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Music Stuff

German and english music fanfictions.
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Brian Molko (Placebo) & Gerard Way (My Chemical Romance).
Black (My Chemical Romance- The Black Parade) Sun (Placebo- Battle For The Sun) Komplett anzeigen

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Black Sun (Placebo, My Chemical Romance)

Es war dunkel, nur der Schein einer flackernden Kerze erhellte schwach den Raum. Von diesem an sich erkannte man nicht viel. Es schien sich allerdings um ein Hotelzimmer zu handeln. Man sah dunkelrote Vorhänge bei einem großen Fenster. Der Ausblick zeigte eine erleuchtete Stadt, es musste ein ziemlich hohes Stockwerk sein. Und es schneite.

Dabei hatte es seit Wochen nicht mehr geschneit. Der Winter war vorbei. Dies war also der letzte, überraschende Schnee des Jahres.

Es lief ganz leise eine Musik im Hintergrund. Auf dem Nachttisch standen zwei Weingläser, eines davon hatte noch einen Schluck in sich und Reste von Lippenstift am Rand.

Auf dem Bett daneben lag eine Person, auf der roten Decke. Ein junger Mann, um genau zu sein. In diesem Licht erkannte man nur schwarze, schulterlange Haare, ein paar schwarze Kleidungsstücke neben ihm und an der bleichen, nackten Haut nur noch ein verschobenes, schwarzes String-top.

Man konnte nicht sagen, ob schlafend oder wach, aber er sah aus, als habe man ihn einfach so dort liegen lassen. Er war allein, aber eigentlich war das kein seltener Zustand. Die ganze Situation war kein seltener Zustand. Da war dieser eine Mensch, der es immer wieder tat. Der ihn immer wieder fallen ließ. Aber das war ihm irgendwo egal, solange er hoffentlich gebraucht wurde.
 

Zur frühen Morgenstunde klopfte es an der Tür, was den Schwarzhaarigen weckte. Er blinzelte, schlug grau grüne Augen auf. Rieb sich über die Lieder, verschmierte eh schon verheulten Eyeliner und richtete sich letztendlich auf. Bevor er sich zur Tür schleppte, griff er eine kurze schwarze Hose vom Bett, um dort hinein zu schlüpfen.

Hinter dieser Tür befand sich ein blonder, sehr bekannter junger Mann. Seit jeher und schon lange bester Freund und aus kollegialen Gründen fast 24/7 um ihn herum.

Von diesem wurde er an den Schultern gehalten, da er etwas taumelte. Ein Blick in seine Pupillen sagte, dass da etwas nicht stimmte und mit einem leisen Seufzen stellte er Andere ein „...Er hat deine Tabletten vergessen.“ fest.
 

Zum Frühstück im Speisesaal des Hotels war er fast wieder anwesend, mit einem Haufen eingeworfener Tabletten. Der Blonde hatte ihn abgeschminkt, angezogen, alles drum und dran. Das war nicht immer der schönste Teil des Jobs, aber…

Als sie den Raum betraten, fuhr er sich durch die schulterlangen schwarzen Haare, strich sich die leichten Wellen hinter das rechte Ohr. Er setzte sich an den Tisch, zu seinem Freund und ein paar anderen Leuten, die dank der Arbeit mit von der Partie waren.

Placebo, das war der Grund. Musik. Die Band. Die Tour. Zu der Besetzung an sich zählten nur er und der Blonde, Stefan. Sie waren an vielerlei Orten unterwegs, nächste Woche sogar in Deutschland. Ein paar Jahre, wenige nur, seiner Kindheit hatte er hier verbracht. Irgendwo hier hatte er eine verwahrloste Tante, zu der ihn seine Eltern abgeschoben hatten, als er in seine rebellische Phase kam. Die bis Heute hielt, wie man ihm irgendwie ansah.
 

Halb anwesend, wie er war, bekam er mit, wie die Anderen sich unterhielten. Während er in Rührei herumstocherte unterhielten sich zwei Männer der Tourgruppe über zwei Prostituierte von gestern Abend. Der Organisator schimpfte über irgendetwas, das Stefan scheinbar falsch gemacht hatte- Aber ihn sprach keiner an. Alle wussten, dass er vermutlich grade versuchte, sich auf sein Essen zu konzentrieren, was mehr oder minder funktionierte, weil er glaubte, zu sehen, wie sich der Tisch in Wellenlinien bewegte. Er verlor den Bezug zur Realität. Bildete sich ein, dass Bilder sprachen und Treppen sich drehten. Bis heute Abend musste er wieder auf den Beinen sein. Irgendwann kam ganz sicher der Tag, an dem er zusammenbrach und das ganze Musikding aus war.

„...Brian? Hey, Brian!“ Er schreckte auf, tat einfach so, als wäre er voll da und steckte sich die Gabel mit Ei in den Mund, statt denjenigen anzusehen, der ihn angesprochen hatte. Dabei blinzelte er verstört. Nein, der Tisch bewegte sich in Wirklichkeit gar nicht. Tische konnten sich nicht bewegen.

„Hey, wir können auch ohne dich zu diesem Promimusiker treffen latschen, da musst du nicht dabei sein.“ Brian wandte endlich den Blick und schaute in das Gesicht seines besten Freundes Stefan. Hier bleiben, mit all den Bildern im Hotelflur, die ihn ansahen und mit ihm redeten? Er schüttelte den Kopf. „Schaff… ich schon.“ Stellte er fest und pikste erneut ein Stück Rührei auf.
 

Er steckte in einem weißen T-Shirt, Strickjacke, schwarzer Hose, einer Perlenkette und doch tatsächlich Absatzschuhen, als er hinter Stefan hertrabte. Es waren wirklich eine Menge Leute hier, am frühen Abend, allein schon vor der Tür. Der Boden unter seinen Füßen wackelte nicht mehr, aber die vielen Gesichter kamen schon anders bei ihm an, als sie waren. Er sah sie verzerrt, einige Köpfe größer, andere kleiner, zu viele Augen oder komische Farben. Wenn er angesprochen wurde, lächelte er einfach, auch, wenn er vor sich keine hübschen blauen Augen sah, sondern schwarze, tote Augenhöhlen, aus denen sich Maden drängten. Iuäh. Hallus waren schon… Ekelig.

Man stellte ihm Leute vor, hier und da schoss jemand ein Foto. Er versuchte einfach so auszusehen, als wäre das alles hier ganz toll, bekam kaum etwas mit und hoffte einfach, dass ihm keiner eine Frage stellte. Bis ihm mit einem Mal ein recht bekanntes Gesicht gegenüberstand. Er sah nur einen Moment lang, wie das Gesicht wirklich aussah. Es war recht rund, hatte einen stämmigen Kiefer, tiefe Augen, auf die es dunkle Schatten warf und strubbelige, kurze, weiße Haare. Dann verschwamm das Bild vor seinen Augen und es sah aus, als wäre der Mann eine Wachsfigur, deren Kopf schmolz und zu tropfen begann. Er erschauderte.

Stefan stellte in als „Gerard Way“ vor. Er nickte, schüttelte die Hand- Keine Ahnung, wer es war. Auch die Stimme nahm er nicht so wahr, wie sie sein sollte. Unmöglich also, herauszufinden, wer er wirklich war. Er wurde von Gerard.. Wie hieß er doch gleich? Gefragt, ob er mitkam, an die Bar rüber, oder so. War ihm auch egal, wer und wohin, er spielte einfach mit und stimmte zu. So kam es, dass er letztendlich mit diesem Kerl auf dem Sofa herumsaß, ein Glas in der einen, Zigarette in der anderen Hand und sich über irgendetwas unterhielt und lachte. Dabei sah er seinen Gesprächspartner nicht an, denn seine Fantasie war ziemlich kreativ, wenn es darum ging, Gesichter entstellt darzustellen. Aber er vergaß irgendwie ein wenig. Den gestrigen Abend, den ganzen Tourstress und die Tatsache, dass er ein zerbrechliches Wrack war. Denn wie dieses wurde er normalerweise behandelt, nur jetzt nicht. Denn Gerard Wasauchimmer wusste davon nichts.

Allerdings musste irgendwann Stefan antanzen und ihn am Handgelenk mitnehmen, da sie zum Auftritt mussten. Er wurde schon weggezogen, als er sich zurückwandte und wohl blauer aussah, als er war, so wie er zurückginste und wank. Dass Gerard mit einer Hand seine Strickjacke hochhob und zeigte, dass er sie vergessen hatte, realisierte Brian schon nicht mehr und dann waren sie weg.
 

Nach dem Auftritt hingen Brian und Stefan im Hotelzimmer des Schwarzhaarigen herum, versuchten irgendwie, die Zeit totzuschlagen, da niemand schlafen konnte. Stefan hatte irgendwas genommen, was ihn ruhig in einem Sessel versinken und an seiner Gitarre zupfen ließ, während Brian mit dem Rücken auf dem Bett lag und den Kopf herunterhängen ließ. Er konnte so kopfüber in den Raum gucken, hatte eine Menge Blut im Kopf und war ebenfalls nicht mehr ganz bei sich. Er hatte seine Medikamente genommen, die abendliche Dosis. Er sah keine Dinge mehr, aber verhielt sich auch nicht ganz normal.

Es klopfte an der Tür, also rief Brian ein „Hereeeiin!“ und erblickte kurz darauf jemanden in der Tür, die aufschwang. Er sah einen Mann, einen jungen Mann, mit kurzen weißen Haaren, einem recht runden Gesicht und- Moment, den kannte er, der war von heute Abend! Er gab ein „Heeeeey.“ von sich, hatte dabei ein leicht dümmliches Lächeln auf den Lippen. Da er seinen Kopf falsch herum vom Bett hängen ließ, reichten seine Haarspitzen auf den Fußboden. Er rollte sich leicht hin und her, hielt den Kopf aber grade und musste schon aussehen, als habe er einen Dachschaden. Anders, als er dem Typen früher am Abend begegnet war. Gerard, richtig?

Der Blick des Mannes auf der Türschwelle war skeptisch, er runzelte die Stirn. Mit einer Hand hob er die Strickjacke, die Brian vergessen hatte. „Du.. Hast was liegen lassen.“ Erklärte er und als Brian seine Stimme vernahm, machte es bei ihm klick.

„Ooh, jetzt weiß ich, wer du bist!“ Mit erhobenem Zeigefinger rollte er sich auf den Bauch und setzte sich auf. Die schwarzen Wellen hingen ihm jetzt wirr in die Augen, aber es schien ihn nicht zu stören. „Du bist der Sänger von My Chemical Romance, mit diesem Erfolgsalbum The Black Parade!“ Tat er stolz sein Wissen kund. Auf die Jacke ging er überhaupt nicht ein. „‘Tschuldigung, sind die Hallus.~“ Meinte er, schultenzuckend, bekam ein leichtes Lächeln nicht von den Lippen.
 

Gerard war sich überhaupt nicht sicher, was er von seinem Gegenüber halten sollte. Klar, man wusste, dass Brian Molko komisch drauf war. Aber wahrscheinlich hatte er ihn sich anders vorgestellt. Auf der Party hatte er sich gewundert, warum ihn den Alle so komisch fanden. Jetzt verstand er es wohl. Aus Brians Worten schloss er, dass er momentan auf Drogen war und nach kurzem Überlegen schloss er die Zimmertür und legte die Jacke auf einem Stuhl ab. Der Dritte im Bunde schien im Sessel zu schlafen, so wenig bewegte er sich. Es musste sich um Stefan Olsdal handeln, das zweite Mitglied von Placebo. Jedenfalls wollte er Brian nicht allein lassen, auch, wenn er ihm jetzt recht ungeheuer war. Also setzte er sich zu ihm. „Du hast es erfasst, der bin ich.“ Erklärte er ihm.

Bis der Schwarzhaarige in den Morgenstunden eingeschlafen war, erfuhr er eine menge interessanter Dinge. Zum Beispiel, dass Brian nicht auf Stoff, sondern auf Medikamenten war. Einwerfen musste er sie Morgens und Abends, was ihn für zwei bis drei Stunden total wegdröhnte. Dafür hatte er danach keine Probleme mit Halluzinationen oder Realitätsverlust. Es waren scheinbar eine Menge Dinge passiert, die ihm leider nicht genannt wurden. Natürlich fand er den Schwarzhaarigen irgendwie anstrengend, wenn er zusammenhangslose Dinge von sich gab und dieses abwesende Lächeln auf den Lippen hatte. Außerdem schlag er zumeist die Arme um seine Knie und wirkte generell nicht sehr erwachsen.

Als Brian einschlief, verließ er das Hotelzimmer. Der Rest seiner Gruppe wartete sicherlich schon auf ihn. Sie waren nur wegen der Party und dem Auftritt hier gewesen. Gerard hatte schon immer leicht bewundernd zu dem Anderen herauf gesehen. Für seine Musik und seinen Stil. Außerdem nahm er einfach kein Blatt vor den Mund. Aber eigentlich hatte er sich denken können, dass jeder ausgefallene Mensch auch eine Menge Kehrseiten hatte. Er fuhr sich durch die hellen Haare, als er das Hotel verließ. Diese Begegnung war durchaus interessant gewesen. Wahrscheinlich würde er Placebo an sich nun mit anderen Augen sehen.
 

Seine eigene Band hatte sich in einem Hotel einquatiert, leider nicht in das Gleiche wie Brian, ein kurzer Weg wäre ihm lieber gewesen. Es war etwa zwei Uhr Morgens, als er ankam. Matt war noch wach, fragte, wo er gewesen sei. Aber sie waren alle erwachsene Menschen, die taten was sie wollten, auf seine Erklärung erntete er nur ein „Aha.“, was ihn die Augen verdrehen ließ. Er schmiss sich auf das freie Bett. Tatsächlich waren sie es von ihren Zeiten im Tourbus einfach gewohnt, aufeinander zu klutschen, wenn sie als Gruppe unterwegs waren. Also teilten sie sich ein Zimmer mit mehreren Betten, auch, wenn einer der Runde irgendwie auf dem Teppich eingeschlafen war… Wahrscheinlich hatte er auch irgendwas genommen. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf, hing noch ein Wenig seinen Gedanken nach, bevor er endlich einschlafen konnte. Irgendwann um elf oder zwölf, wenn sie aufstanden, würden sie die heimreise antreten.

Das Grizzly Lied (Casper; Selbstverletzung)

Benjamin stand tief nachts in seinem kleinen Bad und schaute in den Spiegel. Es war fast ganz dunkel. Es brannte kein Licht und es gab kein Fenster, lediglich die Tür stand offen und aus einem anderen Zimmer fiel etwas Licht herein.

Er wohnte allein hier. Hatte zwar früher immer in WG's gewohnt, aber es dann irgendwann doch bis hierher geschafft. Es war nicht viel und auch nicht schön, aber besser Hundeleben, als nichts.

Einer seiner Freunde war bei ihm gewesen. Sie hatten gelacht, Unsinn gemacht und die heile Welt gemimt, wie immer schon. Benjamin tat das Tag ein, Tag aus, mit jedem Menschen und mit der Zeit hatte es auch aufgehört wehzutun. Allerdings war es diesmal etwas anders.

Er kannte diesen jungen Mann, Felix, nun schon gefühlt seit Ewigkeiten. Er hatte das Gefühl, ihn in und auswendig zu kennen. Und.. Er würde gern das Gegenteil behaupten, aber dem war nicht so. Das Problem war nur.. Dass Felix seit Jahren nur sein munteres, unbeschwertes Äußeres kannte. Und wenn er sah, dass sein bester Freund jemand ganz anderes war.. Hatte er wahrscheinlich keinen besten Freund mehr.

An sich war es jah nicht schwer, sich zu verstellen. Zu verstecken. Aber wenn sich dir jemand dermaßen öffnet und du es selbst nicht kannst.. Tut das schon weh.

Jetzt blickte er sich selbst an, konnte sich aber nicht in die Augen sehen. Denn er konnte zu dem Menschen, der ihm nahe stand, nicht ehrlich sein.

"..Wo du sagtest, ich bin ganz weit weg, dacht' ich 'Mann, ich war noch nie näher, gar keinem Menschen, jemals.'..."

Er wich seinem Blick zur Seite aus. Warum er um fast drei Uhr Nachts wach in seinem Bad herumstand? Er konnte nicht schlafen, da ihn die Gedanken quälten. Sein Kopf arbeitete gegen ihn, spuckte Dinge aus, über die er gar nicht nachdenken wollte. Warum war er heute so und da, wo er war? Hätte es anders kommen können? Musste es wirklich so kommen, dass er unfähig war, sich jeh einem Menschen zu öffnen?

"Es wäre Heut' nicht wie es ist, wär' es damals nicht gewesen, wie es war..."

In ihm war es so kalt, so leer. Wann immer er versuchte, etwas von seinem Inneren nach Außen zu kehren, wurde es von den Menschen abgestoßen.

Er hatte schon ein paar Mal darüber geschrieben. Jah, er war Musiker. Rapper, um genau zu sein. Aber viel tat es nicht zur Sache, als was er tätig war... Wenn eh jeder wegsah, sobald er aufschrieb, was er wirklich dachte. Und Felix war auch Musiker. Mit so einer richtigen Band, Kraftklub. Er selbst war nur der Casper mit der kratzigen Stimme, die von kaputten Stimmbändern herrührte.

"Ich wär' gern weniger wie ich... Ein bisschen mehr so, wie du..."

Im Gegensatz zu ihm schien Felix keine Maske zu tragen. Er schien gut klarzukommen. Zufrieden mit seinem Leben. Mit einem Überblick. Auch, wenn er versuchte, sein Leben genau so einfach zu reden, wie Benjamins. Und dafür beneidete er ihn... Irgendwo.

Wenn er den Kopf nicht irgendwie frei bekam, blieben diese Gedanken bis Morgens um sechs, wenn er aufstehen musste. Er hatte alles versucht. Ablenkung durch Fernsehen und social media, Gesellschaft, Alkohol... Aber das Einzige, womit man Schnerz bekämpfen konnte, war Schmerz. Und so kam es zu unzähligen Narben und Schnitten an seinen Unterarmen Oberschenkeln. All die Haut war gefühlt schneeweiß, weil er immer Stoff über diesen Wunden trug. Die Leute würden es eh nur als Schrei nach Aufmerksamkeit abstempeln, aber das war es nicht.

Auch heute setzte er die Rasierklinge wieder an.

Der erste Schnitt, der sich durch seinen linken Arm zog, verursachte ein heftiges Brennen. Ein Ziehen. Ein Gefühl, das stärker war als alles, was sein Körper jeh empfunden hatte. Es durchzog ihn von Oben bis Unten, und obwohl er es noch ganz eindeutig als Schnerz wahrnahm, spürte er jede Zelle seines Körpers so intensiv, dass er sich bewusst wurde, dass es ihn noch nicht von dieser Welt gewischt hatte und dass er noch am Leben war.

Der zweite Schnitt war tiefer. Er verkrampfte die Hand zu einer Faust, um nicht wegzuzucken. Das Lebensgefühl wurde von einem dumpfen Schmerz abgelöst. Langsam verlor er das Gefühl, jeh mehr roter Lebenssaft aus seinem Arm rann. Ein Rinnsal zog sich von seinem Arm herab auf den Waschbeckenrand und bildete dort eine Pfütze, bis sie an das eigentliche Becken stieß und sich ebenfalls wieder ein Rinnsal in das Becken hinab ergoss, wie ein roter Faden.

Das dritte Mal rutschte seine Klinge auf dem eigenen, verschmierten Blut ab. Sie rutschte ihm schräg, tief in die Haut, woraufhin er schmerzverzerrt das Gesicht verzog. Zwischen seinen Lippen kam ein Zischen hervor. Scheiße. Das war etwas zu tief.

Während ihm mehr Blut entrann, als geplant und das Rinnsal am Waschbecken sich immer mehr verbreitete, streckte er die rechte, schon zittrige Hand erneut aus, um die Klinge zu greifen und sich aus dem Fleisch zu ziehen. Allein sie anzufassen, tat höllisch weh. Er musste sich zusammenreißen, um sich einen Ruck zu geben und die Rasierschneide herauszuziehen.

Mit einem Keuchen aus Schmerz verlor er den Halt und landete auf dem Boden. Begrub dabei den blutenden Arm unter sich, verschmierte nun auch noch sich selbst und den Boden. zittrig versuchte er, sich aufzurichten, wollte nach dem Handtuch greifen. Dabei riss er noch den Haken und irgendetwas Anderes mit herunter. Und viel Kraft hatte er nicht mehr, aber mit Mühe hob er seine Brust von dem misshandelten Arm und drückte das Tuch auf eben diesen.

Hin zur Sonne (Casper)

Mit zerzausten Haaren und einer Stimmung des Todes wachte Benjamin am Morgen seines ersten Schultages auf. Und seufzte direkt. Hier war er, zurück in Deutschland, seit zwei Wochen. Sein Stiefvater, in Amerika, hatte ihn zurück zu seiner Mutter geschickt. Er hatte schon mal in Deutschland gelebt… Aber das war einige Jahre her. Sein Deutsch war noch nicht perfekt, aber nahezu. Trotzdem hasste er dieses Land. Abgrundtief. Er hasste die Menschen hier, das Wetter, das Haus. Wenn er könnte, wäre er bei seinem Stiefvater geblieben.

Aber das alles half nichts, um das Aufstehen kam er nicht herum. Somit hiefte er sich aus dem Bett, schleppte sich ins Badezimmer und klatschte sich dort Wasser in das müde Gesicht. Seinen Augenringen half das nicht viel, er fühlte sich nicht besser als vorher. Somit hatte er sich eigentlich nur die Spitzen der langen, braunen Haare nass gemacht.

Nachdem er sich eine Mütze über den Kopf gezogen und in Klamotten geschlüpft war, suchte er sich irgendeine Tasche und schmiss einen Collegeblock und seine Stiftemappe hinein. Dann schlurfte er die Treppe hinunter. Grüßte seine Mutter in schlecht gelauntem Tonfall. Die arme Frau wusste auch nicht mehr, was sie tun sollte.

Im Vorbeigehen schnappte er sich etwas zu Essen vom Tisch, was sie ihm dort hingelegt hatte und verließ das Haus. Er wusste, wo die Schule war, war früher oft daran vorbeigefahren. Besucht hatte er sie noch nicht. Er kramte in seinen Hosentaschen nach Handy und Kopfhörern, aber hatte natürlich beides vergessen. Der Tag fing jah großartig an… Auf seinem Weg zur Bushaltestelle biss er in sein Toast, aß es nur halb auf, schmiss es dann in den nächsten Mülleimer. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er zum letzten Mal etwas ganz aufgegessen hatte.

Der Bus war voller Menschen, er sah schon beim Einsteigen und Ticket kaufen, dass er keinen Sitzplatz mehr bekam. Er hatte noch keine Schülerfahrkarte. Dazu musste noch etwas amtliches geregelt werden, da er erst seit kurzem wieder in Deutschland wohnhaft war. Somit stand er zwischen den Menschen eingequetscht im Bus, konnte nicht mal mehr durch das Fenster sehen, vor all den Menschen und hasste dieses Land.
 

Als er das Gelände betrat, wünschte er sich seine Kopfhörer herbei. Überall redeten Menschen, in einer Sprache, die er nicht mochte. Schauten ihn zum Teil komisch an. Entweder, weil er neu war, oder, weil sie ihn vielleicht von früher kannten. Dieses Land und seine Jugend waren kalt, abweisend. Von Weitem bekam er mit, wie eine Gruppe jugendlicher sich das Maul über einen geschminkten Kerl zerriss. Oh jah, er hasste dieses Land.

Nachdem er eine Lehrerin gefragt hatte, fand er auch endlich seinen Klassenraum. Er blieb auf der Schwelle stehen, es waren schon eine Menge Leute hier. Sein Blick schwiff abwesend durch den Raum. Hier sollte er die nächste zeit seines Lebens verbringen? Die starke Morgensonne fiel durch die Fenster, Boden und Decke waren aus Holz, die Wände in einem angenehmen, hellen Blau. Der Raum war nicht so super ordentlich, wie in Amerika. Hier und da stand eine Topfpflanze, es gab ein Klassenterarium, in dem wohl irgendetwas lebte und an den Wänden hingen ein paar Plakate, die die Klasse wohl in Projektarbeiten gemacht hatte. Es war etwa fünf Minuten vor dem Klingelzeichen und sehr laut. Er sah schon von Weitem zwei Leute, die er fortan am anstrengendsten finden würde. Einer blond, der andere dunkelbraun haarig, und beide schlugen sich wegen irgendwas die Köpfe ein.

„Peter! Yasha! Dass ihr mir den Klassenraum heile lasst!“ Rief eine Stimme von vorn. Es war die Lehrerin und Benjamin beschloss, sich von ‚Peter‘ und ‚Yasha‘ fern zu halten. Er trat zu ihr um zu fragen, wo er sich hinsetzen sollte. Da es dann aber auch schon klingelte, ließ sie es sich nicht nehmen, nach Ruhe zu rufen. Natürlich blickten dann alle nach vorn und er stand im Mittelpunkt. Ganz super… Er senkte den Kopf ein wenig, wodurch er den Blick in sein Gesicht mit Haaren versperrte.

You think, you know me? (Placebo x Gary Washington)

1. Seriously, I can walk by myself.
 

Ein Blick in den Himmel zeigte, dass es wahrscheinlich bald regnen würde. Die Wolkendecke über den Köpfen der Menschen war dick und grau. Einer dieser vielen Menschen war Brian, der grade aus einem Gebäude trat. Er befand sich fast im Zentrum einer Stadt und somit waren eine Menge Menschen unterwegs, aber außer ihm hob niemand den Blick.

Wie viele Menschen auf dieser Welt gab es, die überhaupt fähig waren, einen kurzen Moment inne zu halten? Die meisten waren einfach viel zu sehr auf ihr eigenes Leben fixiert, da sie damit genug Probleme hatten. Aber, nur um das festzuhalten, die hatte Brian auch, eine ganze Menge sogar. Trotzdem kam es ab und an vor, dass er für ein paar Sekunden stehenblieb.

Was suchte er hier, in einer deutschen Stadt? Gute Frage, denn eigentlich war er ein englischer Musiker. Einen teil seiner Kindheit hatte er aber in anderen Ländern verbracht, diesem, unter Anderen. Heute war er auf der Jagd nach alten Erinnerungen. An Dinge, die er längst vergessen hatte. Stefan und den Rest seiner Crew hatte er für ein paar Wochen zu hause gelassen und flog durch die Weltgeschichte.

Hier, in dieser Stadt, war er gewesen, mit seiner Mutter. Ein paar Mal öfters. Er schlang den geöffneten Mantel um sich und blickte die Stufen vor sich herab. Der Eingang zum Bahnhof, an dem er angekommen war, lag erhöht. Er beschloss, dass er lange genug innegehalten hatte, zog die kalte Luft ein und hob eine Tasche auf, die er neben sich abgestellt hatte. Schulterte diese und trat die Treppen herunter, wobei ein Windstoß aufkam und ihm von vorn entgegen blies. Wischte ihm die Haare aus dem Gesicht, blähte den schwarzen, schlichten Mantel auf. Irgendwo blieb jemand stehen, um dies eines verwunderten Blickes zu würdigen, aber Brians Weg führte über den großen Platz hinweg, zu der Tram Haltestelle des Bahnhofes.
 

Er fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, als er das Hotel verließ. Strich sie sich hinter das Ohr. Er hatte Heute tatsächlich eine Menge gesehen. Sich an Dinge erinnert, die er tot geglaubt hatte. Sogar eine Kindheitsfreundin wiedergetroffen. Sein Werk in dieser Stadt war getan und darum sollte es auch morgen Nachmittag weitergehen. Nun war es dunkel, er hatte nichts mehr zu tun. Hatte geschrieben, bis ihm die Inspiration ausgegangen war.

Sein Deutsch war schlecht und eingerostet, aber vielleicht konnte er sich jah trotzdem etwas unter die Leute mischen. Sich amüsieren, jemand nettes finden, den er öfters in Deutschland besuchen konnte. Denn so unschön fand er dieses Land gar nicht. Besonders diese Stadt nicht. Er mochte den Wind hier, die graue und triste Atmosphäre. Trotzdem war es kein Trauerspiel, die Menschen lebten ihr Leben und machten das Beste draus.

In seinem Stoffmantel, darunter Rollkragenpulli und sehr faltige Skinny Jeans, alles in Schwarz, lief er die Straße herab. Er hatte sich sagen lassen, dass ein paar Ecken weiter eine Bar war. Dort sei immer etwas los. Ihm war nicht danach, sich in irgendein Gebäude mit ohrenbetäubend lauter Musik zu mischen. Heute mal nicht. Vielleicht fühlte er sich dazu langsam zu erwachsen. Nein, es war doch viel angenehmer, ein Glas Wein in der Hand zu halten und sich entspannt zurück zu lehnen, ruhig mit jemandem zu reden, ohne brüllen zu müssen, weil man das eigene Wort nicht verstand.
 

So ein Club war auch fast gegenüber der Bar, zu der er wollte. Als er ankam, lief er, aus Gewohnheit, auf der linken Straßenseite. In Deutschland war das falsch, da fuhren auch die Autos auf der rechten Seite. Es gab schon verwirrende Dinge… Aber sein Ziel lag auf der anderen Straßenseite, wie er feststellte. Nur erreichte er es nicht allzu schnell.

Er wartete an der Straße, bis eine Lücke war. Zumindest solange, bis er hinter sich eine laute Stimme hörte. Irritiert wandte er sich um. Da wurde nämlich grade jemand aus eben diesem Club geschmissen. Ein junger Mann mit Mütze und weißer Brille, der irgendwie nicht aussah, als würde er es noch nach hause schaffen. ‚Armer Kerl...‘ dachte sich Brian. Als junger Teenager hatte er auch so einige Momente gehabt, in einer verdammten Tiefphase. Aber irgendwann war auch er da heraus gekommen. Irgendwie bekam er sein Leben immer auf die Reihe, sonst wäre er nicht hier.

Der Typ strauchelte, drohte zu fallen. Also ließ Brian letztendlich von seiner Straße ab und hielt ihn am Arm. „Vorsicht.“ Meinte er. „Fall nicht..“ Er hoffte, dass er die deutschen Worte richtig aussprach Er hatte sie sooo lange nicht mehr benutzt.

Der junge Mann hielt sich an Brians Arm fest, wandte ihm den Blick zu. Dicht, eindeutig dicht. Aber sowasvon. Er schaute ein paar Sekunden durch die Brille hindurch in das, recht blasse, Gesicht seines Retters. Dann begann er, ihn anzubaffen. „Was fällt dir eigentlich ein, mich anzufassen? Guck dich doch mal an, du bist nicht mal ein richtiger Kerl!“

Er schreckte zurück. Huch! Welche Laus war dem denn über die Leber gelaufen. Auch wenn er nicht gut sprechen konnte, er verstand eindeutig, was der Andere ihm sagte. Als er antwortete, wechselte er ins Englische. Auf die Schnelle bekam er keinen guten, deutschen Satz zu Stande. „Listen. I just saved you from trippin‘. If I let go of you, you wouldn‘t even be able to stand by yourself. Do you always treat your saviours like that?/ Hör‘ mal. Ich habe dich grade davor gerettet, auf die Fresse zu fallen. Wenn ich dich loslasse, könntest du nicht einmal alleine stehen. Behandelst du deine Retter immer so?“

Die Antwort ließ auf sich warten. Währenddessen versuchte Brian, zu entschlüsseln, was wohl im Kopf des Anderen vorging. Immerhin sah seine Brille von Nahem aus, wie eine Plastikbrille ohne Stärke. Wer trug denn sowas? Auch war er sich nicht sicher, ob der Andere überhaupt englisch kannte. Er war, besonders hier in Deutschland, ein paar mehr Leuten von dieser Sorte begegnet. Besonders jüngere, die die Sprache eigentlich in der Schule lernen sollten.

„Ey, ich hab‘ dich nicht darum gebeten, mir zu helfen!“ Wurde Brian mit einem Mal, recht verzögert, entgegen gekeift. Oh, der junge Herr konnte immerhin schonmal Englisch verstehen!

„Ich kann sehr gut alleine stehen, siehst du!“ Sagte er und riss dem Schwarzhaarigen seinen Arm weg. Er machte einen Schritt, schwankte und hielt sich an der Hauswand. Währenddessen verschränkte der Andere die Arme und beobachtete ihn. Eindeutig, der war total fähig, allein nach Hause zu laufen. „Hey, I can help you get home without breaking your feet, but I won‘t do that for someone who thinks he can treat me like sh*t. So you‘d better be a bit friendlier or I‘ll be gone in a second./ Hey, ich kann dir helfen, nach Hause zu kommen, ohne deine Füße zu brechen. Aber ich tue das nicht für jemanden, der meint, er kann mich wie Schei*e behandeln. Also solltest du besser etwas freundlicher sein, oder ich bin schneller weg, als du gucken kannst.“

Sein neuer Freund schaute ihn einen kurzen Moment lang missmutig an. Vermutlich wog er grade seine Chancen ab, allein nach Hause zu kommen. Falls er dazu nicht schon zu betrunken war. Naja, jedenfalls standen seine Chancen schlecht.

„...Gary. Und du?“
 

2. When you don't need nobodys help.
 

Als Brian die Augen aufschlug, war es noch dunkel draußen. Er war auch nicht von allein aufgewacht. Schuld war ein nerviges Pipsen, das unter der Bettdecke erklang. Er hob seinen Arm und betrachtete seine Armbanduhr, die fünf Uhr Morgens zeigte und solch einen Terror veranstaltete. Er drückte einen Knopf, der sie verstummen ließ und schlug dann die Bettdecke zur Seite, um sich aufzusetzen.

Er befand sich wieder im Hotel. Wäre er mit seiner Gruppe gereist, sie hätten es sich nicht nehmen lassen, in einem Luxushotel einzuchecken. Brian aber war allein und aus persönlichen Gründen hier. Folglich handelte es sich um das simpelste Hotel, was er hatte finden können. Er verstand auch, ehrlich gesagt, nicht, warum ein Luxushotel so viel besser war. Von dem Raum sah man sowieso nicht viel, denn man besuchte jah kein Hotel, weil man sich den Raum angucken wollte..

Sein Blick fiel auf die andere Seite des Bettes und tatsächlich- da lag jemand. Brian musste ein wenig schmunzeln und den Kopfschütteln. Er hatte gestern Abend wirklich versucht, den jungen Deutschen nach Hause zu bringen, aber.. Das war viel zu weit weg gewesen. Also hatte er ihn mitgenommen. Und der junge Mann, namens Gary, war auch noch in Klamotten eingeschlafen.

Brian hate nun nichts anderes vor, als ihn möglichst wenig zu beachten und sein Ding machen zu lassen. Er würde bestimmt gehen, sobald er aufwachte. Außerdem fuhr Brian jah auch schon um elf wieder.

Jetzt jedoch stand er erstmal auf, um in der Schublade des Nachtschrankes zu wühlen, bis er eine Packung Tabletten fand. 'Psychopharmaka' sagte die Aufschrift. In seinem Fall unterdrückten sie Wahnvorstellungen. Er löste zwei Taböletten aus der Packung und sah sich um, bis er eine Flasche Wasser fand, wie sie in Hotels immer so freundlich hingestellt wurden.

Er lehnte sich an die Kommode, auf der die Flasche stand und griff nach ihr, um den Deckel abzuschrauben. Dabei warf er einen weiteren Blick auf den noch Fremden und aus dem Fenster. Sein bester Freund und Bandkollege Stefan würde ihn vermutlich auslachen, wenn er ihm erzählte, dass er einen streunenden Hund mitgenommen hatte. Mit einem Kopfschütteln steckte er sich die Tabletten in den Mund und nahm einen großen Schluck aus der Flasche.
 

Mit dem Schlaf war es vorbei, seit seine Armbanduhr ihn geweckt hatte. Er hatte das Fenster geöffnet und saß mit Block und Stift auf dem Fensterbrett. Schon seit er klein war, war es eine Angewohnheit, nach allem, was er erlebte, dies Beides zu Rate zu ziehen und aufzuschreiben, was ihm durch den Kopf ging und manchmal wurde ein Lied daraus. Das war etwas, was er schon früh gelernt hatte. Von einer netten Psychaterin, zu der seine Eltern ihn geschickt hatten, als sie Probleme mit ihm bekame.

Um diese Uhrzeit war es fast noch dunkel und diesen Ausblick fand er recht schön, machte sich auch nichts daraus, dass es ziemlich frisch war. Auch diese Stille und Ruhe waren ein Grund, aus dem er seine Reise angetreten hatte. Ständig wollte jemand etwas von ihm.. Aber so war wohl das Leben, wenn man sowas wie berühmt war, richtig?

Mit seiner ach so geliebten Ruhe war es ziemlich schnell vorbei, als er hinter sich etwas hörte und als er sich umblickte, konnte er sehen, wie sich der Andere ausetzte. Der junge Mann fuhr sich durch die Haare. Er hatte im Schlaf wohl seine Mütze verloren. Auch die verrutschte Brille richtete er, ehe er sich stirnrunzelnd umblickte. Offensichtlich hatte er einen Filmriss und erinnerte sich nicht daran, wie er hier hergekommen war.

Sein Blick wurde noch eine Nummer skeptischer, als er einen jungen Mann auf dem Fensterbrett sitzen sah, der ihm einen Blick entgegen warf. Erneut fasste Gary sich an den Kopf und versuchte, sich wieder in den Kopf zu rufen, was Gestern passiert war.

Er erinnerte sich, wie er das Haus verlassen hatte, in der Absicht, sich irgendwo zuzukippen und vielleicht jemanden abzuschleppen, in der Hoffnung, zu vergessen. Und das hatte scheinbar echt gut geklappt. Dunkel erinnerte er sich auch, wie er in einem Club von irgendwelchen Leuten angepöbelt wurde, weil er jemanden an den Arsch gefasst hatte. Dann der Wurf aus dem Club, weil aus der Sache eine riesige Diskussion mit Geschreie geworden war und mit einem Mal dieses blasse, schmale Gesicht mit diesen klimpernden Wimpern und schwarzen, losen Locken.

Die Stimme des Anderen riss ihn aus den Gedanken "Oh, so you're awake? Don't mind me, I'll be gone soon. You should be too, the room's only reversed till elefen AM./ Oh, du bist wach? Kümmer dich nicht um mich, ich bin eh bald weg. Solltest du auch, das Zimmer ist nur bis elf reserviert."

Da Gary sich nicht an viel von gestern Abend erinnerte, wunderte er sich erneut darüber, auf Englisch angesprochen zu werden, nahm es aber einfach hin. Mit einem Murren ließ er sich sogar zu einer Art Gespräch herab. "So what, you picked me up? I didn't ask for help, dumbass./Also wie, du hast mich mitgenommen? Ich habe nicht um Hilfe gebeten, Trottel."

Brian konnte nicht anders, als amüsiert darüber zu lachen. Er fand es erstaunlich, wie jemand nichtmal 'Danke' sagen konnte. Immerhin wäre er wahrscheinlich in einem Straßengraben gelandet, wenn er es nicht getan hätte. "I'll keep it in mind for next time./Ich merk's mir für nächstes Mal." Sagte er, mit einem Kopfschütteln. "You're hilarious, you know that? If you can't even admit that you needed help.. Well, whatever, do as you want!/Du bist urkomisch, weisst du das? Wenn du nicht einmal zugeben kannst, dass du Hilfe brauchtest.. Naja, wie dem auch sei, mach was du willst!"
 

Gary blieb noch einen Moment, bevor er ging. Er wollte sich die Zeit nehmen, den Anderen noch etwas genauer zu betrachten. Er wusste seinen Namen nicht, falls er in genannt hatte, erinnerte er sich nicht mehr. Auch hatte der junge, englische Mann sich abgewandt und kehrte ihm wieder den Rücken zu.

Er konnte nicht wirklich nachvollziehen, was den Kerl dazu bewegt haben könnte, ihn aufzusammeln. Er selbst sah sich nur als ein abgewracktes Stück Dreck. Und anders verhielt er sich auch nicht.

Sein Blick blieb auf den schwarzen Hinterkopf gerichtet. Dieser Mann sah so feminin aus. Nicht nur, weil er gestern Abend geschminkt gewesen war und lange Haare hatte, seine ganze Atsstrahlung hatte etwas feminines. Seine Sprachmelodie, die Art, wie er ihn angesehen hatte.

Feminin, aber nicht unbedingt weiblich. Nur eben etwas weicher, als die meisten Männer. Ach Gott, war das schwer zu erklären. Besonders für Gary, der keine Ahnung hatte. Er hatte solche Kerle schon öfters in Bars gesehen, sich aber immer von ihnen ferngehalten. Jetzt aber stand er einem gegenüber und runzelte die Stin, weil er versuchte, sein Wesen zu erfassen und zu verstehen und außerdem war er sich verdammt sicher, diesen Kerl zu kennen. Ihm wollte nur nicht einfallen, woher.

Aber lange genug, um das herauszufinden, konnte er nicht bleiben, ohne weich zu wirken. Er wollte die Hilfe des Anderen nicht annehmen, sich auf keinen Fall weiter mit ihm unterhalten. Mit niemandem. Und da er keinen Grund hatte, sich länger hier aufzuhalten, war er gezwungen, sich seine Mütze und Schuhe zu nehmen und schweren Herzens das Hotelzimmer zu verlassen.

Aber aus dem Kopf ging ihm der junge Mann nicht.



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