Schlagabtausch
Ich fieberte dem Unterrichtsende erwartungs- wie angstvoll entgegen und als es dann endlich fast soweit war, konnte ich aufgrund meiner zitternden Hände den Stift nicht mehr richtig halten – geschweige denn schreiben. Trotzdem versuchte ich nach der letzten Stunde, mich cool – so cool es eben geht, wenn man lieber zu Fuß über den Atlantik zum Nordpol reisen würde als hier zu bleiben – vor Kaiba aufzubauen.
„Was ist, Wheeler? Hast du nen Bleistift verschluckt? Du siehst nicht gut aus...“ stellte er sarkastisch fest, nachdem er sich erbarmt hatte, mir einen ignoranten Blick zu schenken und an seinen Gedanken teilhaben zu lassen.
Zu gütig, nicht wahr?
Das schien ihn viel zu viel Überwindung gekostet zu haben, als dass er sein kostbares Gesicht weiterhin mir Unwürdigem zuwenden könnte, und so flüchtete er seinen Blick erneut auf den Desktop seines Laptops, den er vor sich auf dem Pult aufgestellt und aufwendig verkabelt hatte.
„Kaiba!“
Meine Stimme vibrierte vor kaum unterdrückter Wut.
Sollte er nicht aufhören, mich wütend zu machen, würde ich nicht weiter zögern, ihm eine runterzuhauen; verdient hatte er es allemal.
Allein seine Erscheinung war eine Provokation an sich und schon sein Mantel war die reinste Katastrophe. Er machte mich regelrecht aggressiv. Wie ein Torero locker mit dem berühmten roten Tuch vor der Nase des Stiers herumwedelte, so flatterte auch Kaibas Mantel, man hatte den Eindruck ebenso arrogant wie sein Träger, um seine Knöchel, wenn er sich wieder einmal für einen seiner berüchtigten Abgänge auf den Absatz herumdrehte und allen Anwesenden den Rücken zuwandte.
„Was ist denn noch?“ fragte er, wobei er sich nicht einmal die Mühe machte, erneut aufzusehen.
„Was sollte das heute morgen?“, versuchte ich die Situation an nötiger Schärfe gewinnen zu lassen, „Warum machst du immer so was?“
Ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich versuchte, ihn damit herauszulocken, oder ob ich einfach nur die Antwort kennen wollte. Ich wollte wissen, warum er mich so wenig mochte und warum er immer wieder versuchte, sich mir gegenüber so unmöglich zu benehmen wie es eben ging.
„Weil es mir Spaß macht“ gab er beiläufig zurück, ohne dass ich auch nur eine einzige Regung in seinem Gesichtsausdruck bemerkt hätte.
Okay, jetzt hatte er mich soweit.
„DU IDIOT!“
Ich holte weit aus, dann schlug ich zu. Nur leider mitten ins Leere.
Kaiba hatte sich unter meiner Faust weggeduckt und hielt nun mein Handgelenk fest umklammert.
„Na na na, wer wird denn?“ schnarrte er belustigt und machte dabei keinerlei Anstalten, mich loszulassen. Seine Finger pressten sich vielmehr noch fester in meine Haut und ein leichter aber bleibender Schmerz machte sich dort breit.
„Kaiba, du Arschloch, lass mich los! Du tust mir weh!“
„Ja, und? Du wolltest mir auch wehtun“, meinte er, plötzlich wieder ganz ernsthaft und warf einen Blick auf meine zur Faust geballte Hand, „schätz ich zumindest... Warum eigentlich so aggressiv? Du hast dich doch noch nie getraut, deine Hand gegen mich zu erheben.“
„Ich hab gewettet, dir eine reinzuhauen“ zischte ich bösartig.
Seine Augen schmälerten sich um ein beträchtliches Stück. Man hätte jemanden lebendig auf seinem Blick aufspießen können.
„Du musst mich ja ganz schön hassen...“
Der Satz sollte wohl abfällig oder höhnisch klingen, aber das schien ihm nicht ganz zu gelingen. Es schien tatsächlich, als hätte ich Kaibas Panzer durchbrochen und...ja, ich schien ihn verletzt zu haben.
War das überhaupt möglich? Kaiba und verletzlich? Wenn ich ihm jetzt so in die Augen sah, hatte ich beinahe Mitleid mit ihm.
‚Nein, jetzt bloß nicht sentimental werden!’ rief ich mich innerlich selbst zur Ordnung. Ich dachte an alles zurück, was dieser Schnösel jemals zu mir gesagt hatte, wie er mich bis aufs Blut provoziert und vor allen bloßgestellt hatte.
„Ja, ich hasse dich! Ich hasse dich abgrundtief!“
Ich schleuderte ihm die Worte entgegen und obwohl ich selbst spürte, dass jedes einzelne davon gelogen war, entgleisten seine Züge mit jeder Silbe mehr.
Mit einer abrupten Geste ließ er meinen Arm los, sodass ich ein wenig ins Schwanken kam, weil ich die ganze Zeit kontinuierlich daran gezogen hatte. Ich stolperte einige Schritte nach hinten.
„Hey!“ war alles, was ich noch herausbekam, dann sah ich seinen weißen Mantelärmel flattern und eine Handfläche traf meine Wange mit einer Wucht, die augenblicklich meinen Kopf zu Seite fliegen ließ.
Dann drehte er sich um und ging.
Nachwort:
Ui, welch Dramatik :’D
Is man von mir gar nich gewohnt, was?
Nya, schaden kann’s nich xD
Tschüss, bis zum nächsten Kap ^^
LG
Croix