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We can never go home

Steve/Bucky
von

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Seit Stunden lag Steve schlaflos in seinem Bett und beobachtete die Schatten, die an der Decke seines Schlafzimmers entlang zogen. Auch wenn es sich um sein zu Hause handelte, fühlte er sich dennoch nicht heimischer als in einem der unzähligen Hotels, in denen sie die letzten Wochen zugebracht hatten.
 

Nach all den Ereignissen in DC hatte er das Bedürfnis nach einer vertrauten Umgebung gehabt und war zurück nach Brooklyn gezogen.
 

Er hatte sich für ein nicht zu großes Apartment in einem der neu sanierten Backsteinbauten entschieden, da zu viel Raum ihm stets das Gefühl gab, dass etwas, jemand fehlte.
 

Eineinhalb Monate.
 

Eineinhalb Monate waren seit dem Fiasko mit Hydra und den Helicarriern vergangen.
 

Dennoch hatte er das stete Gefühl, diese innere Unruhe nicht beheben zu können.
 

Sam und ihm war es einfach nicht möglich gewesen, etwas zu erreichen. Ihm auch nur ein geringes Stück an Hoffnung zu versprechen, den Winter Soldier…Bucky ausfindig machen zu können.
 

Seine Selbstheilungskräfte übertrafen die jedes normalen Menschen, und dennoch war für ihn zu viel Zeit verstrichen, bevor er das Krankenhaus wieder hatte verlassen können.
 

Jeder Tag, jede Stunde trug dazu bei, dass ihre Chance, ihm folgen zu können, sich wie Salz im Wasser auflöste.
 

Aber er war dankbar dafür gewesen, dass Sam in diesen Tagen seiner Regenerierung an seiner Seite verweilt hatte. Wohlauf und nur mit einem Rest an verheilenden Blessuren.
 

Sam war ihm auf seiner Mission gefolgt, wie er es versprochen hatte. Es gab kein Wenn und Aber für ihn, und Steve fühlte sich das erste Mal seit einer langen Zeit wieder mit jemanden ehrlich verbunden.
 

Sam war zu einem guten Freund geworden.
 

„Was gibt es für einen besseren Start für eine Zusammenarbeit, als gemeinsam fast in die Luft gesprengt zu werden?“, hatte er ihm damals mit einem breiten Grinsen mitgeteilt, und Steves reuevolle Entschuldigung, damit akzeptiert.
 

Trotzdem hatte er Sam wissen lassen, dass er verstehen würde, wenn er es sich noch einmal anders überlegen sollte. Captain America hatte sich nun auch in der neuen Welt genügend Feinde gemacht, und das damit verbundene Risiko für jeden, der ihn zu unterstützen gedachte, war rapide angestiegen.
 

Er wusste, dass Sam als Soldat, schon selbst genug negative Erfahrungen gemacht hatte, auch ohne das Auftauchen einer über 90-jährigen Freiheitsikone in seinem Leben.
 

Sam hatte sich dennoch nicht von seinem Angebot, ihm behilflich sein zu wollen, abbringen lassen.
 

Steve hatte die nicht unbegründeten Zweifel zu dieser Entscheidung ungeachtet dessen nicht einfach ausblenden können.
 

Sam war kein Gott, kein hart ausgebildeter Agent wie Natasha oder Clint. Er besaß keine Rüstung, die ihn vor Schlimmerem hätte bewahren können, oder die Eigenschaft, dem Tod zu trotzen, indem er sich in hunderte Kilo grüne, wütende Muskelmasse verwandelte.
 

Sam war kein Super-Soldat, und ohne seine Flügel musste auch er einfach auf das vertrauen, was ihm als Mensch und Kämpfer übrig blieb.
 

Dennoch war Sam stets voller Tatendrang und Optimismus, wie Steve es nur selten bei einem Soldaten erlebt hatte. Sam hatte ein unglaublich gutes Herz, und genau deshalb hatte dieser ihn nicht im Stich gelassen.
 

Er vertraute ihm.
 

Nicht als Captain America, sondern ihm als Steve Rogers, dem einfachen Jungen aus Brooklyn.
 

Steve wusste jedoch nur zu genau, was das letzte Mal geschah, als ihm jemand so offen vertraut hatte.
 

Was es ihm nicht einfacher machte.
 

Deshalb war es seine selbst auferlegte Pflicht geworden, keine fahrlässigen Fehler zuzulassen und keine unbedachten Entscheidungen zu treffen, damit sie allen unnötigen Unannehmlichkeiten weitestgehend aus dem Wege gehen würden.
 

Sam indessen schien seine Anspannung nur zu deutlich in jeder seiner Bewegungen gelesen zu haben. Somit hatte er es sich zum Ritual gemacht, ihn wenigstens einmal am Tag daran zu erinnern, dass er sich um ihn keine Gedanken machen sollte, da er schließlich selbst entschieden hatte, ihm zu folgen.
 

Sam mochte Recht haben, aber Steve ging es nicht nur um die Unberechenbarkeit des Winter Soldiers, sondern auch um die Rache von Hydras verbliebenen und garantiert rachedurstigen Köpfen.
 

Es gab noch immer genügend Hydra- Anhänger, die nichts mehr vorantreiben würde, als den endgültigen Tod von Captain America, nun, wo dieser daran Schuld trug, dass einer ihrer größten Coups als Schrotthaufen auf dem Boden des Potomac lag.
 

Und Steve zweifelte auch nicht daran, dass Hydra alles daran setzten würde, ihren Elite- Attentäter zurückholen zu wollen.
 

Er hoffte inständig, dass der Soldier nach ihrem Absturz nicht wieder von selbst zu ihnen zurückgekehrt war, da ihm ein einprogrammierter Zwang keine andere Wahl gelassen hatte.
 

Steve war sich zwar sicher, dass er auf dem Helicarrier zu ihm durchgedrungen war, aber er konnte nicht bestimmen, wie der Soldier im Nachhinein damit umgegangen war.
 

Vielleicht hatte der Soldier es schon längst wieder abgeschüttelt und als eine Fehlfunktion angesehen.
 

Der Gedanke daran ließ Steve unbewusst mit den Zähnen knirschen.
 

„Bucky.“ Es war nicht mehr als ein reumütiges Flüstern, das ihm über die Lippen kam. Allein der Klang dieses Namens wusste so viele Erinnerungen und Emotionen heraufzubeschwören, dass sein Herzschlag sich automatisch erhöhte.
 

Es war eine unanfechtbare Tatsache, dass Bucky ihm mehr wert war, als ein einfaches Leben oder die Akzeptanz der Leute, der Welt um ihn herum.
 

Er hatte Bucky damals nicht nur einmal gefragt, warum er zu ihm hielt, wenn alle anderen ihn als einen kränklichen Winzling abstempelten, der einfach nicht wusste, wann er aufzugeben hatte.
 

„Weil du ein sagenhafter Idiot bist, Rogers.“, hatte Bucky ihm stets mitgeteilt und ihm die Blutspuren aus dem Gesicht und von den Händen gewischt. „Aber du bist taff und mehr wert als all die Spinner, die etwas anderes von dir behaupten.“
 

Steve erinnerte sich noch genau an das Lächeln, das Bucky ihm daraufhin immer zur Aufmunterung geschenkt hatte.
 

„Irgendwann werde ich es ihnen zeigen.“, war seine selbstbewusste Antwort darauf gewesen, auch wenn Steve bewusst war, dass er wohl nie in der Lage sein würde, ihnen mit seinem zu schwachen Körper wirklich Paroli zu bieten. Aber wenn nicht damit, dann auf einem anderen Wege. Er wollte etwas aus seinem Leben machen. Sein Ziel war es, Bucky die Last von den Schultern zu nehmen, die er sich mit der Aufgabe, sich um ihn zu kümmern, auferlegt hatte. Er musste nur an sich glauben und alle Widerstände als eine Herausforderung betrachten. Wenn er nicht aufgab, dann konnte er auch etwas erreichen, hatte ihm seine Mutter stets gesagt. Ein Traum reiche schon aus, um den Weg in seine eigene Zukunft zu finden.
 

Er war nie dazu gekommen. Nicht nachdem der Krieg ausgebrochen war und sich dessen Klauen letztendlich auch in ihr Land geschlagen hatten.
 

Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Bucky den Entschluss gefasst hatte, nicht untätig zusehen zu wollen und sich für die Armee meldete. Und Steve hegte keinen Zweifel daran, dass er dort etwas aus sich machen würde. Bucky war clever, wenn er sich nur ausreichend motiviert sah. Bucky war geübt sich zu verteidigen und geschickt genug, um nicht nur Grobes handhaben zu können. Es bedurfte nur etwas Feinschliff und eine Menge Geduld, was dessen Eigenheiten anbelangte.
 

Und Steve war stolz auf ihn gewesen, als er ihm in einem Brief von seiner ersten Beförderung berichtet hatte.
 

Ohne Bucky war es nicht einfacher für ihn geworden, aber er hielt durch, so wie er es immer getan hatte. Er verdiente sich etwas Geld, indem er kleinere Artikel oder Anzeigen für eine Zeitung verfasste. Es war ihre Nachbarin Mrs. Ellen gewesen, die ihn dazu ermutigt hatte, auch sein künstlerisches Talent zu nutzen, nachdem er ihr und ihrem Mann eine selbstgestaltete Karte zu ihrem 25. Hochzeitstag überreicht hatte.
 

Es war nicht viel, was dabei heraus kam, aber dennoch ein Beitrag. Er schämte sich schon genug, dass Bucky Miete und Strom bezahlte, obwohl er nur noch bedingt zu Hause war.
 

Es war ein frostiger Samstagmorgen im Januar 43`, das wusste Steve noch genau. Er war auf dem Weg zur Druckerei, als er Mr. Kirschbaum von Gegenüber zu seiner Frau sagen hörte, dass der junge Barnes wohl auch bald eingezogen werden würde, sollte sich die Lage an der Front nicht bald ändern.
 

Es war an diesem Tag im Januar gewesen, an dem Steve beschlossen hatte, sein Ziel zu ändern.
 

Er wollte mit Bucky gemeinsam in den Krieg ziehen, sollte es keine andere Wahl mehr geben.
 

Bucky war die wichtigste Person in seinem Leben und alles, was einer Familie noch gleich kam.
 

Er wollte nicht weiter nur ein unbrauchbarer Teil dieser Gesellschaft sein.
 

Er wollte etwas tun.
 

Etwas Nützliches.
 

Ihm war egal, wie oft man über seinen Entschluss auch lachen mochte.
 

Bucky hatte ihn nicht nach dem Grund für sein Bestreben, ebenso an die Front gelangen zu wollen, gefragt. Steve hatte es ihm dennoch erklärt, da er das Gefühl nicht losgeworden war, dass Bucky ihn womöglich gar nicht ernst nahm.
 

„Verdammt Steve!“ Bucky war nicht müde geworden, es ihm wieder ausreden zu wollen.
 

Dennoch. Der Gedanke, Bucky womöglich nie wiederzusehen, am Ende nie zu wissen, was mit diesem passiert war, war schlimmer, als sich selbst in einem Gefecht zu sehen. Er war nicht naiv und ihm war bewusst, welcher Horror in einem Krieg auf einen lauern konnte. Aber Bucky war es ihm wert. Er und der Wunsch, das kleine Stück an Glück, das ihm sein sonst so beschwerliches Leben mit Buckys Freundschaft geschenkt hatte, nicht tatenlos ziehen lassen zu müssen.
 

Umso mehr erstickte ihn die Schuld, dass er Bucky trotz aller edlen Vorsätze nicht hatte retten können.
 

Selbst siebzig Jahre eisiger, metaphysischer Dunkelheit hatten dieses Gefühl nicht zum Zerbrechen gebracht.
 

Die Vergangenheit kroch durch den stumpfen Frost in seine Träume und füllte sie mit Tod und Enttäuschung über sich selbst.
 

Das injizierte Emblem des Captain America hatte versagt, und die Wut darüber war noch immer so gegenwärtig.
 

Bucky war zurück, aber der Schmerz blieb bestehen.
 

Seit dem Wiedererkennen auf der Brücke war kein Tag vergangen, an dem ihn diese Machtlosigkeit nicht zu umspannen gewusst hatte. Ein bekannter Gedanke hatte sich seitdem erneut mit seiner Reue vermengt.
 

Er hätte Bucky damals in die Tiefe folgen sollen. Vielleicht hätte eine Chance bestanden, ihn vor seinem jetzigen Schicksal zu bewahren.
 

Stattdessen hatte ihn der Schock zurückgehalten, bis jede Option zu spät erschien.
 

Aber egal, wie man es auch drehen und wenden mochte, am Ende war es seine Schuld gewesen.
 

Nur ein paar Sekunden eher, einen Schritt schneller, und er hätte Bucky vielleicht noch erwischt.
 

Peggy hatte ihm damals gesagt, er solle sich keine Vorwürfe machen, sondern Buckys Entschluss, ihm gefolgt zu sein, anerkennen. Sie war sich sicher, Bucky hatte es nie bereut.
 

Steve hatte Peggy geschätzt. Sie war die erste Frau, für die er wirklich etwas Ehrliches empfunden hatte. Und vielleicht wäre sie seine Frau fürs Leben geworden, wenn…
 

Die Jahre im Eis waren an ihm vorbeigezogen, während die Welt sich in einem ständigen Wandel befand, bis nichts mehr weiter übrig blieb, als die Namen seiner ehemaligen Kameraden in den heroischen Annalen eines weltumfassenden Krieges. Und seine einst so großen Ideale schienen nur noch stumme Lippenbekenntnisse müde belächelter Fantasten zu sein.
 

Peggy war noch immer in dieser Welt. Sie hatte sich auch ohne ihn ein Leben aufgebaut, und er trug es ihr nicht einen Augenblick lang nach. Er war sogar erleichtert. Es hätte ihn nur noch mehr geschmerzt, hätte er erfahren müssen, dass sie nach seinem Tod nicht mehr die starke und selbstsichere Frau gewesen wäre, die er kennengelernt hatte.
 

Er wünschte sich nur, dass auch Bucky diese Chance bekommen hätte. Er wusste, dass dieser, trotz aller widrigen Umstände, denen sie sich in diesem Krieg zu stellen hatten, Pläne für eine Zukunft nach dem Soldatenleben mit sich herum getragen hatte. Denen er aber letztendlich nie folgen konnte.
 

Bucky war am Leben, aber zu welchem Preis?
 

Steve wusste, dass, sollten sie sich erneut in einem erbitterten Kampf gegenüberstehen, er genauso wie das letzte Mal handeln würde, auch wenn er davon ausgehen musste, dass Bucky nach einer erneuten Gehirnwäsche wirklich nur noch ein emotionsloser Killer mit einer Mission war.
 

Steve spürte, wie ihm über all diese Gedanken der Kopf zu schmerzen begann. Selbst ein Super-Soldat war gegen psychischen Stress nicht gefeit, weshalb er schließlich wieder aufstand und sich in seine Küche begab.
 

Mit einer Flasche Wasser setzte er sich auf seine Couch und schaltete den Fernseher an, um sich etwas von dem Gedankenwirbel in seinem Kopf abzulenken.
 

Eine Stunde später und er schaute einem Rudel Wölfe dabei zu, wie sie durch die schneeüberzogenen Wälder Alaskas zogen, auf der Suche nach Beute.
 

„Diese Kälte ist überhaupt nicht gut für meinen Teint.“
 

„Mit einem ordentlichen Bartwuchs, bräuchtest du jetzt nicht zu jammern. Aber tröste dich, Asia-Boy, der Rest hier bekommt auch nicht mehr Flaum im Gesicht als du. Ich sag es ja, nur echte Kerle haben imposante Bärte.“
 

Ducans Grinsen war breiter, als gesund erschien, als er sich durch seinen vollen rotblonden Bart strich, während er vom Rest seiner durchgefrorenen Kameraden mit skeptischen Mienen bedacht wurde.
 

„Ich glaube nicht, dass Captain America mit Vollbart so gut bei den Ladys ankommen würde.“, stellte Bucky mit erheitertem Unterton in der Stimme fest, während er Steve kumpelhaft auf die Schulter klopfte. Beide blickten sie nun ins vor ihnen befindliche Tal, das von einem winterlich weißen Nebel durchzogen wurde und ihnen die Sicht damit deutlich erschwerte.
 

„Das wäre doch deine Chance, Buck, wieder mehr bei den Damen glänzen zu können.“ Steve konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er daran zurückdachte, wie Peggy ihn trotz vollem Charme einfach so hatte stehen lassen.
 

„Glaubst du, du würdest einen Sturz aus dieser Höhe überleben, Captain?“ Ein eisiger Schauer, eisiger als es die frostige Winterluft zu bewirken im Stande gewesen wäre, durchrann Steve, als er Bucky diese Frage in einem beißenden Ton in sein Ohr flüstern hörte.
 

Und plötzlich war da nichts mehr, außer das aggressive Pfeifen von schneedurchsetztem Wind, der um ihn herum peitschte, während er krampfhaft versuchte, Buckys Gestalt ausfindig machen zu können.
 

„Steve…“ Es war Buckys Stimme, leise, aber von Panik durchzogen, nur war es ihm unmöglich, etwas auszumachen. Nicht einmal die Richtung, aus der Bucky unaufhörlich seinen Namen rief.
 

Er musste vorwärts, er musste Bucky finden, sagte ihm sein Instinkt doch nur zu deutlich, dass etwas nicht stimmte.
 

Aber wohin sollte er sich wenden? Es waren nicht mehr als drei, vier Schritte die er in das weiß-graue Rauschen, das ihn umgab getan hatte, als er den Halt unter den Füßen verlor und den folgenden Fall schon in seinen Eigenweiden spüren konnte. Doch noch bevor es ihm gelang, einen Laut des Entsetzens aus seinen Lungen zu pressen, packte ihn jemand fest am Handgelenk.
 

„Bucky…“ Sofort spürte Steve die Erleichterung in sich, als er in das Gesicht seines Freundes über ihm blickte, der ein seltsam ergebenes Lächeln auf seinen Lippen trug.
 

„…bis zum Schluss.“, hörte er die leisen Worte und erschrocken weiteten sich Steves Augen, als er es mit einem Male war, der sich über den Abgrund lehnte und Bucky ihn flehend anschaute, im Anblick dieser dramatischen Situation.
 

„Nicht loslassen!“ Die Panik, die Steve ergriff, war gleich einer Kugel, die man ihm direkt durch seine Brust geschossen hatte, denn egal wie sehr er versuchte, den Griff um Buckys Hand zu festigen, er rutschte ihm immer mehr aus seinen Fingern.
 

„Ich hätte dir nie folgen sollen.“ Der eiserne Griff, der sich abrupt um seinen Hals legte, ließ Steve hilflos nach Luft ringen, worauf er in die emotionslosen Augen des Winter Soldiers blickte, der den Druck auf seine Kehle beständig erhöhte.
 

„Sieh, was sie aus mir gemacht haben!“, zischte dieser verächtlich. „Es ist allein deine Schuld!“ Der Schlag, der ihn traf, ließ Steve benommen aus dem Halt der metallischen Hand rutschen, die sich nun schmerzhaft in seinen Haaren vergrub und ihn zwang, in das mitleidlose Gesicht eines Soldaten zu blicken, der einst sein bester Freund gewesen war.
 

„Ich habe auf dich gewartet, zwischen all den Steinen, in einem zerschmetterten Körper, der langsam von Eis und Schnee zerfressen wurde. Ich habe auf dich gewartet…“
 

Es war wie ein Mantra, das der Winter Soldier mit jedem folgenden Schlag hervorbrachte, und selbst als Steve seinen Unterkiefer brechen spürte, seine Kehle sich mit Blut füllte und sein Blick immer verschwommener wurde, war dies nicht der größte Schmerz, den er fühlte. Was ihm das Herz brach, waren diese Worte, so voller Wut und Verzweiflung, und das Brennen in seinen Augen ging nicht von den Schlägen aus, die auf ihn nieder gingen.
 

„Es tut mir…so leid, Bucky.“ Es war ihm kaum noch möglich, etwas hervorzubringen, war der Geschmack von Eisen derart lähmend und erstickend.
 

Und dann sah er das Feuer über sich, während er fiel, während sein Blick nicht von dem Gesicht des Winter Soldiers wich, bis er auf dem Wasser aufschlug.
 


 

Fahrig schreckte Steve aus seinem Schlaf auf, das hektische Pulsieren seinen Herzens in den Ohren.
 

Wieder einer dieser Träume.
 

Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal im Stande gewesen war, eine Nacht durchzuschlafen, oder länger als nur ein paar Stunden.
 

Sein Körper fühlte sich stets wie ausgebrannt an, erwachte er aus einem Alptraum. Auch jetzt fühlte er die frostige Nachwirkung, die sich über seine verschwitzte Haut zog, verbunden mit dem eigentümlichen Geruch von Eisen in seiner Nase.
 

Eine leichte Bewegung in seinem Augenwinkel lenkte seinen Blick zu einem der Fenster, wo die dünnen Vorhänge leicht in einer nächtlichen Herbstbrise wogten.
 

Er konnte sich nicht daran erinnern, es geöffnet zu haben. Ein Blick nach vorn zeigte, dass der Fernseher ebenso abgeschaltet war und nur das dimme Licht der Straßenbeleuchtung dem Raum ein wenig Licht spendete.
 

Seinem inneren Instinkt folgend, richtete sich Steve langsam und vorsichtig auf, konzentriert auf alles, was suspekt erscheinen konnte. Er betätigte den erreichten Lichtschalter, was das Zimmer jedoch nach wie vor in Zwielicht verharren ließ, und Steve wusste, dass etwas nicht stimmte.
 

Ein gezielter Griff zu seinem Schild, das an einer der Zwischenwände ruhte, und er steuerte das offene Fenster an.
 

Etwas befand sich auf dem weiß lackierten Holz des Rahmens und auch ohne, dass er direkt davor stand, wusste Steve, um was es sich handelte.
 

Blut.
 

Die Spuren zogen sich über das Fensterbrett, fanden sich auf dem Glas der Scheibe wieder, und es führte eine Spur direkt durch den Raum zur Couch hin.
 

Ein Blick an sich herab und Steve erkannte die fast schwarzen Flecken auf seinem grauen Shirt, die wohl auch den Grund dafür darstellten, dass er diesen metallischen Geruch nicht hatte abschütteln können.
 

Sie waren noch nicht getrocknet. Womöglich war wer auch immer noch in der Nähe. Das blecherne Scheppern einer der Mülltonnen ließ ihn wieder zum Fenster eilen, aus welchem er schließlich hinauskletterte, um daraufhin von der Feuertreppe aus in die Nacht und den Hinterhof zu spähen.
 

Etwas bewegte sich dort unten. Vielleicht war es nur ein streunender Hund oder ein Obdachloser auf der Suche nach etwas Verwertbaren. Dennoch wollte er sich Gewissheit verschaffen.
 

Sollte Hydra ihn hier ausfindig gemacht haben, wären weder er noch die anderen Bewohner in seinem Block sicher.
 

Nun, wo es SHIELD nicht mehr gab und somit auch die Überwachung seiner Umgebung nicht mehr gewährleistet war, galt es selbst doppelte Vorsicht zu zeigen.
 

Mit Bedacht und wachsamen Augen und Ohren, stieg er die Feuertreppe hinunter, welche unter seinen Bewegungen ein leises Knarren wiedergab, von dem er hoffte, dass es nicht zu offensichtlich wurde, dass jemand hinabkletterte. Vielleicht hätte er einfach springen sollen, aber selbst er konnte nicht genau ausmachen, auf was er womöglich landen würde, bei solch einer Aktion.
 

Die letzten drei Höhenmeter überwand er jedoch mit einem geschmeidigen Satz auf den nass schimmernden Asphalt der Gasse.
 

Es war still, bis auf das entfernte Tönen einer Polizeisirene. Behäbige Schwaden zogen sich durch die Seitenstraße, welche ab und an von einer Böe aufgewirbelt wurden und das Rascheln von tanzendem Laubwerk zu hören war, das sich an den Bordsteinen entlang trollte.
 

Auch wenn Steve nicht genau wusste, wohin er sich begeben sollte, so sagte ihm seine logische Intuition, dass eine sich verbergende Person ihren Vorteil in den Schatten der Straßen suchen würde, was Steve sich in Bewegung setzten ließ. Es gab genug schmale, lichtlose Gassen, und Steve versuchte jedes noch so ungewöhnliche Geräusch herauszufiltern, das ihm einen Hinweis geben könnte.
 

Die vorbeihuschende Silhouette einer Katze versetzte seine Sinne in Alarmbereitschaft, und erst, als er die Kälte der Straße in seinen Füßen deutlich wahrnahm, dachte er daran, dass er vielleicht hätte Schuhe anziehen sollen, bevor er sich in die Nacht begab. Aber Zeit schien ihm in dieser Angelegenheit knapp und kalte Füße würden Captain America schon nicht umbringen. Ein eigentümliches Geräusch, wie von Schritten auf scharfkantigem Mineral, drang über seine Gedanken an seine feinkalibrierten Ohren, was seine Aufmerksamkeit auf den Hintereingang eines verlassenen Gebäudes lenkte, dessen Tür nicht komplett verschlossen war. Es wäre auf jeden Fall ein Versteck, wenn man denn eines suchte. Fast lautlos schob er sich in das Gebäude hinein, nur um erneut festzustellen, dass es keine sonderlich gute Idee gewesen war, so überstürzt loszuziehen, merkte er wie das Glas der eingeworfenen Fenster nun unangenehm in seine Fußsohlen stach.
 

Er verkniff sich ein Murren, da er nicht riskieren wollte, dass man Notiz von ihm nahm, sollte er sich nicht allein hier drin aufhalten.
 

Steve näherte sich einer Holztreppe, von der er nicht sagen konnte, ob diese noch begehbar war oder ob sie seine Last aushalten würde. Doch bei genauerem Hinschauen erkannte er Fußspuren, welche sich im Staub und Schmutz der Verwitterung abzeichneten, und eine weitere Spur von Blut, die sich an der vergilbten Tapete des Treppenaufganges entlang zog. Es waren frische Spuren und diese Tatsache brachte Steves Körper dazu, sich anzuspannen und sein Schild noch etwas sicherer zu fassen. Am Ende war dies sogar eine Falle und er war wie geplant hineingelaufen, was nun viele Optionen nach sich ziehen konnte.
 

Tief atmete er durch, bevor er den ersten Schritt auf die erste Stufe setzte, die, wie zu erwarten, ein müdes Ächzen von sich gab.
 

Steve war sich sicher, dass er spätestens an der letzten Stufe davon ausgehen konnte, dass sein Nahen nicht unbemerkt geblieben war.
 

Vielleicht sollte er es auch einfach darauf ankommen lassen. Sollte es eine Falle sein wäre er nun so oder so hineingetappt und es ziemlich egal, ob man ihm in einem Flur oder auf der Treppe überraschte.
 

Demnach war der Moment, als er den ersten Stock erreichte und ein wuchtiger Hieb gegen sein noch rechtzeitig in Position gebrachtes Schild traf, nicht wirklich unerwartet und er sofort im Verteidigungsmodus.
 

Jedoch gefror sein angesetzter Gegenschlag auf halben Wege, als sein Angreifer plötzlich in die Knie ging und in ein gequältes Zischen und Knurren verfiel. Etwas aus dem Konzept gebracht über diese jähe Wende der Situation, doch immer noch auf der Hut vor etwaigen Tricks, verharrte Steve in etwas Abstand, ohne seinen Blick von der vor ihm befindlichen Gestalt zu nehmen.
 

Das schwere Atmen und das immer wieder folgende, ruckartige Kopfschütteln ließ annehmen, dass wirklich etwas mit ihm nicht stimmen mochte, als Steve mit einem Mal eine schwache Reflektion von stumpfen Licht ins Auge fiel, das von der linken Schulter seines Angreifers ausging. Und kaum, dass ihm bewusst geworden war, was diesem Schimmern zu Grunde lag, hastete er ungeachtet aller Konsequenzen nach vorn.
 

„Bu…“ Sein Ausruf erstarb auf halben Wege, als man ihn grob zurückstieß und eilig versuchte, sich von ihm zu entfernen, was aber nicht mehr als ein unkoordiniertes Taumeln darstellte, bevor er erneut zu Boden ging.
 

„Bucky…ich bin es, Steve.“ Der verzerrte Schrei, der darauf vom Soldier folgte und das krampfhafte Pressen der Hände auf seine Ohren, erfüllten Steve erneut mit dieser Hilflosigkeit, wie er sie damals auch auf dem Helicarrier verspürt hatte. Er hatte sich in den letzten Wochen so oft überlegt, was er tun und was er sagen könnte, sollten sie sich wiedersehen, aber nichts davon erschien momentan auch nur halbwegs angebracht.
 

Bucky war eindeutig in keiner guten Verfassung, doch ließ dieser es auch nicht zu, dass Steve ihm auch nur ansatzweise zu nahe kam, schlug und trat er mit dem letzten Rest an Kraft jede Annäherung vehement zurück.
 

„Bucky…“ Steve war eindeutig ratlos.
 

„HÖR AUF DIESEN NAMEN ZU SAGEN!“, fauchte er ihm hysterisch entgegen und kroch nur noch weiter weg und zurück in den Schatten.
 

„Lass mich dir helfen und ich verspreche dir, dass dir nichts passieren wird. Wir…“
 

Kurz stocke Steve der Atem, als er sich gewaltsam zu Boden befördert sah und er harsch mit dem Kopf auf den abgetretenen Dielen aufschlug.
 

„Ich habe auf dich gewartet.“, hörte Steve die verbitterten Worte, als man sich über ihn beugte und grob an seinen Shirt packte.
 

Ein Déjà-vu aus seinem Traum.
 

„Ich weiß…“ Es war ein leises Zugeständnis, dessen Last Steve erneut all die Dinge vor Augen führte, die er verschuldet hatte, und durch die andere am Ende so unglaublich leiden mussten.
 

Wenn er könnte, wenn es ihm möglich wäre, er würde so vieles anders machen, hätte er die Macht dazu, die Zeit zu überlisten.
 

„Ich weiß.“ Steves Stimme klang gebrochen, als er eine Hand ausstreckte und sie ohne Zögern an Buckys raue Wange legte, der fast keine Wärme inne wohnte.
 

Und für einen goldenen Moment, so schien es, besann sich der Teil in dem programmierten Soldaten darauf, was diese Geste zu bedeuten hatte. Was man als Mensch in der Lage war zu fühlen. Doch dann schien es ihn nur noch mehr in Rage zu versetzen, die schließliche Antwort darauf war, wütend zu zischen und eine metallene Fauste nur knapp an Steves Kopf vorbei in den morschen Holzboden zu schlagen, der widerstandlos nachgab.
 

„Verschwinde.“, wies er ihn in einem scharfen Ton an, bevor er sich wieder aufraffte und einige Schritte zurück strauchelte, um sich an einer Wand schließlich nach unten sinken zu lassen.
 

Nur ein Fragment Licht legte ein Stück der gebeugten Gestalt offen, als Steve sich ebenso wieder aufrichtete und die vorgebrachte Anweisung vehement ignorierte.
 

Vor ihm befand sich noch immer der Soldat, dem man außer Kälte nichts weiter zuschrieb, aber Steve war sich sicher, dass Bucky sich ebenfalls noch in diesem Körper befand, und genau deshalb würde er nicht aufgeben. Er würde ihm helfen, wieder an die Oberfläche vorzudringen, durch all das Eis und den Schnee, die sich über die letzten Jahrzehnte über ihn gelegt hatten.
 

„Lass mich dir helfen…bitte.“ Langsam trat er auf die schwer atmende Gestalt zu, deren Kopf kraftlos nach vorn hing, während ihre linke Hand sich stabilisierend um den rechten Arm geschlossen hatte. Jetzt, wo Steve durch das Licht von außen etwas mehr erkennen konnte, erfasste er auch die Verletzung an dem noch menschlichen Arm, von welchem ein beständiges Rinnsal an Blut hinab lief und stumm zu Boden tropfte.
 

„Bu…“ Es war ein Reflex, den er nicht einfach unterbinden konnte, doch besann er sich auf die Situation, und dass es besser wäre, mit Bedacht zu handeln, im Versuch, etwas erreichen zu wollen.
 

„Soldat“, sprach er sein Gegenüber an, immer im Blick, wie dieser reagieren würde, war er in diesen Zustand einem wilden und verletzten Tier gleich. Und vielleicht, so hoffte Steve, war dieser nur durch die Verletzung und die Verwirrung so abweisend und nicht, weil man ihm Abwehr ebenso einprogrammiert hatte.
 

„Ich werde dich von hier weg bringen. Ich werde mich um deine Verletzung kümmern, aber du musst mir eine Chance dazu geben.“ Die Worte, dass er ihm vertrauen sollte, lagen schwer auf seiner Zunge, war Vertrauen wohl das letzte, dass er verlangen konnte.
 

Ruhig ging Steve vor dem Soldier in die Hocke, immer darauf bedacht, dass dieser seine Bewegungen auch nachvollziehen konnte, um zu zeigen, dass er nichts zu befürchten haben brauchte.
 

„Lass uns gehen.“ Es war der Hauch einer Berührung an der Schulter des Soldiers, als dieser blitzschnell seine Hand nach vorn und an Steves Hals schnellen ließ, wo sich seine Finger schmerzhaft in die dort befindlichen Muskeln pressten.
 

„Du bist noch immer mein Auftrag.“ Der Blick des Soldiers war fixiert auf das leidlich verzogene Gesicht seines Opfers, ohne auch nur einen Funken an Emotion zu zeigen.
 

Und es zerrte wieder spürbar an Steves Herz, zu sehen, was man aus seinem besten Freund gemacht hatte.
 

„Wenn es das ist, was du willst, dann erledige ihn.“, presste Steve gequält hervor und löste die Hand, die im Versuch war, dem luftraubenden Druck entgegen zu wirken, von der Hand des Soldiers, die ihn in dieser Position hielt.
 

„Sollte es aber nur das sein, was Hydra will, dann werde ich alles tun, um dich wieder zur Vernunft zu bringen.“ Steve konnte ein Japsen nicht unterbinden, als sich der Druck der Hand um seinen Hals bei dem Namen Hydra nur noch mehr verstärkte.
 

Dennoch entging ihm das Zögern nicht, das sein Gegenüber zeigte, und sich nun auch ein deutlicher Zwiespalt über weiteres Handeln auf seinem Gesicht widerspiegelte.
 

Verärgert über sein Unvermögen, sich sein Zögern selbst erklären zu können, stieß der Soldier einen knurrenden Laut aus und fuhr sich angestrengt mit einer Hand durch seine halblangen Haare, an denen er grob zu ziehen begann, als könne ihn diese Geste wieder auf das Wesentliche fixieren.
 

Und weil er es nicht weiter mit ansehen konnte, schloss Steve seine Hand um die des Soldiers, in der Hoffnung, dieser Akt würde ihn davon abbringen, sich so hilflos vor seinen eigenen Gedanken zu fühlen.
 

Und tatsächlich hielt dieser in seinem Tun inne und schenkte Steve daraufhin ein derart verloren wirkendes Lächeln, dass dieser nicht anders konnte, als dessen Namen erneut über seine Lippen zu bringen.
 

Das Nächste, was er verfolgen konnte, war das sukzessive Zusammenfallen der harten Fassade eines Menschen, der anscheinend nichts mehr für sich greifbar empfand, da man ihm sämtliche Ziele, alle Routine und Richtungen genommen hatte, die ihn aufrecht hielten, ihn funktionieren ließen.
 

Ein Zucken mit dem Kopf, mit dem der Soldier anscheinend versuchte, seine Gedanken wieder sortieren zu können, unterbrach den Blickkontakt, und Steve konnte das angespannte Knirschen von Zähnen vernehmen.
 

Das Eis schien zu schmelzen, trug Stück für Stück die Hülle des Killers und Werkzeuges von Hydra ab und brachte allmählich wieder einen Menschen zum Vorschein. Bar und ohne Ahnung.
 

Und dann war da dieses leise Wimmern zu hören, und das Zittern, das den Soldier erfasste. Steve nutzte den schwächer werden Griff um seinen Hals, um die sich lösende Hand in die Seine zu nehmen und festzuhalten.
 

Aus zweierlei Gründen.
 

Erstens konnte er so besser verhindern, dass man ihn erneut anfiel und Zweitens, und hauptsächlich, weil er einfach auch die Tiefe einer solchen Berührung verdeutlichen wollte, während die andere Hand sich unter das Kinn des Mannes vor ihm schob und ihn dazu aufforderte, ihn wieder anzusehen.
 

Steve hatte mit sturer Gegenwehr gerechnet, doch durfte er feststellen, dass man ihn ohne weiteres gewähren ließ. Der Anblick, der sich ihm bot, ließ Schuldgefühle und Bedauern wie eisernen Regen auf ihn niedergehen.
 

Es gab nur wenige Situation in all den Jahren, die sie sich gekannt hatten, in welchen er dieses ihm so ungemein vertraute Gesicht mit solch einem verlorenen Ausdruck darauf gesehen hatte.
 

Doch am Ende waren sie stets mit ihm in Verbindung zu bringen. Er war der Grund, warum sich Bucky damals wie heute so ergeben fühlte, dass nichts mehr von seiner Souveränität übrig blieb.
 

Behutsam legte er seine Hände an dessen Wange und strich die fortlaufenden feuchten Spuren liebevoll zur Seite, während er selbst damit rang, nicht in Tränen auszubrechen, über all die Ungerechtigkeiten und Fehler, die zu all dem geführt hatten.
 

Ein ersticktes „Warum?“ drang daraufhin an seine Ohren, und Steve konnte nichts mehr dagegen tun, als er das Brennen in seinen Augen spürte, und den Mann vor sich in seine Arme zog. Einfach, weil er dessen vorwurfsvollem Gesicht nicht mehr standhalten konnte, und weil er selbst diesen Halt brauchte.
 

Er ahnte, worauf dieses „Warum“ hindeutete, und es gab einfach nichts, was er im Stande war, dazu zu sagen. Steve wusste, dass keine Worte ausdrucksstark genug wären, alles zu entschuldigen, um ihm zu vergeben. Dass keine reumütige Erklärung ihn von dieser Last, einen der wertvollsten und wichtigsten Menschen in seinem Leben im Stich gelassen zu haben, lossagen konnte.
 

Das Einzige, was er tun konnte, war zu retten, was noch möglich war. Sollte es gelingen, Bucky von den Einflüssen seiner zweiten ungewollten Identität wieder soweit trennen zu können, dass dieser im Stande wäre, ein Leben zu führen, das ihn sich als Menschen lebendig fühlen ließe, dann hätte sich sein Beharren, ihm helfen zu wollen, wenigstens ein Stück weit ausgezahlt. Und vielleicht würde Bucky ihm diesen egoistischen Zug verzeihen können, sich somit auch selbst von etwas Last zu befreien. Er würde auch akzeptieren, sollte Bucky ihn nicht mehr in seinem Leben haben wollen. Würde es diesem irgendwann wieder gut genug gehen, um sich endlich wieder auf sich selbst zu konzentrieren. Er würde alles tun, wenn es bedeuten würde, dass Bucky wieder so etwas wie einen eigenen Lebenswillen empfinden könnte.
 

Aber dazu galt es, erst einmal einen Anfang zu finden. Und diese ihm hier gegebene Chance wollte er auf keinen Fall ungenutzt lassen.
 

„Lass mich dir helfen.“, wiederholte er seine Bitte erneut.
 

Steve war so eingenommen von der vorherrschenden Situation und seinem Wunsch, das Richtige tun zu wollen, dass ihm entgangen war, dass sein Gegenüber keine Regung mehr zeigte, weder physisch noch akustisch.
 

Rasch schob er sich ein Stück zurück, jedoch ohne den Halt vom Soldier zu lösen. Dessen Körper zeigte kein Anzeichen mehr von Anspannung, noch von Widerstand, was Steve sofort besorgt dessen Puls fühlen ließ. Ein zu schwaches Schlagen war unter dessen Haut zu spüren, und Steve konnte sich vorstellen, dass die letzten Wochen für den Soldier ungemein anstrengend gewesen sein mussten. So, wie es aussah, war er doch einfach verschwunden, nachdem sie den Absturz des Helicarriers überlebt hatten und, so Steves schwache oder auch nur illusorische Erinnerung, dieser ihn aus dem Wasser und ans Ufer geschleppt hatte.
 

Warum hätte der Soldier so etwas tun sollen, wenn nicht ein winziger Teil wusste, dass es das einzig Richtige war, weil…
 

Weil sie noch immer etwas verband, egal, wie viele Jahre schon verstrichen waren, und egal, wie rigoros man versucht hatte, ihn von seiner einst menschlichen Seite abzuspalten.
 

Steve nutzte die sich gebende Gelegenheit und nahm den Soldier hoch, sodass er ihn zurück in sein Apartment tragen könnte. Es mochte nicht die idealste Lösung sein, das war ihm durchaus bewusst, aber es war vorerst die beste Variante, um einen Anfang machen zu können.



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