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Herbst

Warum kämpfen wir?
von

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Anm.: Bitte, schlagt mich nicht! Ich weiss, dass das hier nicht dem eigentlichen Weiss Side B Stil entspricht.... Aber das muss es hoffentlich nicht. Ich freu mich ueber Kommis und Kritik. Sagt mir, wenn ihr mit meiner Fanfic nicht leben koennt und warum! Danke! Eure isa
 


 

Ein kalter Wind fegte durch den Garten. Bunte Blaetter und kahle Aeste wiesen auch den dickfelligsten Stubenhocker darauf hin: Es war Herbst. Die Blaetter raschelten, als ein Stoss ueber sie hinwegfuhr und sie aufwirbelte. Die Arbeit, alle heruntergefallenen Blaetter auf einen Haufen zu harken, haette man sich getrost sparen koennen, dachte sich die einzige im Garten befindliche Person. Aber es schien, als haetten die Jungs Spass daran gehabt, stundenlang durch den Garten zu toben und im sich im Nachhinein erhitzt und lachend in die Kueche zu verziehen, um Tee zu trinken, und das, ohne die Arbeit richtig beendet zu haben. Jetzt wuerden sie morgen wieder von vorn beginnen muessen. Wenn sie denn die Zeit dazu hatten.
 

Ein Katana steckte vor den Fuessen der in eine Jacke gepackten Person mit der Spitze voran im Boden. Was ihn bei diesem schneidenden Wind ueberhaupt getrieben hatte, die Einsamkeit des Gartens der froehlichen Gesellschaft seiner Freunde vorzuziehen, wusste er selbst nicht genau. Und warum er sein Katana mitgenommen hatte…. Vielleicht war es ihm einfach zur Gewohnheit geworden. Seit Jahren hatte er es nicht einmal aus der Hand, geschweige denn aus den Augen gelassen. Es haette schnell toedlich fuer ihn enden koennen. Vermutlich war das der Grund.
 

Toedlich. Das Wort war schwer und schien in sich in seinem Kopf zu drehen und zu wenden. Toedlich. Das war er wohl. Toedlich fuer alle um ihn herum. Fuer seine Bekannten und fuer die, die ihn nicht kannten. Sein Katana war blitzschnell, wunderschoen und toedlich. Wie viele Leben hatte er damit schon ausgeloescht? Schuldige und Unschuldige, meist durch die Schuldigen irgendwie verwickelt. Alte und Junge. Maenner und Frauen. Aus Rache. Dann, weil er einsah, dass er bereits ein Moerder war. Wohin sollte er fliehen? Er wuerde sicherlich irgendwie untertauchen koennen. Genauer gesagt, das war nicht das Problem. Wohin und wie sollte er vor sich selbst fliehen? Vor seinem Gewissen, seinem Wissen, und der Gewissheit, dass es nie mehr gleich sein wuerde?

Der Herbst machte nachdenklich.

Das kalte Wetter, die trueben Wolken. Der Regen. Seit Wochen hatte die Sonne ihre Strahlen nur eine Hundertstelsekunde am Tag aus den Wolken hervorgestreckt. Nicht einmal annaehernd genug, um duestere Gedanken zu vertreiben.

Im Fenster konnte man die Silouhetten der Hausbwohner sehen. Die Kueche war hell erleuchtet, der Tisch bedeckt mit Teetassen, Spielkarten und Papier. Wahrscheinlich dauerte das Elfer-Raus Turnier noch immer an. Aber heute spielten sie ohne ihn. Keine Ueberraschung. Die sechs Personen waren eine Familie, auch wenn keine zwei von ihnen den selben Nachnamen geschweige denn die selben Eltern hatten. Die Mehrheit hatte sogar gar keine Eltern mehr. Er haette dort drinnen sein muessen. Er gehoerte zur Familie.
 

Daran hatte er noch nie einen Gedanken verschwendet. Eine Familie. Ja, das war es wohl, was sie jetzt waren. Eine Bande elternlose, mordende Raecher. Die Waechter der Nacht. Die Henker derer, die ungestraft das Gesetz brachen. Eine Familie. Sie hielten zusammen. Sie halfen sich gegenseitig. Sie fuehrten zusammen Auftraege aus. Er musste zugeben, die Zusammenarbeit war betraechtlich besser geworden. Das Zusammenleben schien sich nur fuer ihn als Schwierigkeit zu erweisen. Eigentlich haette er das doch gewoehnt sein muessen. Er hatte schon einmal in einem solchen Team gearbeitet. Ein Team, das zuerst zusammenleben musste, damit sich die Kampfkoordination verbesserte. Dann als Freunde. Und das Ende kam leise und schnell, zu schnell, um schmerzlos zu werden.

Wenn er seine Vergangenheit hinter sich hatte lassen wollen, war er auf dem besten Wege dahin, das Gegenteil zu bewirken. Die Figur lachte leise und zynisch, als sie in den sich langsam dunkler faerbenden Himmel starrte.

Seine Familie war tot. Wie lange musste er es noch sagen, damit er die Wahrheit akzeptierte? Tot. So schwer sollte es doch fuer ihn nicht sein, wo er die Bedeutung des Wortes so gut verstand wie kaum ein anderer. Gestorben. Und er war noch am Leben. Wofuer hatte er eigentlich begonnen, zu toeten? Warum? Es war doch eine klare Sache, dass sie nicht wieder auferstehen wuerden. Kein noch so grosses Opfer der Welt haette die Zeit zurueckdrehen koennen. Und er, mit einem Herzen voll Rache und einem Katana erst Recht nicht. Man musste es ihm lassen, er hatte es versucht. Seine Trauer zu besiegen, seinen Kummer durch Rache zu daempfen. Wozu das alles?
 

Alle im ersten Team hatten persoenliche Gruende fuer ihren Kampf gehabt. Rache, Liebe, die Suche nach irgendwas. Suchen war sogar immer der Hauptbestandteil gewesen. Aber die Suche nach was? Nach einer Loesung? Nach einer einzigen, richtigen Loesung? Etwas, dass alles wieder ungeschehen und perfekt machen wuerde, so, wie es am Anfang war? Wie wunderschoen waere es doch, wenn es so etwas gaebe! Menschen schienen immer auf der Suche nach etwas zu sein. Einige rannten dabei, um so schnell wie moeglich ihr Ziel zu erreichen, andere sahen sich gewissenhaft um und stellten jeden Stein auf den Kopf. Hatte irgendjemand jemals sein Ziel erreicht? Richtig erreicht? Wahrscheinlich nicht. War der Entschluss, der ihn dazu gefuehrt hatte, sich jetzt in diesem Land in dieser Stadt in diesem Garten auf diesem Fleck zu befinden, richtig gewesen? Richtig und Gut? Fragen schienen immer schnell durch die wirren Gedanken in seinem Kopf zu dringen. Leider liessen die Antworten manchmal lebenslang auf sich warten. War es richtig gewesen, fuer sein Ziel zu toeten?
 

Da. Wieder. Toeten. Getoetet. Toedlich.
 

Wofuer das alles? Es hatte ja doch nicht die Zeit zurueckdrehen koennen. Warum nur? Seine Eltern waren durch Rache gestorben. Und er hatte sie raechen wollen. Wie hatte das geschehen koennen? Natuerlich hatte er keine Ahnung. Es war so schnell gegangen. Warum so viele Tote?
 

In seinem Leben hatte er genug Tote, Getoetete, Moerder und Opfer und Verbrecher gesehen, dass es fuer die naechsten Zwei reichen sollte. Und das in seinem Alter.Warum hatte er eigentlich weiter getoetet, als er wusste, dass es ihm nichts mehr einbringen wuerde, zu kaempfen? Er hatte Auftrag nach Auftrag mit der ihm eigenen Praezision und Effizienz erledigt wie immer. Weiter Verbrecher gejagt, Drogendealer getoetet und Kinderhaendler unschaedlich gemacht. Scheinbar ohne jedes Motiv.
 

In der Welt starben taeglich so viele Menschen. War es da nicht egal, ob es einige mehr oder weniger wurden? Die Welt war ohne sie meistens besser dran. Unter dreihundert Toten waren vielleicht zwei, die ihren Tod verdient hatten. Eigentlich tat er der Welt einen Gefallen.

Trotzdem.

So viele Tote.
 

Seine Hand schloss sich um den Griff des Katana, als wolle er sich daran festklammern. Ein Schwert zum Toeten. Er war nicht besser als die Kriminellen, die er tagtaeglich beseitigte.
 

Willst du da draussen festfrieren?, holte ihn eine Stimme aus den Gedanken. Ein schwarzer Wuschelkopf starrte ihn von der Tuer aus an und musterte ihn genau. Komm schon, der Tee ist noch heiss und wenn du dich beeilst, schaffst du es in die neue Runde! Wir starten das Turnier neu.

Der Kopf verschwand, und gegen seinen Willen musste er laecheln. Das gab ihm jedoch keine Antwort auf seine Fragen.
 

Sein Blick wanderte von der Tuer zum hellen Fenster. Er konnte sie alle genau sehen. Und merkwuerdigerweise hatte er richtig Lust, hineinzugehen und eines der endlosen Turniere zu beginnen. Man sah es den Menschen im Haus wirklich nicht an, dass sie Auftragskiller waren. Fast alle zumindest. Jeder von ihnen lebte genauso gefaehrlich wie er. Jeder von ihnen wuerde nach dem naechsten Auftrag tot sein koennen.
 

Der Gedanke traf ihn heiss wie ein Hausbrand und er schreckte aus seiner Lethargie auf. Jeder von ihnen konnte der Naechte sein. Er eingeschlossen. Das war aber nicht das Wichtige. Wichtig war, dass er nicht wollte, dass einer der Maenner im Haus nach dem naechsten Auftrag in einer langen schwarzen Limousine nach Hause fuhr. In einem schwarzen Kasten. Dabei waren sie doch auch nichts anderes als Moerder.
 

Langsam reifte die Erkenntnis.

Keiner der Menschen im Haus kaempfe nun noch fuer etwas Persoenliches. Niemand hatte sich der Truppe angeschlossen, weil er persoenliche Gruende hatte. Niemand kaempfte aus Rache oder einem anderen fadenscheinigen Grund. Sie kaempften um der Anderen willen.

Bestimmt nicht um der Verbrecher willen oder ihrer Handlanger. Aber jeder von ihnen besass einen ausgepraegten Gerechtigkeitssinn. Und ein Gutes Herz. Die Figur lachte auf. Ein Paradoxon. Wie konnte ein Moerder ein gutes Herz haben?

Es ging. Er wusste es.

Es war wahr. Se kaempften nicht mehr laenger fuer sich. Sie kaempften fuer die anderen, fuer die Menschen da draussen, die sich nicht selbst verteidigen konnten. Die zu schwach, zu krank oder zu jung waren, um fuer sich selbst zu kaempfen, selbst fuer die, die einfach zu feige waren, um es selbst zu tun. Sie taten all das, weil niemand sonst es tun konnte. Manche Menschen hatten einfach ein zu weiches Herz. Sie koennten niemals einen Schwerverbrecher hinrichten. Andere hingegen stimmten ohne mit der Wimper zu zucken fuer den elektrischen Stuhl. Aber jemanden selbst, mit ihren eigenen Haenden zu toeten, dass wuerden sie niemals schaffen. Er kaempfte, damit die Welt ein bisschen schoener werden konnte. Damit die guten Menschen in Frieden leben konnten. Damit sie Nachts nicht aufwachen und fuerchten mussten, dass jemand sie in ihrem Bett erstechen koennte. Oder schlimmeres tun koennte.

Sie hatten eine Aufgabe, von sich selbst auferlegt. Deshalb verstanden sich die Maenner in dem Haus auch so gut: Sie wussten, wofuer sie kaempften und warum. Und was sie tun mussten.

Genau, wie er es nun wusste.
 

Mit einem Ruck zog er das Katana aus der steifgefrorenen Erde und steckte es umstaendlich wieder in die Scheide. Dann stapfte er mit weiten Schritten auf das Haus zu. Auf seine Freunde. Seine Familie. Die Menschen, die den selben Lebenszweck hatten wie er. Die Menschen, die er beschuetzen wollte.

Er platzte in eine helle und warme Kueche und merkte erst dort, wie blau und erfroren seine Haende wirkten. Eine Tasse heissen Tees und einem Kartenturnier stand nichts mehr im Weg.
 

Der Wind wehte kalt um die Aeste der kahlen Baeume. Er spielte in den losen Blaettern und der Dachrinne und fegte weiter ueber die Nachbargaerten. Im Haus, in der hellen Kueche, sassen sechs junge Maenner und eine Frau, lachten und redeten und spielten Karten.

Es war Herbst.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2006-10-09T12:14:05+00:00 09.10.2006 14:14
Was soll ich dir denn übel nehmen, hm? ^^

Nein, ehrlich, das ist eine wirklich tolle Geschichte. Ich hab sie heute morgen kurz nach dem Aufstehen gelesen, im Zwielicht, und durch die Bäume vor meinem Fenster hatte ich das Gefühl, direkt neben Aya im Garten zu stehen. Klasse, wie du die Atmosphäre rüberbringst!

Okay, vielleicht spielt man im Kitten's House nicht gerade DIESES Kartenspiel, aber ich finde die Idee sehr lustig. Irgendwas müssen die Jungs ja machen. Allerdings denken Leute wie Koyasu da oft nicht dran, weshalb es an uns FF-Kritzlern ist, die Lücken zu füllen. ^^
Du hast recht mit der Annahme, dass Aya diese Gedanken im Kopf herumgeistern. Okay, je weiter Side B sich entwickelt hat, desto weniger hatte ich das Gefühl, er grüble darüber nach. Aber es ist einfach ein Grundthema der Serie, und als solches einfach unheimlich wichtig. Das hast du sehr schön umgesetzt, absolut nicht OOC, unkitschig und auf den Punkt. Find ich toll!


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