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All The Little Things

"Every Little Thing" One-Shots
von

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The Very First Love

Er wartete schon am Fuße der Treppe auf Evan, der mal wieder nachsitzen musste, und betrachtete seine Schule. Das war sein letztes Jahr hier und in all der Zeit hatten sich erstaunlich viele Erinnerungen angesammelt. Gute, wie schlechte. Nie hätte er gedacht, dass er nun, beinahe am Ende seiner Schulzeit, fast schon wohlwollende auf eben diese zurückblicken würde. Zumindest hatte er das vor wenigen Jahren noch nicht gedacht, aber da war er noch jung und unerfahren gewesen und wie die meisten Kinder und Teenies hatte er überhaupt keine Ahnung vom Leben gehabt. Nicht, dass er jetzt wesentlich klüger in dieser Hinsicht war, aber da er zufrieden mit sich selbst und seinem Leben war, machte er sich keinerlei große Gedanken. Abgesehen von seiner Zukunft, aber ihm schwebte da schon etwas Konkretes vor...

Er ließ seinen Blick gelangweilt über das Schulgelände schweifen und starrte schließlich auf die Eingangstür, durch die Evan hoffentlich in Kürze nach Draußen, an "die Freiheit", wie er selbst immer sagte, gelangen würde.

Ein junges Mädchen drückte sich durch die schwere Glastür hindurch und sah sich nervös um. Eiligen Schrittes machte sie sich daran, den Schulhof zu durchqueren, und gerade, als er im Begriff war, sich zu fragen, warum sie so hetzte, schlüpfte auch Evan aus derselben Tür, zusammen mit zwei jüngeren Schülern. Nur hatte er deutlich weniger Schwierigkeiten, diese zu öffnen, als die Kleine einige Sekunden vor ihm.

Die beiden Jungs riefen etwas und das Mädchen blieb abrupt stehen und drehte sich langsam um. Sean achtete nicht mehr auf sie, lehnte sich ans Geländer und betrachtete seinen besten Freund, der grinsend auf ihn zukam und mit einem Zettel wild hin und her wedelte.

Er überholte die jüngeren Schüler, ohne sie zu beachten, und kam leichtfüßig bei Sean an, hielt ihm den Wisch unter die Nase.

"Was ist das?"

"Der Mathetest der Parallelklasse. Die haben auch bei der Harris." Evan grinste wie ein Honigkuchenpferd und drückte sich das Papier theatralisch an die Brust, seufzte tief. "Mein Leben ist hiermit gerettet."

Sean war kein bisschen überrascht. Ja, nicht einmal entsetzt. "Du hast im Büro herumgeschnüffelt und den Test geklaut", stellte er ruhig fest und rollte mit den Augen. Die einzige Geste, die seine Missbilligung ausdrückte.

Evan zuckte sorglos mit den Schultern, entledigte sich seines Rucksackes und stopfe das Papier achtlos hinein. "Wenn die mich ins Büro setzt, ist sie doch selber schuld."

"Meinst du nicht, ihr wird bald auffallen, dass da was fehlt?", bemerkte Sean zweifelnd an, in einem letzten Versuch, seinem Freund Vernunft einzubläuen, doch dessen ausgekochtes Grinsen erinnerte an einen Fuchs und war Antwort genug

"Für wie dumm hältst du mich eigentlich? Das ist natürlich nur eine Kopie."

"Natürlich."

Evan zog den Reißverschluss zu und schwang den Rucksack wieder auf seinen Rücken. "Was gibt's zu essen?"

"Weiß ich noch nicht."

Die Augen des Schwarzhaarigen funkelten erwartungsvoll. "Ist Clara da?"

"Weißt du doch."

Er grinste. Klar wusste er das. Clara war jeden Montag zu Hause und kochte das Mittagessen. Deshalb hatte er sich angewöhnt, die Montagnachmittage bei seinem besten Freund zu verbringen. Clara war eine blonde Schönheit, und darüber hinaus war sie zwei Jahre älter als er. Für ihn war das kein Problem, aber leider beachtete sie ihn überhaupt nicht. Und seine mittlerweile fast schon unverschämten Annäherungsversuche ließen sie kalt, was er vor allem daran merkte, dass sie weder ein Lächeln, noch ein verärgertes Stirnrunzeln für ihn übrig hatte. Aber er war absolut verknallt in die hübsche Neuzehnjährige, und das schon seit Jahren!

"Klaaar", zog er lang, mit seinen Gedanken bei der Schwester seines Freundes, sein Grinsen entrückt und verzückt gleichzeitig.

"Schlag dir Clara aus dem Kopf", riet Sean ihm unbeeindruckt und betrachtete seinen Freund mit einer Mischung aus Mitleid und Belustigung.

"Niemals, Kumpel!"

"Sie hat schon einen Freund."

"Freunde kommen und gehen", philosophierte Evan tiefsinnig. "Aber ich bleibe."

Sean zog skeptisch eine Augenbraue hoch. "Na da freut sie sich sicher..."

Gerade, als er sich umdrehen und hinter seinem Freund, der sich bereits in Bewegung gesetzt hatte, die Treppe hochgehen wollte, hörte er ein flehendes, leises "Hört auf" hinter sich.

Er wandte sich um und beobachtete, wie die beiden Jungen, die mit Evan aus der Schule gekommen waren, das Mädchen umstellt hatten und sie piesackten. Einer hatte ihr den Regenschirm abgenommen und piekste sie damit immer wieder in die Seite, der andere, kleinere, stand daneben und lachte hämisch. Was sie sagten, verstand er nicht, aber er sah deutlich, dass das, zumindest von seitens der Kleinen, kein vergnügliches Spiel war.
 

"Hey!"

Ein strenger Ruf durchschnitt die Luft und bewegte die Jungs dazu, inne zu halten und sich umzudrehen, um zu gucken, wer so dreist war und sie störte.

Auch Emily drehte den Kopf um. Auf ihrem Gesicht zeichnete sich nicht die erhoffte Erleichterung ab, die jemand in ihrer Situation sicherlich empfunden hätte. Nein, es war Verwirrung und Überraschung, die sich auf ihrem schmalen Antlitz widerspiegelten.

Dem Mädchen klappte der Mund auf, als es sah, wer ihr da zu Hilfe gekommen war. Stirnrunzelnd näherte sich ein älterer Junge dem Ort des Geschehens. Er hatte dunkelblondes, dichtes, zerstrubbeltes Haar und ein paar grüner Augen, die im Moment gar nicht freundlich dreinschauten. Außerdem war er groß gewachsen und schlank, aber keineswegs hager, sein Mund war zu einer dünnen, harten Linie zusammengepresst und er fixierte die zwei Jungs, die Emily eben noch gehänselt hatten, missmutig. Diese – zwei Rabauken aus einer höheren Klasse, mit denen sie leider zusammen Theater AG hatte, in die ihre Mutter sie gezwungen hatte - starrten zurück, jedoch nicht halb so selbstsicher und grimmig wie der Ältere. Vielmehr waren beide noch erschrockener als sie, dass sich tatsächlich so ein älterer Typ einmischte. Das war ihnen ja noch nie passiert!

Der blonde Typ blieb stehen und sein Blick wanderte von den beiden Jungs zu dem verschüchterten Mädchen, das ihn erwartungsvoll und hilflos zugleich anschaute, und wieder zurück.

"Habt ihr nichts Besseres zu tun, als euch über das Mädchen da lustig zu machen? Soll das witzig sein?" Seine Worten troffen nur so vor Ironie, als er sie weiterhin mit seinen verächtlichen Blicken befeuerte. Er war ein ganzes Stück größer als die zwei und man sah ihm an, dass er auch stärker war.

Die unerschrockenen Helden wichen einen Schritt zurück und wechselten einen kurzen Blick zwischen einander, wagten es aber nicht, auf die Bemerkung einzugehen.

"Das war doch nur Spaß", sagte einer von ihnen kleinlaut, aber trotzig, und blähte unwillkürlich die Nasenflügel auf, was Emily unter anderen Umständen sicherlich lustig gefunden hätte.

Der ältere Junge trat noch näher, und obwohl er die Hände lässig in seinen Jackentaschen vergraben hatte, hatte er irgendetwas Drohendes an sich. Das entging auch den beiden Jüngeren nicht.

Der Blonde nickte mit dem Kopf kurz und abfällig in eine Richtung. "Haut ab. Und in Zukunft lasst ihr sie in Ruhe, kapiert?"

Einer der zwei Jungs verzog das Gesicht und trat einen weiteren Schritt zurück. Der andere, schmächtigere von Beiden, nickte nur angsterfüllt, wandte sich um und machte, dass er ganz schnell wegkam, gefolgt von seinem ebenso äußerst tapferen Freund.
 

Sean sah ihnen nach und dann widmete er seine Aufmerksamkeit dem Mädchen. Sie war eindeutig jünger, und zwar um mehrere Jahre. Das hellbraune Haar trug sie in einem lockeren Pferdeschwanz und ein paar losgelöste Strähnen umrahmten ihr Gesicht. Sie war klein, zierlich und irgendwie süß, wie sie den Regenschirm an ihre Brust presste, als könnte sie sich damit schützen. Aber sie war noch ein Kind und ganz und gar nicht in seiner Altersklasse.

Doch die Art, wie sie ihn aus ihren großen Augen anschaute, brachte etwas in ihm zum Schmelzen. Auch jetzt wirkte sie keineswegs erleichtert. Eher so, als befürchtete sie, die Schikane würde nun weitergehen.

Als ob er Spaß daran hätte, unschuldige, kleine Mädchen zu quälen!

"Wie heißt du?", wollte er von ihr wissen, die Hände noch immer in den Taschen vergraben, dabei bemühte er sich, möglichst vertrauenswürdig auszusehen, damit sie ihm nicht davonlief, wie eben noch diese beiden anderen Gören.

"Emily", krächzte sie heiser und sah ihn fragend an, als verstünde sie nicht, warum er das wissen wollte.

Er lächelte. "Alles klar bei dir, Emily?"

Sie nickte zögernd.

"Tja, dann..." Er nickte wieder mit dem Kopf in die Richtung, in die die zwei Jungs staubaufwirbelnd verschwunden waren. "Wenn's Probleme gibt, ruf mich einfach."

Es sollte nur ein Scherz von ihm sein, doch sie errötete augenblicklich und schlug die Augen nieder. Amüsiert betrachtete er sie und wollte sich schon abwenden, als sie einen Schritt vorwärts taumelte und hilflos die Hände hob, als wollte sie nach seinem Ärmel greifen. Aber unverrichteter Dinge blieb sie wieder stehen und ließ die Hände sinken. Sean neigte fragend den Kopf und wartete.

"Äh...", stotterte sie, hochrot im Gesicht, "hast... hast du... ei- eine Freundin?" Dabei traute sie sich nicht, ihm in die Augen zu sehen und betrachtete interessiert den staubigen Asphalt unter ihren Füßen.

Diese Frage überraschte ihn, doch war es zugleich irgendwie rührend. Dieses Mädchen hatte wohl noch nie sonderlich viel Aufmerksamkeit von seitens der männlichen Bevölkerung bekommen. Aber das würde sich sicherlich in ein paar Jahren ändern, davon war er überzeugt. Er brauchte auch kein großer Menschenkenner zu sein, um zu wissen, weshalb es diese beiden Bengel auf sie abgesehen hatten.

Sean runzelte die Stirn. "Das hab ich."

Ihre Schultern sanken mutlos in sich zusammen. "Oh", machte sie enttäuscht, resigniert.

Er zögerte, aber nur kurz, dann überwand er die kurze Distanz von nur ein paar Metern zwischen ihnen und beugte sich hinunter, hob ihr Kinn sanft mit Daumen und Zeigefinger an.

"Aber ich bin mir sicher, hiergegen wird sie nichts einzuwenden haben", sagte er leise.

Und dann gab er ihr einen kurzen Kuss auf die Wange, legte seine Hand auf ihren Kopf und wuschelte ihr liebevoll durch das Haar.

Mit geöffnetem Mund starrte sie ihn an, als er ihr noch einmal kurz lächelnd zuzwinkerte und ihr dann den Rücken kehrte.

Evan wartete bereits belustigt am Ende der Schultreppe auf ihn und gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken.

"Na, du Ritter in glänzender Rüstung. Verführst du jetzt ahnungslose, kleine Mädchen?"

Der Blonde schüttelte die Hand seines Freundes ab. "Halt die Klappe, Evan."



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2008-11-01T10:13:51+00:00 01.11.2008 11:13
sehr knuffig...
wieder mal ein wundervolles Kapitel von dir *g
ich fands auch sehr gut das man mal etwas von evan zu seinen lebzeiten erfahren hat..
schon traurig als von ihm der satz kommt mit "aber ich bleibe" im hinblick auf seinen tragischen Tod
und es ist echt bemerkenswert das emily schon in dem Alter eine gewisse wirkung auf sean hatte.
naja lange rede kurzer sinn.
tolles kapitel, mach weiter so!
lg natsumi_chan
Von:  sunshishi
2008-10-28T09:37:10+00:00 28.10.2008 10:37
Süß^^

Ich fände es lustig, wenn sie sich wirklich aus der Schule gekannt hätten, aber ich denke mal, dass hätte sich zumindest Emily gemerkt. So einen Traummann vergisst man doch nicht XD
Trotzdem eine schöne Geschichte - und die Perspektivwechsel sind mir aufgefallen. Wobei du in einer Emily-Perspektive den Namen "Sean" erwähnst, den sie ja nicht kennen dürfte...

Freu mich auf mehr
SuShi


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