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My beloved Lucifer

von

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My beloved Lucifer

Nachdenklich zerknüllte Elias den Zettel in seinen Fingern. Hier war es also. Hier sollte dieses Vorsingen stattfinden. Kalter Wind griff in seine kurzen, struppigen blonden Haare.

Es war eine kleine heruntergekommene Kneipe, in der die Schülerband neue Mitglieder suchte. Elias seufzte leise. Er hatte den Aushang am schwarzen Brett gesehen und nicht widerstehen können. Er liebte die Musik. Er liebte es, zu singen. Er liebte es, zu performen. Und er liebte es, Songs zu schreiben. Deswegen war er hier. Und gerade deswegen hatte er jetzt unglaubliche Angst, nicht gut genug zu sein...
 

Zaghaft drückte er die Tür auf und betrat den schmalen Flur. Die nächste Tür stand offen. Die Luft war roch nach abgestandenem Rauch. Langsam ging er weiter und blieb schließlich doch stehen.

Vier Jungs, alle um die sechzehn, also genau wie er, saßen auf der kleinen, hölzernen Bühne. Zwei spielten an ihren Gitarren, der dritte klimperte auf dem Klavier und der vierte trommelte entnervt mit seinen Sticks auf dem Boden herum. Er kannte sie alle vom Sehen, hatte aber noch nie zuvor mit ihnen gesprochen, war ihre Schule doch die größte der Stadt und hatte immerhin sechs Klassen pro Jahrgang.

"Gott, gibt es denn in der ganzen Stadt niemanden, der singen kann?", stöhnte einer von ihnen - der mit den Sticks - auf. Er hatte einen dicken, rotblonden Haarschopf und hielt sich die Mähne mit einem augenfälligen Stirnband aus dem Gesicht. Wie seine Kameraden trug er abgewetzte Jeans und ein simples T-Shirt. So wie er, so sollte Rock' n Roll aussehen.

"Doch, die gibt es.", erwiderte einer der Gitarristen - der mit den schwarzen Haaren - und schlug dem Rothaarigen lächelnd auf die Schulter. "Nur bisher haben wir nicht den Einen gefunden, der zu uns passt."

"Hey, Jungs." Der Blonde am Klavier blickte zur Tür hinüber. "Wie es ausschaut, haben wir hier noch einen Sänger."

Sofort richtete sich die Aufmerksamkeit der Vier auf Elias - der anfing sich unwohl zu fühlen. Gegenüber den Vieren kam er sich vor wie ein kleiner Junge. Und so langsam fühlte er sich hier unglaublich fehl am Platz.

"Na los doch, komm her!" Der schwarzhaarige Gitarrist war aufgesprungen und kam Elias, der immer noch wie versteinert da stand, mit großen Schritten entgegen. Er packte den schmalen, blonden Jungen an seinem rechten Arm und zog ihn mit zu den anderen.

"Also, das ist Eric. Nennt sich aber lieber Ric." Er deutete auf den Rothaarigen.

"Der Blonde da, das ist Dirk." Dirk verzog das Gesicht. "Sorry, Dee." Der Schwarzhaarige grinste breit. "Der Dicke da, das ist Chris." Diesmal wies er auf den anderen Gitarristen, der minimal mehr Gewicht auf den Rippen haben mochte, als der Rest der Vier.

"Na, und mein stolzer Name ist Tristan." Tristan grinste erneut. Grinsen schien eine seiner liebsten Beschäftigungen zu sein. Aber es stand ihm. Selten hatte Elias jemanden gesehen, der dermaßen lebhaft und fröhlich war, ohne dass es aufgesetzt wirkte.

"Und du bist?" Dee beugte sich vor und musterte den neuen Bewerber neugierig.

"Elias."

"Elias - cooler Name." Chris grinste.

Tristan beugte sich zu Elias hinüber und raunte ihm leise ins Ohr: "Die haben es alle mit diesen pseudocoolen englischen Namen." Er verdrehte demonstrativ die Augen. "Aber ansonsten sind sie okay. Wirklich. Aber das wirst du noch merken."

"Wir werden sehen." Elias blickte Tristan in die blauen Augen und lächelte. "Wenn ich zu euch passe - und ihr zu mir."

"Japp, der Kleine hat Recht. Deswegen ist er hier. Also, lasst uns anfangen.", entschied Ric, der bisher geschwiegen hatte.
 

Nervös kletterte Elias auf die Bühne und beobachtete, wie die Bandmitglieder nach ihren Instrumenten griffen. Schnell und geübt hatten sie ihre Positionen eingenommen.

"Also, was singste?", erkundigte sich Tristan.

"Äh, ,Nothing Else Matters' von Metallica?", schlug Elias vorsichtig vor.

Ric, Dee und Chris sahen sich bedeutungsvoll an, nur Tristan verzog keine Miene.

"Na, dann... Auf geht's, Jungs!"

Er zählte an und wenig später füllte Musik den Raum an. Elias wartete auf seinen Einsatz und dann klang seine Stimme durch die leere Kneipe.

"So close, no matter how far

Couldn't be much more from the heart

Forever trusting who we are

And nothing else matters..."

Tristan beobachtete den blonden Jungen genauso aufmerksam wie der Rest der Band. Er schien sich in dem Lied zu verlieren. Er sang den Song anders als James Hetfield, vollkommen anders. Und doch lebte er ihn. Auf seine Art. Und genau das war es, was Tristan eine Gänsehaut bescherte. Nicht nur die Art, wie Elias sang, sondern auch das Gefühl, dass sie gefunden hatten, was sie suchten. Ja, Elias war das fehlende Stück zu ihrem Puzzle. Der schwarzhaarige Gitarrist lächelte. Elias war es, der Dark Desire endlich vollständig gemacht hatte.
 

Ein knappes halbes Jahr war das jetzt her. Sechs Monate, in denen Elias und die Band zusammengewachsen waren zu einer richtigen Band. Mit großem Tamtam war der Blonde aufgenommen worden - und mit der gleichen Begeisterung übte er mit ihnen und schrieb Songs. Schnell hatte er festgestellt, dass Ric, Chris und Dee für das Performen und Musik an sich zwar zu haben waren, aber keine Ahnung von und keine Ambitionen zum Komponieren hatten. Dann und wann gaben sie mal Denkanstöße oder knappe Ideen, das war es aber auch schon. Es war bisher immer an Tristan gewesen, diese Ideen auszuarbeiten oder aber neue Songs zu liefern. Jetzt hatte der schwarzhaarige Gitarrist tatkräftige Unterstützung von Elias bekommen und dankte es ihm herzlich. Die beiden Jungen hatten genau die gleiche Wellenlänge. Es war, als hätten sie sich schon ewig gekannt und genauso entwickelte sich ihre Freundschaft. Sie gingen durch dick und dünn und wären füreinander in die Hölle hinabgestiegen.

Bei den anderen... Bei denen war sich Elias darüber nicht so sicher. Okay, er schätze sie und das Spielen mit ihnen zusammen machte wirklich Spaß, aber manchmal vermisste er etwas. Dieses Feuer, diese Energie, die Tristan auszeichneten. Die Begeisterung. Der Wille, etwas Neues zu schaffen.

Aber es war nun mal nicht jeder wie er, rief sich der Sänger immer wieder in Erinnerung. So etwas ging nicht und daher bemühte er sich, nicht zu urteilen. Doch manchmal, wenn er todmüde von Schularbeiten, Abschlussvorbereitungen und Co in der Kneipe von Chris' Vater eintrudelte und sich durch die Besoffenen ins Hinterzimmer drängte, wo Tristan bereits mit Gitarre und Stift in der Hand auf ihn wartete, während sich die anderen vorne die Kante gaben, da fragte er sich doch, was ihre Gemeinsamkeit war. Sobald sie auf der Bühne standen, passte es aber. Dann passte alles.

Elias schüttelte den Kopf und trat den allabendlichen Weg durch die Stammgäste an. Es war verwirrend. So verwirrend, wie das Leben eben war.
 

"Seht mal!" Tristan wies aufgeregt auf eines der vielen Plakate, die mittlerweile die ganze Stadt zierten.

"Plattenfirma sucht Nachwuchsband! Talentwettbewerb ausgeschrieben! Anmeldung unter...", las Chris laut vor.

"Geil!" Dee grinste und schlug Ric auf die Schulter.

"Da machen wir mit, Jungs, oder?" Elias blickte in die Runde.

"Na, und ob wir das machen!" Tristan lachte. "Die Chance lassen wir uns doch nicht entgehen!"

Und damit fingen die Proben an. Sie übten wie besessen. Tag und Nacht. Die Polizei wurde langsam Stammgast bei ihnen und Chris' Vater rastete irgendwann aus. Daraufhin zogen sie in die Garage von Elias' Eltern ein. Dann, als es diesen zu bunt wurde, in den staubigen Dachboden von Tristans Elternhaus.

Und schließlich war der große Tag da.
 

Auf dem Marktplatz der Innenstadt hatte man eine große Bühne aufgebaut. Es kam Elias und Tristan so vor, als wenn sich hunderte von Bands hier befanden. Hunderte, die alle nur diesen Vertrag wollten. Die die Chance auf Berühmtheit nicht aufgeben wollten. Die einfach nur Musik machen wollten. Leute wie sie und ihre Band.

"Hey, wenn wir gewinnen sollten - dann färben wir uns die Haare. Und zwar knallbunt!", meinte Tristan plötzlich. Elias blickte ihn skeptisch an.

"Ach, komm, das wird ein Spaß. Und die anderen sind garantiert dabei."

"Na gut..." Der Blonde zuckte mit den Achseln. Kleine Verrücktheiten waren doch das, was sie ausmachte, nicht wahr?

"Wir müssen uns echt Mühe geben, was?", murmelte Elias leise, als sie der ersten Band lauschten. Sie selbst waren erst als zwanzigste dran und hatte somit Zeit, neunzehn Bands zuzuhören, die möglicherweise besser waren als Dark Desire. Gott, das konnte einen wahnsinnig machen!

Doch die Zeit ging schnell vorbei. Viel schneller als sie es erwartet hatten.

"Dark Desire?" Eine junge Frau mit Funk im Ohr trat zu ihnen. Die Fünf nickten. "Los, ihr seid dran!"

Jetzt war es also ernst.

Elias unterdrückte seine Nervosität, als er auf die Bühne trat. Kurz berührte ihn Tristan an der Schulter und gab ihm zu verstehen, dass alles in Ordnung war. Sie würden ihr Ding machen. Sie würden zeigen, was sie konnten. Und sie würden verdammt noch mal gewinnen!
 

Harte Gitarrenriffs dröhnten über den Marktplatz. Rics Klavier nahm eine Lautstärke an, die für die meisten Leute unerwartet war, dann, plötzlich, wurde das Lied ruhig und Elias sang. Es war aktuellste Lied, das er und Tristan gemeinsam geschrieben hatten. Und - wie sie beide fanden - ihr Meisterstück. ,My beloved Lucifer' hatten sie es getauft. Elias' Stimme klang klar und eindringlich über den Platz hinüber zu der Jury. Er sang wie nie zuvor in seinem Leben.

"Never seen bluer eyes

never seen a sweeter smile

never seen an angel's face

- till I saw you
 

wanna love you

wanna hold you

wanna live forever

- with you

longing for your light
 

are you

a bringer of light

or just a devil

in disguise?
 

sinfilled eyes

an angel's smile

a touch from your lips

and me,

I'm on fire
 

kill me

hold me

love me

and I'm still

longing for your light
 

are you

a bringer of light

or just a devil

in disguise?
 

I've fallen for you

I've broken my wings

- just for you

and here I am now

standing in a puddle of my own blood...
 

I fall

I cry

I die

and I'm still

longing for you light
 

are you

a bringer of light

or just a devil

in disguise?
 

caught in your cage

caught in this love

can't stop even though I should

I'm holding on

wanting you
 

and you

- what do you do?

love me?

kill me with your light?
 

are you

a bringer of light

or just a devil

in disguise?"
 

Die Musik verhallte und Applaus brandete auf. Elias blickte zur Jury hinüber. Ein Prickeln überlief ihm und er ahnte, dass sie es geschafft hatten. Seine Augen wanderten zu Tristan hinüber, der schweißgebadet war, aber genauso strahlte wie er selbst, dann zu den anderen, die kein bisschen weniger Energie und Begeisterung ausstrahlten. Sie hatten es geschafft, sie mussten es einfach geschafft haben!
 

Elias' Gefühl hatte ihn nicht getrogen. Sie hatten es geschafft. Und keine drei Tage später saßen sie in dem Büro ihrer neuen Managerin, die den klangvollen Namen Lucy Starlight trug. Elias fragte sich, ob nur er diese Abneigung gegen die stark geschminkte und komplett künstlich wirkende Frau verspürte. Doch das waren Dinge, mit denen er sich besser nicht aufhalten sollte, nicht wahr? Immerhin bot ihnen diese Frau die Chance, ihren Traum wahr zu machen. Professionell Musik zu spielen, Alben aufzunehmen, auf Tour zu gehen auf den großen Bühnen zu spielen, ja sogar ganze Stadien zu füllen. Das war es doch, was sie wollten, nicht wahr? Das, was er wollte.

"So, ihr Süßen, das hier ist der Vertrag. Ihr braucht ihn nur noch zu unterschreiben."

Starlight drückte jedem von ihnen einen schmalen Hefter in die Hand. Dann steckte sie sich eine Zigarette an und lehnte sich in ihrem protzigen Stuhl zurück.

Elias überflog den Vertrag. Einige Zeilen brachten ihn ins Stutzen und er las sie wieder.

Die kreative Förderung und Absegnung sollte in der Hand der Plattenfirma liegen? Er runzelte die Stirn. Genau wie die Entscheidungen über die Band im Allgemeinen und ihr Styling im Speziellen bei den so genannten Profis liegen würde.

Elias verzog den Mund. Was wurde das hier? Waren sie etwa jetzt die neuen Anziehpuppen von Starlight? Er sah auf und in die abwartenden Gesichter der Managerin und der Band. Selbst Tristan hatte ohne zu zögern unterschrieben. Auch wenn das Gesicht des mittlerweile türkishaarigen Gitarristen wenig Begeisterung zeigte. Aber Tristan hatte schon vorher gesagt, dass dieser Vertrag der erste Schritt war. Egal, wie er aussah. Es war der erste Schritt, den sie gehen mussten. Welche Chance würden sie danach noch bekommen können?

"Na los, mach schon.", zischte Dee und zupfte Elias' an einer pinkfarbenen Haarsträhne. Ja, sie hatten wahrgemacht, was Tristan vorgeschlagen hatten. Sie hatten nun alle knallbunte Haare. Tristan in Türkis, Elias in Pink, Chris in Orange, Dee hatte sich für Dunkelgrün entschieden und Rics wallende Mähne leuchtete Tiefblau. Eine Veränderung, die Starlight überraschenderweise mit Begeisterung aufgenommen hatte. Sie hatte irgendetwas von "Toll, ein neuer Stil!" gerufen und sofort mit irgendwem telefoniert.

"Elias!" Diesmal war es Chris, der ihn mit diesem einen Wort und dem hartnäckigen Zeigen auf den Stift drängte, endlich zu unterschreiben. Der pinkhaarige Sänger seufzte lautlos. Eine Wahl hatte er nicht, oder?

Schwungvoll setzte er seinen Namen unter den Vertrag und reichte ihn Starlight.

Diese lächelte ihn freundlich an und murmelte dann irgendetwas von wegen Verträge kopieren und verließ das Büro.

Nachdenklich blickte Elias ihr nach.

"Are you

a bringer of light

or just a devil

in disguise?", summte er leise.

Diese Frau war wie der Luzifer aus der Mythologie. Man war sich nicht sicher, ob sie ein Lichtbringer war oder nichts weiter als ein Teufel. Wobei er jedoch das dumpfe Gefühl hatte, dass sie eher etwas Dämonisches an sich hatte, als etwas Lichtbringendes...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Myojo
2006-03-02T23:11:54+00:00 03.03.2006 00:11
Könnte es sein, dass wir es hier mit dem Prolog zu tun haben?^^

Hübsch, wenn auch etwas kurz.
Wir kommen zusammen, es passt super, und Wettbewerb.
Irgendwie... ich weiß nicht. Es wirkt etwas holprig durch die groben Übergänge.

Trotzdem schön geschrieben^^


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