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Der Jolis Raubzug

von

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Schicksal

Die Situation konnte doch unmöglich schlechter werden. Die Gestalt hinter dem massiven Schreibtisch vergrub ihren Kopf in den Händen. Dunkel war es im Raum, Finsternis lag über ihm, so wie auch seine Welt in der Finsternis lag.

Er hatte die großen Panoramafenster seines Büros abdunkeln lassen, denn das immerwährende bläuliche Glimmen des Jolis-Nebels am nächtlichen Himmel lies es hier nie wirklich Nacht werden. Doch brauchte er die Dunkelheit um nachzudenken, ... um eine Lösung zu finden.

Gouverneur Yakis Malkadon brauchte schnell eine Lösung, denn die Situation hatte sich in den letzen Wochen ungeahnt zugespitzt. Bereits drei Transporter der lokalen Händlergilde waren diesen Monat verschwunden, und noch immer hatte sein Systemverteidigungschef Marschall von Gerad keine Ahnung, wer dafür verantwortlich war. Hätte die Händlergilde ihm diesen unfähigen Fettsack nicht vor die Nase gesetzt, würde dieser spätestens jetzt am Triumphtor von Jolis Primus baumeln. Doch das war unmöglich. Manchmal, so schweiften seine Gedanken für einen Moment ab, manchmal waren die politischen Machtspiele, die ihn einst in seinen Stuhl hoben, ein größeres Hindernis, als er überwinden konnte. Vielleicht war er aber auch nur zu alt und bequem geworden, um wie früher ohne Furcht vor den Konsequenzen seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Doch in seine glorreiche Vergangenheit zu schauen half jetzt nichts. Es musste etwas geschehen, und zwar bald.

Sein Blick fiel wieder auf die Depesche des Subsektorenkommandos der Flotte in Neu Triest. Die stilistisch einwandfreien Worte klangen beruhigend. Ja, sie strotzen förmlich vor imperialer Arroganz und der Sorglosigkeit einer Organisation, die für sich in Anspruch nahm, seit über zehntausend Jahren zwischen den Sternen für Ordnung zu sorgen. Sie würden keine Schiffe entsenden, denn das Verschwinden von Transportschiffen dieser geringen Tonnage würde keine Anhebung des Gefahrenstatus für das System rechtfertigen. Malkadon wusste, dass das Administratum diese Verlustrechnung in Intervallen von 10 Jahren vornahm, und so würden sie auch nicht zu einem anderen Ergebnis kommen. Nicht, bevor hier alles den Bach runter gegangen wäre.

Das nervöse Surren seines bionischen rechten Auges riss ihn abermals aus seinen Gedanken. Ein Gedanke allein stellte ihn nun zufrieden. Wenn das Imperium die Seinen so gedankenlos im Stich ließ, würde es die Konsequenzen zu tragen haben, die den Verlust einer Welt bedeuten könnten. In den meisten Regionen des Segmentums würde dies für einen Imperialen Gouverneur wie ihn den sicheren Untergang bedeuten, doch hier nicht! Nicht in Neu Triest, denn es gab eine nahe Macht, die seinen Hilfsgesuchen nur all zu gern ein offenes Ohr leihen würde. ...

Langsam beschleunigte das achthundert Meter lange Transportschiff und ließ die Planeten der inneren Biosphäre hinter sich. Unzählige faustgroße Krater übersäten seinen schwarz-adamantenen Schiffsrumpf. Sie waren die Spuren der zweitausendjährigen Dienstzeit, die die "Magnifizenz" bereits auf dem Buckel hatte und rührten von Trümmerteilen und Gesteinsbrocken her, die zu langsam und zu klein für die mächtigen Energieschilde des Schiffes waren. Nur wenige der unzähligen Putten und Heiligenfiguren, die den Rumpf einst unterhalb des oberen Decks geschmückt hatten, waren noch vorhanden, und doch verliehen die haushohen Alkoven dem Schiff aus einigen Kilometern Entfernung nach wie vor ein barockes Äußeres. In den Augen ihres Kapitäns war sie ein feines Schiff, auch wenn sie schon bedeutend bessere Tage gesehen hatte.

Die "Magnifizenz" war vor acht Stunden von ihrem orbitalen Ankerplatz aus aufgebrochen und strebte nun aus dem Systeminneren ins offene All, um dort fern aller Gravitationsfelder in den Warp zu springen. Die letzten Tage hatte sie einige Millionen Tonnen Industrieabfälle für NTX-16 III gebunkert, einem hässlichen Felsbrocken des Nachbarsystems von Jolis. Vorbei an den Ringen des Gasriesen Jolis Maximus, schob sich die vergleichsweise winzige "Magnifizenz" an dem Giganten vorbei, als tauche sie in die schwarze Weite des Alls vor ihr. Ihre sieben Triebwerke im Heck spieen sonnenheißes Plasmafeuer, und ihr Kapitän war zufrieden mit der zu erwartenden Flugdauer bis zum vorgesehenen Abwurfpunkt. Mit etwas Glück würde er das barocke Schiff schon in drei Wochen mit der nächsten Ladung Abfall beladen können. Gedanklich rieb er sich die Hände, denn die Preise für den Abtransport des Industrieabfalls waren erheblich gestiegen, seit sich viele Kapitäne aus den Systemen in diesem Teil des Neu Triest Subsektors zurückgezogen hatten. Ein paar verschwundene Seeleverkäufer und schon griff Panik um sich, dachte er schmunzelnd bei sich, das trennte die wahren Raumwölfe von den Möchtegern-Skippern.

Währenddessen glitt ein grobschlächtiges Kanonenboot unbemerkt aus den partikelreichen Ringen des Gasriesen und steuerte auf sein ahnungsloses Ziel zu. Die verdreckten Bildschirme auf der schummrig erleuchteten Brücke zeigten flackernd das Sensorenabbild eines Menschenschiffes, das fett und langsam vorbei glitt. Die Triebwerke beschleunigten scheinbar mit aller Gewalt und man konnte das Schiff schon mit bloßen Augen ausmachen, wenn man wusste, wo am Sternenhintergrund man zu suchen hatte. Grabbak Hüllenschlitza wusste das. Seine Jungs hatten die Sensoren nämlich erst kürzlich aus einem anderen Menschenschiff geborgen, und mittlerweile funktionierten sie an Bord seines Kanonenbootes prima.

Überall auf der Brücke zischten undichte Ventile, und die Schiffsgrots hatten es schon vor langer Zeit aufgegeben, die vielen abgenagten Knochen in den Ecken zu entfernen, denn all zu oft gesellte sich einer von ihnen durch die ungewollte Aufmerksamkeit der Lieblingssquigs des Chefs dazu. Auf seinem Podest im hinteren Teil der Brücke sitzend betrachtete Grabbak das Sternenfeld durch das mannshohe Bullauge vor sich. "Hattest gehofft, dich wechzuschleichen wie'n dreckiger Grot, eh?! Nich mit mir, Jungchen, nich mit mir ..." murmelte er durch seine fetten Hauer und fokussierte das Menschenschiff mit zusammengekniffenen Augen zwischen all den Sternen.

"Weniga Gas, verdammt!" brüllte er plötzlich "Drück nich so auf die Tube, du Grothirn!". Während er den nun sichtlich nervösen Ork mit seinen tief sitzenden Augen fixierte, zischte er bedrohlich "Gaaaanz langsam, wir ham Zeit! ... un se soll'n unz doch nich komm' sehn, oda? Oda willste se zu Fuß für mich schnapp'n? Hm? Da iz noch'n netter Raumanzuch vonnen Mänschenz letztens übrig, weiß'u?!". "Aye, Boss!" stammelte der Steuermann, sich des Schicksals seines Vorgängers sehr wohl bewusst.



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