Deflection - Gegenwart
Kapitel 40:
Deflection - Gegenwart
Namis Sicht
„Ach Vivi! Ich hab einfach auf nichts Lust.“ jammerte ich in den Telefonhörer, als ich auf dem Rücken in
meinem Bett lag, am helllichten Tag. Die Stimme meiner besten Freundin am anderen Ende der Leitung
klang teilnahmslos, bemühte sich aber, mich abzulenken. „Mensch Nami, nun meckere nicht immer so.
Nur weil Sanji jetzt ein Praktikum macht musst du doch nicht den Kopf hängen lassen. Immerhin sind
Ferien!“ Geschlaucht seufzte ich. Sie hatte doch keine Ahnung, wobei es ihr nicht viel ausmachte, dass
Ruffy auch gerade ein paar hundert Kilometer weg von hier unterwegs war. „Du hast gut reden, du
fährst ja auch in einer Woche in Urlaub. Nojiko und ich haben leider nichts geplant und auch nicht das
nötige Kleingeld.“ Leider stand es so um uns. Natürlich waren wir nicht arm wie Kirchenmäuse, auf
keinen Fall, aber sorgenlos wegzufahren war dieses Jahr noch nicht drin, erst nächstes. Bei Vivis Vater
war es keine Frage, ob sie wegfahren würden oder nicht, sondern sie lautete: ’Wohin dieses Jahr?’ „Mir
hatte Sanji gar nicht gesagt, dass er wegfährt.“ überlegte sie, ich selbst versuchte, mein Kopfkissen auf
den Füßen gerade in die Luft zu strecken. „Ich hab’s ja auch eher zufällig mitgekriegt. Naja wenigstens
hat er sich noch bei Zorro und Lysop verabschiedet, wobei zwei Tage vor der Abreise auch nicht gerade
toll ist.“ „Naja, egal. Sag mal, magst du morgen nicht zu mir kommen?“ schlug sie vor, hörte sich sogar
viel versprechend an. „Und wieso jetzt nicht gleich?“ „Ich kann doch nicht, hab dir doch gesagt, dass ich
Schwimmen hab.“ quängelte sie, also hatte sie heute keinen Nerv, sich mit mir zu treffen. Na super, mir
war die ganze Zeit nur langweilig, Vivi war mein letzter Ausweg, doch jetzt konnte sie gar nicht. „Und
was sollen wir morgen machen?“ fragte ich, damit ich mich wenigstens auf irgendetwas freuen konnte.
„Keine Ahnung.“ Da fiel ihr etwas ein, denn sie wurde aufgeregt. „Du, Nami, da hat ein neuer
Sommerclub aufgemacht. Da können wir doch hingehen, wie wär’s?“ Hm? Vivi wollte in einen Club
gehen? Das war ja mal etwas ganz Neues. „Du meinst eine Disco, oder was soll das sein?“ „Ja genau,
eine Disco! Und, wie wär’s? Morgen Abend?“ Dabei war sie doch sonst immer eher die Schüchterne,
doch ihr plötzliches Interesse daran, auszugehen, überraschte mich. Darum stimmte ich zu, wir
verabredeten uns für morgen Abend. Warum auch nicht? Hörte sich jedenfalls besser an, als den
ganzen Tag zu Hause nur am PC zu hängen.
Nojiko kam nachmittags von ihrer Ausbildung zurück und hockte sich in der Küche zu mir. „Hey.“
schnaufte sie erschöpft und ich schob ihr liebevoll die Schüssel mit Pudding zu. „Danke, Kleines.“ Sie
holte sich einen kleinen Teller mit einem Löffel, tat sich dann vom Pudding auf. „Du, Nojiko?“ fing ich
zuckerlieb an und mein liebes Schwesterherz sah zu mir. Den Blick kannte ich, genauso wie sie meinen
deuten konnte. „Du willst dir Klamotten von mir ausleihen, stimmt’s?“ Genau ins Schwarze getroffen, so
direkt wie sie war keiner, den ich kannte. „Mhm. Ich dachte da an dein schwarzes Kleid, weißt du?“ Sie
setzte sich neben mich an den Tisch und begann, zu essen. Ihr war seit Ferienbeginn auch langweilig,
weil Ace weg war, aber wenigstens hatte sie noch ihre Ausbildung, wo sie bis Nachmittag weg war.
Ganz ehrlich, ich hätte in dieser Woche bevorzugt, Schule zu haben, denn da sah ich Sanji wenigstens
noch. Hier zu Hause kam ich mir schlicht und einfach nur alleine vor, weil ich mit niemandem was
unternahm. Alle fuhren weg, sogar Zorro wollte auf eigener Achse weggehen. „Und, wo gehst du mit
meinem Kleid dann hin?“ „Was?“ Da hatte ich nicht aufgepasst, aber mir zu liebe wiederholte sie sich.
„Wo du mein Kleid hin entführen willst. Triffst du dich mit einem deiner Liebhaber?“ Ich verdrehte die
Augen und nahm den letzten Löffel in den Mund, antwortete dann. „Ich geh mit Vivi in einen neuen
Sommerclub.“ „Aha. Wann denn?“ War sie meine Erziehungsberechtigte, oder wie sah’s aus? Musste ich
ihr immer alles sagen? Naja, solange sie nicht mitwollte, kein Problem. Also, nichts gegen sie, aber
manchmal hatte ich echt die Befürchtung, dass vielleicht ein Junge in meinem Alter und den ich süß
fand, sich mehr für Nojiko interessieren könnte, als an mir, weil sie einfach älter, reifer und cooler war.
Obwohl das Schwachsinn ist. „Morgen Abend.“ Mit dieser Auskunft stand ich auf, um mein Geschirr in
die Spüle zu legen.
///
So groß war dieser Club nicht gerade, aber die Musik gefiel mir ganz gut. Schon von außen her hörte
man es ganz deutlich, auch wenn sie hier drinnen nicht so assi laut aufgedreht war, wie angenommen.
Wenigstens konnte man hier den Überblick behalten und seine Freunde nicht so leicht aus den Augen
verlieren, und die Toiletten waren auch schnell abgecheckt. Vivi ergatterte uns einen kleinen Sitzplatz,
wo wir uns erstmal niederließen. Es waren schon einige Leute hier, da würde sich bestimmt etwas
finden lassen. Nebenbei regte ich mich über mich selbst auf. Wieso hatte ich mich für ein schwarzes
Kleid entschieden? Weiß war doch tausend Mal besser, aber ich Schlaumeier hatte einfach nicht an
Blaulichter gedacht. Vivi bestimmt auch nicht, aber ihr Glücksgriff nach dem blauweißen Outfit
leuchtete wenigstens schön. Dazu trug sie noch ihre langen Haare offen, was nachher auf der
Tanzfläche sicherlich abgefahren aussehen würde. Ich, mit meinen kurzen, orangenen Haaren, stach
überhaupt nicht raus, und dazu hatte ich noch Schwarz an. Bei meinem wenig vorhandenen
Kleidungsstil hatte ich keinen Flirt verdient, den musste ich großzügig Vivi überlassen. Aber egal,
jammern brachte noch nie jemanden weiter und Neid auch nicht. Meine Freundin und ich bestellten
eine Cola zu überteuertem Preis, aber da ich nicht so oft wegging, auch kein Problem. Ich freute mich
richtig auf den Verlauf des Abends, was so passieren würde.
Ich vergaß endlich mal mein Rumhängen Zuhause, dass mir die ganzen Tage über langweilig war und
ich auf nichts Lust hatte. Hier tat es mir richtig gut, einfach nur mit Vivi zu tanzen was das Zeug hält, es
machte auch richtig Spaß, andere Leute dauernd zu streifen und ab und zu angemacht zu werden. Da
fühlte man sich gleich viel besser, innerlich schön und sexy. Wer hatte schon was gegen Flirten
einzuwenden? Solange Sanji weg war, konnte ich hier ruhig tanzen, die ganzen Typen würde ich doch
eh nie wieder sehen. Vivi hatte auch ihren Spaß und wir tanzten mehrmals runter zum Boden und dann
wieder nach oben, lachten über die dümmsten Sachen und waren gut drauf. Es floss kein Alkohol, wir
gaben gegenseitig auf uns Acht und konnten richtig gut abschalten. Trotz alledem waren wir noch
richtig zurückhaltend gewesen, da wir uns nur an uns festhielten und nicht nach Kontakt gesucht
hatten. Die Musik und der Rauch machte mir schon nichts mehr aus, dass hier viel mehr Leute rein
passten als zu Beginn angenommen, überraschte mich auch nicht mehr und ich ließ mich richtig
treiben. Dann war es schon so spät, denn Vivi sollte abgeholt werden und von daher verschwanden wir
bald wieder. Ihr Vater wollte sie nie so lange weggehen lassen, grad mal bis halb Eins sind wir im Club
gewesen. Die kommenden Male konnte Vivi ja nicht mit, da sie durch Urlaub verhindert war, also
musste ich mir eben anderweitig Beschäftigung suchen.
erstellt am 10.05.2007
4Kolibris,
Elena