der Kellnerinnen aus dem Shirobeko kurze Zeit später mit geröteten Wangen und zerzaustem Haar eintraf. Sie reichte Hiko ein kleines schwarz lackiertes Fläschchen, dann duckte sie sich schüchtern weg. Er seinerseits warf es lässig Megumi zu.

„Was ist das?“ Megumi betrachtete die kleine Flasche neugierig, dann öffnete sie sie vorsichtig. „Parfum?“ sagte sie überrascht als sie etwas auf ihre Finger schüttete.

„Parfum“, stimmte er herzlich zu.

Es war ein wunderschöner Duft, aber... „Ich verstehe nicht wie--“

„Haku baikou“, kam ein Flüstern von Ken-san. Sein Tonfall war seltsam.

Megumi sah zu dem Vagabund hinüber und sah, dass Kenshins Augen halb offen und seine Hände entspannt waren. Seine Atmung begann sich zu beruhigen und er sah plötzlich ruhiger aus, anscheinend getröstet durch den Duft von weißen Pflaumenblüten, den sie in der Hand hielt.

„Was?“ Sie blinzelte überrascht. Es war sicher ein recht schöner Duft, aber die wundersame Veränderung bei dem Vagabunden schien etwas unverhältnismäßig bei einem so simplen Mittel. Sie sah Hiko ungläubig an.

„Sie wussten, dass das passieren würde?“

Seine Antwort war boshaft wie immer. „Wie ich gesagt habe. Hiko Seijuro irrt sich nie.“

„Ich nehme nicht an, Sie möchten es mir erklären?“ fragte sie in dem Wissen, dass er das nicht tun würde.

Er warf ihr einen hochmütigen Blick zu und wandte sich zum Gehen. „Ich gehe runter für etwas Sake.“

Er hielt inne bevor er durch die Tür ging. „Ihr könnt mit mir kommen, wenn Ihr wollt.“

Verärgert schüttelte Megumi den Kopf über Ken-sans Meister. Der Mann war unmöglich, dachte sie, während sie sich schnell Ken-sans Bandagen besah und die, die er zerrissen hatte richtete. Sie arbeitete schnell, aber als sie fertig war, war Ken-san bereits wieder eingeschlafen und sah größtenteils recht gut aus. Sie schüttelte den Kopf und wunderte sich wieder, wie gut das Parfum gewirkt hatte. Und jetzt da Kaoru zweifellos auf dem Weg hierher war, war Megumi sich ziemlich sicher, dass Ken-san auch den Rest des Tages in Ordnung sein würde.

So sehr sie Hiko dafür erwürgen wollte, dass er ihr das Geheimnis nicht verriet, war sie dem Mann doch dankbar für seine Hilfe.

Vielleicht, dachte sie, wenn er genug Sake trinkt, würde sich seine Zunge schon lösen und sie könnte die Geschichte aus ihm herausholen. Sie lächelte in sich hinein und ihre frechen Füchsinneninstinkte traten nun, da Kenshin nicht mehr in Gefahr war, wieder zum Vorschein. Aufgeheitert durch diese Aussichten machte sich Megumi auf den Weg nach unten in das Esszimmer des Shirobeko und fand Hiko an einem der abgeschirmten Tische. Er reagierte auf ihre Ankunft mit einem kleinen Nicken, goss ihr ohne Vorrede gekühlten Sake ein und reichte ihr das Schälchen.

Es war für Megumis Geschmack ein wenig früh am Tag um Sake zu trinken, aber sie nahm sein Angebot an und setzte sich ihm gegenüber an den niedrigen Tisch.

Megumi lächelte als sie das Getränk probierte.

Keine große Überraschung, dachte sie bei sich: Hiko mochte seinen Sake trocken.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2007-07-27T14:02:51+00:00 27.07.2007 16:02
bitte weiterschreiben^^ das is echt klasse geworden!!!
lg, Ayaka

(ps. kannst du mir vllt ne ens schicken, wenn du wieder was neues on gestellt hast?)
Von:  Inuyasha22
2007-06-09T16:06:26+00:00 09.06.2007 18:06
Ich lieb deinen Style der Übersetzung xD' Kenne die Story zwar aber in der englischen Fassung... Einfach nur genial!
Von: abgemeldet
2007-06-01T09:52:33+00:00 01.06.2007 11:52
Hallöle,
ich find deine Geschichte richtig toll, schreib bitte bald weiter =)

Grüßle Sakura


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