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Schwerkraft

von

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Top of the charts und Interview zum Ersten

Das hier ist meine erste Gravitation-Fanfiction (aber bei weitem nicht meine erste FF). Bitte verzeiht, wenn die Kapis mal etwas länger dauern. Diese Geschichte beginnt direkt nach dem Ende des Animes. Tja, mehr muss ich nicht sagen.
 

Gruß

Kat ^^
 

~Gravitation~
 

Gravitation. Was bedeutet dieses Wort, das für den einen alles und den anderen nichts ist? Der Astronom würde sagen, es ist die Kraft, die ein massengrößerer Himmelskörper auf einen anderen ausübt. So ist es zu erklären, dass sich die Planeten um die Sonne drehen. Aber reicht das? Ist das die allgemeine Definition von Gravitation, die uns zufrieden stellt? Nimmt man sich ein Englisch-Wörterbuch zur Hand, findet man unter "to gravitate towards somebody" die Übersetzung "sich zu jemandem hingezogen fühlen" oder "jemanden anziehen". Im Lexikon findet man das banale Wort "Schwerkraft". Also ist Gravitation gleichzeitig die Kraft, die unsere Füße am Boden hält und uns doch zur Bewegung zwingt. Das klingt widersprüchlich, doch ist es das?
 

~Top of the charts und Interview zum Ersten~
 

"Lalihooo!", schallte es durch die gesamte Wohnung, als Shuichi nach Hause kam. Sein orangefarbener Rucksack landete neben der Wohnungstür, die laut ins Schloss fiel. Wie auf Befehl öffnete sich die Tür des Arbeitszimmers und ein genervtes Gesicht blickte durch den Spalt. "Du weißt, dass ich arbeite, also sei leiser!" Und schon war Yuki wieder an seinen Laptop verschwunden.

Der aufgedrehte Rosaschopf ließ es sich nicht nehmen, ihm zu folgen und von hinten zu umarmen. "Gomen! Mach doch mal eine Pause, Yuki! Du hast schon gearbeitet, als ich gestern Abend ins Bett gegangen bin. Und hätte ich dir kein Frühstück gebracht, würde hier jetzt nur noch ein Skelett sitzen."

"Was für eine maßlose Übertreibung", murmelte der Schriftsteller und tippte ungerührt weiter. Er wollte unbedingt noch das Kapitel beenden, bevor seine kleine Nervensäge ihn endgültig von dem Gerät wegzerrte.

Shuichi beugte sich ein Stück vor und blickte auf den Monitor. "Langsam wandte sie sich zu ihrer Familie um und ihr Gesicht war von einer ungewöhnlichen Kälte und Anteilnahmslosigkeit geprägt. "Warum habt ihr nicht aufgehört?", fragte sie leise. Ihre Stimme klang fest und vorwurfsvoll. "Wieso habt ihr es so weit getrieben? Eure Herzen haben sich in kalte Steine verwandelt, schon vor langer Zeit. Ich habe es nur zu spät...""

"Hörst du wohl auf?", knurrte Yuki und drückte den Kopf seines Lebensgefährten zur Seite. "Ich kann es gar nicht leiden, wenn mir mitten in der Arbeit einer in die Zeilen glotzt!"

Der junge Sänger grinste. "Ist es dir etwa peinlich? Komm schon, ich bin doch eh nur ein ,literarischer Embryo', wie du mich neulich betituliert hast."

"Und bei der Meinung bleibe ich auch." Er griff nach der Packung Zigaretten auf dem Schreibtisch, zog mit dem Mund eine heraus und zündete sie sich an. Nachdem er einen Zug genommen hatte, blickte er auf den Jungen hinter sich. "Sag mal, irre ich mich, oder bist du heute aufgedrehter als normalerweise?"

"Du hast es also gemerkt?"

Was für eine blöde Frage! Wer würde schon die geröteten Wangen und das irre Glänzen in den Augen Shuichis übersehen? "Ja, du nervst nämlich jetzt schon dein gesamtes Tagespensum runter."

Shuichi setzte sich einfach auf die Kante seines Schreibtisches. Sollte sein Geliebter doch protestieren - heute war es ihm egal. "Morgen kommt die aktuelle Chartliste raus und Sakano hat gesagt, dass sich unsere Single prima verkauft, seit sie vor drei Tagen raus gekommen ist. Wenn alles gut läuft, sind wir vielleicht sogar in den Top Ten."

Der Blonde sah den Jüngeren einfach nur an und wartete, dass er weiter sprach. Im Showgeschäft kannte er sich nicht gerade so gut aus, dass es zu einem qualifizierten Kommentar gereicht hätte.

"Ich meine, an Nittle Grasper kommen wir natürlich nicht ran, deren letzte Single hält sich schon seit drei Wochen auf Platz Eins, aber K sagt, wir wären auf dem besten Weg."

"Wart ihr noch nie in den Top Ten?"

"Nein, einmal waren wir aber auf der Elf."

Der letzte Zigarettenstummel wurde im Aschenbecher ausgedrückt und Yuki verdrehte leicht die Augen. "Kapier ich nicht. Immerhin war euer letztes Album doch auf Platz zwei. Ist doch viel gewinnbringender als so eine jämmerliche Single."

"Es geht doch nicht um den Gewinn. Wie gut eine Band ist, wird immer an den Singlecharts gemessen. Und jetzt hör auf mit arbeiten!" Mit diesen Worten drückte er auf die Aus-Taste des Notebooks und Yuki sah mit starrem Gesicht zu, wie der Computer ausging. Seine Brille rutschte ihm ein Stück von der Nase, als er immer noch fassungslos auf den schwarzen Bildschirm starrte.

"Du hattest doch gespeichert, oder?", fragte Shuichi, der sich seiner Sache nun gar nicht mehr sicher war.

Eiri löste sich aus seiner Erstarrung.

"SHINDOU!!!"
 

Am nächsten Morgen wachte Shuichi durch ein sanftes Klopfen auf seinen Kopf auf. Nach diesem dummen Vorfall am vorigen Abend hatte Yuki ihn auf das Sofa verbannt und das für die gesamte nächste Woche. Nicht einmal flehende Tränen hatten den Schriftsteller erweichen können, der sofort eine weitere Nachtschicht eingeschoben hatte.

Nun schlug er langsam seine Augen auf und überlegte, was das für ein Klopfen war. Ob ihm ein Eichhörnchen auf der Stirn rumhüpfte? Nein, Yuki hatte eine Abneigung gegen Nagegetier in der Wohnung. Er sah auf und erkannte Yuki, der vor dem Sofa stand und ihm mit einem zusammengerollten Blatt auf die Stirn pochte. "Bist du endlich wach?"

Er sah zwar reichlich müde aus und hatte Ringe unter den Augen, aber den Eindruck, dass er noch sauer war, machte er nicht. Was noch verwunderlicher war.

Der Sänger setzte sich auf und blinzelte ahnungslos. "Ist was passiert? Steht das Haus in Flammen? Ist der Präsident gestorben? Ist die Butter ausgegangen? Suchst du schon wieder deine Hausschuhe?"

"Das hat mir euer Produzent in der Nacht per Fax geschickt", antwortete Yuki und gab ihm das eingerollte Blatt. "Glückwunsch."

"Hm?" Er glättete den Zettel, warf einen Blick darauf und konnte seinen Augen kaum trauen. "Wir sind auf Platz Eins?!"

"Du wolltest doch in die Top Ten."

Shuichi sprang auf und hüpfte glücklich im Wohnzimmer auf und ab. "Wir haben es geschafft, yeah!!!"

Obwohl er die Kopfschmerzen nun wieder deutlich spürte, schrie Yuki ihn nicht an. Irgendwie gönnte er ihm den Erfolg. "Also, dann koche ich heute Abend dein Leibgericht, okay?" Sofort bereute er es, denn schon klammerte etwas Pinkes mit Katzenöhrchen an seinem Bein. "Lass los oder ich überleg's mir noch mal!"

Der Junge löste tatsächlich seinen Griff und flitzte zur Wohnungstür. "Ich geh sofort ins Studio und feiere mit den Anderen zusammen." Er kam noch einmal zurück und drückte seinem Partner einen Kuss auf die Wange. "Sayonara!" Und schon war er weg.

Yuki taumelte leicht benommen in Richtung Schlafzimmer. "Was würde ich nur ohne meine starken Nerven machen?"
 

"Herzlichen Glückwunsch, Shuichi!", wurde er von Hiro lautstark begrüßt, als er in das Tonstudio kam. Nun kam ihm auch Fujisaki entgegen und drückte ihm eine Dose Cola in die Hand. Endlich wirkte er mal richtig fröhlich und sah auch wie ein Sechzehnjähriger aus, was bei ihm ja eher eine Seltenheit war.

"Oh, Shindou-kun!", schallte es ihm entgegen und ein in Tränen aufgelöster Produzent fiel ihm um den Hals. "Wir haben es geschafft!" Er vergoss regelrechte Wasserfälle und hörte erst damit auf, als ihm jemand eine Magnum an den Kopf hielt.

"Stop it oder ich schieße!"

Augenblicklich stand Sakano in der hinteren Ecke des Raumes und weinte wieder vor Glück.

Der blonde Amerikaner trug ein rosa Stirnband und grinste begeistert, als er Shuichi auf die Schulter klopfte. "Ich bin sehr stolz auf euch!"

"Aber ohne gutes Management und super Produzent läuft gar nichts", gab dieser zurück und wurde etwas rot.

"Und das beste ist, dass Nittle Grasper endlich mal unsere Rückstrahler zu sehen bekommen", sagte Fujisaki und nahm einen Schluck von seiner Cola. "Wir sind die Eins und sie nur die Zwei."

Hiro grinste breit. "Gib´s zu, du bist doch richtig stolz, dich vor deinem Cousin bewiesen zu haben."

"Tja, im Musikbusiness ist Konkurrenz ein wichtiger Faktor, das kann ich nicht bestreiten."

"Jetzt fangt nicht schon wieder mit dem Geschäft an", bat Shuichi und öffnete seine Dose. "Heute will ich einfach nur feiern, denn ich finde, der Tag ist echt cool."

"And the next three weeks wird es cool bleiben."

Alle blickten fragend K an, der Zeige- und Mittelfinger zum Zeichen des Sieges erhoben hatte. "Die Verkaufsprognose steht so gut, dass wir wohl die Eins bleiben, bis die neue Single von Nittle Grasper in drei Wochen auf den Markt kommt."

Der Pinkhaarige sah wenig begeistert zu seinem Manager auf. "Sie sind so aufmunternd, dagegen ist Yuki ja der reinste Spaßvogel."

"Recht hat er", kommentierte Suguru und stellte sich neben K. "Grasper sind einfach zu gut als das wir glauben könnten, ewig die Spitze anführen zu können. Aber uns bleiben drei Wochen, um den Gegenschlag zu planen. Du musst nur..."

Shuichi wusste, was kommen würde. Das, was immer und immer kam. Und wer würde dann das Problem haben? Er war der Sänger und er würde...

"...einen super Song schreiben."

"Klasse und den saug ich mir mal eben aus den Fingern." Shuichi leerte seine Cola. "Nya, werde das schon packen, denn ich bin..." Er sprang auf den Tisch und stemmte die Fäuste in die Hüften, "hoch motiviert!!!"

Hiro lächelte gütig. "Mit dem Sänger kann doch nichts schief gehen."
 

"Platz Zwei."

Ryuichi blickte über die Schulter des Keyboarders, der die aktuelle Chartliste in Händen hielt. Irgendwie verstand er nicht, warum Tohma so seltsam guckte. "Cool, Bad Luck sind auf der Eins!"

Noriko saß am Tisch und nippte an ihrem Orangensaft. "Und dafür haben wir die Position geräumt. Naja, ein bisschen mehr als drei Wochen hätte ich der Single - offen gesagt - schon zugetraut, aber die von Bad Luck ist auch überraschend gut."

Tohma nickte nur leicht. "Ja, sie sind gut. Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer."

"Ich freu mich für Shuichi, na no da!" Ryuichi setzte sich vor den Fernseher und schaltete auf einen bekannten Musiksender. Zufällig lief dort gerade das neue Video von Bad Luck.

"Irgendwann mussten sie uns ja überflügeln", meinte Tohma und setzte sich neben seine Bandkollegin. "Nur, dass es so schnell gehen würde..."

"Naja, so ein Comeback ist nicht immer ein Zuckerschlecken", fügte Noriko hinzu. "Ein bisschen eingerostet sind wir ja noch."

"Jetzt seid doch mal leise!", verlangte Ryuichi und sah die Beiden ernst an. "Sie sind doch nicht an der Spitze der Charts, weil wir nicht unser Bestes geben. Sie haben hart darum gekämpft und ich gönne ihnen den Erfolg." Dann drehte er sich wieder zum Fernseher und schaute sich weiter das Video an.

"Ryuichi..." Doch Tohma stoppte sofort, als er spürte, dass Ryuichi nicht darauf reagierte. Für den Moment hatten sie ihn wohl verärgert und das wollte schon etwas heißen
 

Wenn es etwas gab, das Yuki wirklich aufrichtig hasste, dann waren das Kameras. Er wollte nicht in dieser langweiligen Literatur-Sendung sitzen und brav auf alle Fragen antworten, die die Brünette mit der Brille neben ihm stellte. Warum konnte er nicht einfach nach Hause gehen und schlafen? Am liebsten wäre er einfach aufgestanden und gegangen, aber das hätte Ärger mit dem Verleger gegeben. Auch er brauchte Publicity, da biss die Maus keinen Faden ab.

"Wie weit sind Sie mit Ihrem neuen Roman, Yuki-sama?"

Er lehnte sich zurück und stützte den Ellenbogen auf die Sessellehne. Seine Agentin hatte ihm einmal gesagt, dass er so einen unglaublichen Charme auf die weiblichen Fans ausübte. "Es geht zügig voran. Trotz kleinerer Rückfälle kann ich versprechen, dass der neue Roman pünktlich erscheinen wird."

"Kleinere Rückfälle?"

Yuki lächelte leicht und schloss die Augen. In Gedanken gab er gleichzeitig sich einen Tritt für diesen dämlichen Hinweis und Shuichi für das Löschen eines gesamten Kapitels. "Ja, dummerweise erlitt mein Computer einen Absturz. Aber wenn man sich durch so etwas aus der Bahn werfen lässt, ist man für den Beruf des Schriftstellers nicht geeignet."

"Ihr neuer Roman wird ,Destiny' heißen, stimmt das?"

"Ja, nach eingehender Beratung mit dem Verleger, haben wir uns für diesen Titel entschieden." Er griff nach dem Glas Wasser, das auf dem Granittischchen stand, und nahm einen Schluck.

Die Frau blickte auf ihre Fragenkärtchen und rückte ihre Brille zurecht. "Es ist ja allgemein bekannt, dass Sie eine Beziehung mit dem jungen Shindou Shuichi, dem Sänger von Bad Luck, führen. Könnten Sie sich vorstellen, Ihre persönlichen Erfahrungen für einen Liebesroman der unkonventionellen Art zu nutzen?"

Okay, es gab also doch etwas, das er noch mehr als Kameras hasste. Trotzdem ließ er sich nichts anmerken und antwortete nüchtern: "In Europa gibt es bereits Romane dieser Art in verschiedensten Ausführungen und selbst dort haben sie Absatzschwierigkeiten. Japan ist noch nicht bereit für solche Literatur. Es würde sich einfach nicht verkaufen. Und: Nein, ich trage nicht diesen Gedanken."

"Weshalb nicht?", fragte sie freundlich und lächelte.

"Es heißt, ein Autor bringt immer ein Stück von sich selbst in das Werk ein. Dem habe ich nichts entgegen zu setzen. Allerdings glaube ich auch, dass man ganz klar die Trennlinie zwischen Roman und eigenem Leben sehen muss. Außerdem bin ich der Meinung, dass sich so ein Roman von mir schrecklich lesen würde."

Die Moderatorin lachte und auch einige Leute ihm Publikum stimmten ein. Yuki hatte erfolgreich die Kurve gekriegt. Nach einigen Sekunden war wieder Ruhe eingekehrt und die Frau fuhr fort:

"Ihre Werke erfreuen sich derzeit größter Beliebtheit, man könnte es sogar als den Höhepunkt Ihrer bisherigen Karriere betrachten. Zudem wurde heute offiziell, dass Bad Luck von Null auf Eins in die Charts eingestiegen ist. Sowohl für Sie als auch für Shindou läuft es hervorragend. Wessen Karriere steht für Sie momentan im Vordergrund?"

Yuki biss die Zähne aufeinander, als er daran dachte, dass Shuichi wahrscheinlich momentan vor dem Fernseher saß und zusah. Es war einfach zum Kotzen, aber immerhin konnte Tohma nicht jedem den Mund verbieten. Wieder mahnte er sich zur Ruhe und behielt diese auch. "Sie vergleichen da Äpfel mit Birnen. Bis auf unseren Bekanntheitsgrad haben wir beruflich nichts gemeinsam. ,Karriere' ist daher relativ zu betrachten. Er singt und ich schreibe, also kann ich von seinem Beruf genauso wenig sagen, wie er von der Schriftstellerei. Es ist für mich folglich unmöglich, den jetzigen Stand seiner Karriere zu beurteilen."

Damit gab sich die Moderatorin zufrieden und nickte leicht. "Ich danke Ihnen sehr." Dann wandte sie sich zu den Kameras. "Nach einer kurzen Unterbrechung werden wir dann die erfolgreiche Kriminalautorin ..."
 

tbc...

Interview zum Zweiten

Hallöli,
 

Wie geht`s, wie steht`s?

Ich bin gerade in ner richtigen Schreibwut, deswegen ein neuer Teil. Ein bisschen schade, dass ich bisher noch kein Feedback bekommen habe. Da denk ich immer gleich, meine FFs wären grottenschlecht. Allerdings würde es euch auch zugute kommen, wenn ihr als Leser euch mitteilt, damit ich mich euren Wünschen annähern und Dinge verbessern kann. ^^

Ansonsten kann ich euch erst mal nur viel Spaß bei diesem Teil wünschen.
 

Kat
 

~Interview zum Zweiten ~
 

"Mein Yuki ist ja so cool!", seufzte Shuichi angetan und mit Tränen in den Augenwinkeln, als die Werbung begann.

Hiro klopfte ihm mit einem vollen Styroporbehälter vom Imbiss auf den Kopf. "Willst du dann jetzt endlich auch was essen? Deinen Magen hört man sogar unten im Erdgeschoss knurren. Und ich muss es wissen, schließlich war ich das Essen holen."

"Dieser Yuki ist echt ein komischer Typ", meinte Fujisaki und schob sich wieder gebratene Nudeln in den Mund. "Redet viel, gibt aber eigentlich keine Antwort auf die Frage."

Das war wohl der falsche Kommentar gewesen, denn sofort stand Shuichi vor ihm und fuchtelte wie verrückt mit den Fäusten herum. "Ja, soll er denn sagen, dass er mich über alles liebt und seine Karriere für mich opfern würde?!"

"Das wohl kaum."

Alle blickten entsetzt zur Tür, in dessen Rahmen Tohma Seguchi stand und die Arme vor der Brust verschränkt hatte. "Ich gratuliere euch", fuhr er fort. "Ihr habt Nittle Grasper überholt und das mit einer unglaublichen Verkaufszahl."

Sofort lag dem Blonden Sakano zu Füßen, der völlig überdreht klang. "Wir hatten wirklich nicht mit so einem Erfolg gerechnet!"

"Jetzt stehen Sie mal wieder auf, Sakano! Ryuichi konnte nicht persönlich vorbeikommen, aber ich soll euch seine herzlichsten Glückwünsche ausrichten."

Hiro lächelte und stopfte Shuichi schnell die Packung mit dem Essen in den Mund, damit der nicht sofort wieder in Tränen ausbrechen konnte. "Das ist ein feiner Zug, vielen Dank!"

Tohma nickte und hob ein Blatt mit der Chartliste in die Höhe. "Platz Eins bedeutet einen großen Erfolg, aber auch zahlreiche Interviews in Radio und Fernsehen. Ich habe bereits für morgen einem Interview in der Sendung "Chart-Pole" zugestimmt."

Sofort wurde Fujisaki hellhörig und sah seinen Cousin ein wenig ungläubig an. "Ist das nicht diese Sendung, zu der immer die beiden bestplatzierten Acts der Charts eingeladen werden?"

"Genau die ist es."

Der Sänger von Bad Luck kippte fast nach hinten um, als er die Bedeutung dieser Worte richtig erfasste. "Das heißt ja, dass Nittle Grasper auch..."

"Du hast es erfasst", unterbrach ihn der Chef von N-G-Records. "Noriko, Ryuichi und ich werden auch dort sein. Es ist für beide Bands eine hervorragende Promotion."

Hinter Tohma tauchte plötzlich das Gesicht von K auf, der die gesamte Band breit angrinste. "Okay, guys. Nachtschicht heute, würde ich mal sagen."

"Was?", rief Shuichi entsetzt und rutschte auf die Knie. "Aber, Yuki wollte mir doch Essen machen und dann hätte er mich vielleicht wieder in sein Bett gelassen und...!"

"Keep cool, das Radiointerview findet erst um Mitternacht statt. But of course musst du eine halbe Stunde vorher da sein, klar?" K legte die Hand an seine geliebte Magnum, woraufhin Shuichi augenblicklich heftig nickte. Auf eine Schusswunde an der Stirn hatte er herzlich wenig Lust.

Suguru stand auf und blickte auf die Uhr im Raum. "Es ist Drei. In Anbetracht der Tatsache, dass wir bereits unseren Erfolg zu genüge gefeiert haben, nehme ich mir für den Rest des Tages bis zu dem Interview heute Nacht frei. Bis dann!" Er ging an Seguchi vorbei und verließ den Raum.

"Gute Entscheidung", stimmte der Chef zu. "Nehmt euch den Nachmittag frei und entspannt euch! Die folgende Zeit wird anstrengend, jetzt, wo ihr die Spitze anführt." Danach drehte er sich um und ging ebenfalls.

"Yeah, wir führen die Spitze an!", brüllte Shuichi plötzlich und sein bester Freund zuckte erschrocken zurück.

"Jetzt reg dich mal wieder ab!", verlangte Hiro und legte eine Hand an die Stirn. "Das ganze Koffein von der Cola bekommt dir nicht." Der Rothaarige packte den Kleineren an der Jacke und zerrte ihn aus dem Zimmer. "Ich fahr dich nach Hause." Und schon waren auch sie weg.

Sakano lächelte erleichtert. "Super, dann kann ich mich auch mal drei Stündchen auf' Ohr hauen." Ein leises Klicken ertönte und er richtete seine Augen auf K, der wiederum etwas glänzendes Schießbereites auf ihn richtete.

"No. Ich denke, wir haben noch ein bisschen Arbeit vor uns. Or what would you say?"

Nervös lachte der Produzent und kratzte sich am Hinterkopf. "Haha, wer denkt denn auch ans Schlafen?"
 

"Das war lecker!", erklärte Shuichi lautstark und lehnte sich zufrieden nach hinten. Das Sofa war angenehm bequem und wenn Yuki neben ihm saß sowieso.

Auch sein Geliebter stellte das benutzte Geschirr auf den Tisch. Er zündete sich eine Zigarette an und duldete es, dass der Pinkhaarige sich an ihn lehnte und zufrieden schnurrte. "Ich nehme an, du hast heute dieses dämliche Interview gesehen."

"Du warst so toll, wie du dieser Fernsehtante Paroli geboten hast!"

Eiri zog an der Zigarette und starrte an die Decke, als der Rauch seinen Weg zurück durch seine Lippen fand. "Ich weiß, wie man mit Worten einfach die gierigen Fragen in eine hübsche Hülle verpackt. Dass die jetzt schon in Literatursendungen anfangen, mich über unser gemeinsames Leben auszuquetschen, ist echt das Letzte."

"Rege dich nicht darüber auf." Und schon hatte das Mitglied von Bad Luck beide Arme um seinen Liebsten geschlungen. "So sind die halt und ändern kann man die auch nicht. Wie gesagt, ich fand dich cool."

Der Autor drückte den Zigarettenstummel im Aschenbecher aus und sah den jungen Mann an. "Ich hebe das Schlafzimmerverbot auf. Das Kapitel habe ich ja neu geschrieben und wenn du gerade so erfolgreich bist, will ich nicht der Spielverderber sein."

Shuichi lächelte. Seit er Yuki in New York gefunden und ihn gebeten hatte, seinen Text zu lesen, war der junge Schriftsteller viel zugänglicher geworden. Er schrie nicht mehr so oft herum - es sei denn, Shuichi löschte Kapitel seines Manuskripts - und auch sonst schien er kommunikationsbereiter geworden zu sein.

Er richtete sich ein wenig auf, so dass er mit seinem Liebsten auf Augenhöhe war. "Danke, Yuki." Dann führte er seine Lippen zu denen des Anderen und versiegelte sie zu einem sanften Kuss. Der Sänger wusste, Yuki würde das nicht genügen, und er sollte Recht behalten.

Fordernd drückte der Blonde seine rechte Hand in den Nacken Shuichis und zwang diesen somit, den Kuss zu intensivieren. Er schob seine Zunge zwischen die Lippen seines Geliebten, der daraufhin den Mund bereitwillig öffnete und ihm mit seiner eigenen Zunge entgegen kam.

Das Spiel ging ein paar Sekunden, bis Yuki plötzlich abbrach und aufstand.

Fragend sah ihn Shuichi an, doch er setzte nur ein leises Lächeln auf. "Komm mit ins Bett!", verlangte er mit leicht heiserer Stimme. Natürlich wusste der Andere um die Bedeutung dieser Worte.

"Aber, Yuki. Ich habe heute um Mitternacht ein Radiointerview."

"Du musst ja nicht danach einschlafen." Mit diesen Worten griff er nach Shuichis Hand.

Der Jüngere stand auf und sah ihn liebevoll an. Er hatte Yuki nie widerstehen können und wenn dieser so sanft und liebevoll war, war ein "Nein" sicher das Letzte, was er darauf erwidern wollte.
 

Völlig außer Atem kam Shuichi zwei Minuten vor halb Zwölf vor dem Radiostudio an.

Die Anderen waren bereits da und erwarteten ihn.

"For the first time bist du pünktlich", stellte K fest und schob seine Magnum zurück in die Waffenhalterung, wenn auch mit etwas enttäuschtem Gesicht, da sie schon wieder nicht zum Einsatz gekommen war. Danach drehte er sich zur versammelten Band. "Okay, guys. Egal, was sie euch für Fragen stellen, immer brav antworten. Es wird sich wohl hauptsächlich um eure Single und die Chartposition drehen, aber man weiß ja nie."

Hiro sah nicht gerade begeistert angesichts des möglicherweise Kommenden aus und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich denke, Sie klären vorher immer, welche Fragen gestellt werden und welche nicht."

"Also, echt mal", stimmte Fujisaki zu. Ihm ging dieses ganze Getue um Yuki und Shuichi in der Presse so schon genug auf die Nerven, da wollte er nicht auch noch ständig solche Fragen bei Interviews hören. "Bei Yuki-samas Interviews lässt man es mit der Vorsicht ja neuerdings auch ganz schön schleifen."

"Tohmalein sagt, ihr sollt das selbst auf die Reihe kriegen."

Shuichi bekam fast einen Herzinfarkt, als er die Stimme des grünhaarigen Sängers direkt hinter sich vernahm, und drehte sich blitzschnell zu ihm um, wie auch der Rest der Truppe.

"Ryuichi, was machst du denn hier?", erkundigte sich K ruhig.

Ryuichi grinste breit und sah die Mitglieder von Bad Luck an. "Ich wollte euch noch gratulieren, dass ihr es auf Platz Eins geschafft habt. Herzlichen Glückwunsch, na no da."

"Danke", antwortete Shuichi verdattert. So etwas von Ryuichi Sakuma einmal höchstpersönlich zu hören, hätte er nicht in seinen verrücktesten Träumen zu denken gewagt. Und nun stand er hier mit Kumaguro auf dem Kopf und hatte ein schiefes Grinsen.

"Seguchi-san will also, dass wir solche Fragen mit dem eigenen Ruder umschiffen", kam Suguru auf das Thema zurück.

"Hai!", antwortete Ryuichi. "Er sagt, ihr seid eine eigenständige Band mit eigenem Management und sollt ab sofort selbst damit klarkommen."

Shuichi biss die Zähne aufeinander. Dass Seguchi von Bad Luck nun die Entwicklung von mehr Selbstständigkeit erwartete, das war eine verständliche Sache, aber... "Ach, und was hat Yuki bitte damit zu tun?!"

"Nani?" Sakuma legte den Kopf schief, wobei ihm fast sein Stoffhase herunterrutschte.

Shuichi hätte in diesem Moment den Kopf gegen die Wand hauen können. So etwas wusste Ryuichi natürlich nicht und es interessierte ihn wahrscheinlich auch recht wenig. "Gomen nasai."

Nun legte Hiro einen Arm um Shuichis Schulter und lächelte ihn aufmunternd an. "Um den solltest du dir in der Beziehung keine Gedanken machen. Hast ja gesehen, wie cool er mit der Sache heute im Fernsehen umgegangen ist."

"Ich stör euch ja nur ungern...", meldete sich der blonde Manager zu Wort. "Aber das Interview beginnt in a few minutes. Wir sollten langsam mal reingehen."

Ryuichi drückte den anderen Sänger noch einmal fest. "Ich wünsche dir viel Spaß, Shu-chan!"

"Danke", meinte dieser verlegen und kratzte sich am Hinterkopf.

"Let´s go!" Und fast im selben Augenblick hatte K seinen rosahaarigen Schützling an der Kapuze seines Sweaters gepackt und zog ihn ins Studio.
 

Radiointerviews waren für Shuichi eigentlich schon völlig zur Routine geworden und er schätzte diese Art des Interviews, da dort Spontaneität gefragt war und die hatte er. Außerdem sah ihn so keiner, außer der Moderator und seine Bandkollegen, und er war nicht so beobachtet wie im Fernsehen oder bei einer Pressekonferenz. Manche Zeitungen und Klatschblätter hatten da auch so ihre eigenen Interpretationsweisen. Und da er nun wusste, dass es keinen Tohma Seguchi mehr gab, der den frechen Reportern auf die Füße trat, wurde ihm doch irgendwie mulmig bei dem Gedanken.

"Hattet ihr damit gerechnet, dass die neue Single so in Japan einschlagen würde?"

Shuichi erwachte aus seiner Trance und holte schon Luft, als Suguru zu antworten begann: "Nein, ganz und gar nicht. Zwar haben wir von unserem Produzenten gute Prognosen bekommen, aber es war dennoch eine große Überraschung."

Der Reporter nickte und warf einen kurzen Blick auf sein Fragenblatt. "Der Song - ,Glaring Dream', liebe Zuhörer - wurde von Shindou geschrieben. Hat er für dich eine tiefere Bedeutung?"

Der Leadsänger legte sich kurz seine Worte zurecht, bevor er eine Antwort gab. " ,Glaring Dream' ist sozusagen ein alter, neuer Song. Ich habe ihn bereits vor knapp einem halben Jahr begonnen, jedoch dann wieder verworfen, als mir jemand sagte, er sei schlecht. Bis vor ein paar Wochen steckte ich in einer Lebenskrise, könnte man so sagen. In dieser Zeit beendete ich den Text und ich denke, er hat mir geholfen, ein paar Dinge zu regeln und zu mir selbst zu finden. Von daher kann man wohl getrost sagen, dass mir dieser Song bisher von allen am meisten bedeutet."

"Der Song handelt, wie viele eurer Stücke, von Liebe."

Hiro ahnte bereits schlimmes und tauschte mit Fujisaki einen beunruhigten Blick aus. Wenn es um Herzensangelegenheiten ging, konnte sich sein bester Freund wie der König der Idioten aufführen. Und so sollte es auch diesmal kommen.

Shuichi nickte lächelnd. "Wie gesagt, ich habe den Song in zwei verschiedenen Lebensabschnitten geschrieben. Die erste Strophe klingt melancholisch, da ich zu der Zeit sehr einsam war. Den Rest schrieb ich dann, als ich mich bereits verliebt hatte und auch um diese Liebe kämpfen wollte. Ich mache auch kein Geheimnis daraus, dass der Song ihm gewidmet ist."

"Yuki Eiri?"

Hiro lächelte entschuldigend und hielt Shuichi den Mund zu, bevor er noch mehr auf dieses Thema abschweifen konnte. "Viele Musiker widmen ihren Liebsten einen Song, nur gibt es nicht jeder zu. Ich denke, da ist Shuichi kein Außenseiter."

Der Moderator sah, dass aus dem Pinkhaarigen im Moment wohl nicht viel herauszubekommen war - woran Hiro nicht ganz unschuldig war - und wandte sich deshalb an Suguru. "Fujisaki, bekanntermaßen sind Sie das einzige Mitglied von Bad Luck, das derzeit in keiner Beziehung steckt. Können Sie sich vorstellen, eine Beziehung mit einem Fan einzugehen?"

Der Keyboarder schüttelte den Kopf und klang bei seiner Erwiderung sehr ernst. "Nein, kann ich nicht. Zum einen besitzt die Musik für mich äußerste Priorität und zum anderen ist ein hysterischer Fan wohl kaum dazu geeignet, mit ihm das Privatleben zu teilen."

Am liebsten hätte Hiro nun auch dem anderen Bandmitglied den Mund verschlossen. Was war heute eigentlich los? Shuichi plapperte fröhlich aus dem Nähkästchen und Suguru bezeichnete die Fans charmanterweise als hysterisch. Zu seiner ungemeinen Erleichterung verkündete der Mann am Mikro endlich, dass die Sendezeit gleich vorbei sein würde.

"Möchten Sie noch eine persönliche Einschätzung zu Ihrem Erfolg abgeben?"

"Ja, sehr gern", gab Shuichi zurück und schob Hiro etwas beiseite. "Wir haben lange und hart gearbeitet, umso erfreulicher sind natürlich die hohen Verkaufszahlen der Single. Ich denke, wir sind nun an einem Punkt angelangt, an dem sich unsere Bemühungen endlich bezahlt machen."

"Danke für das Interview. Liebe Zuhörer, das waren Bad Luck, die morgen im Fernsehen bei Chart-Pole zu sehen sein werden. Zum Abschluss spielen wir ihre Debütsingle ,The Rage Beat'."
 

Ryuichi saß zusammen mit Noriko in der Jazz-Bar, einem beliebten Treffpunkt der Band, und hörte dem Interview zu. Als es zu ende war und die ersten Töne von ,The Rage Beat' erklangen, stellte er das kleine Radio vor ihnen einfach wortlos aus. Dafür erntete er einen verwirrten Blick von Noriko.

"Ich dachte, der Song gefällt dir so?"

Der Sänger nahm einen Schluck seines alkoholfreien Cocktails und starrte vor sich hin. "Kumaguro hat Ohrenschmerzen", erklärte er tonlos und deutete auf den Stoffhasen, der neben seinem Getränk saß.

Noriko verstand nichts mehr. Natürlich konnte ein Stofftier keine Ohrenschmerzen haben und es war nur zu offensichtlich, dass es Ryuichi gewesen war, der nichts mehr hören wollte. Doch der wiederum war immerhin enger mit Shuichi verbunden als sie selbst oder gar Tohma. Er bezeichnete den Sänger von Bad Luck sogar als seinen Freund und diesen Status besaßen wirklich nicht viele. "Du wolltest das Interview doch unbedingt hören, weil du dich so für Shindou gefreut hast."

Ryuichi sah sie an. Er sah nicht wirklich ernst aus, seine Augen waren immer noch groß und hatten diesen üblichen kindlichen Glanz, doch schon jetzt lag in ihnen ein Ausdruck, der ihr nicht gefiel. Ganz und gar nicht gefiel.

"Das Interview ist doch jetzt vorbei und den Song kann ich mir auch auf CD anhören." Plötzlich, als hätte jemand einen unsichtbaren Schalter bei ihm umgelegt, wurde sein Gesicht wieder heller. "Und die kann ich schon auswendig. Freust du dich auch auf Chart-Pole morgen, Noriko-chan?"

Sie lächelte trotz ihrer aufkeimenden Unsicherheit, was sein Verhalten anbetraf. "Natürlich. Schließlich ist damit ein Auftritt verbunden und Interviews haben besonders dir schon immer Spaß gemacht."

Der Mann, der im Moment eher an ein Kind erinnerte, nickte eifrig und trank wieder aus dem Glas. "Ja, ein Auftritt ist mal wieder guuut." Bei dem letzten Wort zog er das u so in die Länge, dass es der Keyboarderin schon fast wieder unheimlich vorkam.

Irgendetwas hatte sich an ihm verändert, nur wusste sie weder die Art der Veränderung, noch den Grund. In ihrer Magengegend stellte sich ein ungutes Gefühl ein.
 

tbc...

Chart Pole

Trallila,
 

Sooo, ich fahre am Dienstag in den Urlaub und wollte euch noch was Kleines dalassen. ^^

Zwar habe ich bisher noch keine Reaktionen bekommen, aber ich glaube fest daran, dass es da draußen jemanden gibt, der das hier liest. Joa, und dem widme ich einfach mal dieses Kapitel.

Wie immer viel Spaß.

Kat
 

~ Chart Pole ~
 

"Ich bin richtig aufgeregt!", verkündete Shuichi in der Garderobe und fächelte sich mit einem Programmheftchen kühle Luft zu.

"Hai, wir tragen ein schweres Päckchen", lächelte Hiro. "Heute wird man uns den ganzen Abend über mit Nittle Grasper vergleichen."

Fujisaki band seine violette Krawatte und konnte sich ein Grinsen beim besten Willen nicht verkneifen. "Auf der Bühne lassen wir heute so die Fetzen fliegen, dass Nittle Grasper zum Schluss nackt dastehen wie so ein paar gerupfte Hühner. Und dann wird uns keiner mehr vergleichen."

Die beiden anderen Bandmitglieder blickten ihn an, als hinge ihm eine Leuchtreklame um den Hals, auf der stand: "Ich bin der tollste Keyboarder der Welt!"

"Fujisaki, alles klar bei dir?", fragte der Sänger misstrauisch und musterte ihn ganz genau von Kopf bis Fuß, als ob er dann eine Veränderung finden würde. "Seit wann so voller Enthusiasmus?"

Der Sechzehnjährige fuhr sich durch das Haar und schloss die Augen. "Ihr habt in den letzten Monaten immer so viel Panik verbreitet von wegen Trennungen und Liebeskrisen, da wäre so was ja wohl sehr fehl am Platze gewesen. Aber jetzt läuft alles hervorragend und wir können den Blick endlich nach vorn richten."

Ein Klopfen an der Tür ertönte. "Seid ihr bald mal fertig?" Es war die hysterische Stimme ihres Produzenten Sakano. "Die Sendung beginnt in zwanzig Minuten und vorher müsst ihr euch noch mit dem Studio und den Gegebenheiten vertraut machen!"

"Wir kommen!", rief Hiro und warf sich sein grünes Jackett über. Das Outfit, das sie während des Interviews trugen, war gleichzeitig ihr Bühnenoutfit.

"Dann mal los!", rief Shuichi und schon war er zur Tür hinaus.

"An Motivation fehlt es ihm wirklich nicht", meinte Suguru zu dem Gitarristen, der nur belustigt die Augen zusammenkniff und ihn nach draußen schob.
 

"Wow, ist das hier großartig!" Shuichi blickte sich mit großen glänzenden Augen um und sah dabei aus wie ein Kind, dem man eine Tüte Bonbons geschenkt hatte. "Schon seit ich neun war, habe ich jeden Samstag vor dem Fernseher gesessen und diese Sendung geguckt. Und nun steh ich echt hier als Gast!"

Sein bester Freund klopfte ihm lachend auf die Schulter. "Du bist ja ganz schön aufgewühlt! Keep cool, du bist jetzt einer von denen - den ganz Großen."

"Also, ich weiß nicht", erklärte Suguru skeptisch und schob die Hände in die Hosentaschen. "Ist auch nur ein stinknormales Fernsehstudio mit einem stinknormalen Hintergrund und einem stinknormalen Sofa, wo die Acts drauf sitzen. Würde ich jetzt nicht so in den Himmel loben."

"Du hast ja keine Ahnung!", brüllte Shuichi und einige Kameramänner blickten überrascht von ihren Geräten auf, die sie noch ein letztes Mal kontrollierten und einstellten. "Diese Sendung ist für die größten Chartacts und NUR DIE kommen hier rein!"

"Da muss ich dir absolut Recht geben", stimmte Seguchi zu, der soeben zu der Gruppe trat. "Diese Sendung ist eine wichtige Stufe zum absoluten Erfolg."

"Das erste Mal, als ich Chart-Pole sah, waren Nittle Grasper zum ersten Mal eingeladen." Begeistert blickte Shuichi zu seinem Chef auf. "Mann, das ist schon so lange her, dass es mir wie eine Ewigkeit vorkommt."

Tohma Seguchi lächelte. "Auch Nittle Grasper haben mal klein angefangen. Und Ryuichi war bei unserem ersten Besuch hier genauso nervös wie du."

Suchend wandte Shuichi den Kopf nach allen Seiten um. "Wo ist Sakuma-san eigentlich?"

"Er hält sich noch in der Garderobe auf. Keine Ahnung, ob er nervös ist, nach all den Jahren wieder hier zu sein, aber irgendwie ist er auffallend schweigsam und ruhig."

Hiro blickte ihn ungläubig an. "Ryuichi Sakuma und ruhig? Verzeihung, aber das klingt ein wenig widersprüchlich."

Tohma zuckte mit den Schultern. "Wer weiß, was los ist. So lange es seinen Job nicht beeinträchtigt, will ich mich da nicht einmischen."

"Ryuichi ist sehr still, wenn ihm was nicht passt", kam es von K, der zusammen mit Sakano vom Produzenten der Sendung kam. "Hat ihn irgendwas verärgert?"

"Nichts, von dem ich weiß. Tut mir Leid, aber ich muss noch ein paar Dinge wegen der Bühnenbeleuchtung klären." Danach ging Seguchi durch eine Tür rechts von der Bühne und ließ das Team von Bad Luck unter sich zurück.

"Was wohl mit Sakuma-san ist?", sinnierte Shuichi etwas besorgt, wurde aber von Fujisaki aus seinen Gedankengängen über das Wie und Warum gerissen.

"Auch du hast mal einen schlechten Tag. Jeder Star hat das, also sollten wir die Sache nicht unnötig aufpuschen."

"An deiner nüchternen Sichtweise erkennt man eindeutig deine Verwandtschaft zu Seguchi-san", murmelte Hiro und sah ihn an. "Mann, bei unserem Manager braucht man das aber auch." Schon spürte er kaltes Metall beunruhigend nahe an seinem Kopf.

"Hast du was gesagt, sweet?"

"Ach... iwo...!"
 

Ein Mann von der Regie nahm sich den beiden Gruppen an und erklärte jedem, wo er sitzen sollte. Alle nahmen auf einem langen, halbrunden Sofa Platz, wobei jede Band auf einer Seite saß. Links außen saß Suguru, daneben Hiro und in der Mitte, neben dem Platz des Moderators, Shuichi. Noriko hatte man rechts außen platziert und daneben Tohma. Nur Ryuichi, der auf der anderen Seite neben dem Moderator Platz nehmen sollte, war noch nicht erschienen.

Ungeduldig blickte Tohma auf seine Armbanduhr. "Wo bleibt er denn nur? Die Sendung beginnt in fünf Minuten."

"Soll ich ihn holen?", fragte K vom Rand aus und zog seine Magnum.

"Nicht nötig." Ryuichi stieg auf die Bühne und setzte sich stumm neben Tohma.

Noriko beugte sich ein Stück vor und blickte zu dem Sänger, der den Kopf gesenkt hielt. "Ryuichi, wo bist du denn so lange gewesen? Ich hatte schon Angst, du kommst vor Beginn der Sendung nicht mehr."

"Ich komme immer, das weißt du doch, Noriko-chan."

Shuichi lächelte, da Sakuma nun endlich da war. "Hallo, Sakuma-san."

Keine Erwiderung.

"Sakuma?"

Der Grünhaarige hob den Kopf und sah dem anderen Sänger direkt in die Augen. Shuichis Blut schien plötzlich zu Eis zu gefrieren, als er seinen kühlen und ernsten Blick sah. Unweigerlich musste er sich an den Moment erinnern, als er seine Stimme verloren hatte - es war haargenau der gleiche Blick wie damals.

Hiro bemerkte Shuichis schlagartige Veränderung und stieß ihm unauffällig mit dem Ellenbogen in die Seite. "Hey, Shu, was ist denn los?"

Er zuckte zusammen und wandte endlich die Augen von seinem großen Idol ab, der inzwischen den Kopf wieder gesenkt hatte. "Ah, nein! Alles in Ordnung."

Der Moderator gesellte sich zu ihnen, gab jedem die Hand und setzte sich dann zwischen die beiden Leadsänger, wofür der Pinkhaarige irgendwie dankbar war.

"Die Sendung beginnt in zwanzig Sekunden!", rief ihnen der Regiemann zu.

Als es endlich soweit war, ertönte das altbekannte Intro von Chart-Pole und der Moderator ließ den Applaus des Publikums ausklingen, bevor er in die Kamera sah und ein paar einführende Worte an die Zuschauer vor den Fernsehern richtete. Diese Sendung zeichnete sich unter anderem dadurch aus, dass sie live gesendet wurde.

"Ein fröhliches ,Hallo!' an unser Publikum und die unzähligen Zuschauer da draußen. Hier neben mir", er deutete nach rechts, "sitzen Nittle Grasper, die unsere Sendung bereits die letzten drei Wochen besuchten und inzwischen zu Dauergästen geworden sind. Allerdings sind sie heute mal nicht als Chartlist-Anführer da, sondern als Zweitplatzierte. Denn auf der anderen Seite von mir sind Bad Luck, die mit ihrem Song ,Glaring Dream' die Charts anführen. Im Gegensatz zu Nittle Grasper kann ich sie zum ersten Mal in unserer Sendung begrüßen und glaube, dass ich nicht zu viel sage, wenn ich behaupte, dass ich sie wieder sehen werde."

Wieder schenkte ihnen das Publikum Applaus.

"Es heißt, Nittle Grasper und Bad Luck hegen ein sehr freundschaftliches Verhältnis zueinander. Würden Sie dem zustimmen, Seguchi-san?"

Tohma nickte lächelnd. "Ja, so könnte man das bezeichnen. Einerseits sind Bad Luck natürlich noch immer meine Schützlinge, da ich unter anderem der Chef von N-G bin. Andererseits sind beide Bands fair zueinander und helfen sich gegenseitig, wenn es die Situation erfordert. Und selbstverständlich sind wir auch Konkurrenten."

"Die beiden Bands verbindet noch einiges mehr, als der Zuschauer jetzt vielleicht denken mag." Der Moderator sah zu Suguru. "Fujisaki-san, Sie zum Beispiel sind der Cousin von Seguchi-san."

Hiro sah seinen Sitznachbarn an und bemerkte, wie dieser leicht gekränkt, aber kaum merklich die Stirn in leichte Falten legte.

"Stimmt, wir sind miteinander verwandt. Allerdings würde ich das nicht überbewerten, da ich genau wie einige andere Keyboarder durch ein Auswahlverfahren musste, um zu Bad Luck zu kommen. Ich will ja nicht abstreiten, dass im Musikbusiness Beziehungen eine wichtige Rolle spielen, aber in diesem Falle wurde einfach derjenige gewählt, der am besten geeignet war."

"Nicht verwunderlich, schließlich ist N-G-Records besonders für seine Professionalität bekannt. Ukai-san, vielleicht möchten Sie die nächste Folge beantworten. Wie stehen Nittle Grasper zu dem Erfolg von Bad Luck?"

Noriko lehnte sich ein Stück zurück und lächelte kurz in die Kamera. "Alles in Allem sehen wir das sehr positiv. In den letzten drei Jahren, in denen Nittle Grasper eine Pause eingelegt hatten, war das Angebot an guten Bands trotz Tohmas Bemühungen doch verschwindend gering. Umso erfreulicher, dass Bad Luck sich nun so hervorheben. Eine neue Generation, die wir mit Freuden unterstützen."

"Das klingt doch sehr positiv. Eine seltene Erscheinung, dass sich Bands untereinander so unterstützen. Shindou-san, hatten Sie mit einem derartigen Erfolg gerechnet?"

Ehrlich schüttelte der junge Sänger den Kopf. "Nein. Die Chancen, dass wir in den Top Ten landen würden, standen zwar gut, aber gleich Platz Eins hatte wohl keiner von uns erwartet. Ich persönlich habe noch immer nicht ganz realisiert, was das für uns bedeutet, und im Moment kommt es mir eher wie eine Todsünde vor, Nittle Grasper von der Eins verdrängt zu haben." Verlegen kratzte er sich im Nacken. "Aber natürlich ist es schön, zu sehen, dass unsere Arbeit endlich Früchte trägt."

"Aber Nittle Grasper schlafen nicht", gab der Moderator, an das Publikum gewandt, zu denken. "Seguchi-san, Sie haben bereits eine neue Single in knapp drei Wochen angekündigt."

"Ja, wir..."

"Das ist nicht ganz richtig."

Alle starrten überrascht zu Ryuichi, der zum ersten Mal in der gesamten Sendung etwas sagte und nun den Kopf gehoben hatte.

Der Moderator schnappte kurz nach Luft und fragte dann bemüht ruhig: "Wie darf man das verstehen, Sakuma-san?"

Der Frontmann von Nittle Grasper streifte kurz mit seinem Blick Shuichi, dem ein kalter Schauer durch den Körper fuhr. "Wir werden noch diese Woche eine neue Single auf den Markt bringen."

Die übrigen Gäste zuckten bei diesen Worten unmerklich zusammen. Keiner von ihnen hatte davon gewusst. Allerdings beschlossen Tohma und Noriko, gute Miene zum Bösen Spiel zu machen, da ein Streit in einer Live-Sendung wohl kaum die geeignete Promotion war.

Hiro spürte förmlich, wie sich Shuichi neben ihm verkrampfte und diese Reaktion war nur zu verständlich. Das gerade eben war eine Kriegserklärung erster Klasse gewesen.

"Können Sie uns genaueres über die Single sagen?"

Sakuma schüttelte den Kopf und grinste dann leicht. "Ich denke, die Fans werden es uns verzeihen, wenn wir eine Überraschung daraus machen."

Nervös lachte der Moderator und blickte in die Kamera. "Da bin ich mir sicher. Liebe Zuschauer, Nittle Grasper werden sich jetzt zur Bühne begeben und ihren aktuellen Song ,Bright Day' spielen. Dann werden wir nach einer kleinen Werbepause Bad Luck mit ,Glaring Dream' hören."

Die zuerst genannte Band stand auf und Hiro wagte einen vorsichtigen Blick auf seinen Freund. Der wiederum starrte nur wie in Trance vor sich hin. "Shu? Hey, Shuichi!"

Bad Luck vs. Nittle Grasper

Soo, frisch aus London zurück gekommen und mich auch gleich über die Kommis gefreut. ^^ Deswegen ein neues Kapi, um euch zu erlösen. *höhö*

Meine Fanfic, wie sie auf meinem Laptop ist, ist so gut wie fertig. Werde mir dann gleich meine (neu erworbene) Gravi-CD einschmeißen und dran weitertippen.

Viel Spaß beim Lesen.

Eure Kat
 

~ Bad Luck vs. Nittle Grasper ~
 

"Das kann doch nicht normal sein", sagte Suguru zu K, als die Gruppe das Gebäude des Fernsehsenders verließ. Der Produzent lief nervös vor ihnen her und Shuichi und Hiro bildeten die Nachhut.

"Was kann nicht normal sein?", erkundigte sich der Amerikaner.

"Ich bitte Sie, das sollten Sie ja wohl am allerbesten wissen. Sakuma-san benimmt sich doch wirklich merkwürdig. Und das mit dem Song war definitiv nicht geplant. Hat man doch gesehen, dass Seguchi-san selbst total überrumpelt war."

"You think so?"

"Natürlich!" Wütend sah der junge Keyboarder zu seinem Manager auf, der gut zwei Köpfe größer als er selbst war. "Ich schätze Sakuma-san ja wirklich nicht als schlechten Menschen ein, doch das heute war echt mies. Als würde er Shuichi den Erfolg nicht gönnen und die Charts für sich beanspruchen wollen."

"Apropos Shuichi..." K sah über seine rechte Schulter und blickte zum Rest der Band.

"Jetzt mach nicht so ein Gesicht!", wollte Hiro seinen Freund aufmuntern, doch der starrte nur weiterhin auf den Boden. "Vielleicht wollte Sakuma-san seinen Fans auch nur eine Freude machen."

"Ach, glaubst du denn überhaupt selbst das, was du da sagst?", murmelte das pinke Häufchen Elend. "Ich verstehe es nicht. Hab ich ihm denn was Böses getan?"

"Nein, denn das könntest du gar nicht. Vielleicht hat er auch nur einen schlechten Tag erwischt."

Verzweifelt sah Shuichi zu ihm auf und in seinen Augen schimmerte es verdächtig. "Ach, gräbst du denn mal eben das Kriegsbeil gegenüber Leuten aus, die du als deine Freunde bezeichnest, wenn du einen schlechten Tag hast?"

Der Gitarrist seufzte und legte einen Arm um seine Schultern. "Ganz ehrlich, was willst du von mir hören? Ich weiß wirklich nicht, welche Absichten er hat, aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er es aus fiesen Motiven heraus tut. Wie wäre es, wenn ich dich nach Hause fahre und du dich von deinem geliebten Yuki trösten lässt? Der schafft das im Moment sicher besser als ich."

Shuichi nickte leicht. "Ja, ist wohl besser. Der Tag war ziemlich anstrengend."
 

"Halte mir jemand bitte eine Waffe an den Kopf und drücke ab!" Noriko ging unablässig im Aufenthaltsraum von Nittle Grasper auf und ab. Tohma hingegen saß am Tisch und wirkte um einiges ruhiger, wobei das nie wirklich auf seinen wahren Gefühlszustand schließen ließ. "Zum Geier, was hat er sich nur dabei gedacht?"

"Wer?", kam es von Ryuichi, der soeben den Raum betrat.

"DU! Was fällt dir ein, eine Single innerhalb der nächsten sieben Tage anzukündigen?!" Sie war wirklich außer sich und ignorierte völlig seinen ernsten Blick. "Sänger hin oder her, aber so was wird immer noch bandintern geklärt, klar?"

"Tut mir Leid, aber dafür ist es jetzt ohnehin zu spät", erklärte Ryuichi tonlos. Nicht einmal seine Gesichtszüge veränderten sich. Dennoch ließen seine Augen erkennen, dass es ihm wirklich Leid tat.

"Jetzt können wir auch nichts mehr dran ändern", seufzte Tohma und stand auf. "Einen Song innerhalb weniger Tage zu produzieren und CDs zu pressen, ist zwar nicht gerade ein Spaziergang, aber auch nicht unmöglich."

"Klasse, fang du auch noch an!", murrte die Keyboarderin und stemmte die Arme in die Hüften. "Und woher sollen wir bitte den Songtext kriegen?"

"Keine Sorge, Noriko-chan."

Stumm drehte sie wieder den Kopf zu dem Sänger um, der ihr einen bekritzelten Zettel zeigte. "Das hier ist die Rohfassung und den fertigen Text kriegt ihr dann morgen. Ich werde natürlich auch mit an den Arrangements arbeiten."

Tohma verstand die Welt nun genau so wenig wie Noriko. Zwar hatte er schon vor langer Zeit gelernt, mit dem ungewöhnlichen Verhalten, das Ryuichi oft an den Tag legte, umzugehen, doch das hier war anders. Das war hirnrissig. "Sag mal, wann hast du den denn geschrieben? Die Sendung ist doch erst seit einer knappen Viertelstunde vorbei."

"Letzte Nacht", war die kurze Antwort.

Noriko war knapp davor, ihrem grünhaarigen Kollegen eine zu scheuern. "Du hattest das schon von Anfang an vor? Warum hast du es nicht gesagt?"

"Weil ihr dann abgelehnt hättet."

"Und das auch mit verdammt gutem Recht! Du kannst dich doch nicht einfach über den Rest der Band hinwegsetzen."

Nun legte der Keyboarder beschwichtigend eine Hand auf ihre Schulter. "Bitte beruhige dich! Schreien hilft uns da leider auch nicht mehr raus und ein Streit ist das letzte, was wir gebrauchen können."

Sie atmete tief durch... einmal... zweimal... dreimal... und fühlte sich nun um einiges ruhiger. "Also nehmen wir die Single auf?"

Es folgte ein Nicken seitens Sakuma. "Ja, das werden wir. Ich gehe jetzt nach Hause und arbeite den Text zu ende aus." Danach drehte er sich zur Tür und drückte die Klinke herunter.

"Morgen früh auf ein Wort in meinem Büro?", fragte Tohma, was jedoch keinesfalls eine Frage war, auch wenn sie als solche gestellt worden war.

"Natürlich." Und schon war Ryuichi wieder verschwunden.

Besorgt blickte Noriko auf den rosa Stoffhasen, den er vergessen hatte. "Irgendwie kommt es mir so vor, als würde Kumaguro heute traurig aussehen..."
 

Als Shuichi nach Hause kam, saß Yuki wie üblich an seinem Laptop und tippte. Das beständige Klicken der Tasten durchbrach die Stille der Wohnung und wurde nur von kleinen Pausen unterbrochen.

Vorsichtig öffnete Shuichi die Tür zum Arbeitszimmer und sah hinein. "Yuki?" Seine Stimme klang leise und rau. Zu furchtbar war der Tag gewesen und er wusste, dass er jetzt jemanden brauchte, dem er von seinen Sorgen berichten konnte, und dabei war es ihm egal, ob er Yuki bei der Arbeit störte.

"Was ist denn?", murmelte der Autor, ohne vom Bildschirm aufzublicken.

"Kannst du bitte ins Wohnzimmer kommen und ein bisschen mit mir reden?", fragte sein Geliebter kleinlaut, da er sich selbst schon dreist fand.

"Kann ich nicht", kam die harte Antwort und sie wurde schärfer ausgesprochen als beabsichtigt. "Ich muss das Manuskript endlich mal fertig kriegen, da die Deadline näher rückt."

Stille.

Nun spürte der junge Sänger, wie für ihn alles noch unerträglicher wurde und sich ein unbeschreiblicher Druck in seiner Brust aufbaute. "Es tut mir Leid, ich werde dich nicht weiter stören." Leise schloss er die Tür und tapste ins Wohnzimmer, wo er sich mit angezogenen Beinen auf die Couch setzte.

Es war zum Verzweifeln. Was war nur geschehen? Ryuichi Sakuma, das einzige Idol, das er je gehabt hatte, hatte sich gegen ihn gewendet und er wusste nicht einmal den Grund dafür. Er verstand es einfach nicht, sein Gehirn war wie gelähmt. Hatte Sakuma ihn nicht selbst als Freund bezeichnet? Oder hatte er den älteren Sänger einfach immer nur falsch eingeschätzt?

Heiße Tränen fanden ihren Weg über seine Wangen und er legte die Hände an sein Gesicht, um sie zu stoppen, doch immer wieder fanden sie ihren Weg durch seine Finger und schließlich landeten sie im Schoß. Verzweifelt schluchzte er, auch wenn er es zu unterdrücken versuchte. Er war nicht mehr Herr seines Körpers.

Er hatte rein gar nichts mehr unter Kontrolle.

Was, wenn er sein ganzes Leben über in einer Lüge gelebt hatte und sich die Wahrheit als tausendmal schlimmer darstellte? Vielleicht würde ihm dann die Kraft fehlen, so weiter zu machen wie bisher.

Wieder entwich ihm ein Schluchzen, diesmal lauter. Sein Hals schmerzte, als er das nächste zurück drängte. Yuki sollte nicht mitbekommen, dass er weinte, denn dann würde er sich nur genervt fühlen und sauer werden.

Eine Hand legte sich auf seinen Kopf und Shuichi blickte überrascht auf. Vor ihm stand Yuki und er hasste es, dass dieser ihn schon wieder weinen sah.

"Du bist ganz schön verzweifelt, was?", fragte der Blonde und setzte sich neben ihn. "Ich hab's im Fernsehen gesehen. Dieser Sakuma hat echt Nerven."

"Was soll ich denn nur tun?", wollte Shuichi mit heiserer Stimme wissen.

"Aufhören zu weinen."

Ein bitteres Lächeln zog sich über sein Gesicht, über das noch immer Tränen rannen. "Ist so einfach gesagt..."

"Hör mal..." Eiri nahm seine Brille ab und legte sie auf den niedrigen Tisch vor dem Sofa. "Ich weiß, es war ein Schock für dich, aber die Welt dreht sich weiter. Wenn du dich jetzt unterkriegen lässt, wird sie das allerdings ohne dich tun."

"Ich weiß nicht, ob ich die Kraft dazu finde."

Ein leises Lachen ertönte neben ihm und Shuichi sah seinen Partner vorwurfsvoll an. "Warum lachst du über mich?"

Doch Yuki lächelte nur warm und sah ihn an. "Ich musste nur gerade feststellen, dass du ein echt komisches Kerlchen bist. Folgst mir bis nach New York, weil du mich nicht aufgeben willst, aber lässt dich von einem Sänger unterbuttern, der noch mit Plüschtieren spielt."

"Ich frage mich nur, warum Sakuma uns den Erfolg nicht gönnt."

Sein Geliebter drehte sich zu ihm und legte eine Hand an seine Wange. "Hör auf, dich ständig zu fragen. Ich habe es dir schon einmal gesagt, dass du einfach zu viel fragst. Die Antworten kannst du ohnehin jetzt nicht finden, also hör auf, dir unnötig Kopfschmerzen zu bereiten." Um seine Worte zu unterstreichen, wischte er die Tränen weg und gab Shuichi einen leichten Kuss.

Der Jüngere seufzte ungewollt bei dieser Berührung, die so sanft war, dass sich sein Herzrhythmus beinahe verdoppelte. Mit halb geöffneten Augen sah er den Mann an, den er liebte, und entdeckte in dessen Gesicht eine ungekannte Wärme, die ihm mehr als ein einfacher Trost war. Viel mehr. "Yuki, ich liebe..."

Doch dieser legte ihm nur einen Finger auf die Lippen und flüsterte leise: "Ich weiß. Und jetzt schalte deine Gedanken aus und lass dich einfach fallen."

Das nächste, was Shuichi spürte, waren seichte Küsse auf seinem Hals und eine Hand, die sich langsam unter seinen Pullover schob. Er schloss die Augen und vergaß. "Yuki..."
 

"Zum Kotzen."

Suguru sah Hiro über den Tisch des Cafés hinweg an und hob die Augenbrauen. "So schlimm also?"

Der Gitarrist stellte seine Kaffeetasse hart ab und seufzte. "Ich kenne Shuichi schon seit der ersten Klasse. Wir waren immer die dicksten Freunde, obwohl man uns ständig sagte, wir seien wie Tag und Nacht. Er, der Aufgedrehte und Klassenschlechteste, und ich, der ruhige Überflieger. Trotzdem haben wir jeden Mist zusammen gebaut und ihn auch zusammen ausgebadet. Wir entwickelten schnell das gemeinsame Interesse für Musik. Er sang jeden Song mit, den er auch nur halbwegs konnte, und ich lernte Gitarre zu spielen. Und als wir neun Jahre alt waren, traten Nittle Grasper in unser Leben, vor allem in seins. Keine Ahnung, ob du das so einfach nachvollziehen kannst, aber Ryuichi Sakuma war Shuichis Gott. Er hat alle Videos von Nittle Grasper gesehen, bis er sie auswendig kannte, und war bei jedem ihrer Konzerte. Ich stell mir das Gefühl nicht besonders schön vor, vom großen Idol den Krieg angesagt zu kriegen. Es ist ganz klar, dass Shuichi jetzt erst einmal in eine Krise rutschen wird."

"Er muss darüber hinwegkommen."

Überrascht hob Hiro den Kopf und sah den Sechzehnjährigen an. "Was meinst du?"

"Ganz einfach." Suguru nahm einen Schluck von seinem Eiskaffee. "Mag sein, dass Sakuma-san eine wichtige Rolle in Shuichis bisherigem Leben gespielt hat. Aber das ist inzwischen vorbei und das hat er auch begriffen. Bad Luck ist eine eigenständige Band geworden und er ein eigenständiger Sänger. Er hat sich zu einem individuellen Wesen entwickelt und ist nicht mehr auf Sakuma-san angewiesen. Zumindest nicht mehr in diesem Maße. Es wäre demnach ein Fehler, alles von dessen Gunst oder Ungunst abhängig zu machen. Freundschaften sind nun mal nicht immer so viel wert im Showbiz. Sakuma-san tut auch nur das, was er als richtig erachtet. Und das ist in diesem Falle, den Wettkampf gegen Bad Luck zu gewinnen. Freundschaft und Konkurrenz sind enge Nachbarn, so ist das nun einmal."

"Ich wusste gar nicht, dass du so tiefsinnig sein kannst."

Wieder setzte Suguru sein typisches Lächeln eines unschuldigen jungen Mannes auf. "Stille Wasser sind tief. Und ich bin mir sicher, dass Shuichi auch noch drauf kommt, selbst wenn der alles andere als still ist."

Hiro leerte seine Tasse und musste grinsen. "Das kannst du wohl sagen."
 

Langsam wurde die Musikzeitschrift wieder auf den Schreibtisch gelegt und auf der aufgeschlagenen Seite konnte man in roten Buchstaben lesen: "Holen Nittle Grasper jetzt zum Schlag gegen Bad Luck aus?"

Tohma hatte zwar Gewalt über vieles, was abgedruckt wurde, aber diesmal hatte er es nicht schnell genug verhindern können. Wenn sogar schon die Öffentlichkeit den Stunk roch, dann war höchste Vorsicht geboten. Nicht nur der Ruf von Nittle Grasper stand auf dem Spiel, sondern auch der von Bad Luck und N-G.

Endlich öffnete sich die Tür und ein stiller Ryuichi betrat das Büro.

"Guten Morgen, Ryuichi", begrüßte Tohma ihn freundlich und stand von seinem Stuhl auf. "Hast du schon die Schlagzeilen wegen der Sendung von gestern gelesen?"

"War nicht zu übersehen." Sein Freund nahm das rote Cappi ab und sah ihn mit den gleichen Augen vom Vortag an. Die Situation hatte sich also kein Stück gebessert.

"Lass uns offen sein!", sagte der Chef von N-G und blickte kurz aus dem Fenster. "Ich mache mir Sorgen und zwar einen riesigen Berg davon. Du wirst verstehen, dass ich es mir ungern mit meinen eigenen Musikern verscherze."

Sein Gegenüber erwiderte nichts, sondern wartete einfach darauf, dass er weiter sprach.

"Bad Luck sind, abgesehen von Nittle Grasper, mein bestes Pferd im Stall und verbrochen haben sie auch nichts. Zudem kann ich mir nicht vorstellen, dass es dir um die Chartposition geht. Die war dir schon immer egal, Hauptsache du hattest deinen Spaß." Tohma drehte sich zu ihm um und sah ihn ernst an. "Warum also?"

"Nicht nur du fühlst dich für Shuichi verantwortlich." Ruhig ging er auf den Schreibtisch zu und lehnte sich dann dagegen, während er leicht abwesend an die Decke starrte.

"Shindou ist jung und du bist sein Idol. Ich schätze, mit der Sache gestern hast du ihn sehr verletzt", gab der Blonde zu bedenken.

"Das muss ich in Kauf nehmen. Und gerade weil er so jung ist, braucht er einen kleinen Schubs in die richtige Richtung."

"Er erinnert dich an dich selbst", stellte Tohma leicht lächelnd fest.

Der Grünhaarige nickte ein wenig. "Ich war damals genau wie er und habe mich auch genau wie er gefühlt, als wir unseren ersten Erfolg hatten. Aber ich habe dazu gelernt."

Mit langsamen Schritten ging Tohma zu seinem Freund und stellte sich direkt vor ihn. "Du willst ihm also etwas zeigen. Wenn du dieses Bedürfnis verspürst, dann tu es, schließlich bist du vernünftig. Nur deine Maßnahmen sind ein wenig hart, findest du nicht?"

Weiterhin an die Decke starrend, verschränkte Ryuichi die Arme vor der Brust und seufzte leise. "Und auch damit werde ich leben müssen. Ist sicher nicht die netteste Methode, aber wahrscheinlich die effektivste." Dann griff er in die Innenseite seiner Jacke und holte einen zusammengefalteten Zettel heraus. Er grinste schief. "So, und jetzt lass uns den Song machen!"
 

Im Gemeinschaftsraum herrschte eine erdrückende Stille. Das gesamte Team von Bad Luck saß am Tisch und jeder schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen.

"So what shall we do?", warf K in die Runde.

Ein bisschen ahnungslos zuckte Suguru mit den Schultern. "Zusehen, wie Nittle Grasper uns von der Eins stoßen?"

Ihr Produzent, Sakano, hatte den Kopf auf den Tisch gelegt, auf dessen Platte sich nun eine verdächtige Pfütze bildete. "Das ist der Untergang. Der Chef hasst uns."

"So ein Blödsinn!", widersprach Hiro energisch. "Seguchi-san wurde von der Sache mindestens genauso überrascht wie wir."

Durch ein Nicken bestätigte K dies. "That´s right. Es war allein Ryuichis Entscheidung."

"Echt, langsam kann ich den Typ nicht mehr ab", meinte Fujisaki mit verkniffenem Gesicht. "Meinetwegen ist er der erfolgreichste Sänger, den Japan im letzten Jahrhundert erlebt hat, aber das gibt ihm noch lange nicht das Recht, sich einfach über alles und jeden hinwegzusetzen."

Hiro verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lehnte sich zurück. "Cool bleiben, Fujisaki. Sich darüber aufzuregen, bringt uns auch keine Pluspunkte."

"Totale Zeitverschwendung", stimmte K zu und nippte gelassen an seinem Kaffeebecher. "Nittle Grasper machen ihre Single, das steht fest. Sich darüber aufregen bringt keinen von uns voran. Wir müssen eine eigene Aktion starten, wenn wir uns nicht den Käse vom Brot nehmen lassen wollen."

"Butter", nuschelte Sakano und sah ihn an. "Es heißt ,sich die Butter vom Brot nehmen lassen'. Und was sollen wir denn bitteschön im Gegenzug tun? Uns als Gespenster verkleidet vor ihrer Kabine aufbauen und ,Buh!' rufen?"

"Jetzt werden Sie mal nicht albern! We need a good idea, ansonsten können wir gleich einpacken."

"Ist doch klar, was wir tun." Es war das erste Mal während der gesamten Sitzung, dass Shuichi etwas sagte. Bisher war er nur stiller Zuhörer gewesen, der zudem auch noch so abwesend gewirkt hatte, dass sich nicht wirklich jemand getraut hatte, ihn nach seiner Meinung zu fragen. Aber jetzt, wo er von allein zu reden begann, hatte er die ungeteilte Aufmerksamkeit aller. "Wir machen eine neue Single. Ich lass mich nicht unterkriegen, nicht kampflos. Das habe ich noch nie getan und ich habe nicht vor, damit anzufangen, nur weil mein Konkurrent diesmal Sakuma Ryuichi ist." Entschlossen stand er auf und schlug beide Hände auf den Tisch. "Er will Krieg? Den soll er haben. Wir sind gut, verdammt gut. Endlich haben wir es hierher geschafft und das gebe ich nicht auf!"

Überrascht sah Hiro zu seinem Freund auf. "Wow, du meinst es ernst."

Suguru sprang auf und ballte die rechte Hand zur Faust. "Die Einstellung gefällt mir! Los, lasst uns eine Single machen, dass Nittle Grasper sich wünschen, uns nie herausgefordert zu haben!"

"Ja!"
 

Es war früher Abend, als Shuichi nach Hause kam. Genau die richtige Zeit, um zusammen mit Yuki zu essen. Shuichi schwebte wie auf Wolken, seit sein Liebster sich letzte Nacht so liebevoll um ihn gekümmert hatte. Es war gut, zu wissen, dass es immer jemanden gab, der auf einen wartete und der einen aufbaute, wenn man es brauchte.

"Hallo, Yuki!", rief er in die Wohnung hinein, obwohl er natürlich wusste, wo er die gesuchte Person finden würde. Also ging er zum Arbeitszimmer und steckte seinen rosa Schopf durch die Tür. "Ich bin wieder da. Wollen wir zusammen was..."

"Schnauze!"

Überrascht riss Shuichi die Augen auf und starrte den Autor an, der dort am Laptop saß und auf den Bildschirm starrte. Der Aschenbecher auf dem Schreibtisch war voller Kippen und auch zwischen Yukis Lippen befand sich eine qualmende Zigarette. Ein sehr ungewohnter Anblick, da er eigentlich nicht der Mensch war, der im Arbeitszimmer rauchte.

Der Blonde drehte den Kopf und sah Shuichi an. "Hau ab!"

Der junge Sänger wusste nun gar nicht mehr, wo oben und unten war. Womit hatte er denn diese schroffe Behandlung verdient? Heute Morgen war alles noch absolut harmonisch gewesen - er war sogar in Yukis Armen aufgewacht - und nun schien alles nur ein Traum gewesen zu sein, der viel zu schön war, als dass er echt sein konnte. "Aber, ich dachte, wir könnten..."

"Bist du taub?", herrschte ihn der Schriftsteller an und warf ihm einen kalten Blick zu. "Ich arbeite, siehst du das denn nicht? Du störst!"

Als er in diese Augen sah, zuckte Shuichi zusammen. Sie waren so hart, dass es ihm eine Gänsehaut bereitete. "Tut mir Leid..."

Der Mann wandte den eisigen Blick wieder dem Monitor zu. "Kannst du jetzt bitte rausgehen oder soll ich dir erst deinen verdammten Hals umdrehen?"

Wortlos schloss Shuichi die Tür und ließ seinen Lebensgefährten wieder allein. Was war nur geschehen? Hasste ihn jetzt die ganze Welt? Aber diesmal wollte er nicht weinen und er würde es auch nicht. Also tapste er ins Wohnzimmer, nahm sich einen Block und Stift und begann, am neuen Songtext zu arbeiten.

Kaum hatte sich die Tür geschlossen, hatte Yuki sich zurück gelehnt und starrte nun dem feinen Rauch nach, der von der Spitze seiner Zigarette aufstieg. Er war sich durchaus bewusst, dass er unangemessen hart mit seiner kleinen Nervensäge umgegangen war. Sicher, Shuichi hatte ihn gestört, aber hatte er sich denn nicht geschworen, ihn jetzt besser zu behandeln? Und der junge Sänger hatte ihm ja auch nichts angetan. Nein, ihn plagte ein ganz anderes Problem.

Sein Roman steckte nun schon seit drei Tagen absolut fest. Die Zeilen mühten sich geradezu aus seinem Hirn, über die Tastatur auf den Monitor. Nicht einmal das letzte Wort des Satzes war zu ende geschrieben. In seinem neuesten Roman sollte es um eine Frau gehen, die ihren Mann wegen seines Geldes geheiratet hat und deshalb auch ganz gut lebt. Doch dann lernt sie in einem Buchladen einen gewöhnlichen Mann aus der Arbeiterklasse kennen, verliebt sich in ihn und verlässt deshalb den reichen Sack. Ihre Familie übt daher Druck auf das frische Paar aus und treibt den jungen Mann somit in den Freitod.

Yuki stützte die Ellenbogen auf dem Tisch ab und vergrub die Hände in den Haaren. Was ihm daran missfiel? Tja, so einiges. Bis vor wenigen Tagen hatte ihm sein Roman noch gefallen, doch nun schien er geradezu vor armseligem Geschnulze zu strotzen. Eine Frau, die des Geldes wegen heiratete und das alles dann für die Liebe aufgab? Ein jämmerliches Idealbild, das man nirgends finden konnte. Und auch die Sache mit dem Buchladen störte ihn. Wieso ausgerechnet ein Buchladen? Noch lebhaft erinnerte sich Yuki an die Worte, die er damals Kitazawa in einem New Yorker Bookstore gesagt hatte: "Wenn ich groß bin, will ich später auch mal Schriftsteller werden."

Es war wie ein übler Traum.

Yuki zog die obere Schreibtischschublade auf und holte ein angefangenes Manuskript daraus hervor. Nicht zu glauben, dass er es bereits zu zwei Dritteln geschrieben hatte, als er es endlich verworfen und in die Untiefen seines Schreibtisches verbannt hatte! Und jetzt schien es regelrecht nach ihm zu rufen, wollte abgeschlossen werden. Er wusste, bevor das nicht getan war, konnte er seinen jetzigen Roman nicht beenden. Seine Finger und sein Kopf würden sich schlicht weigern. Ein Seufzen entkam über seine Lippen und er drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. In zwei Tagen konnte er fertig sein.
 

tbc...
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Tja, was ist nun los? Warum ist Yuki auf einmal so kühl? Was ist das für ein Manuskript? Werden Bad Luck einen richtig guten Song zustande bringen? Was ist mit Ryuichi los? Wer wird die Spitze der Charts erobern?

Zumindest einige dieser Fragen werden im nächsten Kapi beantwortet.

Chase after a white breeze!

So,

Ich habe mich dazu entschlossen, dass ich den übrigen Teil meiner FF nicht in zwei Kapis aufsplitten werde und ihn vollständig hier hochlade. Deswegen ist er auch doppelt so lang wie normalerweise, was ihr mir aber sicher verzeihen werdet. Vielen Dank für eure lieben Kommentare und ich hoffe, ihr werdet an diesem Teil Spaß haben. Ich hatte ihn beim Schreiben. ^^

Gruß und Knuddel von Kat
 

~ Chase after the white breeze! ~
 

"Ich hab den Text!", verkündete Shuichi, als er am nächsten Morgen ins Aufnahmestudio kam. Demonstrativ wedelte er mit dem Stück Papier in seiner Hand herum.

"Morgen, Shuichi", begrüßte ihn sein Freund Hiro und nahm den Zettel an sich.

Fujisaki, K und Sakano stellten sich hinter den Gitarristen und lasen den Text.

"Ah, Shuichi...", begann Sakano kleinlaut und rückte seine Brille zurecht. "Wie soll ich sagen?"

Auch Hiro lächelte ihn nur entschuldigend an. "Bei aller Freundschaft, aber..."

"Den Song können wir unseren Fans nicht antun", beendete Fujisaki das Herumgedruckse.

"Waaaaas?!" Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Shuichi ließ sich auf einen Stuhl sinken und senkte den Kopf. "So schlecht, ja?"

"Oh, is it?", fragte K und nahm das Blatt an sich. "Klingt doch nett. Nur das mit dem Zitronenkuchen hab ich nicht ganz verstanden."

"Klingt eher wie eine Backanleitung", war Hiros vernichtendes Urteil.

Der junge Keyboarder verschränkte die Arme vor der Brust und schloss die Augen. "Ich weigere mich, für so einen ,Song' die Arrangements zu machen."

"Du hast ja keine Ahnung, wie viel Zeit und Mühe er mich gekostet hat!", murmelte Shuichi anklagend, während er noch mehr in sich zusammen sank.

"Den Song können wir nicht machen! Außer du hast Lust, dich von Nittle Grasper auslachen zu lassen."

Nun ließ der Verfasser des Textes die Schultern sinken und verstummte gänzlich.

"Na gut, dann ist der Text eben nicht so der Bringer", meinte Hiro beschwichtigend und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Du kriegst schon noch was zustande. Dann arbeiten wir heute erst mal am Sound und du schreibst was dazu, ist das in Ordnung?"

Betreten nickte Shuichi zur Antwort. "Mit mir könnt ihr heute nicht viel anfangen."

"Wer weiß, vielleicht bist du ja wenigstens beim Sound produktiv."

"Hört mal", begann Fujisaki und holte eine Mappe mit Notenblättern aus seiner Tasche. "Ich hab's ja schon voraus geahnt, dass ihr einen neuen Song aufnehmen wollt, also habe ich mir schon mal Gedanken gemacht. Mit ein bisschen Zusammenarbeit wird der Song richtig gut... Na ja, wenn wir dann den Text haben."

"That's great!", sagte K enthusiastisch und schlug dem Sechzehnjährigen so hart auf den Rücken, dass der fast nach vorn kippte. "So let's go!"
 

Endlich war die Arbeit am Sound beendet und Shuichi machte sich auf den Weg nach Hause. Er fragte sich, was ihn wohl erwarten würde, nachdem sich Yuki am Vortag so kühl - ja sogar aggressiv - verhalten hatte. Wenn er richtig darüber nachdachte, wollte er es lieber nicht erfahren. Alles, was jetzt kommen konnte, würde in einem totalen Chaos enden. Im Kopf ging er die Optionen durch:

Entweder kam er nach Hause und Yuki würde im Arbeitszimmer sitzen und ihn einfach ignorieren. Dann würde Shuichi an einem Text schreiben, der halb langweilig, halb schlecht war, und versuchen, seinem Partner nicht auf die Nerven zu gehen.

Oder Yuki würde ihn sofort zusammenstauchen und Shuichi würde sich an einen Songtext setzen, der total schlecht war.

Oder Yuki würde wieder nett zu ihm sein und ihm tröstende Worte sagen. Dann würde Shuichi gar keinen Text schreiben, da er sich permanent Sorgen machen würde, ob die Stimmung seines Geliebten nicht wie das Aprilwetter von Sonne auf Gewitter umschlägt.

Aber natürlich kam es anders.

Kaum war die Wohnungstür hinter ihm leise ins Schloss gefallen, hörte er zwei Stimmen aus dem Wohnzimmer, die er ohne Probleme Yuki und Tohma zuordnen konnte. Eigentlich war Shuichi nicht der Typ, der gern anderer Leute Gespräche belauschte, aber so verstand er vielleicht, was mit Yuki los war. Immerhin vertraute er Tohma sehr spezielle Dinge an. Also blieb er stehen und lauschte.
 

"Wenn es dein schriftstellerisches Ego verlangt, solltest du dem Drängen nachgeben. Immerhin hast du selbst gesagt, dass du dich vorher nicht auf deine eigentliche Arbeit konzentrieren kannst", meinte Tohma und stellte seine Tasse Kaffee auf dem Tischchen ab.

Yuki steckte sich eine Zigarette an und lehnte sich zurück in das Sofapolster. "Es fehlt nur noch ein Kapitel."

"Wirst du es deinem Verlag anbieten?"

Der Autor überlegte kurz. "Wahrscheinlich. Zur Not auch unter einem weiteren Pseudonym."

Nickend schloss Tohma die Augen. "Im Verlagswesen fehlt mir da leider der Durchblick, aber du wirst schon die richtigen Entscheidungen treffen."

"Wird schon schief gehen." Eiris Blick wurde wieder kühler und er sah seinen langjährigen Freund ernst an. "Bei euch steht ja zurzeit auch die Luft unter Strom, was?"

"Ich nehme an, du spielst auf die neue Single von Nittle Grasper an." Entschuldigend zuckte der Plattenboss mit den Schultern. "Darauf hatte ich keinen Einfluss. Shindou hat es dir ja ganz sicher erzählt."

"Geheult hat er", meinte Yuki tonlos und drückte seinen Zigarettenstummel im Aschenbecher aus. Er streckte die Hand nach der Zigarettenschachtel aus, überlegte es sich dann doch anders und zog sie wieder zurück. "Hat echt genervt. Nicht besonders professionell."

"Der Stress macht einem eben zu schaffen und Shindou hat auch reichlich nahe am Wasser gebaut."

"Ich rede doch nicht von diesem kleinen Baka. Du bist doch Produzent und Manager von Nittle Grasper, oder? Dann sag mir mal bitte, wie es kommt, dass dein Sänger plötzlich Flausen im Kopf kriegt und einfach irgendwelche Singles ankündigt. Will er Shuichis Band von der Eins kicken?"

"Nein. Ich schätze, das wäre dann nur ein Nebeneffekt, der Ryuichi egal ist."

Yuki lachte leise. "Also will er ihn ärgern?"

Lächelnd nahm Tohma wieder seine Tasse und trank einen Schluck. "Ryuichi ärgert Leute nicht aus Spaß und schon gar nicht Shindou. Zu mir sagte er nur, er möchte ihm etwas zeigen."

"Belehrend den Finger heben? Was für ein Apostel..."
 

"Möchtest du eine Cola?", fragte Hiro, während er in seinen Kühlschrank blickte.

Aus dem Wohnzimmer kam keine Antwort.

Der Gitarrist entschied für den jungen Sänger und kam mit einer Dose Cola zurück in den Raum, in dem Shuichi auf dem Sofa saß. "Fang!", warnte er und warf ihm das Getränk zu.

"Danke", murmelte sein bester Freund und starrte auf seine Hände, die die Dose unablässig hin und her warfen.

"Nun sag doch mal, was dich am meisten stört." Ohne zu fragen, setzte sich Hiro neben ihn, nahm ihm die Cola wieder ab und öffnete sie für ihn. "Dass du nicht weiß, was dir Sakuma-san beibringen will, oder dass Yuki mal wieder so abweisend zu dir ist?"

"Wenn ich das so genau wüsste..." Leise seufzte Shuichi. "Momentan ist es wohl die Sache mit Yuki. So wenig habe ich ihn noch nie verstanden. Den einen Abend ist er total lieb zu mir und so sanft und zärtlich, dass alle meine Sorgen vergesse, und zwei Tage später sagt er, mein Geheule hätte ihn genervt. Das ist doch total widersprüchlich."

Der Mann neben ihm ließ sich einige Sekunden zum nachdenken Zeit, bevor er antwortete: "Ich glaube ja nicht, dass es ihn genervt hat. Hätte es das getan, hätte er dich nicht getröstet, sondern vor die Tür befördert. Du weißt nicht, ob er zurzeit einfach nur im Stress ist. Steht nicht in zwei Wochen ein neuer Roman von ihm an?"

Nun meldete sich Shuichis Schuldbewusstsein. "Wenn ich ehrlich bin, habe ich ihn nicht gefragt. Tu ich ja eigentlich nie. Weißt du, ich sehe ihn nie als Schriftsteller, für mich ist er immer nur Yuki. Total idiotisch, wenn man sich überlegt, dass das sein Pseudonym ist."

"Ich würde mir da an deiner Stelle keine Vorwürfe machen. Ist doch ganz logisch, dass du ihn nicht als das siehst, was er für die meisten ist. Du liebst ihn, da kann es dir herzlich egal sein, ob er Romane schreibt oder nicht."

"Hiro, mal ganz ehrlich." Shuichi hob den Kopf und sah ihn an. "Auch wenn du ihn nicht leiden kannst, aber... Findest du, dass das Zusammensein mit Yuki mir schadet? Der Songtext heute war schließlich nicht der beste."

Diesmal dauerte es etwas länger, bis eine Antwort kam. "Gravitation."

"Bitte?"

"Mal angenommen, du fragst fünf beliebige Menschen, was Gravitation ist - jeder würde dir etwas anderes antworten. Für mich heißt es Schwerkraft. Und Yuki ist deine Gravitation."

Zweifelnd hob Shuichi eine Augenbraue und sein Blick sagte: Du spinnst doch.

"Okay, sieh es mal so... Yuki ist das einzige, das du mindestens genau so sehr liebst wie die Musik. Ohne ihn würdest du dich also nur völlig der Musik zuwenden. Doch Yuki gleicht die Waage aus und sorgt dafür, dass du dich auch um dich selbst kümmerst. Insofern würde ich sagen, dass er deine Gravitation ist, immerhin ist er der Grund dafür, dass du mit beiden Füßen fest auf dem Boden stehst. Und wenn du mich fragst, ob er nicht gut für dich ist, so kann ich zumindest erwidern, dass Gravitation nichts Schlechtes ist." Er drehte den Kopf und sah Shuichi an. "Kapiert?" So richtig hatte er ja nicht damit gerechnet, aber sein Freund nickte.

"Und zu deinem Songtext: Du hast eben nicht gerade die besten Tage deines Lebens und dein Kopf schwirrt auch noch wegen der Sache mit Sakuma-san. Ich schätze, sobald sich eines deiner Probleme gelöst hat, wird es wieder bergauf gehen."

"Ich danke dir, Hiro", sagte Shuichi und ein ehrliches Lächeln trat in sein Gesicht. "Mir geht es schon etwas besser."

"Das freut mich." Er warf einen Blick auf die Uhr und fuhr sich durch das Haar. "Mann, jetzt ist es schon richtig spät geworden. Soll ich dich nach Hause bringen oder willst du hier übernachten?"

"Ob ich nun hier auf dem Sofa schlafe oder bei Yuki, macht doch keinen Unterschied. Außerdem will ich ihn nicht stören, da er ja offenbar noch ein Kapitel zu schreiben hat."

"Schon klar", meinte Hiro und deutete auf die Coladose, die noch immer so gut wie unberührt war. "Und jetzt trink deine Cola."
 

Es war zum Ausrasten! Der Sound war fertig, die Arrangements warteten nur noch darauf, auf seinen Gesang abgeglichen zu werden und er saß hier in der Cafeteria des N-G Gebäudes und krakelte wirre Linien auf das Blatt Papier vor ihm. Vor fünf Tagen hatte er den letzten grausamen Text geschrieben, von dem K immer noch fragte, warum darin das Wort ,Zitronenkuchen' vorkam. Und vor drei Tagen war die neue Single von Nittle Grasper erschienen. Die war verdammt gut.

"Hier bist du also, Shuichi", ertönte es hinter ihm, doch er blickte nicht auf.

Er hatte keine Lust, schon wieder gefragt zu werden, wann der neue Text fertig sein würde. Wenn das so weiter ging, wahrscheinlich nie. "Was ist denn?", gab er daher genervt zurück.

Sein amerikanischer Manager stellte sich neben den Tisch und beäugte neugierig das Blatt, bis er bemerkte, dass die Striche darauf kein Text waren, sondern einfach nur Geschmiere. "Es läuft nicht wirklich gut, am I right?"

"Wie sollte es auch?", fauchte Shuichi. "Nicht nur, dass ihr mir alle in den Ohren liegt mit diesem blöden Text - Nein! Ich frage mich auch noch die ganze Zeit, was ich Sakuma-san gegenüber verbrochen habe. Sie, als sein ehemaliger Manager, könnten das ja herausfinden, aber so kooperativ sind Sie anscheinend doch nicht."

"Jetzt werd' mal nicht ungerecht, Kleiner!", verlangte K mit einem beleidigten Gesichtausdruck und griff in seine Hosentasche, aus der er eine Minidisc zauberte.

"Eine Disc? Toll... Wollen Sie vielleicht versuchen, mich mit der neuen Single von Nittle Grasper anzustacheln? Ich hab die neuen Charts gesehen und weiß bereits, dass sie uns auf die Zwei zurückgedrängt haben. Hat mich geärgert, aber sehen Sie, dass ich was zustande bringe?"

"Keep cool! Das ist nicht die Single von Nittle Grasper, sondern euer letztes Radiointerview. Ich habe mich ein bisschen umgehört und Noriko sagte mir, dass Ryuichi anfing, sich so strange zu benehmen, als ihr euer Interview hattet. Vielleicht findest du ja heraus, was los ist, wenn du es dir anhörst."

Shuichi sah ihn ein wenig ungläubig an. "Wie soll ich das denn bitte raus finden?"

"Just give it a try und hör es dir an!" Damit warf K die Disc auf den Tisch, drehte sich um und ging von dannen.

Lustlos stützte der Frontmann von Bad Luck den Kopf auf dem rechten Arm ab und starrte wieder auf das Blatt. Schließlich entschloss er sich, Ks Rat zu beherzigen, steckte die Disc in seine Jackentasche und stand auf.

Er ging gerade durch die Eingangshalle des Gebäudes, als er eine vertraute Stimme wahrnahm. Blitzschnell ruckte sein Kopf zu der Treppe, auf der Ryuichi und Noriko von Nittle Grasper standen und sich unterhielten. Das konnte er wirklich nicht gebrauchen, seinem großen Idol jetzt vor die Augen treten zu müssen. Nicht, bevor er wusste, was er falsch gemacht hatte. Also nahm er all seinen Mut zusammen und rannte durch die Eingangstür nach draußen.

"Ist was, Ryuichi?", erkundigte sich Noriko, als sie sah, wie ihr Bandkollege in Richtung Eingangstür schaute.

Doch er schüttelte nur den Kopf und wandte dann wieder seine Aufmerksamkeit ihr zu. "Nichts. Erzähl nur weiter."
 

Am Rande des Parks ließ sich Shuichi auf dem Bordstein nieder und setzte sich sein blaues Basecap auf. Er brauchte Ruhe und dazu war es bestimmt nicht hilfreich, wenn ihn jemand erkannte. Nachdenklich drehte er die Minidisc zwischen den Fingern hin und her, während er sich an die letzten Tage erinnerte. Mit Yuki hatte er so gut wie gar nicht geredet. Zwar hatte er einen ernsthaften Versuch gestartet, mit dem abweisenden Romanautor richtig zu kommunizieren, doch der hatte für ihn auf dem Flur vor der Wohnungstür geendet. Wie lange wollte sein Geliebter noch so zu ihm sein? Der schien genervt, aber Shuichi war doch kaum zu Hause und verhielt sich auch sonst ruhig. Was war nur los? Er verstand es nicht. Lag es an Yukis neuem Roman, hatte Shuichi doch irgendetwas angestellt oder wollte der Blonde einfach nichts mehr von ihm wissen?

Es tat weh, darüber nachzudenken, also zog er den Discplayer aus seiner Tasche und legte die Disc ein. Dann hörte er sich das Radiointerview an. Nichts Auffälliges. Vielleicht ja das Ende? Aber da sagte er auch nur, dass er sich freute, dass ihre Arbeit endlich Früchte trug. Daran war nichts verkehrt. Immer und immer wieder spielte er das Interview ab, doch er entdeckte nichts. Mit jedem Mal wurde er verzweifelter. Er wollte doch begreifen, was Ryuichi ihm sagen wollte! Ein dicker Kloß bildete sich in seinem Hals und Shuichi war dieses Gefühl nur zu bekannt. Ja, er war eine elende Heulsuse, das musste ihm nicht erst Yuki erzählen. Die ganze Welt schien sich gegen ihn verschworen zu haben. Ryuichi, Yuki und jetzt auch noch sein eigener Organismus.

Er hörte seine eigene Stimme, wie er begeistert von der Bedeutung von ,Glaring Dream' sprach, und spürte, wie seine Schultern zu beben begannen. Ein klarer Tropfen landete auf seinem Knie und zersprang dort sofort. Überrascht hob Shuichi den Kopf und registrierte, dass es zu regnen anfing. Aber das war ihm jetzt auch einerlei. Ihm war alles egal. Wen kümmerte es schon, wenn so ein blinder Verlierer nass wurde? Langsam senkte er den Kopf und begann zu weinen. Nebenbei stellte er den Discplayer aus und verstaute ihn in seiner Tasche. Der Regen wurde stärker, durchnässte seine Kleidung immer mehr. Er hörte die Schritte der Leute auf dem Bürgersteig, doch eigentlich nahm er genau so wenig Notiz von ihnen wie sie von ihm. Auch seine Tränen nahmen zu, wollten nicht versiegen, brachten die Augen zum brennen. Schluchzend vergrub Shuichi das Gesicht in seinen beiden Handflächen. "Es tut mir Leid, Sakuma-san. Ich bin ein Baka, der es nicht verdient, sich mit dir auf eine Stufe stellen zu dürfen. Ich begreife gar nichts!"

Plötzlich hörten die Regentropfen auf, auf ihn einzustürzen.

"Willst du dir den Tod holen?"

Langsam sah Shuichi zu der brünetten Besitzerin der Stimme auf, die ihn freundlich anlächelte und ihm ihren Schirm über den Kopf hielt. Er schätzte, dass sie in seinem Alter war. "Wie?"

"Du bist schon ganz nass und es sah nicht so aus, als hättest du vor, in nächster Zeit aufzustehen", erklärte sie und hielt ihm ihre rechte Hand entgegen. "Schlechten Tag gehabt? Kenn ich, aber Selbstmord durch Erkältung ist keine Lösung."

Shuichi musste leise lachen, ergriff ihre Hand und ließ sich aufhelfen. "Ja, war nicht so toll heute. Wie heißt du?"

"Mein Name ist Nadsune. Und deiner?"

Fahrig wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht und bemühte sich um ein Lächeln. "Nenn mich einfach Shu!"

Ihr Lächeln wurde ein Stückchen heller. "Also, Shu... Ich wohne hier gleich um die Ecke und würde mich freuen, wenn ich dich auf einen Tee einladen kann. Nimm es mir nicht krumm, aber du siehst ernsthaft so aus, als bräuchtest du was Warmes und ein Handtuch."

Wenn er ehrlich zu sich selbst war, war ein Tee genau das, was er jetzt dringend brauchte. "Danke, ich nehme die Einladung gern an."
 

"Fühl dich wie zu Hause!", sagte Nadsune, als sie ihre kleine Wohnung betraten.

"Lieber nicht, denn dann würde ich mich hier nicht besonders wohl fühlen", murmelte Shuichi und entledigte sich seiner nassen Jacke.

"Beziehungsstress?" Sie nahm sein Kleidungsstück und hängte es über einen Stuhl, der im kleinen Wohnzimmer stand.

Getroffen sah er auf. "Ja und beruflich auch noch."

"Oh je." Langsam strich sie sich eine brünette Strähne aus dem Gesicht und er musste sich eingestehen, dass sie bei ihm eine gute Chance gehabt hätte, wäre er nicht mit Yuki zusammen gewesen. "Ich kenne solche Sachen. Hab gerade eine ziemlich schmerzhafte Trennung hinter mir."

"Das tut mir Leid."

"Muss es nicht. Ich hab ihn aus meiner Wohnung gescheucht, als er sich nur noch über mein Gitarrenspiel aufgeregt hat. Ist gestern ausgezogen, deswegen die Unordnung. Möchtest du nicht dein Basecap absetzen?"

Schüchtern schüttelte er den Kopf. "Sorry, aber ohne das käme ich mir im Moment ziemlich verloren und nackt vor. Du spielst Gitarre?"

Sie nickte und sah bei dem Thema sehr glücklich aus. "Ja, ich spiele in einer Band. Morgen haben wir einen Auftritt in einem kleinen Schuppen, aber so lange ich spielen kann, ist es mir egal, ob es eine Bar oder das Zepp Tokyo ist." Dann ging sie zur Stereoanlage, die auf dem kleinen Schrank - eines der wenigen Möbelstücke im Raum - stand, und schaltete diese ein.

Shuichi zuckte zusammen, als das Intro zum neuen Song von Nittle Grasper erklang. Jedoch wurde die Musik sofort wieder ausgestellt, als Nadsune nach der CD im Player griff, sie auf den Boden warf und demonstrativ drauf trat. "Was lässt dieser Arsch seine CD hier?"

"Dein Ex?"

Nadsune seufzte und atmete einmal tief durch. "Ja, der ist Fan von Nittle Grasper. Noch so ein Punkt, wo wir öfters aneinander geraten sind: Ich steh auf Bad Luck und er Nittle Grasper. Es war der reinste CD-Krieg."

"Ich steh ja ziemlich auf Nittle Grasper", gab Shuichi zu und musste schief grinsen.

"Ich hasse sie ja nicht oder so, aber Bad Luck sind eher mein Ding. Sollen ja auch ganz klein als Schülerband angefangen haben. Oh, jetzt hab ich über die ganze Aufregung wegen meinem Ex den Tee vergessen!" Schnell machte sie sich auf in die Küche, um Wasser aufzusetzen.

Shuichis Blick wanderte auf den flachen Wohnzimmertisch, auf dem das Album von Bad Luck ,Gravity' lag. Nadsune erinnerte ihn so sehr an ihn selbst, als er noch am Anfang gestanden hatte, dass ihm unweigerlich warm wurde. Ja, das waren noch Zeiten gewesen, als sie auf der Schulabschlussfeier einen Song improvisiert hatten!

Auf einmal traf es ihn wie ein Blitzschlag. Das war es also, was Sakuma ihm hatte erklären wollen! Shuichi hätte in diesem Augenblick am liebsten laut aufgeschrieen vor Glück.

Er suchte einen Zettel und einen Stift, schrieb ihr eine Nachricht und sprang auf. "Entschuldige, aber ich muss noch dringend wohin!", rief er in Richtung Küche und rannte dann aus der Wohnung.

Nadsune kam schnell ins Wohnzimmer, doch er war bereits verschwunden. Neben der CD auf dem Tisch lagen sein blaues Basecap und ein Zettel. Zögerlich griff sie nach dem Stück Papier und las es sich durch:

Ich danke dir vielmals, Nadsune!

Dank dir kann ich vielleicht endlich meine Probleme lösen.

Die Jacke und das Basecap kannst du behalten.

Gib das Gitarrespielen nicht auf!

Shindou Shuichi
 

Mit ungeschickten Fingern schloss Shuichi die Wohnungstür auf. Seine Aufregung war unerträglich, denn immerhin wusste er jetzt, worum es ging. Er würde nur schnell seinen Rucksack holen und dann direkt ins Studio flitzen.

Endlich gab die Tür nach und er betrat die Wohnung. Doch er blieb sofort stehen, als er Yuki sah, der an der Wand lehnte und ihn mit seinen hellbraunen Augen ansah. Jetzt ein Streit hätte Shuichi gerade noch gefehlt.

"Wo warst du?", fragte Yuki, stieß sich von der Wand ab und ging ein paar Schritte auf ihn zu. Die dämmrigen Lichtverhältnisse tauchten sein Gesicht in blasse Schatten und Shuichi fand, dass er unheimlich aussah.

"Interessiert es dich denn überhaupt?" Der Jüngere war selbst ein wenig verwirrt über den vorwurfsvollen Ton in seiner Stimme. Eigentlich war es ja immer so, dass er seine Wut richtig ausdrücken wollte und seine Stimme dann nur piepsig und weinerlich klang.

"Hätte ich sonst gefragt?" Der Schriftsteller stand jetzt direkt vor Shuichi und blickte ihm fest in die Augen, doch der hielt ihm stand.

"Ich war bei einer Freundin", war die kühle Antwort. "Und jetzt lass mich bitte vorbei, damit ich meinen Rucksack holen kann!"

Im Grunde hätte Yuki ja wütend sein sollen über das barsche Verhalten seines Geliebten, aber er verstand es. Wenn er an die letzten Tage zurückdachte, hatte Shuichi allen Grund, sich ihm gegenüber abweisend zu verhalten.

Shuichi drängte sich an ihm vorbei, doch er packte sein Handgelenk und hielt ihn somit davon ab, einfach zu gehen. "Bitte."

Verwirrt blickte Shuichi zu ihm auf und blieb von allein stehen.

"Bitte hau nicht ab." Es fiel Yuki schwer, so etwas zu sagen, aber er meinte es so. Und er spürte, dass dies der Zeitpunkt war, der über alles andere entscheiden würde. Nein, er konnte ihn nicht einfach ins Studio gehen lassen. Langsam drehte er sich so, dass er dem Rosahaarigen gegenüber stand. "Es tut mir Leid, wie ich dich in der letzten Zeit behandelt habe. Ich hatte Stress mit meinem Roman, auch wenn das keine Entschuldigung ist", sagte er leise. Yuki hasste es, Shuichi gegenüber seine Schwäche zu zeigen, aber das war nicht die letzte, die er heute vor seinem Lebensgefährten zugeben würde. "Aber es kommt nicht wieder vor... Nie wieder, das verspreche ich."

"Yuki...", flüsterte Shuichi. Weiter kam er nicht, denn im selben Augenblick spürte er eine Hand in seinem Nacken, die seinen Kopf zu einem Kuss nach vorn drückte.

Nach etwa zehn Sekunden löste der Blonde seine Lippen von denen des anderen. "Es war meine Schuld. Und jetzt... möchte ich dir etwas geben."

Shuichi wusste nicht mehr, ob das nur ein Traum oder tatsächlich die Wahrheit war, allerdings hoffte er auf zweiteres. "Was denn?"

"Komm mit!", forderte sein Geliebter ihn auf und ging in sein Arbeitszimmer. Der Sänger blieb unentschlossen im Türrahmen stehen und sah zu, wie er nach einem Buch griff, das auf dem Schreibtisch lag.

Yuki ging wieder zu ihm und drückte ihm den Roman in die Hände. "Da, es ist deiner. Das hier ist nur ein Vorab-Exemplar, er wird erst in einigen Wochen veröffentlicht." Kurz blieb er stumm, bevor er weiter sprach. "Du musst es nicht lesen. Aber ich denke, der Einband dürfte interessant für dich sein."

Zögerlich schlug Shuichi den Einband auf und las, was dort in sauberer Handschrift mit schwarzer Tinte geschrieben stand. Er blieb einige Sekunden still, bis er sich wieder traute, zu Yuki aufzusehen, der den Blick leicht abgewendet hatte. Dann umarmte er ihn kurz, murmelte ein "Ich danke dir!" und rannte durch die Wohnungstür nach draußen.
 

,Ich begreife jetzt alles!', rief Shuichi in Gedanken, als er durch die Straßen Tokyos hastete. ,Sakuma-san, ich weiß es jetzt! Ich weiß, dass nicht der Erfolg der Lohn der ganzen Arbeit ist. Es ist das Singen, das war es schon immer!'

Es war, als würden ihn seine Beine von allein tragen, ohne auf einen Befehl vom Gehirn warten zu müssen.

Die Wolken am Himmel lichteten sich und erste Sonnenstrahlen fielen auf die Häuser Tokyos.

Er erinnerte sich an die Worte, die Ryuichi ihm einmal gesagt hatte, als Yuki spurlos verschwunden war. Wie er Shuichis gemaltes Bild in den Händen gehalten und gesagt hatte: ,Das ist der neue Song.'

,Du hattest Recht.' Der Sänger kniff die Augen zusammen und grinste wie ein Honigkuchenpferd. ,Yuki ist der neue Song. Ich sehe alles ganz klar vor mir - endlich!'

Das Wasser in den Pfützen spritzte unter seinen Schuhen empor und warf glitzernde Perlen in die Luft.

,Yuki ist der neue Song... Das ist er schon die ganze Zeit gewesen.'
 

"Du hast das Buch also wirklich deinem Verlag angeboten", stellte Tohma Seguchi fest und setzte sich auf das Sofa in Yukis Wohnzimmer.

Der Angesprochene stellte zwei Tassen Tee auf den Tisch und setzte sich dann ebenfalls. "Meine Agentin sagte, dass man das Buch durchaus verkaufen kann, da das Thema ,Liebe zwischen Männern' - so nannte sie es - dort eher nur angedeutet wird."

Tohma schlug die Augen nieder und lächelte leicht. "Ich hätte nicht gedacht, dass du es tun würdest. Weißt du schon, unter welchem Pseudonym du es veröffentlichen willst?"

Eine Zigarette wurde angezündet und zwischen Eiris Lippen geschoben. "Yuki Eiri, was sonst?"

Nun sah Tohma ihn an und zog die Augenbrauen tiefer. "Bist du dir da sicher?"

"Ich stehe zu dem, was ich schreibe." Grauer Rauch wurde in die Luft gestoßen. "Und jetzt wirst du verzeihen, wenn ich das Konzert sehen will." Yuki griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein.
 

Shuichi liebte diesen Tag. Heute hatten Bad Luck ein einmaliges Konzert im Zepp Tokyo und ihr neuer Song war endlich fertig. Außerdem wurde alles live im Fernsehen übertragen. K und Sakano hatten sich wirklich selbst übertroffen.

"Bereit?", fragte Hiro und nahm seine Gitarre.

"So bereit wie noch nie in meinem Leben!"

Die Band verließ die Umkleidekabine und trat auf die Bühne.

Shuichi atmete tief ein, als er das wilde Kreischen der Fans hörte. Hier waren sie nun und für ihn war es der Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere. Hatte man das Gleiche nicht auch über Yuki gesagt? Er lächelte.

Langsam hob er das Mikro in seiner Hand. "Hallo, Leute!", rief er.

Das Kreischen wurde lauter und ebbte dann allmählich ab.

"Ich danke euch, dass ihr heute Abend hier seid", sagte er. "Und ich schwöre bei diesem Mikrofon hier, dass ihr unser Konzert nicht so schnell vergesst..."
 

Nach neunzig Minuten machte man eine Pause, damit die Fans etwas trinken oder essen konnten und die Bühne richtig hergerichtet werden konnte.

Dann war es so weit: Der Zeitpunkt, dem Shuichi bereits den gesamten Abend entgegengefiebert hatte. Hiro, Fujisaki und er betraten wieder die Bühne und ließen den Beifall auf sich einstürmen. Sie hatten die Pause dazu genutzt, um sich umzuziehen und offenbar gefiel das den Fans. Sowohl Hiro als auch Suguru trugen schwarze Anzüge und darunter halboffene rote Hemden, aber das Highlight war Shuichi. Man hatte ihm eine dunkle Lederhose, ein gelbes T-Shirt, darüber eine schwarze Weste und ebenfalls schwarze Bikerhandschuhe gegeben. Sogar Hiro hatte ihm gesagt, dass er heiß aussah.

"Da sind wir wieder", sprach Shuichi in das Mikrofon. "Wir möchten euch nun als Überraschung des Abends unsere neue Single ,Super Drive' präsentieren."

Es schien, als würden die Fans jeden Moment das Gebäude durch ihr Gebrüll zum Einsturz bringen.

Shuichi grinste. "Hab mir schon gedacht, dass ihr euch darüber freut. Aber lasst mich noch ein paar Worte sagen, bevor wir mit diesem Song unser Konzert beenden."

Sofort kehrte Stille ein, denn alle wollten hören, was der Leadsänger zu sagen hatte.

"Die Musik gehört nicht Bad Luck und auch nicht der Text. Sie gehören jedem, der den Song hört. Aber der Song an sich gehört jedem, der liebt." Sein Grinsen wurde ein Lächeln. "Ob ihr nun eine Person liebt oder eine bestimmte Sache, wie zum Beispiel die Musik, behaltet diese Liebe! Lebt sie aus, denn sie ist das wichtigste, was ihr alle besitzt. Es geht nicht um Erfolg, Geld oder Karriere, denn sie können euch nie das geben, was euch eure Liebe gibt. Deswegen schenke ich diesen Song allen liebenden Menschen da draußen und natürlich ganz besonders dem Menschen, den ich liebe." Nach zwei Sekunden fügte er leicht lachend hinzu: "Die meisten von euch wissen eh, von wem ich rede."

Einige stimmten in das Lachen ein.

Shuichi sah zu seinen Bandkollegen. "Dann legt mal los!"

Das Intro begann und Shuichi schloss kurz die Augen, bevor er die erste Strophe anstimmte.

Während er sang, ging er immer mehr aus sich heraus und hatte sich bereits beim Refrain völlig in der Musik und seinen Gefühlen verloren.
 

Ne oikakate oikakate

Shiroi kaze

Ne koi ni natte ai ni natte

Hane hirogetai
 

(Hey, ich jage ihm nach, ich jage ihm nach

Dem weißen Wind

Hey, ich verknalle mich, ich verliebe mich

Ich möchte meine Flügel ausbreiten)
 

Hinter ihm wurde ein kurzer Film auf eine Leinwand projiziert, so dass es aussah, als würden dem Sänger zwei weiße Flügel wachsen, und die Fans kreischten auf.

Doch von all dem bekam Shuichi nichts mehr mit. Er war in seiner eigenen Welt und löste sich erst wieder aus dieser, als die Musik verklungen war.

"Gute Nacht!"
 

"Das war ein großartiges Konzert!", rief Sakano hinter der Bühne begeistert, als Bad Luck zu ihm kamen. "Besonders der letzte Song hat die Leute da draußen fast um den Verstand gebracht."

Der Manager der Band warf seinem Kollegen nur einen schiefen Seitenblick zu. "SIE hätten fast bei der Ansage den Verstand verloren, guy."

Dem Produzenten standen leichte Schweißtropfen im Gesicht, die er sich mit einem Taschentuch fortwischte. "Langsam sollte ich mich an solche Einlagen von Shuichi gewöhnen, glaub ich. Es hört ja doch keiner auf mich..." Ein Seufzen folgte.

Hiro klopfte ihm beschwichtigend auf die Schulter. "Wie Sie sehen, stehen die Fans drauf. Und der Song ist so gut, dass er auch eine ordentliche Ansage verdient hat."

"Leute, schaut mal!", lenkte Suguru die Aufmerksamkeit auf sich und deutete zu einem Mann, der ein Stück entfernt von ihnen im Flur stand und ihnen einen intensiven Seitenblick zuwarf. Trotz der Tatsache, dass er ein schwarzes Basecap trug, verrieten seine blauen Augen und der grüne Haarschopf, der unter der Kopfbedeckung hervorquoll, wer es war.

"Shuichi...", begann Hiro, verstummte allerdings sofort wieder, als ihn sein Freund anlächelte.

Shuichi nickte leicht mit dem Kopf und sah noch einmal den Rest der Truppe an, bevor er sich umdrehte und auf den Weg zu ihrem Besucher machte.

Natürlich war er längst nicht so locker und sorglos, wie er aussah, aber eine gewisse Sicherheit stärkte sein Herz. Er hatte herausgefunden, was Ryuichi ihm hatte zeigen wollen. Und war es doch etwas anderes, so machte es Shuichi nichts aus, immerhin hatte er etwas begriffen, dass für ihn eine unglaubliche Bedeutung hatte und das ihn über Grenzen hinauswachsen ließ, die er nie zu überqueren geglaubt hatte. Er fühlte keine Schuldigkeit mehr Sakuma gegenüber. Selbst wenn dieser von ihm enttäuscht war, so wusste Shuichi doch, dass er trotzdem weitermachen konnte und wollte.

Nach einer scheinbaren Ewigkeit war der Jüngere bei dem Anderen angekommen und blieb stehen. Er holte tief Luft. "Sakuma-san, ich..."

"Ist schon okay, Shu-chan." Auf dem Gesicht Ryuichis erschien ein Lächeln. "Du musst es mir nicht sagen, ich habe es gespürt. Ich habe gehört, wie dein Herz gesungen und deine Liebe hinausgeschrieen hat." Er nahm sein Basecap ab und verneigte sich leicht. "Ich hatte diesen Klang vermisst und ich muss gestehen, dass du meine Erwartungen bei weitem übertroffen hast. Gomen nasai für mein mieses Verhalten." Dann setzte er sich das Basecap wieder auf, zog seinen geliebten Stoffhasen aus der Jackentasche und hielt diesen in Richtung Shuichi. "Sag ,Sayonara', Kumaguro!"

Ehe Shuichi etwas tun konnte, wurde das Gesicht des Plüschtieres gegen seine Lippen gedrückt. Kurz darauf verschwand Kumaguro wieder dorthin, wo er hergekommen war, und Ryuichi grinste leicht. "Sayonara, Shuichi-chan."

Und schon hatte sich der Sänger von Nittle Grasper umgedreht und ging von dannen.

Ein wenig perplex fuhr sich Shuichi mit den Fingern über die Lippen, die gerade eben Bekanntschaft mit Kumaguro gemacht hatten und starrte seinem Idol hinterher.

Doch dann lächelte er. Er fühlte, dass er stärker geworden war, und das zählte.
 

"So ein Baka", murmelte Yuki und räumte das benutzte Geschirr in die Küche. Tohma war zu Beginn des Konzertes gegangen, so dass er dieses allein vor dem Fernseher mitverfolgt hatte. Shuichi hatte ihm erzählt, dass sie ihre neue Single vorstellen wollten, aber sonst hatte er nicht viel preisgeben wollen.

Es war also ein Lovesong, wenn man so wollte. Natürlich mal wieder ihm gewidmet.

Yuki schnaubte und ging zurück ins Wohnzimmer. Und erst die Ansage, die war ja wohl megapeinlich gewesen! Dieser Song war...

"Sorry, Shuichi, aber der Text war mies - wie immer." Der Autor musste unweigerlich lächeln, wobei sein Blick auf das Buch fiel, welches er Shuichi geschenkt hatte. Langsam legte er seine Hand darauf. "Hätte ich mir denken können, dass die Nervensäge deswegen musikalisch Amok läuft."

Er hob das Buch auf und schlug den Einband auf. Tja, aber eigentlich war es doch das Richtige gewesen. Immerhin schien das eines von Shuichis Problemen gelöst zu haben.

Seine Augen fuhren über die wenigen Zeilen, die dort standen:

Irgendwann kriege ich wegen dir noch den Homo-Literaturpreis...

Ai shiteru

Eiri
 

Ende
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Noch was zu dem Song. Ich weiß, dass er nicht vom üblichen Shuichi-Sänger (Kotani Kinya) gesungen wurde, aber ich hoffe, das stört nicht. Dieser Song hat einfach perfekt gepasst. Die Übersetzung habe ich dazu geschrieben, weil nunmal nicht jeder die Songs bzw. die übersetzung kennt oder auch Japanisch versteht. Die übersetzung ist eine Mischung aus den deutschen Unteriteln und der englischen Übersetzung (also aus dem Japanischen ins Englische und dann von mir noch mal ins Deutsche @,@ ).



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Kommentare zu dieser Fanfic (16)
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Von:  Roe
2010-01-06T10:25:51+00:00 06.01.2010 11:25
WoW! Hab die GEschichte egrade in einem Zug geleaen und...WoW! Echt eine tolle GEschichte, die Charaktere sind sehr gut rüber gebracht, ihre REaktionen nachvollziehbar, und das Ende war irgendwie süß. Vor allem der Schlusssatz! °^^°

LG
Rose
Von: abgemeldet
2006-09-09T17:59:22+00:00 09.09.2006 19:59
Der Song ist klasse! *___*
Und auch die Widmung von Eiri! xDD
Eigentlich die ganze Ff! Sie hat mir voll gefallen! Danke für deine genialen Ffs! Schreib mal wieder was über Naruto! ^.~
Von: abgemeldet
2006-09-09T16:54:55+00:00 09.09.2006 18:54
T.T Der arme Shuichi!
Von: abgemeldet
2006-09-09T16:38:57+00:00 09.09.2006 18:38
Du hast weitergeschrieben, ohne Kommis zu kriegen? Respekt! ^^
Dann schreib ich umso lieber welche, ich bedauere es nämlich sehr, dass ich diese Ff jetzt erst entdeckt hab...
Von: abgemeldet
2006-09-09T16:29:54+00:00 09.09.2006 18:29
Au weia... Da bahnen sich Schwierigkeiten an...
*schnell weiterles*
Von: abgemeldet
2006-09-09T16:20:32+00:00 09.09.2006 18:20
Aaargh, ich hasse diese Fernsehtussi! xD Genial! Und wie Shuichi den Laptop ausschaltet... *roll*
Von:  Sinia
2005-08-06T09:02:03+00:00 06.08.2005 11:02
Ich finds genial!!
Wobei Yukis Entschuldigung ja schon lasch war *gg*
Und Shuichi sollte ihn auch mal en Weng kalt behandeln *muahahaha*
Von: abgemeldet
2005-08-04T17:00:20+00:00 04.08.2005 19:00
*herranrenn* *rumhüpf*
*dich gaaaaaaaanz doll umarm*
Also ich muss dich gaaaaaaaanz doll Loben.
Ich finde dieses Kapitel und damit auch der Schluss sind einfach gut gelungen, passen richtig dazu.
Sagen wir es so, dieser Schluss ist dieser FF würdig xD.
Ich finde es schön, dass das ganze nicht abgehackt ist sondern schön ausformuliert wurde und auch die Gefühle mit reingebracht wurden.
Großes Lob
*Lob aus der Tasche zieh und die Überreich*
Da für dich xD
Also, wenn du mal wieder eine Gravitation Fanfic schreibst, sag mir bitte bescheid^^
Ich mag deinen Schreibstiel xD
Bis denn xD oder wie hat Kumagoro so schön gesagt:
Sayounara
Shinn
*dich nochmal drück und dann verschwind*
Von:  -Lelias-
2005-08-04T15:16:35+00:00 04.08.2005 17:16
die Fanfic ist cool
Mir gefällt vor allem der Schlussatz ^^
Von:  Magic_fairy
2005-08-02T12:38:51+00:00 02.08.2005 14:38
superrr *freu* ein neues Kapi
Und Yuki mal so einfühlsam echt klasse aber das er wieder der eisblock ist am nächsten tag war klar, bin aber mal gespannt warum ^_^

Also mach schnell weiter, bitte *schon gespannt auf der lauer liegt*^^


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