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Der Seelenräuber-Krieg

[Sticy / Stingue & NaLu]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen - eigentlich war etwas ganz anderes geplant. Ich wollte in den letzten beiden 16er-Wochen eigentlich ein paar kleinere OS für ein paar bereits existierende Projekte schreiben, aber ganz gewiss wollte ich kein neues Projekt aus dem Boden stampfen. Aber das hier hat sich einfach aufgedrängelt. Ich war quasi machtlos ID"

Egal... Der Upload hier wird sehr unregelmäßig erfolgen. Gut möglich, dass es hier manchmal sogar über mehrere Monate Pausen gibt, ich habe einfach zu viele andere Projekte in Arbeit. Ich wollte es hier nur nicht so wie bei einigen anderen Projekten handhaben, die ich erst hochladen will, wenn sie fertig sind - denn dann würde das Projekt erst in einigen Jahren online kommen.

Für die gesamte Fic gilt: Sie ist blutig, gewalttätig, anzüglich und sehr politisch. Das gesellschaftliche Umfeld ist bewusst sexistisch/homophob gesetzt. Aber Achtung! Damit will ich keine politische Diskussion befeuern oder gar selber vom Zaun brechen. Diese Story lebt von diesem Setting und muss/will genau so erzählt werden. Es geht mir hier um eine authentische Atmosphäre und für die werde ich zuweilen auch radikal vorgehen. Wer das nicht verträgt, sollte die Fic vielleicht doch nicht lesen.

Allen anderen wünsche ich viel Spaß und ich würde mich sehr über Kommentare freuen!

LG
Yosephia Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Noch einmal eine Warnung! Der Anfang dieses Kapitel ist sehr blutig! Das ist nichts für zarte Gemüter!
Und die Grundstimmung der Fic wird auch so bleiben, bitte beachtet das.
Liebe Freischalter: Bitte sagt' mir einfach Bescheid, wenn ich solche Kapitel auch schon als Adult markieren muss, dann werde ich die Fic einfach generell als Adult markieren.

Viel Spaß beim Lesen und vielen Dank im voraus für jeden Kommentar!

LG
Yosephia Komplett anzeigen

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Bünde und Schwüre

Der Hochzeitsmantel war lang und schwer – viel schwerer, als Lucy es sich jemals vorgestellt hatte. Er bestand aus reinweißem Stoff mit hellblauen Stickereien, die am Rücken das Wappen des Hauses Heartfilia bildeten: Ein zwölfzackiger, blauer Stern auf weißem Feld. Geschlossen wurde er von einer kostbaren, silbernen Brosche, die ebenfalls das Wappen der Heartfilias trug. Ein Wappen, das Lucy schon bald ablegen würde.

Wortlos betrachtete Lucy ihr Abbild im kostbaren, mannshohen Silberspiegel, dessen goldener Rahmen Blatt- und Blumenornamente trug. Unter dem Hochzeitsmantel trug sie der Tradition gemäß ein blaues Kleid. Blau, die Farbe des Kindes, die Farbe der Unschuld und der Jugend. Die Ärmel hingen bis zum Boden und waren mit kostbaren Stickereien in einem dunkleren Blauton besetzt, das Mieder trug feinste Spitze und brachte die vollen Brüste gut zur Geltung. Zu gut für Lucys Geschmack. An diesem Kleid war nur die Farbe unschuldig. Um die Taille war ein rotes Seidenband geschlungen. Rot, die Farbe der Mutter, die Farbe des Lebens und der Liebe.

Lucys Haare fluteten offen über die schmalen Schultern und den Hochzeitsmantel. Ein letztes Mal, denn nach der heutigen Nacht würde Lucy sich in der Öffentlichkeit immer mit züchtig gezähmten Haaren präsentieren müssen – obgleich die Definition von züchtiger Zähmung heutzutage Auslegungssache war. Viele gebundene Frauen ließen es bei der Gestaltung ihrer Haare kaum an Extravaganz mangeln, denn die Sittenbücher schrieben ja nur vor, dass die Haare nicht offen sein durften. Eine einfache Hochsteckfrisur wie bei Lucys Mutter galt in heutigen Damenkreisen als langweilig, geradezu ärmlich.

„Prinzessin…“

Lucy hob den Blick, bis sie im Spiegel ihre Leibdienerin Virgo hinter sich erkennen konnte. Die Miene der jungen Frau war angespannt, die Hände waren zwar sorgsam gefaltet, doch die Fingerknöchel stachen weiß hervor, der Rücken war beinahe unnatürlich gerade.

„Es ist Zeit, Prinzessin. Euer Vater wartet vor der Tür.“

„Danke, Virgo… Danke für alles, was du bis hierher für mich getan hast… Es…“ Lucy ließ den Satz in der Luft hängen und rang für einen Moment mit den Händen.

Zehn Jahre lang war Virgo ihre getreue Dienerin gewesen, hatte sich stets geduldig und umsichtig um die junge, übermütige Prinzessin ihres Landesherrn gekümmert. Der Tag der Trennung war immer voraus zu sehen gewesen. Nach der Verbindung erhielt eine Frau stets eine neue Leibdienerin aus dem Gefolge ihres Mannes. So wurde heutzutage das siebenten Kapitel der Sittenbücher ausgelegt, laut welchem der Mann in allen Dingen für seine Frau zu sorgen hatte.

Doch Lucy hatte immer angenommen – und sie war sich sicher, dass es Virgo dabei nicht anders ging –, dass der Tag des Abschieds ein glücklicher sein würde. Lächelnd sollten sie hier stehen, Lucy voller Vorfreude, Virgo voller Stolz. Vielleicht hätten sie einander sogar umarmen sollen…

„Danke…“, sagte Lucy nur und drehte sich herum.

„Es war mir eine Ehre, Prinzessin“, erwiderte Virgo, ihre Stimme ruhig und doch wieder nicht. Sie trat beiseite, um Lucy den Weg zur großen Eichenholztür frei zu machen.

Gemessenen Schrittes ging Lucy an ihrer Dienerin vorbei zur Tür. Mit der Hand an der Klinke zögerte sie. Ein zittriger Atemzug. Ein weiterer. Ihre Hand bebte über dem ornamentierten Messing in Form eines Säbelzahntigers. Wilde, unaussprechliche Gedanken jagten durch Lucys Kopf. Wenn sie die kostbaren Brokatvorhänge an den Fenstern alle zusammenband, reichte es dann, um aus dem Fenster nach unten zu klettern? Oder sollte sie sich krank stellen, um das Unvermeidbare aufzuschieben? Sollte sie ihren Vater anflehen, mit ihr zu fliehen? Sollte sie sich vor dem Altar vor aller Augen weigern?

Lucy rief sich das Gesicht ihrer Mutter in Erinnerung. Ihr sanftes Lächeln, so voller Güte und Wärme. Die großen, braunen Augen mit dem lebendigen Funkeln, die Lucy von ihr geerbt hatte und in deren Augenwinkeln sich feine Lachfältchen sammelten. Das hellblonde Haar, das stets schlicht und doch elegant nach oben gebunden war. Das Amulett mit dem Wappen Heartfilias um den Hals.

Doch in das Bild schlichen sich Fehler: Ein ungesund blasser Hautton. Wie für ein kindliches Staunen halb geöffnete Lippen. Tiefe Schatten unter den Augen. Eine teilnahmslose Leere in den Augen. Anzeichen der Gefangenschaft, aus der es kein Entrinnen gab…

Ein weiterer zittriger Atemzug, dann drückte Lucy die Klinke herunter und stieß die Tür auf. Im Vorraum wartete ihr Vater, gekleidet in den vollen blau-weißen Staatsornat des Hauses Heartfilia. Quer über seine Brust verlief die gelbe Schärpe des Brautvaters. Gelb, die Farbe des Vaters, die Farbe der Vernunft und des Rechts. In sein gütiges Gesicht hatten sich tiefe Sorgenfalten gegraben und seine Haare wirkten grauer als früher. Auch seine Haltung war unnatürlich gerade und sein angedeutetes Lächeln wirkte beinahe schmerzhaft.

„Du siehst aus wie deine Mutter an unserem Hochzeitstag“, erklärte er leise und strich Lucy eine Strähne aus der Stirn. Für einen Moment gab sein Blick ganz offen all die Verbitterung zu erkennen, die ihn quälte. „Ich habe mir diesen Tag ganz anders vorgestellt…“

„Bitte quäl’ dich nicht, Vater“, widersprach Lucy und ergriff die Hände ihres Vaters. „Ich weiß, wofür ich das tue.“

Für einen Moment schien Jude dennoch dazu anzusetzen, etwas zu sagen. Schiere Verzweiflung stand ihm ins Gesicht geschrieben und seine Hände zuckten in Lucys, klammerten einige Herzschläge lang krampfhaft, wurden dann schlaff, klammerten wieder. Mit einem müden Seufzen entwand Jude schließlich seine Finger und nahm Lucys Gesicht in beide Hände, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben.

Dann bot er ihr den Arm an und sie hakte sich unter, um sich von ihm durch die opulenten Korridore führen zu lassen, deren Wände abwechselnd von riesigen Wandteppichen und atemberaubenden Mosaiken geziert wurden. Auf ausnahmslos allen waren Szenen aus den Büchern der Vier zu erkennen.

Eines der Prunkstücke, das Lucy schon auf ihrem Weg in das ihr zugewiesene Gästequartier aufgefallen war, zeigte auf einem Wandteppich die Geburt der Ersten. Der Mann in seiner dunklen Robe und mit den schwarzen Haaren, dessen Augen voller Ruhe und Ernst waren. Die Frau mit ihren langen, blonden Haaren und der weißen Robe ein völliger Gegensatz, ihre blaugrünen Augen voller Leben und Hoffnung. Sie standen Hand in Hand auf einem Felsvorsprung und blickten auf das Wilde Land hinunter, unberührt und urtümlich.

Die Kunstwerke kündeten von einer ausgesprochenen Feinsinnigkeit und Frömmigkeit des Hausherren und einer treu gepflegten Familientradition. Unvereinbar mit dem, was tatsächlich hier vor sich ging.

Zwischen den Wandteppichen und Mosaiken waren Pilaster, an welchen goldene Laternenhalter angebracht waren, auch diese mit stilisierten Säbelzahntigern verziert, dem Wappentier des Hausherrn.

Am Ende des Gangs wartete eine marmorne Treppe, die nach unten in einen kleinen, ähnlich edel und geschmackvoll gestalteten Empfangssaal führte, welcher mit gemütlichen Sofas und kleinen Tischen zum Verweilen einlud.

Am Fuß der Treppe stand die Dienerschaft des Hauses Heartfilia. Keiner von ihnen verlor auch nur ein Wort. Sie alle blickten Lucy nur entgegen und sie zwang sich, jedem einzelnen ins Gesicht zu schauen. Ihrem Lehrmeister Crux. Dem Hausverwalter Horologium. Der Gouvernante Aquarius. Der Hofschneiderin Aries. Dem Schwertmeister Capricorn und seinem Adjutanten Scorpio... Im Gedanken nahm sie von ihnen allen Abschied und dankte ihnen für die schöne Kindheit, die sie ihr im Haus Heartfilia ermöglicht hatten.

Als Lucy an allen vorbei war, bemerkte sie ihren Bruder Loke, wie der gemeinsame Vater mit dem Staatsornat angetan, allerdings ohne Schärpe. Seine muskulösen Schultern brachten die kunstvollen Rüstungselemente besonders gut zur Geltung. Geschmälert wurde dieses Bild jedoch von der Schlinge, in welcher der rechte Arm hing, und von den verzerrten Gesichtszügen. Das früher so charmante, leutselige Lächeln war einem bitteren, hasserfüllten Zug gewichen, der Lucy beinahe das Herz brach. Loke hatte an der Spitze der Soldaten für die Freiheit des Hauses Heartfilia gekämpft, hatte Leib und Leben riskiert und sogar beinahe tatsächlich letzteres verloren. Dass seine Opfer vergebens waren, war für Lucy fast das Schlimmste an all dem hier…

Wortlos bot Loke ihr den linken Arm an und Lucy hakte sich auch bei ihm unter, sodass sie nun gleichermaßen von Vater und Bruder aus dem Gebäudekomplex für die Gäste heraus geführt wurde. Es war ein Bruch mit der Konvention, der zufolge nur der Hausvorsteher die Braut übergeben sollte, aber weder Lucy noch Jude protestierten dagegen. In Wahrheit brauchten sie Beide das wohl sogar.

Sie traten auf den Innenhof des weitläufigen Palastkomplexes hinaus und wandten sich nach links, wo das Vierhaus auf sie wartete, ein steinerner, quadratischer Klotz, weitaus älter und weitaus schmuckloser als alle anderen Gebäude, aber eben deshalb voller Erhabenheit. An jeder Ecke des Gebäudes ragte ein quadratischer zehn Mannslängen hoher Turm auf, dessen spitze Dächer mit den Farben der Vier geziegelt waren. Im Osten Gelb für den Vater. Im Westen Rot für die Mutter. Im Süden Blau für das Kind. Und im Norden Schwarz für den Ewigen. Zwischen diesen Türmen ragte die perfekte Kuppel des Vierhauses auf. Ein Kunststück der Architektur, dessen Geheimnis vor vielen Generationen verloren gegangen war. Dieses Gebäude war ein Relikt aus einer anderen Zeit, in der die Häuser noch gar nicht existiert hatten.

Vier Novizen – einer aus jedem Orden – standen an der riesigen Flügeltür bereit und öffneten diese, als Lucy und ihre Begleiter heran nahten. Ohne im Schritt inne zu halten, gingen sie ins Innere des Vierhauses, in dessen Zentrum der Altar direkt unter der Öffnung in der Kuppel stand und so von Sonnenlicht überflutet wurde. Die Hohepriester aller vier Orden standen an den vier Ecken des Altars.

Um den Altar herum hatten sich die Gäste aufgestellt. Edle Damen und Herren großer und niederer Häuser, berühmte Gelehrte, reiche Händler. Lucy kannte nur wenige von ihnen, denn sie alle gehörten zu jener Sorte Menschen, mit denen ihre Eltern nur äußerst selten diplomatische oder wirtschaftliche Beziehungen gepflegt hatten. Sie war fernab dieser Gesellschaft aus Falschheit und Gier aufgewachsen. Die wenigen bekannten Gesichter wirkten nur mühsam beherrscht, als fiele es ihnen schwer, all das hier zu ertragen. Genau wie Lucy waren sie nicht freiwillig hier. Versklavt von unsichtbaren Ketten.

Die vielen sensationslüsternen Blicke ekelten Lucy an, aber sie gemahnte sich selbst zur Ruhe und schritt zwischen ihrem Vater und ihrem Bruder den Mittelgang entlang bis zum Altar, vor welchem zwei Männer warteten.

Der eine war bullig – man konnte es kaum noch muskulös nennen – und braun gebrannt und trug das weiße Haar zu einem dicken Zopf geflochten, während der Bart die untere Gesichtshälfte bedeckte. Seine Augen unter den dicken Augenbrauen waren wie zwei Brunnen aus reiner Grausamkeit. Gekleidet war er in den schwarz-gelben Staatsornat des Hauses Orland. Über seine Brust verlief das schwarze Band, das ihn als Zeremonienzeugen für die heutige Trauung auszeichnete. Schwarz, die Farbe des Ewigen, Die Farbe der Ordnung, der Seele und des Todes.

Der andere Mann war jung, so wie Lucy am Ende seiner zweiten Dekade oder vielleicht auch schon am Anfang seiner dritten Dekade, und gekleidet in die blaue Robe des Bräutigams, um seine Taille das gelbe Seidenband geschlungen. Über seinem rechten Arm hing der ebenfalls weiß-blaue Bundesmantel mit dem gefiederten, blauäugigen Drachen seines Hauses auf dem Rücken.

Seine Gesichtszüge waren ein Kunstwerk der Schöpfung, edel und feinsinnig, aber doch maskulin und auf anziehende Weise kantig. Seine rechte Augenbraue wurde von einer feinen, schrägen Narbe gespalten und die blonden Haare hingen ihm verwegen ins Gesicht. An seinem linken Ohr hing ein kristallförmiger Ohrring – und anders als bei vielen anderen Männern von Stand unterstrich dieses Detail seinen Nimbus von Makellosigkeit und Verwegenheit noch, anstatt ihn affektiert wirken zu lassen.

Für Lucy waren es jedoch vor allem seine kobaltblauen Augen, die sie fesselten. Auf dem ersten Blick waren sie ruhig und gleichmütig, ließen sogar beinahe Desinteresse an den Ereignissen erahnen, aber Lucy vermeinte, darin ein Funkeln ganz anderer Art zu erkennen. Ein Funkeln, das tief in ihrem Inneren einen Widerhall fand.

Drei Schrittlängen vor dem Altar blieben die drei Mitglieder des Hauses Heartfilia stehen und der Zeremonienzeuge hob beide Hände gen Himmel und intonierte mit einer rauen Stimme, die eigentlich gar nicht für lange Reden geeignet war, den Beginn der Zeremonie: „Ich bin Jiemma aus dem Hause Orland, Zeremonienzeuge für diese Verbindung. Wer übergibt die Braut?“

Sein grausamer Blick fixierte Jude und Lucy drückte unwillkürlich den Arm ihres Bruders, damit er schwieg, während ihr gemeinsamer Vater der Tradition gemäß antwortete: „Ich bin Jude aus dem Hause Heartfilia und ich übergebe meine Tochter Lucy in ihr neues Haus und an ihren Gatten.“

Es fiel Lucy unendlich schwer, aber sie löste sich sowohl von ihrem Vater als auch von ihrem Bruder und überwand dann den letzten Abstand, bis sie direkt neben dem blonden, jungen Mann stand, dessen Blick nun starr auf Jiemma gerichtet war.

„Und wer nimmt diese Braut an?“

Der Blonde erhob seine Stimme. Sie war tief und angenehm, eine schöne Singstimme und doch anregend maskulin. Wenn die Dinge einen anderen Verlauf genommen hätten, so dachte Lucy für einen Moment überrascht, hätte sie sich sogar in diese Stimme verlieben können.

„Ich bin Sting aus dem Haus Eucliffe und ich nehme diese Braut in mein Haus und als meine Gattin auf.“

Ohne Aufforderung streckte er danach seine linke Hand nach vorn und Lucy legte ihre rechte Hand folgsam auf seine, damit Jiemma ein vierfarbiges Band um ihre Hände schlingen und die alten Gelübde vorbeten konnte. Gehorsam wiederholte Lucy jedes einzelne, obwohl alles in ihr am liebsten heraus schreien wollte, was für eine widerliche Lüge all das hier war.

Als das Band wieder von ihren Händen genommen wurde, wandte sie Sting den Rücken zu und löste die Brosche an ihrem Hals. Behutsam nahm er ihr den Hochzeitsmantel von den Schultern und übergab ihn Jude, der damit mit starrer Miene neben seinen unverhohlen wütenden Sohn zurücktrat. Danach legte Sting ihr den Bundesmantel über und befestigte ihn mit einer silbernen Brosche in Form eines gefiederten, nach oben steigenden Drachens.

„Lucy aus dem Haus Eucliffe, drehe dich zu deinem Gatten um und besiegel’ euren Bund mit dem Zeichen deiner Hingabe. Hier und jetzt, vor all den Zeugen und unter dem Dach der Vier“, sprach Jiemma seinen letzten Einsatz.

Langsam und stockend drehte Lucy sich zu Sting herum und blickte zu ihm auf. Ihre Kehle war auf einmal trocken und sie musste dem Drang widerstehen, ihre schwitzigen Finger an ihrem Kleid abzuwischen. Vor ihrem inneren Auge drohte ein Bild aufzutauchen. Ein anderes Männergesicht, etwas breiter, umrahmt von wirren, pinken Haaren und mit einem abenteuerlustigen Grinsen, das bis in die dunklen Augen hinauf reichte…

Mit aller Macht rief Lucy sich wieder das Gesicht ihrer Mutter in Erinnerung und trat den letzten Schritt nach vorn, bis sie so nahe vor Sting stand, dass sie nur noch sein Gesicht sehen konnte. Tief Luft holend legte sie den Kopf leicht in den Nacken und schloss die Augen in Erwartung des besiegelnden Kusses…
 

Zitternd trat Lucy in das Schlafgemach hinein, die Arme vor den Brüsten verschränkt, die vom durchscheinenden Stoff des Bluthemdes kaum verborgen wurden, das ihr übergezogen worden war, nachdem man sie all ihrer Kleider entledigt hatte.

Sie hatte bisher nur einer einzigen Hochzeit beigewohnt. Diese war wesentlich weniger förmlich gewesen. Auf die Gelübde war kein opulentes Bankett mit unzähligen Gängen gefolgt, sondern ein gemütliches Beisammensein in der Festhalle des Hauses Fullbuster, wo man sich nach Belieben selbst am Buffet hatte bedienen können. Die Gratulationen waren nicht in einer streng reglementierten Reihenfolge und nach Aufruf erfolgt, sondern spontan und formlos und dafür umso herzlicher. Und auf die Bettprüfung und den Kleidertanz war auch verzichtet worden.

So jedoch war Lucy von den Männern der Festgesellschaft herum gereicht und Stück für Stück entkleidet worden. Nicht selten hatten sich dabei Hände in verbotene Gefilde gewagt und Lucy hatte den Vier mehr als einmal im Stillen dafür gedankt, dass männliche Familienangehörige von dieser barbarischen Tradition ausgeschlossen waren. Ihr Bruder hätte wahrscheinlich innerhalb kürzester Zeit die Beherrschung verloren und ein Blutbad angerichtet, wenn er das Gebaren der anderen Männer mit angesehen hätte.

Nackt, wie die Vier sie geschaffen hatten, war Lucy anschließend von einer Ältesten vor den Augen aller Männer auf ihre Jungfräulichkeit überprüft worden. Die kalten, harten Finger hatten einen nie gekannten Ekel in Lucy hervor gerufen und sie wimmern lassen, aber sie hatte der Versuchung widerstanden, die Alte von sich zu stoßen.

Genauso hatte sie sich nicht gewehrt, als man ihr das Leinenhemd übergezogen hatte, das am nächsten Morgen auf Blutflecke überprüft würde, um sicher zu gehen, dass der Bund vollzogen worden war.

Den Bund vollziehen… Bei ihrer ersten Blutung war Lucy erklärt worden, was sie eines Tages erwarten würde, wenn sie einem Mann als Gattin übergeben würde. Damals war ihr alles so fern erschienen, wie ein unbedeutendes Detail innerhalb eines romantischen und wunderschönen Gesamtbildes. Jetzt graute ihr davor.

Sting saß am Fußende des obszön riesigen Betts mit dem schweren Brokatbaldachin. Er hatte sich ein Laken um die Taille geschlungen, um seine Blöße zu bedecken, ansonsten war er nackt, wie die Vier ihn geschaffen hatten. Wahrscheinlich hatte auch er sich der Bettprüfung und dem Kleidertanz ergeben müssen, die in seinem Fall von den Frauen der Festgesellschaft durchgeführt worden waren – die Prüfung freilich wurde, so hatte Lucy es während des Gelages munkeln hören, von einer Hure vollzogen.

Nur zögerlich näherte Lucy sich dem Bett, aber Sting ließ keinerlei Anzeichen von Ungeduld erkennen. Tatsächlich schien er sie kaum zur Kenntnis zu nehmen. Er hielt den Blick auf etwas in seinen Händen gesenkt, das Lucy jedoch nicht erkennen konnte.

Erst als sie nur noch zwei Schritte von ihm entfernt war, steckte er etwas unter die Matratze und sah auf. Zu Lucys Überraschung ließ er den Blick nicht einen Herzschlag lang über ihren Körper wandern, sondern sah ihr sofort direkt in die Augen.

Sein Blick war ernst und bitter. Hier schien er es nicht mehr für nötig zu halten, seine ruhige Fassade aufrecht zu erhalten. Seine Kiefer mahlten und seine Hände ballten sich für einige Herzschläge zu Fäusten, ehe sie sich in die schwere Decke krallten. Für Lucy sah es nicht so aus, als wäre er auch nur im Entferntesten dafür bereit, den Bund zu vollziehen.

„Lass’ es hinter uns bringen“, seufzte er schließlich resigniert und klopfte neben sich aufs Bett.

Noch viel langsamer als bisher schon leistete Lucy der Geste Folge und rutschte auf die weiche Daunenmatratze. Zwischen ihr und Sting war genug Platz für eine Person, aber Sting überwand den Abstand, stemmte seine Arme links und rechts von Lucy ab und beugte sich über sie.

Schon wieder tauchte das Bild vor Lucys innerem Auge auf, das sie sich selbst doch so vehement verbieten wollte, aber dieses Mal ließ es sich einfach nicht mehr verdrängen. Je näher Sting ihr kam, desto klarer wurde das Bild – und desto mehr brannten ihre Augen.

Als sie Stings Atem auf ihren Lippen spürte, konnte sie den Schluchzer nicht mehr zurückhalten. Weinend schlug sie die Hände vors Gesicht und versuchte dabei, um Atem zu ringen. Doch so sehr sie sich auch zur Ruhe zu ermahnen suchte, es kamen immer neue Tränen und sie harrte voller Angst und Verzweiflung der Berührungen ihres gebundenen Gatten.

Die Arme, die sich um ihren Körper schlangen, ließen sie zusammen zucken, aber Lucy bemerkte schnell, dass die Hände nicht auf Wanderschaft gingen. Sie lagen fest und beruhigend auf einer ungefährlichen Stelle ihres Rückens und Lucys Kopf wurde sanft gegen eine warme Brust gedrückt.

„Was…?“

Mit verweinten Augen blickte sie zu Sting auf, der bedauernd zu ihr hinunter blickte und leicht den Kopf schüttelte.

„Ich werde diesen Bund nicht vollziehen“, erklärte er leise.

Lucy hatte zuerst das Gefühl, als würden ganze Berge von ihrem Herzen fallen. Sie musste sich Sting nicht hingeben. Sie konnte ihre Gabe für den Mann behüten, dem sie sie eigentlich schenken wollte. Die Vier mussten mit ihr sein!

Doch dann setzten vernünftigere Gedanken ein und Angst bemächtigte sich ihrer. „Aber Jiemma…“

„Er kann mich zu vielem zwingen, aber nicht hierzu“, erklärte Sting wild entschlossen und seine Umarmung wurde noch ein wenig fester. „Und du solltest dich auch nicht hierzu zwingen lassen.“

„Ihr versteht nicht! Er hat die Seele meiner Mutter gefangen! Wenn ich nicht tue, was er sagt, dann-“

„Er hat auch meinen kleinen Bruder gefangen. Ich verstehe also sehr gut“, erwiderte der Blonde und seine Kiefer mahlten schon wieder angestrengt.

Ganz unwillkürlich schlang Lucy ihrerseits die Arme um Stings Mitte und drückte ihr Gesicht wieder gegen seine Brust. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass Sting einen Bruder hatte. Das Haus Heartfilia hatte aufgrund der räumlichen Distanz nie viel Kontakt zum Haus Eucliffe gehabt. Doch hier und jetzt war es ihr gleichgültig, dass Sting ein vollkommen Fremder für sie war. Er bangte um seinen Bruder, wie sie es getan hatte, als Loke seine Männer aufs Schlachtfeld geführt hatte. Er war genau wie sie eine Spielpuppe des Seelenräubers.

Als ihre Tränen endlich versiegten, lockerte Sting die Umarmung und griff nach einem Laken, um es Lucy um die Schultern zu schlingen. Dankbar zupfte sie es zurecht, bis ihre Blöße bedeckt waren.

„An wen hast du eben gedacht?“, fragte er leise, aber doch mit einer Spur Neugier.

„Ich weiß nicht, was Ihr-“

„Nenn’ mich Sting, wenn wir alleine sind. Wir sind jetzt Verbündete“, unterbrach er sie.

Beinahe wären Lucy wieder die Tränen gekommen. Solch ungezwungene Herzlichkeit und Kameradschaft hatte sie über Jahre hinweg von ihren besten Freunden erfahren. Von Gray und Juvia und Gajeel und Lyon und Levy und von…

„Natsu…“, krächzte sie und wischte sich mit einem Zipfel des Lakens über die Augen. „Aus dem Haus Dragneel.“

„Die Wilden Drachen des Feuers“, murmelte Sting und klang dabei beeindruckt.

Dieser Titel trieb Lucy beinahe noch mehr Tränen in die Augen. Natsu war immer so stolz auf sein Haus gewesen, hatte ständig von Drachen und Abenteuern und Kämpfen geschwärmt, wenn er sich nicht gerade mit Gray gezankt hatte.

„Wart ihr verlobt?“

Schniefend schüttelte Lucy den Kopf. „Mutter wollte keine offizielle Verlobung, als wir einander das erste Mal als Kinder begegnet sind. Sie wollte, dass ich ganz alleine wählen kann, wie sie es damals bei Vater getan hat… Wir wurden damals einfach nur Freunde und irgendwann…“

„Wurde daraus mehr“, beendete Sting tonlos und als Lucy überrascht aufblickte, erkannte sie in seinen Augen eine geradezu schmerzhafte Sehnsucht.

„Wer ist es bei Eu- bei dir?“, fragte sie unwillkürlich.

Sie erschrak heftig, als Sting sich vornüber beugte und das Gesicht in einer Hand barg. Sie erkannte das Zittern seiner Schultern unter schweren, gequälten Atemzügen. Hilfe suchend sah sie sich im Gemach um, doch außer dem Bett hatte es nur einen kleinen Tisch und zwei gepolsterte Stühle vor dem mannshohen Kamin aufzuweisen, der momentan jedoch aufgrund der frühsommerlichen Temperaturen nicht im Einsatz war. Hier war nichts und niemand, der ihr weiter helfen konnte. Alles, was sie hatte, war Sting. Und sie war alles, was er hatte, rief sie sich in Erinnerung.

Ganz vorsichtig berührte sie ihn an der Schulter und er hob den Blick. Seine Augen waren trocken, aber der Schmerz in seinen Zügen blieb. „Es war… ist… eine ungesegnete Verbindung“, erklärte er stockend. „Wir haben uns heimlich binden lassen… Während der Schlacht haben wir einander aus den Augen verloren…“

Eine ungesegnete Verbindung? In den Büchern der Vier gab es keinerlei Erwähnung für eine sogenannte ungesegnete Verbindung, aber die später entstandenen Sittenbücher legten allerlei Regeln fest, welche Verbindungen zu billigen seien und welche nicht. Unter anderem galt die Verbindung zwischen Männern als verflucht. Sie bringe Schwäche und Verderbtheit mit sich. Männer, die einen solchen Bund eingegangen waren oder die auch nur ihre derartige Lust befriedigt hatten, wurden den Vier Strafen unterzogen – auch eine Erfindung der Sittenbücher, die so nie in den Büchern der Vier aufgetaucht war – und anschließend entmannt und gevierteilt.

„Wie heißt er?“, wisperte Lucy und rutschte näher an Sting heran, um ihn wieder zu umarmen.

Hektisch schüttelte Sting den Kopf und Lucy akzeptierte es sofort. Sie wollte sich nicht ausmalen, was für Ängste er um den Menschen ausstehen musste, mit dem er freiwillig die Gelübde ausgetauscht hatte.

Wie lange sie dort so saßen und einander im Arm hielten, wusste Lucy nicht, aber schließlich löste Sting sich von ihr und sah ihr fest in die Augen. „Wir müssen einen Weg finden, deine Mutter und meinen Bruder zu befreien. Und all die Anderen, die Jiemma gefangen hat… Das könnte uns das Leben kosten und ich könnte verstehen, wenn du dieses Risiko nicht eingehen willst. Ich könnte es auch allei-“

„Nein“, zischte Lucy und blitzte den Gleichaltrigen empört an. „Wir sitzen jetzt in derselben Höhle, Sting!“

Ein anerkennendes Grinsen umspielte seine Lippen, das dieses Mal auch seine Augen erreichte, und er drückte sie kurz, aber herzlich an sich.

„Aber wir müssen einen Weg finden… die Prüfung morgen zu bestehen“, nuschelte Lucy beschämt.

„Barbarische Gaffer“, knurrte Sting und ließ den Blick durch den Raum schweifen.

Schließlich sprang er auf, eine Hand an dem Laken, das weiterhin seinen Unterleib verhüllte, und ging zu einem der Kerzenständer, die an den Wänden hingen. Er nahm die Kerze herunter und legte sie auf dem Kaminsims ab, ehe er mit der Hand über die Spitze des Kerzenständers fuhr. Ihm entfuhr ein leises Keuchen und er musste das Laken fallen lassen, um mit der Linken zu verhindern, dass das Blut auf den kostbaren Teppichboden fiel.

„Das hättest du nicht tun dürfen“, protestierte Lucy, der beim Anblick des Blutes mulmig zumute wurde, als der Blonde zu ihr kam. Sie war so vom Anblick seiner blutenden Hand gebannt, dass sie nicht in Verlegenheit geraten konnte, obwohl er nun vollkommen blank vor ihr stand.

„Das wird schon wieder heilen“, war die leichtfertige Erwiderung.

Widerwillig öffnete Lucy das Laken, in das sie sich eingewickelt hatte, und wandte den Blick ab, als Sting seine blutende Hand über ihren Schoß hielt. Der süßliche Geruch stach ihr in die Nase und drohte, ihr das bisschen wieder hoch zu treiben, was sie während des Gelages hinunter bekommen hatte.

„Heb’ deine Gabe für deinen Natsu auf“, sagte Sting und als Lucy sich traute, in seine Augen zu blicken, schenkte er ihr ein ermunterndes Lächeln. „Ich schwöre dir bei den Vier, dass ich alles in meiner Macht stehende tun werde, um dich zu ihm zu bringen.“

Ganz unwillkürlich musste auch Lucy lächeln und sie schüttelte ungläubig den Kopf, während sie nach Stings Händen griff, um sich vorsichtig den Schnitt zu besehen. Er schien nicht tief zu sein. Hoffentlich würde er tatsächlich schnell heilen.

„Ich durfte nie ein Schwert führen, da waren meine Eltern sich immer einig“, murmelte sie. „Natsu und Gray haben mir heimlich Unterricht gegeben. Als wir erwischt wurden, haben wir schrecklichen Ärger gekriegt und danach haben Natsu und Gray sich immer geweigert, mich zu unterrichten. Ich bin also… ziemlich nutzlos, fürchte ich…“ Sie sah von Stings Hand zu seinen Augen auf. „Aber wenn es irgendetwas gibt, was ich tun kann, will ich es tun, das schwöre ich bei den Vier! Ich werde dir helfen, zu dem Menschen zurück zu kehren, den du liebst!“

„Rogue“, flüsterte Sting beinahe lautlos und zog unter der Matratze ein Amulett aus schwarzem Stein in Form eines Drachen mit halb ausgebreiteten Flügeln hervor, dessen Augen aus winzigen Rubinen bestanden. Mit sehnsüchtiger und zugleich sorgenvoller Miene blickte Sting auf das Schmuckstück hinunter, seine Stimme sprach den Namen seines gebundenen Gatten so zärtlich aus, dass Lucy erschauderte. „Sein Name ist Rogue aus dem Haus Cheney…“

Einem Impuls folgend beugte Lucy sich vor und lehnte ihre Stirn gegen Stings. „Ich bin mir sicher, dass Rogue noch lebt… Du wirst ihn wieder sehen“, wisperte sie.

Danach schwiegen sie. Schlaf fanden sie in dieser Nacht erst spät, doch Lucy fühlte sich am nächsten Morgen dennoch so ruhig und zuversichtlich, wie es nicht mehr der Fall gewesen war, seit der Seelenräuber seine Klauen nach den kostbaren Minen des Hauses Heartfilia ausgestreckt hatte.

So absurd es auch wirken mochte: Inmitten all diesen Barbarentums, das hier herrschte, hatte sie Hoffnung und Stärke und – was ihr noch viel teurer war – einen Freund gefunden…

Gebete und Nachrichten

Der Schwerthieb ging an Rogues Deckung vorbei und zielte auf seinen Kopf. Ausweichen, ging es ihm träge durch den Kopf. Ich muss ausweichen… Doch im gleichen Moment fragte er sich, wofür eigentlich. Wenn er hier und jetzt stürbe, wäre endlich alles vorbei. Diese kalten Nächte und diese trostlosen Tagen und all das Kämpfen. Das alles ergab für ihn einfach keinen Sinn mehr, seit Sting für ihn unerreichbar geworden war. Ohne Sting fühlte sich alles so furchtbar mühsam und schmerzhaft an. Rogue konnte nicht mehr richtig schlafen, konnte nicht mehr essen, selbst das Atmen war auf einmal eine harte Prüfung.

Dieser Schwerthieb könnte all das für immer beenden…

„Rogue!“

Der Schrei trug über das gesamte Schlachtfeld und ließ Rogue mit antrainierter Schnelligkeit herum wirbeln. Er tauchte unter dem Hieb ab, trat dem Angreifer die Beine unter dem Körper weg und sprang dann vor, um ihm mit dem Schwert die Kehle aufzuschlitzen. Das Blut spritzte in die Luft und besudelte Rogues ledernen Brustpanzer und sein Gesicht, doch es blieb keine Zeit, um es fortzuwischen, denn schon näherte sich der nächste Soldat.

Wie sein Kamerad trug der Mann die Farben und das Wappen der Orlands auf der Brust, doch deutlich kleiner prangte darunter das Wappen seines ursprünglichen Hauses. Das umkettete Buch des Hauses Everlue. Der andere Mann hatte den Turm des Hauses Fiore getragen und Rogue hatte noch mindestens zwei andere Wappen bemerkt. Ein bunt zusammen gewürfelter Haufen, in dem jeder für sich kämpfte. Das mochte taktisch wichtig sein, aber gleichzeitig schwächte es die Schlagkraft der Armee. Zumindest gegenüber so erfahrenen und aufeinander eingespielten Kämpfern wie Rogue und seinen Kameraden.

Rogue parierte die Riposte und schlug seine Klinge hart gegen die Schwerthand des Soldaten. Dessen Finger öffneten sich reflexartig und die Waffe fiel nutzlos zu Boden. Hektisch riss der Mann den Schild vor sich und sprang damit auf Rogue zu, doch der machte nur einen großen Ausfallschritt und befand sich schon im nächsten Moment im Rücken des Kontrahenten, um ihm das Schwert in den Nacken zu stoßen. Mit einem beinahe erstaunten Laut sackte der Besiegte nach vorn.

In einer fließenden Bewegung zog Rogue seine Waffe aus dem leblosen Körper heraus und drehte sich herum, um sich gleich drei Kämpfern gegenüber zu sehen. Zwei von ihnen stammten aus dem Haus Fiore, sie hielten sich dicht beieinander und standen genau so, dass sie einander Deckung gaben. Veteranen und Kameraden. Ihre Mienen ernst und grimmig, ihre Haltung beiderseits lauernd.

Der dritte Soldat jedoch gab sich durch das alleinige Zeichen des Säbelzahntigers auf seiner Brust als dem Hause Orland zugehörig zu erkennen – und er war blutjung, konnte höchstens ein Knappe sein. Wo war sein Ritter wohl abgeblieben? Ob der verzerrte Ausdruck auf dem noch rundlichen Gesicht wohl zu bedeuten hatte, dass er sich auf einem Rachefeldzug befand?

Wie es nicht anders zu erwarten war, griff der Knappe zuerst an. Es wäre ein leichtes gewesen, ihn zu töten oder bewegungsunfähig zu machen, aber Rogue sah, dass auch die beiden Veteranen das erkannt hatten. Also machte er einen Schritt nach hinten, fing den ungeschickten Hieb nur auf und stemmte sich dann mit seiner gesamten Kraft gegen den Jungen. Der stolperte nach hinten und gegen die Schilde der überraschten Veteranen.

Rogue nutzte diese kurze Ablenkung und stürmte nach vorn. Mit der Linken zückte er den Dolch aus einer Scheide an seinem Gürtel und stieß die Waffe in das linke Auge des einen Veteranen, während er dessen Kameraden und den Knappen mit einen harten Schulterstoß zu Fall brachte. Für einen winzigen Moment drohte Rogue zu fallen, aber er machte einen raschen Ausfallschritt und fing sich rechtzeitig wieder, um die ziellos erhobene Waffe des Jungen beiseite zu stoßen.

Die Augen des halben Kindes weiteten sich extrem, als Rogue ihm das Schwert ins Herz stieß. Beinahe mühelos glitt der scharfe, mehrfach gefaltete Stahl durch die dünne Lederrüstung und drang durch die Haut und bis zum Herzen vor. Für den Jungen war es schnell vorbei. Sein Körper ruckte kurz und er spuckte Blut, dann brach der Blick der himmelblauen Augen und die Lider sanken langsam herunter.

Der Veteran versuchte, den schlaffen Körper von sich zu stemmen, bevor Rogue seine Klinge aus diesem ziehen konnte, doch eine Axt spaltete seinen Kopf und machte auch ihm den Garaus.

Rogue hob den Blick und begegnete den kleinen, dunklen Augen im kantig-breiten Gesicht seines langjährigen Freundes Orga. Die wilden, blaugrünen Haare des Axtkämpfers wurden von einem Band zurückgehalten und waren größtenteils platt gedrückt. Eine kleine Platzwunde an der rechten Schläfe ließ vermuten, dass er durch einen Schlag gegen den Kopf seinen schützenden Helm verloren hatte. Orga vergaß immer, den Riemen zu schließen und war deshalb nach jeder Schlacht auf der Suche nach seinem Helm.

Der dichte Kettenmantel des Hünen, dessen hellere Glieder verrieten, wo er bereits einmal beschädigt und ausgebessert worden war, drohte beinahe, über den breiten Schultern zu zersprengen. Die Zeugmeister verzweifelten jedes Mal an Orgas bulliger Statur, aber dafür hatten Waffenschmiede ihre reinste Freude an ihm, weil sie für seine Äxte bedenkenlos den schwersten Stahl verwenden konnten, ohne fürchten zu müssen, dass er die Waffen nicht mehr führen konnte. Auch seine jetzige Doppelaxt trug er, als wäre sie leicht wie eine Feder.

„Das war der letzte“, erklärte Orga mit seiner tiefen, rauen Stimme.

Wortlos nickte Rogue, wischte sich über das Gesicht und wischte dann sein Schwert an der Tunika des Veteranen ab, die unter der Plattenrüstung hervor lugte, wobei er krampfhaft versuchte, nicht auf das Gesicht des toten Knappen zu blicken.

So viel sinnloser Tod. So viele Kämpfe und Meuchelmorde. Das alles für die Machtgier eines einzelnen Mannes. Eben jenes Mannes, der den Menschen in seiner Gewalt hatte, nach dem Rogue sich mehr verzehrte, als nach irgendjemandem sonst. Der Gedanke, was sein Partner jetzt vielleicht erleiden musste, presste Rogues Herz zusammen.

Schnelle Schritte ließen Rogue nach links blicken. In die rot-graue Robe einer geweihten Priesterin der Mutter gehüllt, stürmte Yukino auf ihn zu. In ihren kurzen, weißen Haaren steckte eine verrutschte Papierblume, eine Angewohnheit aus Kindertagen, die Yukino nicht einmal bei ihren Eintritt in die Novizenschule abgelegt hatte. Ihre zierlichen Füße, die in leichten, grauen Stiefeln steckten, fanden mit einer Mühelosigkeit sicheren Grund zwischen all den Leichen und verlorenen Waffen, die von besorgniserregend viel Erfahrung kündeten.

Zu spät bemerkte Rogue die Wut im herzförmigen Gesicht der Freundin und das Blitzen in den sonst so sanften, braunen Augen. Der Schlag traf seine rechte Wange mit überraschend viel Kraft und ließ seine Ohren klingeln, aber ihm blieb gar keine Zeit, um sich zu fangen, weil als nächstes seine linke Wange malträtiert wurde, ehe er hart vor die Brust gestoßen wurde.

„Glaubst du etwa, ich hätte das nicht bemerkt?!“, rief Yukino, ihre Stimme schmerzhaft schrill.

„Was bemerkt?“, fragte Orga an Rogues Stelle, der seine Axt zurück in den dafür vorgesehenen Tragegurt an seiner Hüfte schob, den jeder andere auf dem Rücken tragen müsste.

Noch immer aufgebracht wirbelte Yukino zu dem Hünen herum und warf die Hände in die Luft. „Bei der Mutter! Ich habe euch gesagt, ihr sollt auf ihn aufpassen! Ich wusste doch, dass er Dummheiten machen würde!“ Ratlos runzelte Orga die Stirn, was die Priesterin aufgebracht aufstampfen ließ.

„Er hat gezögert.“

Die drei Freunde wandten sich zum Vierten in ihrer Runde um, einen schlanken Kämpfer mit edlen Gesichtszügen und langen, blonden Haaren, die der Sicherheit halber im Nacken zusammen geknotet waren. Wie Rogue hatte auch er auf das Tragen eines Helmes verzichtet, der seine Sicht behinderte, und wie Rogue trug er nur eine Lederrüstung, die für einen schnellen, auf Wendigkeit basierenden Kampfstil vorteilhafter war. Sein Rapier steckte bereits wieder in der Scheide an seiner Hüfte.

Mit ruhiger Miene blickte er Rogue direkt ins Gesicht. „Für einen Moment sah es wirklich so aus, als würde er sich töten lassen wollen.“

„Was sagst du, Rufus?!“, polterte Orga los.

„Genau!“, rief Yukino und schubste Rogue schon wieder. „Dieser Tölpel! Ich war von Anfang an dagegen, dass er heute mit geht!“

„Hört auf damit“, knurrte Rogue und ließ sein Schwert in die Scheide gleiten, ohne den Blick von seinen Freunden zu nehmen. „Es ist nichts passiert.“

„Nichts passiert?!“, wiederholte Yukino ungläubig und machte schon wieder Anstalten, den Schwarzhaarigen zu schubsen. „Du wärst beinahe-“

„Bin ich aber nicht“, unterbrach er sie und hielt sie mühelos an den zarten Handgelenken fest. „Dank dir. Ich habe dich gehört.“

Er hielt sich nicht damit auf, zu erklären, was in ihm vorgegangen war, aber als die Weißhaarige ihn gerufen hatte, hatte sich sein Körper von ganz allein bewegt. Die Art, wie sie während der Schlacht Rogues Namen gerufen hatte, hatte ausgereicht, um ihn daran zu erinnern, wofür er weiter kämpfen musste.

Bereits als Novizin hätte Yukino diesen Status eigentlich ablegen müssen, aber sie war immer seine Vertraute geblieben. Sie war stets an seiner Seite gewesen, kannte ihn in- und auswendig, war in gewisser Weise auch so etwas wie seine Führerin. Als er mit seinen Gefühlen für Sting so sehr gehadert hatte, war sie es gewesen, die ihm geraten hatte, die Sittenbücher zu ignorieren und seinem Herzen zu folgen.

Und sie war auch seine und Stings Zeremonienzeugin gewesen – ein doppelter Frevel, da Frauen keine Zeugen sein durften und da es eine ungesegnete Verbindung war, doch Yukino hatte alle Einwände deswegen beiseite gewischt und darauf bestanden, höchst persönlich das Band der Vierheit um ihre Hände zu legen.

„Tölpel!“, krächzte Yukino wieder und irgendwie schaffte sie es, ihre Hände zu befreien und ihre Arme um Rogues Brustkorb zu schlingen. Für einen Moment versuchte er, sie auf Abstand zu halten, damit sie sich nicht mit dem Blut besudelte, das noch auf seiner Rüstung schimmerte, aber ihre Tränen ließen ihn erweichen.

„Selber“, seufzte Rogue und zog sich einen Handschuh aus, um vorsichtig Yukinos Kopf zu tätscheln. „Du solltest doch im Lager bleiben.“

Noch während er seiner Vertrauten diese Anweisung gegeben hatte, hatte er gewusst, dass sie sie ignorieren und sich zum Rand der Schlacht schleichen würde, um alles im Auge zu behalten. Obwohl sie als Priesterin der Mutter für Liebe und Leben eintrat, hatte sie sich doch von Anfang an dem Tross angeschlossen, um auch während der Kämpfe an der Seite ihrer Freunde zu bleiben. Das Tragen einer Rüstung hatte sie allerdings verweigert. Nicht einmal einen Dolch wollte sie zu ihrer eigenen Verteidigung annehmen. Allerdings hatte sie mehr als einmal bewiesen, dass sie sich dennoch ihrer eigenen Haut erwehren konnte. Letztendlich steckte eben doch das Ritterblut in ihren Adern.

Orgas Schlag auf seine Schulter ließ Rogue beinahe einknicken. „Mach’ das nicht noch mal!“, grollte der Hüne mit finsterer Miene. „Wenn dir hier etwas passiert und Sting wieder frei kommt, wird er uns das niemals verzeihen. Von dir ganz zu schweigen.“

Als einzige Reaktion presste Rogue die Lippen aufeinander. Er wusste nur zu gut, dass sein Gegenüber Recht hatte – und gerade Orga musste es als Stings Vertrauter ja wissen.

„Es war ein dunkler Gedanke“, sagte Rufus ruhig und sah sich vielsagend um. „Das ist an einem Ort wie diesem hier nichts Ungewöhnliches.“

Schweigend sahen sie sich auf dem Schlachtfeld um. Die Bezeichnung war vielleicht etwas hochgestochen, wenn man bedachte, dass sie es nur mit einer Hundertschaft als Stoßtrupp zu tun bekommen hatten, die wohl von den Schleichern hatte ablenken sollen, die ins Lager vordringen sollten, um dort die Versorgungsgüter zu verbrennen. Eine stupide Strategie, die bei einem gut organisierten Heer wie dem der drei verbündeten Häuser von vorneherein zum Scheitern verurteilt war. Die Kommandanten auf der anderen Seite der hart umkämpften Grenze waren nicht unbedingt eine Zierde ihres Standes.

Nichts desto trotz breitete sich hier nun ein grauenhafter Teppich aus Leichen aus. Der süßliche Geruch von Blut hing schwer in der Luft und das Geschrei der Krähen und Raben, die darauf warteten, dass niemand mehr über das Schlachtfeld lief, nahm stetig zu. Rogue versuchte, nicht zu genau auf die Leichen der Männer zu blicken, die er getötet hatte. Ihre Gesichter würden ihn sowieso bis in seine Träume verfolgen. Er konnte sich kaum noch davor abschirmen, seit Sting nicht mehr bei ihm war.

„Aufräumen!“, drang die tiefe Stimme von Kommandant Jura über das Schlachtfeld und Rogue löste sich behutsam von Yukino, um zu dem Älteren zu blicken. Er hatte bereits die Lederhülle über die Klinge seines Kampfspeers gezogen und lief mit blutbespritzter Rüstung und ernster Miene über das Schlachtfeld. Der kahle Kopf und die dicken Augenbrauen ließen das Stirnrunzeln besonders hervor treten. Sein langer, dünner Bart wippte unruhig über die massivern Brustplatten mit dem ruhenden Drachen des Hauses Marvell. „Ihr wisst, was zu tun ist.“

Dieser Teil der Schlacht war Rogue beinahe noch verhasster als das Kämpfen selbst. Sie mussten die eigenen Toten und Verletzten bergen und danach die feindlichen Toten vollständig entkleiden und auf einen Haufen werfen.

Niemandem gefiel diese Methode. Yukino hatte vor allen Hausherren des Bündnisses vehement dagegen protestiert – und es allein ihrem Status als Rogues Vertraute zu verdanken, dass sie für ihre Ausfälligkeiten nicht gemaßregelt worden war –, aber taktische Gründe machten sie unabdingbar. Die Häuser Cheney, Eucliffe und Marvell besaßen nun einmal nur begrenzte Kapazitäten und sie mussten auch gegenüber dem Seelenräuber und seinen untertänigen Häusern ein deutliches Zeichen setzen: Dass sie nicht nachgeben, sich niemals unterwerfen würden.

Dabei war das eine Farce. Dieses Monster hatte zwei Geiseln in seiner Gewalt und band dem Haus Eucliffe damit beinahe vollständig die Hände. Der Hausherr Weißlogia war ein großer Krieger und weiser Stratege, aber letztendlich war er eben auch ein Vater von zwei Söhnen. Und mit dem Haus Eucliffe war so auch das Haus Cheney gelähmt. Rogues Vater Skiadrum würde das Leben der beiden Geiseln genauso wenig riskieren…

„Geh’ zurück zum Lager“, forderte Rogue Yukino auf, deren Schultern sich bei Juras Befehl merklich versteift hatten.

Mit einem Seufzen registrierte er das sture Funkeln in ihren großen, braunen Augen, aber er erhob keinen Protest, als sie mit einem dafür vorgesehenen Seil die Ärmel ihrer Robe zurück band, um sich danach an die Arbeit zu machen. Obwohl sie so sanftmütig war und Gewalt verabscheute, verschloss sie doch nicht ihre Augen vor dem, was zum Schutz ihrer Heimat getan wurde. Sie missbilligte dieses Vorgehen hier zutiefst und betonte das noch immer bei jeder Gelegenheit voller Inbrunst, aber dennoch packte sie nach jeder Schlacht mit an.

Sie hielt es wohl für ihre Pflicht als Priesterin der Mutter, darauf zu achten, dass den Toten wenigstens ein Mindestmaß an Respekt gezollt wurde. Sie sprach auch jedes Mal die Ewigen Verse für die Gefallenen und keiner der Krieger wagte es mehr, dagegen zu protestieren. Auf ihre ganz eigene Art und Weise war sie sehr einschüchternd, dafür musste Rogue gar nicht als ihr Vertrauter hinter ihr stehen – obwohl er es dennoch immer tat, um auf sie Acht zu geben.

Gemeinsam machten Rogue und seine Kameraden sich an die mühselige, grauenerregende Arbeit. Aus der Hemdtasche eines feindlichen Soldaten mit dem Turm auf seinem Brustharnisch zog Rogue neben einer fast leeren Börse ein kurzes, geflochtenes Band in den Farben der Vier. Er musste schwer schlucken. Irgendwo im Land des Hauses Fiore würde ein Mädchen oder eine junge Frau vergeblich auf die Rückkehr ihres Verlobten warten…

Unwillkürlich wanderte Rogues Hand zu seinem Hals und tastete nach dem Lederband mit dem Amulett des Hauses Eucliffe, dem gefiederten, weißen Drachen mit den Saphiren als Augen. Er musste daran denken, wie Sting ihm dieses Amulett um den Hals gelegt hatte. Die tiefblauen Augen des Jüngeren hatten intensiver geleuchtet, als Rogue es jemals zuvor bei irgendeinem Menschen gesehen hatte. Und das Lächeln, das ganz alleine Rogue gegolten hatte, war so zärtlich und warm gewesen, dass Rogue das Herz bis zum Hals geklopft hatte.

Es war nur eine symbolische Geste gewesen, dass sie einander ihr jeweiliges Amulett umgelegt hatten. Offen zeigen konnten sie sie niemandem außerhalb ihres engsten Freundes- und Familienkreises, aber Sting hatte dennoch diese eine Tradition befolgen wollen, die auch tatsächlich schon in den Büchern der Vier erwähnt wurde. Es hatte Sting viel bedeutet, von Rogue den schwarzen Drachen des Hauses Cheney zu empfangen, und jetzt war Rogue dankbar um diese Sentimentalität. Dieses Amulett auf seiner Brust gab Rogue zumindest einen kleinen Halt. Zusammen mit Yukinos unermüdlicher Wachsamkeit hielt ihn das von Dummheiten ab.

Zumindest jetzt noch. Allmählich wurden sie jedoch immer verlockender…

Mit klammen Fingern schob Rogue den Liebesknoten zurück unter das ohnehin unbrauchbare Hemd des Toten und schloss dessen Augen, ehe er sich der nächsten Leiche zuwandte. Zwei Soldaten des Hauses Marvell hoben den Jüngling auf eine Trage und beförderten ihn so zum stetig wachsenden Haufen. Daneben kniete bereits Yukino mit zum Himmel erhobenen Händen und sprach die Ewigen Verse. Obwohl sie ihre Stimme nicht hob, konnte Rogue die heiligen Worte klar und deutlich hören:
 

Vater, sie waren stark.

Mutter, sie haben geliebt.

Kind, sie waren treu.

Ewiger, empfange und hüte sie.

Ewiger, reinige ihre Seelen.

Ewiger, leite sie zurück in den Kreis.


 

Etwas entfernt ließ Orga sich schwer auf einen gefällten Baumstamm sinken und zog sich die Handschuhe aus, um sie in den Helm zu stopfen, den er wieder gefunden hatte. Mehr und mehr Soldaten der drei freien Häuser gesellten sich zu ihm dazu, ihre Mienen müde, aber aufmerksam, während sie wortlos Yukinos Gebeten lauschten. Am Anfang waren die Männer wütend geworden, wenn Yukino den Feinden diese letzte Ehre erwiesen hatte. Feinden, die ihre Kameraden, Freunde, Brüder getötet hatten. Feinde, die ihre Heimat bedrohten. Wenn Rogue damals nicht zusammen mit Sting zur Stelle gewesen wäre, hätte die Situation sehr schnell eskalieren können.

Doch Yukino hatte sich nie einschüchtern lassen. Sie hatte vehement darauf bestanden, dass diese Soldaten letztendlich auch Opfer waren. Wurden sie doch gezwungen, fernab ihrer Heimat für die Machtgier eines einzigen Mannes zu kämpfen und zu sterben. Hatten sie doch auch Familien und Freunde, die um sie trauerten. Waren sie doch genauso Schützlinge der Vier, die die Gaben empfangen und die Gebete gesprochen hatten.

Letztendlich waren es jedoch Yukinos Tränen im Anschluss an die ersten Gebete gewesen, die die Männer überzeugt hatten, nicht mehr gegen ihr Vorgehen zu protestieren. Auch jetzt senkten sie nur betreten die Blicke, als die Priesterin schließlich ihr Gesicht in den Händen barg und sich mit zitternden Schultern vornüber beugte.

Rogue ging zu ihr, zog sie behutsam auf die Beine und führte sie dann fort vom Leichenhaufen. Am Anfang hatte er Angst gehabt, was dieser Krieg aus seiner Vertrauten machen würde, wie viel von ihrer Sanftmut und ihrem Mitgefühl dabei verloren gehen würde, aber irgendwann hatte er erkannt, dass es umgekehrt war: Yukino war diejenige, die die Soldaten davor bewahrte, abzustumpfen. Auch Rogue war so von ihr gerettet worden. Von ihr und von Sting.

Am Rande des Schlachtfeldes wartete Rufus mit einigen Pferden. Rogue hob Yukino mühelos auf eines davon und schwang sich hinter ihr in den Sattel. Orga, der sich zu ihnen gesellt hatte, und Rufus saßen ebenfalls auf und gemeinsam ritten sie zurück zum Lager, während einige Helfer vom Tross die eingesammelten Waren auf Wagen luden.

Das Lager lag am Fuße steiler Klippen, die das Land des Hauses Marvell zerklüfteten, und wurde nach zwei weiteren Seiten hin von massiven Felsen und Geröllhaufen flankiert, auf welchen immer je zwei Wachen standen. An der freien Seite waren zwei von mehreren Türmen verstärkte Palisadenreihen errichtet worden. Das innere Tor wurde erst für Rogue und seine Gefährten geöffnet, als das äußere geschlossen war.

Im Lager selbst herrschte wie immer geschäftiges Treiben. Die Verwundeten und Toten der Schlacht waren bereits hergebracht worden. Erstere wurden in die Krankenzelte gebracht und so gut versorgt, wie das bei den knappen Ressourcen noch möglich war, letztere wurden in einem abseits gelegenen Zelt aufgebahrt und auf den Abschied vorbereitet.

„Rogue!“

Der Schwarzhaarige zügelte sein Pferd, als seine kleine Schwester herbei eilte. Ihre grünen Haare wirbelten offen um ihre schmalen Schultern und unter dem hochgebundenen Kleid trug sie Leinenhosen. Bei einem Mädchen von zehn Sommern sah man über solcherlei Unschicklichkeiten zum Glück noch hinweg.

Wie jedes Mal, wenn er von einer Schlacht zurückkehrte, glättete sich die Angst in ihren dunklen Augen, auch wenn sie nicht vollständig verschwand. Seit jener Schlacht, bei der auch Sting in Gefangenschaft geraten war, hatte Frosch immer Angst. Rogue wünschte sich sehnsüchtig, es wäre nie nötig gewesen, Frosch so nahe an die Front mit zu nehmen, aber er wusste selbst, dass es keinen sicheren Platz für sie gegeben hatte, nachdem es im Anwesen der Cheneys bereits zwei Entführungsversuche gegeben hatte. So groß die Sorge auch war, was ihr hier alles passieren konnte und wie viel für Kinder ungeeignetes sie hier zu Gesicht bekam, letztendlich war auch Rogue wohler dabei zumute, sie in seiner Nähe zu wissen und zu ihrer Sicherheit beitragen zu können. Auch wenn selbst das keine Garantien gab…

Vorsichtig, damit die erschöpfte Yukino nicht fiel, schwang Rogue sich aus dem Sattel und ging in die Knie, um Froschs Umarmung zu empfangen. Er spürte das Zittern ihrer Arme und hörte ihren schnellen Atem und er zog sie unwillkürlich fester an sich.

Erst als sich leise Schritte näherten, hob er den Blick und erkannte Wendy, die Thronerbin aus dem Hause Marvell. Sie zählte gerade einmal fünfzehn Sommer und gehörte zu jenen Blüten, die länger brauchten, um zu erblühen. Ihr Körper war noch schlank und rank, aber mit ihren sanften Gesichtszügen, die von einer Flut dunkelblauer, langer Haare umrahmt wurden, und den großen, braunen Augen besaß sie einen ganz eigenen Reiz. Ihr Kleid war züchtig bodenlang und hochgeschlossen, aber die Ärmel lagen eng an und in einer Hand trug sie lange Lederhandschuhe, die bis zu den Ellenbogen reichten. Zusammen mit der Leinenschürze über dem Kleid schützten sie Wendy davor, allzu viel abzubekommen, wenn sie bei der Versorgung der Verwundeten behilflich war – eine Aufgabe, für die sie ein herausragendes Geschick besaß, wie Rogue auch schon aus eigener Erfahrung wusste.

Wie immer deutete Wendy eine förmliche Verbeugung an. „Ich bin froh, dass Ihr unverletzt seid.“

Bei jedem Anderen hätten diese Geste und das Beharren auf der höflichen Anrede steif und falsch geklungen, aber bei der jungen Thronerbin war es nicht einmal ansatzweise so. Diese Höflichkeit gehörte einfach zu ihrem natürlichen Wesen und war von Grund auf ehrlich und ernst gemeint. Wendy war niemand, der Anderen etwas vorspielte – Rogue war sich nicht einmal sicher, ob sie wenigstens flunkern könnte, so ehrlich und gutmütig war sie –, und irgendwie ließ sie das jeden spüren. Obwohl sie damit hier genauso fehl am Platz wirkte wie Frosch und Yukino, hatte auch sie darauf beharrt, hier zu helfen, und tat es seitdem mit einem schier unermüdlichen Eifer. Mittlerweile wurde sie von den Soldaten regelrecht verehrt. So wie Yukino und doch auf andere Weise vermittelte sie den Männern Hoffnung und erinnerte sie an ihre Menschlichkeit.

„Leider trifft das nicht auf alle Männer zu“, erwiderte Rogue und blickte kurz zum Krankenzelt, vor welchem sich nun auch noch die Männer aufreihten, die nur leicht verletzt waren und deshalb rücksichtsvoll warteten, bis die Schwerverletzten versorgt waren. „Können wir dir helfen?“

„Nein, Ihr solltet ins Kommandozelt gehen“, erwiderte Wendy ernst. „Meister Dobengal ist zurück.“

„Hat er Nachricht von Sting?!“

Auf einmal stand Orga neben Rogue, seine Hände zu Fäusten geballt. Hinter sich hörte Rogue, wie auch Yukino und Rufus abstiegen. Als Frosch ihm die Hände auf die Brust legte, bemerkte er, dass er sie etwas zu fest an sich gedrückt hatte, und er lockerte seine Umarmung wieder.

„Ich weiß es nicht“, antwortete Wendy ehrlich zerknirscht und deutete eine entschuldigende Verbeugung an. „Ich war nur mit Mutter zusammen, als Euer Vater in unser Zelt kam, um sie zur Besprechung zu holen. Er hat Meister Dobengal erwähnt und er hat mich gebeten, Euch ins Kommandozelt zu schicken, sobald Ihr von der Schlacht zurück seid.“

Auf einmal musste Rogue gegen ein Zittern ankämpfen. All die Zeit hatte er sich gefragt, wie es Sting ging, ob er verletzt oder eingesperrt war, ob er gefoltert wurde… Dass Dobengal alleine zurückgekehrt war, musste bedeuten, dass Sting tot oder aber zumindest sicher vor Folter und Erniedrigung war…

Als Froschs kleine Hände seine ergriffen, um ihn mit sich zu ziehen, blickte Rogue zu ihr hinunter. Ihre dunklen Augen flackerten vor Angst. „Frosch will mit kommen. Onkel Dobi hat sicher auch Nachrichten von Lector.“

Rogues Gedanken an Sting waren wie fortgewischt bei diesen Worten. Keiner von ihnen hatte es fertig gebracht, Frosch zu erklären, was sie schon seit einem Mond wussten – eben seit der Seelenräuber ihnen in einer Nachricht erklärt hatte, dass er Sting und Lector als Geiseln hatte. Lectors Seele war gefangen worden. Keiner wusste, ob Lector überhaupt jemals wieder der Lector werden konnte, der extra vom Lager weg gelaufen war, um die feindlichen Soldaten von der unter einigen Balken und Planen versteckten Frosch abzulenken. Eben jener Lector, der im Alter von vier Sommern Frosch einfach zu seiner Vertrauten erklärt und sie seitdem immer beschützt hatte…

„Frosch, ich brauche deine Hilfe. Du musst den Männern zeigen, wie sie die verletzten Pferde beruhigen können, damit Charle und ich uns um sie kümmern können“, mischte Wendys sanfte Stimme sich ein, bevor Rogue eine Ausrede finden konnte. „Keiner kann das so gut wie du.“

Über den Kopf seiner Schwester hinweg warf er der Blauhaarigen einen dankbaren Blick zu, ehe er sanft Froschs zierliche Hände drückte. „Wir werden dir nachher alles erzählen“, versprach er ihr.

Leider war Frosch nicht so naiv, wie es ihr gut täte, und sie erkannte die Lüge in Rogues Worten. Viele hielten sie für simpel und verträumt, Tieren eher zugetan als Menschen, aber in Wahrheit hatte sie ein ausgesprochen sensibles Menschengespür. Tränen sammelten sich in ihren dunklen Augen, aber sie zog die Unterlippe hoch und nickte zittrig, um sich wortlos Wendy zu zuwenden.

Noch immer in Hockstellung, blickte Rogue ihnen hinterher, als sie zu den Ställen am Rande des Lagers gingen, wo ein Mädchen mit weißen Haaren und zierlichem, aber allmählich reifendem Körperbau sich um das blutige Bein eines nervösen Hengstes kümmerte. Obwohl er bereits um Froschs besonderes Talent wusste, wurde ihm doch bang zumute, als er beobachtete, wie sie vor den Hengst trat und dessen Nase streichelte. Das Zittern des Tieres ließ allmählich nach und sein Hals senkte sich, die Ohren nun aufmerksam dem Mädchen zugewandt. Wahrscheinlich ahnte hier jeder, was Frosch da tat – auch wenn sie es nie bewusst tat –, aber keiner sprach es je aus. Alle taten so, als wäre Frosch einfach nur eine talentierte Tierpflegerin.

Allerdings fiel Rogue auf, dass seine Schwester sich über die Augen strich und dass der Hengst tröstend ihre schmale Schulter mit seiner Nase anstupste, und das Gefühl der Schuld drückte sein Herz noch mehr zusammen. Erst als er Yukinos Hand auf seiner Schulter spürte, blickte er auf.

„Sie ist stark, aber nicht so stark. Es ist besser so, Rogue.“

Dass sogar Yukino das sagte, die sonst so aufrichtig war, machte die ganze Situation für Rogue erst recht schlimm. Lector war nicht nur Stings kleiner Bruder gewesen. Auch für Rogue war er schon lange vor seinem Bund mit Sting so etwas wie ein kleiner Bruder gewesen. Im Geiste hatten sie alle zu einer einzigen Familie gehört…

Wortlos stemmte Rogue sich in die Höhe und ging mit seinen Freunden zum Kommandozelt. Im Inneren standen ein langer Tisch und mehrere Stühle und Schemel, deren harte Sitzflächen mit verschiedenen Fellen gepolstert waren. Im Zentrum der Tischplatte lag eine Karte von Ishgar ausgebreitet, auf der mit kleinen Holzfiguren in unterschiedlichen Formen die taktische Situation dargestellt wurde. Links und rechts neben der Karte lagen Briefe, Listen, Protokolle und dergleichen mehr, die mit Messern, Krügen, Bechern und was eben sonst so zur Hand war, beschwert wurden.

An einer Ecke des Tisches befanden sich die drei Hausherren des Bündnisses. Stings und Lectors Vater Weißlogia saß auf einem Stuhl mit Armlehnen und hatte sich vornüber gebeugt, die behandschuhten Finger miteinander verschränkt, der Blick starr, die Miene seltsam ausdruckslos, auch wenn immer wieder ein Zucken darüber lief. Seit seine Söhne in der Hand des Seelenräubers waren, schien er um eine Dekade gealtert zu sein. Unter seinen gelben Augen zeichneten sich tiefe violette Schatten ab und seine weißblonden, zu einem Zopf zusammen gefassten Haare waren strähnig und matt. Seine sonnengebräunte Haut wirkte bleich und die Wangen waren eingefallen.

Neben ihm saß Wendys Mutter Grandine. Die Herrin des Hauses Marvell hatte dieselben sanften Gesichtszüge ihrer Tochter, auch wenn sie bei ihr dank des Alters schmaler und schärfer geschnitten waren. Genau wie bei Wendy waren ihre blauen Augen groß und ausdrucksstark, voller Güte und Anteilnahme, aber auch stets bedacht und geduldig. Während ihre Bündnispartner leichte Rüstungen und Waffen trugen, war sie in ein schlichtes Leinenkleid gehüllt. In ihrem Gürtel steckten eine gefaltete Schürze und ähnliche Handschuhe, wie auch Wendy sie trug. Ihr einziger Schmuck war das Amulett ihres Hauses und ihre langen, reinweißen Haare waren zu einem schlichten Knoten gebunden, der sie nicht behinderte. Jetzt waren ihre Gesichtszüge ernst und ihre schlanken Hände in ihrem Schoß gefaltet. Eine feine Falte zwischen ihren Augenbrauen verriet ihre Sorge.

Zu Weißlogias anderer Seite stand Rogues Vater Skiadrum und hatte eine Hand auf die Schulter des anderen Mannes gelegt. Mit den schwarzen Haaren, die zu einem kurzen Zopf im Nacken zusammen gefasst waren, der von Natur aus blassen Haut und den stechend roten Augen bildete er einen scharfen Kontrast zu seinem langjährigen Freund. Er war etwas schlanker, dafür aber größer, wenn auch nur um einige Fingerbreiten, sein Gesicht schmaler und im Moment vollkommen ruhig. Allein weil er seinen Vater so gut kannte, bemerkte Rogue die Sorge in dessen Augen.

Sie alle blickten zu der Person auf der anderen Seite des Tisches, die Rogue und den Anderen den Rücken zugewandt hatte. Gekleidet in das derbe Wams und die Lederhosen eines Holzarbeiters, am Gürtel die entsprechenden Werkzeuge, bot Dobengals hochgewachsene, doch hagere Gestalt einen seltsamen Anblick. Seine sandbraunen Haare waren unter einer schwarzen Filzmütze größtenteils verborgen. Als er sich zum Eingang des Zeltes umdrehte, waren seine Gesichtszüge vollkommen ruhig. Sogar seinen braunen Augen konnte Rogue nicht das Geringste anmerken. Nicht umsonst war Dobengal der beste Schleicher der drei verbündeten Häuser.

„Gut, du lebst noch“, stellte Dobengal mit einem Blick auf Rogue gleichmütig klingend fest.

Orga neben Rogue schnaubte ungeduldig: „Was ist mit Sting und Lector?!“

„Sie leben.“

Bevor Orga ob dieser lakonischen Antwort aus der Haut fahren konnte, räusperte Skiadrum sich vernehmlich und nickte dann zu den freien Stühlen. Rogue wurde von Yukino zum Tisch gezogen und auf einen Stuhl mit Rückenlehne gedrückt, der mit einem Wolfpelz gepolstert wurde. Sehr wohl registrierte Rogue, dass seine Vertraute sich mit Bedacht zwischen ihn und Dobengal setzte.

„Dobengal hat uns gerade mitgeteilt, dass der Seelenräuber vorhat, Sting als seinen Thronfolger zu etablieren“, erklärte Skiadrum mit ruhiger Stimme, als auch Orga und Rufus sich gesetzt hatten. Seine Miene blieb unbewegt, aber Rogue bemerkte, wie sich seine Hand fester um Weißlogias Schulter schloss. Dessen Kiefer mahlten nun offensichtlich.

„Warum ausgerechnet Sting?“, wandte Rufus bedächtig ein. „Im Moment hat er ihn zwar in der Hand, aber ihm muss doch klar sein, dass Sting ihm niemals freiwillig folgen wird. Wieso setzt er auf so ein riskantes Spiel?“

„Jiemma glaubt wahrscheinlich, er könnte Sting doch in die Knie zwingen“, antwortete Dobengal beinahe gelassen und zog sich die Filzmütze vom Kopf, um dann seine braunen Haare zu zerzausen. Ganz seiner Gewohnheit entsprechend nannte er den Seelenräuber normal beim Namen, statt den Titel zu verwenden, der im Lager üblich war. „Immerhin ist ihm das zuvor bei so einigen Häusern gelungen. Außerdem gewinnt er so nach den Gesetzen der Sittenbücher Einfluss auf das Land des Hauses Eucliffe, weil Sting ja immer noch dessen Erbe ist.“

Neben Rogue schüttelte Yukino sich angewidert bei der Erwähnung der Sittenbücher. Gemäß den Regeln ihres Ordens hatte Yukino die Sittenbücher sehr genau studiert – und wahrscheinlich war sie dabei sogar wesentlich gründlicher vorgegangen als viele andere Novizinnen –, aber Rogue wusste nur zu gut, wie sehr sie diese Bücher verabscheute. „Dieses… dieses Ungeheuer nutzt die Sittenbücher, wie es ihm gerade passt!“

„Und das leider sehr geschickt“, mischte Grandine sich ein und ließ den Blick ihrer großen Augen solange auf Yukino ruhen, bis diese verlegen den Blick senkte und ihre geballten Fäuste wieder öffnete.

„Sting wird sich niemals beugen“, knurrte Orga kehlig, die massigen Hände auf dem Tisch abgestützt, der Blick finster auf Dobengal gerichtet. „Er ist seiner Familie und seinen Freunden treu!“

Unbeeindruckt zuckte der Schleicher mit den hageren Schultern. „Das musst du mir nicht erzählen. Jiemma unterschätzt Stings Dickkopf ganz eindeutig, aber das heißt nicht, dass er nicht doch Mittel und Wege hat, um Sting bei der Stange zu halten.“

„Lector…“, seufzte Grandine traurig und legte mitfühlend eine Hand auf Weißlogias Unterarm. Für einen Moment schloss dieser die Augen und Rogue konnte beinahe spüren, wie er um Kraft flehte.

„Unter anderem“, bestätigte Dobengal und zog sich die derben Lederhandschuhe aus, um sich einen der Becher und einen Krug mit verdünntem Wein heran zu ziehen.

„Was meinst du damit?“, hakte Yukino besorgt nach.

„Sting ist vor zehn Tagen mit Lucy aus dem Haus Heartfilia verbunden worden.“

Ehe Rogue es richtig begriffen hatte, war er auf den Beinen. Yukino und Rufus wollten nach ihm greifen, aber er war mit wenigen Schritten außerhalb ihrer Reichweite und hatte Dobengal am Kragen gepackt. Der Krug mit dem Wein fiel zu Boden und zerschellte, aber Rogue bekam das kaum mit.

„Sting ist mit mir verbunden!“, zischte er und hob den Jüngeren von den Füßen.

„Rogue, lass’ ihn sofort runter!“, rief Yukino und erschien neben ihm, um zu versuchen, seinen Griff an Dobengals Kragen zu lösen.

Doch Rogues Hände hatten sich krampfartig in dem Stoff verkrallt. Ein schier übermächtiges Zittern hatte ihn erfasst und in seiner Brust wüteten bestialische, reißende Gefühle, die er selbst kaum benennen konnte. Unter diesem Druck war es ihm unmöglich, seine sonstige Ruhe zu bewahren.

Ungesegnet oder nicht, für ihn zählte der Bund mit Sting. Sie waren verbunden, hatten einander Treue und Beistand geschworen, hatten einander ihr Leben und ihre Seelen hingegeben. Sting durfte all das nicht mit einem anderen Menschen teilen! Allein die Vorstellung brachte Rogue um den Verstand!

Der eiserne Griff seines Vaters an seinem rechten Arm ließ Rogue gehetzt aufblicken. „Denk’ nach, Rogue“, sagte Skiadrum beinahe flüsternd. Seine roten Augen verengten sich missbilligend. „Du bedrohst hier gerade einen Kameraden.“

„Schon gut, Meister, damit habe ich gerechnet“, sagte Dobengal beinahe im Plauderton – und das war es auch, was Rogue dazu veranlasste, ihn los zu lassen und einen Schritt zurück zu treten.

Der Schleicher rieb sich den Hals und blickte bedauernd zum zerbrochenen Weinkrug hinunter, als wäre das seine größte Sorge. Doch als er den Blick wieder hob, erkannte Rogue zu seiner größten Überraschung darin ehrliche Sorge.

„Ich weiß, dass Sting mit dir verbunden ist. Ich war dabei, erinnerst du dich? Und Sting hat das sicher auch nicht vergessen, aber Jiemma hat ihn in der Hand.“

Hilflos ballte Rogue die Hände zu Fäusten, öffnete diese wieder, ballte sie erneut. Am liebsten wäre er einfach aus dem Zelt und zu den Ställen gestürmt, um mit dem schnellsten Pferd, das er finden konnte, zum Anwesen des Hauses Orland zu reiten und seinen Partner zu befreien.

Widerstrebend ließ er sich von seinem Vater zu seinem Stuhl zurück führen und darauf drücken. Allein die ruhige Präsenz seines Vaters direkt hinter ihm hielt ihn auch dort. Als Yukino sich wieder neben ihm nieder ließ und besänftigend seine Hand ergriff, hätte er sie ihr beinahe entzogen, so sehr rang er um seine Beherrschung. Doch schon im nächsten Moment griff er fest nach den zarten Fingern und klammerte sich verzweifelt daran. Yukino ließ nicht erkennen, ob sie auch nur den geringsten Schmerz verspürte.

„Tut mir Leid“, murmelte er.

Doch Dobengal winkte ab. „Wie gesagt, ich habe damit gerechnet…“

Rogue beugte sich vor und massierte sich mit der freien Hand die Nasenwurzel, während er die Augen zukniff. Auch wenn er einsah, überreagiert zu haben, die tobenden Gefühle in seiner Brust verschwanden nicht einfach. Die Vorstellung, dass Sting bei dieser Frau liegen musste, tat ihm beinahe körperlich weh.

„Was ist Heartfilia für ein Haus?“, durchbrach Grandines sanfte Stimme die Stille und erst jetzt fiel Rogue ein, dass er vor einer Uneingeweihten zugegeben hatte, eine ungesegnete Verbindung eingegangen zu sein. Als er den Blick hob, konnte er der Weißhaarigen jedoch nicht einmal im Ansatz anmerken, was sie darüber dachte.

Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Dobengal, der sich einen neuen Krug heran gezogen hatte und sich endlich am Tisch nieder gelassen hatte. Anscheinend hatte er sich tatsächlich darauf vorbereitet, dass Rogue ihn anfallen würde – bei dem Gedanken verspürte Rogue ein schlechtes Gewissen. Dobengal trug keine Schuld daran, dass er schlechte Nachrichten überbringen musste.

„Sie sitzen auf den ergiebigsten Goldadern Ishgars. Einen Teil des Geldes investieren sie in eine Schule für Niedriggeborene und sie fördern wohl auch Künstler und all so etwas…“ Dobengal zuckte nachlässig mit den Schultern. „Sie haben sich Jiemma nicht freiwillig angeschlossen, sondern sind erobert worden. Genaues weiß ich nicht, aber es klang für mich so, als seien sie verraten worden. Thronfolger ist der ältere Sohn Loke, aber er ist noch ungebunden.“

„Und was ist mit dieser Lucy?“, fragte Yukino und drückte dabei behutsam Rogues Hand.

„Nicht ganz mein Fall, aber ich würde sie nicht aus meinem Lager werfen.“ Obwohl Rogue wusste, dass es nicht ernst gemeint war, stieß er ein Knurren aus. Sofort spürte er den mahnenden Druck der väterlichen Hand auf seiner Schulter. Offen blickte Dobengal ihm ins Gesicht. „Ich glaube, Stings Fall ist sie auch nicht.“

Rogue senkte den Blick wieder. Natürlich zweifelte er nicht an Stings Gefühlen. Es war Sting gewesen, der den Bund zwischen ihnen gewollt hatte, auch wenn er gewusst hatte, wie riskant es war. Und es war auch Sting gewesen, der seit Beginn des Feldzuges sein Lager einfach in Rogues Zelt verlegt hatte, damit sie einander wenigstens in den Nächten nahe sein konnten. Ganz zu schweigen davon, dass Sting als Erster seine Gefühle ausgesprochen hatte.

Aber all das bewahrte Sting nicht davor, jetzt mit einer Frau verbunden zu sein, die er gar nicht kannte. Krampfhaft versuchte Rogue, den Gedanken daran zu vertreiben, was alles erwartungsgemäß zu einem Bund dazu gehörte…

„Irgendwie haben Sting und Lucy es geschafft, die Blutprüfung zu bestehen, ohne den Bund zu vollziehen“, fuhr Dobengal zu Rogues Überraschung fort.

Der Schwarzhaarige blickte wieder auf. „Sie haben nicht…?“

„Soweit ich die Zeichen deuten konnte, nein. Das rote Bluthemd wurde zwar herum gereicht, aber… na ja, würdet ihr es Sting zutrauen?“ Wieder einmal zuckte Dobengal mit den Schultern. „Und Lucy schien ja auch nicht wirklich von der Verbindung begeistert zu sein.“

„Aber wenn heraus kommt, dass sie alle nur getäuscht und den Bund nicht vollzogen haben…“ Weißlogias Stimme klang rau vom langen Nichtgebrauch. Seine Finger verknoteten sich geradezu krampfartig miteinander.

„Der Seelenräuber wird einen Erben aus der Verbindung erwarten“, murmelte Grandine und legte ihre Hand behutsam auf Weißlogias.

„Und früher oder später wird er Lucy überprüfen lassen, wenn eine Schwangerschaft auf sich warten lässt“, fügte Rufus hinzu.

Die Angst presste Rogues Herz zusammen. Zu was war der Seelenräuber noch fähig? Was würde er Sting antun, wenn er erfuhr, dass dieser nicht alle seine Forderungen erfüllt hatte? Würde das auf Lector zurückfallen?

Ruckartig stemmte Rogue sich auf und schüttelte dabei die Hände seines Vaters und seiner Vertrauten ab. Wild entschlossen blickte er zu Dobengal. „Kannst du mich ungesehen in die Nähe des Anwesens der Orlands bringen?“

„Wir werden dafür einige Vorkehrungen treffen müssen. Alleine kann ich mich im Feindesgebiet schnell und unerkannt bewegen, aber für dich brauchen wir eine vernünftige Tarnung. Aber ja, ich kann dich dorthin bringen. Euch auch“, fügte er Augen rollend hinzu, als Orga aufsprang und Rufus und Yukino sich ebenfalls aufrichteten. „Das heißt, wenn ich keine anderweitigen Befehle bekomme.“ Abwartend blickte er zwischen Skiadrum und Weißlogia hin und her.

Rogue drehte sich zu seinem Vater herum und wollte ihm schon erklären, dass er das einfach tun musste, doch der Ausdruck in dessen Augen ließ ihn sofort wieder verstummen. Skiadrum war kein gefühlskalter Vater, aber solange Rogue ihn kannte, war er immer beherrscht und ruhig gewesen. Jetzt jedoch flackerten seine Augen und seine Gesichtszüge zuckten unter widerstreitenden Gefühlen.

Schließlich schloss er die roten Augen und atmete schwer aus. Als er die Augen wieder öffnete, spielte ein resignierter Zug um seinen Mund. „Ihr werdet tun, was Dobengal sagt. Er wird diese Mission anführen. Keine voreiligen Manöver. Sting ist nicht dumm, er wird Zeit schinden. Nutzt sie sinnvoll.“

Eine ganze Wagenladung Steine schien von Rogues Herz zu fallen und er nickte sofort bereitwillig. Er würde alles akzeptieren, was notwendig war, um ihn in die Lage zu versetzen, Sting zu beschützen!



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  Votani
2017-02-19T20:24:24+00:00 19.02.2017 21:24
So, ich habs endlich geschafft, wenigstens das erste Kapitel zu lesen. :) Aus irgendeinem Grund bin ich immer skeptisch, was Fairy Tail AUs angeht, aber bisher spricht mich dieses durchaus an. Das liegt sicherlich auch an deinem tollen Schreibstil. Die Beschreibungen sind nicht zu viel und auch nicht zu wenig, sondern wirklich wunderbar, damit man sich alles vorstellen kann, ohne sich zu langweilen. Ich mochte die Zeremonie und auch, dass du Lucy und Sting verheiratet hast und sie jetzt ein eingeschworenes Team sind. Das kann ich mir super vorstellen. Ich liebe Sting sowieso, aber du hast ihn richtig gut hinbekommen. Natsu/Lucy shippe ich zwar nicht, aber ich mag Lucy sehr gern und ich bin schon gespannt, was du aus dieser Geschichte machst. Irgendwie kann ich mir Loke sogar als ihren Bruder vorstellen. *lach* Jedenfalls freue ich mich schon aufs Weiterlesen und werde es hoffentlich sehr bald tun. :)
Von: Arianrhod-
2017-01-07T23:57:55+00:00 08.01.2017 00:57
Das Kapitel gefiel mir ebenso gut wie das erste. Diese FF ist wirklich fantastisch und ich kann kaum das nächste Kapitel erwarten. Ich hoffe, du schreibst bald daran weiter. Auf der anderen Seite bin ich auch wahnsinnig gespannt auf alle anderen Storys, die du vorhast, also~

Der Einstieg in das Kapitel ist hervorragend gewählt. Es geht nicht nur mit dem Kampf los, nein, sondern mit Rogue, der Blödsinn macht. >.< Rogues Gedanken sind durchaus nachvollziehbar und auch wenn man ihn packen und schütteln will, kann man ihn verstehen. Sting allerdings würde ihm nie verzeihen.
Zum Glück war Yukino da.

Die Schlacht selbst ist natürlich grausam und die Gegner schenken sich nichts. Kein Wunder, dass Rogue des Kämpfens müde ist. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass nicht alle diese Feinde wirklich ihre Feinde sind, sondern teilweise aus dem gleichen Grund in dieser Misere stecken wie Sting und Lucy. (This said – wird Jude seine Vasallen beschützen können oder wird Jiemma sie auch in den Kampf schicken? An die Krieger von Eucliffe kommt er ja nicht dran, aber bei Heartphilia ist das anders…)

Die Charaktere um Rogue fand ich auch gut aufgestellt und charakterisiert. Orga, der ihm im Kampf den Rücken stärkt, Rufus, der so aufmerksam ist und trotz, dass er selbst beschäftigt ist, seine Dummheiten bemerkt, und natürlich Yukino, die trotz aller Sanftheit ihren eigenen Kopf durchsetzt. Insbesondere Yukino fand ich toll dargestellt – ihre stille Stärke kommt hervorragend rüber. Die Gespräche zwischen den Vieren flossen entsprechen auch sehr gut und natürlich.

Weißt du was? Ich frage mich schon die ganze Zeit, wie die Zeremonie zwischen Rogue und Sting ablief. Einige der normalen Bräuche klappen ja bei ihnen nicht, weil sie beide Männer sind. o.o

Jura als Kommandant (und dann auch noch bei Grandine) hat mich ehrlich gesagt überrascht, aber tatsächlich finde ich ihn sehr passend. Er ist jedenfalls ein bedachter Anführer, der nicht überhastet vorgeht. Ich kann mir gut vorstellen, dass und warum Grandine ihn für ihre Truppen ausgewählt hat.

Das Vorgehen nach der Schlacht ist sehr grauenvoll, aber ich finde es realistisch. Sie können die Leichen ja nicht einfach liegen lassen oder wertvolle Ressourcen verschwenden. Trotzdem… Und Yukinos Gebet danach ist sehr passend, finde ich, auch die Reaktion der Männer darauf, eine abschließende Geste, die ihnen allen etwas Seelenfrieden zurückgibt.
Dann findet Rogue auch noch den Liebesknoten, was die Situation tausendmal schlimmer macht. Vor allem, da er selbst nachvollziehen kann. Die Sache mit dem Amulett finde ich übrigens unglaublich schön. Dass Sting so darauf bestanden hat, klingt sehr nach ihm, und allein die Erinnerung an diesen Tausch scheint Rogue mehr Kraft zu geben. (Doppelte Punktzahl dafür, dass es eine der ursprünglichen Traditionen aus den Büchern der Vier ist statt aus den Sittenbüchern.)

Und dann Frosch! Selbst in so einem Setting ist sie so unglaublich süß! :D Ich weiß gar nicht, was ich sonst noch zu ihr sagen soll. Ihre Sorge um Lector und ihr Drängen darauf, bei der Besprechung dabei zu sein, obwohl alle wissen, dass das eine unglaublich dumme Idee ist, ist steinerweichend. (Der Grund, warum sie mit im Kriegslager ist, finde ich übrigens auch sehr logisch. Das passt alles zusammen.)
Wendy finde ich übrigens auch sehr toll hier. Sie strahlt eine ruhige Eleganz aus, die man so nicht von ihr gewohnt ist, aber in diesem Setting doch sehr gut passt. Sie ist auch etwas älter als im Manga, richtig? Ich kann es mir gut vorstellen, wie die Soldaten sie beschützen wollen und sie verehren. Bei Grandine ist das vermutlich kein Stück anders bzw. noch stärker.

Gibt es einen Grund, warum du Dobengal jünger gemacht hast als Rogue? (Irgendwie kam er mir immer etwas älter vor als die anderen, aber vielleicht bin das nur ich.) Ich fand ihn jedenfalls ziemlich abgebrüht, z.B. auch dabei, wie er auf Rogues Aussetzer reagiert hat und schon allein, dass er ihn erwartet hat. Der kennt seine Leute vermutlich in und auswendig. Sein Eindruck von Sting trifft den Nagel ja auch auf den Kopf.
Übrigens fand ich die Darstellung der drei ‚Drachen‘ auch sehr gut! Ich konnte sie mir sehr gut vorstellen und hatte sie richtig vor Augen.

Rogues Aussetzer fand ich auch sehr passend! Auch wenn er sonst so ruhig ist, wenn es um Leute geht, die ihm nahestehen, und bei solch wichtigen Themen hat er sich doch nicht ganz im Griff… Dass er sich aber sofort entschuldigt (nachdem er sich beruhigt hat jedenfalls), spricht aber für ihn und passt auch sehr gut zu seiner beherrschten Art.

Und natürlich wollen sie direkt aufbrechen, um Sting aus dieser Lage zu befreien. Ich hoffe nur, das endet nicht in Tränen.
Ich bin jedenfalls supergespannt auf das nächste Kapitel!
Bis dann ^^~
Arian
Von: Arianrhod-
2017-01-07T21:59:22+00:00 07.01.2017 22:59
So und jetzt muss ich erst hier einen kleinen Kommentar abgeben. Er wird nur kurz ausfallen, da ich das meiste ja schon gesagt habe…

Ich kann nur noch einmal betonen, wie toll ich die bedrängende Atmosphäre in diesem Kapitel fand. Die war einfach nur toll.
Die Menge von Worldbuilding, die du schon in diesem Kapitel drin hast, finde ich auch erstaunlich, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass es so nebenher geschieht, nicht zu viel, gerade auf die richtige Art, ohne dass es überladen wirkt, aber prägnant genug, damit es auffällt.

Sting und Lucy tun mir fürchterlich leid, diese Situation ist von vorne bis hinten einfach nur fucked-up. Jiemma ist hier ein wunderbar fürchterlicher Gegner; ich find es sehr spannend, ihn als Big Bad zu haben.

Die Szene zwischen Lucy und Sting am Ende fand ich auch sehr schön, hab ich das eigentlich schon gesagt? Zuerst sind sie beide sehr steif, aber je mehr Geheimnisse sie einander anvertrauen, desto intimer wird die Situation. Ich fand diese Veränderung sehr schön und auch sehr realistisch, ohne dass es zu viel auf einmal oder zu schnell wirkt.
Das Amulett hast du erst später eingefügt, kann das sein? Wie hat er es denn hineingeschmuggelt, ohne dass Jiemma oder sonst jemand es bemerkt hat?

Gruß
Arian


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