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KuroTsuki | BokuAka
von

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Regret & Forgiveness.

Tsukki P.O.V
 

„Liebst du ihn?“
 

Akiterus Frage hatte sich wie ein widerlicher kleiner Parasit, den Weg in sein Gehörgang gesucht und sich anschließend tief in sein Gehirn eingenistet.
 

Auf der Suche nach der Wahrheit.
 

Ironischerweise kannte noch nicht einmal Tsukishima selbst die Antwort darauf. Natürlich hätte er am liebsten die Frage seines Bruders sofort verneint, jedoch widerstrebte es ein Großteil seines Inneren, diese Worte laut auszusprechen.
 

Zugegeben: Er konnte nicht leugnen, dass er in der Vergangenheit für Nekomas Kapitän ein gewisses Interesse gehabt hatte. Vielleicht waren damals sogar tatsächlich Gefühle im Spiel gewesen, aber Liebe?
 

Urgh...alles bloß das nicht!
 

Tsukishima bekam bei dem L-Wort das Kotzen. Es war nichts Persönliches, schließlich gönnte er ja auch seinem Bruder dessen Liebesglück mit Saeko. Oder Akaashis mit Bokuto. Das Problem lag vielmehr darin, dass er mit dem Begriff Liebe absolut nichts anfangen konnte. Für ihn bedeutete dieses Wort nichts weiter, als pure Abhängig - und Anhänglichkeit.
 

Andererseits...
 

Wieso raste dann sein Herz mit steigender Tendenz nach oben, wenn er auch nur seinen Namen hörte?
 

Sein Herz begann unermüdlich gegen seinen Brustkorb zu pochen. Krampfhaft hielt er seine rechte Hand an seine linke Brust fest und versuchte so, den stechenden Schmerz darin zu lindern. Unbewusst biss er sich auf die Unterlippe und konnte leicht den metallischen Geschmack von Blut schmecken.
 

Wie konnte ihn nur ein simpler Satz dermaßen aus dem Konzept bringen?
 

„Alles okay bei dir?“ Besorgt sah ihn Akiteru an und seufzte resigniert auf. „Du musst mir darauf keine Antwort geben, wenn du es nicht möchtest.“
 

Verneinend bewegte Tsukishima seinen Kopf, vermied allerdings nach wie vor den Blickkontakt mit ihm. „Das ist es nicht...es ist nur...etwas kompliziert. Es könnte durchaus sein, dass du mich nach unserem Gespräch nicht mehr so ansehen wirst, wie bisher.“
 

Verblüfft über die Aussage seines jüngeren Bruders, weiteten sich seine Iriden und schluckte hörbar den dicken Kloß in seinem Hals herunter. Konnte die Anspannung spüren, die seinen Körper drohte einzunehmen.
 

„Was meinst du damit? Wieso sollte ich dich mit anderen Augen sehen? Du bist doch schließlich mein Bruder.“
 

Ein verbittertes Lächeln zierte die Mundwinkel des Middleblockers. Er schloss für einen kurzen Moment die Augen.
 

Ja...ein „toller“ Bruder, der seinem älteren Bruder nichts als Sorgen bereitete und nicht einmal offen mit ihm reden konnte. Er war doch nichts weiter, als eine Witzfigur.
 

Langsam schielte er zu seiner Rechten und zum ersten Mal seit sie im Auto saßen, sah er Akiteru direkt von Angesicht zu Angesicht an. Er konnte die Besorgnis in seinen Augen deutlich herauslesen. Allerdings konnte er noch etwas anderes in ihnen erkennen:
 

Enttäuschung und Traurigkeit.
 

Es war keines Falls in seiner Absicht gewesen, seinem Bruder zu Misstrauen. Doch die Chance, dass er auf seine Antwort hin, womöglich alles Andere als angetan reagieren könnte, war nicht abwegig.
 

Tsukishima erwartete keines Weges, dass er diesbezüglich ausrasten würde. Dafür waren sie beide einfach nicht der Typ dafür.
 

Verdammt, wieso musste alles so kompliziert sein?
 

Seine Lider sanken wieder nach unten und verlor somit wieder den Blickkontakt zu ihm.
 

Bei dem, was jetzt kommen würde, würde er ihm definitiv nicht in die Augen sehen können...
 

„Ich weiß es nicht“, antwortete er beinahe flüsternd und spannte sämtliche Muskeln an seinem Körper an. „Fakt ist jedoch, dass Kuroo-san...dass er...-“
 

Was genau eigentlich? Anziehend ist? Sich stets wie ein störrisches Kleinkind benimmt? Der erste Mensch war, der ihm auf einer bisher unerklärlichen Ebene etwas bedeutet hatte?
 

Und dann passierte etwas, womit er nie im Leben gerechnet hätte. Etwas, was seine analytischen und strategischen Gedankengänge im Normalfall niemals erlaubt hätten. Allerdings handelte es sich hierbei nicht um den Normalfall. Also ließ er einfach die Bombe platzen und erzählte seinem Bruder alles.
 

Seine gemeinsame Geschichte mit Kuroo.
 

Die pikanten Details ließ er selbstverständlich aus. In einem derartig benommenen Zustand befand er sich zum Glück noch nicht.
 

Während seiner Erzählung, starrte er weiterhin vor sich hin. Konnte Akiterus intensiven Blick auf sich spüren und hatte sogar insgeheim die Befürchtung gehabt, dass sein Bruder jeden Augenblick vor schockierender Informationsflut zusammenklappen könnte.
 

Endlich hatte sich Tsukishima ihm geöffnet und er merkte, wie die Anspannung langsam nachließ und in ihm ein Gefühl der Befreiung auslöste. Es war alles gesagt, was es zwischen ihnen zu sagen gab.
 

Jetzt lag es an dem Studenten, sich zu entscheiden, wie er mit der kompletten Situation umgehen würde.
 

Der Ältere schwieg jedoch und machte keine Anstalten etwas zu sagen. Im Auto herrschte beängstigende Stille. Tsukishima konnte seinen eigenen Atem sehen und spürte, wie die Nervosität langsam drohte zurückzukehren.
 

Wieso verdammt nochmal sagte sein Bruder nichts?
 

Mit einer gewissen Vorsicht hob er seine Lider an. Wusste nicht, was genau ihn erwarten würde. Als sich ihre Blicke trafen, konnte er erkennen, dass Akiteru noch immer die selbe Intensität in seinen Augen hatte. Ein kurzer Blick auf das Lenkrad verriet ihm, dass sein Bruder sich scheinbar zu sehr auf das Gespräch fokussiert und überhaupt nicht realisiert hatte, wie sich seine Finger tief in das Leder gebohrt hatten.
 

Es vergingen weitere Minuten und langsam drohte sein Pokerface aufzufliegen. Er stand kurz davor, seine gesamten Lasten der letzten Wochen und Monate, in einem Schrei herauszulassen. Allerdings kam ihm Akiteru zuvor, indem er scharf die Luft einsog und sich in seinem Ledersitz zurücklehnte. Den Blick betrübt aus dem Fenster gerichtet hatte, gefolgt von einem traurigen Lächeln.
 

Gleich war es soweit...er würde irgendetwas Enttäuschendes aussprechen und...-
 

„Puh...Kei...du hast eine ganz schön große Geheimniskrämerei darum gemacht, nicht wahr?“, fragte er den Middleblocker und sah ihn wieder an. „Ich möchte mir nicht im Entferntesten vorstellen, auf wie viele Nächte Schlaf du bereits verzichten musstest, weil es dich so sehr beschäftigt hat.“
 

Was zum...? Mehr hatte er nicht zu sagen?
 

Verständnislos sah ihn Tsukishima an und versuchte ihn zu verstehen. Je mehr er jedoch darüber nachdachte, desto weniger ergab das Verhalten seines Bruders einen Sinn. Er hatte mit großem Unbehagen oder Überforderung gerechnet.
 

Aber definitiv nicht mit Mitgefühl oder gar Akzeptanz.
 

„Warum...warum zeigst du so viel Verständnis dafür? Ich verstehe es nicht“, murmelte der blonde Middleblocker und faltete seine Hände auf seinen Schoß.
 

Nachdenklich tippte Akiteru auf sein Kinn. Wollte ihm seine Reaktion so gut wie nur möglich erklären. „Weil daran nichts verwerfliches ist, Kei. Das Wichtigste für mich ist, dass du glücklich bist. Mehr nicht.“
 

Eine schwere Last war soeben von ihm genommen und durch ein befreiendes Gefühl der Erleichterung ersetzt worden. Auch wenn er es nicht äußerlich zeigte, war er insgeheim froh darüber, dass ihn sein älterer Bruder nicht von sich gestoßen hatte.
 

„Danke...Nii-san.“
 

Zwei simple Wörter und doch bedeuteten sie Akiteru so viel. Viel mehr, als auf dem ersten Blick zu erahnen war. Lächelnd drehte er sich zu seinem jüngeren Bruder um und hob den Daumen nach oben.
 

Wie hatte er nur so dumm sein und an ihm zweifeln können?
 

In diesem Moment fühlte sich Tsukishima seinem Bruder näher verbunden, als jemals zuvor.
 

* *
 

Kuroo P.O.V
 

So eine verdammte Scheiße!
 

Frustriert schleuderte er seine Sporttasche in die nächste Ecke des Raumes und fiel rücklings auf sein Bett. Holte aus seiner Jackentasche einen weißen Briefumschlag heraus und hielt ihn nach oben. Starrte anschließend wie hypnotisiert auf das kleine Kuvert in seinen Händen.
 

Tsukkis Brief.
 

Lange Zeit hatte er ihn nicht mehr zwischen seinen Fingern gehalten. Den Brief praktisch aus seinem Blickfeld verschwinden lassen. Aus seinem Leben verbannen, konnte er ihn hingegen nicht. Zu sehr hängte er an diesem Stück Papier. Bis auf die Erinnerungen ihrer gemeinsamen Zeit, war es das Letzte, was ihm noch von seinem Kouhai noch übrig geblieben war.
 

Nachdenklich fuhr er sich über seine schwarze Mähne und versuchte nicht sentimental zu werden. Sein Vorhaben gestaltete sich allerdings schwieriger, als gedacht.
 

Tsukkis Zusammenbruch. Die Ansage dieses Sommersprossen-Grünschnabels. Und schließlich die Auseinandersetzung zwischen Bokuto und ihm. Das alles hatte ihm nur eines verdeutlicht:
 

Er hätte es niemals soweit kommen lassen dürfen.
 

Schuldbewusst kniff Kuroo seine Augen fest zusammen und realisierte erst in diesem Augenblick, was sein abstoßendes Verhalten eigentlich angerichtet hatte.
 

Er war nichts weiter, als eine absolute Pfeife.
 

Als Kapitän Nekomas behielt er stets den Überblick und vertraute auf sein Bauchgefühl. Handelte dementsprechend und konnte sich darüber nicht beschweren.
 

Nur...
 

Sobald es um das Thema Tsukki ging, schaltete sich urplötzlich sein Verstand ein und wollte ein Wörtchen mitreden. Ihn vor Ablehnung und Schmerz beschützen.
 

Ihn vor weiteren Schaden bewahren.
 

Je weiter er sich jedoch von ihm versuchte zu distanzieren, desto größer wurde die Sehnsucht nach ihm. Schlimmer wurde es dann, wenn er seine Lider schloss und Tsukki vor seinem geistigen Auge erblickte.
 

Womit hatte er diese Folter nur verdient?
 

Gerade als Kuroo drohte weiter in Selbstmitleid zu baden, öffnete sich die Tür und Kenma betrat lustlos das Zimmer. Er sah kurz zu ihm rüber und schenkte ihm seinerseits einen gleichgültigen Blick. Seine Augen wirkten desinteressiert und es schien beinahe so, als ob ihn seine Anwesenheit nicht besonders erfreuen würde.
 

Skeptisch hob der Schwarzhaarige eine Augenbraue nach oben und machte noch nicht einmal Anstalten, den Brief vor ihm zu verstecken.
 

Was war denn mit Kenma los?
 

Schweigend tapste der Jüngere zu seinem Bett und legte seinen Rucksack ab. Hatte Kuroo den Rücken zugewandt. Trotzdem erkannte dieser, dass der Setter alles andere als entspannt wirkte. Seine Behauptung bestätigte sich beinahe automatisch, als Kenma sein Handy achtlos auf das Bett warf und sich seine Körperhaltung anspannte.
 

„Wie lange willst du eigentlich noch dieses Affentheater durchziehen?“ Kenmas Mimik blieb unverändert, doch als er sein Gesicht zu Kuroo wandte, konnte er die aufkeimende Wut in seinen Augen lesen.
 

Wenn er in diesem Ton mit ihm sprach, bedeutete es meistens nichts Gutes für ihn. Jedoch konnte er sich nicht erklären, was genau Kenmas Problem war. Und dieses galt es herauszufinden.
 

„Willst du mir vielleicht erklären, was zum Teufel dein Problem ist?“, feuerte er schonungslos zurück. Er konnte eine Diskussion mit ihm gerade überhaupt nicht gebrauchen. Nachgeben würde er deswegen aber sicherlich nicht.
 

Kenmas Stirn begann sich in Falten zu legen und seine Augen wurden zu Schlitzen. „Ist das denn nicht offensichtlich?“
 

So kannte er den Setter überhaupt nicht. Er schien heute auf unerklärliche Weise auf Provokation aus zu sein und das war eigentlich stets sein Job.
 

Also was zur Hölle war sein scheiß Problem?
 

„Scheinbar nicht offensichtlich genug für mich“, antwortete ihm Kuroo schnippisch zurück und musste alle Beherrschung aufbringen, seine Emotionen unter Kontrolle zu haben. Der Tag war für ihn schon anstrengend genug gewesen und musste wieder unweigerlich an Tsukki denken.
 

Wie es ihm wohl ging...?
 

Ein schmerzhafter Stich durchzog sich in seinem Herzen. Ihn im Krankenzimmer zurückgelassen zu haben, ohne Gewissheit über seinen Zustand zu besitzen, hatte ihm in der Seele wehgetan. Gleichzeitig wurde ihm dadurch aber auch bewusst, dass er unter diesem Kapitel einen Schlussstrich ziehen und alle ungeklärten Dinge ans Tageslicht bringen musste – so auch den Brief, der sich eisern zwischen seinen schlanken Fingern befand.
 

Unterdessen hatte Kenma scheinbar die Schnauze voll davon, dieses Katz- und Mausspiel länger aufrecht zu erhalten und rückte endlich mit der Sprache raus. „Du benimmst dich wie ein Vollidiot. Seit Karasunos Brillenschlange sich von dir getrennt hat, hast du dich zu deinem eigenen Nachteil verändert. Merkst du nicht, dass du dabei bist, alles zu verlieren?“
 

Erstaunt richtete sich Kuroo auf und blinzelte ihn ungläubig an. Noch nie hatte er seinen besten Freund so viele Sätze hintereinander reden gehört. Vor allen Dingen mit solch einer Intensität, die ihm eine Gänsehaut verlieh. Es war beinahe so, als ob Kenma zum ersten Mal, eine wirkliche Anteilnahme an seinem Leben haben wollte und sich offensichtlich um ihn sorgen machte. Auch wenn er es auf seine eigene verschrobene Weise zeigte.
 

Ein verbittertes Lächeln stahl sich auf seine Mundwinkel und er schloss für einen Moment die Augen.
 

Ja...
 

Ja, Kenma hatte absolut recht mit dem, was er sagte. Er stand tatsächlich so kurz davor, alle Menschen um ihn herum zu verlieren, die ihm wichtig waren. Insbesondere der Streit mit Bokuto setzte ihm gehörig zu.
 

Energisch schüttelte er den Kopf und seine schwarzen Haare fielen etwas nach vorne.
 

Dem Setter entging Kuroos Konflikt seiner Gedanken und Gefühle nicht und sah ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an. Ehe er ihn nach seinem Wohlbefinden fragen konnte, öffneten sich die Lider des Schwarzhaarigen und seine Iriden visierten ihn an. Ähnlich wie bei einem Panther, der seine Beute nicht aus den Augen ließ. Der Jüngere schluckte.
 

„Du hast recht. Ich habe ziemlich großen Mist gebaut und mich von meinem Ego leiten lassen. Dabei habe ich noch nicht einmal bemerkt wie ich euch, meine Freunde, verletzt habe. Gomen...“, entschuldigte sich Kuroo aufrichtig und platzierte seine Handflächen auf die Stirn. „Es ist nur...das ganze Thema mit...Tsukki...es...es ist...wieder hochgekommen.“
 

So offen hatte Kuroo schon lange nicht mehr mit ihm geredet, aber vielleicht war er endlich dazu bereit mit offenen Karten zu spielen.
 

„Du warst nie wirklich über diese Sache mit ihm hinweg, nicht wahr?“, vermutete der Blonde und deutete auf den Briefumschlag in seinen Händen. „Ist das der Brief von damals?“
 

Kuroo schwieg für einige Sekunden und warf wieder einen wehmütigen Blick auf das weiße Stück Papier in seinen Händen, ehe er seinen Kopf zur Bestätigung nickte. „Ich habe ihn vorher von Alisa abgeholt. Es hat mich eine menge Überwindung und einige Überzeugungen gekostet, aber schlussendlich hat sie ihn mir vorhin ausgehändigt. Deswegen sind wir vorhin ohne ein Wort zu sagen, ins Hotel zurückgekehrt. Sie war ganz schön überrascht, als ich sie darum gebeten habe.“
 

Es folgte eine Pause und Kenma versuchte die Informationsflut, die ihm soeben mitgeteilt wurde zu verarbeiten. Schon damals hatte er sich darüber gewundert, warum ausgerechnet Alisa den Brief aufbewahren sollte. Oder wieso er ihn nicht gleich vernichtet hatte. Je länger der Blonde darüber nachgedacht hatte, desto klarer war es ihm geworden:
 

Kuroo war in keiner einzigen Sekunde von Karasunos Middleblocker hinweggekommen.
 

Stumm richteten sich Kenmas Augen auf seine weißen Sneaker. Er konnte sich noch sehr gut daran erinnern, in welchem desolaten Zustand sich sein bester Freund nach der Trennung des blonden Middleblockers befunden hatte. Klar, zwischen ihm und diesem Tsukiyama oder wie auch immer Karasunos Nummer elf hieß, war etwas gelaufen.
 

Aber niemals im Leben hätte er damit gerechnet, dass Kuroo möglicherweise ernsthafte Gefühle mit ins Spiel bringen könnte.
 

Die Folgen waren verheerend gewesen.
 

Keiner von ihnen – weder er selbst, noch Akaashi oder Bokuto – hatten von der Trennung die geringste Ahnung gehabt. Kuroo hatte sich seinen Kummer keineswegs anmerken lassen und das Team wie zuvor mit vollem Tatendrang und Leidenschaft weitergeführt. Doch eines Tages begann seine Fassade zu zerbröckeln und seine Maske wie Staub zerfallen zu lassen.
 

Je näher das Turnier in Tokio rückte, desto näher rückte auch der Tag ihres Wiedersehens.
 

Vermutlich war der zusätzliche Druck des Trainings zu viel für ihn gewesen. Er konnte nicht mehr länger seine emotionale Balance aufrecht erhalten.
 

Und so geschah es eines Tages, dass Kuroo glaubte in einem unbeobachteten Moment zu sein und all sein Leid von den Wurzelspitzen seines Herzens herausschrie.
 

Zu diesem Zeitpunkt hatte Kenma zufälligerweise vor der Umkleidekabine gewartet und war mit der Situation völlig überfordert gewesen. In einer Kurzschlussreaktion hatte er eine Nachricht an Bokuto geschickt und ihn um seine Hilfe gebeten. Ohne Bokutos und Akaashis Hilfe hätte er womöglich an diesem Tag seinen besten Freund für immer verloren.
 

Nach diesem Ereignis war nichts weiteres mehr vorgefallen, worüber alle drei erleichtert aufgeatmet und beschlossen hatten, niemandem von dem Vorfall zu erzählen.
 

Erst durch die Verkündung ihres Trainers, dass sie nach Miyagi fahren würden, erkannte Kenma die Veränderung des Älteren. Er hatte noch nicht einmal mit der Wimper gezuckt, als der den Namen Karasuno gehört hatte.
 

Was ihm allerdings ein noch viel größeres Rätsel war:
 

Weshalb hatte Alisa überhaupt den Brief mit nach Miyagi mitgenommen? Inwiefern hatte die Sache mit Karasunos Middleblocker mit Levs Schwester zu tun?
 

„Kuro. Beantworte mir eine Frage – in welcher Verbindung stehst du zu Alisa?“
 

Keine Antwort.
 

Stattdessen spannte sich sein Kiefer an und verdeckte seine Augen mit beiden Händen vor der Stirn. Beinahe so, als ob er verhindern wollte, dass ihm Kenma direkt in die Augen blicken konnte.
 

„Okay, es ist so und zwar...“
 

* *
 

Tsukki P.O.V
 

Nachdenklich lag Tsukishima in seinem Bett und blickte zu seiner Zimmerdecke hinauf. Viele Gedanken rasten ihm durch den Kopf. Der Grund hierfür war das Gespräch mit seinem Bruder. Sie hatten noch eine ganze Weile im Auto gesessen und über alles Mögliche geredet gehabt.
 

Hauptthema ihrer Unterhaltung war nach wie vor jedoch sein Geständnis gewesen.
 

Akiteru hatte nicht verstanden, weshalb er nicht schon viel früher eingeweiht wurde und warum er ein großes Geheimnis um seine sexuelle Orientierung machte. Schließlich lebten sie im 21. Jahrhundert.
 

Doch es war leichter gesagt, als getan.
 

Ein Outing brachte nicht nur positive Reaktionen der Anderen mit sich. Bestes Beispiel war hierfür Yamaguchi, bei dem es in die Hose ging.
 

Wütend drehte er sich auf die Seite und musste unwillkürlich an die momentane Situation zwischen ihnen denken. Noch nie hatten sie für so lange Zeit, keinen Kontakt mehr miteinander gehabt. Es war ungewohnt ihn nicht um sich zu haben. Auch wenn Tsukishima es nicht zugab, war der Pinch-Server einer seiner wenigen Vertrauten.
 

Aber waren sie überhaupt noch Freunde?
 

Das plötzliche Klopfen an seiner Tür unterbrach seine verbitterten Gedanken. Ehe er den Eintritt in sein Zimmer gewähren konnte, betrat Akaashi bereits den Raum und schloss die Tür.
 

Seit wann war Akaashi wieder bei ihm Zuhause?
 

„Verzeih mir die Störung, Tsukishima-kun“, entschuldigte sich der Setter und stemmte die rechte Hand locker an seine Hüfte. „Ich wollte mich nach deinem Wohlbefinden erkundigen.“
 

Tsukishima begann sich aufrecht hinzusetzen und zuckte nichtssagend mit den Schultern. „Ganz okay...denke ich mal. Aber alleine deswegen bist du nicht hierher gekommen, oder?"
 

Schmunzelnd nahm Akaashi auf dem Stuhl platz und wirkte sichtlich entspannt.
 

„Das ist korrekt. Ich bin im Flur deinem Bruder über den Weg gelaufen. Er sah ziemlich zufrieden aus, im Vergleich zu davor. Ich habe zwar eine leise Ahnung wohin der Wind weht, aber ich würde es gerne von dir hören.“
 

Darum ging es also...
 

Tsukishima wusste es bereits seit ihrer ersten Begegnung in Tokio. Der Setter verfügte über eine unglaubliche Menschenkenntnis, sogar bei einer eher undurchschaubaren Person wie ihm. Was er anfangs vielleicht lästig oder gar argwöhnisch fand, empfand er jetzt definitiv als Vorteil. Es erleichterte ihm die Kommunikation mit Akaashi um einiges.
 

Und das sollte bei ihm als wortkarger Mensch etwas heißen.
 

„Uhm...ja. Ja, es war ganz okay...denke ich mal.“
 

Es war mehr als das und das wussten sie beide. Allerdings fiel es Tsukishima nach wie vor schwer, über seine Gefühle zu sprechen, auch wenn es sich hierbei um einen guten Freund handelte. Aber Akaashi verstand auch so, was er meinte und lächelte zufrieden. „Das hört sich doch gut an.“
 

Erstaunlicherweise war es das tatsächlich. Das Gespräch zwischen ihnen war für seinen älteren Bruder von mindestens so großer Bedeutung, wie für ihn selbst gewesen. Eventuell sogar mehr.
 

Jahrelang hatte Akiteru versucht ihr zertrümmertes Verhältnis wieder aufzubauen, nachdem er damals gelogen und sich selbst etwas vorgemacht hatte. Tsukishima war ihm deswegen niemals böse oder gar nachtragend gewesen. Konnte seine Beweggründe sogar nachvollziehen. Dennoch vermutete er stark, dass sich sein Bruder irgendwo die Schuld gab, dass seine Leidenschaft für Volleyball dermaßen abgekühlt war.
 

Der Sieg gegen Shiratorizawa war für ihn vermutlich ein Zeichen gewesen, dass sein jüngerer Bruder sich von der Vergangenheit gelöst und seinen eigenen Weg geebnet hatte.
 

Tch...das klang widerlich nach Poesie...
 

„Tsukishima-kun.“ Der Blonde verschwand aus seiner Gedankenwelt und bemerkte Akaashis Blick, der auf ihm ruhte. „Da gäbe es noch einen Grund, warum ich dich aufgesucht habe. Du würdest mir damit wirklich helfen.“
 

Verwundert sah ihn der Middleblocker durch seine Brille an und wartete ab. Lange musste er auch nicht warten.
 

„Auch wenn er es nicht zugibt, hat Koutarou-san sich vermutlich heute beim Spiel überanstrengt und dabei sein Knie etwas zu sehr belastet. Könntest du mir vielleicht ein Kühlpad geben, wenn das möglich wäre?“
 

Ohne auf die Frage zu antworten, stand Tsukishima von seinem Bett auf und verließ das Zimmer.
 

Wozu auch? Wenn Akaashi oder generell jemand ihn um eine derart simple Sache bat, wäre eine Antwort hierfür ziemlich überflüssig gewesen, oder?
 

Beim Hinuntergehen der Treppenstufen waren seine Augen auf den Boden gerichtet und auf jeden einzelnen Schritt bedacht.
 

Akaashis Fürsorge für seinen Freund hatte ihm wiedereinmal klar gemacht, wie sehr er beide insgeheim beneidete. Auf dem ersten Blick schien die Zuneigung stets von Bokuto auszugehen. Wenn man es aber genauer betrachtete, so kam sie genauso vom Setter zurück – eben nur diskreter und nicht auf direktem Wege.
 

„Hey...Tsukki.“
 

Abrupt hielt er inne und erstarrte. Sein Herz schlug zwei Takte schneller und er glaubte zu halluzinieren.
 

Diese Stimme...diese unverkennbare Stimme...das war doch nicht möglich, oder?
 

Etwas zögerlich richteten sich seine Lider nach vorne. Beim Anblick auf die Person vor sich, weiteten sich seine goldbraunen Iriden und alles in ihm begann sich zu drehen.
 

Die olivfarbenen Augen, die etwas schimmerten. Die dunklen Haare, die ihm etwas wirr abstanden. Die vielen Sommersprossen, die sein unverkennbares Markenzeichen waren – zumindest optisch gesehen.
 

Vor ihm stand niemand anderes, als Yamaguchi Tadashi.
 

* *
 

Was wollten sie ausgerechnet hier?
 

Mit etwas Abstand war Tsukishima ihm bis zum nahegelegenen Park ihres Viertels gefolgt. Auf dem Weg dorthin hatten sie kein einziges Wort miteinander ausgetauscht und auch jetzt schien es so, als ob sich ihr Schweigen weiter ausdehnen würde.
 

Er wäre niemals in diese kuriose Lage geraten, wenn Akaashi ihn nicht unter einem simplen Vorwand nach unten gelotst und damit auf Yamaguchi getroffen wäre. Natürlich hatte der Blonde sofort eins und eins zusammengezählt.
 

Kluger Schachzug, dass musste er Akaashi lassen...
 

Im Nachhinein betrachtet war der Plan von Fukurodanis Vizekapitän so offensichtlich gewesen und dennoch war er auf ihn hereingefallen.
 

Seine Intuition hatte stark nachgelassen...
 

Der erste Schritt, überhaupt ein Aufeinandertreffen zu zweit zu bewerkstelligen, war hiermit getan. Aber es gab noch ein viel größeres Hindernis zu bewältigen – nämlich erst eine Konversation zustande zu bringen.
 

Erst nach gefühlt hunderten von Stunden peinlichen Schweigens, hatte Yamaguchi seinen gesamten Mut zusammengenommen und es geschafft, ihn um ein Vier-Augen-Gespräch zu bitten. Der Middleblocker hatte allerdings nicht sofort eingewilligt und ihn weiterhin misstrauisch gemustert.
 

Nach all den Tagen tauchte er aus heiterem Himmel auf und wollte mit ihm reden?
 

Schließlich stimmte er einem Gespräch, unter der Bedingung nach draußen zu gehen, zu. Er wollte es auf keinen Fall riskieren, dass bestimmte Störenfriede – wie Bokuto oder sein Bruder – dazwischenfunkten. Yamaguchi hatte allem ohne zu zögern zugestimmt, ihn aber gebeten, ihm zu folgen.
 

Und so waren sie hier gelandet und standen mitten auf dem verlassenen Spielplatz des Parks. Umgeben von Schnee und Frost.
 

Warum zum Teufel wollte Yamaguchi hierhin?
 

„Gomen, Tsukki. Du hast dir extra die Mühe gemacht, um hierher zu kommen. Dabei solltest dich eigentlich schonen“, sprach der Pinch-Server besorgt. „Aber dieser Ort hier...erinnerst du dich noch? Hier sind wir uns zum ersten Mal begegnet.“
 

Tatsächlich, jetzt fiel es ihm wieder ein!
 

Tsukishima konnte sich noch grob daran erinnern, wie Yamaguchi von ein paar Jungs festgehalten und geärgert wurde. Er hatte irgendetwas zu ihnen gesagt und war seinen Weg weitergegangen. Einige Tage später war der Sommerspross aus heiterem Himmel in seiner Sporthalle aufgetaucht und hatte sich bei ihm für seine indirekte Hilfe bedankt. Als er auch noch seine coolen – eher gesagt Akiterus alten Sportschuhe – gesehen hatte, war es der Beginn einer ganz besonderen Freundschaft gewesen.
 

Doch wieso wollte er ausgerechnet jetzt an diesen Ort zurückkehren? Wollte Yamaguchi ihn etwa...?
 

„Weißt du...ich denke, dass der Abstand zwischen uns von Nöten gewesen war. Vor allen Dingen musste ich mir selbst einiges erst einmal klar werden, bevor ich dir gegenüber treten konnte.“
 

Yamaguchi drehte sich nun zu ihm um und sah ihn mit einem entschlossenen Blick an. Er konnte nicht sagen, was jetzt auf ihn zukommen würde.
 

„Gestern nach dem Spiel habe ich eine ziemlich heftige Diskussion zwischen Akaashi-san und Kuroo-san mitbekommen“, erklärte er weiter und biss sich auf die Unterlippe. „Und in diesem Gespräch ging es um dich.“
 

Erstaunt blinzelte Tsukishima und versuchte das Gesagte soeben zu realisieren.
 

Sie hatten sich gestritten? Seinetwegen? Aber wieso wusste er dann davon nichts?
 

Die Neuigkeit traf ihn wie der perfekte Schmetter eines Volleyballs – mitten ins Gesicht. Allmählich setzte sich das Puzzle zusammen und nun verstand er auch Akaashis abweisendes Verhalten vom Vortag. Tsukishima hatte zwar gespürt, dass etwas mit dem Setter nicht stimmte. Das Kuroo hinter seinem Missmut steckte, hätte er allerdings nicht vermutet.
 

Was er allerdings nach wie vor nicht verstand...
 

„Wieso erzählst du mir das überhaupt?“, wollte Tsukishima sogleich wissen und sah ihn misstrauisch an.
 

Obwohl der Pinch-Server mit dieser Frage gerechnet hatte, fiel es ihm nicht leicht, die Frage nach dem warum zu beantworten. Doch er hatte keine andere Wahl.
 

„Weil mich diese Szene zum Nachdenken angeregt hat“, antwortete Yamaguchi ehrlich und und sein Blick schweifte nach oben. „Nachdem Akaashi-san und Bokuto-san mich bemerkt hatten, gingen wir gemeinsam nach Hause. Du kannst dir sicherlich vorstellen, wie die Stimmung gewesen sein dürfte...aber dann hat Bokuto-san mir plötzlich eine Frage gestellt, mit der ich niemals gerechnet hätte.“
 

Überrascht hob Tsukishima beide Augenbrauen nach oben.
 

„Er fragte mich, ob ich tatsächlich auf dich oder in Wirklichkeit auf jemand ganz anderes wütend wäre. Ich muss zugeben, dass ich erst heute auf die Antwort gekommen bin.“
 

Diesmal sah ihn der Blonde stumm an. Brachte keinen Ton heraus.
 

Bokuto-san hatte mit ihm gesprochen? Wegen ihm? Aber zu dieser Zeit hatte er doch kein einziges Wort mit ihm geredet!
 

„Anfangs war ich wirklich von dir enttäuscht gewesen, weil du mir nichts von alldem erzählt hattest, was dich in letzter Zeit belastet hat...das du neue Freunde gefunden hattest, denen du scheinbar mehr vertrautest als mir, deinem besten Freund“, meinte Yamaguchi und lächelte traurig. „Aber als du heute umgekippt bist, habe ich gespürt, dass nicht du den Fehler begannen hattest...sondern ich.“
 

Tsukishima sagte nichts. Schwieg weiterhin eisern.
 

„Ich habe überhaupt nicht daran gedacht, wie belastend es für dich gewesen sein muss, mit kaum einem Menschen darüber gesprochen zu haben. Deine Tokioter-Freunde waren nicht hier und so blieb dir nichts anderes übrig, als dein Geheimnis vor deinen Teamkameraden...deiner Familie...und mir zu bewahren. Die Erkenntnis hat mich dazu gebracht Bokuto-san und Akaashi-san, auf dem heutigen Nachhauseweg abzupassen und ihnen meine neue Sicht auf die Dinge, die geschehen sind, zu erklären. Schließlich hatte sich Akaashi-san dazu bereit erklärt, mir zu helfen. Und allmählich verstehe ich auch, warum du ihnen so sehr vertraust.“
 

Wie aufs Stichwort verbeugte sich Yamaguchi vor seinem besten Freund. Seine gesamte Anspannung sprang dem Blonden förmlich ins Gesicht.
 

Was machte dieser Idiot denn da?
 

„Verzeih mir...bitte. Für alles, was ich dir angetan habe. Ich hoffe, du kannst mir eines Tages vergeben...“
 

Unfassbar.
 

Tsukishima kam nicht mehr aus dem Staunen heraus. Seine Augen waren auf die Größe von Walnüssen geweitet. Der Unglaube kroch durch seine Glieder.
 

Bis vor wenigen Augenblicken war der Brillenträger, der felsenfesten Überzeugung gewesen, dass alles seine Schuld gewesen war und er mit seinem Outing seinen besten Freund damit vergrault hatte.
 

Aber nun, da er Yamaguchis Sichtweise gehört hatte, verstand er umso einiges mehr und konnte seine Reaktion nachvollziehen.
 

Noch immer war die Situation für ihn so surreal.
 

Mit langsamen Schritten kam er dem Pinch-Server immer näher. Jeder Schritt, den er ging, ließ ihn klar werden, wie viel ihm eigentlich an seiner Freundschaft zu Yamaguchi lag. Wie sehr ihn dieser Anblick störte.
 

Wie sehr er sich wünschte, dass die Eiszeit zwischen ihnen niemals gewesen wäre.
 

Nun stand Tsukishima nur noch zwei Meter von ihm entfernt und konnte ihn leicht zittern sehen. Für den Jüngeren war es bestimmt eine große Herausforderung gewesen, angesichts ihres Streits, den ersten Schritt zu wagen.
 

Dafür verdiente er seine Anerkennung.
 

Er streckte vorsichtig seine Hand entgegen und strecke seine Fingerspitzen nach ihm aus. Bestimmt kniff Yamaguchi in diesem Moment die Augen fest zusammen. Kurz bevor er seine Haare berühren konnte, hielt er für einen Moment inne.
 

Zu einer Freundschaft gehörten immer zwei Personen. Genauso, wie zu einem Streit! Wenn er also dafür sorgen wollte, dass zwischen ihnen nichts mehr stand, musste er auch seine Fehler eingestehen.
 

„Es war nicht nur deine Schuld gewesen. Ich trage auch eine gewisse Mitschuld daran. Hätte ich dir von Anfang die ganze Sache anvertraut, wäre es nicht soweit gekommen.“
 

Damit hielt er ihm seine Hand entgegen.
 

Als Geste der Entschuldigung. Aber auch als Geste der Vergebung und eines Neuanfangs.
 

Zunächst hob Yamaguchi den Blick fragend nach oben. Sah zuerst seinen besten Freund und anschließend dessen ausgestreckte Hand an. Eine Mischung aus Unbehagen und Freude machte sich in ihm breit.
 

Schließlich erwiderte er nach kurzem Zögern dessen Hand und drückte sie fest. Dabei strahlte er überglücklich über das gesamte Gesicht. Und auch Tsukishima konnte sich bei dem Anblick ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen.
 

Über ihnen, am dunklen Himmelszelt, tauchte neben dem Mond, ein kleiner Stern auf und funkelte wunderschön.
 

So wie das Band der Freundschaft zwischen den beiden Erstklässlern.
 

* *
 

Kuroo P.O.V
 

Noch vor Sonnenaufgang hatte Kuroo seine Sportsachen zusammengepackt und das Hotel verlassen. Er – Kuroo Tetsurou – bekannt als Morgenmuffen und Erzfeind des Frühaufstehens.
 

Allerdings blieb ihm keine andere Wahl. Denn nach seinem gestrigen Gespräch mit Kenma, war ihm bewusst geworden, dass er vor der Wahrheit davon gelaufen war.
 

Die Rede war von seinen Gefühlen zu Tsukki.
 

Tief in seinem Inneren hatte er es schon die ganze Zeit gewusst. Das ihm Tsukki mehr bedeutete, als eine einfache Bettgeschichte oder Freundschaft plus...
 


 

Flashback
 

...umso erstaunlicher war es für ihn gewesen, als er damals in seinem Geburtstagspäckchen einen Brief gefunden hatte. Zuerst war er davon ausgegangen, dass es sich lediglich um eine einfache Geburtstagskarte von ihm handeln würde. Wobei es selbst für einen sonst so distanzierten Menschen, der bei solchen Anlässen einen großen Bogen darum machte, an ein Wunder grenzte, überhaupt etwas wie eine Karte geschrieben zu haben – geschweige denn ein Geschenk zu besorgen.
 

Er hatte jedoch schnell gemerkt, dass es sich bei dem Briefumschlag keines Wegs um eine simple Geburtstagskarte handeln konnte.
 

Doch welchen Anlass hätte es sonst geben sollen, dass sich Tsukki die Mühe machen würde, einen Brief zu verfassen?
 

Zunächst beschloss er keinen weiteren Gedanken daran zu verschwenden und ihn auch nicht darauf anzusprechen. Sich lediglich für das gemeinsame Geschenk für Bokuto und ihn zu bedanken.
 

Aber die Ungewissheit in ihm stieg immer weiter an. Selbst indirekte Fragen über Tsukki an den Chibi, als dieser für ein paar Tage zu Besuch bei Kenma war, hatten nichts gebracht.
 

Und dann breitete sich eines Abends urplötzlich ein unangenehmes Gefühl in ihm aus, welches Warnsignale durch seinen Körper sendete und seine inneren Alarmglocken schrillen ließ.
 

War er ihm etwa überdrüssig geworden?
 

Vorstellbar war es. Schließlich hatte Tsukki ihm nie gesagt, was er tatsächlich von ihm hielt oder für ihn fühlte.
 

Dieser Gedanke schmerzte wie eine offene Wunde in seiner Seele. Der Inhalt dieses Briefes könnte ihm mehr zusetzen, als vorher angenommen. Dem war sich Kuroo bewusst.
 

Also entschied er sich dafür, lieber im Ungewissen darüber zu bleiben und darauf keine Reaktion zu zeigen, als eine mögliche Angriffsfläche für seine Gefühle zu bieten.
 

Um welcher Art Gefühle es sich allerdings handelte, hatte er damals nicht gewusst.
 

War es der Verzicht auf guten Sex? Der Verlust eines guten Freundes? Oder vielleicht mehr?
 

Jedoch hatte ihn Tsukkis plötzlicher Kontaktabbruch die Chance genommen, es genauer herauszufinden. Denn eine unendliche Leere hatte sich danach breit gemacht und ihn einen Schmerz spüren lassen, der so bitter war, dass selbst ein Turnier mit einem verletztem Bein zu gewinnen, dagegen noch ein Klacks war.
 

So sehr er sich auch bemüht hatte, sich seinen stillen Kampf mit seinem gebrochenem Herzen nicht anmerken zu lassen, war er zum Schluss doch in der Umkleidekabine des Teams wie ein jammerndes Weichei in die Knie gesunken und hatte wie am Spieß geschrien.
 

Jedoch hatte dieser Zusammenbruch für ihn etwas Gutes gehabt. Seit jeher war für ihn Schluss mit diesem Theater. Er musste sich von der Vergangenheit losreißen und ihn vergessen. Doch dazu brauchte er die Hilfe eines Freundes. Jemand, der Tsukki nicht kannte und dieser Person gleichzeitig genug Vertrauen entgegenbrachte.
 

Yaku?
 

Ja, dass wäre tatsächlich eine Möglichkeit gewesen. Wenn es da nicht diesen Dauertollpatsch Lev gäbe.
 

Kuroo wusste nicht, ob sie eine heimliche Beziehung führten oder der Halbrusse einfach in diesem Gebiet ein Genie war. Alles, aber auch wirklich alles was Yaku wusste, bekam auch er früher oder später mit.
 

Insgeheim hatte Kuroo schon einmal mit dem Gedanken gespielt gehabt, dass Lev eventuell eine Wanze in das Handy des Liberos miteingebaut haben könnte. Allerdings fehlte ihm dazu einfach die notwendige Intelligenz dafür und so verwarf der Schwarzhaarige diesen Gedanken ganz schnell wieder.
 

Moment mal...wenn er schon an Lev dachte...wieso war er nicht gleich darauf gekommen!
 

Sie könnte ihm mit Sicherheit helfen...Alisa!
 

Das Risiko, dass Lev etwas bei ihr mitbekam, war ziemlich gering. Niemals würde er es wagen, seiner geliebten Schwester auf die Nerven zu gehen oder sie irgendetwas hinterfragen.
 

Zu diesem Zeitpunkt konnte er noch nicht ahnen, dass diese Entscheidung sein Leben prägen würde...
 

Flashback Ende
 

Die schmerzlichen Erinnerungen bohrten sich wie Nadelstiche in seinen Kopf. Aber noch viel schlimmer nagte in ihm der Gedanke, dass er mit seiner damaligen Entscheidung, vielleicht das Ende zwischen ihnen heraufbeschworen hatte.
 

Inzwischen war er in der Nähe der Karasuno-High angekommen und hielt Ausschau nach einer Sitzmöglichkeit. Etwa hundert Meter weiter konnte er tatsächlich eine von schneebedeckten Bank entdecken. Stapfte durch die Schneemassen und hatte seinen roten Schal etwas nach oben gezogen, um Mund und Nase vor der Kälte zu schützen. Angekommen, entfernte er den Schnee und nahm platz.
 

Etwas nervös hielt er den Umschlag in seinen Händen. Wusste nicht, ob er bereit war ihn zu öffnen oder nicht.
 

Natürlich war er es nicht! Aber wann war man je dazu bereit, alle Bedenken über Bord zu werfen und einfach zu handeln?
 

Schnell zerriss er den Umschlag und entfaltete das Stück Papier, welches sich seit Ewigkeiten darin befunden hatte. Er erkannte Tsukkis fein säuberliche Handschrift auf der Stelle wieder.
 

Alles um ihn herum war still. Nichts und niemand würde ihn jetzt hier, in diesem wichtigen Augenblick, stören.
 

Und so begann er mit pochendem Herzen, das Schriftstück zu lesen...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  GeniusIsy
2020-03-23T19:02:47+00:00 23.03.2020 20:02
Ich habe mich richtig gefreut, das ein neues Kapitel rausgekommen ist ^^ Es freut mich sehr für Tsukki, dass er sich seinem Bruder geöffnet hat und das er sich auch wieder mit Yamaguchi vertragen hat ^^ Und ich will einfach nur wissen, was in dem Brief steht 😭😭😭 Und Kuroos Reaktion darauf 😭 Bitte mach weiter so 👍🏻
Antwort von: Crispie
23.03.2020 23:24
Du bist einfach eine treue Seele . . . vielen, vielen lieben Dank ♥ Und du kannst dich freuen! Es wird diese Woche noch ein weiteres Chapter hochgeladen ^^ Es sind noch insgesamt 3 Kapitel . . . danach geht es leider mit meinem Baby zu Ende ;w;

Ich liebe diese Szene zwischen Akiteru und Tsukki !! Akiteru ist so vernünftig und stellt das Wohl seines geliebten Bruders über alles qq Und die TsukiYama-Friendship existiert schon so lange. . . da wird sie auch diesen kleinen Sturm überstehen ^^

Nawwww. . . nochmal ein fettes Arigatou an dich ♥ Wer weiß. . . vielleicht bekommst du ja deine Antwort bereits im nächsten Chapter ;)



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