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Seelenjäger

Meine erste Shonen Ai-FanFiction
von

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Eine schlimme Nachricht

Seelenjäger
 

Kapitel 1
 

Masato saß im Wartezimmer seines Arztes und blätterte in einem der Klatschblätter, die immer in Arztpraxen ausliegen. Er war ein hochgewachsener junger Mann von 27 Jahren, hatte kurze, schwarze Haare und schwarze Augen.

Er überflog einen Artikel über den tapferen Mischling "Musashi", der das 5jährige Kind seiner Besitzer aus dem Gartenteich gerettet hatte.

Masato schüttelte ungläubig den Kopf, davon war bestimmt kein Wort wahr!

Er sah auf die Uhr, sein Termin war schon vor 45 Minuten gewesen. Eigentlich hatte er noch in der Stadt einige Besorgungen machen wollen, aber nachdem er hier schon so lange gewartet hatte, war ihm die Lust vergangen!

Er legte die Zeitschrift zurück auf den kleinen Zeitschriftentisch und sah aus dem Fenster auf die Strasse.

Draußen auf dem Parkplatz vor dem Haus stand sein sündhaftteurer deutscher Sportwagen, Masato betrachtete sein Schmuckstück mit viel Freude. Endlich wurde er von einer Sprechstundenhilfe ins Behandlungszimmer geführt, die einen seltsam betroffenen Gesichtsausdruck hatte.

"Hanada-san, bitte nehmen Sie doch Platz!", sagte der Doktor, mit einem noch einem ernsteren Ausdruck auf dem Gesicht.

Masato lief es kalt den Rücken herunter, er hatte schon heute Morgen beim Aufstehen ein ungutes Gefühl in der Magengegend gehabt.

"Wir haben die Ergebnisse Ihrer Blutuntersuchung erhalten", sagte der Arzt zögerlich "ich muss Ihnen leider eine schlechte Mitteilung machen!"

Er holte noch einmal tief Luft und sprach mit resigniertem Gesichtsausdruck. "Sie haben Leukämie, um genau zu sein, eine sehr seltene Art von Leukämie."

"Was wollen Sie damit sagen?"

"Ich will damit sagen, dass wir es zu spät erkannt haben, hätten wir es vor einem halben Jahr festgestellt, dann hätten wir vielleicht noch etwas unternehmen können..."

"Vielleicht? Heißt das, es ist zu spät um etwas zu tun? Heißt das, ich muss sterben?", fragte Masato völlig fassungslos.

Der Doktor nickte.

Masato schüttelte verzweifelt den Kopf. "Und wie viel Zeit bleibt mir noch?"

"Das ist schwer zu sagen, Leukämie ist nicht berechenbar..."

"Das heißt, dass ich morgen schon tot sein kann!"

"Naja, ...nein, nicht gleich morgen, aber mehr als ein Jahr haben Sie wahrscheinlich nicht..."

Masato schluckte, er konnte das, was er soeben gehört hatte, nicht glauben.

Der Arzt nahm einen Stift und schrieb ein Rezept aus, "Hier, das ist ein Schmerzmittel, mehr kann ich wirklich nicht für Sie tun!"

Masato nickte, nahm das Rezept und stand auf.

Er ging zur Tür und griff nach der Klinke.

Der Doktor sprach mit einem mitleidigen Unterton. "Es tut mir wirklich sehr leid!"

Masato sah ihn mit leeren Augen an, dann drehte er sich um, öffnete die Tür und verließ das Behandlungszimmer.

Der Doktor atmete noch einmal tief durch, bevor er die Sprechstundenhilfe über die Gegensprechanlage anwies den nächsten Patienten hinein zu führen, zum Glück war dies die einzige schlechte Nachricht, die er heute verkünden musste.

Masato nahm seine Jacke von der Garderobe. Die Sprechstundenhilfe ging an ihm vorüber und sah ihn erneut mitleidigen an. Angewidert spürte er den Blick wie eine klebrige Substanz auf seiner Haut.

Er wollte nur noch raus aus der Praxis und sich irgendwo verkriechen, nur keinen Menschen mehr sehen, war sein einziger Gedanke.

Er stieg in seinen Sportwagen und fuhr einfach drauf los.

Ein verführerisches Angebot

Kapitel 2
 

Er ließ die Stadtgrenze hinter sich, langsam wurde es dunkel, doch das nahm er überhaupt nicht wahr. Sein Handy lag ausgeschaltet auf dem Beifahrersitz neben ihm.

Es war schon Nacht, als die Tankanzeige im Armaturenbrett zu blinken begann.

Masato war die Landstraße schon oft entlang gefahren, wenn er hin und wieder seine Eltern, die sich vor einigen Jahren ein kleines Häuschen auf dem Lande gekauft hatten, besuchen fuhr, aber die Tankstelle, die in einer nicht sehr großen Entfernung am Horizont auftauchte, war ihm niemals aufgefallen.

Da sie ihm gerade recht kam, dachte er nicht weiter darüber nach.

Er fuhr auf den Platz und hielt direkt neben einer Zapfsäule.

Er stieg aus und betankte seinen Wagen mit Super.

Er holte sein Portemonnaie aus der Innentasche seiner Jacke und ging in den Tankstellenkiosk um zu bezahlen.

Als er den Kiosk betrat klingelte die kleine Glocke über der Tür, aber es war nicht das gewöhnliche Klingeln, das man aus den kleinen Vorstadt-Läden kannte, dieses Klingeln hatte irgendetwas unheimliches, ja geradezu bedrohliches.

Masato drehte sich verunsichert um und betrachtete die Glocke, aber er konnte nichts Besonderes an ihr feststellen, er schüttelte den Kopf und war sich sicher, dass er sich es nur eingebildet hatte.

Er ging auf den Kassentisch zu und bemerkte, dass niemand dahinter stand.

Er stützte sich mit beiden Handflächen auf und beugte sich über den Tresen.

"Hallo, ist niemand hier? Ich möchte bezahlen!"

Aus einer Nische hinter dem Tresen trat ein Mann aus der Dunkelheit hervor, für einen Augenblick hätte Masato schwören, dass die Augen des Mannes grün leuchteten; er rieb sich die Augen und als er sie wieder öffnete stand der Mann bereits ganz im Licht vor ihm.

"Sie brauchen nicht so laut zu rufen, ich habe Sie schon gehört, als Sie auf den Hof gefahren sind."

Masato lief es bei dem Anblick des Mannes kalt den Rücken herunter, was er sich nicht erklären konnte, da optisch nichts Ungewöhnliches an ihm war.

Trotzdem wirkte er bösartig, seine Augen waren tiefschwarz und eiskalt.

Masato legte einen Fünftausend-Yen-Schein auf die Theke, aber der Mann schob ihn zurück, Masato blickte den Fremden fragend an.

Der Fremde sprach mit einer klirrend kalten Stimme.

"Ich will Ihnen nichts verkaufen, ich will etwas von Ihnen kaufen, Sie sind doch Vertreter, oder etwa nicht?"

"Ja, ich bin Vertreter, aber was könnte ich schon haben, an dem Sie Interesse haben könnten?"

Der Fremde lächelte bösartig. "Eine Seele!"

Bevor Masato reagieren konnte, knallte es. Der Kiosk war voller Rauch und Schwefelgeruch. Der Fremde hatte sich verwandelt, jetzt starrte fassungslos Masato in die hässliche Fratze eines Ungeheuers.

Der Dämon hatte ein hinterhältiges Grinsen aufgesetzt. "Ich weiß, dass der Arzt dir gesagt hat, dass du sterben wirst, und dass dir niemand mehr helfen kann. Das stimmt aber nicht, ich kann dir helfen!"

Masato wurde leichenblass, stotternd versucht er sich Klarheit zu verschaffen. "S... Sie... Sie... können mich heilen und d... d... dafür m... m... muss ich Ihnen nur meine Seele verkaufen!?"

"Nein, viel mehr! Du sollst mein Diener sein, mein Seelenjäger!"

"Seelenjäger?"

Der Dämon trat hinter dem Tresen hervor und fasste fest Masato am rechten Oberarm, er sah ihm tief in die Augen.

Masato wollte die Flucht ergreifen, aber er konnte sich nicht rühren, der Dämon hatte ihn in seinem Bann geschlagen.

"Ja! Sei mein Seelenjäger!", säuselte er verführerisch und streichelte Masato über die Brust.

"Ich heile dich und du beschaffst mir die Seelen deiner Mitmenschen, das ist doch ein Geschäft, oder? Entweder du stirbst eines schmerzhaften Todes oder du nimmst mein Angebot an und lebst für alle Ewigkeit in Saus und Braus. Ich kann deine kühnsten Träume wahr werden lassen!"

Er schnippte mit den Fingern vor Masatos Augen, wodurch dieser sofort aus seinem tranceartigen Zustand erwachte.

Er holte tief Luft, atmete aber nur Schwefelrauch ein, was ihn unweigerlich zum Husten brachte. Er hielt sich die Hand vor den Mund. Es dauerte einige Minuten, bis er wieder normal atmen konnte und dann sah er seinem potentiellen Arbeitgeber ins dämonische Gesicht und sprach mit fester Stimme. "Es tut mir leid, aber ich fürchte ich muss dieses Angebot ablehnen, auch wenn es sehr verlockend ist!"

Er drehte sich um und verließ den Kiosk, ohne für das Benzin zu zahlen.

Der Dämon lachte aus vollem Halse, dass der Kiosk zu beben schien: "Du kommst wieder, Masato, mein Seelenjäger! Sie kommen alle wieder!"

Masato hörte das höhnische Gelächter noch in seinem Wagen, ließ sich aber nicht darauf ein, er drehte den Zündschlüssel, trat auf das Gaspedal hetzte so schnell er nur konnte von Hof der Tankstelle. Die Reifen quietschten und dampften in der kalten Nacht.

Der Wagen raste mit hoher Geschwindigkeit vom Hof und Masato sah sich nicht noch einmal um, was aber auch völlig überflüssig gewesen wäre, da die Tankstelle schon wieder im Nichts verschwunden war.

Wilde Träume

Kapitel 3
 

Masato fuhr auf direktem Weg wieder in die Stadt.

Zuhause angekommen riss er sich die Kleider vom Leib und hastete unter die Dusche.

Das kalte Wasser bot ihm eine Erleichterung von seinem Erlebnis, aber hatte er das alles wirklich erlebt?

Er zog frische Boxershorts und ein sauberes T-Shirt an, ging ins Bett und zog die Bettdecke bis über die Ohren. Es dauerte nur Sekunden, bis er in einen unruhigen Schlaf gefallen war. Er hatte einen wirren Traum.
 

Er flog nachts über eine hell beleuchtete Großstadt, auf den breiten Straßen wuselte es nur so vor Autos, er fühlte sich befriedigt und machtvoll. Er flog tiefer, nun konnte er einzelne Menschen erkennen.

Eine junge Frau bog in eine dunkle Gasse, er verfolgte sie. Die Absätze ihrer Schuhe klapperten auf dem Straßenpflaster. Er landete knapp hinter ihr. Sie drehte sich erschrocken um, er griff sie am Arm und sah ihr in die Augen. Er umfasste ihr Genick und drehte es vorsichtig um, so dass es leise knacke, dann presste er seine Lippen auf ihre und saugte die aus ihrem Körper weichende Seele für seinen Meister auf.

Er ließ den leblosen Körper fallen und schwang sich wieder in die Luft um sein nächstes Opfer zu finden.
 

Schweißgebadet wachte er auf, es war noch immer mitten in der Nacht, er wischte sich mit der Hand den Schweiß aus dem Gesicht und stand auf.

Er ging zum Kühlschrank und holte eine Tüte Milch heraus. Sein Atem ging so schnell, dass er sich an der Milch verschluckte.

Er hustete, wobei ein Teil der Milch über sein T-Shirt lief, er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und setzte sich an den Küchentisch.

Er stützte seinen Kopf auf die Ellenbogen und starrte auf die Tischplatte.

Das, was ihm widerfahren war, konnte doch unmöglich die Realität gewesen sein.

Hatte ein Dämon ihm wirklich ein Angebot gemacht? Ihm Hanada Masato, dem erfolgreichen Vertreter, der ein halbes Jahr lang, ohne Unterbrechung zum Vertreter des Monats geworden war und dafür den sündhaftteuren deutschen Sportwagen als Prämie erhalten hatte?

Und der Arzt? Hatte er wirklich gesagt, dass er Krebs hatte?

Er fühlte sich doch vollkommen gesund. Er hatte keine Schmerzen, nichts, was daraufhin deuten würde, dass er krank ist. Die Blutuntersuchung war eigentlich nur Routine gewesen.

Das alles konnte doch nur ein gewaltiger Alptraum sein.

Er ging ins Bad und hob sein Hemd, das noch auf dem Fußboden lag, auf, es roch noch immer nach Schwefel.

Masato öffnete ein Fenster, da er glaubte keine Luft mehr zu bekommen.

Schwindelig torkelte er durch die Wohnung, bis er bewusstlos auf dem Fußboden zusammen brach.

Wieder hatte er einen Traum.
 

Er fuhr mit seinem schwarzen Cabriolet durch eine Wohnsiedlung an Rand einer Großstadt, die Sonne brannte heiß auf die Straße, Masato fühlte sich nicht sehr wohl. Seit seiner "Verwandlung" reagierte er auf das Sonnenlicht ziemlich empfindlich; nicht, dass es ihm körperlichen Schaden zufügen würde, nur konnte er es nicht mehr lange ertragen.

Er hielt vor einem ziemlich herunter gekommenen Hochhaus, stieg aus und ging auf dem Eingang zu.

Er trug seinen Aktenkoffer in der rechten Hand und in der linken hatte er ein leeres Stück Papier.

Vor dem Haus spielten ein paar schmutzige Jungen Fußball, die ihn jedoch nicht zu bemerken schienen.

Er schaute auf den leeren Zettel und tat, als würde er Namen und Adresse überprüfen, für den Fall, dass ihn doch jemand wahrnahm.

Er wählte willkürlich auf dem Klingelbord einen Namen aus und schellte.

Über die Gegensprechanlage meldete sich eine junge Stimme und fragte, wer geschellt habe.

Masato verstellte seine Stimme und sprach heiser. "Entschuldigung, ich habe meinen Haustürschlüssel vergessen, würden Sie bitte so freundlich sein und mir die Tür öffnen?"

Ohne weiteres Nachfragen summte der Öffnungsmechanismus der Tür und verschaffte ihm ungehinderten Zutritt zu allen Etagen des Hochhauses.

Solche anonymen Mietskasernen waren für ihn eine wahre Fundgrube für Seelen. Bisher hatte niemals jemand nachgefragt, wenn er Einlass zu einem Hochhaus erbeten hatte.

Er blieb vor den Briefkästen stehen und überprüfte, welche heute schon gelehrt worden waren.

Eine Frau mittleren Alters stieg mit einem etwa 8jährigen Kind aus dem Aufzug, der gerade angekommen war.

Sie sah Masato fragend an, er hatte ein ungutes Gefühl. Er wusste, dass seine Verwandlung bewirkt hatte, dass er den Menschen, die ihn sahen nicht lange in Erinnerung blieb, aber er fürchtete sich davor auf jemanden zu treffen, der seine wahre Gestalt wahrnehmen konnte.

"Sind Sie der neue Mieter aus dem dritten Stock?", die Frau verbeugte sich und gab dem Jungen einen Klaps auf den Hinterkopf, damit er sich auch verbeugte.

"Ja!", Masato verbeuget sich ebenfalls.

Er wandte sich zu Postkästen.

"Sie sollten schnell Ihren Namen auf dem Postkasten anbringen", sagte die Frau, "Post, die nicht eindeutig zustellbar ist, landete hier oft im Müll! Dem alten Senigata aus dem fünften Stock ist schon oft Post nicht zugestellt worden, weil sein Postkasten nicht beschriftet ist!", sie deutete auf einen Briefkasten, der kein Namensschild hatte.

Masato bedankte sich und streichelte dem Kind über den Kopf, dann kramte er seinen Autoschlüssel aus der Hosentasche und wandte sich in Richtung Aufzug.

Nun hatte er einen Namen und ein neues Opfer: Senigata, fünfter Stock.

Er trat in den schmutzigen Aufzug und drückte die Fünf.

Der Aufzug rumpelte beim Anheben, als würde er gleich auseinander brechen. Masato hörte ein seltsames Schleifgeräusch, das für die Ohren eines normalen Menschen schon unangenehm war, doch für sein extrem empfindliches Gehör war es die reinste Tortur.

Masato las die Schmierereien an der Fahrstuhlwand. "So eine schäbige Gegend habe ich selten gesehen.", dachte er angewidert.

Mit einem kräftigen Rumpeln stoppte der Aufzug und die öffnete sich zischend.

Er stieg aus und las die Namen an den Wohnungstüren:

Shido, Ishida, Kitaguchi... an der letzten Tür auf dem Flur wurde er endlich fündig.

Auf einem schmutzigen Plastikplättchen war eingeritzt zu lesen: Senigata.

Er zog sein Jackett zu Recht und klingelte.

Aus der Wohnung hörte er ein kratziges: "Ja, ja, komm' ja schon, wer da wieder was will."

Es dauerte ein, zwei Minuten, bis der alte Mann zur Tür geschlurft war und sie öffnete.

Er sah Masato misstrauisch an. "Ja, was wollen Sie von mir?", knurrte der verwelkte Alte missmutig.

Innerlich grinste Masato, aber äußerlich ließ er sich nichts anmerken.

"Guten Tag, mein Name ist Honda Taro, ich komme von der Telefongesellschaft, es gibt da einiges, was ich mit Ihnen zu besprechen habe!"

"Ach, ja! Hab' schon lange keine Rechnung mehr von Ihnen erhalten!"

"Genau darum geht es, Senigata-san, wir haben Ihnen welche geschickt, die Sie aber nicht bezahlt haben!"

"Ja, ja, hab' immer Ärger mit der Post! Kommen Sie bitte rein, lassen Sie uns das bei einer Flasche Bier besprechen!"

Sofort nahm Masato die "Einladung" an und betrat die Wohnung des alten Mannes.

Als die Tür ins Schloss gefallen war, war es schon fast um den alten Mann geschehen.

Mit seinem "Kunstgriff" brach Masato dem alten Mann das Genick und saugte seine Seele aus. Er ließ den toten Körper fallen und sah sich in der Wohnung nach etwas brauchbarem um, weder unter der Matratze noch im Küchenschrank fand er Geld, bei fast allen seinen Opfern, die er zuhause "besucht" hatte, er dort etwas gefunden hatte.

Der Fernseher im Wohnzimmer stammte wohl noch aus dem vorigen Jahrtausend, der brachte auch nichts mehr, wenn man ihn verkaufte.

Der Kühlschrank war auch bis auf ein paar Bierflaschen leer.

Nein, hier war außer der Seele nun wirklich nichts zu holen.

Masato verließ vorsichtig die Wohnung und achtete darauf, dass ihn niemand im Hausflur sah, sicherheitshalber nahm er die Treppe.

Gerade, als er die Tür vom Treppenhaus öffnete sah er durch den Spalt, dass die Frau, die ihn vorhin angesprochen hatte, wieder das Haus betrat und auf ihr Kind einschimpfte: "Mit dir kann man sich nirgendwo blicken lassen, was denkst du dir eigentlich, wer du bist?"

Das Kind weinte und hatte eine offensichtlich geschwollene Wange.

Masato wartete, bis die beiden im Aufzug verschwunden waren und verließ dann das Haus. Heute hatte er irgendwie keinen Spaß am Aussaugen gehabt. Er wusste nicht, ob der erbärmliche Zustand des Alten ihn deprimiert hatte oder ob es das Wetter war.

Er stieg in sein Auto und machte sich auf den Heimweg.
 

Mit unerträglichen Kopfschmerzen wachte Masato auf dem Tatami-Fußboden auf.

Er sah auf die Datumsanzeige in seinem DVD-Rekorder:

Montag,12:55

Er hatte Samstag und Sonntag verschlafen, das würde Leander ihm nie glauben, er wurde schon sauer, wenn er nur 2 Minuten zu spät nach Hause kam.

Vielleicht schaffte er es ja doch noch rechtzeitig zum Flughafen.

Mit etwas Glück hatte Leanders Flug aus New York Verspätung.

Er nahm eine Kopfschmerztablette, ging unter die Dusche und zog sich an. Als er fertig war zeigte die Küchenuhr 13:25.

Gerade als Masato seine Jacke von der Garderobe nehmen wollte, um Leander vom Flughafen abzuholen, klingelte es an der Wohnungstür.

Masato hängte die Jacke resigniert wieder auf, jetzt konnte er sich auf etwas gefasst machen.

Er öffnete und ein gereizter Leander blickte ihm entgegen.

"Schön, dass du mich abholen gekommen bist! Das wäre doch nicht nötig gewesen", sagte Leander sarkastisch und schob Masato aus dem Türrahmen um seine Reisetasche in der Diele abzustellen.

Masato hob die Schultern: "Es tut mir leid, ich hab' verschlafen, ich wollte gerade zum Flughafen fahren!"

"Du bist fürchterlich unzuverlässig in letzter Zeit! Was ist mit dir los? Bist du krank? Und wo warst Du gestern?

Ich hab' viermal angerufen!"

"Gestern war ich... äh, bei meinen Eltern, die wollten mich auch mal wieder sehen!"

"Du lügst, da hab' ich auch angerufen, deine Mutter sagte sie habe seit vier Wochen nichts mehr von dir gehört!"

Masato wich Leanders Blick aus und ging in die Küche.

Er nahm einen Apfel aus dem Obstkorb, der auf dem Tisch stand und sagte: "Ist doch egal, war halt nicht hier!"

Leander brachte seine Reisetasche ins Schlafzimmer und sagte für den Rest des Tages Nichts mehr zu Masato. Er war sichtlich enttäuscht von Masatos Verhalten; nach den zwei Wochen, die sie sich nicht gesehen hatten, hatte er sich eine andere Begrüßung erhofft.

Leander

Kapitel 4
 

Leander war für zwei Wochen zu einer Vortragsreihe in New York gewesen und hatte Masato unglaublich vermisst. Schon nach zwei Tagen hatte er den Tag seiner Rückkehr nach Japan herbeigesehnt. Ihm fehlte Masato unsagbar. Die Vorträge langweilten ihn und von Tag zu Tag sehnte er sich mehr danach wieder von Masato in die Arme genommen zu werden. Er hatte Sehnsucht nach Masatos Lippen auf seiner Haut. Aber am meisten vermisste er die Nächte, die er immer mit dem Kopf auf Masatos Brustkorb schlafend verbrachte. Die gleichmäßige Auf- und Abbewegung in Verbindung mit dem regelmäßigen Herzschlag übten auf ihn etwas ungeheuer Beruhigendes aus.

Den ganzen Flug lang hatte er sich auf das Wiedersehen mit Masato gefreut, er konnte es kaum abwarten ihn in die Arme zu schließen.

Leander erinnerte sich gerne an ihre erste Begegnung im Haus von Masatos Eltern.
 

Vor vier Jahren war Leander das erste Mal im Zuge eines Studentenaustauschs nach Japan gekommen. Masato studierte ebenfalls an der berühmten Universität von Tokyo und seine Eltern hatten sich dazu bereit erklärt einen Austauschstudenten für ein halbes Jahr in ihrem Haus als Gast aufzunehmen.

Jemand von der Universität hatte Leander am Flughafen abgeholt und zum Haus der Hanadas gefahren. Masato war es gewesen, der Leander die Tür geöffnet hatte. Auch wenn die japanischen Gesichter für ihn damals etwas sehr Fremdes hatten, so hatte er sich doch auf den ersten Blick in Masato verliebt. Beide hatten unsicher voreinander gestanden. Leander hatte zu diesem Zeitpunkt kaum ein Wort Japanisch gesprochen und Masatos Englisch war bis heute nicht das Allerbeste. Masato hatte sich tief verbeugt und Leander mit einer Geste ins Haus gebeten. Er hatte auf Leanders Schuhe gedeutet, als dieser einfach hatte weiter ins Haus gehen wollen. Leander waren die vielen Dinge, die er in einem Vorbereitungsseminar gelernt hatte mit einem Mal wieder eingefallen und er hatte sich hastig die Schuhe ausgezogen.

Anfänglich war er mit den japanischen Sitten etwas überfordert gewesen, ständig hatte sich jemand vor ihm verbeugt, ständig hatte ihm jemand etwas zu essen oder zu trinken angeboten und auch wenn er freundlich abgelehnt hatte, so bekam er trotzdem etwas. Auch heute noch starrten ihn hin und wieder Leute wegen seiner schulterlangen, hellbraunen Haare an. Manchmal war sogar jemand so mutig und wollte sie anfassen. Am schlimmsten war jedoch für ihn, dass die meisten Japaner mit seinem Namen vollkommen überfordert waren, aus "Leander Sauver" wurde "Sobe Reanderu", was für ihn beinahe grotesk klang.

Im kleinen Flur des Hauses hatten Masatos Eltern Aufstellung bezogen und verbeugten sich tief vor ihrem Gast. Masatos Vater, Hanada Fumaru, sprach noch schlechter Englisch als sein Sohn. Die Mutter, Hanada Kumiko, sprach nur Japanisch, sie hatte unentwegt gelächelt und Leander ohne Unterlass zugenickt. Masato hatte Leander in ein karges, kleines Speisezimmer geführt, in dem ein niedriger Tisch auf dem Boden gestanden hatte. Das einzige andere Möbelstück des Raumes war ein niedriger, kleiner Schrank gewesen, in dem die kleinen Kissen zum Knien aufgehoben wurden. Feines japanisches Porzellangeschirr war hübsch auf dem niedrigen Tisch dekoriert worden, Leander bekam zur Begrüßung eine Tasse heißen, grünen Tee, der für ihn wie Abwaschwasser geschmeckt hatte. Dazu waren merkwürdige kleine Reiskekse in weiß, gelb, rot, braun, rotbraun und schwarz gereicht worden, die sich zwar in der Form unterschieden, aber alle denselben faden Geschmack gehabt hatten.

Danach hatte Masato ihm sein Zimmer gezeigt. Die Enttäuschung hätte wohl kaum größer sein können. Ein Zimmer, so klein wie ein Kaninchenstall, sollte für das kommende halbe Jahr sein Zuhause sein. Zum Trost hatte er schnell festgestellt, dass auch Masatos Zimmer und das Schlafzimmer seiner Eltern nicht größer gewesen waren.

In den ersten Wochen war es immer wieder zu kleineren und größeren Missverständnissen gekommen, die aber merkwürdigerweise dafür sorgten, dass Leander sich sehr schnell eingelebt hatte. Kumikos Herz hatte er im Sturm erobert, obwohl, oder vielleicht gerade weil, sie einander anfänglich nicht verstehen konnten. Sein Japanisch hatte schnell große Fortschritte gemacht und je öfter er Masato sah, umso mehr verfiel er ihm. Jeden morgen hatte er ihn über den Frühstückstisch hin angeschmachtet. Fast täglich war Masato mit nacktem Oberköper aus dem Badezimmer gekommen, was Leander an so manchem Morgen beinahe den Verstand geraubt hatte.

Homosexualität war trotz der durchaus liberalen Einstellung der meisten Japaner immer noch ein Tabuthema. In Frankreich er hatte sehr offen damit umgehen können, alle seine Freunde, seine Nachbarn und auch flüchtige Bekannte hatte von seiner Veranlagung gewusst und er musste sich nicht verstellen. Hier in Japan war das alles anders geworden. Niemand kannte sein wahres Ich, was ihn an regnerischen Tagen sehr deprimiert hatte. Nicht im Traum hatte er damit gerechnet, dass Masato seine Gefühle jemals erwidern würde.

Masato war ohnehin nicht der offenste Mensch der Welt. Er war sehr still und zurückhaltend, beinahe schüchtern. Er hatte nur wenige Freunde und ging nur selten aus. Vormittags hatte er diverse Vorlesungen gehört, sein Mittagessen hatte er immer zur selben Zeit in der Mensa eingenommen, er hatte sogar immer am selben Tisch gesessen. Die Nachmittage hatte er für gewöhnlich immer in der Bibliothek verbracht. Einige der anderen Studenten hatten über ihn gelästert, dass man geradezu die Uhr nach ihm stellen konnte und, dass er niemals etwas Unvorhersehbares tat.

Auf der Party seiner Studentenverbindung jedoch hatte sich dies schlagartig geändert. Zwei angetrunkene Kommilitonen hatten sich über Masatos Zuverlässigkeit mit scharfem Witz lustig gemacht, was Masato den Abend gründlich verdorben hatte. Er hatte ebenfalls zur Flasche gegriffen und sich sinnlos betrunken. Zum krönenden Abschluss hatte er sich hinter dem Verbindungshaus übergeben. Leander hatte ihn nach Hause gebracht. Masato war kaum noch ansprechbar gewesen und hatte sich an Leanders Jacke festgeklammert. Im Halbschlaf hatte er sich an ihn geschmiegt und lallte ihm mit einer Bier- und Sakefahne ins Gesicht.

"Weißt du was, Reanderu? Ich bin schon seit einer Ewigkeit total in dich verknallt...Du bist echt total süß..."

In diesem Moment hatte Leander das Gefühl gehabt, sein Herz würde zerspringen. Monatelang hatte er sich Tag für Tag ein zärtliches Wort von Masato gewünscht, doch so hatte er sich das nicht vorgestellt. Er hatte Masato zu Bett gebracht, doch der hatte sich an seiner Jacke so festgekrallt, dass er die Jacke ausziehen und in Masatos Bett zurücklassen musste.

Erst am nächsten Nachmittag hatten sie sich wieder gesehen, Masato war blass und seine Wangen waren ein wenig eingefallen. Er saß, den Kopf in die Hände gestützt, auf einem Stuhl an einem kleinen Tisch in der Küche. Seine Eltern waren zu einer Verwandten nach Kagoshima auf der Insel Kyushu gefahren gewesen. Leander hatte sich zu ihm in die Küche gesellt, er hatte sich an der Spüle angelehnt und betrachtete Masato. "Kopfschmerzen?"

"Und wie,", hatte Masato gestöhnt. "Sprich' bitte etwas leiser..."

"Das war der schlimmste Absturz, den ich jemals gesehen. Und in Paris habe ich einiges gesehen..."

Masato hatte unweigerlich lachen müssen, was ihm aber noch schlimmere Schmerzen beigebracht hatte. Leander hatte damit gerechnet, dass Masatos Absturz nicht ohne Folgen bleiben würde und hatte vorsorglich am Morgen eine Packung Kopfschmerztabletten besorgt, die er nun vor Masato auf den Tisch gelegt hatte. "Hier, nimm' am besten gleich Zwei!"

"Vielen Dank, das ist wirklich nett von dir. Wie kann ich das wieder gut machen?" Leander hatte sich auf dem Stuhl gegenüber von Masato niedergelassen.

"Du könntest das, was, du gestern Abend im Vollrausch zu mir gesagt hast, noch einmal nüchtern wiederholen..."

Masato hatte den Kopf erschrocken nach oben gerissen und Leander fassungslos angestarrt. Leander musste in diesem Augenblick seinen ganzen Mut zusammennehmen, um Masatos linke Hand zu greifen. Er hatte ihm die Hand gestreichelt und tief in die Augen gesehen.

"Ich liebe dich auch!"



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Akuma6666
2004-04-30T15:11:48+00:00 30.04.2004 17:11
Sehr interessant! XD
Doch! Lässt sich gut lesen und ist gut vorstellbar!^^
Mach ruhig weiter! Ich werds gerne lesen!
Musst mir bescheid sagen, wenns weitergeht! XD
Freu mich schon!
Bis dann

*knuff* Aku
Von:  Akuma6666
2004-04-30T14:57:35+00:00 30.04.2004 16:57
interessant, interessant! Gefällt mir noch immer! XD
Iim Moment fällt mir auch absolut nix negatives oder so auf! Mal das nächste lesen!^^
Von:  Akuma6666
2004-04-30T14:47:16+00:00 30.04.2004 16:47
Also bis jetzt gefällt es mir sehr gut!^^
Werd gleich mal weitermachen!
Diese dumme Warterei in Arztpraxen is echt zum kotzen! Das längste das ich mal warten musste waren fast 3 Stunden! Das war echt hammer! Danach hatte ich fast alle zeitschriften durch! T_T
Naja!^^ *nächstes Kap liest*


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