Zum Inhalt der Seite

We can never go home

Steve/Bucky
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Bucky hatte klargestellt, dass kein Wort über sein Verhalten, in den Tagen von Steves Kampf gegen dieses Hydramittel, an dessen Ohren gelangen sollte. Er wollte sich einfach nicht die damit unweigerlich angefachten, falschen Hoffnungen aufbürden lassen.
 

Und so wie es aussah, hatte man sich bis jetzt auch daran gehalten. Anscheinend waren die damit verbundenen Konsequenzen auch recht deutlich in seinem Blick abzulesen gewesen und nichts war an Steve herangetragen worden. Er war sich nur nicht so sicher, wie lange Stark dazu im Stande bleiben würde.
 

***
 

Bucky schätzte JARVIS.
 

Heute war einer dieser Tage gewesen, wo Aufstehen für ihn keine Option dargestellt hatte.
 

Es war stets dieselbe Prozedur, wenn er sich in einer dieser Spiralen aus Alpträumen gefangen befunden hatte. Sie laugten seinen Körper und seinen Verstand mit quälender Routine aus.
 

Es war einer dieser Tage, an dem er niemanden an sich heran ließ, bis auf Dr. Banner. Er mit niemanden sprechen wollte, außer JARVIS, da dieser keine unnötigen Fragen stellte und auch nicht nach unerwünschten Smalltalk suchte.
 

Es war nach einem dieser Tage, dass er sein Zimmer verließ und die Ruhe der nächtlichen Stunden im Tower nutzte, die seine Schlaflosigkeit ihm wieder einmal so großzügig darlegte.
 

Oft zog es ihn auf die Dachterrasse, doch heute suchte er nach etwas, das ihm ein wenig Ablenkung verschaffte. Zu penetrant war das Flackern von Gedanken in seinem Kopf.
 

Steve Rogers war der Grund dafür.
 

Gedanken über ihn, schlichen sich stets wie selbstverständlich in seinen Geist und ließen immer öfter dieses fremdartige, aufgewühlte Gefühl in ihm zurück.
 

Es war irgendwie anders, als das was er sonst verspürt hatte. Aber was sollte er damit anfangen?
 

Seit er sich von Hydra losgesagt hatte, hatte er unzählige unbekannte Empfindungen durchlaufen. Die meisten davon erschienen ihm unnütz.
 

Und es war egal, wie sehr er versuchte, sich davon zu distanzieren, wenn es tief genug reichte, konnte er sich der Wirkung auf ihn nicht entziehen.
 

Steve Rogers schien eine unbestimmbare Gewalt über ihn zu haben. Ob er wollte oder nicht.
 

Und auch wenn er es sich selbst kaum eingestehen wollte, so war der Effekt, den Steve auf ihn ausübte, nicht mehr mit dem Maße an Unruhe verbunden, wie es noch vor wenigen Wochen der Fall gewesen war.
 

Ein unerwarteter Werdegang, wie er für sich empfand.
 

Schließlich führten ihn seine Schritte in einen der Gänge, den er auch zuvor schon einmal durchquert hatte und von dem er wusste, dass es dort das ein oder andere Interessante auszukundschaften gab. Stark nutzte sein Geld, nicht nur für die Erweiterung seines sozialen Status oder seine Erfindungen.
 

Bucky war darauf aufmerksam geworden, als er bei einem seiner nächtlichen Rundgänge eine falsche Etage für jene gehalten hatte, wo sich auch sein Zimmer befand. Im Nachhinein war es vielleicht sogar Absicht von JARVIS gewesen, ihn hier her zu bringen. Starks AI hatte ihn eh ständig im Auge und war womöglich der Ansicht, dass er etwas Beschäftigung gut gebrauchen konnte.
 

Es gab ein japanisches Zimmer.
 

Traditionell eingerichtet, mit minimalistischer Eleganz. Das Imposanteste war demnach die Rüstung eines Samurai, die so drapiert über den Raum zu wachen schien. Es war ein beeindruckendes Stück, genau wie die drei davor ruhenden Schwerter.
 

JARVIS hatte es sich zur Aufgabe gemacht, ihm sämtliche Fakten, die sich mit einem Gegenstand seines Interesses verbanden, mitzuteilen und er hörte diesem gern zu.
 

Es gab einen Raum mit Plastiken.
 

Antik wie modern und aus allen möglichen Ländern der Welt. Er hatte inne halten müssen, als seine Aufmerksamkeit auf eine marmorne Statur eines spärlich bekleideten, aber äußerst wohl definierten Herren gefallen war. Es weckte eine Erinnerung in ihm. An eine graue Landschaft und ein fernes Dröhnen, das durch die nasskalte Luft vibrierte. Es saß vor einem ebenso gut definierten, bloßen Oberkörper, über welchen sich vereinzelte blutige dunkle Male gezogen und denen er sich mit ruhiger Hand gewidmet hatte.
 

„Sind nur ein paar Granatsplitter, kein Grund zur Sorge. Ich kann nun einiges mehr wegstecken.“, hatte sich diese Szene in seinem Kopf vervollständigt. Das Bild von Steves einfühlsamen Stahlblauen Augen, denen er auf einen eignen Kommentar dazu begegnet war, hatte sich danach einfach in seinen Kopf festgesetzt.
 

Oder es hatte nur seinen Platz wieder gefunden, in all dem Durcheinander, das ihn derzeit zum größten Teil ausmachte.
 

Es gab eine Galerie.
 

Bestückt mit Gemälden und Photographien verschiedenster Kunstrichtungen. Es waren Stunden vergangen, bis er sie wieder verlassen hatte, hatte er sich von JARVIS doch ausführlich über jedes Exponat aufklären lassen. Er hatte ungewohnt ruhig schlafen können, nach dieser schöngeistigen Entdeckungsreise.
 

Es gab außerdem ein Krawattenzimmer.
 

Einen Raum, der einer Bar gleich kam, komplett mit Jukebox und mit diversen Retro Arcade Spielautomaten, an denen er sich mit JARVIS Hilfe ein wenig versucht hatte. Doch das Markanteste an Starks kleiner Privatbar waren die gut verteilten und großzügig angelegten Photographien von verspielt posierenden Damen, die mit nichts weiter versehen waren, als roter und goldener Farbe auf ihrer Haut. Der Preis eines dieser Bilder, hätte ihnen damals für Monate ein unbeschwertes Leben ermöglichen können.
 

Heute jedoch zog es Bucky einfach nur in Starks Bücherei. Vielleicht fand er etwas, dass sein Interesse wecken würde.
 

Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass er nicht der Einzige war, den es um diese Uhrzeit dorthin verschlagen hatte. Er schenkte Natasha, die in einem der antik anmutenden Ohrensessel saß und bei seinem Erscheinen über den Rand ihres Buches schaute, ein kurzes Nicken, das sie ebenso stumm erwiderte.
 

Es waren einige Tage vergangen, seit er sie zum letzten Mal gesehen hatte
 

Natasha hatte sich von Stark überzeugen lassen, dass der Tower die einfachste Variante wäre, in New York unterzukommen, wenn sie nicht gerade einer selbst auferlegten geheimen Mission nachging. Und sie hatte mit einen abwägenden Blick und dem Verweis angenommen, dass keiner verletzt werden würde, wenn man sich an die Regeln zu ihrer Privatsphäre hielt.
 

Bucky hatte Steve erahnenden Gesichtsausdruck daraufhin einfangen können und soweit er sich entsann, war sie wirklich nicht zu unterschätzen.
 

Schließlich setzte er sich, mit einem schweren Wälzer über Geschichtswissenschaften, in einen der anderen Sessel, der etwas weiter von Natasha entfernt stand.
 

Er lief nicht davon.
 

Es war dennoch ungewohnt, sich mit jemand anderen die Stille zu teilen. Es erschwerte ihm das Lesen seiner Lektüre, lag seine Konzentration doch auf etwas ganz anderem. Bucky wusste, dass diese Frau gefährlich war. Dass sie eine gute Freundin des Captains darstellte und das sie ihn im Moment ebenso unauffällig studierte wie er sie.
 

„Давайте поговоримнемного.“ (Lass uns ein wenig reden.) , vernahm er ihre weiche, aber dennoch mit Nachdruck versehene Stimme, was ihn sein Buch mit einem dumpfen Laut zuschlagen ließ.
 

***
 

Natasha war so umsichtig gewesen, ihn über weiteren Zuwachs im Tower zu informieren, bevor sich ihre Wege in der Bücherei wieder getrennt hatten.
 

Buckys erster Eindruck, nachdem man ihm Clint Barton vorgestellt hatte, gab wieder, dass dieser eine überaus anstrengende Person sei. Bartons Auftreten war einfach zu unsystematisch für ihn.
 

Es erinnerte ihn in mancher Hinsicht, an das Verhalten von Stark. Nur nicht ganz so egobezogen.
 

Barton war auch der Grund für Natashas Abwesenheit gewesen.
 

Dieser hatte nicht unbedingt begeistert auf die Tatsache reagiert, dass man in seiner Abwesenheit ganz SHIELD zersprengt hatte und er damit quasi ein heimatloser Agent geworden war. Steve hatte sich mehrmals beim entschuldigt.
 

Dennoch hatte sich Barton noch gut drei Stunden lang darüber beschwert, dass er den ganzen Spaß verpasst und stattdessen wochenlang in irgendeinen Dschungel in Süd China verbracht*habe, bis er erfuhr, dass seine Mission nicht mehr von Belang war.
 

Natasha hatte ihn schließlich mit dem Versprechen auf Pizza und Bier ruhigstellen können. Zumindest vorerst.
 

***
 

Bucky konnte sich schemenhaft daran erinnern, dass es eine Zeit gegeben hatte, wo er ebenso Teil eines Teams war, das nicht nur aus willenlosen Handlangern bestand. Und er fragte sich, ob es mit dem Bild gleichzusetzten war, das ihm diese Leute, die Steve seine Freunde nannte, wiedergaben.
 

***
 

Steve untermalte seine Rückkehr in den Tower, mit dem leisen, melodischen Summen eines Songs, der ihm nicht mehr aus dem Sinn gehen wollte. Er hatte gerade seine morgendliche Joggingrunde hinter sich gebracht und befand sich, nach einer entspannenden Dusche und dem Anziehen frischer, bequemer Sachen, auf dem Weg in Tonys Küche. Ein anhaltendes Lächeln auf seinen Lippen.
 

Es war kurz nach sechs, kaum die Zeit wo der Rest der Avengers schon mit aufgeweckter Anwesenheit glänzte. Aber das war Steve auch ganz Recht.
 

Er stellte die Kaffeemaschine an und suchte im Kühlschrank die nötigen Dinge zusammen, die er für French Toast benötigte und machte sich schließlich an die Arbeit.
 

Noch vier Minuten, sagte ihm die Zeitanzeige der Herdamatur und Steves Lächeln wurde noch etwas sonniger. Punkt 6 Uhr 45 öffnete sich die Tür des Raumes und Steve öffnete einen der Hängeschränke und holte zwei große Tassen daraus hervor, die er sogleich mit Kaffee füllte.
 

Eine davon stellte er auf der Theke ab, bevor er sich wieder um das Frühstück in der Pfanne kümmerte.
 

Es blieb weiterhin still, nur Steves gut gelauntes Summen und das vielversprechende Brutzeln und Duften von French Toast zog durch den Raum.
 

Ein kurzes Scharren zeigte an, dass der Andere sich an den Tisch gesetzt hatte.
 

Steve stapelte die letzten beiden Scheiben Toast auf den schon reichlich beladenen Teller, den er zum Warmhalten im Ofen verstaut hatte und begab sich schließlich ebenso zu Tisch.
 

Nur ein, zwei Minuten später, war alles was sie brauchten vor ihnen hingestellt, was Steve sich schließlich setzen ließ.
 

Seine ozeanblauen Augen schauten Bucky mit einem begrüßenden Strahlen an, welches dieser wie immer nur flüchtig zur Kenntnis nahm und ohne weitere Umschweife zu essen anfing.
 

Steve hielt sich erst einmal nur an seinen Kaffee auf und versuchte, sein Gegenüber nicht weiter anzustarren.
 

Seit ein paar Tagen war ihr gemeinsames Frühstücken zu einer Art Routine geworden, die Steve nicht mehr missen wollte. Er war überrascht gewesen, als Bucky eines Morgens hier aufgetaucht war, als er sich grade mit seinem Kaffee beschäftigt hatte und eine zögerliche Unbeholfenheit aufgekommen war, die sie beide einfach nur hatte dastehen lassen.
 

Schließlich hatte Steve ihm seinen unangerührten Kaffee angeboten und gefragt, ob er Hunger habe.
 

Das war der Beginn ihres morgendlichen Zusammentreffens.
 

Sie sprachen nicht viel miteinander. Aber es reichte Steve schon aus, dass Bucky ihr kleines Ritual ebenso beibehielt und seine Gegenwart nicht mehr als unerwünscht empfand.
 

Es reichte, um Steve jeden Morgen mit Vorfreude auszufüllen. Denn dieser Moment über dampfenden Kaffee und goldgelben Toast gehörte nur ihnen.
 

So wie es auch früher gewesen war.
 

***
 

„Ich denke, wir sollten ihn mehr mit in verschiedene Dinge einbeziehen. Nichts anstrengendes, aber ich glaube es würde ihm gut tun, wenn er mit uns allen ein wenig mehr interagiert. Es kann ja nicht schaden, ihn ab und an zu fragen, ob er sich mit einbringen möchte. Es würde ihm auf jeden Fall auch etwas mehr Ablenkung verschaffen.“ Sam hatte den Zeitpunkt abgewartet, in dem sie alle, bis auf Bucky, zusammen im Wohnzimmer saßen, wo er ihnen seine Gedanken mitteilte.
 

„An mir soll es sicherlich nicht liegen." Clint lehnte sich mit einem Apfel, aus der vor ihm befindlichen Obstschale, zurück. „Ich finde auch, dass der Serge etwas mehr Abwechslung gebrauchen kann. Immer nur lesen. Und dann auch noch solch unverständliches Zeug wie 'Dreidimensionale Skoliosebehandlung'. Als wären zwei Intelligenzbestien in unserem Kreis nicht schon ausreichend genug. Soll keine Beleidung sein Doc.“ Er schenkte Bruce ein kurzes Lächeln. „Uhm ja, danke Barton, für diesen überaus triftigen Grund, sich um Stevens höchsteigenen Transformer zu sorgen.“ Ein kurzes Japsen entwich Tony, als Natasha ihm über diesen Kommentar hin einen Ellenbogenstoß in die Rippen verpasste.
 

„Ich könnte ein Stark-Tablet für ihn modifizieren.“, murrte er daraufhin etwas beleidigt und rückte ein Stück von Natasha weg. „Er wird nur auf bestimmte Dinge Zugriff haben, die JARVIS auch im Auge behält.“ Tony hatte Steves unsicheren Blick auf seinen Vorschlag demnach richtig gedeutet, atmete dieser schließlich einfach nur durch, anstatt Zweifel über diese Idee vorzubringen.
 

„Danke Leute, ich weiß das wirklich zu schätzen. Ich möchte nur, dass ihr es ihm nicht übel nehmt, wenn er sich weiter abweisend verhält. Er…“ „Cap, schon klar. Wir wissen das Barnes einen Jekyll und Hyde Faible hat, glaube mir. Die Aktion während…Verdammt, Spinnen Lady!“ Tony rieb sich genervt seine Wade, wo ihn Natashas spitze Stiefel getroffen hatten.
 

„Was Tony sagen will ist, dass wir keine Wunder erwarten werden, was seine soziale Ader betrifft und das wir ihn auch zu nichts drängen werden, wenn er kein Interesse an etwas hat.“ Steve schaute in die verstehenden Gesichter seiner Freunde.
 

„In Ordnung.“
 

***
 

Jemand hatte ihm etwas auf sein Bett gelegt.
 

Ein Buch.
 

Einen russischen Roman, um genau zu sein.
 

Eine Liebesgeschichte zur Zeit des zweiten Weltkrieges.
 

Es war das Buch das Natasha gelesen hatte, als sie sich vor ein paar Nächten in der Bücherei über den Weg gelaufen waren.
 

Mit einem Kopfschütteln legte Bucky es bei Seite.
 

***
 

Für den heutigen Tag hatte Sam vorgeschlagen, dass Bucky ihm beim Kochen behilflich sein könnte. Bucky hatte es mit einen Schulterzucken beantwortet, was Sam schon nahe genug an einer Zustimmung war.
 

„Hier.“ Mit einen breiten Grinsen, reichte Sam Bucky eine Schürze auf der deutlich zu lesen war 'Kiss the Cook', was Sam einen argwöhnischen Blick von diesem einbrachte. Sam hatte seine eigene Schürze, auf der zu lesen war 'Trust me I do this all the time' und Bucky schüttelte einfach nur ergeben mit dem Kopf.
 

Nun, wo sie beide ihre Arbeitsklufft angelegt hatten, holte Sam eine Schüssel aus dem überdimensionalen Kühlschrank hinter sich und drückte sie Bucky in die Hände.
 

„Die müssten geschält werden.“ Sam schien von einer unbekannten Energie gespeist zu werden, wenn es darum ging, ein Lächeln zu präsentieren. Buckys Blick richtete sich auf seine Aufgabe, worauf er skeptisch seine Augenbrauen zusammen zog.
 

„Was zum Teufel ist das?“ Sam legte noch ein paar Volt darauf.
 

„Das mein Freund, sind Königsgarnelen. Eine Delikatesse und in diesem Falle spendiert von unserem Hausherren persönlich. Also von seinem Geld.“
 

Bucky war sich immer noch nicht sicher, ob er damit einverstanden war, diese seltsam erscheinenden Tiere essen zu wollen. Immer noch skeptisch, nahm er eines davon auf und beäugte es sich von allen Seiten. Ein harter Mantel umgab den Körper und ihre Köpfe hatten etwas bizarres, mit diesen seltsamen Fühlern und den hervorstehenden schwarzen Augen, die nicht größer als eine Stecknadelkuppe waren.
 

Er zweifelte abermals daran, dass diese Dinger schmecken würden.
 

„Ich zeig dir, was du zu machen hast.“ Damit nahm ihm Sam die Garnele aus der Hand und demonstrierte in geschickten Abläufen, wie er sie sich wünschte. Es schien nicht weiter kompliziert.
 

Sam reichte ihm nun eines der kleinen Messer, welches sich Bucky abschätzend betrachtete.
 

„Ich könnte dich damit töten.“, war Buckys kühle Reaktion, worauf er Sam ernst ins Gesicht schaute.
 

„Willst du mich denn damit töten?“ Sam schaute ihn ebenso ernst an. Bucky war bewusst, dass die richtige, die gewünschte Antwort 'Nein' wäre.
 

„Der Soldier würde nicht zögern.“, war schließlich seine Gegenbemerkung.
 

Sams Ausdruck nahm etwas Berechnendes an, aber er zog das Messer noch immer nicht zurück.
 

„Ich lasse es darauf ankommen. Und ich vertraue darauf, dass Starks Technik und JARIVS den Soldier rechtzeitig unter Kontrolle bringen, sollte er es darauf ankommen lassen wollen.“ Sam sprach vom Soldier, als eine eigene Person, als wären er und Bucky völlig unabhängig voneinander. Sam sagte zwar nicht, dass er Ihm vertraute, aber er konnte ihn schon soweit einschätzen, um zu wissen, dass er es ungesagt durchblicken ließ.
 

„Außerdem glaube ich, dass es mich ebenso umbringen würde, hier für zehn Leute allein kochen zu müssen.“
 

Sam war wirklich ein ungewöhnlicher Typ.
 

Mit einem Zischen, das anzeigen sollte, dass Sam einfach nur wahnsinnig sei, griff er nach dem Messer. Er schenkte Sam aber trotzdem noch einmal die Möglichkeit, seinen unüberlegt anmutenden Versuch doch noch canceln zu können.
 

„Aber nicht in die Finger schneiden. Steve würde mir das ewig vorhalten.“, meinte Sam schließlich und Bucky konnte einfach nicht fassen, dass dieser ihm freiwillig etwas überließ, mit dem er ziemlichen Schaden anrichten könnte.
 

„Hab ich da grade meinen Namen gehört?“ Steve kam mit einer Tüte voller Einkäufe in die Küche, stockte aber in seinem Gang, als sein Blick auf Bucky fiel.
 

Steves Lächeln war zögerlich.
 

„Sam hat Recht.“, merkte er auf dessen letzten Kommentar hin an und stellte die mitgebrachten Sachen schließlich auf der Theke ab.
 

Interessierte schaute er wieder zu Bucky, der sich seiner Aufgabe zuwandte und sich an dem ersten Krustentier versuchte. Es war einfacher als gedacht. Er ging automatisch in einen fokussierten Modus über, etwas das er als Routine empfand, sobald ihm eine Aufgabe zugeteilt wurde. Er wurde trainiert, effizient und schnell zu arbeiten.
 

„Na das nenn ich mal eine Küchenhilfe.“ Sam klang beeindruckt, während er ihm über die Schulter blickte. Bucky ging dem Impuls, seinen Kopf kurz zur Seite zu wenden nach und als er ihn wieder nach vorne richtete, fiel ihm auf, dass er noch immer von Steve beobachtet wurde. Dessen Wangen zierte ein seltsamer Rotton, als hätte er etwas hinter sich gebracht, das ihn angestrengt habe. Sein Blick richtete sich stumm auf Bucky Oberkörper. Steve schien in Gedanken verloren.
 

„Ist etwas nicht in Ordnung?“, erkundigte er sich argwöhnisch, was Steve ruckartig aus seiner Starre zu ziehen vermochte und er noch einen Hauch an Rot dazu gewann.
 

„Oh…uhm…nein alles ok. Nur etwas abgelenkt, irgendwie.“ Sein Lachen wirkte gekünstelt, als er sich über den Hinterkopf strich.
 

„Uhm, kann ich mit irgendetwas behilflich sein?“
 

„Kartoffeln.“ Sam stand mit dem Rücken zu Steve und zeigte zu seiner Linken, wo eine nicht grade unbeträchtliche Menge an Knollen auf ihre Bestimmung wartete.
 

Damit verschwand Steve aus Buckys Blickfeld, gefolgt vom Rauschen des Wassers hinter ihm.
 

*
 

Es war ein geschäftiger Tag im Tower gewesen und Bucky war froh, dass er nun etwas Ruhe gefunden hatte.
 

Zumindest was seine Umgebung anbelangte. Innerlich fühlte er sich erneut aufgewühlt.
 

Es waren keinen 20 Minuten vergangen, seit Steve ihn auf sein Bitten hin allein gelassen hatte und er sich seitdem ungewollt rastlos vorkam.
 

Für einen Moment schloss er seine Augen und konzentrierte sich auf diese innere Unruhe. Sie war ähnlich wie Nebel oder Rauch. Schwadenhaft und durchdringend in ihrer feinen Struktur. Nahezu ein Kontra zu diesem splitterartigen Druck in seinem Hinterkopf, der wie festgewachsen schien.
 

Es war ein beharrliches Wallen, solange er seine Gedanken anpasste. Dennoch mit nichts zu vergleichen, das er zuvor schon einmal in sich wahrgenommen hatte.
 

Zumindest nicht soweit, dass seine Erinnerung etwas damit hätte anfangen können.
 

Er konnte es einfach nicht entschlüsseln.
 

Das Einzige, was ersichtlich war, war das es einzig und allein auf Steve zu reagieren schien. Denn schon ein simpler Gedanke an ihn, vermochte es einen Wirbel durch diese grau-weiße Wand zu treiben, sie etwas zu zerstäuben. Und manchmal eröffnete sich ein Bruchteil eines Bildes für ihn, kam etwas Vertrautes zu ihm zurück. Manchmal jedoch brannte der Dunst nur in seinen Augen und ihm blieb nichts weiter übrig, als sie wieder zu schließen.
 

Es war ein auslaugender Prozess.
 

„Sergeant, Mr. Odinson hat nach ihnen gefragt. Soll ich ihn wissen lassen, wo sie sich aufhalten?“
 

„Mir egal.“
 

Bucky vernahm die Schritte, die sich ihm kurze Zeit später auf der Dachterrasse näherten ohne aufkommende Anspannung.
 

„Freund Barnes, es freut mich zu sehen, dass es euch gut zu gehen scheint und die Sorge um euren Kameraden Steven nicht weiter von Belang ist.“
 

Bucky schenkte der hünenhaften Gestalt von Thor und dessen Hand, die dieser ihm kurz freundschaftlich auf die Schulter gelegt hatte, nur flüchtig Beachtung, bevor er seinen Blick zurück auf das abendliche Szenario der Stadt richtete.
 

Thor war ein ungewöhnlicher Charakter, wie ein jeder, der sich hier in diesem Tower befand.
 

Er hatte sich erstaunlich schnell mit der Tatsache abgefunden, einem Halbgott zu begegnen, war zu dieser Zeit nur wichtig gewesen, Steve nicht an dieses Hydra-Gift zu verlieren.
 

Wenn er jetzt so darüber nachdachte, musste er wohl einen ziemlich wirren Eindruck bei dem Asen hinterlassen haben.
 

Thor und seine Freundin Dr. Foster waren ein Grund für Sams umfangreiches Kochspektakel, das sich fast über den kompletten Nachmittag erstreckt hatte. Der Anlass selbst war jedoch, dass Steve sich wieder vollkommen erholt hatte und damit auch die Hauptperson des Abends darstellte.
 

Die Aufgaben, mit denen man Bucky während der Vorbereitungen betraut hatte, waren eine willkommene Abwechslung gewesen und er hatte sogar etwas dazu gelernt.
 

Dennoch beteiligte er sich nicht am Abendessen, sondern zog es vor sich zu distanzieren. Niemand nahm es ihm übel. Steve hatte ihm zuvor schon eine üppige Portion auf sein Zimmer gebracht und ihm angeboten, dass er mit ihm gemeinsam essen könne. Aber er hatte es abgelehnt. Steve hatte verstehend genickt und versucht, seine Enttäuschung nicht durchblicken zu lassen. Und für einen winzigen Augenblick hatte er ihm diese Enttäuschung wieder nehmen wollen.
 

Stattdessen hatte er Steve gebeten, ihn allein zu lassen.
 

„Steven scheint etwas besorgt über euren Verbleib.“, hörte er Thor seine Feststellung wiedergeben, der sich nun neben ihm an die Balustrade lehnte und seinen Blick ebenso schweifen ließ.
 

„Er ist immer besorgt. Scheint nur dadurch zu funktionieren.“ Bucky zuckte in einer gleichgültigen Geste mit den Schultern. „Ist es denn nicht ein gutes Gefühl zu wissen, dass sich jemand die Zeit nimmt, sich um einen zu sorgen? Zu sehen, dass man ein Teil der Gedanken des anderen ist?“
 

Bucky gab ein unwillkürliches Schnaufen von sich über diese Worte.
 

„Es kümmert mich nicht. Seine Sorge besteht aus nichts weiter als Mitleid und Reue.“
 

Steve versuchte es oft genug unter einem zu strahlenden Lächeln zu verstecken, wenn er ihn ansah.
 

Ein Moment des Schweigens zog vorüber.
 

„Ihr Menschen seid ein seltsames Volk, mit so vielen Fehlern und Ungeschick. Aber selbst für ein Volk wie das meine, sind Emotionen ab und an ein schwieriges Hindernis. Mitleid und Reue sind große Gefühle, die mir selbst nicht fremd sind. Aber ich denke, es ist auch ein Zeichen von Stärke, zu diesen Regungen in der Lage zu sein. Der Captain ist ein guter Mann und Kämpfer. So wie ihr für ihn ein guter Freund und Kämpfer seid.“
 

Ein bitteres Auflachen war auf Thors Worte von Bucky zu hören.
 

„Nein, das hat nichts mit mir zu tun. Vielleicht in Bezug auf Bucky Barnes oder den Sergeant. Ich bin nichts. Nicht einmal eine komplette Person.“
 

Thor Hand fand ihren Weg wieder auf seine Schulter.
 

„Niemand hat das Recht, euch davon abhalten zu wollen, zu einer eigenen Person werden zu können. Eine zweite Chance muss nicht aus Schuldigkeit und Opferbereitschaft entstehen. Ich denke, Steven, versteht dies besser, als ihr ihm zutrauen wollt.“
 

***
 

Es gab ein Gefühl.
 

Oder die Erinnerung an ein Gefühl.
 

Manchmal wenn sein Geist seinem Körper eine Phase von kompletter Entspannung gewährte, klopfte es wie ein unerwarteter Gast an die Tür zu seinem Gedächtnis. Es erfüllte sein Wesen mit einem warmen Schimmer, schon allein nur, wenn er sich auf machte, ihm öffnen zu wollen. Doch bis jetzt war er stets zu spät, um es hereinbitten zu können und das Glimmen verschwand wieder in der Dunkelheit. Aber ein Stück der Wärme blieb jedes Mal zurück und heilte ein weiteres, winziges Stück seiner zerbrochenen Seele.
 

Wie ein Lächeln das in aquamarinfarbenen Augen leuchtete, wenn es ehrlich und unbefangen seinen Blick streifte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück