Zum Inhalt der Seite

Russisch für Anfänger

Beyblade 2020: April
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Song für den Prolog ist wohl Skalitzer Straße von Großstadtgeflüster.

---

Es passiert noch nicht viel, aber es gibt eine ungefähre Vorstellung von Sergeis Charakter. Hoff' ich. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich muss die ganze Zeit an meine alte WG denken - nicht nur wegen der Wohnungsaufteilung (und der Diskokugel, die wir einfach hatten), sondern auch wegen unserer WG-Abende. Die waren aber in keinster Weise mit denen der Neoborgs zu vergleichen, so viel sei gesagt.
____

Songs
Can’t stop raving - Dune
Gettin‘ Jiggy Wit It – Will Smith Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Songs:
Turn Down for What – DJ Snake, Lil Jon
Thunderstruck – AC/DC Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Bitte reißt mir für das Ende nicht den Kopf ab, ich habe keine Ahnung wie sowas abläuft!

---
Songs:
Gewitter Schlaf Regen
Enter Sandman – Metallica
Nostalgic – Simple Plan
Samson – Regina Spektor
Please don’t go - Barcelona Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Warnung: Enthält Zucker und viel Kitsch.

Songs:
Son of the dust – Black Casino and the Ghost (Titellied von Luna Nera)
Walpurgisnacht – Bibi Blocksberg
Walpurgisnacht – Schandmaul
Walpurgisnacht – Faun
Witch’s Rune – S. J. Tucker
Vollmond – in Extremo
Thekenmädchen - Versengold
Tanzt du noch einmal mit mir? - Broilers Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Staubsaugen ist Zen

Sergei war stolz auf sich. Zufrieden blickte er auf sein Werk: Er hatte die Wäsche gemacht und sie auf den beiden großen Flügelwäscheständern nach Besitzern sortiert. Jetzt konnte sie auf ihrem Balkon in der Sonne trocknen. Damit hatte er seine Schuldigkeit für den Putzplan ihrer WG getan. Bald würde die Uni wieder losgehen. Das neue Semester sollte mit einer sauberen und aufgeräumten Wohnung beginnen. Spätestens in der Klausurenphase würde ihr Zustand ohnehin zwischen blitzeblank durch Prokrastinationsputzen glänzen und Ordnerexplosion mit Grabenkämpfen schwanken.

„Du bist dran mit Abwaschen!“

„Ich hab gestern schon!“

„Der Dienst gilt für eine ganze Woche! Du hast das selbst so gewollt, als wir die Regeln aufgestellt haben!!“

„Du hast dir doch gestern Nacht noch strunzendicke versucht, Spiegeleier zu kochen, Boris! Und dabei ALLE Pfannen benutzt!“

Sergei atmete tief durch. Stimmt, das hatte er vergessen. Staubsaugen musste er noch. Also holte er den roten Heulbesen aus dem Wandschrank und begann im Wohnzimmer. Die übliche Entspannung, die er empfand, wenn er die Krümel durch das Rohr scheppern hörte und das sofortige Ergebnis sah, wenn der Dreck entfernt wurde, wollte sich aber irgendwie noch nicht so recht einstellen. Vielleicht, weil er das Gekeife von Boris und Yuriy aus der Küche immer noch hören konnte. Mit seiner freien Hand schnappte er sich die Fernbedienung ihrer Musikanlage und stellte sie auf volle Lautstärke ein.

 

Es heißt nicht Sesam öffne dich, es heißt Sesam Platz da

Dein Baujahr neunzig Mazda bekommt jetzt ein paar Kratzer

Spar' dir dein Geheule, denn du wolltest diese Beule

Verklag mich doch auf Blechschaden, ich weiß, dass ich Recht habe

 

Über den Flur, dessen Laminat er zenmäßig in gleichmäßigen Zügen von Yuriys langen, roten Zossen befreite – ernsthaft, wie konnte jemand mit einem so krassen Undercut trotzdem noch so viele Haare verlieren? – führte ihn der Weg letztlich doch in die Küche. Die beiden Streithähne gaben sich die größte Mühe, ihn zu ignorieren und das Staubsaugergeheul mit ihrem Gezeter zu übertönen.

Sergei spürte ein Prickeln, das sich über seine Arme zog. Sein Blick fiel auf die Fensterbank und das Töpfchen mit Basilikum – der einzigen Pflanze, die sie dank seiner sorgfältigen Aufsicht nicht kaputt kriegten. Auf dem Boden lag Erde. Irgendein Depp hatte also schon wieder den Topf umgeworfen. Es war nicht schwer, herauszufinden, wer das gewesen sein könnte. Und die beiden Hauptverdächtigen standen auch noch im Weg. Sergei brauchte zwei tiefe Atemzüge zur Beruhigung. Passenderweise setzten in seinem gewählten Song genau die richtige Liedzeile ein. Um seinen Punkt für die beiden Sturschädel nur allzu deutlich zu machen, sang er lauthals mit.

 

Ich komme auf der Dampfwalze

Da seid ihr platt

Guck' wie ich nicht anhalte

Platatatatt

Guck' wie ich in den nächsten Gang schalte (ja, ja, ja)

 

Sergei saugte zunächst um sie herum, dann schob er die Düse absichtlich mit passiver Aggressivität gegen die Füße der beiden Streithansel, was diese nun endlich aufmerken ließ. Mit Boris hielt Sergei schließlich intensiven Blickkontakt und er schleuderte ihm ein harmonisches und doch brausendes „Weil ihr mich wahnsinnig macht!!!!!!!!!“ entgegen.

Yuriy schüttelte sich und gab Boris einen Klaps auf den Hinterkopf, bevor er über den Staubsauger hüpfte und in seinem Zimmer verschwand. Boris dagegen zog die Schultern ein, stellte sich in den Türrahmen, um Sergeis Saugweg nicht zu behindern, und als der Blonde endlich die Küche verließ, um sein Gerät wieder im Schrank zu deponieren, machte sich Boris daran, die Pfannen abzuwaschen.

Sergei summte zufrieden. Ging doch!

Es ist keine Phase!

Er hatte sie auf einem Rave kennengelernt. Gut, was hieß kennen lernen, sie waren sich schon öfter über den Weg gelaufen, und er hatte schon damals großen Respekt vor ihren Blader-Fähigkeiten gehabt. Sie war sehr ehrgeizig und eine der stärksten und selbstbewusstesten Bladerinnen, die ihm je begegnet waren.

 

Auf dem besagten Rave – eigentlich war es ja eine Demonstration gegen nicht erwünschte Technostile wie Hardcore und Gabba und gegen die Verwertung der Technomusik zur nationalistischen Instrumentalisierung – war es sehr warm. Sergei war gerade dabei, sein Shirt in seinem Jutebeutel zu verstauen und kramte nach seiner Wasserflasche. Er hatte getanzt, er hatte gesungen und allgemein eine gute Zeit bisher gehabt. Jetzt hatte er Durst. Er setzte sich etwas abseits auf einen Mauervorsprung und beobachtete das wilde Treiben. Sein Kopf wippte im Takt der Musik. Der Beat durchströmte seinen Körper und trotz der Leichtigkeit in seinem Kopf spürte eine Art von Nervenkitzel: Er hatte zwar eine kurze Pause gebraucht, aber sein Körper schrie förmlich danach, wieder ins Getümmel zu stürzen und sich zu bewegen. Nach einem weiteren großen Schluck schraubte er seine Flasche wieder zu und bückte sich zu seinem Beutel.

In diesem Moment kamen zwei weitere Raver, auch etwas weiter abseits der tanzenden Meute, an ihm vorbei. Das Mädchen schrie ihren Begleiter an, weil man sich anders nicht unterhalten konnte, und gestikulierte wild mit beiden Händen. In einem unglücklichen Augenblick einer sehr enthusiastischen Äußerung und einer sich aufrichtenden Bewegung machte ihre Hand Bekanntschaft mit Sergeis Gesicht. Genauer gesagt, seiner Nase. Erschrocken blieb das Mädchen stehen und auch Sergei hielt perplex inne. Mit großen Augen starrte sie ihn an.

„… Thor?“

Die sanfte Ungläubigkeit in ihrer Stimme ließ ihn lachen. Er rieb sich über sein Gesicht und seinen Bart und schüttelte den Kopf.

„Nein, aber ich behaupte, fast so stark wie er.“

„Das traust du dir zu sagen?“

„Nun, du hast mir ins Gesicht geboxt und ich habe nicht einmal Nasenbluten. Ich denke, das sagt alles.“

„Ich habe dich nicht gebo- Oh mein Gott, es tut mir wirklich sehr leid!“, rief das Mädchen aus, das sich jetzt erinnerte, dass sie ihm vielleicht eine Entschuldigung schuldig war.

Sergei winkte ab und musterte sie.

„Wir kennen uns aber, oder?“, fragte er dann.

„Ich glaube auch. Ich bin Giulia Fernandez. Das ist mein Bruder Raul.“

Sie zog ihren Begleiter am Arm näher an sich heran. Dieser hob die Hand zum Gruß, sah sich aber dann wieder eher besorgt um. Es war offensichtlich, dass er sich nicht allzu wohl fühlte. Vielleicht war es auch einfach nicht seine Musik.

„Ah… Da klingelt etwas. … F-Dynasty?“

Er sah, wie sie leicht erröte.

„Ich hätte nicht gedacht, dass ich mit den Kreiselkämpfen als erstes in Verbindung gebracht werde. Aber dann bist du sicher auch…“ Sie biss sich nachdenklich auf die Lippen und musterte ihn aufmerksam. Sein Grinsen wurde breiter.

„Das russische Team. Neoborg. Ich bin Sergei.“

„Nein!“, rief sie überrascht aus, „Du hast dich ja mega verändert! Deine Haare… alles an dir!“

Ungefragt fuhr sie über seine Wange und durch seinen Bart. Dann zog sie schnell ihre Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt.

„Tut mir leid! Das war ein Reflex! … Jetzt hab ich dir schon wieder ins Gesicht gelangt!“

Sergei schmunzelte über ihre Verlegenheit: „Was soll ich sagen… Heikle Situationen sind voll mein Ding.“

Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und ihm entging dabei nicht ihr prüfender Blick über seine breite Brust. Gekonnt warf er seinen Beutel über seine Schulter und nickte in Richtung der anderen Feiernden.

„Wollen wir zusammen tanzen gehen?“

„Gern. Und dann gebe ich dir ein Getränk aus“, erklärte Giulia inbrünstig und zurrte ihr langes Haar in einen flotten Pferdeschwanz.

„Bin dabei.“

 

 

Das nächste Mal wollten sie direkt zusammen hingehen. Der Tag mit Giulia hatte ihm mehr Spaß gemacht, als er sich hätte vorstellen können. Und sie löste etwas in ihm aus, das er weiter erforschen wollte. Gemeinsam mit ihr. Sie tauschten Nummern aus und verabredeten sich abseits von GoA und DnB. Giulia gefiel sein wildes Aussehen. Sie fühlte sich sicher in seiner Gegenwart. Und die Tatsache, dass er nicht nur stark aussah, sondern auch stark war, beflügelte sie dazu, ihn hin und wieder mit Ragnar Lothbrok zu vergleichen. Je länger sein Bart wurde, desto interessanter schien dieser Wuchs für sie zu werden. Manchmal flocht sie ihm kleine Zöpfe hinein (die seine Mitbewohner aber nie zu Gesicht bekamen). Ihm wurde warm im Bauch, wann immer sie es tat, denn es war als Kompliment gemeint. Außerdem milderte dieses Gefühl auch die Spitzen, die ihm Yuriy und Boris abwechselnd entgegenwarfen, wenn er mit Fahrrad und Jutebeuteln bewaffnet zur Uni fuhr.

 

 

 

„Hey, Thor!“, rief Boris eines Abends aus der Küche, in der er diesmal für das Abendessen des wöchentlichen WG-Abends Vorbereitungen traf. Er erntete nur den Mittelfinger eines vorbeirauschenden Riesen. Boris gackerte und rührte im Kartoffelsalat herum.

„Seryoscha, im Ernst! Du bist heute Thema!“

Sergei verdrehte die Augen. Vielleicht konnte er es einfach schweigend aussitzen. Das hatte die letzten Male auch funktioniert. Rasch sprang er vor dem gemeinsamen Essen unter die Dusche, um sich unter anderem eine Vermeidungsstrategie zu überlegen. Anschließend stutzte er seinen Bart etwas und pflegte ihn mit dem Bartöl, das Giulia ihm geschenkt hatte und angeblich nach Whiskey roch. Die blonden Barstoppel spülte er aus dem Becken und wischte mit einem Lappen nach. Er mochte es ordentlich – und man räumte in dieser WG hinter sich auf. Wenn man nicht gerade Boris hieß und daran hin und wieder erinnert werden musste…

Als Sergei sich schließlich in der Küche auf seinem Platz niederließ, überflog er im Vorbeigehen die Liste an ihrer Pinnwand. Heute war Ivan Schriftführer des WG-Protokolls, und es gab einige Punkte auf der Lob- und Tadelliste, die zu besprechen waren. Seinen Namen fand er – zu seiner Erleichterung – aber nicht. Ihre WG-Abende liefen in der Regel so ab, dass nach einer bestimmten Reihenfolge jeder mal mit Kochen, auf- und abräumen und Abwaschen dran war und sie nach dem Essen noch gemeinsam beisammen saßen, um wichtige Dinge zu besprechen. Entweder, wenn es innerhalb der WG Probleme gab, Änderungen im Putz- und Einkaufsplan anstanden oder sie sich einfach nur untereinander auf dem Laufenden halten wollen. Oftmals endeten ihre Gesprächsrunden nach Unterzeichnung des Protokolls dann mit dem einen oder anderen Wodka und manchmal versackten sie bis zum nächsten Morgen in der Küche.

Boris‘ Kartoffelsalat war seine Spezialität und deshalb blieb es während des Essens auch ziemlich ruhig, weil alle schmatzten und den Geschmack genossen. Als der Letzte Löffel allerdings verteilt war, zückte Ivan den Stift und einen Block.

„Gehen wir zur Lobliste über. Zunächst – Lob an den heutigen Küchenchef, es war sehr lecker.“

Boris verbeugte sich unter leisem und elegantem Applaus. Er öffnete vier Bierflaschen und verteilte sie. Ivan fuhr fort: „Lob an Sergei – wie immer eigentlich – für die vorbildhafte Verwendung aller Putzutensilien. Außerdem dafür, dass er mein Hinterrad geflickt hat. Danke, братан, echt. Ohne dich wäre ich aufgeschmissen gewesen.“

„Ich weiß“, grinste Sergei und nahm einen großen Schluck Bier. So langsam entspannte er sich wieder. Boris wollte ihn sicher nur triezen.

„Tadel für Yuriy. Alter, wenn du noch einmal deine verschwitzte Wäsche so lange rumliegen lässt, rufe ich die chemische Kampfmittelbeseitigung an und lass dich die Rechnung bezahlen! Uncool, wirklich!“, verkündete Ivan so inbrünstig, dass ihnen allen klar war, er hatte diesen Punkt aufgeschrieben. Yuriy verdrehte die Augen. Er war in letzter Zeit häufig joggen gewesen.

„Tut mir leid, dass ich Wasser sparen wollte und erst einen Haufen an Wäsche ansammeln wollte“, versuchte er sich zu verteidigen.

„Nicht zu Lasten meiner Geruchsnerven!“

Boris lachte über das Gezänk der beiden und holte Pinnchen aus dem Schrank. Wenn die Tadelliste schon so hitzig begann, mussten sie den Abend mit ein wenig Entspannungsmitteln ausklingen lassen.

Nachdem der letzte Punkt abgehakt war und sie geklärt hatten, dass Ivan für Boris nächste Woche einkaufen ging, weil der nämlich einen drei Tage anhaltenden Trainingslehrgang hatte, konnte der gemütliche Teil beginnen. Sergei brummte zufrieden vor sich hin, als Yuriy ihm eingoss und wähnte sich in Sicherheit. Leider währte dieser Zustand nicht lange.

„Sooooooo….“

Sergei sah auf und direkt in Yuriys Haifischgrinsen. Seine anderen beiden Mitbewohner feixten nicht weniger breit.

„Es ist lange her, aber umso mehr freuen wir uns“, setzte der Wolf im Wolfspelz an.

„Traditionen sind etwas, was man bewahren muss…“, ergänzte Ivan.

„… sie sind quasi ein Kulturgut und Rituale sind so wichtig für das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Gemeinschaft…“, erklärte Boris sachkundig. Sergei ließ ein kehliges, genervtes Stöhnen verlauten.

„… und deshalb stellen wir den Antrag auf ein neues WG-Tribunal. Wer dem Antrag zustimmt, hebe jetzt bitte die Hand!“, beendete Yuriy ihre Einführung und zählte sofort die drei Stimmen ab.

„Ist es eine Enthaltung, oder eine Gegenstimme, Sergei?“

„Wer sagt, dass ich-“, begann er, wurde aber von Yuriy gnadenlos unterbrochen.

„Du datest. Und zwar schon so lange, dass man es ernst nennen kann. Du benutzt Bartöl. Wenn das nicht ernst ist, dann weiß ich es auch nicht. Also wird es Zeit, dass du sie uns vorstellst.“

Es war ihm bisher nicht in den Sinn gekommen, Giulia seinem Chaotenhaufen vorzustellen. Es war leichter gewesen, sich entweder in der Stadt zu treffen, oder eben bei ihr, wenn sie ungestört sein wollten. Denn bei ihm war immer irgendwer zuhause. Sergei überlegte. Wenn er sie wirklich noch nicht vorstellen wollte, dann würden sie ihn nicht dazu drängen. Aber vielleicht hatten sie Recht und es wurde langsam Zeit. Es war ja schließlich auch nicht so, dass er sie verstecken wollte. Außerdem wäre es sicherlich nicht schlecht, wenn er sich die ganzen Hipsterwitze nicht allein anhören musste. Sie würde ihn in der Hinsicht nicht hängen lassen und selbst Boris die Stirn bieten können.

„In Ordnung, ich stelle euch Giulia vor. Wer von euch übernimmt den Vorsitz?“

„Ich natürlich!“, rief Boris aufgeregt und in seinen Augen blitzte es unheilvoll auf.

„Das hatte ich befürchtet…“

Sergei zückte sein Handy, während die anderen drei sich jubilierend abklatschten.

„So, die Nachricht ist raus. Ich lass euch wissen, wann ich sie mitbringe.“

Yuriy nickte gönnerhaft: „Darauf jetzt n Guten!“

Er erhob sein Glas und alle stießen miteinander an.

„Давайте выпьем за успех нашего дела!“[1]

 

 

 

You can’t handle the Nerf!

 

 

Er dachte, sie wäre so weit.

 

 

 

 

 

„Okay, erklärst du mir noch einmal, worum es geht? Du hast geschrieben, du willst mir deine Mitbewohner vorstellen? Warum genau machst du da so einen Aufriss von?“

„Na ja, wir sind wie eine Familie. Ich kenne deinen Bruder ja auch und ich da wir beide ja schon irgendwie was Festes am Laufen haben… wäre es doch schön, wenn du meine Freunde kennen lernst.“

Giulia kämmte durch ihr langes Haar und band es dann zu einem hohen Dutt zusammen. Verstehend nickte sie und öffnete mit Hilfe ihrer Zähne eine Haarspange, um ihre Frisur zu fixieren.

„Wieso bist du dann so nervös?“

„Weil… meine Jungs da immer gern ein Fest draus machen. Wir haben sozusagen ein ‚Aufnahmeritual‘, wenn jemand von uns eine feste Freundin heimbringt.“

Eine von Giulias geschwungenen Augenbrauen wanderte skeptisch nach oben.

„So etwas wie eine Aufnahmeprüfung? Und wenn ich die nicht bestehe? Machst du dann mit mir Schluss?“

„Nein. … Es gibt auch so etwas wie eine Wiederholungsprüfung. Dann kommt eine andere Prüfaufgabe dran.“

„Na, du hast ja Vertrauen in mich…“

Giulia lachte und trat auf ihn zu. Sie hielt ihm ihre Hände hin und Sergei nahm sie, runzelte aber die Stirn.

„Ich weiß, es mag irgendwie kindisch wirken, aber… auf die Art sorgen wir füreinander und nehmen am Leben der anderen Teil.“

„Das heißt also, wenn jemand in den Augen deiner Freunde nicht gut genug ist, fällt die Prüfung dann auch besonders hart aus, damit diejenige dann auch auf jeden Fall durchfällt?“

Sergei stutzte und dachte über ihre Frage nach.

„Das haben wir so noch nie gehandhabt… Aber die Aufgaben sind von vornherein schon… mehr oder weniger herausfordernd.“

„Ich sehe schon… Familie geht eben vor, hm? Dann will ich mich mal überraschen lassen. Hast du einen Tipp für mich?“

„Da Boris der Vorsitzende ist…“

Giulia runzelte die Stirn. Es wunderte sie, dass Sergei die Sache tatsächlich so ernst nahm und jeder offenbar eine festzugewiesene Aufgabe hatte.

„…wird es wohl auf einen Nerf-Fight hinauslaufen.“

Die junge Spanierin lachte auf.

„Da werde ich wohl etwas üben müssen. Aber ich sage dir, wir haben im Zirkus früher mit Dartpfeilen geworfen. Wehe, du verrätst das Boris!“

Er schmunzelte und beugte sich für einen kurzen Kuss hinunter.

„Versprochen, meine Lippen halten dicht.“

 

 

Als sie am vereinbarten Tag zum Treffpunkt kamen, grölte Boris sofort los, als er Sergei sah. Giulia hatte ihm wieder etwas in den Bart geflochten, als sie es sich auf ihrem Sofa gemütlich gemacht hatten, und er war bei ihrer sanften Behandlung eingeschlafen. Es hatte zu gut getan und er wollte sie zudem nicht enttäuschen, indem er sie Flechtezöpfe herauskämmte.

„Was ist das in deinem Gesicht?! Ich kann nicht mehr!!“

Boris hielt sich den Bauch vor Lachen. Yuriy verdrehte seine Augen.

Sie hatten sich in dem kleinen Park hinter ihrem Mehrfamilienhaus verabredet. Yuriy hielt die Nerfguns bereit und Ivan notierte etwas auf einem Block, was schwer nach einer Trefferliste aussah. Hinter Sergeis Rücken tauchte Giulia auf und verschränkte ihre Finger mit denen von Sergei.

„Kriegsflechten für einen echten Vikingerkrieger!“ erklärte sie selbstverständlich auf Boris Ausruf und forderte diesen allein mit ihrem hitzigen Blick heraus.

„Sergei sagte, ich muss mich hier mit euch duellieren?“

„Ohhhhhh!!! DIE Giulia bist du!“, rutschte es Ivan fast ein bisschen ehrfürchtig heraus. Er erinnerte sich, dass sie zusammen mit ihrem Bruder ein sehr starkes Team in der dritten Weltmeisterschaft gebildet hatte. Ihren Kampf gegen Takao und Daichi hatte seinerzeit. er sehr gebannt im Fernsehen verfolgt.

Frech beugte sie sich zu ihm hinunter, da er trotz Wachstumsschub immer noch der Kleinste von allen war.

„Ganz genau. Hast du schon Angst?“, raunte sie ihm beinahe drohend entgegen. Ivan schluckte, als sie eine Haarsträhne hinter ihr Ohr zurückstrich und sich dann lächelnd wieder aufrichtete.

„Also, Boris: Sag an! Wie sieht der Schlachtplan aus?“

Boris sammelte sich wieder, perplex über die Tatsache, dass das Mädchen ihm Paroli geboten hatte und es nicht zuließ, dass er sich auf Sergeis Kosten amüsierte. Er deutete auf die Nerfguns in Yuriys Händen.

„Zwei gegen zwei. Du und ich gegeneinander ist fix. Deinen Mitstreiter und deinen zweiten Gegner darfst du aussuchen. Ich gebe dir ihre Stats durch, nach denen du wählen kannst…“

„Sergei ist in meinem Team“, verkündete sie sofort.

„Aber du weißt doch noch gar nicht-“

„Er ist mit mir. Wenn ich hier schon unter Beweis stellen muss, dass ich gut genug für ihn bin, dann will ich ihn auch in meinem Team haben und beschützen können.“

„… Gut.“

Boris, noch leicht konsterniert von ihrer selbstsicheren Art, nickte Ivan zu und dieser notierte die beiden als erstes Team.

„Dann zu den Auswahlmöglichkeiten deiner Gegner. Auf der einen Seite haben wir Yuriy: Ist sehr treffsicher, wendig und gelenkig, und weicht so den Pfeilen gekonnt aus. Sein Charisma, seine Ausdauer und seine Geschicklichkeit sind seine großen Vorzüge. Auf der anderen Seite ist Ivan: zu klein, um ihn gut zu treffen, verschwindet meist im Unterholz. Sehr hinterhältig und gemein. Merkt sich akribisch die Strategie seines Gegners. Auch er verfügt über eine hohe Ausdauer und sein Intelligenzwert ist nicht zu unterschätzen.“

Giulia wechselte einen kurzen Blick mit Sergei, der sie nur etwas schwach anlächelte.

„Also? Wer darf’s denn sein?“

Beide Beschriebene sahen sie bemüht unbeteiligt an. Nur Sergei bemerkte an den Mikroexpressionen ihrer Gesichter, wie diebisch sie sich freuten und hofften, dass sie gewählt würden. Ein bisschen war es wie in der Schule, wenn im Sportunterricht die Teams gebildet wurden und man unbedingt ins Gewinnerteam wollte. Nur war die Spannung hier ein wenig greifbarer und intensiver.

„Wenn Ivan wirklich so gemein ist, wie du hier behauptest, dann will ich ihn.“

Ihre Augen blitzten vor Ehrgeiz auf und sie fixierte den Jüngeren mit beunruhigenden Blicken. Yuriy seufzte etwas enttäuscht und übernahm von Ivan den Notizblock. Direkt im Anschluss verteilte er die Spielpistolen und zeigte Giulia, wie sie funktionierten. Dann fuhr Boris mit seinen Erläuterungen fort:

„Wir spielen die Death Match Version. Jeder hat fünf Leben. Yuriy läuft als Schiedsrichter mit und notiert jeden Treffer. Wer einen Hit kassiert, muss laut bis zehn zählen, erst dann ist er wieder im Spiel und kann auch erst dann wieder unter Beschuss genommen werden. Sind die Regeln klar?“

„Glasklar.“

Probeweise schoss sie einen Nerd-Dart ab und traf Boris‘ Fuß.

„Whoops.“

Boris lachte kurz: „Ja, so nicht. Also schon, zählt auch, aber versuch möglichst größere Flächen zu treffen.“

„Gibt es Tabuzonen?“

„Äh… Gesicht…?“, er deutete auf Giulia, „und… Eier.“ Er deutete auf sich, Sergei und Ivan.

„Was bin ich froh, dass meine Eier und mein schönes Gesicht außer Gefahr sind“, verkündete Yuriy grinsend

Boris verdrehte die Augen und schoss blindlings in seine Richtung. Tatsächlich traf er Yuriy in einem unglücklichen Winkel, so dass er sich mit einem kurzen Schmerzenslaut krümmte.

„DU SACK!“

„Oh, äh… ups?“

Boris biss sich auf die Lippen, um ein Lachen zu unterdrücken, trabte aber pflichtschuldig auf ihren Schiedsrichter zu, um ihm entschuldigend die Schulter zu tätscheln.

„Also, wenn so ein Schuss passiert, passiert‘s halt, zählt aber nicht als Treffer“, erklärte er.

Yuriy richtete sich wieder auf und kniff Boris rachsüchtig in die Seite.

„Du solltest vorsichtiger sein, Freund, sonst hast du gleich einen parteiischen Schiedsrichter!“, zischte er ihm entgegen.

„Was? Willst du etwa das HEILIGE TRIBUNAL kompromittieren?!“

Das ließ Yuriy tatsächlich kurz vor einer Antwort zurückschrecken. Dann brummelte er nur etwas Unverständliches in seinen nicht vorhandenen Bart und erhob Stift und Papier beinahe drohend.

„Die Herausforderer kriegen einen Vorsprung, um sich strategisch gut zu platzieren!“, verkündete er laut, und fügte dann ein erklärendes „Das seid ihr“ an Sergei und Giulia gewandt hinzu. Er drückte ihnen jeweils ein Säckchen mit Nachfüllpatronen in die Hand. Giulia knotete es direkt an ihre Gürtelschlaufe. Sergei stopfte seine in die Tasche seiner beigen Cargopants.

„In der Pistole sind 10 Schuss, und 20 Extrapfeile pro Nase im Sack. Wenn ihr keine mehr habt: Persönliches Pech.“

Giulia zuckte mit den Schultern und fixierte Boris mit einem unschuldigen Lächeln: „Prinzipiell kannst du alles zu einer Waffe machen, wenn du mutig, dumm oder genial genug bist.“[1]

Damit stupste sie Sergei an und gemeinsam rannten sie weiter in den Park hinein, in Richtung Spielplatz.

Boris starrte ihr eine Weile nach. Dann sah er zu Yuriy rüber.

„Sind wir sicher, dass sie nicht doch vielleicht zu gefährlich für ihn ist?“

Ein Klicken neben ihm sagte, dass Ivan seine Waffe geladen hatte.

„Das werden wir gleich schon erfahren. Manche mögen’s heiß, oder wie sagt man?“, meinte Ivan und rieb sich die Hände.

„Ich bin so neidisch auf euch, echt!“, fluchte Yuriy und gab Boris einen Tritt in den Hintern, „Mach es den beiden nicht zu leicht, nur weil sie dir den Kopf verdreht!“

Boris reagierte mit dem Mittelfinger und schulterte seine Nerfgun. Zwei Minuten waren vergangen – das sollte als Vorsprung genügen.

„Eins, zwei, drei, vier Eckstein, alles muss versteckt sein!“, rief Ivan in einem unheimlichen Singsang.

Er und Boris teilten sich auf und kamen von zwei Seiten auf den Spielplatz, indem sie die große Insel, bestehend aus Büschen und weiterem Strauchwerk, umkreisten.

Sergei tauchte hinter einem Baum auf. Boris reagierte sofort mit einem Verteidigungsschuss, aber Sergei duckte sich und drückte ab. Er traf Boris am Bauch. Yuriy notierte sofort.

Giulia hatte sich unter der rotierenden Drehscheibe versteckt. Es war eines dieser Teufelsgeräte, die urwitzig für Kinder waren, aber 1000mal gefährlicher für Besoffene – Boris hatte das getestet. Sie lugte auf die Füße, die an ihr vorbei huschten, und sie erwischte Ivan. Erschrocken über den Abschuss strauchelte er. Das nutzte Giulia für ihre Flucht. Boris hatte sie aber nicht umsonst vor dem Zwerg gewarnt, denn postwendend traf sie ein Pfeil direkt zwischen die Schulterblätter. Sie quietschte erschrocken, aber nicht schmerzhaft, und hechtete hinter eine Wippe, auf der ein paar Grundschulkinder, die catchten, sie verwirrt ansahen.

„Bleibt so, psst!“, rief sie den Kindern zu, stand dann auf, um auf Boris und Ivan zu schießen. Ihr Kopf schaute gerade so über die Kinder hinweg.

„Nimmst du ernsthaft die Kids als Schutzschild?!“, fragte Yuriy gleichsam erstaunt und fasziniert.

„Klar! Ist doch nicht gegen die Regeln, oder Herr Schiedsrichter?“

„Hey! Geht ihr etwa zu zweit auf sie los? Uncool!“, donnerte Sergei aus seinem Versteck. Prompt traf Boris ihn mit einem Pfeil in die Brust.

Giulia fluchte. Sie duckte sich wieder. Sergei wollte sich an Boris rächen, doch der musste nachladen und rannte daher in die entgegengesetzte Richtung. Ihm nachzulaufen wäre verschwendete Energie. Stattdessen wäre es besser, sich auf Ivan zu konzentrieren. Er rief also Giulias Namen und nickte in Ivans Richtung.

„Gotcha!“, erklärte sie lauthals und blieb noch einen Moment hinter den Kindern in Lauerstellung liegen. Sergei rannte mit schweren Stiefeln auf Ivan zu. Dieser drückte zweimal den Abzug, aber Sergei, der mit seiner mächtigen Brustfülle ein einfaches Ziel lieferte, hob seine Nerfgun und mit einer exquisiten Drehung wehrte er die erste Patrone ab, die zweite durch ein gezieltes Präsentieren des Griffes. All das, ohne von einem Pfeil getroffen zu werden.

Fuck“, zischte Giulia, die Kinder vor sich kurz vergessend. Das war heiß! Sie biss sich auf die Lippe. Im Stillen zählte sie bis drei, um sich zu beruhigen. Dann schnellte sie hinter der Wippe hervor. Sie versuchte auf eine breite Fläche zu zielen und traf Ivans rechte Pobacke.

„Strike!“, rief sie lachend, sprang auf Sergei zu und gab ihm ein Highfive. Im gleichen Moment traf ein Geschoss ihren Oberschenkel.

„Team Sergei: 3 Treffer. Team Boris: 4 Treffer!“, verkündete Yuriy, seine Funktion als Unparteilicher sehr ernst nehmend.

„Komm!“, raunte Sergei und nahm Giulia bei der Hand. Dann hob er sie hoch und rannte mit ihr über der Schulter los. Im Schutze der Unberührbarkeit war sie sein Schutzschild – brachte sie aber gleichzeitig aus der „Kriegszone“. Giulia zählte währenddessen laut lachend bis zehn, wie es die Regeln erforderten.

„Hey, das ist Betrug! Man muss doch stehen bleiben, wenn man getroffen wurde!“, beschwerte sich Ivan bei Yuriy.

„Na ja, sie wird getragen. Streng genommen verstößt das also nicht gegen die Regeln. Nirgends haben wir festgelegt, dass ein Mitspieler einen anderen versetzen darf.“

„Fürs Protokoll: Das müssen wir für das nächste Spiel mit aufnehmen!“, konterte Boris und stieß Ivan in die Seite, um ihren Gegnern in das angrenzende Wäldchen zu folgen.

Yuriy notierte sich das Anliegen pflichtbewusst. Als er aufsah, war von seinen zu schiedsenden Schäfchen keine Spur.

„Oah… Cuka Blyat…“

Er stopfte seinen Block und den Stift in die hintere Hosentasche und rannte seinen Freunden hinterher. Die Bäume und Sträucher in diesem schmalen Streifen Wald boten gute Verstecke für beide Gruppen.

„Ich hab getroffen! Schreib auf!“, krähte Ivan. „Ich hab Sergei getroffen!“

„Ja und ich hab es nicht gesehen! Wo seid ihr?!“, rief Yuriy ins Grüne hinein. Ivans Protest schien von seiner Linken zu kommen.

„Es stimmt, er hat getroffen!“, klärte ihn Sergeis Bassstimme von rechts auf.

„Dann habt ihr jetzt Gleichstand!“

Yuriy glaubte, in zirka 5 Metern Entfernung Sergei zu sehen. Oder es war nur ein weiterer Baumstamm. Frustriert brummte er. Er wollte in Richtung Ivans Stimme stapfen, da schlängelte sich ein Arm von hinten über seine Schulter zu seiner Brust und jemand drückte ihm etwas Rundes aus Plastik an den Hals.

„Shhh…. Ganz ruhig, mein Bester…“, hörte er Giulia gurren.

Energisch trieb sie Yuriy voran.

„Was soll das werden? Ich bin unparteiisch!“

„Ja, aber auch nützlich.“

Sie grinste und lauschte nach den Stimmen der anderen.

„Es war so arg traurig, das mit anzusehen: Wie du enttäuscht die Position des Schiedsrichters einnehmen musstest“, erklärte sie sanft, „da würd ich mich also jetzt nicht beschweren, wenn du mit hineingezogen wirst.“

Plötzlich gab sie einen Schmerzenslaut von sich. Etwas hatte ihre Wade getroffen. Wild wirbelte sie mit Yuriy im festen Griff herum.

„Hey! Seit wann ist Geiselnahme ok?!“, beschwerte sich Ivan, erneut.

Giulia richtete die Nerfgun auf ihn.

„Darf er nicht angegriffen werden? Boris zumindest hat ein anderes Beispiel gegeben.“

„Ja, aber das war Boris…“

„Oh, gelten etwa nicht gleiche Regeln für alle?“

Ivan gab einen frustrierten Laut von sich. Giulia war rückwärtsgegangen, ihren Gegenspieler immer Blick.

„Und nichts spricht dagegen, hinter ihm in Deckung zu gehen.“

„Trotzdem! Schiebung!!“, brüllte Ivan unzufrieden.

„Immer auf die kleinen Roten!“, klagte auch Boris, der aus einem Dickicht hervorgekrochen kam.

„Genau! Immer auf mich! … Moment, ich bin nicht klein!“

„Immer Yuriy! Armer Yuriy!“, pflichtete Boris ihm wieder bei. Er und Ivan pirschten sich nun von zwei Seiten geradewegs an sie heran. Unentschlossen zielte Giulia abwechselnd auf beide. Da stieß sie gegen eine Wand in ihrem Rücken.

„Definitiv Yuriy.“

Sergei nahm Boris ins Visier. Giulia Synchronisierte mit ihm und gleichzeitig schossen sie ihre ganze Salve an Munition auf beide ab.

„Cuka Blyat!“, schimpfte Boris und sprang schließlich zur Seite.

„Treffer Boris: drei. Treffer Ivan: vier“, gab Yuriy nüchtern bekannt. „Darf ich jetzt bitte meiner Aufgabe wieder nachkommen?“

„Aber du bist so nützlich!“, raunte Giulia ihm ins Ohr. Lachend ließ sie ihn dann doch los.

„Einen noch, dann ist Ivan raus!“ Sie stupste Sergei mit dem Ellbogen in die Seite.

Es war aber ein Fehler, den kleinsten der Jungen aus den Augen zu lassen, wenn auch nur für so kurze Zeit. Er hatte direkt nach seiner Zählzeit im Windschatten von Yuriy aufgehalten. Jetzt stürzte er sich aus dem Hinterhalt auf sie. Der Nerfpfeil traf sie in die Schulter.

„Geh hinter mich!“, schlug Sergei vor. Er schirmte sie jetzt vor beiden mit seiner Statur ab. In dieser Zeit lud sie ihre Waffe mit den Ersatzpatronen schnell nach.

„Sieben zu Sechs. Sergeis Team liegt in Führung mit den wenigsten Punkten.“

„Ich werde dich zerstören!“, schwor Giulia aus der Sicherheit von Sergeis Rücken. Sie legte ihre Hände an seine Hüften, die Spielzeugpistole breit zum Abschuss in ihrer Rechten.

„Hey, kurze Auszeit! Es hat sich ziemlich zugezogen. Meine Wetter-App sagt, dass gleich ein Gewitter kommt – und ich hab auch schon Kopfschmerzen. Seid ihr damit einverstanden, wenn wir sagen: Das Spiel endet, wenn ein Spieler eines Teams seine fünf Leben verloren hat?“, fragte Yuriy und verzog das Gesicht, während er verkniffen durch die Baumkronen linste. Von Westen kam eine dunkle Wolkenwand auf sie zu.

Boris warf Yuriy einen besorgten Blick zu. Er schien ihm wirklich etwas blass. Darum stimmte er diesem Vorschlag sofort zu.

„Ist in Ordnung für mich“, nickte Giulia ebenfalls.

„Gut. Die Auszeit ist vorbei. Weiter geht’s!“, gab Yuriy also bekannt.

Giulia tippte Sergei gegen die Schulter, dann duckte sie sich und ging in die Hocke. Sergei behielt Boris im Blick. Die beiden Freunde grinsten sich diebisch an. Aber keiner von ihnen hatte Ivan bemerkt, der sich geschickt und geräuschlos von hinten herangeschlichen hatte.

„Buh!“, meinte er direkt hinter Giulia und sein Pfeil traf ihre Hüfte. Sie erschrak und feuerte vor Schreck blind drauf los. Leider aus nächster Nähe auf Boris‘ Kronjuwelen.

„FUCK!“

Es war kurz still, außer Boris‘ fluchendem Jammern. Dann brachen alle in lautes Gelächter aus.

„Das nenne ich ausgleichende Gerechtigkeit!“, lachte Yuriy und klopfte seinem Kumpel auf die Schulter. Dann verkündete er das Endergebnis: „Das Team Giulia/Sergei musste fünf und zwei Treffer einstecken. Das Team Boris/Ivan drei und vier. Damit hat Team Boris gewonnen!“

„Na ja, wenigstens konnten wir Boris eins auswischen…“, meinte Sergei schulterzuckend. Giulia grinste ihn an.

„Ihr seid bösartig“, klagte Boris, straffte aber seine Schultern.

„Kommt, zum Abschluss gibt’s ne Runde Bier. Beeilen wir uns besser, bevor wir tatsächlich nass werden.“

 

 

 

 

______________________________________________

 

[1] Schönen Gruß an FreeWolf ;)

Barba Rasa oder: „Warum ist der Bart ab?!“

Sie hatten es gerade noch rechtzeitig in die Wohnung geschafft. Die Haustür fiel ins Schloss und mit dem Klang kübelte der Regen wie aus Eimern hinab. Yuriy öffnete die Tür zum Balkon einen Spalt, um die Regenluft einzulassen, weil er den Geruch liebte. Boris ging in die Küche und holte Bier für alle aus dem Kühlfach.

Sergei zeigte Giulia das Bad und sein Zimmer, in dem sie ihre Jacke und Tasche ablegen konnte. Wenn das so weiterregnete, würde sie bei Sergei übernachten, in diesem Starkregen wollte sie nicht mit dem Fahrrad nach Hause fahren.

Nach ein paar Minuten waren sie alle angekommen und sammelten sich im Wohnzimmer. Sergei drückte auf die Musikanlage und ließ leise Hintergrundmusik klingen, ohne den Regen zu übertönen, weil Yuriy gerne dem Regen zuhörte.

„Wo ist denn… Ich hatte doch grad noch den Öffner…?“, murmelte Boris vor sich hin und sah sich suchend um, während er seine Hosentaschen abklopfte.

Da zischte es hinter ihm und sein überraschter Blick wechselte in neidlose Anerkennung. Giulia hatte den Flaschenöffner zwar auch nicht gefunden, allerdings konnte sie die Bierflaschen sehr geschickt mit dem Ring an ihrer Hand öffnen. In kurzer Zeit standen alle Biere trinkbereit vor ihnen. Giulia sah auf und grinste Boris an.

„Ich bin… wirklich beeindruckt!“

„Tja…“, meinte die Spanierin leichthin und lehnte sich auf dem Sofa zurück. Sie rieb sich verstohlen über ihren schmerzenden Mittelfinger und schob ihren Ring zurecht. Es hatte schon bei der zweiten Flasche wehgetan, doch natürlich zeigte sie das nicht. Immerhin ging es hier darum, Sergeis Familie zu imponieren.

„Worauf stoßen wir an?“

„Auf die Wehrhaftigkeit von Sergeis Flamme!“, schlug Yuriy vor.

Sergei starrte kopfschüttelnd an die Decke, während Giulia lachte.

„Mädchen, du bist echt gefährlich. Vielleicht sogar zu gefährlich für unseren lieben, zartbesaiteten Riesen…“, gab Boris mit einem Augenzwinkern zu.

„Entschuldige diesen Idioten“, murmelte Sergei in Giulias Ohr, und sagte dann lauter: „Lasst uns jetzt auf die spannende Nerf-Schlacht anstoßen. Auch wenn Giulia und ich verloren haben.“

Yuriy lächelte Sergei an: „За успех!“[1]

Giulia ließ sich von Sergei noch einmal vorsprechen und übersetzen, was sie sagten, dann klirrten die fünf Bierflaschen gegeneinander.

„За успех!!“

Sergei ließ sich entspannt nach hinten in das Sofa sinken. Giulia zu seiner Rechten lehnte sich ebenfalls zurück und legte ihre Hand locker auf seinen Oberschenkel. Yuriy machte es sich ihnen gegenüber auf dem breiten Sessel gemütlich, den sie vor ein paar Wochen aus dem Sperrmüllhaufen der Nachbarn organisiert hatten. Mit seiner grellen Farbe – Chartreuse – passte er nicht so recht zum restlichen Interieur des Wohnzimmers, aber Yuriy wollte ihn unbedingt haben, weil er so ins Auge stach. Außerdem hätten sie eh zu wenig Platz auf dem Dreisitzer-Sofa, hatte er argumentiert. Also hatten Boris und Sergei diese ‚kotzgrüne Abscheulichkeit‘ hoch in den sechsten Stock getragen, weil er so sperrig war, dass er nicht in den Aufzug passte.

Ivan zog sich seinen Gaming-Sitzsack heran und Boris ließ sich neben Yuriy auf der Armlehne nieder.

„Musst du mir so auf die Pelle rücken?“, maulte der Rotschopf ihn an.

„Ich hab dieses Monstrum hochgeschleppt, ich werde auf ihm sitzen, so oft ich kann!“

Yuriy brummte leise und zog seine langen Beine an, so dass sich in eine Ecke des Sessels kauerte. Den so entstandenen Platz nutzte Boris und rutschte in die Lücke.

„Borya, das ist zu eng!“

Yuriy schob und drückte gegen die Masse an Oberarm neben sich. Lachend ließ Boris ihn leiden und machte sich absichtlich schwer wie einen nassen Sandsack. Während Yuriy sich mit zunehmender Frustration abmühte und sich gegen ihn stemmte, fragte Giulia sich insgeheim, ob das wohl immer so ablief in dieser WG. Sie erinnerte sich an den Eindruck der Neoborg in den verschiedenen Weltmeisterschaften hindurch und kam nicht umhin, sich zu wundern, wie diese vier Junge solche… Dorks sein konnten.

„Seid ihr bald fertig?!“, fragte Sergei halb belustigt, halb mürrisch. Er war drauf und dran, ein Kissen nach den beiden Hampelmännern zu werfen.

„AU!“, schrie Boris los und sprang wie von der Tarantel gestochen auf. Er bedachte Yuriy mit einem giftigen Blick und rieb sich über seine schmerzende Brust.

„Nippeltwister sind unfair!“

Ihm begegnete nur ein süffisantes Grinsen und Yuriy machte sich mehr als zufrieden auf seinem eroberten Sessel breit.

„Selbst schuld.“

Boris schnitt ihm eine Grimasse und ließ sich zu Sergeis Linken auf das Sofa plumpsen. Eine Weile sagte niemand etwas, sie lauschten dem Rauschen des Regens und dem Wiegen der fernen Baumkronen im Wind.

„Und jetzt?“, fragte Giulia neugierig, als sich Boris‘ Gemüt wieder etwas beruhigt zu haben schien und auch Yuriy wieder befriedet aussah.

„Mein Team hat verloren. Dürfen Sergei und ich jetzt nicht mehr zusammen sein?“

„Alsoooo….“, begann Ivan, um Zeit zu schinden. „Theoretisch? Du hast verloren und damit nicht die Kriterien erfüllt.“

Es war Boris, der Giulia zur Seite stand, ganz zu seiner eigenen Überraschung: „Schon. Aber es war ziemlich knapp. Sie hätte beinahe gewonnen – und zwar, indem sie DICH abschießt!“

„Richtig, sie hätte beinahe gewonnen“, ereiferte sich Ivan. „Und würde das nicht das Tribunal ad absurdum führen, wenn wir nicht die Spreu vom Weizen trennen?!“

„Hallo? ‚Sie‘ ist anwesend?!“, warf Giulia konsterniert ein.

„Du tust beinah so, als gönnst du mir mein Glück nicht, Vanja!“, knurrte Sergei, langsam, aber sicher ungehalten über dessen ablehnenden Haltung.

„Ehrlich gesagt, hatten wir so eine Situation noch nie“, antwortete Yuriy ihr beschwichtigend.

„Wie jetzt? Sergei sagte, es sei eine Tradition bei euch!“

Verständnislos sah Giulia jetzt Sergei an. Sie runzelte die Stirn und fühlte sich, gelinde gesprochen, leicht verarscht.

„Ja, aber du warst trotz deiner Niederlage echt gut!“, erklärte Yuriy und wünschte sich, sie hätten dieses Gespräch doch lieber erst intern geführt.

„Eben, und geht es bei unserem Tribunal nicht auch darum, wie man sich schlägt?“, argumentierte jetzt Sergei, schließlich ging es auch um seine Beziehung.

Ein Klirren ließ sie alle verstummen. Giulia hatte ihre Bierflasche geräuschvoll auf den Couchtisch gestellt.

„Wisst ihr was? Es hat mir heute echt viel Spaß gemacht mit euch. Aber das, jetzt, hier?! Unfassbar. Unfassbar lächerlich! Ich kann echt nicht glauben, dass ihr einander anhand eines Kinderspiels wirklich vorschreibt, wer wen daten darf – bzw. nicht!“

Sie stand auf, schüttelte den Kopf entgeistert. Ihr nachfolgender Blick spießte Sergei auf.

„Ich warte in deinem Zimmer auf dich. Dort werden wir über diese Angelegenheit sprechen. Aber klär das erst mit deinen Jungs!“

Hocherhobenen Hauptes verließ sie die Runde.

„Giulia, warte…!“

Sergei war aufgesprungen und folgte ihr auf den Flur. Er versuchte, ihre Hand zu nehmen, doch sie entzog sich ihm. Sie brauchte einen Moment für sich zum Nachdenken. Und den sollte er auch nutzen.

Yuriy verzog das Gesicht: „Es war verflucht knapp. Dafür haben wir doch eigentlich mal bestimmt, dass es ein zweites Tribunal gibt… oder erinnere ich mich falsch?“

„Wofür machen wir denn überhaupt Tribunale, wenn es überhaupt keine Konsequenzen gibt?“, beharrte Ivan.

„Weil es um die Aktion selbst geht? Ich mein, gut, wenn die Aufgaben auch nicht lösbar sind, eigentlich geht es doch wirklich darum, wie die Kandidaten sich verhalten. Und wir wollen doch daran nur erkennen, ob sie es mit uns ernst meinen“, erklärte Yuriy ruhig. Er sah zu Sergei rüber, der das Wohnzimmer wieder betrat, und der Ausdruck in dessen Gesicht ließ ihn sich unbehaglich fühlen.

„Warum pochst du so auf deinen Sieg im Tribunal, Vanja?“, fragte Sergei. „Als ob du überhaupt jemals jemanden mitgebracht hättest! Du hast keine Ahnung, wie es sich anfühlt, in dieser beschissenen Situation zu sein! Ihr seid meine Familie – aber ich habe Giulia auch sehr gern! Du pokerst hier mit unseren Gefühlen! Und das ist einfach-“

„Du wusstest doch, worauf du dich einlässt!“, unterbrach Ivan ihn. „JEDER bringt seinen Lieblingsmenschen mit und wir entscheiden-“

„Moooment, wir entscheiden gar nichts, das Tribunal-“, warf Boris ein. Sie ließen einander kaum noch zu Wort kommen, so hitzig entfachte sich die Diskussion zwischen ihnen.

„Genau deshalb gibt es das doch überhaupt! Damit wir uns nicht zoffen! Und schaut, was es uns bringt, wenn wir uns nicht an die Regeln halten! Wir haben es uns geschworen – nur weil uns das Ergebnis nicht passt, können wir doch nicht mit der Tradition brechen!“, schnauzte Ivan in die Runde.

Yuriy rieb sich die Schläfen. Die Lautstärke tat seiner Migräne nicht gut. Aber das hier war wichtig, und er musste durchhalten.

„Wir haben bisher auch irgendwie nur Deppen mit nach Hause gebracht. Und bis auf Sergei sind wir grad alle Single“, versuchte er es wieder eine Nuance ruhiger. „Da ist doch klar, dass die bisherigen Kandidaten offensichtlich durchgefallen sind. Ich finde schon, dass Giulia sich unseren Respekt verdient hat.“

Boris unterstützte diesen Gedanken: „Eben. Nur weil du keinen wegsteckst, brauchst du das Tribunal nicht als Vorwand nehmen, um deine Eifersucht zu kaschieren!“

„Oh hör doch auf, Boris, nur weil du und Yura euch gegenseitig die Stange haltet-“

„Was hast du ges-!!“

GENUG!!“

Sergeis Stimme ballerte dunkel durch den Raum, sein Atem ging schwer. Er hielt seine Wut gerade nur unter großer Anstrengung im Zaum. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Von ihm ging ein spürbares Vibrieren aus, das Boris davon abhielt, sich auf Ivan zu stürzen.

„Ich habe… genug gehört. Ihr haltet jetzt alle die Klappe!“

Nach ein paar konzentrierten, langen Atemzügen sah er jeden einzelnen von ihnen lange an.

„Ihr solltet euch reden hören! Ich jedenfalls hör mir das nicht länger an. Giulia hatte nicht ganz Unrecht damit, dass das hier“, er machte eine vage Bewegung, die sie alle einschloss, „echt lächerlich ist! Ich werde jetzt zu ihr gehen!“

Er rauschte aus dem Wohnzimmer hinaus.

„Bros before hoes!“, rief Ivan ihm noch hinterher. Dafür fing er sich eine Kopfnuss von Boris ein.

„Hör auf jetzt! Du weißt auch nicht, wann es genug ist, was?“

 

 

Als Sergei sein Zimmer betrat, saß Giulia auf der Fensterbank. Sie hatte das Fenster geöffnet und starrte in den Regen hinaus. In einem ersten Impuls wollte er sie vom Fenster wegziehen, immerhin befanden sie sich im sechsten Stock. Aber sie wandte sich zu ihm um, als er sich leise räusperte, und wischte sich Tränen aus dem Gesicht.

„Hast du gehört…?“

„Alles.“

„Es tut mir leid, dass…“

„Mir tut’s leid, dass ihr euch gestritten habt.“

Sie rieb sich erneut eine Träne von der Wange und starrte an die Decke, um dem Tränenfluss Einhalt zu gebieten. Sie schaffte es nicht. Sergei konnte nur dastehen und sie hilflos ansehen. Er fühlte sich gerade sehr nutzlos.

„Es hat mir wirklich Spaß gemacht mit euch!“, erklärte sie nachdrücklich mit brüchiger Stimme. „Ihr seid witzig. Eigentlich ist euer ‚Tribunal‘ cool – aber das eben? Das war überhaupt nicht cool!“

„Ja, ich weiß, ich…“

„Ich bin verletzt! UND wütend! Ivan ist ein gemeiner Giftzwerg, und was auch immer seine Motive sind, das ist nicht okay!“

Sie hüpfte vom Fensterbrett und straffte ihre Schultern.

„Ich will nach Hause.“

„Warte.“

Mit einer sanften Bewegung seines Armes zog er sie an sich, als sie an ihm vorbei wollte. Sie wehrte sich nicht. In seinen Armen bebte sie, vor unterdrückten Schluchzern oder Wut konnte Sergei nicht unterscheiden; vermutlich beides. Er hielt sie fest, ließ sich mit ihr auf seinem Bett nieder. Sie krallte sich in den Stoff seines Shirts und drückte ihr Gesicht gegen seine breite Brust.

„Ich hab dich gern, Sergei“, flüsterte sie leise. In seinem Innern drehte sich etwas schmerzhaft zusammen.

Statt einer Antwort drückte er sie fester an sich, küsste ihre Stirn und streichelte zärtlich über ihren Rücken. Irgendwie konnte er sie letztlich zum Bleiben überzeugen.

 

 

Ein sanfter Geruch von gerösteten Kaffeebohnen schwebte durch den Flur, der mit dem Duft von frisch gebackenen Brot verschmolz. Yuriy saß in der Küche, noch nicht ganz wach und mit seinem üblichen Knautschgesicht, das er immer nach einer seiner Migräneattacken hatte, wenn das Wetter umschlug. Vor ihm dampfte eine frischgebrühte Tasse Schwarztee, der so stark war, dass er Tote aufwecken könnte. Er kleckste sich gerade einen Löffel Marmelade hinein, weil Sonntag war. Hinter ihm summte Boris leise, um den noch schlafenden Rest der WG nicht zu wecken, während er sein monatliches Brot backte. Er zauste Yuriy sanft durchs Haar, der daraufhin entspannt die Augen schloss.

„…Warum hörst du auf?“, murmelte er leise, weil Boris das Liebkosen vermissen ließ.

„Verabschiedest du dich gar nicht?“, hörte er ihn fragen. Yuriy öffnete die Augen. Im Flur stand Giulia, sie trug die Leggins von gestern und eins von Sergeis T-Shirts, das sie in an der Seite in ihre blaue Hotpants gesteckt hatte. Scheinbar wollte sie sich leise aus der Wohnung schleichen.

„Für was ein Abschied, wenn ich nicht mal gekommen bin?“

Sprachlos starrten die beiden sie an. Sie seufzte entschlossen und kam zur Küche, blieb aber im Türrahmen stehen.

„Ich meinte das nicht… nicht so.“

Sie schob den Träger ihrer Tasche wieder auf ihre Schulter. Immerhin war nach dem Streit gestern sowieso nichts mehr gelaufen.

„Aber ich bin hier ja nicht willkommen. … Wenn euch wirklich was aneinander liegt – solltet ihr vielleicht mal über dieses Tribunal nachdenken.“

Mit einem Achselzucken machte sie kehrt.

Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, drehte Yuriy sich zu Boris um.

„Ist das jetzt grad wirklich passiert oder… träum ich noch?“

Boris starrte nachdenklich auf die Tür, ehe er sich Yuriy zuwandte und seine Lippen auf den roten Scheitel drückte.

„Trink deinen Tee. Sergei regelt das schon selbst.“

 

 

 

 

 

Sie trafen sich ein letztes Mal. Sie sprachen sich aus. Sie liebten sich ein letztes Mal – wie genau es dazu kam, hätten sie beide nicht mehr beschwören können. Aber letztlich war das, was sie hatten, nicht stark genug oder zu sehr beschädigt, als dass es weiter hielte.

Sergei starrte lange in den Spiegel. Seine Augen starrten müde zurück. Es wurde Zeit, etwas zu verändern. Er griff zum Rasierer.

„Oh, du siehst ganz anders aus.“

Giulia musterte ihn, während sie an der Küchenanrichte stand und von ihrer Tasse nippte.

„Möchtest du noch einen Kaffee mit mir trinken?“

Sergei ging auf sie zu, lächelte sie traurig an.

„Ein anderes Mal vielleicht.“

Er beugte sich vor, hielt kurz inne, und küsste sie sanft auf die Schläfe.

„Ich hab dich auch gern.“

 

War das dieser so genannte „Walk of Shame“? An einem Sonntagmorgen zu einer völlig unchristlichen Zeit zu Fuß nach Hause eiern? Scheinbar, zumindest fühlte er sich ziemlich reuevoll. In ihm kam für einen kurzen Moment auch Wut hoch, über sich, das Tribunal, über Ivan, und wieder über sich selbst.

Müde setzte er sich auf eine Bank. Er hatte den längeren Heimweg durch den Park gewählt, denn so schnell wollte er noch nicht wieder in die WG zurück. Wahrscheinlich sollten sie wirklich über das Tribunal reflektieren.

Völlig in seinen Gedanken versunken merkte er nicht, dass sich an dem anderen Ende der Bank eine junge Frau niederließ. Sie hielt ihren Kopf zwischen den Beinen. Eine ganze Weile verharrte sie so. Ihr lautes Schniefen riss Sergei letztlich aus seinen Gedanken. Er blickte zur Seite. Die Frau neben ihm trug ein dunkelblaues Kleid, keine Schuhe und in dieser Haltung sah sie aus, als müsste sie sich jeden Moment übergeben.

„Ähm… geht’s dir gut?“

Sie winkte grob in seine Richtung. Sergei runzelte die Stirn, sagte aber nichts mehr. Eigentlich wollte er lieber alleine sein, doch jetzt fühlte er sich verpflichtet, ihr Gesellschaft zu leisten. Zumindest, bis sie vielleicht von jemandem abgeholt wurde.

„Soll ich dir ein Taxi rufen?“

Ein grunzendes Geräusch kam von ihr, dann richtete sie sich auf und starrte ihn an.

„Noch nicht. Ich könnte die Reinigung nicht bezahlen.“

Sie lehnte sich zurück, legte den Kopf in den Nacken und starrte in den Himmel.

„Ich fasse es nicht, dass ich meine Schuhe verloren habe.“

„Bist du dir sicher, dass du sie nicht einfach vergessen hast?“

„So bequeme Schuhe mit Absätzen vergisst man nicht einfach!“

Der Träger ihres Kleides verrutschte. Sie schob ihn wieder hoch. Wieder verharrten sie in wohltuender Schweigsamkeit.

„Warum sitzt ein Mann wie du um diese Uhrzeit im Park? Bist du ein Perverser?“

„… Warum sitzt eine Frau wie du um diese Uhrzeit nicht … in einer Kirche, MIT Schuhen?“, konterte Sergei lahm.

„Touché.“

Sie stand auf und streckte sich, schob erneut ihren Träger auf ihre Schulter und lief etwas durch das taufrische Gras.

„Also… bist du aus dem gleichen Grund wie ich so früh schon auf?“, fragte sie neugierig und betrachtete ihn aus einiger Entfernung.

„Der da wäre?“

Sie grinste.

„Reuevoller, fluchtartiger Abgang nach einem besoffenem ONS?“, gab sie freimütig zu.

„Sowas Ähnliches.“

Die junge Frau kam wieder näher, setzte sich zu ihm auf die Bank, indem sie ein Bein anwinkelte, und blickte ihm unverwandt ins Gesicht. In sein rasiertes, glattes Gesicht. Seinem neuen Ich.

„Du siehst traurig aus.“

Sergei zuckte mit den Schultern.

„Willst du darüber reden?“

„Ich kenn dich doch gar nicht.“

„Das ist doch das Gute daran!“

Er war tatsächlich versucht, dieser Fremden alles zu erzählen. Von der Wut, dem Verlustgefühl, der Ungerechtigkeit, die er empfand.

„Lieber nicht.“

„Wie du meinst. … Ich glaub, mir wird schlecht.“

Bevor er etwas tun konnte, hatte sie sich über die Rückenlehne gebeugt und verteilte einiges an Mageninhalt hinter die Bank. Etwas unbeholfen bot er ihr ein Taschentuch an. Sie nahm es dankend.

„… Ein Stofftaschentuch? Wo sind wir, in einem Jane Austen Film? Oh mein Gott!“

Sergei starrte sie verdutzt an. Dann lachte er. Er lachte und lachte und konnte sich kaum mehr einkriegen. Die Unbekannte sah ihm dabei zu, lächelte, und fiel dann mit in das manische Gelächter mit ein. Als es in nur mehr Gekicher abebbte, atmeten beide tief durch.

„Ich muss es dir waschen. So will es das Gesetz.“

„Welches…?“

„Das ‚Jungfrau in Nöten‘-Gesetz, das Gentleman-Gesetz, such dir was aus.“

Die Fremde zog ein Handy aus ihrer Tasche, tippte eine kurze Nachricht ein und hielt dann inne.

„Also, bitte krieg das nicht in den falschen Hals, es geht wirklich nur um das Taschentuch. Das soll keine billige Anmache sein. Und ich muss immer noch betrunken sein, dass ich das frage, aber: Gibst du mir deine Nummer?“

Sergei zögerte. Es ging ihm zu eindeutig zu schnell, das hatte er bei Giulia jetzt im Nachhinein bereut. Aber … er war ein Optimist. Und es ging ja nur um dieses Taschentuch. Das sie eigentlich auch behalten könnte, aber er stand auch gerade irgendwie neben sich. Also gab er ihr seine Nummer.

„Danke. Mein Uber kommt gleich. Falls du meine Schuhe auf deinem Weg findest, lass es mich wissen!“

Sie grüßte mit einem kurzen Wink und verließ ihn dann so unverhofft, wie sie plötzlich aufgetaucht war, in die entgegengesetzte Richtung, in die er gehen musste.

Er schüttelte fassungslos den Kopf, dass das eben wirklich passiert war, und rieb sich über sein Gesicht. Dabei fühlte er seine nackten Wangen, die so glatt und weich waren wie ein Kinderpopo.

Der Neuanfang konnte beginnen.

 

 

Und dann kam Natalia

Am Kreuzweg weint die verlassene Maid,

Sie weint um verlassene Liebe.

Die klagt den fliegenden Wolken ihr Leid,

Ruft Himmel und Hölle zu Hülfe.-

Da stürmt es heran durch die finstere Nacht,

Die Eiche zittert, die Fichte kracht,

Es flattern so krächzend die Raben.

Am Kreuzweg feiert der Böse sein Fest,

Mit Sang und Klang und Reigen:

Die Eule rafft sich vom heimlichen Nest

Und lädt viel luftige Gäste.

Die stürzen sich jach durch die Lüfte heran,

Geschmückt mit Distel und Drachenzahn,

Und grüßen den harrenden Meister.

Und über die Heide weit und breit

Erschallt es im wilden Getümmel.

„Wer bist du, du schöne, du lustige Maid?

Juchheisa, Walpurgis ist kommen!

Was zauderst du, Hexchen, komm, springe mit ein,

Sollst heute des Meisters Liebste sein,

Du schöne, du lustige Dirne!“

Der Nachtwind peitscht die tolle Schar

Im Kreis um die weinende Dirne,

Da packt sie der Meister am goldenen Haar

Und schwingt sie im sausenden Reigen,

Und wie im Zwielicht der Auerhahn schreit,

Da hat der Teufel die Dirne gefreit

Und hat sie nimmer gelassen.

(Theodor Storm: Walpurgisnacht)

 

 

 

 

Mit zunehmender Intensität rieb Sergei sich seine Schläfen, in unregelmäßigen Ellipsen. Aus Yuriys Zimmer kam dumpf „In too deep“ von Sum41 und leises Getrommel eines Bleistiftes auf Papier. Auch der Rotschopf war, wie er, mit den ersten Uni-Aufgaben beschäftigt. Sie mussten sich ihre Stundenpläne erstellen. Für Sergei eine Qual – die besten Vorlesungen lagen wie immer genau parallel, und sein Lieblingsprofessor gab eine Vorlesung genau zu der Zeit, in der er sein Pflicht-Hauptseminar hatte, das er belegen musste. Außerdem nervte ihn seit geraumer Zeit ein lauter Pfeifton, der aus dem Flur zu kommen schien.

Plötzlich gab es ein lautes Poltern. Die Tür von Boris‘ Zimmer wurde aufgerissen – ja, er konnte sowohl die Türgeräusche auseinanderhalten als auch seine Freunde an der Art und Weise, wie sie gingen, identifizieren; denn wenn man seine Familienmitglieder nicht am Schlüssel oder an den Schritten auf der Treppe erkennt, war man dann wirklich eine Familie? Und auch, wenn er im Moment immer noch einen leichten Groll gegen Ivan hegte, waren diese drei Jungen seine Familie, und würden es auch immer bleiben.

„Fühlt sich eigentlich KEINER zuständig?!“, bullerte Boris‘ laute Stimme über den Flur. Sergei lauschte, wie Stuhlfüße über das Laminat geschoben wurden. Er hörte ein leichtes Schaben, ein Krächzen von altem Plastik und ein moserndes Fluchen. Offensichtlich rührte das Piepen von ihrem Rauchmelder her, dessen Batterien leer waren. Jetzt, da dieses Geräusch, das an seiner Zurechnungsfähigkeit arg gesägt hatte, beseitigt war, konnte er sich wieder besser konzentrieren. Er verschob ein paar Übungen und tauschte zwei Proseminare gegeneinander aus, bis er mit 26 Semesterwochenstunden zufrieden war. Froh über das Aussehen seines Stundenplans lehnte er sich in seinem Chefsessel zurück und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Er nickte ob seiner passablen Leistung und dachte über die Formulierung für seine Anzeige am Schwarzen Brett nach, um jüngeren Semestern Nachhilfe anzubieten. Damit wollte er sein Taschengeld aufbessern.

Sergei hob seinen Blick und sah zum Fenster hinaus. Ihr Hochhaus war eines der größeren und so konnte er von seiner Position am Schreibtisch auf das gegenüberliegende Mehrzweckhaus fast schon hinabschauen, dessen helles Dach in der Sonne reflektierte. Ein kurzer Gedankenblitz erinnerte ihn an ein paar Wochen zuvor, als auf seinem Fenstersims die filigrane Gestalt seiner Verflossenen gesessen hatte. Er rieb sich über die Brust. Die Trennung verursachte immer noch ein beklemmendes Gefühl, wann immer er daran dachte.

Wie um ihn abzulenken, vibrierte sein Handy neben seiner Maus. Neugierig griff er danach. Eine unbekannte Nummer hatte ihm geschrieben.

 

 

16:23

016090242419: Hey! Ich weiß, ich melde mich spät … und wahrscheinlich hast du mich schon vergessen, aber ich hab noch dein Taschentuch und möchte es dir gern zurückgeben. Wäre Samstag, gleicher Ort, gleiche Uhrzeit ok?

 

 

Verwirrt blinzelte Sergei und las die Nachricht mehrmals. Er erinnerte sich noch sehr genau an diese Begegnung, hatte aber nicht damit gerechnet, dass sich das Mädchen noch meldete. Für mehrere Minuten starrte er an seine weiße Raufasertapete völlig gedankenleer.

Mit einem Schütteln holte er sich ins Hier und Jetzt zurück. Er musste ihr antworten.

 

 

16:57

017410347419: Hey Namenlose ;) Ich hab zwar nicht mehr dran gedacht, aber diese Begegnung war wirklich einmalig. Der Termin passt, aber leider habe ich deine Schuhe nicht gefunden.

 

 

Er hatte wirklich lange für diese Antwort gebraucht. Immer wieder etwas gelöscht, dasselbe wiederholt, bis es ihm zu blöd wurde. In seinem Versuch, charmant und witzig zu wirken, entschied er sich dazu, die letzte Version endlich abzuschicken. Gleich danach stöhnte er gepeinigt auf, weil er den zweiten Satz doch besser hätte umformulieren sollen und überhaupt, wie flach –

 

 

16:59

016090242419: Schade, ich vermisse sie wirklich sehr. Sie waren mir die liebsten… ;_; Dann bis Samstag, unbekannter Fremder :D

 

 

Sergeis Herz machte einen kleinen Satz. Im selben Moment noch schüttelte er den Kopf für diese Reaktion. Es war keine gute Idee, zu viel Hoffnung in so eine belanglose Begegnung zu stecken. Besonders, da er der letzten, zwar kurzen aber intensiven, Beziehung nachtrauerte.

Dennoch las er ihre Nachrichten immer wieder und er konnte nicht verhindern, dass ein heimliches Lächeln sich auf seine Lippen schlich. Es waren nur noch drei Tage bis Samstag…

Um sich abzulenken, steuerte er die Küche an. Summend öffnete er den Kühlschrank auf der Suche nach etwas Trinkbarem. Während er sich an eisgekühltert Granatapfelschorle erfrischte, stutzte er. Auf dem Küchentisch lagen der Rauchmelder und die offensichtlich leere Batterie. Wollte Boris nicht für Abhilfe sorgen?

„Was ist… Wer ist denn hierbei tot umgekippt?!“, hallte sein knorriger Bariton über den Flur, mit der Intention, derjenige möge bitte seine Arbeit fortsetzen.

Prüfend blickte Sergei zu den übrigen Zimmern. Boris steckte seinen Kopf aus Yuriys Tür heraus.

„Uh, äh, sorry. Ich war abgelenkt. Ich mach gleich weiter!“

Skeptisch zog Sergei eine Braue in die Höhe. Das gedämpfte Seufzen mit dem folgenden „Mach lieber hier weiter!“ ließ ihn den Kopf schütteln und ihn entscheiden, dass es Zeit für einen Spaziergang wurde.

 

 

 

Eigentlich hatte er keine Ahnung, was „die gleiche Uhrzeit“ war, und er war schon etwas aufgeregt, weshalb er gefühlt sogar früher am vereinbarten Treffpunkt war. Er setzte sich auf die Bank und wartete. Sein Bein zuckelte nervös.

„Hey.“

Er zuckte zusammen, als die Stimme von hinten so nah an seinem Ohr eine Begrüßung aussprach.

„Verzeih, ich wollte dich nicht erschrecken.“

Die junge Frau ging um die Bank herum und setzte sich auf den freien Platz neben ihn. Sie sah ihn einen Moment unverwandt an, bis Sergei seine Sprache wiedergefunden hatte.

„Du hast also doch noch ein Paar andere Schuhe?“

Sie lachte auf und hielt ihre Füße in die Höhe, an denen sie flache, braune Römersandalen mit großen, runden Bronzeoblaten trug.

„Ein paar hab ich dann doch noch im Schrank, ja, aber es ist nicht das gleiche.“

Sie ließ ihre Beine sinken und rutschte ein Stück an ihn heran, während sie ihre Handtasche öffnete und sein fein säuberlich gefaltetes Taschentuch zu Tage förderte.

„Du hast es noch gebügelt?“, fragte er etwas ungläubig.

„Na hör mal, das steht doch im Kleingedruckten im Kavaliersgesetz.“

Lächelnd reichte sie es ihm.

„Außerdem sind da deine, wie ich annehme, Initialen eingestickt. Angesichts der Tatsache, dass du mir beinahe noch die Haare halten musstest, fand ich es mehr als angebracht, Sorgfalt walten zu lassen.“

Sie wirkte nun doch etwas verlegen.

„Es tut mir übrigens leid, dass du das miterleben musstest.“

Aber Sergei winkte ab: „Ich hab schon so einige Haare gehalten. … Meiner Mitbewohner, mein ich. Die sind… Die eskalieren häufig.“

Sie schwiegen sich daraufhin wieder an. Bis sie die Stille unterbrach:

„Und wofür steht S. P.?“

Sergei betrachtete sein Taschentuch einen Moment und steckte es dann in seine Jackentasche. Er straffte seine Schultern und drehte sich gänzlich zu ihr um.

„Sergei Petrov.“

Er hielt ihr die Hand hin. Sie ergriff sie strahlend. Ihr Händedruck war warm und überraschend fest.

„Sehr erfreut. Ich bin Natalia Gromow.“

Länger als nötig lag ihre Hand in seiner, bis beiden bewusst wurde, wie lange Händeschütteln eigentlich dauerte. Sergei räusperte sich.

„Dann kann ich deine Nummer ja jetzt unter einem Namen speichern. … Vorausgesetzt, das ist okay?“

Ihre Augenbrauen zogen sich kurz zusammen, als wäre es ihr nicht Recht. Er spürte das Gefühl von Ablehnung ihn mit klammen Griff umfassen, obwohl sie nichts gesagt hatte. Etwas zog sich in ihm zusammen und Hitze schoss ihm in die Wangen. Er wollte hier weg, so schnell wie möglich. Gerade war er im Begriff, sich zu erheben, um zu gehen, da hielt sie ihm ihr Handy vor die Nase.

„Schreibt man dich so?“

Die Hitze aus seinen Wangen zog sich seinen Hals hinab und verteilte sich in seinem Brustkorb, wo sie sich sehr angenehm ausbreitete.

„Oh… Mit einem I statt einem J.“

„Gut. Ich nämlich auch. Na los! Speicher mich in deinen Kontakten! Ich würde nämlich sehr gern noch mal einen Kaffee mit dir trinken gehen.“

Sergeis Zunge war schneller als sein Hirn, als er fragte: „Warum nicht jetzt?“

Das Lächeln glitzerte auch in ihren Augen, als sie ihre blonden Locken hinter ihr rechtes Ohr strich.

„Sehr gern.“

 

 

Sie hatten einen sehr entspannten Vormittag. In einem gemütlichen Café verging die gemeinsame Zeit wie im Flug, während sie sich durch die Kaffeekarte tranken und nach den obligatorischen ungeschickten und leicht plumpen Unterhaltungsstartern Themen fanden, über die sie sich beide gleichermaßen interessiert und angeregt unterhalten konnten.

„Du siehst glücklich aus, Serjoscha. Was ist passiert?“, fragte Yuriy, der sich ihm gegenüber in seinem monströsen Sessel niederließ. Erst jetzt spürte Sergei die Muskeln in seinem Gesicht, die seine Mundwinkel schon seit geraumer Zeit oben hielten. Yuriys neugieriger und ehrlich interessierter Blick lag auf ihm. Die digitale Uhr auf ihrer Musikanlage sagte ihm, dass er schon eine Stunde auf dem Sofa saß und auf den Balkon hinausstarrte, nachdem er von dem Treffen mit Natalia heimgekommen war.

Sergei öffnete den Mund, um seine Euphorie mit Yuriy zu teilen. Mit ihm hatte er schon immer Freud und Leid teilen können, und auch jetzt sagte die Körpersprache seines ehemaligen Teamleaders, dass er ihm gerne zuhören wollte. Aber da durchzuckte ihn das Fragment einer noch viel zu frischen Erinnerung; wie der Regen gegen das Fenster klatschte, wie die trügerische Gemütlichkeit in einen handfesten Streit umschlug, und wie sein schweres Herz das Ergebnis einer Fehlkalkulation war. Eine viel zu steile Falte zerfurchte seine sonst so gelassene Stirn. Yuriy bemerkte den Umschwung besorgt, und er wechselte seine Haltung, kroch auf den Knien über den ausladenden Hocker auf seinen Lieblingswikinger zu.

„Was…?“

Weiter kam der Rotschopf nicht, denn das Kopfschütteln seines Gegenübers schnitt seine Frage ab. Stattdessen räusperte Sergei sich, die Furche verschwand und er dehnte seine Nackenmuskeln abwechselnd nach links und rechts, was ein lautes Knacken verursachte, so wie Boris das auch so herrlich konnte. Yuriy verzog das Gesicht; er hasste dieses Geräusch. Besonders, wenn Fingerknacken folgte.

„Und bei dir?“, forschte Sergei nach, „du wirkst so entspannt.“

Yuriy, der wusste, dass der Moment verflogen war, zuckte mit den Schultern und winkte ab.

„Nur Boris und seine magischen Hände.“

Sergei machte ein komisches Gesicht: „TMI.“

Yuriy rollte mit den Augen.

„Das hätte ich von Boris erwartet, nicht von dir. Ich rede von Massagen.“

Wissend grinsend zog sich eine von Sergeis schwungvollen Augenbrauen nach oben.

„Ich auch.“

Yuriy stutzte; dann warf er mit einem Kissen nach ihm.

„Ugh, du bist genauso unmöglich!“

Sergei lachte laut und warf das Kissen zu ihm zurück.

„Dass seine Hände auch zu was anderem imstande sind als Zerstörung ist ein beruhigendes Wissen“, meinte er ehrlich. Er griff nach seinem Handy, das aufleuchtete.

„Ja. Darüber bin ich auch sehr froh.“

Yuriy beobachtete ihn, wie sich ein feines Lächeln auf Sergeis Lippen stahl, während dieser versuchte, seine Mimik eigentlich unter Kontrolle zu halten.

 

 

19:33

Natalia mit einem I: Hey Ex-Unbekannter! Ich weiß, es ist noch etwas hin, aber ich hab gedacht, ich frag trotzdem schon mal! Hast du Lust, mich zur Walpurgisnacht zu begleiten?

 

19:33

Sergei P.: Sattel die Besen; der Brocken ruft!

 

19:35

Natalia mit einem I: :D Ich nehme das als ein Ja. Rückzieher gilt nicht. Ich nehme dich beim Wort! Sonst trifft dich die volle Macht des Kavaliersgesetzes!

 

Sergei P.: Wahre Wikinger halten ihre Eide! Lass uns über die Einzelheiten bei einem Abendessen sprechen?

 

19:45

Natalia mit einem I: Ich mag die Art, wie du denkst. ;D Nächsten Freitag, im Atomic? Ich reservier zu acht. Happy Hour fängt um neun an; wäre das auch interessant?

 

 

„Gute Nachrichten?“, fragte Yuriy neugierig, während Sergei eine bestätigende Antwort eintippte. Der Blonde war selbst überrascht, wie schnell das alles ging, aber er hatte sich entschieden, einfach mit dem Flow zu gehen und das Hier und Jetzt zu nehmen, wie es kam.

„Ja.“

„Mehr willst du nicht dazu sagen?“

Sergeis Kopf ruckte in die Höhe.

„Nö.“

Er stand auf und entschied, egal was und wie das, was er da gerade hatte, sich entwickeln würde, dass er nicht den Fehler machte, und sie zu früh vorstellte. Er liebte seine Familie, aber noch so ein Malheur passierte ihm nicht. Nie wieder.

 

 

 

~*~

 

 

Am Abend des 30. April fand er sich vor dem Eingang des Volksfestes ein. Das bevorstehende Hexenfeuer zog viele Gäste und Schaulustige an, um den Tanz in den Mai zu begehen. Er mochte die Erzählungen zu diesem heidnischen Brauchtum; das Feuer diente in alter Zeit dazu, böse Geister zu vertreiben (und Hexen zu verbrennen, das war die unschöne Seite dieser Medaille, die ihm weniger gefiel).

In der Ferne sah er schon die ersten Grüppchen an Jugendlichen, die offensichtlich walpernd durch den Ort ziehen wollten. Er hatte nie bei dieser Art Brauchtum mitgemacht, aber er kannte Kommilitonen, die sich für heute verabredet hatten, um Schabernack zu betreiben – Fußmatten fortbewegen oder verstecken, Mülleimer umzustellen, Gartengeräte oder –zwerge auf lustige oder unzüchtige Art zu arrangieren, sowas eben. Im Grunde alles, was um ein Haus herum nicht befestigt ist, konnte „verhext“ werden.

Das Gelände, auf dem das Feuerholz für das Maifeuer aufgeschichtet war, war ringsum abgesperrt. Man erhielt an der Abendkasse nach Erwerb des Tickets einen Stempel, mit dem man das Gelände verlassen und wieder zurückkehren konnte. Das war sehr praktisch, da die Toiletten des Stadtparks außerhalb des eingezäunten Geländes lagen. Und Sergei bevorzugte diese stillen Örtchen; die Dixieklos hielten nicht viel Platz für seine knapp zwei Meter große Statur parat.

Neben ihm huschten hier und da Leute in mittelalterlicher Gewandung, Hexentracht oder folklorischer Uniform vorbei, um durch den Eingang zu den Feierlichkeiten zu gelangen. Während Sergei die verschiedenen Gestalten betrachtete, rieb er sich über sein Kinn – und verfluchte in exakt diesem Moment, dass er seinen Bart abrasiert hatte. Ein Blick auf sein Handy sagte ihm, dass Natalia bereits auf dem Gelände war. Er sollte zu den Baumstämmen kommen, die hinter dem Met-Stand als Sitzgelegenheit arrangiert worden waren. In der Hoffnung, sie dort wirklich zu finden, bezahlte er, ließ sich stempeln und verschaffte sich einen Überblick. In der Mitte, hinter einer Absperrung in Sicherheitsabstand, lag Reisig, Holz und anderes Astwerk. Hier würde das Hexenfeuer entzündet werden; in der Mitte ragten hohe Masten empor, auf denen hölzerne Hexen ihren Platz gefunden hatten. Ein Plakat erklärte, dass diese Holzfiguren mit Jugendlichen des hiesigen Jugendzentrums angefertigt worden waren. Es gab einen Stand, der nur Maibowle anzupreisen schien. Im stieg der Geruch von frisch gebackenem Brot in die Nase, zusammen mit gebratenem Fleisch, Zwiebeln und Pilzen. Sein Magen meldete sich, obwohl er zuhause schon für eine Grundlage gesorgt hatte. Der Flyer, der ihm am Eingang in die Hand gedrückt worden war, erklärte ihm, dass in einer halben Stunde die Hexentänze aufgeführt wurden. Und in dreieinhalb Stunden würden auch die Gäste aufgefordert werden, sich in die Tanzreihen einzugliedern, um den Beginn des Wonnemonats Mai mit Tanz und Gesang zu begrüßen. Erstaunt merkte er sich, dass scheinbar jeder ein Glas Maibowle dazu geschenkt bekam, während das Feuer entzündet würde. Es gab noch verschiedene andere Veranstaltungspunkte, die ihn nicht weiter interessierten. Sein vornehmliches Ziel war es, Natalia zu entdecken. Wie sie ihm geschrieben hatte, bog er hinter dem Met-Stand ab. Und dann sah er sie.

Vor einer kleinen Feuerschale hielt sie den Saum ihres langen, dunkelgrünen Rocks in einer Hand und wirbelte feengleich zu den Klängen der Band auf der Bühne rechts neben ihrem Treffpunkt. Wenn er es richtig heraushörte, war das Lied „Witch‘s Rune“, das sie ihm erst vor ein paar Tagen gezeigt hatte. Barfüßig ließ sie sich durch die Musik über das Gras tragen, schien sich wie in Trance in der sanften, meditativen Stimme der Sängerin aufzulösen, während die Gitarrenklänge auch die anderen Zuhörer zu einem rhythmischen Wiegen animierten.

Als hätte sie seine Präsenz gespürt, hielt Natalia in ihren Bewegungen inne. (Vielleicht half es auch, dass das Lied endete und der Band applaudiert wurde.) Als sich ihre Blicke trafen erhellte sich ihr ganzes Gesicht. Leichtfüßig sprang sie über einen der Holzstämme und rannte auf ihn zu.

„Sergei! Du bist da!“

Lachend sprang sie voller Vertrauen in seine Arme und er konnte nicht anders, als sie instinktiv an der Hüfte zu greifen, hochzuheben und sich einmal mit ihr zu drehen. Es passte einfach zu gut, wie ihr langer Rock dabei flatterte und ihr helles Jauchzen ihn in seinem Tun bestätigte.

„Ich freu mich!“, strahlte sie ihn an, als er sie absetzte. Als hätten sie nie etwas anderes getan, ergriff sie seine Hand und zog ihn mit sich.

„Du trägst ja schon wieder keine Schuhe.“

„Na, du hast meine Schuhe ja nicht gefunden, seitdem muss ich ohne laufen.“

„Das ist gelogen. Bei unserem zweiten Treffen hattest du welche an.“

„Die waren geliehen?“

Frech grinste sie ihn an und er wusste: Er war ihr verfallen. Nacheinander stellte sie ihn ihren Freunden vor. Pflichtschuldig versuchte er sich die neuen Namen zu merken, hatte aber eigentlich nur Augen für sie und ihren Enthusiasmus.

„Ich hab dir schon eine Maibowle mitgebracht. Oder ist dir das zu süß?“

Er nahm das dargereichte Glas und nippte von der giftgrünen Flüssigkeit. Der Zuckergehalt darin ließ ein frizzeliges Schauern wie ein Elektroschock seine Wirbelsäule hinabfahren, aber tatsächlich schmeckte es ihm.

„Die Bowle ist so grün wie der Sessel meines Mitbewohners.“

„Dein Lieblingsmitbewohner, dessen Haare sich eigentlich mit der Sesselfarbe beißen?“

Aufmerksam blitzten ihre Augen über den Rand ihres Glases hinweg.

„Äh…“

„Keine Sorge, falls wir uns je über den Weg laufen sollten, sag ich ihm nicht, dass er dein Favorit ist.“

„Das würd ihm zwar nicht zu Kopf steigen, aber die anderen wären vermutlich … traurig.“

„Lieb gesagt.“

Sie ließ sich auf dem gefällten Baumstamm nieder und klopfte neben sich. Sergei kam der Aufforderung nach. Wieder fiel es ihnen unglaublich leicht, ein Gesprächsthema zu finden, an das sich immer neue anschlossen. Vielleicht lockerte die süße Bowle auch seine Zunge. Aber er spürte auch, dass er langsam auf Wasser und dann auf etwas Herberes umsteigen sollte, sonst erlitt er noch einen Zuckerschock. Er teilte Natalia seine Überlegungen mit.

„Darf ich dir etwas mitbringen?“

„Du hast Recht, ein Wasser wäre langsam angebracht.“

Er nickte und machte sich auf den Weg. Im Gehen spürte er ihren Blick auf sich, und als er sich umdrehte, winkte sie ihm fröhlich zu. In seinem Magen spürte er die federleichten Flügelschläge tausender Schmetterlinge, wenn er schon in so kitschigen Metaphern denken musste, und der Gedanke, dass er sie trotz ihres frühen Stadiums der Bekanntschaft nicht so schnell gehen lassen wollte, verfestigte sich nur noch stärker.

 

 

 

„Du siehst wie jemand aus, der Sprachen schätzt.“

Natalias Mundwinkel verzogen sich unbeeindruckt nach unten. Sie wandte sich demonstrativ ab. Doch der junge Mann, der sie angesprochen hatte, schien den Wink nicht zu verstehen. Er näherte sich ihr, legte eine Hand auf seine Schulter, die andere an ihre Hüfte und flüsterte in ihr Ohr:

„Magst du die Sprache der Liebe? Ich kann Französisch: Brioche!“

„Und ich kann russisch: Molotowcocktail!“

Sie packte seine Hände und entfernte sie eindeutig von ihrem Körper.

„Und den werf ich in dein Gesicht, wenn du nicht gleich den Abflug machst!“

„Woah, okay, brauchst ja nicht gleich so ne Bitch zu sein.“

Er lief in Sergei hinein, streifte dessen Schulter hart im Vorbeigehen. Der Russe hatte nur die Hälfte mitgekriegt und runzelte die Stirn.

„Alles in Ordnung?“

„Ja, alles gut.“

Sie nahm die angebotene Flasche Wasser und nahm einen großen Schluck.

„Sorry, ich reagier allergisch auf ungewollte Flirtavancen, die in ungefragtes Tatschen übergehen.“

„Verständlich.“

„Zu viele junge Mädchen wissen nicht, wie sie reagieren sollen, wenn jemand einen unangemessenen Witz reißt oder anzügliche Bemerkungen auf ihre Kosten macht. Die meisten kichern oder gehen darüber hinweg.“

Sie atmete tief durch.

„Ich seh das so oft… Mein Vater hat mir eingebläut, genau das nicht zu tun. Wenn mir einer dumm kommt, soll ich immer deutlich machen, wo sie sich’s stecken können. Er sagte immer ‚Wenn jemand dich nicht respektvoll behandelt, hast du keinen Grund, ihn respektvoll zu behandeln.‘ Dann bin ich eben eine Bitch, aber eine, die zielgenau ihr Knie dort versenkt, wo es weh tut, wenn’s nötig ist.“

Sergei nickte verständnisvoll. Natalia nippte von ihrem Wasser und schnaubte.

„Entschuldige. Es war grad so gute Stimmung.“

„Geht voll klar. Ich sehe schon, du kannst dich verteidigen. Sollte ich mich also hüten, den großen, starken Beschützer zu spielen?“

Sie sah ihn an und merkte, dass seine Frage ernst gemeint war.

„In den meisten Fällen komm ich gut allein zurecht. Aber es fühlt sich sicherer an, wenn mir jemand den Rücken freihält.“

„Du kannst dich auf mich verlassen, sollte es nötig sein.“

Eine Fanfare wurde geblasen; das Zeichen, dass in fünf Minuten das Hexenfeuer entzündet wurde. Sie hakte sich bei ihm unter: „Komm. Es ist Walpurgisnacht, jetzt wird getanzt!“

Sie brachen auf in Richtung der aufgeschichteten Brennmaterialien, wo sie auf Natalias Clique trafen. Die Band spielte zum Zenit. In einer zeremoniellen Rede wurde unter traditionsreichem Gehabe der Scheiterhaufen feierlich in Brand gesteckt.

„Ein Brauch, den wirklich keine Hexe verpasst“, flachste Natalia freudig.

Ein Stöhnen ging durch die Menge, als die neue Musikkapelle sich einen Spaß erlaubte und Bibi Blocksberg spielte. Sergei betrachtete das gesamte Szenario. Er war eher selten auf Volksfesten; die Musik war mit der auf den Raves, die er immer besuchte, nicht zu vergleichen. Aber er mochte die gelassene Stimmung und die Ausgelassenheit der Leute, die im Großen und Ganzen viel zum allgemeinen Flair einer vergessenen, magischen Zeit beitrug.

„Darf ich dich auf ein Knoblauchbrot einladen?“, fragte Natalia, indem sie ihm auf die Schulter tippte und auf einen etwas entfernteren Stand deutet.

„Nur, wenn du auch eins isst!“

Er deutete ihr Lächeln als eine Bestätigung, dass heute definitiv noch geknutscht würde.

 

 

Sergei war schon lange nicht mehr so lange wach gewesen, ohne den Hauch von Müdigkeit zu spüren. Das heutige Date war ein Erlebnis. Er hatte viel getanzt, viel getrunken – und das Knoblauchbrot war eine Wucht. Das Rezept dafür hatte er dem Bäcker nicht aus den Rippen leiern können, wofür Natalia ihn, verschmitzt, aber doch schamlos ausgelacht hatte.

Ganz weit hinten am Horizont färbte sich der Himmel in einem schmalen Streifen bereits lila. Die bösen Geister waren vertrieben, das Feuer deutlich heruntergebrannt. Sie machten eine Pause auf einem abgesägten Baumstamm in der nähe der glühenden Kohlen. Natalia hatte sich an ihn gelehnt und er legte einen Arm um ihre unterkühlten Schultern. Ihre Freunde hatten sich schon vor einiger Zeit nacheinander verabschiedet. Sie schien nicht zu bemerken, oder es schien ihr nichts auszumachen, dass die Nachtluft sie auskühlte, aber sie genoss die Wärme, die von dem gigantischen Körper neben ihr ausging.

„Verehrte Hexen und übrige Nachtschwärmer! Unser Hexenfest neigt sich dem Ende! Ein letztes Highlight haben wir noch, bis auch die feier- und feuerfestesten Hexen den Heimweg antreten müssen: Den Maisprung!“

Neben ihm regte sich Natalia. Sie richtete sich auf, legte ihre Hand auf seinen Oberschenkel und in ihrem Blick war ein hungriges Funkeln, das er nicht eindeutig einordnen konnte.

Der Sprecher mit dem Mikrofon wanderte ringsum die Feuerreste und rührte ein letztes Mal die Werbetrommel für die letzte Veranstaltung.

„Unser Feuer ist so weit runtergebrannt, dass es gefahrlos – oder sagen wir, unter geringer Gefahr übersprungen werden kann! Die Feuerwehr ist außerdem allzeit bereit. Ich rufe also alle Verliebte auf, sich dem Maisprung zu verschreiben!“

Natalia musste die Bitte nicht formulieren, er hatte sie auch ohne Worte verstanden.

„Bist du dir sicher… Ich mein… trifft die Voraussetzung denn auf uns zu?“, fragte er dennoch; der kleine Dämon namens Unsicherheit flüsterte Zweifel in sein Ohr.

Auch wenn der Alkohol ihren Mut anstachelte, sprach pure Ehrlichkeit aus ihrer Antwort:

„Von meiner Seite auf jeden Fall.“

Sie hüpfte von ihrer Sitzgelegenheit und schnürte ihren langen, wallenden Rock so hoch, dass ihre Waden zum Vorschein kamen. Sergeis Blick glitt an ihnen hinab zu ihren von Staub und Gras und Sand sehr schmutzigen, blanken Füßen. Gerade, als er ihr seine Schuhe für den Sprung anbieten wollte, streckte sie beide Hände nach ihm aus. Er ergriff sie sanft und stand mit ihr auf.

Hinter ihnen plärrte der Veranstalter erneut in sein Megafon: „Für besonders großes Glück sollten die Schuhe nach Tradition ausgezogen werden – ich füge allerdings an, dass ihr über glühende Kohlen lauft!“

Sergei und Natalia wechselten einen Blick. Wortlos streifte Sergei seine Boots von den Füßen, gefolgt von seinen Socken.

Gemeinsam staksten sie zur Startlinie des Maisprungs. Als das Pärchen vor ihnen seinen Sprung wagte, verschränkten sie ihre Finger miteinander. Das Zeichen zur sicheren Überquerung kam: Sie nickten sich zu, nahmen Anlauf und sprangen auf der Markierung ab. Bei ihrer Landung wirbelte Sergei ziemlich fiel Asche auf. Hustend und hysterisch lachend von dem Adrenalinkick torkelten sie zurück zu ihren Rucksäcken.

„Wenn uns das kein Glück bringt, dann weiß ich auch nicht“, erklärte Sergei, freudetrunken, und bestellte zwei Honigbiere für den Heimweg.

Sie beschlossen, die Nacht ausklingen zu lassen. Gemeinsam verließen sie das Festgelände. Auch Sergei ging nun barfuß. Es war ein komisches Gefühl, den Asphalt und den Sand direkt an seiner Fußsohle zu spüren. Seine Füße sahen mittlerweile genauso dreckig aus wie Natalias.

Natalia balancierte auf einem Gartenmäuerchen und sprang an dessen Ende vor Sergei, nur um an seine Seite zu treten und einen Arm um seine Hüfte zu schlingen.

„Begleitest du mich nach Hause?“

„Natürlich.“

Sie brummte zufrieden. Er dachte daran, wie gern er eine mit buntem Krepppapier geschmückte Birke als Maibaum vor ihr Haus stellen wollte. Das war auch ein Brauch, der die Absicht eines Verehres deutlich machte. Er hatte seine Hausaufgaben gemacht. Vielleicht zum nächsten Jahr, wenn das, was auch immer sie hatten, gefestigter war.

Die ersten Vögel zwitscherten von den Dächern, das erste Morgenlicht leuchtete die Bäume an und er fühlte sich hoffnungsvoll.

„Im Mai wirkt alles sofort grüner, findest du nicht?“, sinnierte Natalia leise, während sie die Baumwipfel der Allee betrachtete, die sachte in einer morgendlichen Brise wiegten. Sie schauderte. Sergei zog sie näher zu sich und sein starker Arm bot ihr etwas Wärme.

„Ja. Find ich auch.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Sergei mag es sauber. Er hat eine Sisyphos-Aufgabe gewählt, weil er mit schlimmen Schmutzfinken zusammenwohnt, aber Staubsaugen entspannt ihn sehr. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
[1] Давайте выпьем за успех нашего дела! (Dawátje vyp'yem za uspekh nashego dela!) - Trinken wir auf den Erfolg unseres Vorhabens!

Ach, das hab ich vergessen: Hipster-Viking-Sergei ist ein bisschen an diesen netten Rave-Vikinger angelehnt: https://youtu.be/UjCdB5p2v0Y?t=60
Ich stelle mir vor, dass Sergei sowohl weibliche als auch männliche Bewunderer hat, bei so viel Coolness. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wer genau hinschaut, entdeckt vielleicht ein Iiiietz BoYu. Aber auch nur ein Iiiietz.
Ansonsten: Nerf-Fights sind schwer zu beschreiben. Uff.
Konstruktive Kritik ist immer gern gesehen!

Und vielen Dank an Norrsken, die danke einer Anekdote aus dem wahren Leben für Boris' versehrte Kronjuwelen... "verantwortlich" ist ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
[1] За успех! [sa uspéch] – Auf den Erfolg! (Trinkspruch)

---

Eingeflossene Headcanons:
• Yuriy trinkt jeden Tag Schwarztee, der stark genug ist, um einen aus den Latschen kippen zu lassen. Manchmal wirft er am Wochenende einen Klecks Marmelade rein.
• Boris hat A+ Brotbackskills.

Außerdem ein bisschen Ideenfluss vom „We met each other on a Sunday morning, both doing our walk of shame” Prompt Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich habe null Ahnung, was bei einem solchen Volksfest in der Walpurgisnacht abgeht, ich hab nur ein bisschen recherchiert und meine Erfahrung mit MPS in Köln einfließen lassen, also hackt mir nicht den Kopf ab, wenn das SO nicht Brauch ist XD Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (20)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  esperluette
2021-05-16T14:35:18+00:00 16.05.2021 16:35
Er hats nicht leicht :(

Ich liebe Sergei bedacht und ruhig, als könnte ihn nichts beirren, ja fast gleichgültig, inmitten des Chaos, um dann kurzfristig auszubrechen.

Liebe seine Staubsaugertherapie!

Liebe die Episode mit Julia und ihr Zusammenspiel. Neu und sanft und close. Umso trauriger das Ende, finde ich aber sehr gut ausgelotet; ich hätte sie so gewollt T_T

Die Dynamik in der WG und die Idee mit dem Tribunal und dem „Test“ ist witzig und unterhaltsam! Sadness für Sergei tho; wie unfair!

Zurück zur Wildheit; Sergei rasiert langen den Bart (bin ich für lol) und trifft unter kuriosen Umständen ein anderes Mädchen- spannend! Er hat ein Taschentuch! Sie kommt sympathisch rüber! Freue mich, dass er sich an ihren Nachrichten und einem Wiedersehen so freut! Klug von ihm es erstmal nicht zu verraten und die Leichtigkeit auf dem Volksfest zu genießen uwu

Fingers crossed, dass das Spiel jetzt nicht wieder von vorne losgeht xD
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
16.05.2021 20:31
Ich danke für deinen Kommentar! :D
Du bist beim Kommentieren ja wie ein Wirbelwind :DDD
Schön, dass Sergei mit und ohne Bart bei dir gut ankommt. (Jay ist Schuld für tanzenden Wikinger-Sergei, siehe Video auf Rave...) Eigentlich fand ich Julia auch schon sehr passend, als Partnerin, aber wir hatten seinerzeit eine OC für Sergei entwickelt, woraufhin überhaupt dieses BB2020-April-Ding entstanden ist, und die Geschichte ist offiziell ja auch noch nicht vorbei. Laut Plan fehlen noch 2 Kapitel, also du darfst noch weiterhin gespannt bleiben :)
Von:  Mitternachtsblick
2020-07-06T19:36:10+00:00 06.07.2020 21:36
Ich mag den Anfang voll gern, wo Sergei und Yuriy parallel in ihren Zimmern sitzen und ihre Stundenpläne aufzustellen versuchen. Das hat sowas Familiäres! Und ich mag es immer, wenn Boris die Brise ist, die Dinge in Bewegung wirbelt, ich find davon hat er im Zusammenhang mit der Feuermelder-Sache auch wieder was.

Der SMS-Austausch mit Natalia (ich nehme mal an, dass sie es ist) war auch süß. Dieses totale Zerdenken wie er die SMS formulieren soll, das kann ich echt gut bei Sergei sehen.
Omg hat Boris den Feuermelder vergessen, weil er das Piepsen von einem anderen Feuermelder ausstellen musste? *legt die Hände als Trichter an den Mund* THEY FUCKED

Das Treffen von Sergei und Natalia find ich total süß. Sie sind so unbeholfen und dann doch sehr herzlich, man spürt wirklich die Euphorie, die durch die gegenseitige Sympathie entsteht und das liest sich sehr natürlich.
Viel Liebe auch für das anschliessende Gespräch zwischen Sergei und Yuriy. Man spürt die Vertrautheit zwischen ihnen, aber Sergeis Vorsicht ist leider auch verständlich. Sie haben es mit Julia halt leider bisschen in den Sand gesetzt, das muss sich erstmal wieder einspielen.
(Ah und BTW, Boris‘ Massage? Der massiert höchstens Yuriys - lassen wir das.)

Das mit der Walpurgisnacht finde ich eine total liebe Idee. Habe ich bisher wenig irgendwo gelesen und es ist mal eine Abwechslung. Außerdem war 1) das Bild von Sergei, der sich in ein Dixieklo zwängt, göttlich und 2) das Bild von Natalia im grünen Kleid voll schön. Man merkt auch, wie sie sich näher kommen und sich da schon deutlich was entwickelt, ohne dass es forciert schnell wirkt, für mich zumindest. Der Flow der Szene ist auch sehr angenehm. Und dass Yuriy Sergeis Lieblingsmitbewohner ist und dass die anderen traurig machen würde, find ich irgendwie süß. ❤️ Süß find ich übrigens auch, dass Sergei und Natalia die Verkörperung des „Hold my flower“-Memes sind, das ist gleichermaßen amüsant wie süß. XD
Und aw! Der Maisprung! Ich liebe diese Sprünge übers Feuer sehr, das ist so ein cooler Brauch! Hach, die beiden sind schon sehr goldig. ❤️

Antwort von:  WeißeWölfinLarka
06.07.2020 21:52
OmG Elli, DANKE dass du es ansprichst! BoYu-Power for the win!!! :D Es war als Easteregg versteckt und du hast es gefunden! :D Die Feuermeldermetapher finde ich sehr passend! #satzbörse Ob es letztlich wirklich nur Massage war, oder nur Massage in DEM Augenblick, und ansonsten schon Auberginen massiert werden, lass ich mal offen an dieser Stelle. ;))
Und für Sergeis Daten habe ich alle awkward experiences meinerseits eingeflochten, in der Hoffnung, dass es möglichst echt rüberkommt.
Ich würde tatsächlich so weit gehen und sagen, Yuriy ist jeweils von allen anderen der Lieblingsmitbewohner, lol. (Ivan hab ich (un?)bewusst auch rausgelassen, weil der ja irgendwie der Keil war, der zur Spaltung zwischen Sergei und Giulia geführt hat)
Ich danke dir für deine Reflexion zum Flow und der Enwicklung zwischen ihnen. Das war eine Frage, ob es nicht schon wieder zu früh und zu schnell geht, weshalb Sergei darüber auch oft reflektiert, aber er geht mit dem, was er hat und kriegt :)
Oh und das "Hold my flower" meme! Ein schönes Bild! Das sehe ich jetzt auch so! Danke für deinen kommentar!

Von:  lady_j
2020-07-06T19:24:52+00:00 06.07.2020 21:24
Das war jetzt WIRKLICH das, was ich gebraucht habe. Und ich bin so happy für Sergeij! Nur schade wirklich, dass er seinen Bart abrasiert hat.
Die Eingangszene hat noch mal so richtig schön Borg Dynamik reingebracht, das hat mich sehr gefreut. Viel Liebe auch für die Nachrichten, die Sergeij und Natalia sich schreiben. Man merkt sofort, dass sie auf einer Wellenlänge sind, obwohl ich glaube, dass Natalia Sergeij schon gezwungen hat, mehr aus sich herauszukommen :)
Ich kann mir die beiden jetzt übrigens richtig gut auf so Mittelaltermärkten vorstellen <3 dressed und alles!
Natalia ist mir sehr sympathisch, wenn mich auch ihre Wildheit überrascht hat, aber positiv! Ob Sergeij mit so einem Wirbelwind zurechtkommt? Ich denke schon. Sie unterscheidet sich schon sehr von Julia, obwohl diese ja auch nicht gerade zahm ist. Aber irgendwie hat Natalia so eine Leichtigkeit, die ich bei Julia nicht bemerkt habe *denk denk* Ob das auch an Sergeijs und Julias Vergangenheit als Blader lag?
Nice auch, wie Sergeij erstmal alles für sich behält, von den anderen (also Yuriy lol) aber auch nicht bedrängt wird. Irgendwie sind alle an der Situation gewachsen. Ich hoffe nur, dass Sergeij trotzdem die Zeit findet, seine Beziehung zu Julia zu verarbeiten und ihm das nicht noch auf die Füße fällt. Das wäre nämlich schade. :(
Ich wünsche ihm mit Natalia jedenfalls alles Gute :D
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
06.07.2020 21:31
Lass dich für diesen Kommentar drücken ♥
Es freut mich, dass es genau das war, was du brauchtest! :)
Bärte kann man nachwachsen lassen, würd ich sagen, das ist schon fast fix, als mir Sergei in diesem Kapitel seinem Bart nachtrauerte.
Natalia hat irgendwie ein sehr wildes Eigenleben entwickelt, ja, und ich hatte auch den Eindruck, dass sie Giulia schon sehr ähnlich ist. Ich bin froh darüber, dass du dennoch einen Unterschied herausliest; mir war wichtig, dass Natalia kein Ersatz für Giulia ist. Und sie kann auch zahm sein, ich denke, das zeigt sich noch. Ich mein, schau im Pad an, was sie alles "drauf hat", das muss ja irgendwie zur Geltung kommen^^°
Ich will auch das Sergei glücklich ist. Aber hm, ja vielleicht war das mit Giulia und Sergei das Gleiche wie bei Miguel und Kai bei dir in Metropolentänzer? Nur mit etwas mehr GEfühlen? Hmhm, Jedenfalls soll das hier ne Feel-good-Fic für Sergei werden :) hihi.
Danke für deinen Kommentar!
Von:  Mitternachtsblick
2020-06-17T06:41:03+00:00 17.06.2020 08:41
Noooooooooooooooooooo 😭😭😭😭😭
Arrrgh ich kann nicht fassen, dass diese Deppen Giulia vertrieben haben - ich würde gern sagen, dass sie irrational schnell Schluss gemacht haben über diese Sache, aber a) passiert das halt manchmal und b) ... das Tribunal war irgendwo auch nur Symptom eines gewissen Systems, das sie halt schon erahnt hat und es ist echt schwer und in Ordnung, wenn man damit nicht umgehen kann bzw. will. Ich bin ein ziemlicher Sucker für diese Metapher des Haare/Bartabschneidens generell und fand es schön, wie du das hier eingeflochten hast!
Und Liebe für die BoYu-Momente; am Ende waren sie ja doch sehr soft miteinander. ❤️
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
17.06.2020 11:04
Danke für diesen Kommentar. Ja, irgendwie tats mir dann doch sehr leid für beide, aber... irgendwie muss ich ja Natalia einbauen xD
HAst du einen Tipp, wie man deutlich machen kann, dass nach dem Tribunal doch noch etwas Zeit verstrichen ist? Ich woltle sie jetzt nicht am selben Tag noch Schluss machen lassen, und hab das versucht, mit der vagen Formulieren offen zu lassen, wann genau nach dem Tribunal sie auseinander gehen, aber... oder vielleicht muss das auch gar nicht?

Ja, softes, seichtes BoYu am Rande. Mein neues, heimliches Guilty Pleasure dank euch allen! :D
Von:  FreeWolf
2020-06-11T14:43:04+00:00 11.06.2020 16:43
Ich hatte sehr viel Spaß bei diesem Kapitel, vor allem, wie du den Nerfgun-Fight beschrieben hast. :D Ein wenig schade finde ich es, dass der Kampf doch recht schnell geendet hat (aber ich verstehe, dass du nicht den ganzen Kampf schreiben wolltest) - mein Highlight war sicher Giulia die hinter Kindern in Deckung geht!
Nur - was heißt das jetzt, dass sie das Tribunal nicht bestanden hat? D:
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
11.06.2020 20:21
Danke für deinen Kommentar! Deine Sorge hilft mir grade sehr, ich hab schon wie wild einen Anschluss-Dialog geskribbelt! Du beflügelst mich! :-***
Antwort von:  FreeWolf
11.06.2020 21:45
Ui, ich bin gespannt!! <3
Von:  Mitternachtsblick
2020-06-09T19:31:55+00:00 09.06.2020 21:31
Omg ich liebe alles an diesem Kapitel, ich hab vor Lachen nicht mehr können, wirklich XD Das Banter zwischen Yuriy und Boris, wo der ihn dann im „unglücklichen Winkel“ abschießt, ist schon mal köstlich. Ich finde es auch wundervoll, wie selbstbewusst und ehrgeizig Giulia ist und dass sie Sergei deshalb ins Team nimmt, weil sie ihn beschützen will <3 Und der legt dann einfach mal einen Actionheldenmove hin, den sie auch noch hot findet - ich auch, Giulia, ich auch!
Ich mag‘s auch sehr, dass Giulia hier einfach mal ein bisschen mit unfairen, aber regelkonformen Mitteln (=Kinder) spielt, wenn es ihr gelegen kommt - herrlich!

„Yuriy glaubte, in zirka 5 Metern Entfernung Sergei zu sehen. Oder es war nur ein weiterer Baumstamm.“ ICH SCHIESS MICH WEG XD

IMMER AUF DIE KLEINEN ROTEN ist auch SO göttlich, omg XD Ich komm aus dem Lachen echt nicht mehr raus - und die Geiselhaft! Und die Empörung von allen!

Ich find das mit Yuriys Kopfschmerzen und der raschen Einigung, die Regeln des Spiels für ihn anzupassen, sehr lieb übrigens, auch wenns nur eine Nebenbemerkung ist. Und ich sag‘ es nur ungern, aber Boris und Ivan haben sich wacker geschlagen und den Sieg verdient davongetragen! Ich hoffe, sie nehmen Giulia aber spätestens mit dem ersten Bier in ihre Runde auf. <3

Antwort von:  WeißeWölfinLarka
10.06.2020 00:01
Dieses Kapitel wurde sehr von der Supportgroup getragen und bereichert, besonders die Dialoge und der Nerfkampf. Giulia wird ja eigentlich in der Serie als sehr ehrgeizig und auch stark dargestellt, ich wollte diesem Charakterzug Rechnung tragen.
Das mit dem Baumstamm, ja... ich wollte ggf auch noch Yuriys Farbenblindheit einfließen lassen, aber... hab ich dann doch nicht XD hat er halt dann doch nicht XD
Die Idee mit dem raschen Abbruch kam mir, weil ich keine Lust mehr hatte, so einen kanppen Schlagabtausch wieter zu schreiben -es ging ja nur noch um Treffer und irgendwann is auch mal gut XD
Aber ich freue mich total, dass es so gut ankommt und du viel zu lachen hattest. :D Besonders über die entdeckte und von dir gemochte Randbemerkung zu Yuriys Kopfschmerzen. (Wetterfühlig isser, der Arme).
Und natürlich gibts ein Bier und sie wird aufgenommen. Sie kann Bierflaschen mit nem Ring öffnen! :D
Von:  lady_j
2020-05-11T18:53:48+00:00 11.05.2020 20:53
Ich hab grad das zweite Kapitel noch mal gelesen. Ich liebe es einfach. Ach Sergeij, der heiße Wikinger. Ich kann mir Giulia und ihn irgendwie richtig gut vorstellen, obwohl sie ja eher so das rare pair sind. Viel Liebe auch für sämtliche WG-Dynamiken! Sergeij ist echt nicht zu beineiden mit seinen Mitbewohnern.
Die WG-Runde am Ende ist so krass durchorganisiert, ich finde das schon fast unheimlich :D aber die Persönlichkeiten der Jungs kommen gut heraus. Überrascht hat mich Yuriy, denn ich hätte nicht gedacht, dass er unordentlich ist - aber umso mehr hat es mich befriedigt (ich war wohl einfach sehr eingenommen von Typ-3-Yuriy bei Nor und Elli xD).

Ich kann das Tribunal gar nicht erwarten. Like, literally, I cannot. Ich habe so viele Theorien. So viele Erwartungen (kein Druck, meine Liebe *haifischgrinsen*). Ich freue mich einfach drauf. Oh, und mehr von Sergeijs Bart bitte. Übrigens ist er in meinem Kopf in der ganzen Story halbnackt, ich weiß auch nicht warum. heh.
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
12.05.2020 00:02
Vielen Dank für deinen Kommentar!
Ich spüre jetzt natürlich gar keinen Druck.... Bibber...
Danke auch, dass du mir Grad bewusst machst, dass man im deutschen Wikinger mit W schreibt.... Hoffe ich muss das nicht korrigieren...
Oh, Yuriy kommt die unordentlich vor? So war das eigentlich nicht direkt gedscht, ich hatte das Headcanons, dass er ja für den Marathon trainiert, und in seinem Zimmer die Sportklamotten im Wäschekorb sammelt, aber die stinken halt, je länger man sammelt.... Das wäre die einzige Unordnung bei ihm, aber solange er nicht ooc ist und man ihm Ablauf, wie er ist, bin ich beruhigt. Er ist wohl eher typ2 Yuriy?

Und ja, die Vorstellung von Sergei ständig halb nackt... Ist wohl der Raver-Referenz entsprungen.... Und deinem DURST!!! ;)
Von:  FreeWolf
2020-05-01T11:00:40+00:00 01.05.2020 13:00
Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll: Ich habe sehr gelacht und noch mehr entzückte Geräusche von mir gegeben und sehe Sergej buchstäblich vor mir, wie er auf dem Rave ist und Julia und Raul trifft und ich liebe es, wie du seine sanfte Art mit reinbringst. Ich mag deinen Sergej, sehr sehr sehr. <3
Der WG-Rat mit seinen rigiden Strukturen hat mich sehr an unsere alte Fünfer-WG erinnert, allerdings gab es bei uns kein Protokoll (auch wenn das der feuchte Traum eines der Mitbewohner gewesen wäre, haha). Ich hatte sehr nostalgische Gefühle beim Lesen, wir sind auch nicht selten vollkommen versumpft und ich vermisse das schon ein wenig seit wir sie einvernehmlich aufgelöst haben.

UND ES WIRD ZEIT FÜR EIN TRIBUNAL! Ich freue mich schon sehr darauf, frage mich zugleich aber auch, ob Julia dem Tribunal wirklich standhalten können wird oder ob Natalia die mit den stärkeren Nerven sein wird. :D Immerhin gibt es sie ja zumindest in den Paratexten - und ich frage mich, wie sie in Sergejs Leben kommen wird!
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
01.05.2020 18:57
Ich bin sehr zufrieden über deinen Kommentar, denn wenn du dich damit so gut identifizieren kannst, hab ich ja alles richtig gemacht. XD Die Zeit mit Mitbewohnern war echt schön, aber ich glaube, mittlerweile wäre ich wirklich so ein Chaosmitbewohner, und das könnte ich niemandem antun XD

Ja, die festen Strukturen müssen sein. Wir kennen Ellis Yuriy, der heiß auf Saldenlisten ist - und hier mag Ivan Protokolle XD Wobei es auch ein bisschen auf Yuriys Mist gewachsen ist, das so ernsthaft aufzuziehen. Aber Ivan kontrolliert und führt penibel Buch... Das war jedenfalls so meine Intention.

Mit dem Tribunal hab ich mich heute nachmittag abgemüht, Und irgendwie macht Giulia gerade gar nicht so eine schlechte Figur. Aber Natalja muss ja noch auftauchen und irgendwie... schreibe ich grade zu viel Natalja ins Giulia rein. Da fehlt die Hitzköpfigkeit und Temperament, und da röchel ich gerade herum XD
Aber WIE Natalja in Sergeis Leben tritt, ist schon fix. na ja, so gut wie XD
Von:  LittleLionHead
2020-05-01T07:12:41+00:00 01.05.2020 09:12
Oooh, das Kennenlernen ist herrlich awkward und trotzdem so.... Süß? Cool? Ich krieg's nicht richtig zusammen, aber ich liebe es <3 und auch die Lob- und Tadelliste gefällt mir sehr gut. Ich habe nie in einer WG gelebt, aber es macht großen Spaß über das Zusammenleben der Jungs zu lesen :)
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
01.05.2020 09:26
Danke dir für deinen lieben Kommentar!
Ich kann zum Glück auf etwas WG-Erfahrung zurückgreifen, auch wenn die Lob und Tadellisten eher dem schulischen Umfeld entspringen.
Du kannst jetzt übrigens nachschauen, wie man sich ungefähr Vikinger-Sergei vorzustellen hat... ich hab es ins Nachwort eingefügt :)
Danke dass du mich bestätigst, und sagst, es hat dir Spaß gemacht, weil ich mit diesem Übergangskapitel ein wenige unsicher war :)
Antwort von:  LittleLionHead
01.05.2020 10:04
Uuuuuuh he's hot :)
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
01.05.2020 10:08
hahaha :D Ja, oder? Der Rave in diesem Kapitel ist an der Fuckparade angelehnt, wo dieses Video 2000 entstand. Hach ja.
Von:  Mitternachtsblick
2020-04-30T13:39:33+00:00 30.04.2020 15:39
Ahhhhhh Liebe! Kriegst wieder eine Liste.
1. Ich find's wunderbar, dass Sergeij und Giulia sich auf dem Rave begegnen und kennenlernen, weil sie ihm ins Gesicht schlägt. Das ist so eine herrlich absurde Art, sich kennenzulernen, ich feiere das wirklich sehr hart XD
2. VIKINGER SERGEJ (und ich liebe den Vergleich mit Ragnar Lothbrok, den Giulia da zieht, das hat er sich verdient, der liebenswerte Kasten <3)
3.Wie Giulia ihm dann einfach nochmal ins Gesicht langt finde ich wunderbar, das ist irgendwie so ein Giulia-Ding. Ich kann mir das sehr gut vorstellen, weil sie mir vorkommt wie jemand, der sehr impulsiv sein kann.
4. Ich geb zu, bei DnD hat mein Rollenspielerhirn natürlich sofort an Dungeons and Dragons gedacht, aber ich glaub das war hier nicht gemeint. XD (Wenn's allerdings schon gemeint war, feiere ich das noch mehr, weil ich eine simple Person mit simplen Lebensfreuden bin.)
5. Ich finde es so süß, dass Giulia ihm Bartzöpfe macht?? Absolute Liebe dafür. Ich hoffe an irgendeinem Punkt hat er auch Blumen drin. :D
6.DAS WHISKEY-BARTÖL OMG Liebe.
7.Ich liebe es, dass die bei ihren WG-Sitzungen tatsächlich Protokoll führen, das dann auch unterzeichnet werden muss. In meiner WG hatten wir ja auch regelmäßige WG-Sitzungen, aber omg die nehmen das hier ur ernst und ich feiere das wirklich hart, es ist sehr unterhaltsam. XD
8. DER WOLF IM WOLFSPELZ omg
9. Ich liebe das Tribunal, das sich da anbahnt! Und ich denke, Giulia wird sich schon gut behaupten können. :D Find's aber schon sehr süß, was die Jungs da aufführen, ich mag es, dass sie so am gegenseitigen Leben teilnehmen wollen. Bin schon sehr gespannt auf das nächste Kapitel!
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
30.04.2020 20:08
Ich liebe deine Listen XD Die kann man so toll beantworten xD

1) ich sage nur, "meet ugly" - kann nämlich auch zu meet cute werden, irgendwie XD
2) Ja, der Typ aus Vikings ist da immer der erste, der mir da einfällt :D
3) Ja, impulsiv und taktil stelle ich sie mir vor. :)
4) Das war tatsächlich ein Fehler, ich hab auch an DnD gedacht, fürchte ich. Ich meine natürlich DnB, also Drums and Bass! Das muss ich noch ändern, bevor Jay das sieht... XD
5) Kriegsflechten für den Vinkingerkrieger! Vielleicht waren mal Blümchen drin ;)
6) Bin gespannt, was Jay dazu sagt... XD
7) Höchst seriöse Meetings sind das, diese WG-Abende. Das geht nicht ohne Protokoll!
8) XD Ja, Yuriy ist kein Schaf... das war ganz bewusst so formuliert XD
9) Puh, ja. ich muss das jetzt schreiben und... es wird echt nicht einfach. Ich glaub, die 6 Kapitel schaff ich heute nicht mehr XD

Danke für deinen lieben, lieben Kommentar!


Zurück