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Dokumentarisches Theater: Aktenöffnung DDR, Dokumentarisches Theater

Autor:  halfJack

Derzeit arbeite ich an einem Projekt fürs Museum, bei dem die Staatssicherheit der DDR unter dem Aspekt von Emotionen dargestellt werden soll: Angst, Scham und Ohnmacht. Inszeniert wird das ganze mit dokumentarischem Theater. In der Gruppe "Aufarbeitung" beschäftigt sich folgende Szenen mit der Aktenöffnung.

1. Version:

1.      Szene:

A: „Die verbrennen Akten!“

B: „Ja, natürlich vernichten wir die Akten, das ist ein Befehl vom Minister. Wir müssen alle Akten vernichten, die sind ja illegal!“

A: „Wieso sind sie jetzt plötzlich illegal? Der Staat hat sie doch jahrelang rechtens geführt.“

B: „Ich weiß von nichts. Was wollt ihr eigentlich von mir?“

A: „Ich erstatte Anzeige gegen den Leiter der Kreisdienststelle, den Leiter der Bezirksverwaltung und gegen den Minister."

Stimme aus dem Publikum: Und das war eigentlich doch ein erhebendes Gefühl. Der Staatsanwalt musste die Anzeige zur Kenntnis nehmen, und ein Polizist musste das auch noch tippen. Man hat wirklich gemerkt, wie schwer es ihm fiel – ihm fiel ja das Tippen ohnehin schon schwer, aber so etwas noch zu schreiben, das war also ganz bitter gewesen.

B: „Sie können die Räume versiegeln, ich kann Ihnen auch eine Betriebsbesichtigung anbieten. Doch in ihrem Interesse wäre es besser, wenn niemand mehr Zugriff darauf hat.“

KD-Chef/B greift in ein Regal, zieht eine Akte heraus und blättert während des Erzählens darin herum.

A: „Können wir da auch mal hineinsehen?“

B: „Nein, das unterliegt dem Datenschutz.“

A: „Wieso können Sie noch hineinschauen und wir nicht? Das sind doch unsere Akten.“

B: „Wenn Sie da nicht reinschauen können, dann kann es wenigstens auch niemand sonst.“

A: „Aber sie schauen doch hinein.“

B: „Ich weiß nicht, was sie von mir wollen. Was ist, wenn die deutsche Einheit kommt? Dann hat auf Ihre Akten der Verfassungsschutz Zugriff und die westdeutsche Wirtschaft, das wird wieder zu Ihrem Nachteil ausgenutzt. Über Weihnachten sollten wir das alles vernichten. Während der Feiertage fällt es nicht auf. Dazu müssen sie jetzt den Mut beweisen, das muss endlich fort, das Zeug.“

Stimme aus dem Publikum: Ich hatte immer Angst, dass im Bürgerkomitee einmal irgendwie ein Beschluss aus dem Affekt heraus gefasst und der Vernichtung zugestimmt wird. Dabei war natürlich auch die Sorge, wenn das in einem Bezirk gemacht wird, dann klappt das auch in anderen Bezirken.

Viel später fanden wir einen Schrank im Keller, randvoll mit Akten. Neugierig schauten wir uns die Sache natürlich an. Zufällig war da ein alter Mann dabei, der fand da eine Akte über seine Zwangsaussiedelung aus dem Grenzgebiet. Und als ich die Reaktion dieses Mannes erlebte, da wurde mir klar: Es war richtig, die Akten aufzubewahren und im Nachhinein zugänglich zu machen für eine Aufarbeitung, bei allen Schwierigkeiten, die damit immer noch bestehen.

Nächste Bearbeitung:
1. Gesprächsstituation natürlicher gestalten, Dialog ausbauen
2. Emotionen einbinden



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