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Pulse

Die Cibus
von

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Cibus

Unser Erwachen, die Verwandlung zu Cibus, war der Anfang vom Ende.
 

Der Gestank von Schweiß und Alkohol ließ sie die Nase rümpfen. Großgewachsene Männer befanden sich im Gebäude und starrten sie an. Dabei entgingen ihr die lüsternen Blicke keinesfalls. Der Holzboden knarrte unter ihren Füßen als sie einige Schritte vorging und durch den Raum sah. Es könnte mal gelüftet und aufgeräumt werden. Sie wollte nicht wissen wie lange die Pizzareste schon auf den Tischen standen. Und ob das alles wirklich nur Pizzareste waren. Keiner der Männer sah wirklich gepflegt aus, es hätte sie auch gewundert, wenn es anders wäre.

Für einen Moment schloss sie die Augen und atmete tief durch, versuchte dabei den Gestank zu ignorieren. Der leichte Uringeruch löste ein unangenehmes Kribbeln in ihrem Bauch aus. Wie sehr sie doch hoffte das die Flüssigkeiten in den Ecken lediglich Bier waren. Doch etwas sagte ihr das dies nicht de Fall war. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten als sie einen großen Mann auf sich zukommen sah. Er schien der Anführer zu sein.

„Na du kleine hübsche Lady. Hast du dich hierher verirrt?“

Angewidert sah sie ihn an und spürte förmlich den Blick auf ihrem Körper ruhen. Wenn er könnte würde er sie mit seinen Blicken ausziehen und vor all den Leuten hier vergewaltigen. Doch sie wusste das zu verhindern. Er leckte sich über die Lippen und stemmte die Hände in die Hüften.

„Bist du der Boss?“

„Stets zu diensten. Möchtest du uns etwas Gesellschaft leisten? Wir haben so selten Frauenbesuch.“

„Wen wundert’s.“

Einige Männer lachten laut los und pfiffen, stießen die Bierkrüge aneinander oder warfen sie zu Boden. Der Anführer biss die Zähne zusammen und sah sie wütend an. Zornesröte legte sich auf seine Wangen.

„Pass auf, Kleine. Eigentlich wollten wir sehr nett zu dir sein, doch mit deinem Verhalten wird das ganz sicher nichts.“

„Ach wirklich. Nun… ich wollte überhaupt nicht nett sein.“

Kurz herrschte eine unangenehme Stille, ehe alle in Gelächter verfielen. Sie rollte mit den Augen und strich sich eine Strähne ihrer langen schwarzen Haare hinters Ohr. Das Lachen würde ihnen schon noch schnell genug vergehen, also sollten sie ruhig lachen. Viele Gelegenheiten hatten sie nicht mehr.

„Was willst du denn tun? Du bist alleine und kannst mich ja noch nicht mal ernsthaft schlagen. Du bist nur ein kleines schwaches Mädchen.“

Der Anführer kam auf sie zu und beugte sich hinab. Dabei grinste er schelmisch und warf ihr wieder diesen lüsternen Blick zu. Sein Gestank dran tief in ihre Nase sein und löste einen leichten Würgereiz aus. Doch sie riss sich zusammen und versuchte nicht angewidert wegzusehen. Sie erwiderte seinen Blick und blieb an Ort und Stelle stehen. Sollte er doch auf sie herabblicken, es störte sie nicht.

„Ich mach dir ein Angebot, weil du so hübsch bist. Wenn du es schaffst mich zu Boden zu werfen, dann darfst du dir einen Mann hier um Raum aussehen der dich so richtig durchficken wird. Solltest du es nicht schaffen, darf jeder mal ran. Einverstanden?“

„Einverstanden.“

Sie sah noch diesen verwirrten Blick, ehe sie ausholte und ihn mit voller Wucht durch den Raum warf, gegen die Theke ans andere Ende. Die Getränke fielen zu Boden, die Flaschen zerbrachen mit lautem Knallen und durchtränkten den Mann völlig. Entsetzt sahen die anderen im Raum zu ihrem bewusstlosen Anführer. Einige ließen ihre Getränke fallen, andere sprangen entsetzt auf. Genau auf diese Blicke hatte sie gewartet.

„Bei dieser Abmachung gibt es jedoch einen Harken.“

Das Holz knarrte unter den Schritten ihres Partners, der zwei Männer hinter sich herschleifte und schließlich fallen ließ. Sie sahen sehr mitgenommen aus, was ihr jedoch keinesfalls leidtat. Der junge Mann blieb neben ihr stehen und sah durch den Raum und verzog ebenso das Gesicht wie sie. Schließlich ruhte sein Blick auf dem Anführer, der murrend zu sich kam und beide wütend ansah.

„Um sie, wie habt ihr es ausgedrückt „durchzuficken“, müsstet ihr natürlich noch in der Lage dazu sein. Das wiederum entspricht nicht so ganz dem, was ich mit auch vorhaben werde. Ihr solltet froh sein wenn ihr danach noch alleine Pinkeln gehen könnt.“

Ein Schmunzeln legte sich auf ihre Lippen. Sein wütender Blick glitt durch den Raum und hinterließ einen Schauer bei den Männern. Bei ihr jedoch eine Gänsehaut. Dieser Blick galt jedem, der es wagte seine Freunde anzurühren oder zu beleidigen. Sie liebte diesen Blick und den Ausdruck in seinen Augen. Als der Boss knurrend auf die Beine kam und sich dabei an den Resten des Tresens abstütze, wandte sie die Augen in seine Richtung.

„Ihr elenden Gören. Wer seid ihr?“

„B-Boss. Das sind Cibus.“

Der Anführer sah die beiden an und weitete dann die Augen. Seine Augen ruhten auf dem rechten Unterarm des jungen Mannes und auf der rechten Schulter der Frau. Das Zeichen der Cibus stach deutlich sichtbar hervor und löste bei den Männern im Raum einen Schauer aus. Wie die meisten Menschen hatten auch sie Angst vor Cibus, zurecht wenn man sich ihren Anführer und die beiden Wachmänner ansah. Fluchend ballte der Boss die Hände zu Fäusten und versuchte vergeblich seine Angst zu verstecken.

„Ihr elenden Mistkäfer. Was wollt ihr von uns?“

„Ihr seid eine Diebesbande. Ihr Mordet, Vergewaltigt und zerstört Städte. Nicht zwangsläufig in dieser Reihenfolge. Aber das sind genug Gründe für die Schutzgarde euch auszuschalten. Die Schutzgarde hat nichts dagegen, wenn wir etwas „Sport“ mit euch betreiben. Um es mit ihren Worten auszudrücken.“

Ein amüsantes Grinsen legte sich auf die Lippen des Jungen, seine dunklen Augen strahlten einen gewissen Glanz aus. Er freute sich richtig auf das was folgte, im Gegensatz zu der Diebesbande. Blitzschnell schoss er vor, schlug den Anführer direkt zu Boden und sprang auf die Theke. Ein Blitz schlug mit einem Mal in den Raum und ließ alle zurückweichen. Kurz ließ er seine Finger knacken, ehe er erneut losrannte und die Männer zu Boden schlug. Er warf sie gegen die Wand oder gegen ihre eigenen Leute, sprang ihnen in den Bauch oder schlug ihnen ins Gesicht. Blitze ließen die Fenster zerspringen und heulten laut auf. Niemand hatte eine Chance, aber das hatte auch niemand erwartet. Elegant wich er den Messern aus, brach einem Mann den Arm als er ihn als Schutzschild nahm und warf ihn anschließend gegen die Wand. Schnell duckte er sich unter dem Schlag eines Mannes weg und trat diesem dann in den Bauch. Auf dem Boden hockend vollführte er eine Drehung und riss so mehrere gleichzeitig von den Beinen. Die Bewegungen waren sehr schnell und präzise, jeder Schlag, jeder Tritt war wohl durchdacht. Man konnte ihm kaum mit den Augen folgen, so schnell bewegte er sich. Schließlich lagen alle Männer am Boden, während er auf einem Tisch stand und sich umsah. Keiner rührte sich mehr, was auch nicht anders zu erwarten war.

„Hey Robby. Ich hoffe das weiße Zeug in dem du stehst ist Milch.“

Der Junge sah zu seiner Partnerin, die an der Tür stand, die Arme verschränkt hatte und ihn amüsiert angrinste. Sein Blick ging auf den Tisch und verwandelte sich von einem verwunderten zu einem angewiderten. Schnell sprang er vom Tisch runter und ging zu Tür.

„Widerlich. Ich werde die Schuhe wohl wegwerfen müssen.“

„Hab dich nicht so. Lass sie einfach Grundreinigen und dann ist schick.“

„Soll ich dich mal in die Wixxe stellen? Ich will mir gar nicht vorstellen was die hier gemacht haben.“

Er schüttelte sich und schob die Hände in die Taschen. Schnellstens verließ er den Raum, dicht gefolgt von seiner Partnerin die ihn nur angrinste. Einige Meter von dem großen Gebäude entfernt blieben sie stehen und sahen sich eben jenes an. Es war eine Holzhütte mit mehreren Etagen und war schon etwas heruntergekommen. Und schon seit mehreren Jahren in den Händen der größten Diebesbande des Reiches.

„Möchtest du den Rest erledigen?“

„Du solltest auch mal Dinge zu Ende bringen, Robb.“

„Hallo? Was soll denn das bitte heißen? Ich habe lediglich an dich gedacht. Vielleicht möchtest du ja auch noch deinen Spaß haben.“

„Mit solch widerlichen Typen? Niemals.“

Augenrollend ließ Robb seinen Fuß über das Graß wandern, in der Hoffnung, das weiße Zeug etwas abzuwischen. Schließlich seufzte er und sah zu seiner Partnerin, die in ihren beiden Händen eine dunkelrote, fast schwarze Kugel erscheinen ließ, die sie schließlich auf das Gebäude warf. Mit einem lauten Knall flog das gesamte Gebäude in die Luft. Sie sah auf das Feuer und ließ den Wind mit ihren Haaren spielen. Wie viele Leben hatten diese Menschen ausgelöscht? Wie viele Frauen und junge Mädchen vergewaltigt und anschließend brutal ermordet? Es mag nicht die schönste Art der Vergeltung sein aber wenigstens brauchte nun niemand in der Gegend mehr in Angst zu leben. Seit Jahren schon war diese Diebesbande hier ansässig, doch erst jetzt hatte das Kapitol endlich beschlossen etwas gegen die Verbrechen zu tun. Viel zu spät. Die Chivals sollten öfter vor die Tür gehen, dann wüssten sie auch was in Ihren Reichen los war. Viele Leben hätten gerettet werden können, wenn sie nur schneller gehandelt hätten.

„Hey Raena.“

Sie drehte sich um und sah Robb an. Einige Strähnen seiner schwarzen Haare wehten ihm ins Gesicht, während seine Augen prüfend über ihren Körper wanderten. Robb hatte einen Sonderstatus bei allen und, obwohl er nicht der Jüngste war, galt er irgendwie als Nesthäkchen. Doch das war er ganz sicher nicht, er konnte gut auf sich selbst aufpassen. Noch heute setzte er manchmal diesen trotzigen Blick auf, den er gezeigt hatte, als sie ihn kennenlernte. Inzwischen war dies zehn Jahre her und er war Erwachsen geworden, wie jeder von ihnen. Kaum zu glauben das aus dem kleinen süßen Jungen mal ein stattlicher junger Mann wurde, der allein mit seinem Aussehen die Frauen um den Finger wickeln konnte.

„Was ist los?“

„Ich habe Hunger.“

Ein breites Schmunzeln huschte über ihre Lippen als er sie ansah und dabei wie ein kleines Kind klang. Sie ging auf ihn zu und blieb direkt vor ihm stehen, legte ihre Hände an seine Wangen und kniff sie etwas zusammen.

„Du bist so niedlich.“

Robb kniff die Augen zusammen und schüttelte seinen Kopf, um Raena von sich abzuwinden. Er zog eine Schnute und sah sie beleidigt an. Manchmal war er wirklich zuckersüß, doch meist war das auch nur Teil seines Charmes, seiner Masche um zu bekommen was er wollte. Und oft funktionierte es auch.

„Ich bin nicht niedlich. Niedlich war ich mit Fünf.“

„Bestimmt hast du auch mit Fünf den Frauen den Kopf verdreht.“

Zwinkernd ging sie an ihm vorbei und schlenderte den Weg entlang, der zurück in die Stadt führte. Robb folgte ihr und lief schließlich neben ihr, während sein Blick in den Himmel ging.

„Tja ich bin halt unglaublich.“

„Dein Ego ist unglaublich.“

Beide grinsten sich an, ehe Robb einen Arm um sie legte und sie freudestrahlend ansah. Raena hob eine Augenbraue und starrte direkt in seine tiefschwarzen Augen. Riku und Kayla hatten auch schwarze Augen, doch Robbs waren tiefschwarz. Solch dunkle Augen hatte sie noch nie gesehen. Vermutlich machte genau das auch seinen Charme und Reiz aus und ließ die Frauen sämtliche Gedanken vergessen. Und das war halt Robb. Gutaussehnd, lieb und süß und der Frauenschwarm von ganz Eos.

„Aber du stehst drauf.“

„Vergiss es, Robby. Ich habe dich wirklich lieb aber deine Nummer zieht bei mir nicht. Hast du das von Yuuki?“

„Yuuki geht das Falsch an. Deswegen bekommt er ja auch ständig eine Abfuhr.“

Robb streckte sich und schob die Hände in die Taschen, während sie weiter den Weg entlanggingen. Inzwischen konnten sie die Stadt sehen, doch sie würden noch etwas brauchen bis sie dort waren. Die Stadt war klein aber ein Touristenmagnet. Von hier aus führten eine Menge Wanderwege in die Berge, ein perfekter Ausgangspunkt für alle Wanderfreunde.

Raena musterte Robb, sagte jedoch nichts. Robb war ihr bester Freund, sie gingen gemeinsam durch dick und dünn. Doch nie hätte sie sich eine Beziehung mit ihm vorstellen können und sie glaubte, dass es ihm genauso ging. Er erlaubte sich nur gerne einen Spaß. Er kannte seine Reize und nutze es hin und wieder ganz gerne aus. Welch ein Glück für alle, dass er nicht wie Yuuki jeder Frau hinterherrannte und sie wechselte wie seine Unterwäsche. Obwohl Yuuki gelegentlich einen schlechten Einfluss auf Robb hatte. Robb spürte ihren Blick deutlich und sah sie fragend an. Raena grinste nur breit und klammerte sich an Robbs Arm.

„Was hältst du davon, wenn wir noch Shoppen gehen bevor wir zurückfahren? Ich spendiere dir auch etwas zu Essen?“

„Um Himmelswillen nein! Ich geh mit dir nicht mehr shoppen. Das letzte Mal dachten die Verkäufer wir hätten in der Kabine Sex, dabei sollte ich lediglich den Reißverschluss zumachen. Nicht mal deine Unterwäsche habe ich gesehen.“

„Du hast dich aber auch dämlich angestellt.“

Raena boxte ihm leicht gegen den Arm und ließ ihn dann los. Robb murmelte nur etwas und sah weiterhin zur Stadt hinunter.

„Du kannst mir im Zug was zu Essen kaufen.“

„Hast du es Eilig?“

„Heute Abend ist eine Party zu der Yuuki und Riku wollten. Gray und Ace müssten inzwischen auch wieder da sein.“

„Eine Party ist dir also wichtiger als mich in sexy Outfits zu sehen? Tzz.“

Raena verschränkte die Arme und setzte einen gespielt bösen Blick auf. Robb schmunzelte und tätschelte leicht ihren Kopf. Mit einer schnellen Handbewegung schob sie seine Hand weg, doch Robb war schneller, umfasste eine Strähne ihrer Haare und brachte sie so zum stehenbleiben. Er stand vor ihr und beugte sich leicht hinab, während er ihre Haare um seine Finger wickelte.

„Ich habe davon doch gar nichts. Deine Klamotten bekomme ich eh früher oder später zu sehen und die Dessous mit denen du Riku verführst WILL ich gar nicht sehen.“

Die leichte Abneigung Riku gegenüber war deutlich zu hören. Die beiden hatten sich noch nie gut verstanden und als Raena dann eine Beziehung mit Riku einging wurde es noch schlimmer. Vermutlich lag es daran das beide sich vom Typ her sehr ähnlich waren, obwohl Robb bodenständiger und vernünftiger war als Riku. Auch Riku wirkte anziehend auf Robb, doch fehlte ihm das gewisse Etwas, das Lächeln und die coole Art von Robb.

Raena seufzte und befreite ihre Haare aus seinem Griff.

„Na schön. Dann fahren wir eben sofort zurück. Und ich kaufe dir etwas zu Essen. Du bist unerträglich, wenn du hungrig bist.“

„Was würde ich nur ohne dich machen?“

Robb stieß sie kurz mit der Schulter an und setzte dann seinen Weg fort. Raena sah ihm nach und folgte dann.
 

***
 

Sanft glitt der Wind durch die Blätter der Bäume und wiegte das hohe Gras der Wiese hin und her. Versteckt hinter einem Felsen lag dieses Wasserloch mit der angrenzenden Wiese, es war er perfekte Ort für die Kujhutas zum nisten. Ein großes Kujhuta stand im Wasserloch, während am Rand ein weiteres stand, neben ihm zwei Jungtiere, wobei eins frisch geboren worden war. Es war noch etwas wacklig auf den Beinen und musste hin und wieder von seiner Mutter gestützt werden. Kujhutas waren Familientiere, die Jungtiere blieben ewig bei ihren Eltern.

Ein sanftes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Zusammen mit seinem Bruder lag er abseits der Wiese unter einem Baum und sah zu den Tieren hinüber. So friedlich wie sie da standen konnte man nicht glauben das sie Menschen gegenüber tatsächlich gefährlich werden konnten. Es war ein perfektes Bild, der Vater badete im Wasserloch und die Mutter kümmerte sich um die Jungen. Das Ältere schlug die Hufe ins Wasser und stieß die Hörner in die Wellen, während das kleinere begeistert aufschrie. Wie gern er jetzt dieses kleine Kujhuta wäre, keine Sorgen mehr hätte und vorsichtig die Hufe ins frische Nass hielt, dann jedoh zurückschreckte und gegen seine Mutter stieß. Sein Leben könnte so viel einfacher sein.

Seufzend wandte er sich ab und schaute seinen Bruder an, der auf dem Bauch lag, den Kopf auf die Hände gestützt hatte und seinen Gedanken nachhing. Dachte er vielleicht an was Ähnliches? Eine frische Briese huschte über die Wiese und streifte ihre Haut, was ihn leicht frösteln ließ. Es war noch recht frisch, vorallem wenn der Wind etwas stärker war. Doch im Gegensatz zu ihm machte die Kälte seinem Bruder nichts aus. Er liebte die Kälte und alles was mit Eis zu tun hatte. Das war wohl ein Nebeneffekt ihrer Kräfte. Jeder hatte einen besonderen Draht zu seinen Kräften und er konnte sich nicht vorstellen das sich je ein Cibus andere Kräfte gewünscht hätte.

„Gray, ist das wirklich unser Ziel? Sie sehen ungefährlich aus.“

„Solange man sie in Ruhe lässt sind sie auch ungefährlich. Aber dann gibt es immer wieder diese dämlichen Touristen, die für ein gutes Selfie ihr Leben riskieren. Siehst du den Jeep dahinten? Schon wieder welche die die Kujhutas stören. Deswegen sind sie so aggressiv.“

„Ich hasse Menschen.“

Gray schmunzelte und sah weiterhin zu den Kujhutas hinab. Seufzend legte Ace sein Kinn auf die Hände und schloss halb die Augen. So idyllisch und perfekt und einpaar dämliche Menschen machten alles kaputt. Sollten sie doch sterben, so viel Dummheit sollte bestraft werden. Leider wäre diese Touristen nicht die ersten Opfer und wenn die Tiere so weitermachten, dann würden sie zum Abschuss freigegeben werden. Ace wollte das verhindern. Sie hatten nichts getan, sie folgten nur ihrem Instinkt. Das Männchen wollte die Familie beschützen, mehr nicht. Man musste den Menschen nicht immer jegliches Recht einräumen. Sie waren nicht die einzigen Lebewesen auf dem Planeten.

„Und nun? Gehen wir zu den Touris und bitten sie höflich zu gehen?“

„Natürlich. Du bist der gute Cibus. Sollte deine Methode nicht funktionieren, dann komme eben ich als böser Cibus.“

Gray erhob sich und streckte sich ausgiebig, ehe er die Arme verschränkte und zu den Touristen sah, die sich langsam gefährlich nahe ans Wasserloch begaben. Ace stand dann ebenfalls auf und klopfte sich den Dreck von der Kleidung und verschränkte leicht trotzig die Arme.

„Warum muss ich immer der gute Cibus sein? Meinetwegen können die Menschen auch getötet werden. Stört mich nicht.“

„Mich aber. Denn dann werden die Kujhutas getötet.“

Gray ging zu seinem kleinen Bruder und stieß ihn leicht in die Rippen und grinste dabei etwas.

„Und das möchtest du ja auch nicht. Also sei bitte der gute Cibus und versuch die Kujhutas vor ihrem Unglück zu bewahren.“

Augenrollend folgte Ace Gray über die Wiese, direkt zu dem Jeep der Touristen. Einige hatten ihre Kameras ausgepackt und waren schon fast am Wasserloch. Also beschleunigten die beiden ihre Schritte und konnten einen gerade noch aufhalten bevor dieser zu nah am Wasser war. Die Kujhutamutter horchte auf und ließ einen Laut ihrer Kehle entweichen, der das männliche Tier aufschreckte. Die beiden Jungen rannten hinüber zum Felsen, dicht gefolgt von ihrer Mutter, während ihr Vater näher in ihre Richtung kam. Er blieb jedoch im Wasser stehen, solange die Menschen es nicht betreten würden griff er nicht an. Kujhutas waren friedliebende Tiere, was nicht hieß das ihre Hörner nicht töten geeignet wären.

„Was wird denn das hier?“

„Man verschwindet. Das sind einzigartige Fotos.“

Gray und Ace sahen sich kurz an und dann verschränkte Gray demonstrativ die Arme und stand zwischen dem Kujhuta und den Menschen. Ein leichtes Röcheln kam von dem Tier, weswegen Ace einen Blick über seine Schulter sah. Er musterte das Tier und zog eine Augenbraue hoch. Es war groß, ausgewachsene Kujhutas konnten bis zu zweieinhalb Meter groß werden und einige Tonnen wiegen. Dieser Bulle war defintiv ein Prachtexemplar, doch etwas störte Ace besonders. An der einen Schulter entdeckte Ace eine Wunde, sie verheilte langsam, doch man erkannte sofort das sie von einer Schusswaffe und nicht von einem anderen Tier stammte. Bis auf Behemoths hatten Kujhutas keine natürlichen Feinde in Rubrum und selbst ein Behemoth wagte sich nicht an einen ausgewachsenen Bullen und drei weiteren Tieren heran. Ace ballte die Hände zu Fäusten und sah wieder zu den Menschen. Diese waren dafür nicht verantwortlich, doch ihre Vorgänger schon.

„Ihr habt jetzt genau drei Sekunden um umzudrehen und zu fahren.“

„Sonst was?“

Einer der Männer trat verdächtig nahe an Gray heran, Ace sah ein Messer in der Jackentasche aufblitzen. Doch er hatte keine Angst um seinen Bruder. Wenn jemand auf sich selbst aufpassen konnte, dann war es Gray. Die schneeweißen Haare wehten leicht im Wind und fielen ihm über die grauen Augen. Gray verengte sie zu schlitzen und wirkte auf einmal bedrohlicher als noch zuvor. Ace konnte das nicht, egal wie ernst er guckte, er konnte genau diesen Blick seines Bruders nicht nachahmen. Manchmal fragte er sich von wem Gray diese Eigenschaft hatte.

„Eins. Zwei.“

Noch ehe Gray bis drei zählen konnte griff der Mann nach seinem Messer, er bekam jedoch keine Gelegenheit mehr es zu ziehen, denn Gray hatte ihn bereits gepackt und zu Boden geworfen.

„Drei.“

Eis legte sich um die Hand des jungen Mannes, es wanderte an den Hals des Touristen und legte sich bedrohlich auf dessen Haut. Mit aufgerissenen Augen starrte er Gray an, zitternd legte sich eine Hand an das Eis, das seinen Hals bedeckte. Ob er vor Furcht oder wegen der Kälte zitterte konnte Ace nicht sagen und es war ihm auch herzlich egal.

„Ihr nehmt jetzt eure Sachen und verschwindet sofort von hier. Und wehe ihr kommt nochmal wieder. Dann friere ich dir deine Zehen ab. Jeden einzelnen. Haben wir uns verstanden?“

Schnell nickte er und dann ließ Gray ihn gehen. Zitternd rannte er davon, immer seinen Kollegen nach, die schon längst am Jeep waren und ohne ihn fahren wollten. Gray und Ace sahen ihnen nach und erst als der Jeep verschwunden war schauten sie sich an.

„Ach man jetzt hatte ich gar keine Chance den guten Cibus zu spielen.“

„Du armer. Beim nächsten mal, okay Ace?“

Gray wuschelte seinem kleinen Bruder schmunzelnd durch die Haare und zog ihn dann etwas an sich. Ace wandte sich jedoch aus dem Griff heraus, noch bevor Grays Faust seinen Kopf auch nur berührte. Er hasste es und wich daher sicherheitshalber schonmal einen Meter weg. Sein Blick ging wieder zu dem Kujhuta, der etwas Abstand genommen hatte, aber noch immer schützend vor seiner Familie am anderen Ende des Wasserlochs stand. Ace Blick wurde wieder ernst als er erneut auf die Wunde an der Schulter sah.

„Siehst du die Verletzung da? Scheint von einer Schusswaffe zu kommen.“

„Ja. Ich rufe die Schutzgarde an. Die sollen gleich einen Tierarzt mitbringen.“

Gray tippte flink auf seinem Handy herum und rief die Schutzgarde an. Ace währenddessen bewegte sich vom Wasserloch weg und ließ etwas Abseits auf einen Stein nieder. Man musste die Tiere ja nicht noch mehr stören als ohnehin schon. Er sah aufs Wasser, sein Element, seine Kräfte. Leichte Wellen huschten ans Ufer und umspielten das Gras und schubsten einige Steine hin und her. Langsam beruhigte es sich wieder als Ace aufhörte es zu manipulieren. Sein Spiegelbild glänzte auf der Oberfläche, schwach aber es war da. Die weißen Haare fielen sofort auf, niemand hätte Zweifel daran das er Grays Bruder war. Einige Leute meinten sogar das man an den weißen Haare erkannte das sie aus Mylites stammten. Angeblich sollten die Menschen in Mylites eher hellhäutig und helle Haare haben, doch außer Gray hatte er noch nie jemanden mit solch schneeweißen Haaren gesehen. Ace schaute sich selbst in die lila Augen seines Spiegelbildes. Grays Aussage zufolge sollte er die Augen ihrer Mutter haben und Gray die ihres Vaters. Doch daran erinnerte sich Ace nicht, seine Mutter starb bei seiner Geburt und an seinen Vater konnte er sich nicht mehr erinnern. Da war nur eine schemenhafte Gestalt wenn er versuchte sich zu erinnern, ein Schatten mit weißen Haaren die ihn blendeten wenn die Sonne sie trafen. Mehr war da nicht, kein Gesicht, keine Augenfarbe, kein Name. Alles war verschwunden, so wie die Wellen die eben noch da waren.

„Ace, alles klar? Du siehst bedrückt aus.“

Gray stand neben dem Felsen und hatte die Arme verschränkt, sah jedoch nicht Ace an sondern die Kujhutas, die zusammen als eine Familie am anderen Ende des Wasserloches standen und hoffte das sie bald verschwinden würden.

„Ob die Jungtiere ihre Eltern irgendwann vergessen? Kujhutas leben schließlich fast 70 Jahre und irgendwann verlassen die Kleinen ihre Eltern um eine eigene Familie zu gründen. Ob sie ihre Eltern erkennen würden, auch noch nach 30 oder 40 Jahren?“

„Ja, ich denke schon. Alle Lebewesen haben diesen Instinkt. Sie würden sie erkennen, da bin ich mir sicher. Genau wie du.“

Erneut ließ Ace kleine Wellen entstehen und hob seine Hand um das Wasser darumgleiten zu lassen. Gray hatte leicht reden, er konnte sich ja noch alles vor der Schutzgarde erinnern, Ace nicht. Zehn Jahre seines Lebens, einfach ausgelöscht, wegen eines Schusses am Kopf. Aus Reflex fasste sich Ace an die Kopfseite und fuhlte die leichte Narbe unter seinen Haaren. Man sah sie nicht aber sie war da und das wusste er zugut.

„Spielt doch eh keine Rolle, da alle tot sind. Was würde es mir bringen mich zu erinnern wenn ich unseren Vater sehen würde. Er ist tot also tritt dieser Fall nie ein.“

Hinter sich hörte Ace Autos und war erleichtert als es die Schutzgarde war. Kurz blickte er zu Gray als er sich erhob und sah den leicht traurigen Blick in den Augen seines Bruders. Ace hatte sich daran gewöhnt, es war besser so. Wozu sich an Menschen erinnern die tot waren? Es erhöhte nur den Schmerz. Man konnte um niemanden Trauern an den man sich nicht erinnerte. Der einzige positive Aspekt an seinem Gedächtnisverlust.

„Komm las uns fahren. Die Schutzgarde kann sich jetzt um die Tiere kümmern.“

Gray legte für einen Moment eine Hand auf den Kopf seines Bruders und ging dann zu den Agenten der Schutzgarde und weihte sie ein, inklusive des Tierarztes. Ace schaute noch kurz zurück zu den Kujhuta und folgte dann seufzend seinem Bruder.
 

Als wir aufbrachen schien mich Gray völlig vergessen zu haben.
 

***
 

Frustriert schaute sie zu den beiden rüber und verschränkte die Arme vor der Brust. Immer das gleiche mit ihnen. Jede Frau auf der Straße musste angesprochen werden, da gab es selten eine Ausnahme. Und dass sie zurück wollte interessierte die beiden auch nicht. Seufzend fuhr sich Kayla durchs schwarze Haar und sah sich um. Die Einkaufsstraße war belebt, viele Leute gingen an ihr vorbei und beachteten sie kaum. Nur wenige gaben ihr einen Blick, nur die die sie erkannten. Kayla versteckte ihr Mal auch nicht gerade denn selbst, wenn sie es tun würde, würde es immer Menschen geben die sie erkannten. Sie waren einwenig wie Promis. Die einen liebten sie, die anderen hassten sie. Auf die meisten Menschen traf jedoch letzteres zu und Kayla hatte sich daran gewöhnt. Wenn man diese Blicke täglich bekam störte man sich nicht mehr daran, man baute sich eine Mauer auf an der sie einfach abprallten.

Kayla wickelte sich eine Strähne um den Finger und schaute wieder zu den anderen beiden. Yuuki lachte und hatte zwei Frauen die Arme umgelegt. Seine kupferfarbenen Haare standen in alle Richtungen ab und gaben ihm einen wilden Touch. Die Haarfarbe war selten, daher konnte Kayla sogar nachvollziehen wieso die Frauen ihm nachjagten. Und dann war da noch Riku, ihr Bruder. Sie musterte ihn und beobachtete sein Handeln. Riku legte einer Frau eine Hand auf den Rücken und wanderte unauffällig nach unten. Kaylas Augen verengten sich zu Schlitzen und dann wanderte ein Schatten an Rikus Bein hoch und zwickte ihm in den Hintern. Frustriert zuckte dieser zusammen und schaute in Kaylas Richtung. Er sah böse aus und Kayla sah nur genervt zurück. Langsam wollte sie wirklich zurück. Und zu ihrem Glück schien Riku die unausgesprochene Aufforderung verstanden zu haben und wimmelte langsam die Frauen ab. Leider jedoch ging er nicht ohne der Frau noch etwas grinsend ins Ohr zu flüstern. Das Yuuki dies tat störte sie ja nicht und auch bei Riku wäre es ihr egal, wäre er nur nicht mit Raena zusammen.

„Kayla, was sollte das?“

„Ich weiß nicht was du meinst.“

Riku setzte sich neben sie und legte einen Arm auf die Lehne. Dabei musterte er sie kurz und beugte sich dann grinsend vor. Seine schwarzen Augen sahen in ihre und einige seiner ebenso schwarzen Strähnen hingen ihm vor den Augen. Kayla musste zugeben das er nicht schlecht aussah und er genoss es das die Frauen das auch so sahen, doch mit Robb konnte er nicht mithalten. Ihm fehlte halt der Charme und das gewisse Etwas das Robb besaß.

„Sehnsucht nach deinem Gray, kleine Schwester? Ich bezweifle das sie schon zurück sind.“

„Aber sie sind sicherlich bald zurück. Und ich bekomme langsam Hunger und würde langsam nach Hause, wenn es den Herren genehm ist.“

„Meinetwegen. Ich bekomme auch Hunger.“

Yuuki hatte sich grinsend hinter sie gestellt und beugte sich nun über die Lehne der Bank. Er zwinkerte Kayla zu und legte seine Arme erfreut um sie. Yuuki schleimte sich sehr gerne ein wenn er was zu Essen haben wollte dabei wusste er das Kayla eh kochen würde. Er müsste nicht fragen, denn das Essen der Jungs war ungenießbar. Einzig Gray bekam noch recht gut Nudeln hin und Robb Rührei aber das wars auch schon.

„Na schön. Wenn ihr unbedingt wollt.“

Sofort erhob sich Kayla und schob dabei Yuuki etwas von sich. Sie ging die Straße entlang und schon nach einigen Augenblicken schlossen die beiden zu ihr auf und liefen auf je einer Seite.

„Heute abend ist eine Party im Herzblut. Hab Robby gesagt das wir hingehen.“

„Es ist immer irgendwo eine Party.“

„Aber nicht mit Happy Hour. Das lockt mehr hübsche Frauen an.“

Ums Geld brauchten sich die Cibus keine Gedanken zu machen. Die Schutzgarde zahlte alles für sie, wirklich alles. Und dieses Geld erarbeiteten sich die Cibus quasi selbst, da sie gefährliche Aufträge annahmen, die hochbezahlt wurden. Mal hier ein Monster erledigen, mal dort eine Diebesbande auslöschen. Die Auftraggeber, meist die Regierungen oder reiche Privatleute, zahlten gut dafür. Sie brauchten sich nicht die Hände schmutzig zu machen, die Soldaten wurden geschont und die Cibus beschäftigt. Jeder lebte damit, keiner sprach aus das es vielleicht unmoralisch oder gar abartig war junge Erwachsene morden zu lassen. Aber das hatte ja auch vor Jahren niemanden gestört als sie alle noch Kinder waren. Es war so schon immer gewesen soweit Kayla wusste. Cibus waren in den Augen der Menschen halt keine Menschen mehr, sondern Werkzeuge, Maschinen die sie benutzen konnten. Etwas das sich über Jahrhunderte etabliert hatte zu ändern war schwierig. Menschen waren halt Gewohnheitstiere.

Seufzend verschränkte Kayla die Arme hinterm Rücken und sah wieder die Straße entlang. Wozu sich darüber Gedanken machen, ändern würde sich eh nichts. Zu lange ging das schon so und niemand hatte das Bedürfnis eine neue Welt zu erschaffen. Naja bis auf die Cibus natürlich. Sie waren auserwählt worden, zu höherem berufen und mit Kräften gesegnet die sich niemand erklären konnte. So sehr Kayla ihre Kräfte auch liebte so sehr hasste sie sie. Und die Kristalle, weil sie es waren die die Cibus erschufen und ihnen diese Fähigkeiten gaben. Dabei wusste niemand so genau wozu. Warum gab es Cibus? Was nütze diese Kraft nur den Kristallen?

„Was ist los Püppy?“

„Nichts alles gut.

Kayla sah auf und lächelte Riku an und er lächelte nach einem kurzen zögern zurück. Riku legte seinen Arm um Kayla und zog sie leicht an sich. Das tat er immer, wenn er merkte das es ihr nicht gut ging oder dass sie viel nachdachte. Deshalb liebte sie ihn so sehr, weil er immer da war. Immer.

„Hat halt Liebeskummer unsere Püppy. Etwas das du nicht verstehst, Riku.“

„Ich habe keinen Liebeskummer, Yuuki. Und du hast Recht. Riku hat wirklich keine Ahnung was Liebeskummer ist.“

„Was wollt ihr denn damit sagen?“

Kurz schauten sich Kayla und Yuuki und nickten dann gleichzeitig und setzten diesen bestimmten Blick auf, der Riku immer zur Weißglut brachte. Es war ein tadelnder Blick, der Riku nur die Hände in die Hosentaschen schieben und leise schnauben ließ.

„Das du ein herzloser Mistkerl bist? Vermisst du Raena überhaupt?“

„Natürlich vermisse ich sie. Ich hänge nur nicht verzweifelt an meinem Handy und erwarte alle fünf Minuten einen Statusbericht.“

„Nein, du flirtest mit Frauen.“

Riku hatte den Vorwurf verstanden, doch ging er nicht darauf ein. Wahrscheinlich wusste er das Raena das Verhalten nicht guthieß und auch Kayla war nicht überzeugt davon. Wenn man in einer Beziehung war sollte flirten tabu sein. Zumindest solch ein intensives Flirten wie es Riku vollzog. Er hatte halt noch nie eine längere Beziehung gehabt, immer nur was Kurzes und nie was Ernstes. Raena war so gesehen also seine erste richtige Beziehung. Auch wenn Kayla nicht sehr viel mehr Erfahrung hatte als ihr Bruder, so wusste sie doch das man dies nicht machte.

„Ich liebe Raena. Ich würde sie nie betrügen, wenn ihr darauf hinauswollt.“

„Hey Dicker mir ist das Gleichgültig. Solange ich jemandem zum Feiern und Saufen habe ist es mir egal wie mit wie vielen Frauen er schläft. Zur Not nehme ich Robby mit.“

Yuuki war wohl von ihnen allen der, der die meiste Erfahrung im Bett hatte. Er schob es immer auf seine Vergangenheit vor der Schutzgarde, sein Leben in einem Bordell von Morbol. Seine Mutter war eine Hure gewesen daher lebte Yuuki dort. Er musste natürlich nicht selbst praktizieren aber er kam recht schnell mit Sex und dem weiblichen Geschlecht zusammen. Kayla vermutet ja das er dadurch der unreifeste von ihnen war, der nie eine Gelegenheit ausließ um sich zu amüsieren. Und mit nie meinte sie nie.

„Es ist trotzdem nicht in Ordnung, Riku. Raena ist deine Freundin. Du solltest anderen Frauen keine schönen Augen machen, schon gar nicht, wenn sie dabei ist.“

„Nur weil Gray blind geworden ist seit ihr zusammen seid muss das ja nicht heißen das ich das auch durchziehen muss. Obwohl ich das bei Gray ja doch sehr gutheiße. Immerhin steigt er mit meiner Schwester ins Bett.“

„Bäh Riku übersowas redet man doch nicht. Wenn ich das sage ist es okay aber du bist ihr Bruder. Kayla sollte für dich asexuell oder noch Jungfrau sein.“

Kayla schüttelte augenrollend den Kopf und sah die Straße entlang. Was war sie froh wenn Gray und Ace wieder da waren und sie den beiden neben ihr nicht mehr zuhören musste. Genaugenommen wollte Kayla wirklich nicht über ihr sexuallleben mit ihrem Bruder sprechen. Da gab es Grenzen, zumindest bei Riku. Bei Raena sah es anders aus, sie war eine Frau.

„Manchmal seid ihr unausstehlich.“

„Und du liebst uns dafür.“

Da hatte Riku recht. Egal wie sehr sie manchmal auch nervten, sie liebte jeden einzelnen von ihnen von ganzem Herzen und würde niemanden eintauschen aber hergeben wollen.

Party

„Eine Pizza und zwei Cola?“

„Jap.“

Die junge Kellnerin wirkte etwas nervös, während Robb sie anlächelte. Schnell stellte sie die Pizza und die zwei Getränke auf den Tisch und verbeugte sich etwas. Mit leicht geröteten Wangen und einem nervösen Beben der Lippen warf sie Robb einen Blick zu, ehe sie schnellen Schrittes den Gang entlangging und sich immer weiter entfernte. Raena sah ihr nach und schaute schließlich Robb an.

„Sie mag dich.“

Fragend hob er eine Augenbraue und biss von seiner Pizza ab. Da er nicht gefrühstück hatte, hatte er jetzt umsomehr Hunger. Raena stütze ihr Kinn auf ihre Hand und sah ihn schelmisch grinsend an. Er wusste genau was sie meinte, doch ging er mit Absicht nicht darauf ein.

„Die Kellnerin von eben. Sie mag dich.“

Robb setzte sich etwas auf und schaute über die anderen Bänke hinweg zu der Kellnerin, die an einem Tisch etwas weiterweg die Bestellung aufnahm. Kurz zuckte er mit den Achseln und aß seine Pizza weiter, während Raena ihn fragend ansah.

„Sie ist süß.“

„Nur süß? Komm schon Robby. Du hast sie auf diese Art angelächelt, die jedes Frauenherz zum Schmelzen bringt.“

„Das ist mein normales Lächeln. Ich bin hält nett und lächle manchmal Leute an. Kann ich doch nichts dafür wenn die Frauen da weiche Knie bekommen.“

Er war sich durchaus bewusst was sein Lächeln bewirken konnte, doch meist ignorierte er es. Viele Frauen würden töten um nur einmal von ihm angelächelt zu werden, Robb jedoch war es egal. Meistens jedenfalls. Diese Kombination aus Nettigkeit, Charme und gewisser Kälte machten ihn zu einem sehr begehrten jungen Mann.

„Sprich sie doch mal an.“

„Wieso? Das würde eh nichts bringen. Vielleicht würden wir kurz Quatschen, Nummern austauschen und uns eventuell mal Treffen. Früher oder später wäre es eh vorbei, so wie bei jedem anderen auch.“

„Miesepeter.“

Robb schluckte den letzten Happen seines zweiten Stücks runter und griff schließlich nach der Cola. Er beugte sich etwas zu Raena vor und stützte sich auf seiner Faust ab.

„Warum? Es entspricht nur der Wahrheit. Wir sind Cibus. Mit normalen Menschen klappen Beziehungen nie.“

„Das stimmt doch gar nicht. Es kann durchaus klappen.“

Raena lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Sie sah die Kellnerin an, die auf sie zukam und kurz nachfragte ob alles okay sein. Und erneut ging sie mit noch röterem Kopf in den nächsten Wagon, nachdem Robb sie angezwinkert hatte.

„Bei wem hat es je geklappt? Kayla und Marco? Gray und Zoe? Ace und Mira? Yuuki und Riku die sich durch sämtliche Clubs vögeln? Hat es bei dir und Alex geklappt? Oder bei dir und Jack? Nein. Bei Aranea und mir ging es auch schief. Beziehungen zwischen Menschen und Cibus können einfach nicht funktionieren.“

„Du brauchst ne Freundin.“

Trotzig griff Raena nach ihrer Cola und sah Robb an, der nur aus dem Fenster sah die vorbeirauschende Landschaft begutachtete. Eigentlich hasste er Zugfahren, er fuhr lieber Auto. Leider hatte man ihnen auf die Schnelle kein Auto gegeben, weswegen er sich wohl oder übel mit dem Zug zufrieden geben musste.

Kurz herrschte Stille zwischen ihnen. Raena sah genau das er an Aranea dachte. Dabei war die Trennung nun schon fast zwei Jahre her. Ihr Blick ging ebenso aus dem Fenster, während sie ihre Cola trank. Als Robb von Aranea verlassen wurde war er ein ziemliches Wrack. Nicht unbedingt wegen der Trennung doch wegen der Art der Trennung. Nun vielleicht spielten damals auch noch andere Umstände eine Rolle, doch das alles hatte ihn sehr mitgenommen. Seitdem hatte er keine Beziehung mehr, nur gelegentlich mal eine Frau, doch nie etwas ernsthaftest.

„Ich brauche keine Freundin. Ich habe doch dich.“

„Schleimer. Wäre es nicht schön auch mal wieder jemand Festes zu haben? Nicht das du wie Yuuki wirst.“

Robb grinste und griff nach dem letzten Stück Pizza.

„Keine Sorge. So werde ich nicht. Hin und wieder mal etwas Spaß zu haben ist völlig okay. Hast du doch früher mit Jack auch gemacht.“

Leicht besorgt sah sie ihn an beugte sich schließlich nach vorne. Sie beobachtete ihn wie er die Pizza aß, während er ihren Blick erwiderte. Kurz huschte ein Schmunzeln über ihr Gesicht. Ace machte es immer wahnsinnig, wenn man ihn beim Essen beobachtete. Robb hatte damit so gar keine Probleme, ebenso wenig wie mit Augenkontakt. Ace hasste es Menschen lange in die Augen sehen zu müssen, Robb war da anders. Vielleicht verstanden sich die beiden deshalb so gut, weil sie so unterschiedlich waren.

Für Robb war es nicht leicht gewesen zur Schutzgarde zu kommen. Sein Bruder, den er über alles geliebt hatte, griff ihn an, hat ihn mehr oder weniger aus der Stadt gejagt. Es war bereits kurz nach Robbs Verwandlung und es kam von einem Tag auf den anderen. Wahrscheinlich hätte man ihn wie ein Tier behandelt, so lange trainieren lassen bis er vor Erschöpfung umkippte. Zumindest hatten sie das wohl mit seinem Bruder gemacht. Doch nun hatte er Freunde, eine neue Familie. Ace war sein bester Freund und Yuuki und Gray wie seine großen Brüder. Gray der anständige und Yuuki der Draufgänger. Wie er wohl geworden wäre, wenn er Rubrum nie verlassen hätte? Manchmal stellte sie sich selbst auch diese Frage. Was wäre aus ihr geworden wenn sie ihr Zuhause nie hätte verlassen müssen. Dies war eine Gemeinsamkeit, die sie mit Robb teilte. Sie wurden beide verjagt und mussten ihr Zuhause verlassen.

„Das ist echt süß wie du dir Gedanken um mich machst. Und wärst du Single wüsste ich wie du mir helfen kannst. Nur leider sind die beiden einzigen weiblichen Cibus vergeben.“

Raena rollte mit den Augen und lehnte sich wieder zurück. Immer wieder das Gleiche Thema seit sie mit Riku zusammen war. Erneut durchschritt die junge Kellnerin den Gang, wurde dann jedoch von Robb leicht am Handgelenk gepackt und aufgehalten.

„Könnte ich noch eine Cola haben?“

Er beugte sich etwas vor um ihr Namensschild zu sehen und lächelte sie dann zuckersüß an.

„Mika. Schöner Name.“

„D-Danke. Ich bringe sofort eine.“

Sie lief rot an und setzte ihren Weg fort, brachte das Essen an einen anderen Tisch und ging dann in den Küchenwagen. Robb grinste Raena an und spielte etwas mit seinem leeren Colabecher. Er schnappte sich einen Zettel aus der Box in der Wand und einen Stift und kritzelte schnell etwas darauf.

„Das hast du von Yuuki.“

„Gelegentlich hat er auch gute Ratschläge.“

Die Kellnerin kam wieder und stellte Robb einen Becher hin, während sie schüchtern sein Lächeln erwiderte. Er beugte sich vor und sah sie dabei an.

„Arbeitest du öfter du hier im Zug?“

„Gelegentlich. E-Eigentlich möchte in Eos studieren. Dafür spare ich mir Geld an.“

Sie strich sich eine Strähne hinters Ohr und sah Robb an. Dieser musterte sie eingehend, ließ dabei stets sein Lächeln aufgesetzt. Genau das war die Art mit der Robb die Frauen um den Finger wickelte. Raena rollte leicht mit den Augen und beobachtete die Szene weiterhin schweigend. Sie wollte ja das Robb eine Freundin bekam, doch dieses Flirten implizierte nur wieder einen One-Night-Stand und nichts dauerhaftes.

„Cool. Ich lebe auch in Eos. Vielleicht sieht man sich mal.“

Sie öffnete den Mund etwas und wollte was sagen, doch dann ging für einen kurzen Moment ihr Blick auf Robbs Arm auf welchem sein Cibus-Mal prangte. Natürlich bemerkte er es doch er ließ es sich nicht anmerken. Sie lächelte ihn an und nickte kurz.

„Ja vielleicht. Ich meine-.“

„Hier meine Nummer. Ich bin übrigens Robb.“

Er reichte ihr einen Zettel auf dem seine Nummer und sein Name stand. Zögernd nahm sie den Zettel und berührte dabei leicht Robbs Finger. Schließlich drückte sie den Zettel an sich und nickte ihm noch zu, ehe sie blitzschnell verschwand. Robb schaute Raena an, die seinen Blick leicht genervt erwiderte. Schließlich zeigte er auf sein Mal und zuckte mit den Schultern.

„Das Ding hier törnt mehr ab als Syphilis.“

„Sie hat deine Nummer doch angenommen. Und so schnell wird sie dich auch nicht vergessen. Vielleicht meldet sie sich ja wirklich.“

Ein kurzes Lachen war von Robb zu hören, ehe er sich zurücklehnte und die Arme verschränkte. Sein Blick ging dann aus dem Fenster. In der Ferne sah er die hohen Gebäude von Eos, den Kardia-Turm und das Kapitol, das hoch oben über Eos schwebte. Eos war die fortschrittlichste Stadt in allen Reichen und zudem die Größte. Als er die Stadt das erste Mal sah wurde ihm schlecht. Loric war nur halb so groß und bei weitem nicht so hoch. Doch jetzt nach zehn Jahren konnte er sich nicht mehr vorstellen irgendwo anders zu leben. Eos mag ja seine Nachteile haben, doch sie war zweifelsfrei auch eine der schönsten Städte. Vor allem der Ausblick aus der Wohnung der Cibus im Kardia-Turm und ihren Zimmern war grandios. Wer was Anderes behauptet hat die Stadt noch nie bei Sonnenuntergang oder Nacht von oben gesehen.
 

***
 

Laut drang die Musik zu ihnen rüber, die Vibrationen der Bässe war deutlich im Körper zu spüren. Sie hatten eine abgetrennte Location erhalten, die über dem eigentlichen Club war. Dieser Bereich war eigentlich für besondere Gäste, doch die Cibus erhielten ihn immer wenn sie im Herzblut feiern waren. Einer der Vorteile ein Cibus der Schutzgarde zu sein. Ihr Blick ging durch die Menge, die im unteren Teil des Clubs tanzte oder trank. An der Theke standen Ace, Yuuki und Robb und warteten auf die Getränke. Yuuki hatte eindeutig schon wieder ein Auge auf mehrere Mädels geworfen und versuchte Ace und Robb zu animieren sie anzusprechen. Dabei entgingen ihr die Blicke der vielen Frauen, die auf Robb ruhten nicht. Schließlich erhielten sie die Getränke und bahnten sich ihren Weg durch die Menge um zu ihnen hinaufzukommen. Raena saß zusammen mit Riku, Kayla und Gray hier oben auf den bequemen Sofas, während die Musik zu ihnen durchdrang. Dies war ihr Lieblingsclub, sie waren oft hier wenn sie Feiern gingen.

„Für alle eine Runde Tequila und für jeden sein Lieblingsgetränk.“

Yuuki stellte freudestrahlend die durchsichtigen Tequilas auf den Tisch und schob jedem einen zu. Es waren kleine Gläser mit dem Getränk, was es in sich hatte. Ace und Robb stellten währenddessen die restlichen Getränke ab und ließen sich dann auf die Sofas fallen. Sogleich nahm Riku ein Glas und stieß mit Yuuki an, ehe sie die Kurzen austranken.

„Ihr müsst es nicht gleich übertreiben.“

Kayla schnippte Riku gegen die Wange, der ihre Hand nur leicht wegdrückte und sie angrinste. Riku und Yuuki waren die Feierwütigsten von ihnen, fast jedes Wochenende gingen sie in einen Club oder Bar, sofern sie keine Aufträge hatten. Manchmal schlugen sie damit auch über die Stränge, sehr zum Leidwesen von Raena und Kayla. Kayla ließ sich zurückfallen und schüttelte leicht mit dem Kopf, ehe sie nach Grays Arm griff, der um ihre Schulter gelegt war und ihre Finger mit seinen verhakte. Die beiden waren seit mehr als zwei Jahren zusammen, was Riku anfangss missfiel. Er mochte keinen Freund seiner Schwester und wollte sie immer vor allen Beschützen. Schließlich war es Yuuki der ihn davon überzeugen konnte, das Gray Kayla nicht ausnutzte.

„Kommt schon Jungs! Gehen wir Bräute aufreißen!“

Yuuki klopfte Ace und Robb auf die Schultern, die dann mit ihren Tequilas anstießen sie in einem Zug leerten. Schließlich standen sie auf und gingen auf die Treppe zu. Yuuki gab Gray einen leichten Stoß gegen das Knie, was ihm deutlich machte mitzukommen. Dieser leerte ebenso sein Getränk und stand dann auf. Raena spürte Rikus Hand auf ihren Oberschenkel und seinen warmen Atem an ihrem Ohr. Er drückte ihr einen Kuss auf die Wange und folgte dann den anderen freudestrahlend.

„Immer das Gleiche mit denen.“

Raena rückte zu Kayla auf und ließ sich wie sie auch zurückfallen. Beide Frauen sahen in die tanzende Menge und erblickten sofort Yuuki, der ohne zu Zögern einige Frauen anbaggerte. Auch Riku ging sofort ins Flirten über, was bei Raena nur ein augenrollen auslöste. Er war schon immer so gewesen, stets hatte er den Frauen nachgejagt. Das hatte sich mit seiner Beziehung nicht geändert. Die anderen drei gingen zur Bar und schauten zu einer Gruppe Mädels rüber, die offenbar ebenso Gefallen an ihnen fand. Gray sagte etwas zu Ace, woraufhin dieser nur den Kopf schüttelte und seinen Blick durch den Club gleiten ließ. Ace war ganz und gar nicht der Flirttyp, er hatte auch so seine Probleme damit Frauen anzusprechen. Er sah gut aus und war auch aufgeschlossen, doch wenn es um Flirten und Beziehungen ging war er sehr zurückhaltend. Lag vermutlich an seiner Ex-Freundin, die ihn nur ausgenutzt hatte und mit ihm angegeben hatte. Diese Erfahrung hatte jeder von ihnen schon mal gemacht.

„Yuuki müsste doch bald alle Frauen durchhaben.“

„Eigentlich schon.“

Raena griff nach ihrem Cocktail und reichte Kayla ihren, die weiterhin zu den anderen hinabsah. Raena musterte ihre beste Freundin, die den Blick spürte und sie fragend ansah.

„Was ist los?“

„Du siehst heiß aus. Hast du dich für Gray so auf gestylt?“

Kayla trug einen Minirock und offene Highheels. Dazu ein bauchfreies Shirt und eine ärmellose, ebenso bauchfreie Jacke drüber. Sie grinste Raena und nippte an ihrem Cocktail.

„Du hast dich doch auch aufgebretzelt.“

„Und trotzdem schaut Riku nur andere Frauen an.“

Raena trug ebenso einen Minirock und hohe Schuhe, dazu ein Rückenfreies Top mit tiefem Ausschnitt. Kayla packte sie am Handgelenk und zog sie auf die Beine.

„Was die Jungs können, können wir doch auch.“

Die beiden gingen die Treppe hinunter zu Gray, Ace und Robb, die scheinbar über die Mädels diskutierten. Kayla legte ihr Arme auf Grays Schulter und sah Ace an, der trotzig den Blick seines großen Bruders erwiderte.

„Komm schon Ace. Die findet dich toll. Und ihre Freundinnen sind jetzt weg.“

„Kommen aber gleich wieder.“

„Zieh sie weg von den anderen.“

Ace rollte mit den Augen und schaute zu einem brünetten Mädchen rüber, die ihn verlegen ansah. Gray und Robb tauschten Blicke aus und schüttelten dann mit dem Kopf. Schließlich wandte sich Gray Kayla zu und gab ihr einen Kuss, ehe sie ihn auf die Tanzfläche zog. Robb währenddessen zog Raena zu sich rüber und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Raena grinste und griff dann nach Ace Handgelenk. Verwirrt folgte er ihr, während Robb kurz bei dem Mädchen Halt machte.

„Das ist Ace. Darf er dir einen Drink spendieren?“

„Natürlich.“

Raena ließ Ace direkt bei der Brünetten stehen und folgte dann Robb in die Menschenmenge. Verdutzt sah der Junge den beiden nach und wandte sich dann leicht nervös dem Mädchen zu, die ihn ebenfalls etwas nervös ansah. Schließlich setzte sich Ace neben sie und bestellte etwas zu trinken. Robb zog Raena währenddessen auf die Tanzfläche und schaute grinsend in Ace Richtung. Er legte seine Hand auf Raenas Schulter und beugte sich herunter.

„Hat geklappt.“

„Selbstverständlich. Ace muss sich einfach mehr zutrauen.“

Robb schmunzelte und schaute Raena an. Das Licht im Club wechselte ständig seine Farben, die Musik dröhnte und ließ ihre Körper vibrieren. Dann ertönte dreimal ein gut bekannter Ton, der Robb noch breiter Grinsen ließ. Das Licht wurde etwas dunkler, nun schienen nur noch zwei Scheinwerfer durch den Club, einer in dunkelrot und einer in einem helleren Rot. Sie wanderten durch den Club, zuckten, wechselten die Seiten und schienen gelegentlich auf die Körper der Menschenmengen. Robb zog Raena näher zu sich heran und legte eine Hand auf ihre Schulter und bedeckte so ihr Mal, die andere Hand umgriff ihr Handgelenk. In dieser Menschenmenge konnte man sich schnell verlieren.

„Du siehst heute gut aus.“

Er strich ihr eine Strähne hinters Ohr und streifte dabei ihre Wange, ehe sich seine Hand wieder auf ihre Schulter legte. Raena lächelte ihn an und beugte sich etwas vor, damit er sie besser hören konnte. Dank ihrer Schuhe war sie so groß wie Robb und konnte ihm nun direkt in die Augen schauen.

„Wenigstens einer der es bemerkt.“

„Du solltest es ihm verbieten. Ihr seid in einer Beziehung. Fremdflirten sollte da Tabu sein. Oder zumindest für euch beide gelten.“

„Du kennst doch Riku.“

Er nickte nur und dann begannen sie zu tanzen. Sie wurden von den anderen Menschen mitgezogen, man musste sich einfach im Rhythmus des Beats bewegen. Oft hatten sie zusammen getanzt und das auch schon bevor Raena mit Riku zusammenkam. Daher hatte Robb auch keine Hemmungen davor, Raena an der Hüfte anzufassen und dicht an seinen Körper zu pressen. Raena sah ihn an und lächelte als erneut ein ihnen bekannter Ton ertönte und plötzlich viele Lichter in grellen Farben erstrahlten, während es von der Decke rotes Konfetti regnete. Dann ging das Licht wieder ins Rot über und die Musik erklang genauso wie vorher. Das rote Konfetti in Form von Herzen verfing sich in ihren Haaren und bestimmt auch in ihrer Kleidung. Das war immer so. Mehrmals hintereinander regnete es Konfetti, während die beiden sich zur Musik bewegten, ihre Körper aneinanderpressten und ansahen. Dann tippte Ace Robb auf die Schulter und deutete ihm an mit ihm zu kommen. Entschuldigend ließ Robb Raena los und folgte Ace hinauf zu ihren Logeplätzen. Raena währenddessen ging zur Bar, wo Yuuki und Riku standen und sie noch mehr Kurze hinterkippten. Sie flüsterte Riku etwas ins Ohr, der sie daraufhin am Rücken berührte und auf die Tanzfläche zog. Yuuki ging seine Wege, denn er hatte schon die nächste potentielle Bettgefährtin ausgemacht.

Seufzend ließ sich Ace aufs Sofa fallen und nippte an seinem Longdrink, während Robb neben ihm Platz nahm und ihn ansah. Genervt schaute der Jüngere in die Menschenmenge, ehe er das Getränk abstellte und Robb ansah.

„Die war ein Reinfall. Die war nur auf dich scharf.“

„Niemals. Die hat doch nur dich angeschaut.“

„Doch ehrlich. Sie hat die ganze Zeit nach dir gefragt. Wie heißt er denn, ist er Single, wie alt ist er, kannst du mir seine Nummer geben?“

Ace rollte mit den Augen und verschränkte die Arme, während er tiefer ins Sofa rutschte. Robb musterte ihn und lehnte sich schließlich auch zurück, dabei berührte er leicht die Schulter von Ace.

„Sorry. Ich hätte schwören können die wollte nur dich.“

„Tja leider nicht. Aber als sie mein Mal gesehen hat war es eh gelaufen. Da wollte sie auch nichts mehr von dir. Musste sich ganz schnell die Nase pudern. Obwohl ich bezweifle das unter dem ganzen Puder von irgendwo eine Nase vorhanden war.“

Robb schmunzelte und stieß Ace leicht mit der Schulter an, der daraufhin ebenso grinste. Beide konnten nicht viel mit Frauen anfangen, die sich in andere Personen verwandelten, sobald sie ungeschminkt waren. Sein Blick ging zu Gray und Kayla, die die Treppe hinaufkamen und sich zu ihnen setzten. Gray wuschelte seinem Bruder durch die Haare, der versuchte die Hand wegzudrücken.

„War nicht die Richtige?“

„Mag keine Cibus.“

„Beim nächsten Mal.“

„Das hast du die letzten fünf Male auch schon gesagt.“

Jeder kannte es, den Blick, wenn die Menschen ihre Male sahen. Niemand von ihnen hatte sich dieses Schicksal ausgesucht, sie wurden vom Kristall bestimmt. Die Menschen hatten Angst vor ihnen, doch wenn es um gefährliche Aufträge ging, dann waren die Cibus plötzlich die Helden. Solche Heuchler.

„Och Ace. Du findest schon noch die Richtige.“

„Nur wenn es mehr weibliche Cibus gibt.“

„Meine Rede.“

Robb hielt Ace die Faust hin, der daraufhin dagegen drückte. Kayla sah die beiden an und seufzte schließlich. Weibliche Cibus waren eindeutig in der Unterzahl.

„Ihr seid solche Depris.“

„Haben eben nicht alle ihren strahlenden Helden gefunden.“

„Ihr habt auch noch Glück.“

Zweifelnd warfen sich Robb und Ace Blicke zu und schauten dann zu Gray und Kayla. Synchron schüttelten die beiden Jungs die Köpfe und wehrten mit der Hand ab. Gray schmunzelte etwas und lehnte sich zurück, zog dabei Kayla mit sich, die den beiden Jüngeren nur einen bösen Blick zuwarf.

„Ich habe Hunger. Wollen wir in den Fast-Food-Laden um die Ecke und uns etwas zu Mampfen holen?“

„Wir können Zuhause einen Film gucken oder zocken.“

„Hört sich gut an.“

Wie auf Kommando sprangen Ace und Robb auf und deuteten Kayla und Gray an mitzukommen. Diese zuckten nur mit den Schultern und erhoben sich dann ebenfalls. Die anderen würden sie eh nicht vermissen.
 

Hätte man es ahnen können? Alles wirkte so friedlich. Das in nur einigen Monaten die Welt untergehen würde ahnten wir noch nicht. Niemand hätte es ahnen können.
 

***
 

Der Mixer dröhnte laut in seinen Ohren, er hatte das Gefühl das sein Trommelfell platzen würde. Alles erschien ihm extrem laut, was seine Kopfschmerzen nicht verringerte. Das flaue Gefühl im Magen verstärkte sich durch den Geruch der frischen Brötchen. Erst als eine Tasse vor ihm hingestellt wurde öffnete er leicht die Augen und verzog angewidert das Gesicht. Nicht schon wieder dieses Getränk.

„Ich trink das nicht.“

„Du wirst. Ihr habt einen Auftrag und müsst nüchtern werden.“

Yuuki vergrub sein Gesicht wieder in seiner Armbeuge und schloss die Augen, in der Hoffnung wieder einzuschlafen und erst viel später wieder aufzuwachen. Sehr viel später. Und am besten in seinem eigenen Bett.

„Los mach schon!“

Raena schnippte ihm gegen den Kopf, was bei Yuuki nur ein Grummeln auslöste. Er hasste diesen Ausnüchterungstrank und hatte nicht vor ihn zu trinken. Sein Kinn legte sich auf seinen Arm, während er das Getränk musterte. Neben ihm am Tresen saß Riku, der nicht viel besser aussah und qualvoll die Tasse nahm und leerte. Er schüttelte sich und verzog das Gesicht, ehe er die Tasse auf den Tisch knallte und Kayla und Raena böse ansah. Dann legte auch er seinen Kopf wieder auf die Arme und schloss die Augen. Yuuki wandte den Blick ab und sah die beiden demonstrierend an.

„Ich trink das nicht.“

„Du kannst zehn Bier in zehn Minuten trinken, aber das Zeug nicht? Es hilft. Und ihr müsst gleich los. Also benimm dich nicht wie ein kleines Kind und trink diese verdammte Scheiße hier.“

Yuuki wandte den Blick ab, schloss die Augen und vergrub diese in seiner Armbeuge. Wenn es dunkel war, ging es mit den Kopfschmerzen. Sofern es noch etwas leiser werden würde wäre es perfekt. Doch das wollte ihm natürlich niemand gönnen. Er hatte erwartet, das Kayla oder Raena protestieren würden, doch die beiden blieben still. Stattdessen spürte er eine Hand auf der Schulter und gleich danach ein pochen im Kopf.

„Guten Morgen ihr Schluckspechte!“

Yuuki zuckte zusammen und glaubte sein Kopf würde platzen. Er hielt sich die Ohren zu und kniff die Augen zusammen, so als ob dies seine Kopfschmerzen schlagartig verschwinden lassen würde. Doch das passierte nichts, viel mehr dachte er sein Kopf würde explodieren. Dieser verdammte Bengel!

„Du elende Kröte. Ich bring dich um.“

Riku fauchte Robb an und warf ihm einen vernichtenden Blick zu, was den Jüngeren jedoch nur zum Grinsen brachte. Seltsamerweise vertrug Robb von allen am besten und am meisten Alkohol, womit er Yuuki und Riku gerne aufzog. Besonders wenn sie verkatert waren, so wie in diesem Augenblick.

„Das würdest du ja nicht mal nüchtern hinbekommen, Eierkopf.“

Riku wollt etwas erwidern, doch das ging Raena sofort dazwischen und verhinderte sogleich einen Streit. Nicht so früh am Morgen, darauf hatte niemand Lust. Naja außer vielleicht Robb.

„Geh nach oben und zieh dich um. Ihr müsst los.“

Genervt drehte sich Riku um, warf dabei Robb noch einen bösen Blick zu, der diesen nur Grinsend erwiderte und an seinem Kaffee nippte. Schließlich ging Riku zum Fahrstuhl, der hinauf in die Zimmer der Cibus führte. Raena drehte sich mit einem leicht bösen Blick zu Robb um, der sie nur achselzuckend ansah und weiterhin seinen Kaffee trank.

„Ich will nicht!“

„Och Yuuki komm schon. Du bist erwachsen. Das Zeug hier wird helfen.“

„Ich weiß, aber ich will nicht. Graaaay?! Kannst du nicht für mich gehen?“

„Nö.“

Frustriert schaute Yuuki zur Couch, auf der Gray saß und durchs TV-Programm schaltete. Er sah Yuuki nicht mal an, was diesen nur noch mehr frustrierte. Neben Gray saß Ace, der mit seinem Handy spielte und die Szene in der Küche ebenso ignorierte. Die Wohnung war recht groß. Eine offene Küche, die entgegengesetzt zur riesigen Fensterfront lag. An der Fensterfront entlang befand sich ein großer Esstisch, die große Couch mit dem riesigen Fernseher in der Mitte des Raumes und daneben eine kleine Sitzecke mit einigen Regalen und Sideboards. Dort waren einige Bücher und Sitzsäcke, sowie ein Regal mit ein paar Videospielen. Jeder Cibus hatte zwar sein eigenes Zimmer, doch die meiste Zeit waren sie alle zusammen im Gemeinschaftsraum. Über ihnen befanden sich die Zimmer, immer zwei auf jeder Etage. Im letzten Stockwerk gab es ein Schwimmbad, eine Sauna und einen Außenpool, der direkt auf die Dachterrasse führte. Unter dem Gemeinschaftsraum war der Trainingsraum und darunter die Krankenstation. Dort wurden die Cibus alle halbe Jahre routinemäßig untersucht. Ganz selten war jemand länger als einen Tag dort, schließlich hatten sie alle Selbstheilungskräfte. In den tieferen Etagen befanden sich die restlichen Räumlichkeiten der Schutzgarde, die Büros, Forschungsabteilung, Waffenherstellung und das Archiv, eine riesige Bibliothek, die auch die Cibus nutzen durften. Man könnte meinen ihr Leben im Kardia-Turm war sehr luxuriös, doch eigentlich war es das nicht. Es gab zwar keine Kameras in der Wohnung, jedoch wusste die Sicherheitsabteilung genau wer sich im Gebäude befand und wer nicht. Schutzmaßnahmen nannten sie diese Überwachung, die sich durch die ganze Stadt zog, selbst bei Aufträgen wusste man immer wo sie waren. Das hatten sie alles dem Chip in ihrem Nacken zu verdanken.

„Na los Yuuki. Du musst dich auch noch anziehen.“

Yuuki wurde aus seinen Gedanken gerissen, nickte schließlich genervt und trank das Getränk aus. Er rülpste einmal laut und stand dann auf um in Richtung des Fahrstuhls zu gehen. Raena gab ihm beim Vorbeigehen noch einen Klapps auf den Hinterkopf, den Yuuki jedoch ignorierte.

„Ob die irgendwann mal erwachsen werden?“

„Vermutlich saufen die sich irgendwann mal ins Grab. Hoffentlich gibt es dann Freibier auf deren Beerdigung.“

„Hör auf mit solchen Scherzen.“

Kayla kniff Robb kurz in den Arm und schob ihn dann beiseite um die Brötchen auf den Tisch zustellen. Kayla machte immer für alle Frühstück, egal wie viele da waren. Und wenn sie mal nicht da war, dann merkte man deutlich das etwas fehlte. Besonders Sonntag, den da war Pancaketag.

„Hey Robby, gehen wir nachher in die Spielhalle? Die haben das Airhockey repariert.“

„Klaro. Diesmal mach ich dich fertig.“

Ace grinste Robb nur an, der das Grinsen ebenso erwiderte und zur Couch ging. Airhockey war ihr Lieblingsspiel. Als Kinder haben sie sich oft in die Spielhalle geschlichen und heimlich gespielt, bis sie entdeckt wurden. Schon oft hatten sie Stephen gebeten einen Tisch zu bekommen, doch es wurde immer abgelehnt. So viel Luxus wollte man ihnen dann doch nicht gönnen.

„Kommst du mit Gray?“

„Ich geh mit Kayla und Raena shoppen.“

„Du armer.“

Mitleidig sah Ace seinen Bruder an, der nur mit den Schultern zuckte und ihn ansah. Robb lehnte sich über die Couchlehne und warf Gray einen schelmischen Blick zu. Robb wusste genau warum Gray mitging. Aus dem gleichen Grund warum Robb dies auch gelegentlich tat.

„Du willst doch nur mit in die Umkleidekabine. Oder selbst sexy Klamotten für Kayla aussuchen.“

„Das würde ich nie tun.“

Grinsend wandte sich der Ältere ab und ignorierte den leicht bösen Blick von Kayla. Ace schüttelte den Kopf und starrte auf den Fernseher. Schließlich schaute er Robb an und musterte ihn.

„Du bist doch auch oft genug mit Raena in der Umkleide.“

„Aber ich bekomme ihre Unterwäsche nicht zu sehen. Ich darf höchstens mal ein Kleid zumachen oder irgendwas im Nacken zubinden, aber das war es auch schon. Ich muss mich immer umdrehen.“

„Du hast echt kein einfaches Leben.“

Die Ironie war deutlich aus Ace Worten herauszuhören. Es schien das Ace manchmal etwas neidisch auf Robb war, da er beliebt bei Frauen war und Raena als beste Freundin hatte.

„Schlimm oder. Ich darf nur ihren Arsch in den hautengen Hosen begutachten aber nicht anfassen.“

„Heul doch. Frühstück ist fertig.“

Die drei Jungs schauten zum Esstisch, der fertig angerichtet war. Liebevoll hatten die beiden Frauen diesen gedeckt. Freudestrahlend standen sie auf und stürmten auf den Tisch zu, an dem bereits Kayla und Raena saßen und sie leicht schmunzelnd ansahen. Natürlich hatten die beiden die Unterhaltung der Jungs mitbekommen.

„Vielen lieben Dank!“

Synchron griffen die jungen Männer nach den noch warmen Brötchen und begannen mit dem Frühstück.



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