Traurig sitze ich in einer Pfütze, im regen, in einer schmutzigen Gasse. So viele Menschen laufen an mir vorbei, gepeinigt vom Wind und geblendet vom Leben. Sinnlos um spielen meine Finger das Wasser, in meinem Kopf ertönt der Song „In the moonlight“. Welch eine Ironie, dass es Nacht ist und der Mond mich mit seinem Licht bedeckt. Trauer fließt über meine Wangen. Es ist alles verloren, er ist verloren, ich bin verloren. Mehr weiß ich nicht mehr, mehr muss ich nicht wissen. Doch irgendwie gibt mir der Song in meinem Kopf Kraft. Ich kann aufstehen und seine letzten Klänge hören, ehe mein Körper im Takt zu „Shining Collection“ zu rennen beginnt. Er läuft ohne Ziel, doch mit Hoffnung. Irgendwo, an diesem Ort wo dieser leere Grabstein steht. Dorthin wo die Hoffnung blüht. Sie blüht dort für alle, ob Menschen oder Geister.
Als ich dort ankomme, hat der Mond seinen höchsten Punkt erreicht, es ist Vollmond. Zeit für den unbrechbaren Zauber. Gesprochen, gesungen mit allen Gefühlen. Ich kenne weder den Text noch die Musik, doch mein Herz und mein Gefühl wird mich leiten. Genauso wie die schönsten Balladen der Welt mich hier her geleitet haben und auch jetzt noch führen. Irgendwann wird auch meine Ballade jemanden führen.
„Elegant wie ein Schmetterling,
mit sicherer Ziellosigkeit,
setzt du dich auf meine Narben nieder
und reißt die Trauer des alten blutig herraus.
Leckend übergibst du dich dieser Trauer
Und machst sie zu einem Teil von dir.
Shining Butterfly,
leuchtend als wärst du der Mond im Zenit,
ich weiß nicht, was mich dich in diesem,
herausragenden, Bild sehen lässt.
Alles scheint vorbei,
gelöst durch deine bloße Anwesenheit.
Kissing Moonlight,
zusammen haben sich unsere Herzen gefunden,
sie haben sich wie die Flügel des Schmetterlings,
im Mondlicht berührt.
Ich verstehe nicht dein Ziel,
doch es ist da.
Zeige mir die Wahrheit,
bevor ich im Mondlicht blutend zugrunde geh.
Zeig mir, dass du wie ich der Illusion unterlagst.
Mache mich zu einem Teil von dir.
Shining Moonlight,
besiegt werden die Zweifel nicht,
doch sie werden versiegelt durch dich.
Nur der Mond kann mich noch heilen,
weil alles jetzt vorbei scheint,
gelöst durch deine Anwesenheit.
Kissing Butterfly,
wie ein Tornado trennen sich unsere Herzen,
sie haben sich nur wie die Flügel des Schmetterlings,
im Mondlicht berührt.“
Kaum ist das Lied verklungen, kommt mir eine Frage in den Sinn. Ich hatte nie eine Antwort darauf gefunden. Doch hier im Schein des Mondlichts erkenne ich die Antwort und ich verstehe sie. Heute kann ich ihm die Antwort geben, die mir früher so schwer fiel.
„Was erwartest du vom Leben?“ wie in einem Puzzle setzte ich meine Antwort in die Erinnerung ein. „Ich erwarte nichts vom Leben, denn ich bin die Person die es gestaltet. Wenn ich nur lebe, ist es wie mit einem sterbenden. Man vegetiert vor sich hin und versteht nichts. Man glaubt ungerecht behandelt zu werden. Um dem zu entgehen, lass ich mich nicht vom Leben bestimmen. Ich entscheide wann ich sterbe, wann ich liebe und wann ich welches Schicksal habe.“ Wie in einem Strom lösen sich alle Gedanken, die nichts mit der Ballade zu tun hatten. Ich schreie sie hinaus in die letzten Stunden der Nacht.
„Ich wartete auf dich. Zu lange! Ich wartete und erwartete dich vom Leben zu bekommen. Das ist jetzt vorbei. Ob Geliebter von früher oder nicht. Ich liebe dich, doch ab hier trennen sich unsere Wege. Ab heute lasse ich andere in mein Herz und du bleibst endgültig nur wie ein Bruder für mich. Mehr wird uns nie wieder verbinden. Ich lasse dich wieder frei du blutiger Schmetterling. Sollten sich unsere Wege wieder kreuzen, wirst du wissen, dass du nicht mehr als eine Erinnerung bist und mir nun als Fremder völlig neu begegnest.“
erschöpft sinke ich zu Boden. Ich klammere mich mit letzter Kraft an den Grabstein und verstehe endlich für wen er bestimmt ist. Zufrieden kann ich nun aufstehen, mit dem wissen, dass ich hierher nie wieder zurückkehren werde. Ob nun Tod oder lebendig, ich bin frei und kann meine schneeweißen Flügel ausbreiten. Ich kann Leben, weil ich es selbst gestalte, weil ich nicht mehr an seinen Flügeln festhalte. Und doch spüre ich schon, das bereits jemand anderes meine Flügel im sanften Mondlicht berührt hat.