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Destiny doesn't change things

von

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II. Act

Der Wolfsmann ging langsam den Weg zu der Windmühle empor. Hier würde er denjenigen finden, dem er seine Botschaft überbringen musste. Rum, der Häuptling seines Stammes, hatte ihn geschickt. Der Bruder des Thronfolgers war wieder in Farnelia – und das war etwas, was man unbedingt weitergeben musste. Und so durfte der alte Grash mitten in der Nacht durch diese unbekannte Gegend laufen. Doch er tat es gerne. Schließlich galt er als der erfahrenste und klügste Fährtenleser seine Stammes – und wer sonst sollte in der Lage sein, den jungen König ausfindig zu machen?

Grash lächelte leicht und stapfte weiter.
 

Hitomi schreckte aus dem Schlaf hoch. Sie war sich unsicher, was sie geweckt hatte. Langsam setzte sie sich auf und strich sich durch die Haare. Müde blinzelte sie in die Helligkeit. Helligkeit? Schlagartig war sie hellwach. Das war es! Dieses Licht! Suchend blickte sie sich um. Sie selbst schien der Mittelpunkt des Lichtes zu sein.

Das Pendel!

Sie zog den Anhänger hervor. Er glühte in einem dumpfen, pulsierenden Rot. Fast, als wenn er eine Warnung aussenden wollte – oder eine Aufforderung.

„Van!“

Hitomi sprang auf, streifte ihre Schuluniform über und rannte aus dem Zimmer.

Es war weniger ein klarer Gedanke, der sie gerade auf Van brachte, als vielmehr das dumpfe Gefühl, dass grundsätzlich alle Warnungen, Drohungen, Schicksalsschläge und Co mit ihm zusammenhingen. Immer nur mit ihm.

Sie dachte auch nicht daran, dass Allen wahrscheinlich bedingt darüber begeistert sein würde, wenn sie einfach spurlos verschwand. Was auch immer sie im Moment waren – sie gestand ihm nicht das Recht zu, stets zu wissen, was sie tat. Sie war doch kein Vogel in einem Käfig!
 

„Er ist also dort?“ Van verschränkte die Arme vor der Brust und blickte in die Nacht hinaus. Ein kalter Schauer rann ihm über den Rücken. Sein Bruder hatte den Absturz der Festung also überlebt und war nach Farnelia zurückgekehrt. Er presste seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.

„Ja, er ist dort und wartet auf Euch.“

Allein dieser Frevel, dass Folken in das Land zurückkehrt war, das er eigenhändig zerstört hatte, verlangte schon nach Vergeltung. Vans Hände krampften sich um seine Arme. Unendliche Wut kochte in ihm hoch. Wut, die allein seinem Bruder galt.

„Majestät?“ Grash sah ihn abwartend an. Unverkennbar brodelte es unter der scheinbar so ruhigen Oberfläche des Königs.

„Danke, Grash.“ Van beherrscht seine Stimmung nur mühsam. „Danke, dass du hergekommen bist.“

Er wandte sich um und wollte gerade zur Mühle zurückgehen, als Grash auf einmal zusammenschreckte.

„Es kommt jemand!“

Und wenige Sekunden später waren die schnellen Schritte auf der Straße auch für Van hörbar.

„Wer ist da?“

Die Gestalt kam näher und blieb keuchend vor Van und dem Wolfsmann stehen. Sie beugte sich vor und stützte die Arme auf den Oberschenkeln ab.

„Hitomi! Was tust du hier?“

Verwirrt blickte Van das Mädchen an.

„Mitkommen“, antwortet sie knapp. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dich allein gehen lasse, oder?“

„Woher...?“, setzte er an, doch er brach direkt wieder an. Wenn er eins in der letzten Zeit gelernt hatte, dann war das einerseits, dass Hitomi eindeutig übersinnliche Fähigkeiten hatte, und andererseits, dass es absolut keinen Sinn machte, mit ihr zu diskutieren und zu versuchen, sie von ihren Absichten abzuhalten.

„Komm.“ Van wandte sich um und ging auf die Windmühle zu. Hitomi folgte ihm auf dem Fuße.

Einige Augenblicke später schoss Escaflowne in den Nachthimmel empor – Richtung Farnelia.
 

Folken saß mit angezogenen Knien auf den Stufen einer der vielen Treppen, die durch die schmalen Straßen der Hauptstadt geführt hatten.

Die Erinnerungen überkamen ihn einmal mehr. Er sah sich selbst bei dem Kampf gegen den Erddrachen zu. Er sah, wie der Drache ihn besiegte. Wie die riesige Echse ihm den Arm abriss und ihn liegen ließ. Einfach so. Er war es noch nicht einmal wert gewesen, dass ihn der Drache direkt getötet hatte. Nein, sein Versagen wurde dadurch endgültig gemacht. Er hatte sogar dabei versagt, sein Leben im Kampf zu lassen. Wie hieß es noch in den Thronfolgeregeln Farnelias? Der künftige König habe gegen einen Erddrachen zu kämpfen und entweder mit dessen Energiestein zurückzukehren oder aber im Kampf gegen den Drachen sein Leben zu lassen.

Folken stützte das Kinn in die Hände. Sein leerer Blick war auf den Boden gerichtet.

„Er kommt.“ Rum riss ihn aus seinen Gedanken.

Folken stand in einer einzigen fließenden Bewegung auf.

Die Augen des Wolfsmannes blieben einmal mehr an dem metallenen Arm hängen. Er konnte sich nicht daran gewöhnen, den Erstgeborenen des farnelischen Königs mit diesem... Ding zu sehen. Für ihn als naturverbundenen Mann war es undenkbar, so etwas zu tragen, geschweige denn, mit so etwas zu leben.

Folken erspähte Escaflowne, der langsam näher kam und nun zur Landung ansetzte. Und er sah, dass Van nicht allein gekommen war.

„Das Mädchen... Er hat das Mädchen mitgebracht...“, murmelte der ehemalige Zaibacher leise und lächelte leicht. Sie war da, obwohl er sie nicht mit seiner Botschaft angesprochen hatte. Ja, so langsam lief das Geschehen in die richtige Richtung... Und es spielte keine Rolle, ob das, was hier geschah, Schicksal war. Die Hauptsache war, dass es geschah.
 

„Wie kannst du es wagen!“ Van stapfte zornerfüllt seinem Bruder entgegen. Hitomi lief an seiner Seite entlang und hatte regelrecht Mühe, mit ihm mitzuhalten.

„Es freut mich auch, dich zu sehen, Van“, begrüßte ihn Folken. Direkt danach wandte der ehemalige General seine Aufmerksamkeit Hitomi zu.

„Ich sehe, du hast das unbestimmte Element mitgebracht. Sie, die alles verändert.“ Er musterte Hitomi so genau, als sähe er sie zum ersten Mal.

Schnell fühlte sich das Mädchen unter diesem durchdringenden Blick unwohl. Fast war ihr, als wenn Vans Bruder bis in ihre Seele blicken und alles erkennen könnte, was sie ausmachte.

„Lass sie aus dem Spiel“, knurrte Van ungehalten und baute sich demonstrativ vor Folken auf. „Was glaubst du eigentlich, was du hier tust? Mit welchem Recht bist du hier? Du hast dieses Land verraten! Du hast dieses Land zerstört! Ich habe keinen Bruder mehr! Ich hasse dich!“

„Und jetzt? Willst du mich jetzt umbringen?“ Folkens Stimme war ruhig. Innerlich verfluchte er seinen kleinen Bruder gerade für dessen Hitzköpfigkeit. Aber so war Van schon immer gewesen. Genau so.
 

„Ich weiß, du sorgst dich um die beiden, aber ich denke, sie werden besser miteinander klar kommen, wenn wir nicht mehr hier sind“, raunte Rum Hitomi ins Ohr. Sie sah ihm in die sanften, braunen Augen und anschließend blickte sie zu den beiden Brüdern. Dann nickte sie.

Wahrscheinlich war das wirklich am besten. Van würde gleich wahrscheinlich wieder ausrasten – und wenn ihn sein Bruder nicht beruhigen konnte, wer dann? Außerdem: Folken hatte Van hierher bestellt, also hatte das alles hier einen Sinn. Es musste einen haben. Und wenn Van diesen Sinn und Zweck jemals herausfinden wollte, dann würde er sich hier und jetzt mit seinem Bruder auseinandersetzen müssen.
 

„Ja, genau, das werde ich!“, fauchte Van und zückte sein Schwert. Folken sah ihm noch immer ruhig entgegen. Nichts anderes hatte er von diesem Hitzkopf erwartet.

„Das war eine dumme Entscheidung, Van“, sagte er leise. „Leg das Schwert weg, solange du noch die Gelegenheit dazu hast.“

„Den Teufel werde ich!“ Der schwarzhaarige Junge wollte vorspringen, doch plötzlich hielt er inne. Ein scharfer Geruch breitete sich in den Ruinen aus. Ein Geruch, der Gefahr verhieß. Tödliche Gefahr. Und der ihm nicht gerade unbekannt war.

Van wirbelte herum.

„Hitomi!“

Das Mädchen hatte sich zusammen mit Rum von Folken und ihm entfernt und drehte sich jetzt langsam zu ihm um. Sie sah ein wenig verwirrt aus.

In dem Moment brach ein Erddrache zwischen zwei Häusern hindurch und griff an.

Van ließ sich gerade noch rechtzeitig unter den schnappenden Kiefern zu Boden fallen, kam dann sofort wieder auf die Füße und rannte los.

„Dieser verdammte Mistkerl hat uns die Drachen auf den Hals gehetzt!“, fluchte er, während er an Hitomi vorbeischoss und sie mit sich mitriss.
 

„Hitzköpfiger Idiot“, murmelte Folken leise, während zwei Erddrachen langsam an ihm vorüber zogen und sich auf die Suche nach dem Jungen machten, der den Frieden in diesen Ruinen bedroht hatte.



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