Zum Inhalt der Seite

A Myriad Of Feelings

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

All The World Is Made Of Faith, And Trust, And Pixie Dust

„Dein Job ist es, das Beste aus diesem Team rauszuholen. Und glaub mir, Yuki-Chan, manchmal bedeutet das, genau das zu tun, was diese Jungs nicht wollen!“

 

Es war das Leitmotto von Higashiame Chieko, ihres Zeichens Managerin des Fukuroudani-Volleyballclubs, sowie Drittklässlerin, als Yukie in die erste Klasse kam. Yukie erinnerte sich noch genau an sie: wildes, kurzes Haar, das selbst an guten Tagen immer in den verrücktesten Winkeln von ihrem Kopf abstand (was unter anderem daran lag, wie oft sie sich durch das Haar raufte, wenn sie sich ärgerte), und große, helle Augen, die immer ein bisschen entrückt und empört aus der Wäsche schauten.

 

Ein Jahr war es nun fast her, dass Higashiame die Schule verlassen und Yukie die volle Verantwortung über den Sauhaufen überlassen hatte, der zumindest auf dem Spielfeld ein funktionierendes Team war, wenn auch er daneben eigentlich eher eine Ansammlung von verrückten Vollidioten darstellte.

 

Über ein Jahr war es her, dass Yukie zugesehen hatte, wie unter Higashiames Dirigieren ein neuer Captain gewählt worden war, und obwohl ihre Erstwahl damals nicht wirklich mit viel Begeisterung aufgenommen wurde, hatte sie sich durchgesetzt und im Nachhinein war das ganze Team glücklich mit ihrer Entscheidung gewesen.

 

„So war das bei uns schon immer, Yuki-Chan“, hatte sie damals zwinkernd verraten und unglaublich albern dabei ausgesehen, weil die Geste sich mit ihrem entrückten Blick biss, „Du kannst die Jungs nicht ihren eigenen Captain wählen lassen, das funktioniert nicht. Die haben einfach nicht den rechten Blick dafür. Aber wir hier draußen? Wir sehen das in einem ganz anderen Licht!“

 

 

Jetzt, kurz vor Schuljahresende war es wieder so weit. Captainwahl. Sie saßen in der Sporthalle, Yukie ein Stück abseits von ihren Jungs, ein Klemmbrett auf dem Schoß, und noch hörte sie nur schweigend zu, wie die Zweit- und Erstklässler untereinander beratschlagten – die Drittklässler hielten sich raus, schließlich würde es sie gar nicht mehr betreffen.

 

„Ich bin für Konohan“, schlug Komi vor, der erste handfeste Vorschlag der Diskussion. Er grinste, und in seinem Grinsen lag schon das Indiz dafür, dass er nun etwas Dummes sagen würde, „Weil Konohan immerhin alles irgendwie kann, wenn er auch nirgendwo so richtig viel drauf hat, aber ne? Kann ja auch nur nützlich sein für jemanden, der per Spielregeln immer auf dem Feld sein muss.“

Konoha sah nicht begeistert aus, und Yukie war es auch nicht; Konoha war ein guter Spieler, aber es fehlte ihm sowohl das nötige Beobachtungstalent als auch das nötige Charisma, von denen ein Captain zumindest eines haben sollte.

 

„Wie wäre es mit Anahori?“ – „Vergesst es, Jungs. Ich schaff’s nicht in die Startaufstellung.“

 

Yukie schüttelte den Kopf. Higashiame hatte völlig recht damit, dass diese Idioten ihren Captain nicht selbst aussuchen durften. Sie stand auf, trat von ihrem Platz am Rand zu dem Grüppchen Jungs hinüber und hockte sich grinsend zwischen Komi und Sarukui, das Klemmbrett so mit den Armen festgepinnt, dass sie immer noch gestikulieren konnte.

„Bokuto.“

„Nicht dein Ernst“, war die erste Reaktion, die sie bekam. Sie blinzelte, völlig unbeirrt, „Doch doch, ihr habt mich schon richtig gehört. Bokuto. Als Captain.“

Besagter Bokuto sah sie an wie ein Auto, offenbar noch nicht ganz begreifend, was sie da eigentlich vorschlug. Yukie erstickte ein Lachen hinter ihrem Klemmbrett, ehe sie wieder den größtenteils entgeisterten Blicken begegnete, die abwechselnd sie und Bokuto musterten.

Und sie musste zugeben, gerade sah er nicht aus wie ein Captain.

Aber Yukie wusste, dass der dumme Autoblick und das ratlose Gebaren nur eine Seite der Medaille waren. (Die übrigens ganz schön viele Seiten hatte, insgesamt.) Sie wusste, dass dieser gleiche, dumme Kauz, der gerade vor ihr saß und dümmer aussah als drei Meter Feldweg, ein umwerfendes Charisma hatte, das vor allem auf dem Spielfeld zum Tragen kam, sie wusste, dass Bokuto, wenn er sich frei entfalten und spielen konnte, Inspiration und Ansporn für Freund und Feind war, und sie wusste, dass, so viele Fehler Bokuto auch hatte, er das Team auf die ein oder andere Art zusammenschweißte – und sei das nur, weil sie zusammenhalten mussten, um ihn aufzufangen, wenn er wieder einmal dumm war.

 

„Bei aller Liebe, das kann nicht dein ernst sein.“

Konohas Worte rissen sie aus ihren Gedanken und sie fixierte den Blondschopf mit einem immer noch unbeirrbaren Grinsen im Gesicht.

„Nicht?“ – „Nein. Bokuto ist ein verdammt guter Spieler, keine Frage, aber ich habe noch nie jemanden gesehen, der verantwortungsloser, gedankenloser, vergesslicher, unorganisierter und leichtsinniger ist.“

„Na. Dafür hat er dann einen Vize-Captain“, entgegnete sie, völlig selbstverständlich. Sie sah, wie sich viele Gesichter verzogen, zweifelsohne in der Vorstellung, wie es sein würde, als Vize-Captain hinter Bokuto herräumen zu müssen. Viele grimassierten, aber nicht alle. Yukie lächelte zufrieden, als ihr Blick auf Akaashi fiel, dessen eigene Augen in ihrem typisch unleserlichen Blick auf Bokuto ruhten.

 

„Ich muss Konohan ausnahmsweise zustimmen. Bokuto… ist Bokuto. Das ist, als würdet ihr mich zum Captain machen wollen – nur dümmer. Also ab davon, dass ich als Libero eh nicht darf.“

Kopfschüttelnd erhob Yukie sich wieder von ihrem Platz. Sie ließ das Klemmbrett einfach fallen – auf Komis Kopf – und stemmte dann die Hände in die Hüften.

„Ihr werdet zumindest darüber nachdenken, habt ihr das verstanden?“

Sie sah Köpfe, die bestätigend nickten, doch die Blicke dazu sagten ihr, dass sie größtenteils ihre dumme Entscheidung schon getroffen hatten, und Yukie konnte wieder nur den Kopf schütteln, ehe sie beleidigt davonstapfte. Solche dummen Jungs! Sie bewunderte gerade wirklich, wie Higashiame letztes Jahr ihren Willen durchgesetzt bekommen hatte. Wie sollte denn Yukies Nachfolgerin in zwei Jahren das schaffen? Hoffentlich würde sie ein selbstbewusstes, charakterstarkes Mädchen werden…

 

 

Es war spät. Yukie hatte das letzte Mal auf die Uhr geguckt, da hatte sie acht Uhr abends verkündet, und seit dem war noch einmal eine gefühlte Ewigkeit an Zeit vergangen. Die Sporthalle war gefüllt von dem Lärm von aufprallenden Volleybällen und rufenden Volleyballspielern, und eigentlich hatten sie schon vor mehreren Stunden aus der Halle sein wollen, aber sie waren es nicht.

Sie grinste träge, langsam selbst schon nur vom Zusehen müde, als Anahori herübergelaufen kam, und reichte ihm die vorhin noch neu gefüllte Wasserflasche.

„Phew. Das grenzt hier langsam an Mord“, kommentierte er, nachdem er getrunken hatte. Er griff nach einem Handtuch und wischte sich den schlimmsten Schweiß vom Gesicht.

„Aber ihr seid freiwillig  hier“, gab Yukie unbekümmert zurück und wedelte mit den Zeigefingern herum, „Niemand hat euch gezwungen.“

Anahori lachte, ließ sich müde neben sie fallen.

„Ist nicht, als könnten wir Bokuto alleine lassen.“ – „Ach echt? Bokuto brüllt Training, und ihr springt. Fällt dir was auf?“

Sie hob vielsagend die Augenbrauen. Anahori blinzelte, offensichtlich nicht ganz so schnell in der großen Erkenntnis, doch irgendwann kam sie noch, und mit der Erleuchtung brach ein herzliches Lachen aus ihm heraus, für das Yukie nie eine bessere Beschreibung als bunt gefunden hatte.

 

„Er wird keinen Vize-Captain finden“, gab er zu bedenken, als sein buntes Lachen wieder verklang und die Sporthalle in viel gedämpfteren Farben zurückließ. Yukie schüttelte den Kopf und wies zu Bokuto hinüber, der gerade neben Akaashi stand und ihre neue Taktik für das laufende Drei-gegen-Drei-Trainingsmatch ausdiskutierte.

„Ein Erstklässler?!“ – „Nächstes Jahr ist er Zweitklässler. Das reicht.“

„Es wird nicht auf Begeisterung stoßen.“ – „Zuerst nicht. Aber das war letztes Jahr genauso. Und das Jahr davor. Und das wird nächstes Jahr wahrscheinlich auch wieder werden, und das ist okay.“ – „Ist es das?“

 

Yukie nickte, grinsend, während sie zusah, wie Bokuto einen Ball über das Netz schmetterte und dann in lauten Freudenjubel ausbrach, der selbst Konoha, der die Annahme versemmelt hatte, ein gutmütiges Lächeln aufs Gesicht lockte.

 

 

„Ich hab vollstes Vertrauen in die zwei.“

Envy Is The Art Of Counting The Other Fellow's Blessings Instead Of Your Own

Sie lachten. Schulterklopfen, anerkennende Rufe, Tanaka, der ihn in den Schwitzkasten nahm, um das glatte, dunkle Haar zu zerzausen. Nishinoya, der auf seinen Rücken sprang, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Hinata, der um ihn herumsprang, solange er belagert wurde, und kaum, dass Tanaka und Nishinoya fort waren, ihm um den Hals fiel und am lautesten von allen verkündete, wie toll und umwerfend er eigentlich war.

 

Koushi freute sich. Koushi freute sich ehrlich.

 

Er freute sich, dass sie gewonnen hatten.

 

Er freute sich, dass Kageyama, als Zuspieler, als Dreh– und Angelpunkt des Teams, seinen Teil dazu beigetragen hatte.

 

Er freute sich, dass jeder im Team sah, was für eine große, wichtige Rolle Kageyama gespielt hatte.

 

Er freute sich, dass Kageyama mit ihnen lachen konnte, während inzwischen Daichi ihm auf die Schulter klopfte und Asahi scheu daneben stand, um seiner Bewunderung Ausdruck zu verleihen, während selbst Tsukishima mit schroffen Worten und spöttischer Verbeugung Anerkennung zum Ausdruck brachte, die er sonst niemals zeigte. Shimizu lächelte, so viel Stolz im Blick, als sehe sie gerade zu, wie ihr eigenes Kind seine ersten Schritte machte, und Yachi weinte große, hässliche Tränen, die sie trotzdem nur noch niedlicher machten.

 

Koushi war auch stolz. Er war beeindruckt, wie weit Kageyama, der am Anfang kein nettes Wort herausgebracht hatte, ohne über seine eigene Zunge zu stolpern, es gebracht hatte, nicht nur als Zuspieler, der das Team inzwischen besser kannte als sie sich jeweils selbst, sondern allem voran auch als Mensch. Kageyama war der Anker geworden, den das Team brauchte, ein verlässlicher Zuspieler und Freund, jemand, der sah, wenn ein Teamkamerad zauderte, und der Worte fand, um ihn aufzubauen, selbst wenn sie nicht immer die taktvollsten waren.

 

Kageyama war alles, das Koushi war, und Kageyama war noch so viel mehr, war besser, und Koushi war – neidisch.

Er war neidisch auf den Jungen, den er teils noch selbst in die richtige Richtung geschubst hatte, neidisch, weil Kageyama sich einen Platz im Team aufgebaut hatte, der Koushis eigenen Platz nicht weggedrängt hatte, aber überflüssig gemacht.

Neidisch, dass es Kageyama war, der zwischen Schulterklopfen und Glückwünschen und lachenden Gesichtern stand und jetzt zum zweiten Mal erfolglos versuchte, Nishinoya von sich runterzuschieben.

 

Koushi hatte ein Jahr gehabt, in dem er das gewesen war. Zuspieler der Startaufstellung, zentraler Dreh– und Angelpunkt des Teams, moralische Unterstützung und Mutmacher, und natürlich, vieles davon tat er heute noch, doch er hatte das Gefühl, es wäre nicht einmal wirklich nötig.

Ein Jahr, das geprägt gewesen war von Enttäuschungen und Niederlagen, und jetzt schwang das Team auf, breitete die Flügel aus und flog, und Koushi sah es die meiste Zeit aus nur von der Bank.

 

Es frustrierte ihn.

 

Es machte ihn wütend, dass er neidisch war, denn Koushi wollte nicht neidisch sein.

 

„Du sagst selbst, du hast noch deinen Platz im Team, also wirst du gebraucht – da ist eine Lücke, die nur du ausfüllen kannst. Die Suga-Kun-förmige ist nur eben dieses Jahr woanders als letztes“, hatte Yaku mit einem aufmunternden Lächeln gemeint, als Koushi ihm in einem Anflug von selbstmitleidiger Schwäche von seinem Kummer erzählt hatte.

Er wollte sich daran festhalten, dass Yaku Recht hatte, aber es war so schwer, wenn alles, woran er gerade denken konnte, die Tatsache war, dass er zu gerne da stehen würde, wo Kageyama stand.

 

Es war ausgerechnet dieser Kageyama, der schließlich zu ihm kam und ihm die Hand hinstreckte, Gesicht ernst, Rücken gerade.

 

„Nächstes Mal.“

Nächstes Mal spielen wir wieder zusammen. Nächstes Mal stehen wir wieder zusammen auf dem Feld.

 

Ehe Koushi etwas erwidern konnte – er war verblüfft, hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet Kageyama, sein Rivale, sein Fehlen jetzt bedauern würde, hätte eher gedacht, dass Kageyama froh war, dass das aktuelle Spiel ihre abstruse Bäumchen-wechsel-dich-Taktik nicht erfordert hatte –, hörte er einen lauten Ruf in seinem Rücken, der die einzige Warnung war, die er bekam, bevor Nishinoya an ihm klebte.

Koushi lachte, mehr resigniert als amüsiert, er versuchte gar nicht, den wild plappernden Wirbelwind wieder loszuwerden, denn er hatte schon vor einem Jahr gelernt, dass das nichts brachte, und gerade fragte er sich, wie er Kageyama darum überhaupt hatte beneiden können.

 

Mit Nishinoya auf dem Rücken war es schwer, aber er schaffte es, Kageyamas ausgestreckte Hand zu ergreifen, und er strahlte, während Nishinoyas Erzählung bei ihm kaum ankam, und trotzdem hörte er, dass er vermisst worden war auf dem Spielfeld. Daichi grinste ihm aus der Ferne zu, und auch Asahi lächelte, und Hinata sah aus, als überlege er, ob er es Nishinoya nicht gleich tun wollte.

 

Yaku hatte Recht gehabt.

 

„Nächstes Mal.“

We Must Laugh At Man To Avoid Crying For Him

Nein, sagte die hochgezogene Augenbraue über gelangweilt-unbeeindruckten Augen, die Yuutarou schon seit mehreren Minuten unermüdlich traktierten. Nein, sagte Yuutarous Verstand, denn wirklich, es war dumm, und er sah es ein.

Aber es war einfach nicht so einfach.

„Kunimi–“, setzte er an, ohne zu wissen, wohin genau er mit seinem Satz wollte.

 

„Nein.“

Jetzt sogar in Worten, nicht nur Blicken. Yuutarou verschränkte die Arme vor der Brust, seine Mundwinkel verzogen sich unwillig und er starrte Kunimi unnachgiebig an.

„Letztes Jahr–“ – „War er nicht einmal halb so ätzend. Vorletztes Jahr auch nicht. Dinge ändern sich.“

Es schien Kunimi völlig egal zu sein, und Yuutarou vermutete, dass es das auch tatsächlich war. So war Kunimi einfach – lebte im Hier und Jetzt, machte sich keine Gedanken um Vergangenes und Kommendes, und er lebte so gut damit, dass Yuutarou manchmal den Gedanken unterhielt, dass es viel einfacher sein musste, auf Kunimi-Art durch den Tag zu kommen.

Auch wenn es wirklich nichts für ihn wäre.

 

Yuutarou seufzte noch einmal, warf einen Blick zu dem Grund ihrer Diskussion. Kageyama Tobio saß auf seinem Platz am anderen Ende des Klassenraums, völlig uninteressiert, mit einem Milchpäckchen in der Hand und starrte grimmig aus dem Fenster. Wie sie es alle drei geschafft hatten, dieses Jahr in einer Klasse zu landen, war Yuutarou schleierhaft, aber sie hatten es geschafft – was vermutlich am Ehesten Kunimis Faulheit zuzusprechen war, denn der konnte wesentlich weiterkommen als Klasse 3-2.

Es war das dritte Mal, dass Yuutarou in Kageyamas Klasse landete, und das erste Mal, dass Kunimi ebenfalls dabei war. Das erste Mal, dass er vor irgendjemandem, der ihm halbwegs wichtig war, rechtfertigen musste, weshalb er mit dem Gedanken spielte, Kageyama einzuladen, beim kommenden Klassenausflug Teil ihrer Kleingruppe zu werden.

„Nein“, kommentierte Kunimi wieder, noch bevor Yuutarou den Mund hätte aufmachen können, um ein neues Argument anzubringen – er wird nicht stören. Er läuft doch eh nur grimmig mit. Yuutarou hatte genug davon, resigniert zu seufzen, während Kunimi ihn eigentlich nicht einmal recht zu Wort kommen ließ, also fixierte er den trägen Jungen aufmerksam und lehnte sich zu ihm vor, um noch das letzte Bisschen Aufmerksamkeit zu fordern, das man aus Kunimi herauskitzeln konnte.

„Warum?“

Angriff war bekanntlich die beste Verteidigung, also hatte das Kunimi nun aus der Bahn zu werfen – oder Yuutarou wenigstens zu erleuchten, was genau Kunimis Problem war. Kunimi blinzelte allerdings nicht einmal, als er kaum merklich den Blick hob, als wäre selbst das eine zu große Anstrengung.

 

„Er hat kein Mitleid verdient. Du wirst das auch noch einsehen.“

 

Damit war die Diskussion für Kunimi beendet und er wandte sich ganz demonstrativ seinem Essen zu. Yuutarou wandte sich missgelaunt ab, ließ das Thema aber mit einem letzten Blick in Kageyamas Richtung fallen.

 

 

Logisch betrachtet wusste Yuutarou, dass es dumm war, Mitleid mit ihm zu haben.

Weniger logisch betrachtet erinnerte er sich noch an den kleinen, übereifrigen Erstklässler, der einfach nur hatte lernen wollen, und an die Freude, die irgendwann vor Ewigkeiten einmal auf Kageyamas Gesicht gewesen war, wann immer einen Volleyball in der Hand hielt oder aufs Spielfeld durfte. An den immensen Stolz, den er versprüht hatte, als er das erste Mal in einem Match eingesetzt worden war. (Damals hatte er sich tatsächlich einmal gedacht, er wäre gerne Kageyamas Freund.)

 

Weil davon heute eigentlich nichts mehr übrig war, war es vergleichsweise leicht, zu sehen, wieso Mitleid längst nicht mehr angebracht war. Kageyama war herzlos, gemein, herrisch und egozentrisch geworden, in einem Maße, dass das halbe Team schon lieber ohne ihn spielen würde. (Yuutarou auch, wenn er ehrlich war; dieser Kageyama war anstrengend und unerträglich.)

 

Trotzdem – die Sentimentalität blieb, und auch die Gewohnheit, denn die letzten beiden Jahre war Kageyama schon dabei gewesen, und Yuutarou sah bei allem Verständnis für mangelndes Mitleid nicht, was daran schaden sollte.

 

„Wir müssen ohnehin Dreiergruppen bilden“, argumentierte er bei nächstbester Gelegenheit. Kunimi warf ihm einen desinteressierten Blick zu.

„Da hänge ich lieber mit irgendeinem Schreihals ab als mit dem. Hör endlich auf mit dem Nettsein, das ist peinlich.“

Was daran peinlich war, sah Yuutarou nicht, aber die Rüge saß tiefer, als er zugeben wollte und beleidigt wandte er den Blick von Kunimi ab, um sein verletztes Gesicht zu verbergen. Es machte den Rest des gemeinsamen Nachhauseweges unangenehm, und irgendwie war Yuutarou froh, dass sie die Ecke bald erreichten, an der sie sich trennen würden. Befangen blieb er stehen, die Hände in den Hosentaschen, die Schultern hochgezogen, und er wusste gar nicht so recht, was er nun sagen sollte.

Streiten war nicht sein Ding. Er konnte es nicht.

Kunimi sah ihn an, träge wie immer, so erschöpft, als wäre es eine Qual, die wenigen Zentimeter zu Yuutarou aufzusehen, dann seufzte er und schüttelte schleppend den Kopf.

 

„Weißt du was, frag ihn. Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“

 

Wo auch immer der plötzliche Meinungsumschwung herkam, Yuutarou würde sich nicht beklagen. Dafür setzte er, wie jeder andere Mensch wohl auch, viel zu gern seinen Kopf durch.

 

 

Als Kageyama ihn mit einer fast angewiderten Abfälligkeit anblaffte, dass er keine Lust hatte, auch außerhalb der Sporthalle mit seinen unfähigen Teamkollegen herumzuhängen, tat er Yuutarou überhaupt nicht mehr Leid.

 

Kunimi sah ihn mit einem ich hab’s dir doch gesagt-Blick an, aber in der Pause hatte er trotzdem einen aufmunternden Klaps auf die Schulter für ihn übrig.

Being Alone Never Felt Right. It Felt Good, But It Never Felt Right

Kitagawa Daiichi hatte Tobio vor allem eines gelehrt: Wenn du willst, dass etwas getan wird, dann mach es am besten selbst.

 

 

Etwas, das leichter gesagt als getan war, wenn man Teil eines Teams war, einen Mannschaftssport ausübte; Tobio war, so wenig er es mochte, von anderen abhängig, wenn er gewinnen wollte.

 

Er war abhängig von den Erstklässlern, die hinter seinem Rücken tuschelten, wenn sie glaubten, dass er nicht zuhörte, die ihn mit angsterfüllten Blicken ansahen, wann immer sie gezwungen waren, mit ihm zu reden, weil sie – ganz zu Recht! Sie reizten ihr Potential einfach nicht aus! – wieder einmal eine Mahnung brauchten, die bei ihnen auf taube Ohren stieß.

 

Er war abhängig von den Zweitklässlern, die weit weniger Respekt als die Erstklässler hatten, und entsprechend einen weit weniger großen Hehl daraus machten, wie wenig sie mit Tobio zu tun haben wollten außerhalb des Spielfeldes. Die meiste Zeit gingen sie ihm konsequent aus dem Weg, mieden seinen Blick, und wenn sie beim Training Opfer der bitter nötigen Zurechtweisungen wurden, murmelten sie oft genug stille Flüche in sich hinein, während sie nur abnickten, kein Schuldbewusstsein, kein Interesse für das ganze Thema. Tobio empfand es als völlig richtig, dass diese unmotivierten Idioten lediglich die Bank wärmten. (Abhängig von ihnen war er dennoch; man wusste nie, wann so ein nutzloser Trottel eingewechselt wurde, weil sich jemand verletzte. Es war schon vorgekommen.)

 

Er war abhängig von den Drittklässlern, die nicht hinter seinem Rücken tuschelten, die nicht seine Gesellschaft mieden, sondern die schamlos direkt vor seinem Gesicht darüber sprachen, wie unerträglich sie ihn fanden, während er daneben stand – als existiere er überhaupt nicht.

 

Alle Abhängigkeit aber hieß nicht, dass er irgendwelche positiven Gefühle für sie hatte. Tobio hatte schon lange aufgehört, von seinem Team so etwas wie Teamgeist zu erwarten, und er hatte schon lange aufgehört, überhaupt einen Nutzen in so etwas lächerlich abstraktem zu suchen. Das Verhalten von Oikawa hatte ihm klar gezeigt, dass man in der Welt nichts gewann, wenn man freundlich und ehrgeizig war, und die Erfahrung auf dem Spielfeld hatte ihm gezeigt, dass man nicht gewinnen konnte, wenn man nicht immer hundert Prozent gab – und noch mehr.

Das war alles, was ihn noch interessierte – der Nutzen seiner Teamkameraden.

 

Und einen Nutzen hatten sie zwar alle, aber keiner von ihnen füllte wirklich die Lücke aus, die ausgefüllt werden musste, damit das Team reibungslos funktionierte. Keiner von ihnen versuchte es.

 

Tobio stand völlig alleine mit seiner Einstellung.

 

Inzwischen war er es gewöhnt.

 

 

Dass sie über ihn tuschelten, redeten, war er genauso gewöhnt. Weil es ihn nicht interessierte, machte er sich nie die Mühe, herauszufinden, worüber sie sprachen, doch auch so war merklich, es war nichts Positives; es war Tobio egal – solange sie auf dem Spielfeld miteinander funktionierten – mehr schlecht als recht, weil niemand es wirklich versuchte… –, brauchte er darüber hinaus kein Interesse dafür aufzubringen, was sein Team von ihm hielt.

Er hielt auch nicht viel von ihnen.
 

Dass das Tuscheln sich bis in seinen Klassenraum zog, war neu, denn bisher war er nie in Verlegenheit gewesen, mit allzu vielen Teamkameraden im gleichen zu sitzen. Jetzt hatte er Kindaichi und Kunimi bei sich, irgendwo im hinteren Teil des Raumes, und er spürte ihre Blicke im Rücken, sah, wie sie die Köpfe zusammensteckten, wenn er sich nach ihnen umdrehte.

Früher war Kindaichi manchmal bei ihm gewesen, zur Mittagspause, oder um über eine besonders knifflige Hausaufgabe zu reden, die keiner von ihnen beiden verstand. Dann hatte es aufgehört. Tobio wusste nicht einmal, warum, aber wichtig war es ihm auch nicht. Eigentlich war er froh darum, dass Kindaichi aufhörte, ihn zu belästigen; die Einsamkeit war so viel einfacher.

 

 

Die Einsamkeit war einfacher, und deshalb wusste er nicht, was er sagen sollte, als Kindaichi ihm gegenüberstand und verkündete, er sei eingeladen, sich seiner und Kunimis Kleingruppe zum Klassenausflug anzuschließen.

„So wie jedes Jahr“, fügte er hinzu, als wolle er erklären, wieso er überhaupt auf so eine Idee kam.

Tobio dachte an die wütenden, ablehnenden Blicke, die er beim Training von Kunimi und Kindaichi gleichermaßen zugeworfen bekam, dachte an all die Bälle, die er pritschte, damit seine Mitspieler sie verkackten und nicht einmal bis ins gegnerische Spielfeld brachten. Dachte daran, wie es seine Schuld sein sollte, dass sie nicht mit ihm mithalten konnten.

 

Es ergab keinen Sinn.
 

Dass Kindaichi ihn nicht mochte, war offensichtlich. Dass Kunimi ihn nicht mochte, war offensichtlich. Dass Tobio sie nicht mochte, sollte genauso offensichtlich sein. Er verzog das Gesicht, unwillig, misstrauisch – was auch immer Kindaichi mit seiner Einladung bezweckte, Tobio glaubte an nichts Gutes.

Er fühlte sich verspottet.

Es wird dich eh niemand mitnehmen wollen schien Kindaichis Einladung ihm zuzuflüstern, und Tobio knurrte, reckte ablehnend das Kinn vor.

 

„Lieber bleibe ich zuhause, als mir euer Versagen auch noch in meiner Freizeit anzutun!“, blaffte er zurück, nicht wissend, was er sonst sagen sollte. Kindaichis Gesicht entgleiste, ehe er auf dem Absatz kehrt machte und verschwand. Tobio bedauerte es nicht. Er schnaubte, wandte sich ebenfalls ab und stapfte seines Weges. Er war erleichtert, dass das Thema beendet war.

 

 

Den Ausflug verbrachte er bei seinem Lehrer, weil er tatsächlich keine Gruppe mehr fand, in der noch Platz für ihn gewesen wäre. Niemanden kümmerte es, und es kümmerte Tobio ebenso wenig; insgeheim war er froh darum, seinen nervtötenden Klassenkameraden zu entfliehen.

 

 

Es brauchte noch fast ein ganzes Jahr und einen orangefarbenen Wuschelkopf an seiner Seite, der selbst dann da war, wenn Tobio dankend hätte darauf verzichten können, und der vor allem dann da war, wenn Tobio es brauchte, damit er realisierte, dass er einsam gewesen war in diesem letzten Mittelschuljahr, in dem niemand mehr mit ihm hatte reden wollen und in dem er mit niemandem mehr hatte reden wollen.

There Are No Uninteresting Things, Only Uninterested People

Das stete Aufprallen des Volleyballs auf den Hallenboden war inzwischen eine einlullende Geräuschkulisse geworden, die Schreie vom Spielfeld für Kenma gut ignorierbar. Nekoma spielte gegen eine Schule, deren Namen sich Kenma gar nicht gemerkt hatte, irgendjemand von irgendwoher aus Japan, dem Kenma noch nie begegnet war.

 

Es war langweilig.

 

Kenma hatte Volleyball noch nie sehr spannend gefunden, aber jetzt auf der Zuschauertribüne zu sitzen und zuzusehen machte es nicht spannender. Das Team hatte sich gemausert. Lev war ein unglaublicher Spieler geworden. Inuoka, einmal zurück in der Startaufstellung, hatte gezeigt, dass er den Platz wirklich verdient hatte. Shibayama machte Yaku stolz genug, dass der immer wieder Tränen vergoss, wenn er seinen Schützling auf dem Spielfeld sehen sah.

Sie waren gut.

Sie waren wirklich, wirklich gut, vielleicht sogar besser als im letzten Jahr zu Kenmas Zeiten, denn die neuen Erstklässler waren extrem vielversprechend.

Aber das machte das Spiel nicht spannender.

 

Der Ausgang war ohnehin schon absehbar. Nekoma war besser als ihr Gegner. Kenma stieß langsam die Luft aus, griff nach seinem Handy – und wurde abgehalten, als Kuros Hand sich auf seine legte und sie konsequent wieder von seiner Tasche wegschob.

„Na na~ Du kannst deine Kouhais nicht so traurig machen, Kenma.“ – „Sie sehen ohnehin nicht, was ich hier oben tue“, konterte er monoton und zog seine Hand wieder weg, ungewillt, die unerwünschte Berührung länger zu ertragen als nötig. Kuro neben ihm lachte nur und lümmelte sich tiefer in seinen Sitz.

„Sie fühlen es, Kenma. Außerdem, hast du schon vergessen, dass Lev uns vorhin wie ein Irrer zugewunken hat? Natürlich sehen die uns.“

Aber sie würden nicht sehen, ob Kenma nun aufs Spielfeld oder auf sein Handy starrte, jedenfalls war er sich da völlig sicher.

 

Nicht, dass sein Handy so viel spannender war.

 

„Entspann dich. Das Spiel ist bald vorbei“, kommentierte Kuro mit einem Grinsen, das ganz eindeutig zeigte, dass er wusste, woran Kenma gerade dachte – unabhängig dessen, ob Nekoma nun gewann oder nicht – auch wenn sie gute Karten hatten –, das nächste Spiel würde Karasuno bestreiten.

Es war für Kenma die erste Gelegenheit, Captain Shouyou in Aktion zu sehen, und er war… gespannt, was da auf ihn warten würde. Shouyou hatte ihm wort- und satzzeichenreich die letzten Wochen und Monate von seinem neuen Team berichtet, und obwohl Kenma noch keinen von ihnen zu Gesicht bekommen hatte, den er nicht aus seiner eigenen Schulvolleyballzeit noch kannte, wusste er gefühlt alles, was man über sie wissen musste und nicht wusste, angefangen bei Lieblingsessen bis Schuhgröße.

Shouyou war einfach ein sehr stolzer Captain.

 

„Das Spiel ist langweilig“, kommentierte er trocken. Kuro lachte nur, zuckte mit den Schultern, „Kann eben nicht jeder eine Wundertüte auf Beinen sein, so wie Chibi-Chan.“
 

Der immer noch klein war. Kenma war froh darum; auf Dauer wäre es viel zu anstrengend, zu Shouyou aufblicken zu müssen; er mochte es, auf einer Augenhöhe zu sein.

 

Mit einem resignierten Seufzen rutschte er tiefer in seinen Sitz, sah abwesend aufs Spielfeld hinunter. Sah zu, wie der Ball hin– und herflog, sah zu, wie Punkte gemacht und Punkte verloren wurden. Inuokas Geschrei reichte bis zu den Tribünen; eine würdige Nachfolge für Tora. Shibayamas Blick huschte immer mal wieder hinauf, wenn er gerade nicht auf dem Feld stand, suchte zweifelsohne nach Yaku, der über dem Geländer hing und das Spiel mit Argusaugen verfolgte, glühend vor Stolz.

Kenma fehlte jede Begeisterung, von der seine ehemaligen Teamkameraden viel zu viel hatten. Sei das Yaku, der nicht einmal still sitzen wollte, oder Kuro, der zwischendurch auch einmal lauter wurde, als Kenmas Ohren das gern hätten.

 

Es war langweilig.

 

Kenmas Gedanken schweiften ab, wanderten zu ihren alten Rivalen Karasuno, zu Karasunos neuem Captain. Er versuchte, sich vorzustellen, wie das aussehen würde, wenn Shouyou auf der Tribüne saß, konnte es sich nicht vorstellen, denn Shouyou würde nicht sitzen. Shouyou würde herumspringen und hibbeln, würde keine Sekunde still bleiben, lauter als der Rest der Zuschauer zusammen, und es würde ihm in den Fingern zucken, selbst dem Ball hinterherzujagen, hochzuspringen in der Erwartung, dass der Ball zu ihm kam.

Würde er es überhaupt ertragen, die Langeweile des Zusehens?

Ein kleiner Teil von Kenma hoffte, dass dem nicht so war. Shouyou, gebunden an die Begrenzung der Tribüne, war eine Vorstellung, die so langweilig und uninteressant war, dass sie überhaupt nicht zu dem kleinen Wirbelwind passen wollte, der ihn mit seiner Lebhaftigkeit und Energie doch immer wieder faszinierte.

Er wollte Shouyou nicht als Zuschauer sehen.

 

Mit einem Kopfschütteln schob er den Gedanken beiseite. Ein Pfiff ertönte. Lauter Jubel. Er hörte Inuokas und Levs Stimmen aus dem Tumult heraus.

 

„Sie haben gewonnen“, kommentierte Kuro überflüssigerweise, und Kenma zuckte mit den Schultern. Das war nicht zu überhören. Sein Blick wanderte langsam zum Spielfeld zurück, wo das ganze Team als großer Knäuel aus Gliedmaßen beieinander hing, und auch wenn er auf die Entfernung nicht viel sah, kannte er die Flut an Schulterklopfen, Gelächter und Umarmungen, die da unten gerade zweifelsohne stattfand.

 

Nekoma gegen Karasuno. Wieder einmal. Das bedeutete allerdings auch, dass die Tribüne gleich noch lauter und anstrengender werden würde, denn unter Garantie würden einige der alten Karasuno-Spieler hier auftauchen, und unter Garantie würden sie sich finden und zusammensitzen. Kenma stieß unwillig die Luft aus.

 

Er hasste es manchmal, Recht zu haben.

 

Keine zehn Minuten später hatte sich der lauteste Teil der Ehemaligen bei ihnen eingefunden, und sie brüllten um die Wette, während Kenma versuchte, gar nicht erst hinzuhören oder zu zeigen, dass er sie hörte, in der Hoffnung, sie würden weiterhin vergessen, ihn auch nur zu begrüßen. Er warf einen Blick auf die Uhr, zog dann die Nase kraus.

„Halbe Stunde“, informierte Kuro ihn von der Seite her. Grinsend. Wie immer. Mit dem Programmheft wedelnd. Kenma warf ihm einen genervten Blick für sein Theater zu, ehe er noch tiefer in den Sitz rutschte und nun endgültig nach seinem Handy griff. Ohne unterbrochen zu werden.

Dreißig Minuten, bis das Match begann.

Dreißig Minuten, bis er Shouyous Team sehen würde.

 

Die längsten und langweiligsten dreißig Minuten seines Lebens.

So It’s True, When All Is Said And Done, Grief Is The Price We Pay For Love

Yui hatte versprochen, dass sie sie besuchen würde. Nicht nur ihren Mädels, sondern vor allem sich selbst, denn es fühlte sich so furchtbar falsch an, sie einfach zurückzulassen, nach den Jahren, die sie miteinander gelacht und geweint – vor allem geweint! – hatten.

Also besuchte Yui sie. Yui, Universitätsstudentin im ersten Semester, Mitglied ihres Universitätsvolleyballclubs, der als allgemein so schlecht gehandelt wurde, dass sie größere Chancen hatten, Übungsmatches gegen die alten Ömchen aus der Nachbarschaft zu bekommen, als gegen Gleichaltrige. Yui, der schon die Tränen kamen, als sie die Schultore vor sich sah, durch die sie drei Jahre am Stück jeden Tag marschiert war. Sie blieb stehen, noch bevor sie den Eingang erreichte.

 

„Okay!“, rief sie aus, niemandem bestimmten zu, und klatschte sich kräftig beide Hände ins Gesicht. „Okay! Sei stark, Mädchen!“

Sie konnte nicht weinen, wenn sie da hineingehen wollte, um ihren Mädchen Motivation und Kraft mitzubringen. Motivation und Kraft, die sie ganz dringend brauchen würden, wenn sie dieses Jahr besser abschneiden wollten. Die Interhigh lag doch quasi schon vor der Tür!

Noch einmal holte sie tief Luft, straffte die Schultern, strich ihren Rock glatt.

„Okay!“

Dann lief sie los, das letzte Stück Weg, das sie von ihrer Vergangenheit trennte, entschlossen, selbstbewusst, obwohl ihr Herz ihr bis zum Halse schlug und sie schon wieder das dringende Bedürfnis hatte, sich gehörig ins Gesicht zu klatschen.

 

 

Es hatte sich nichts verändert. Auf den ersten Blick war alles, wie es gewesen war, als Yui vor Ende des Schuljahres das letzte Mal hier gewesen war – vom Boden abprallende Volleybälle, Rufe, Rügen und Lobworte, aber auf Socken und in ihrem absolut unsporttauglichen Outfit fühlte sie sich trotzdem wie im falschen Film.

Sie schluckte noch einmal hart, in der Hoffnung, alle Tränen, die schon darauf warteten, zu fallen, noch einmal runterwürgen zu können, nur so lange, wie es brauchte, bis sie ihre Mädchen wieder verabschiedete.

„Heeey! Ich bin da!“, rief sie schließlich laut aus, und sie war stolz auf sich, dass sie es schaffte, so fröhlich zu klingen, wie sie sich unter aller Trauer eigentlich auch fühlte. Einige Köpfe drehten sich zu ihr herum, und während da nun Gesichter waren, die ihr unbekannt waren – Erstklässlerinnen, und wie Yui feststellte, sogar nicht einmal wenige –, waren da vor allem die vertrauten Gesichter ihrer alten Teamkameradinnen.

„Yui-Senpai!“

Sie sahen gut aus. Chizuru stand es, Captain zu sein. Yui hatte es im Grunde schon letztes Jahr gewusst, aber sie jetzt hier zu sehen, ohne die Drittklässler, deren Rat sie sich noch so oft geholt hatte, strahlend und selbstbewusster, als Yui sie in Erinnerung hatte – am liebsten hätte sie geweint. Chizuru kam schlitternd vor ihr zum Stehen, und ihre Wangen waren gerötet, ihre Augen feucht, aber sie sah wirklich glücklich aus.
 

„Wir haben gleich noch ein Trainingsspiel gegen Yodogawa! Möchtest du nicht bleiben, um es anzuschauen?“

 

Yodogawa. Noch längst nicht so stark wie Niiyama, aber auch eine der Schulen, die jedes Jahr einen der besseren Plätze in der Vorrunde pachteten. In all den drei Jahren, die Yui Teil von Karasunos Mädchen-Volleyballteam gewesen war, hatten sie nicht einmal gegen sie gewonnen.

„Dieses Jahr sind wir ziemlich stark“, fuhr Chizuru fort, ihre Augen glühten vor Stolz, „Unsere Erstklässler sind unglaublich! Und du weißt doch noch, wie Yodogawa eigentlich fast nur Drittklässler als Startaufstellung hat, die haben mit dem Schuljahreswechsel sooo viel verloren und haben quasi komplett neu besetzt. Wir haben Chancen!“

Yuis Mundwinkel zuckten, dann lächelte sie und nickte. Natürlich würde sie zusehen!

 

(Aber es war… deprimierend. Fort zu sein, jetzt, wo der Aufschwung kam.)

 

 

Sie gewannen.

 

Es war bestimmt viel Glück dabei, und Yui war sich sicher, dass sie die Siegessträhne nicht ohne sehr hartes Training weiter fortführen könnten, aber sie gewannen. Sie konnte sich nicht erinnern, dass sie ihr Team jemals so stolz und glücklich gesehen hatte. Sie waren nie besonders gut gewesen, und Yui hatte sich viel zu früh damit arrangiert und gar nicht mehr versucht, etwas zu ändern. Nicht wirklich.

Wenn sie es getan hätte… Wäre sie dann jetzt weniger traurig bei diesem Anblick? Würde sie sich dann weniger danach fühlen, zu weinen, während ihre alten Kameradinnen feierten und sich freuten?

Vor sich sah sie, was ihr High-School-Leben hätte sein können, hätte sie irgendwann einmal einen anderen Weg eingeschlagen. Es machte sie traurig. Sie bereute nicht, denn im Endeffekt hatte sie wunderbare drei Jahre gehabt, aber es machte sie traurig, dass ihr Team damals nie so viel Grund gefunden hatte, um zu feiern, dass die Tränen, die sie vergossen hatten, viel mehr Frust gewesen waren und so selten Freude.

Ach, das ist doch blöd.

 

Sie grimassierte kurz, in der Hoffnung, ihre Mimik danach wieder besser unter Kontrolle zu haben, dann stürzte sie sich in den Pulk aus jubelnden Mädchen und verteilte die Umarmungen und Glückwünsche, die sie selbst als Captain nie hatte verteilen können.

Es dauerte noch lange, bis sie nach allen Umarmungen und Glückwünschen und Zusprüchen und Bewunderungen raus aus der Sporthalle kam, gemeinsam mit dem aktuellen Mädchen-Volleyballteam, und es dauerte noch länger, bis sie sich schließlich trennten und Yui alleine war auf dem Weg nach Hause.

 

 

Kaum, dass das Lachen der anderen im Hintergrund verstummte, war es auch bei Yui vorbei mit dem Lachen und der Fröhlichkeit. Sie fiel zu Boden, wo sie stand, und weinte, trauerte um ihr geliebtes, altes Team, das nie so viel Glück erfahren hatte, und trauerte darum, dass sie viel zu früh hatte gehen müssen und nicht länger auf dem Spielfeld stehen konnte.

Being Nervous Isn’t Bad; It Just Means Something Important Is Happening

Es war das vierundzwanzigste Mal, seit er bei Karasunos Volleyballteam angefangen hatte, dass er als Pinch Server aufs Feld gerufen wurde. Das dritte Jahr in Folge, mit einem Team, das sich immer wieder verändert hatte.

Inzwischen waren sie die Senpais, die Ältesten, statt der kleinen Nachfolger, die noch ihren Platz im Team suchten. Inzwischen hatte Tadashi einen festen Platz im Team gefunden; nicht in der Startaufstellung, aber trotzdem oft genug Gelegenheit habend, auf dem Spielfeld zu stehen und seinen Teil beizutragen. Inzwischen war das Team ein ganz anderes als das, in dem Tadashi zu Beginn seiner Karriere noch seine Aufschläge versemmelt hatte. Inzwischen brauchte er niemanden mehr, der ihn nach einem versauten Aufschlag wieder aufbaute und ihm auf die Schultern klopfte, und inzwischen vermisste er es auch nicht mehr.

Inzwischen war er es, der den Kleinen auf die Schultern klopfte, wenn sie einen besonders guten Spielzug machten, der tröstende Worte fand, wenn jemand scheiterte.

Inzwischen war er nützlich.

 

Eigentlich hätte es genug sein müssen, damit Tadashi aufs Feld hinaustreten konnte mit gestrafften Schultern, geradem Rücken und entschlossenem Blick, doch – es half überhaupt nicht. Sein Magen krampfte schmerzhaft, und er hatte das Gefühl, sein Mittagessen, das sowieso schon viel zu lange her war, würde ihm gleich hochkommen, soweit es noch nicht ganz verdaut war. Vielleicht würde er auch nur das Wasser ausspucken, das er vorhin getrunken hatte.

Aber er wollte nicht spucken; das war einfach nach wie vor Hinatas Job und Tadashi war stolz auf sich, dass er bei aller Nervosität und Schweißausbrüchen und Panik seinen Mageninhalt immer bei sich behalten hatte.

Seine Hände zitterten. Wenn Tadashi sich anstrengte, konnte er das Zittern inzwischen aber unter Kontrolle bringen. Sichere Hände bedeuteten einen festeren Griff um den Ball, mehr Sicherheit beim Aufschlag. Sichere Hände bedeuteten aber auch noch mehr Purzelbäume im Magen, einen noch größeren Drang, es Hinata gleich zu tun und loszukotzen, noch ärgere Schweißausbrüche. Er schluckte hart, als er seine Position bezog.

Auf dem Feld standen seine Kameraden, sein diesjähriges Team: alle Drittklässler außer ihm, dazu zwei riesige Jungs aus dem ersten Jahrgang, ein Mittelblocker und ein Außenangreifer, ein Zweitklässler-Libero und Isshiki, Außenangreifer, ebenfalls Zweitklässler. Nicht gerade hochgewachsen, aber ein großartiger Spieler, dessen Aufschläge allerdings mau waren und der genau aus diesem Grund gerade für Tadashi das Feld räumte. Im Vorbeigehen klopfte er ihm auf die Schulter, ein breites Grinsen im Gesicht.

„Viel Erfolg!“

Tadashi nickte, sicherer als er sich fühlte, und schluckte noch einmal um den nervösen Kloß in seinem Hals herum. Er versuchte, betont langsam zu atmen, aber es half auch nicht viel. Vor sich sah er das Netz, im Augenwinkel sein Team. Tsukki, wie üblich, hatte kein Wort für ihn übrig, aber der Blick seines besten Freundes war gelassen, und das war Zuspruch genug, während Hinata wild gestikulierte und grinste, als wollte er der Hallenbeleuchtung Konkurrenz machen.

 

Es war wirklich vertraut geworden.

 

 

Und obwohl es so vertraut war, obwohl Tadashi die ganze Situation so gut kannte, dass er sie blind nacherzählen könnte, er war trotzdem so nervös wie am ersten Tag, den er auf dem Spielfeld gestanden hatte. Noch ein Schlucken, dann straffte er die Schultern, den Ball fest in den Händen.

Er hatte nur ein paar Sekunden, um den Rhythmus des Spiels wieder herumzureißen. Ein paar Sekunden, einen Aufschlag, der darüber entschied, ob ihr Gegner bröckeln würde oder nicht.

Der Gedanke war auch nach über zwei Jahren immer noch verstörend. So gut war Tadashi einfach nicht! Das war doch viel zu viel Verantwortung für jemanden wie ihn!

 

(Objektiv wusste er, dass er durchaus in der Lage war, den rettenden Aufschlag zu leisten. Er konnte es. Seine Aufschläge waren gefürchtet und wurden ernstgenommen, aber in den Momenten, in denen er auf dem Spielfeld stand und kurz davor war, den Ball übers Netz zu bringen, vergaß er all die Anerkennung und all die harte Arbeit, die ihn überhaupt erst hierhergeführt hatte, und alles, was blieb, war das Rumoren seines Magens und das Rasen seines Herzens.)

 

Für ein letztes Durchatmen reichte es, bevor er sich aus seiner Nervositätsstarre riss und sich in Bewegung setzte. Der Ball flog hoch in die Luft, kollidierte dann mit seiner Hand, und – flog. Flog übers Netz, genau so, wie er es gesollt hatte, doch noch war der nervöse Klumpen in Tadashis Hals nicht verschwunden. Atemlos sah er zu, wie der Ball kurz hinter dem Netz ins Trudeln geriet und so abrupt absackte, dass selbst der gegnerische Libero nur dumm aus der Wäsche gucken konnte.

Der Ball fiel, und mit dem Ball fiel Tadashis Nervosität, und mit dem Aufprall auf dem Boden und den Jubelschreien von Hinata zerplatzte noch der letzte Rest Aufregung.

 

Tadashis Schultern sackten in einem erleichterten Seufzen hinab. Es war nur ein Aufschlag gewesen, und es würden noch mehr kommen, aber er fühlte sich jetzt schon unglaublich ausgelaugt und erschöpft.

 

Aber immerhin – der erste Aufschlag war immer der schwierigste, danach hatte Tadashi gar nicht mehr genug Kraft übrig, um so nervös zu sein.

If Curiosity Killed The Cat, It Was Satisfaction That Brought It Back

Curiosity kills the cat – Neugier bringt die Katze um, das hatte Kuroo einmal kommentiert, als Lev eine Böschung hinuntergekullert war bei dem Versuch, einer Katzenmutter zu folgen, die mit der Maus in der Schnauze zweifelsohne zum Versteck ihrer Jungen unterwegs war. Lev hatte sie verloren, hatte einen Mund voll Dreck erwischt und das halbe Team hatte ihn ausgelacht.

Aber gestorben war er nicht.

Und auch wenn Lev natürlich eine Katze war – die Katze, wenn man es so wollte, immerhin war er Nekomas Ass und bester Spieler –, Katzen hatten doch bekanntlich auch neun Leben, also musste er sich nicht vor einem frühen Tod fürchten. Selbst wenn – was er nicht glaubte – seine Neugier ihn irgendwann in größere Schwierigkeiten bringen würde als einen Mund voll Dreck oder ein paar Tritte gegen den Oberschenkel, weil er wieder einmal versuchte, herauszufinden, ob an Yaku wirklich alles klein war. (Es war eine Wette!)

 

Kurzum – Lev sah gar keinen Grund darin, seine Neugier im Zaum zu halten.

Es war völlig ausgeschlossen, dass ihm etwas passierte, schon alleine, weil es kaum jemanden da draußen gab, der ihm wirklich gefährlich werden könnte. Gut, Yakus Tritte schmerzten, aber bevor es wirklich gefährlich wurde, konnte Lev den kleinen Jungen auch vom Boden pflücken, und dann würde er völlig hilflos in seinem Griff zappeln und mit seinen kleinen Ärmchen und Beinchen überhaupt nichts mehr erreichen.

Er war völlig sicher. Keine Gefahr, der er sich nicht erwehren konnte.

 

 

Und deshalb war er jetzt hier – mitten in Tokyo, verborgen hinter Schal und Mütze, um sein auffälliges Äußeres ein bisschen weniger auffällig zu machen, und folgte schon seit geraumer Zeit einer kleinen, ähnlich warm eingepackten Gestalt, die zügig durch die Menge stapfte, und jede Bewegung sah bei ihr ein bisschen aggressiver aus als nötig.

Angeblich hatte Yaku ein Date.

Eigentlich konnte Lev sich das nicht vorstellen. Yaku war so klein, wie sollte er ein Mädchen finden, das noch kleiner war als er und mit ihm ausgehen wollte? Mädchen mochte große Jungs, das war einfach so. Zumindest ging es Alisa so, und weil Alisa das Mädchen war, war Lev sich sicher, dass es im Allgemein kaum anders sein konnte.

Also konnte Yaku kein Date haben.

Zumindest nicht mit einem Mädchen. Und dass Yaku sich mit einem Kerl traf, das konnte Lev sich auch nicht vorstellen. Und wenn er es doch tat, dann tat ihm der Kerl jetzt schon Leid, denn der wurde zweifelsohne noch getreten, ehe der Tag vorbei war.

 

Vielleicht war es auch ein Blinddate. Aber dann würde Yaku bestimmt begrüßt werden mit „Ich hab mir dich irgendwie größer vorgestellt…“

Und dann war es auch wieder vorbei mit Dates.

 

Lev wollte jedenfalls wissen, was es damit nun im Detail auf sich hatte, nachdem es schon die ganze letzte Woche das Gesprächsthema gewesen war. Yaku und sein mysteriöses Date, aus dem er ein großes Geheimnis gemacht hatte, das er mit Arschtritten und Gemeinheiten verteidigt hatte. Und Lev war viel zu neugierig, um es dabei zu belassen.

 

Ihr Ziel – also eher Yakus Ziel, aber Lev verfolgte ihn ja – war ein kleines, richtig kuschelig aussehendes Café, das schon deshalb, weil es so gemütlich aussah, gar nicht zu Yaku passen wollte. Yaku sah auch nicht aus, als fühle er sich besonders wohl damit, jedenfalls nahm Lev das aus der Grimasse, die der kleine Libero zog, als er durch die Tür stapfte. Zur Sicherheit wartete Lev ein paar Minuten, ehe er ebenfalls hineinging.

Drinnen begrüßte ihn der Geruch nach heißem Kaffee und süßem Gebäck, und es war laut vom Geschwätz der Leute. Sehr zu Levs Glück entdeckte er Yaku mit dem Rücken zum Eingang an einem Tisch relativ weit hinten, und weil Lev gleich noch mehr Glück hatte – wie es sich gehörte für jemanden, der so toll war, dass er auch der Protagonist einer tollen Geschichte hätte sein können –, konnte er einen Platz direkt an dem Tisch vor Yakus ergattern. Er bestellte ein Getränk, ohne näher darauf zu achten, was er eigentlich bestellte, und verbarg sein Gesicht dann hinter der kleinen Kuchenkarte, während er über deren Rand hinweg beobachtete, was genau denn nun abging.

 

Innerhalb der nächsten halben Stunde lernte Lev mehrere Dinge:

 

Erstens – Yaku hatte kein Date. Sein Gegenüber war alt und runzelig, und die vage Ähnlichkeit in ihren Gesichtszügen ließ Lev nur zu dem Schluss kommen, dass es sich um Yakus Großmutter handeln musste.

Zweitens – Yakus Großmutter war laut (lag wohl auch in der Familie). Das war gut, weil Lev so quasi jedes Wort hören konnte, das sie sagte, allen voran all die peinlichen Spitznamen, mit denen sie Yaku überhäufte und die Lev immer wieder dazu brachten, breit zu grinsen und ein Lachen in seinem Getränk zu ersticken.

Drittens – Yaku war sogar kleiner als seine Oma, was die ganze Sache irgendwie nur noch lustiger machte. Als die beiden sich zum Gehen erhoben, bot Yaku seiner Großmutter einen Arm, und sie hängte sich zufrieden bei ihm unter, was ganz und gar albern aussah, weil sie Yaku einfach sichtbar überragte. Das war irgendwie peinlich, und Lev hätte es beinahe kommentiert, aber dann klingelte sein Handy und rettete ihn mit einem schwesterlichen Anruf vor schmerzhaften Tritten.

 

 

Wäre Lev klug, wäre das das Ende der Geschichte gewesen. Und Lev war klug, keine Frage, aber vor allem war Lev ein bisschen leichtsinniger als es manchmal gesund war, und deshalb grinste er schon breit, als Yaku am Montag zum Training gestapft kam.

 

(Inzwischen konnte Lev sogar verstehen, wieso Yaku nicht gewollt hatte, dass jemand von seinem Date erfuhr – mit Oma Kaffee zu trinken war eben peinlich, und noch peinlicher, wenn Oma dann auch noch so peinliche Spitznamen verteilte.)

 

Yaku begrüßte ihn mit einem typisch missmutigen Blick, der gleich noch missmutiger wurde, während er skeptisch zu Lev aufsah.

„Was grinst du so, Bohnenstange?“

 

„Ach nichts, mein kleines süßes Reisbällchen~“

 

Das völlig entgeisterte Gesicht, das Yaku machte, war sowohl jeden Tritt wert, den Lev dafür kassierte, als auch Kuroos schadenfroher Kommentar, dass Lev es nicht besser verdient hätte.

Courage Is Resistance To Fear, Mastery Of Fear - Not Absence Of Fear

„Es ist gruselig, nicht wahr? Das erste Mal.“

Weil Yaku lächelte, als er das sagte, freundlich, verstehend, schämte Yuuki sich nicht, zuzugeben, dass ja, es unglaublich gruselig war. Yaku schien es selbst zu kennen. Yuuki konnte es sich heute kaum vorstellen; Yaku war für ihn schon immer ein unumstößlicher Fels in der Brandung gewesen, stark und unnachgiebig, und so ganz anders als Yuuki selbst.

„Ich hab fast gekotzt“, verriet er mit der Schamlosigkeit von jemandem, der seine eigenen Fähigkeiten kannte, seine eigenen Fehler, erstere verbesserte und an letzteren arbeitete, und alles in allem tatsächlich zufrieden mit sich und seiner Leistung sein konnte.

Yuuki wollte diesen Punkt auch irgendwann erreichen.

Er seufzte leise, rutschte tiefer auf der kargen Bank in der Umkleide. Sie waren die letzten, die noch hier waren, die anderen längst abgezogen, um ihren Sieg zu feiern, und Yuuki wäre nur zu gerne mitgegangen – aber die Wahrheit war, dass seine Knie viel zu sehr gezittert hatten; er hatte sich nicht getraut, noch einmal auf die Füße zu kommen. Yaku war ebenfalls geblieben – seinetwegen – und saß nun neben ihm und schien ihm nicht im Geringsten übel zu nehmen, dass sie noch hier waren.

 

„Das nicht, aber–“, er brach ab, lachte verlegen, beschämt auf, „Ich dachte, ich kann mich gar nicht mehr bewegen.“

 

„Aber du hast trotzdem auf dem Spielfeld gestanden. Du hast deinen Job gemacht, du hast Bälle angenommen, und du hast an meiner Stelle Levs Fehler ausgebügelt.“

Yaku grinste, und der Anblick des warmen, stolzen Strahlens ließ auch Yuuki ganz warm werden.

„Es ist mein Job“, gab er zurück, grinste vage. Es hatte ihn viel Kraft und Überwindung gekostet, da draußen zu bleiben, ohne in Panik zu verfallen, aber es war Yuuki peinlich, dass er so viel Energie gebraucht hatte, nur um auf dem Feld zu bleiben.

 

„Ich weiß. Aber es sind große Fußspuren, die man ausfüllen soll. So geht es jedem von uns. Und sich dann trotzdem durchzubeißen – ganz egal, ob du fast kotzt oder kaum ein Bein vors andere kriegst… Ich finde das unglaublich mutig.“

 

Mutig.

Yuuki blinzelte, verwirrt, ein bisschen ungläubig. Er konnte Yakus Gedanken nicht folgen. Er hatte sich nicht besonders mutig gefühlt, als er auf dem Feld gestanden hatte, schwitzend und mit rasendem Herzen, und– er hatte Angst gehabt. Was das nicht das Gegenteil von Mut?

Neben ihm grinste Yaku, als wüsste er, was gerade in Yuukis Kopf vor sich ging.

„Ich hatte Angst.“

Yuuki fand es wichtig, dass zu sagen. Er wollte nicht, dass Yaku ein falsches Bild von ihm bekam. Aber so, wie Yaku nun lachte, warm und freundlich, schien er gar kein falsches Bild zu haben, und in seinen Augen funkelte amüsiertes Verständnis.

 

„Genau das ist der Punkt – du hattest Angst, und du hast weitergemacht. Ist es nicht das, was Mut ist? Die Kraft, die eigene Angst zu überwinden.“

 

 

Das nächste Mal, das Yuuki die Gelegenheit bekam, auf dem Spielfeld zu stehen, war Yaku nicht mehr da, und auch sonst niemand, der Yuukis Platz hätte einnehmen können, denn auf einmal war er der Libero des Teams.

Er fühlte sich kaum besser als beim letzten Mal, und sein Magen machte ausgesprochen lustige Dinge, während er am Spielfeldrand stand und auf seinen Einsatz wartete, der immer näher rückte, mit jedem Mal, dass sie punkteten.

 

Und dann kam der Moment. Yuuki stolperte, als er seinen Platz auf dem Spielfeld einnahm, und seine Beine fühlten sich an wie Blei. Er hatte das Gefühl, dass er die Füße nicht einmal heben könnte, wenn er all seine Kraft in die Bewegung steckte, und sein Herz schlug ihm bis zum Halse.

 

„Du schaffst das“, hatte Yaku ihm versichert, als sie sich Ende letzten Schuljahres das letzte Mal gesehen hatten, und der Ältere hatte Tränen in den Augen gehabt, während er gegrinst hatte und überhaupt viel zu sentimental ausgesehen für jemanden, der in seiner Freizeit nervige Erstklässler durch die Gegend trat. (Jetzt, wo Yaku nicht mehr da war… war es Yuukis Job, Lev in seine Schranken zu weisen? Die Vorstellung, sich gegen den Riesen zu behaupten oder ihn nach dem Training zu noch mehr Training zu zwingen war befremdlich!)

 

Ich schaffe das.

 

Mut. Die Kraft, die eigene Angst zu überwinden. Auch wenn Yuuki es nicht so ganz verstand, gefiel ihm der Gedanke. Er hatte Sou einmal davon erzählt, und Sou hatte gelacht und verkündet, er fand, es passte ganz wunderbar zu Yuuki.

„Sogar dein Name ist mutig“, hatte er mit belehrend erhobenem Finger grinsend kommentiert. Es stimmte nur so ein bisschen – im Klang, ja, in der Schreibweise, nein. Aber das war okay.

Yuuki war eben auch nur…

 

Der Ball flog übers Netz, und zwischen Herzklopfen und Schweißausbrüchen stürzte Yuuki vor. Er spürte, wie die kaum gepolsterte Oberfläche des Balls mit seinen Unterarmen kollidierte. Dann segelte der Ball wieder durch die Luft, und irgendwo hörte er einen Lobesruf, der ihn grinsen ließ, während seine Knie einzuknicken drohten.

 

…Ein bisschen mutig.

There Is Nothing Like A Dream To Create The Future

Kousuke holte tief Luft. Einmal. Zweimal. Dreimal. Beim vierten Mal stieß er die Luft in einem klangvollen Seufzen aus und straffte die Schultern, ehe er sich von der unbequemen Holzbank der Umkleide erhob.

 

 

Es war das erste Spiel seit diesem schulübergreifenden Trainingscamp, zu dem Kogane eingeladen worden war. Kein wichtiges Spiel. Nichts weiter als ein Trainingsmatch gegen eine der anderen Schulen, die frustriert schon in den Vorrunden des Frühjahrsturniers ausgeschieden waren. Verlierer gegen Verlierer. Eigentlich nichts Großes. Kousuke war trotzdem aufgeregt wie noch nie.

Es kam so kurzfristig, ganz spontan – und er hatte Kogane noch nicht wieder wirklich spielen sehen, seit er zurück war von Shiratorizawa. Bisher war Kogane immer ein zweischneidiges Schwert gewesen. Riesig, und damit echt praktisch, weil er ganz andere Möglichkeiten hatte als andere Zuspieler, aber so unberechenbar, und, wenn Kousuke ehrlich zu sich selbst war, schlecht, dass er trotzdem oft genug noch nicht geholfen hatte.

 

Aber das war okay. Das war immer okay gewesen für Kousuke. Es war sein Job, Kogane zu unterstützen. Ihm den Rücken freizuhalten und dafür zu sorgen, dass der Ball zu ihm kam. So war das als Libero eben, und Kousuke liebte seinen Job.

 

(Natürlich vermisste er Moniwa, aber Kogane, in Kousukes Augen, war eine würdige Nachfolge für ihren alten Zuspieler, egal, wie oft er noch Fehlerchen machte. Er würde sich mausern, das wusste er!)

 

Und jetzt war es soweit – das erste Mal, dass er wieder mit Kogane auf dem Spielfeld stand, nachdem der sich wer wusste schon wie sehr verändert hatte. Kogane hatte ihm abends am Handy mehr als einmal erzählt, was er erlebt hatte, welche Tipps und Kniffe man ihm näherbringen wollte, und er hatte laut und großspurig versprochen, dass Kousuke ihn nicht wiedererkennen würde.

„Sorry, aber ich glaube, du bist jetzt arbeitslos!“, hatte er gelacht, und Kousuke hatte mitgelacht, weil er niemals arbeitslos werden würde, und weil er froh war, dass Kogane so selbstbewusst und optimistisch war.

Weil in seiner Stimme so viel Hoffnung mitschwang, dass Kousuke selbst gar nicht anders konnte, als zu hoffen und zu glauben, dass jetzt der Aufschwung kam, auf den sie so sehnlich hinarbeiteten.

 

 

Draußen auf dem Spielfeld war alles wie immer. Kousuke sah die Rücken seiner Teamkameraden, sah Koganes breites Kreuz. Als spürte er den Blick, drehte Kogane sich zu ihm um, dann grinste er so breit, dass Kousuke schon vom Zusehen die Kiefer wehtaten, und trotzdem konnte Kousuke nicht anders, als zurückzugrinsen.

„Wir machen sie fertig!“, verkündete Kogane. „Halt die Klappe“, mahnte Futakuchi, „Und konzentrier dich gefälligst auf das Spiel, du Dummkopf!“

Es brachte Kousuke nur noch mehr zum Schmunzeln. Kogane mochte besser geworden sein, aber er war immer noch Kogane, und das war gut – das war sogar noch besser. Kousuke wäre nicht ganz glücklich geworden, wenn sein großes Sorgenkind plötzlich ein anderer Mensch geworden wäre.

 

Aber so? – So konnte er hoffen. Auf Kogane und sein Training. Auf ihr eigenes Training, das sie sicher nicht hatten schleifen lassen, nur weil ihr Hauptzuspieler gerade woanders unterwegs war. Auf den eisernen Wall von Datekou, der da vor dem Netz aufgereiht stand, hünenhaft und undurchdringlich.

 

„Wir gewinnen“, stimmte Kousuke zu, viel zu leise, als dass Kogane ihn hören würde – er wollte Futakuchis Zorn nicht auf sich ziehen! – und holte tief Luft. Sie würden gewinnen. Mit neuen Fähigkeiten und neuer Hoffnung voran.

 

 

Kogane war wirklich besser geworden. Aber irgendwie war Kousuke erleichtert, als er dann doch einmal versemmelte, denn das bedeutete, dass sie immer noch genug Raum hatten, um gemeinsam zu wachsen.

Bewilderment Is Often The Child Of Ignorance

„Ich bin fassungslos.“ – „Weißt du, Konohan, du sagst das ganz schön oft.“

 

Komi lachte über seinen eigenen Kommentar. Saru grinste – ja, er grinste wirklich! – und selbst Washio ließ sich dazu herab, mit dem Mundwinkel zu zucken – amüsiert. Onaga und Anahori tauschten Blicke, und beide grinsten unverhohlen erheitert.

Konoha Akinori war nicht amüsiert. Konoha Akinori war empört, war fassungslos, und –

Er seufzte, zentnerschwer, fuhr mit einer Hand durch sein Haar und trank dann einen Schluck Wasser, ehe er sich langsam erhob. Seine Kameraden taten es ihm gleich.

„Also, wie teilen wir uns auf?“

 

Es war immer das Gleiche. Und deshalb war Akinori auch so fassungslos darüber. Weil sich nie etwas änderte, egal, wie oft sie Bokuto irgendwo einsammelten und ihm dann extra auf dem Rückweg noch einmal zeigten, wo er eigentlich hätte abbiegen sollen. Wie konnte ein einziger Mensch einen so schlechten Orientierungssinn haben? Es war unbegreiflich für Akinori.

„Wie ist die Reihenfolge?“, fragte Onaga blinzelnd. Komi hob grinsend die Hand – „Ich weiß es! Nachdem Horin beim letzten Mal zuerst durfte, müsste jetzt eigentlich Saru zuerst dran sein. Danach ich, Konohan, Washio, Onaga und zum Schluss Horin.“

Es hätte schlimmer sein können. Konoha stieß seufzend die Luft aus.

 

Seit sie das erste Mal von Akaashi zusammengerufen worden waren, um Bokuto zu suchen, hatten sie ein Ritual daraus gemacht, im Uhrzeigersinn einer Reihenfolge folgend jedes Mal in neuer Reihe zu bestimmen, wer wo suchte. Wer zuerst bestimmen durfte, bekam die bequemsten Plätzchen ab, wer am Ende übrig war, durfte auch schon einmal über staubige Feldwege oder viel zu ätzende Steigungen stundenlang bergauf wandern.

 

„Ich geh unten am Fluss nachsehen“, kommentierte Saru schließlich. Komi fügte hinzu, dass er hinter dem Konbini der Straße folgen wollte – „Da ist es so schön schattig!“ – und weil das die einzige noch erträgliche Route war, nahm Akinori den Weg ins nahe Wohnviertel. Wohin die anderen sich aufmachten, hörte er sich gar nicht mehr an, sondern raffte sein Zeug zusammen und trottete dann aus der Sporthalle in den schwül-heißen Sommertag hinaus.

 

Er war immer noch fassungslos.

 

Es war schon das mehr als zehnte Mal, dass sie Bokuto aus genau dieser Situation heraus – Bokuto ging zum Konbini, um sich etwas zu essen zu kaufen – suchen mussten. Immer das gleiche Spiel. Das bitterste – das unglaublichste daran – war, dass er es schaffte, immer woanders aufzutauchen. Mal tatsächlich nur einige Straßen vom Konbini entfernt, dann wieder am gefühlt anderen Ende der Stadt.

 

(Natürlich nicht, aber man konnte zu Fuß verblüffend weit kommen, das zeigte Bokuto leider viel zu oft.)

 

 

Wäre es nur sein Orientierungssinn, Akinori wäre vermutlich  nicht halb so empört, fassungslos und genervt. Aber es war nicht nur sein Orientierungssinn.

Während er hier durch die viel zu heißen Straßen trottete, hatte Akinori nicht einmal eine Ablenkung von seinen wandernden Gedanken. Von seinen Erinnerungen an all die Dinge, wegen derer er fürchtete, dass sein Gesicht irgendwann in einem Ausdruck konstanter Fassungslosigkeit erstarren würde.

 

Es fing schon damit an, dass Bokuto Captain war.

 

Ja, natürlich, Akinori sah sogar, dass Bokuto den Job die meiste Zeit relativ gut machte. Dass er motivierend und antreibend war, auch wenn er das gerne selbst vor sich selbst verleugnete.

Aber im nächsten Moment schaffte Bokuto es, an einem Reisbällchen zu ersticken, wenn man ihn nicht rettete, oder war völlig überzeugt davon, dass die Lehrer in Wirklichkeit Aliens waren, und schon war Akinori einfach nur noch fassungslos, wie so ein Idiot ihr Team anführen sollte.

 

Es war die Selbstverständlichkeit, mit der Bokuto dumm wie drei Meter Feldweg war.
 

Akinori würde niemals behaupten, selbst eine allzu große Leuchte zu sein, und das war auch kein Weltuntergang. Aber Bokuto schaffte es, selbst bei den einfachsten Kanji noch um Hilfe zu fragen, die er schon seit Jahren beherrschen sollte.

Bokuto schaffte es, völlig erstaunt zu sein, dass es keine Wassermelonenbäume gab und Meerschweinchen keine Schweine waren, die im Meer lebten.

 

Es war die Tatsache, dass Bokuto glaubte, er sei der Beste (hey hey hey!).

 

Er war verdammt gut. Akinori hasste es, aber es stimmte. Und dann, im nächsten Moment, saß er dramatisch in der nächsten Ecke und schaffte eine perfekte Darstellung eines Denkmals von sich selbst und war so nutzlos, dass das gesamte Team seine Nutzlosigkeit auffangen musste.

Es machte Akinori fassungslos.

 

Es machte ihn noch fassungsloser, dass, nach allem Drama und aller Tragik, Bokuto tatsächlich der Beste war (zumindest in ihrem Team).

 

 

Nachdem er gefühlte Ewigkeiten in der Hitze geschmort war – inzwischen war er vermutlich gar und knusprig gebraten… –, hörte er aus der Ferne einen Lärm, der verdächtig auf Bokuto schließen ließ.

Ich hab ihn, textete er in den Gruppen-Chat, der zu Bokuto-Suchzwecken einberufen worden war. Das bedeutete, immerhin, dass er jetzt für eine Woche Snacks von Akaashi bekam. Aber war es das wirklich wert, sich so sehr durchkochen zu lassen? Seufzend wischte Akinori sich den Schweiß von der Stirn, dann beschleunigte er seinen Marsch zu einem Joggen, um die Distanz zu dem Lärm schneller zu überbrücken.

 

Bokuto hatte einen Spielplatz gefunden.

 

Bokuto hatte einen Spielplatz gefunden, und nun saß er – in schwitzigen Sportklamotten – zwischen einem Haufen kleiner Kinder im Sandkasten, ein Schäufelchen in der einen und eine Harke in der anderen Hand, und war offensichtlich damit beschäftigt, eine Sandburg zu bauen.

Eine Sandburg, die jetzt schon bis an sein Kinn hinaufreichte.

Und die Kinder sahen ihm in großem, ehrfürchtigem Erstaunen zu.

 

Am liebsten wäre Akinori wieder abgedreht, ehe Bokuto ihn sah, einfach nur, weil er ahnte, dass er hier nicht wegkommen würde, bis Bokuto sein Kunstwerk beendet hatte, doch zu spät – da lagen die schiefen Augen schon auf ihm und weiteten sich begeistert.

„Du kommst gerade recht, Konoha! Ich brauche neues Wasser, sonst können wir nicht weiterbauen! Los, beeil dich und hol welches!!!“

 

Akinori war fassungslos.

When We Don't Know Who To Hate, We Hate Ourselves

„Awww~ Keine Sorge! Es ist alles prima~ Nächstes Jahr ist auch noch eine Chance!“

 

Das Grinsen war ihm auf dem Gesicht festgefroren, und seine Augen brannten, weil sie eine Fröhlichkeit heuchelten, die er nicht fühlte, und die Hand, die gerade lässig die Sorgen des Mädchenpulks abwinkte, hätte sich lieber zur Faust geballt, um mit der nächsten Wand zu kollidieren.

 

Die Wahrheit war, es gab kein nächstes Jahr für Oikawa Tooru.

 

 

Das Knie, das ihn verraten hatte, pochte kaum merklich, als er sein Gewicht verlagerte, und er grinste und lächelte und wedelte locker alle Sorgen und Genesungswünsche der Mädchen ab, die ihn immer noch im Gang festhielten, obwohl er einfach nur zurück in seine Wohnung wollte, Ruhe haben, allein sein.

Es dauerte viel zu lange, um sie endlich abzuwimmeln, doch schließlich war Tooru allein, keine kieksigen Stimmchen mehr, keine großen, sorgenvollen Mädchenaugen, keine kleinen Geschenke zur Genesung, Kekse, Schokolade, all das Zeug, das er normalerweise nur zu gerne angenommen hätte, doch der Anblick der Süßigkeiten drehte ihm gerade den Magen um.

 

Ein bisschen Zucker würde auch nichts mehr richten. Es gab nichts mehr zu richten.

 

Frustriert pfefferte er seine Tasche in eine Ecke der kleinen Wohnung, die er gemietet hatte. Gleich im Eingangsbereich war ein mannshoher Spiegel, in dem Tooru jetzt sein Gesicht sehen konnte – es war zu einer wütenden, hasserfüllten Fratze verzerrt. Unter der gerade geschnittenen Hose sah niemand den Stützverband um sein Knie. Solange er sich nicht bewegte, konnte Tooru sich selbst vorlügen, dass alles in Ordnung war. Sobald er einen Schritt vor den anderen machte, sah er das leichte Humpeln, ausgelöst durch die gestützte Steifheit des verletzten Knies.

 

„Sie werden mit dem Sport aufhören müssen.“

 

Tooru hasste es, dass diese Worte immer noch im Dauerlauf durch seinen Kopf hallten, immer und immer wieder, bis sie keinen Anfang und kein Ende mehr hatten und einfach nur noch waren – überall und nirgendwo, und nichts, das er tat, konnte sie zum Verstummen bringen.

 

 

Gerade hasste er alles.

 

Er hasste den Moment, in dem er gestürzt war, sein Knie so überlastet, dass er nicht einmal mehr stehen konnte, und er hatte es nicht einmal mehr aus eigener Kraft bis zum Arzt geschafft.

 

Er hasste die mitleidigen Blicke der Mädchen, die Genesungswünsche, obwohl sie keine Ahnung von ihm hatten, die über sein hübsches Gesicht hinausging.

 

Er hasste die wissenden, mitleidigen Blicke seiner Teamkameraden, die Schicksalsergebenheit, die Selbstverständlichkeit, mit der ihr Captain verkündet hatte „wir brauchen einen neuen Zuspieler“.

 

Er hasste Ushiwakas ernstes, stoisches Gesicht, hasste den nichtssagenden Blick aus schmalen Augen, als er völlig selbstverständlich kommentiert hatte, dass Tooru sein Schicksal selbst über sich gebracht hatte – „Hättest du von vornherein den richtigen Weg gewählt, es wäre anders geendet.“

 

Er hasste die Unscheinbarkeit seines eigenen Grinsens, die Selbstverständlichkeit, mit der die Maske saß, die allen Ärger, alle Wut und alle Hilflosigkeit hinter der üblichen Fassade versteckte.

 

Und zwischen all den Dingen, die er hasste, war das, was er am meisten hasste, sein bester Freund.

 

Er hasste es, dass Iwa-Chan nicht da gewesen war, um ihn aufzuhalten, so, wie er es früher getan hatte.

 

(Er wusste, dass es idiotisch war, Iwa-Chan die Schuld zu geben, doch es war leichter, die Schuld abzuschieben, als zuzugeben, dass Tooru wirklich, wie Ushiwaka es sagte, sein Leid selbst herbeigeführt hatte. Es war nicht Toorus Schuld. Es war Tobios Schuld, der ihm wie ein elender Geier immer im Nacken gesessen und ihn bedroht hatte, es war Iwa-Chans Schuld, weil er einfach nicht da gewesen war.)

 

Er hasste es, dass er es Iwa-Chan nicht sagen konnte.

 

Er hasste es, dass er nicht nein sagen konnte, als Iwa-Chan ihn zum Volleyballspielen einlud. Tooru wusste, dass er die falsche Entscheidung traf, doch er wollte mit Iwa-Chan spielen, bei allem Hass und aller Wut, und er wusste, für ein lapidares Freundschaftsspiel konnte er über den Schaden in seinem Knie hinwegtäuschen.

Iwa-Chan würde es nicht erfahren.

 

 

Wenn es etwas gab, das Tooru mehr hassen würde als alles andere, dann war es der zerbrochene Blick, mit dem Iwa-Chan ihn ansehen würde, wenn er es jemals erfuhr.

Where There Is Anger There Is Always Pain Underneath

„Warum hast du mir das nie gesagt?!“

 

Hajimes laute Stimme hallte noch von den Wänden wider, als er längst fertig war mit seinem Brüllen. Der Klappstuhl, den er wütend umgeworfen hatte, lag nun einsam in der Mitte der Umkleide, wankte noch ein bisschen, ehe er endgültig zum Stillstand kam.

Stillstand.

Hajimes Herz raste, seine Hände waren zu Fäusten geballt, die so fest zusammenkrampften, dass es schmerzte – Schmerz, den er nicht einmal spürte, auch wenn ihm bewusst war, dass er da sein musste.

 

Oikawa lächelte.

 

Er lächelte, als wäre das alles hier nur ein lustiger kleiner Witz zwischen zwei alten Freunden, die sich zu lange nicht mehr gesehen hatten.

Hajime sah den Witz nicht. Durch den glühendheißen Schleier seines Ärgers sah er nur Oikawa, der, wie er wohl glaubte unauffällig, an der Wand lehnte, sämtliches Gewicht vom rechten Knie genommen, das überhaupt erst der Grund war, weshalb sie hier waren.

 

„Wie lange?!“

Die Worte waren förmlich ausgespuckt, bebend vor kaum unterdrückter Wut, und Hajime stapfte mit viel zu schweren Schritten zu Oikawa hin, bis er so nah vor ihm stand, dass er die einzelnen Wimpern an seinen Augen hätte zählen können. Er zählte nicht. Sein Blick war auf Oikawas Augen fixiert, die sein Lächeln nie erreichte, und hinter der üblichen Fassade aus nichts und heuchlerischer Freundlichkeit sah Hajime etwas, das ihn an zerbrochenes Glas erinnerte.

„Mach nicht so ein Drama, Iwa-Chan~ Der Arzt hat nur gesagt, ich darf nicht mehr regelmäßig spielen. Gegen ein bisschen Spaß ab und zu hat er keine Einwände!“

Hajime knurrte. Er packte Oikawa beim Kragen, doch weil die jähe Bewegung ihn ins Straucheln brachte, griff er im nächsten Moment lieber nach seinen Schultern und drückte ihn gegen die Wand, um das Knie wieder zu entlasten, das er gerade unabsichtlich beansprucht hatte.

„WIE. LANGE?!“

Er versuchte gar nicht mehr, leise zu sein.

Es war einerlei. Sie waren sowieso allein.

 

Oikawas Lächeln verblasste, doch der neue Gesichtsausdruck – herablassend, defensiv – versprach nur noch mehr Ärger und sofort spürte Hajime die Wut in seinem Inneren noch höher kochen. Mit einer Kraft, die Hajime gerade nicht erwartet hatte, schob Oikawa ihn wieder von sich, stemmte provokant die Hände in die Hüften. Obwohl er sein Knie belastete, zuckte er nicht einmal mit der Wimper – zu stolz, zu verletzt, was sollte Hajime es gerade kümmern.

„Ich bitte dich, Iwa-Chan, du bist nicht meine Mutter.“

 

„ABER DEIN BESTER FREUND!!!“

 

Und damit flog der Stuhl noch einmal, landete unter Klappern und Klirren irgendwo. Hajimes Atem ging stoßweise, während er Oikawa mit hitzigen Blicken traktierte – sein Freund zeigte gerade verblüffende Ähnlichkeit mit einem Goldfisch, starrend, völlig entgeistert, und in jeder anderen Situation hätte Hajime den Gedanken als Grundlage für einen Witz genommen, doch gerade erinnerte ihn das Bild nur an einen gesunden Oikawa und machte ihn damit nur noch rasender.

„Iwa-Chan…“ Vorsichtig, mit einem Unterton, der beinahe misstrauisch klang. Es war Hajime gerade denkbar egal.

„Wie lange?! Wie lange hast du mich belogen und mir vorgespielt, alles sei okay?! Wie lange hast du dein Knie unnötig kaputt gemacht aus– aus–“

Er gestikulierte wild, unfähig, die passenden Worte zu finden. Dummheit? Stolz? Was war es gewesen? Hajime verstand es nicht! Er hatte Oikawas Selbstzerstörerei noch nie begriffen, aber nun begriff er sie noch weniger als vor wenigen Jahren noch, und es machte ihn hilflos – und das machte ihn wütend.

 

„Egoismus“, ergänzte Oikawa, und Hajime erstarrte, denn zum ersten Mal seit dem Beginn dieses Streits klang Oikawa ehrlich.

 

„Ich wollte nicht aufhören, mit Iwa-Chan Volleyball zu spielen.“

 

Etwas brach. Hajime hatte keine Ahnung, was es war, aber die Scherben stachen so hart und schmerzhaft, dass sie schlimmer waren als die nagende Wut, die durch seine Eingeweide wühlte. Die Schultern völlig verkrampft ließ er die geballten Fäuste sinken, starrte Oikawa an, als hätte er ihn noch nie gesehen und als gäbe es trotzdem nichts, das ihm vertrauter sein könnte, und wusste überhaupt nicht mehr, was er sagen sollte.

Oikawa lächelte wieder, aber es war ein Lächeln, das die Geschichte einer verlorenen Zukunft erzählte, von Unglück und Einsamkeit, und Hajime fand darin so viel wieder von dem, was als Scherbenhaufen in seinem Inneren war. Und eine Erkenntnis.

 

Es gab nichts mehr zu sagen.

One Should Be Able To See Things As Hopeless And Yet Be Determined To Make Them Otherwise

Wir können nicht gewinnen.

 

Es war wie ein Mantra – Yukitaka waren die Worte viel zu vertraut geworden. In der Mittelschule schon waren sie kein gutes Team gewesen. Dann war das Volleyballturnier gekommen, und natürlich waren sie noch schlechter gewesen, immerhin war am Ende der einzige, der wirklich Ahnung hatte, Shou-Chan, und selbst der konnte damals, rückblickend, nicht viel.

 

Dann war die High School gekommen. Neues Umfeld, neue Klassenkameraden, doch das alte Mantra war geblieben. Das Basketballteam war nicht gut, so gern Yukitaka auch etwas anderes behaupten würde, und es war ein Wunder, wenn sie nicht gleich im ersten Spiel eines Turniers rausflogen. Die Zwillinge aus der Parallelklasse schlossen schon seit Mitte des ersten Schuljahres Wetten ab, wie gnadenlos sie beim nächsten Turnier wieder scheitern würden.

 

Anfangs war Kouji zu den Spielen gekommen. Anfangs hatte er Koujis Spiele besucht. Nachdem sie aus ihrem jeweiligen Turnier rausgeflogen waren, hatten sie einen ausgesprochen peinlich berührten Nachmittag am Flussufer verbracht, und während Kouji Löcher in die Luft starrend im Gras gelegen hatte, hatte Yukitaka Grashalm um Grashalm gepflückt und zerrupft, während er das neueste Scheitern Revue passieren ließ.

Er war kein talentierter Sportler. Kouji war besser als er, aber auch weit von einem Naturtalent entfernt. Sie trainierten ernsthaft, so war es nicht. Sie waren einfach… nicht gut.

Yukitaka hatte lange keine Hoffnung auf einen Sieg mehr. Er war nicht Shou-Chan. Er konnte das nicht.

„Hey, Izumi. Vielleicht sparen wir uns das zukünftig, uns die Spiele vom anderen anzusehen.“

Yukitaka war so froh über den Vorschlag gewesen, dass er sich beinahe überschlagen hatte in seinem Eifer, ihn zu bejahen.

 

So war es nun seit zwei Jahren. Sie besuchten Shou-Chans Spiele, soweit erreichbar, ignorierten aber, wenn der jeweils andere spielte, weil sie genau wussten, es würde nichts dabei herumkommen. Sie verschwiegen Shou-Chan ihre eigenen Spiele, was nicht sonderlich schwierig war; Shou-Chan hatte den Kopf so voll Volleyball, dass kaum ein anderes Thema von seiner Seite aus aufkam, wenn sie telefonierten oder chatteten.

 

Manchmal spielte Yukitaka mit dem Gedanken, einfach aufzuhören. Keine Spiele mehr, die er sowieso verlieren würde, keine unüberwindbaren Hürden, keine Hoffnungslosigkeit im Angesicht eines übermächtigen Gegners. Und dann dachte er an Shou-Chan, und an seinen unbeugsamen Optimismus, an seine Sturheit, mit der er auf dem Spielfeld verharrte, selbst wenn längst offensichtlich jeder Zug für ihn abgefahren war, und dann konnte er sich nicht dazu durchringen.

Verlieren war eine Sache. Es gar nicht zu versuchen… dafür würde er sich schämen.

So sah er sich immer wieder der tristen Hoffnungslosigkeit des Verlierens gegenüber, aber das war ein Umstand, mit dem Yukitaka sich abgefunden hatte.

Ich war dabei war eigentlich doch auch schon etwas wert, nicht wahr?

 

(Der Gedanke machte das Verlieren leichter.)

 

 

Es war das Frühjahrsturnier seines dritten Jahres, als er von der Tribüne aus ein lautes Rufen hörte, das zweifelsfrei nur zu einer Person gehören konnte.

„S-Shou-Chan?!“

Shou-Chan. In all seiner mickrigen Pracht, winzig, und gleichzeitig überlebensgroß mit seinem Selbstbewusstsein, und Yukitaka konnte nur starren, tausend Gedanken im Kopf – allen voran wieso bist du hier?!

Shou-Chan sollte nicht hier sein. Kouji auch nicht, fiel Yukitaka im nächsten Moment auf, aber da stand er, neben Shou-Chan, kratzte sich schuldbewusst und verlegen an der Wange, und mit einem Mal wusste Yukitaka, was passiert war. Kouji hatte gepetzt.

 

„Manchmal würde ich mir wünschen, dass Shou-Chan zum Spiel kommt. Aber… wir verlieren eh. Das muss er nicht sehen.“ – „Ich glaube, er ist begeistert, solange wir uns nur Mühe geben, Izumi.“

 

Ich hätte das nie sagen sollen. Oh Gott!

 

Aber jetzt war es zu spät. Jetzt war Shou-Chan schon da und würde ihn verlieren sehen. Denn dass sie verloren, daran bestand kein Zweifel. Das Losunglück hatte ihnen gleich für den Anfang einen Gegner beschert, der übermächtig war. Yukitaka schluckte, straffte die Schultern.

Selbst wenn wir verlieren, wir müssen nicht kampflos gehen.

 

Ein Sieg war völlig hoffnungslos ausgeschlossen – aber er konnte Shou-Chan begeistern. Und war das nicht eigentlich viel mehr wert?

I Wonder How Much Of The Day I Spend Just Callin' After You

Wir haben gewonnen!!!

 

Hana lächelte ihr Handy an, während Tränen in ihren Augen brannten. Sie hatten gewonnen. Natürlich hatten sie gewonnen. Johzenji war ein gutes Team, und die neue Richtung, die es eingeschlagen hatte, war auch gut. Ihre Jungs waren glücklich gewesen, als sie gegangen war, und so, wie das gerade klang, waren sie auch heute noch glücklich.

Ich hoffe, ihr macht Runa-Chan nicht zu viel Ärger.

Geistesabwesend strichen ihre Finger über das Display ihres Handys, über den Namen, der über der Nachricht prangte – Terushima Yuuji. Sie hatten ihre Nummern erst ausgetauscht, als sie kein Teil des Teams mehr gewesen war, an ihrem letzten Schultag, als er grinsend am Schultor gestanden hatte und verkündete, dass sie doch nicht einfach verschwinden konnte, ohne eine Möglichkeit zurückzulassen, in Kontakt zu bleiben.

 

„Du willst doch wissen, was aus dem Team wird, oder?“

 

Wollte sie.

 

Und trotzdem hätte sie ihr Handy gerade lieber gegen die Wand geworfen. Hier saß sie, irgendwo im Süden von Japan in einer Studentenbude, die zu klein zum Atmen war, starrte unglücklich aus dem Fenster und spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen.

Sie vermisste ihr Team.

Sie hatte kein Heimweh nach ihrer Familie und ihren Freundinnen.

Sie hatte Heimweh nach diesen verrückten Jungs, denen sie drei Jahre lang nachgelaufen war und hinterhergeräumt hatte. Sie hatte Heimweh danach, sie zu maßregeln und zurechtzuweisen, ihnen Prügel anzudrohen, die sie dann doch nie bekamen. Heimweh nach ihrem Lachen und ihren dummen Ideen.

 

Sie tippte mit zitternden Fingern und tränennassen Augen eine Antwort, Glückwünsche, die sich nur halb so ehrlich anfühlten, denn in jedem Satz steckten versteckt zwischen den Zeilen die Worte ich wünschte, ich wäre bei euch.

Natürlich war es irgendwie unvermeidlich gewesen, dass ihr letztes Jahr in einer Niederlage geendet hatte, aber trotzdem tat es Hana weh, dass es so hatte enden müssen, und es tat ihr weh, dass ihre Jungs jetzt erfolgreicher waren und sie nicht da war, um es zu sehen und ihnen direkt ins Gesicht sagen zu können, wie stolz sie war. Sie schniefte, wischte sich dann aber rigoros die Tränen aus dem Gesicht und legte ihr Handy beiseite.

Es war spät. Sie wusste, ihr Gesprächspartner könnte noch stundenlang weiterschwatzen, und es war schon öfter vorgekommen, dass sie die halbe Nacht mit ihm wachgeblieben war, und es am Morgen in ihren Vorlesungen dann bitter bereut hatte. Sie konnte sich das nicht mehr leisten. So gern sie es gewollt hätte, so sehr sie sich danach sehnte, sich einfach in dem leichten Plausch zu verlieren, die letzte belanglose Neuigkeit über ihr altes Team zu hören, es ging nicht.

 

 

Sie konnte nicht schlafen.

Sie lag im Bett, Augen offen, Blick an die weiße Decke gerichtet, und in unregelmäßigen Abständen hörte sie, wie ihr Handy vibrierte, neue Nachrichten brachte. Es ging eine gefühlte Ewigkeit so, bis es endgültig verstummte. Hana stieß langsam die Luft aus. Sie war immer noch wach. Ihr Gesprächspartner war schlafen gegangen, da war sie sich sicher. Langsam schwang sie die Beine aus dem Bett und tappte auf leisen Sohlen bis zu ihrem Schreibtisch hinüber. Dort lag ihr Handy, wo sie es hingelegt hatte, zwischen Lernsachen und Rechnungen. Sie griff nach dem kleinen Gerät, ließ sich dann auf ihrem Schreibtischstuhl nieder, während sie die Nachrichten der vergangenen Stunde durchlas.

 

Sie lachte. Sie weinte. Sie vermisste.

 

Es waren keine wichtigen Nachrichten. Belanglosigkeiten. Anekdoten, die so albern waren, dass sie nur von Johzenji kommen konnten, zwischendurch ein paar züchtige Kommentare, die Terushima sich ruhig hätte sparen können. Es war viel zu leicht, sich alles bildlich vorzustellen. Weil sie so viele Fotos bekommen hatte, wusste sie, wie die neuen Erstklässler aussahen, und auch wenn keiner von ihnen es in die Startaufstellung geschafft hatte, waren sie immer wieder Inhalt der Geschichten.

Einer von ihnen war so tollpatschig, dass er ständig über seine eigenen Füße fiel.

Ein anderer hatte mehr Glücksbringer an seiner Sporttasche, als ein normaler Mensch zählen konnte.

Der Dritte, ein bilingual aufgewachsener Mischling mit amerikanischen Wurzeln, rutschte ins Englische, wenn er nervös wurde.

Hana wusste so viel von ihnen, und doch hatte sie sie noch nicht ein einziges Mal gesehen.

 

Sie wollte sie kennenlernen. Jeden einzelnen.

 

Sie wollte mitlachen können, wenn die Erstklässler über ihre Füße fielen, mit Glücksbringern raschelten oder in fremden Zungen sprachen.

 

Ihr Handy vibrierte völlig unverhofft wieder, brachte eine neue Nachricht von Terushima, der eigentlich schlafen sollte. Sie blinzelte verdutzt, brauchte einen Moment, um ihre tränenfeuchten Augen auf den Text zu fokussieren.

 

Unser nächstes großes Spiel fällt in deine Semesterferien. Du kommst doch vorbei, oder? :D

 

Hana blinzelte noch einmal. Wieso–? Wieso fragte sie sich das überhaupt? Terushima tat immer das Unerwartetste. Sei es, dass er als Klassenbester in einem Test abschnitt, von dem jeder wettete, dass er ihn versemmeln würde, oder dass er – ja. Ihre Semesterferientermine herausfand. Einfach so. Sie lachte leise, vergrub das Gesicht in den Händen.

Es dauerte mehrere Minuten, bis sie sich beruhigt hatte und eine Antwort tippen konnte.

 

Natürlich komme ich! Und dann werde ich euch gepflegt in die Hintern treten, wenn ihr verliert!!!

 

Sie konnte es nicht mehr erwarten, bis das Semester vorbei war. Sie hatte einfach solches Heimweh.

So, Have A Little Fun. Soon Enough You’ll Be Dead And Burning In Hell

Von allen Dingen, die Terushima Yuuji zum Leben brauchte, war ihm Spaß eindeutig das Wichtigste. Spaß. Freude am Leben.

Die Möglichkeit, noch zu lachen, wenn der Himmel grau war du die ganze Welt nur noch ihres Weges schlurfte und sich unter Regenschirmen versteckte.

 

Yuuji tanzte lieber im Regen, statt sich davor zu verstecken, und wenn er doch mal einen Regenschirm dabei hatte – maßgeblich, weil sein Date regenscheuer war als er selbst –, dann war besagter Regenschirm grellbunt und von leuchtender Farbe, als wolle er dem tristen Alltagsgrau genauso höhnisch ins Gesicht lachen, wie er selbst.

 

Tu, was du willst, tu, was du musst, aber tu es mit einem Lachen.

 

Das war Yuujis Maxime, seit er denken konnte. Lachen, Freude haben am Leben und allem Drumherum, denn es passierte sowieso genug Scheiße, ohne dass er zusätzlich noch Stimmungskiller spielen musste. Und ob’s nun ein verlorenes Spiel war, oder eine schlechte Note, die er mit nach Hause brachte, für Yuuji war es halb so wild, solange er dabei nicht vergaß, wie man Spaß hatte.

Denn schlussendlich war es doch das Wichtigste.

 

Was brauchte er es, immer zu gewinnen? Irgendwer war einfach immer besser als er selbst, und das würde selbst so sein, wenn er der König der Welt würde, also genoss er lieber, was er hatte, hatte Spaß und probierte aus, was er wollte, ohne sich von Punktständen und Statistiken daran hindern zu lassen. Am Ende hatte er viel mehr davon, als wenn er gewann und dabei keinen Spaß hatte. Es war viel besser, wenn das Lachen seines Teams von allen Wänden widerhallte – selbst wenn sie am Ende darüber lachten, dass sie verloren hatten. Dass die neue Taktik nicht funktioniert hatte.

Die Möglichkeit, ein neues Spiel zu spielen, kam schnell genug und ging nicht verloren. Die Möglichkeit, Spaß an etwas zu haben hingegen, die war verloren, sobald die Situation vorbei war, also packte man sie am Schopf.
 

Was brauchte er es, immer gute Noten zu haben? Einen perfekten Abschluss? Manchmal machte es mehr Spaß, Strichmännchenkriege auf dem Testpapier auszufechten, statt die ewiggleichen, todlangweiligen Fragen zu beantworten, für die Yuuji sich meistens nicht einmal anstrengen müsste. Er könnte Klassenbester sein, aber wo lag daran denn der Reiz? Brachte ihm das in irgendeiner Form mehr Freude ein als sein Platz irgendwo im Mittelfeld, wo niemand horrend hohe Erwartungen an ihn hatte und er aber auch nicht um seine Zukunft bangen musste?

Für Yuuji war die Antwort darauf ganz klar nein.

 

 

„Du könntest so viel mehr aus deinem Leben machen, Yuu-Chan!“, meckerte seine Mutter ungefähr einmal wöchentlich, doch sie stieß damit bei ihm nur auf taube Ohren.

„Ich mach das Beste draus, Mama!“

„Deine Noten könnten besser sein! Und du hast dir immer noch nicht überlegt, was du mal studieren willst, Yuu-Chan! Du kommst bald in die dritte Klasse, und du sitzt lieber hier und krümelst deinen Boden mit Kartoffelchips voll, statt dir Gedanken um deine Zukunft zu machen! Ich sehe nicht, wo du das Beste aus deinem Leben machst, junger Mann!“

 

Die Diskussion endete immer gleich – Yuuji staubsaugte sein Zimmer, seine Mutter schüttelte resigniert den Kopf und sah ihn mit diesem mütterlichen Sorgenblick an, den nur Mütter drauf haben, und sie verstand, egal wie oft Yuuji es ihr sagte, einfach nicht, dass es wichtigeres gab als Prestige, eine in Zement gegossene Zukunft und ein durchgeplantes Leben bis zum Sterbebett.

 

„Ich habe Spaß am Leben, Mama.“

 

„Du wirst noch jemanden sehr unglücklich machen mit deiner Einstellung“, prophezeite sie viel zu gerne.

 

 

Yuuji wusste es besser; seine Mutter mochte noch so oft meckern, sie war die erste, die sich von seinem Lachen anstecken ließ. Die im Takt klatschte, wenn er mit Kaffeetassen jonglierte, statt sie in den Schrank zu räumen.

 

(Weil ihm bei allem Spaß der Wert von Dingen bewusst war, hatte Yuuji einst einmal mit Plastiktassen angefangen zu üben.)

 

Und es war nicht nur seine Mutter – Yuuji hatte, auf lange Sicht, noch niemanden kennengelernt, der sich von Spaß und Lebensfreude nicht anstecken ließ.

So oft und öfter Misaki auch gemeckert, gestöhnt und geseufzt hatte über ihr Team, am Ende hatte sie doch Spaß gehabt. Sie hatte Spaß gehabt, sie war gern dabei geblieben, und als sie gehen musste, hatte sie es mit einem weinenden und einem lachenden Auge getan.

Mit einer letzten Predigt, dass, wenn sie Spaß haben wollten, sie sich auch durch den Ernst des Lebens prügeln mussten und durch all die Situationen, die eben weniger Freude machten.

 

Yuuji nahm es sich zu Herzen.

Ein bisschen.

 

 

„Ihr habt euch verändert“, kommentierte Misaki, als sie zur Interhigh kam, um zuzusehen, und Yuuji grinste nur in ihr entgeistertes Gesicht.

 

„Wir haben eben mehr Gelegenheit zu spielen, wenn wir uns manchmal ernsthaft durchbeißen!“

 

Misaki lachte. Dann trat sie ihm in den Hintern, denn „du hast viel zu lange gebraucht, um das zu begreifen!“

 

 

Und dann lachten sie beide.

Distrust Is Like A Vicious Fire That Keeps Going And Going

Yahaba Shigeru war der letzte Mensch auf Erden, dem Kentarou vertrauen würde – nein. Er war der Vorletzte. Der Letzte war eindeutig Oikawa Tooru, aber seit der sich schon damit zu arrangieren begann, dass er seine Position als Captain nicht mehr lange haben würde, hatte Kentarou weit weniger Grund, mit ihm zu interagieren. Da war es nur logisch, dass sein Nachfolger immer näher rückte, um Oikawa als unvertrauenswürdigsten Menschen überhaupt abzulösen.

Wo genau auf der Skala er nun letztlich stand, als Yahaba ihm eröffnete „Wir müssen reden“ fand Kentarou überhaupt kein Argument dafür, auf den oberflächlichen Idioten zu hören und ließ ihn einfach in der Umkleide stehen. Kentarou sah keinen Grund, länger als nötig zu bleiben; das Training war beendet, und seine Pflicht war es damit auch.

 

Das Getuschel fing am nächsten Tag an. Kentarou erwischte einige der anderen Zweitklässler dabei, wie sie ihn aus den Augenwinkeln musterten und dann verschwörerisch zu tuscheln begannen.

Es bestärkte ihn nur darin, dass er gut tat, was für einem nutzlosen Gespräch auch immer aus dem Weg zu gehen.

Also ignorierte er Yahaba erneut, als der ihn nach dem Training aufforderte, noch kurz da zu bleiben.

 

Einmal versuchte Yahaba es noch, dann änderte er seine Taktik und rief Kentarou während des Trainings zu sich. Für Kentarou war die logische Konsequenz aus diesem Verhalten, Yahaba erneut zu ignorieren. Wurde der Kerl ihm zu aufdringlich, beendete er sein Training schlicht frühzeitig und verließ die Sporthalle, um Frieden vor dem angepissten Gesicht seines neuen Captains zu haben.

 

(Es war auch nicht besser oder vertrauenerweckender als Oikawas schmieriges Grinsen.)

 

Für Kentarou war die ganze Situation simpel – er würde Yahaba ignorieren, bis der begriff, dass Kentarou kein Bedürfnis daran hatte, sich mit ihm zu unterhalten, und wenn das bedeutete, dass er frühzeitig das Training verließ, dann war es auch egal. Wenn er es unbedingt wollte, konnte Kentarou immer noch anderweitig an sein Training kommen.

 

 

„Du solltest mit ihm reden“, kommentierte Iwaizumi noch ein wenig atemlos, nachdem er zum fünften Mal in dieser Woche Kentarou beim Sprinten geschlagen hatte. Kentarou knurrte unwillig, doch in seinem aktuellen Stand – als Verlierer – sah er sich in keiner Position, zu widersprechen. Yahaba zu ignorieren war eine Sache. Iwaizumi zu ignorieren… eine andere. Und Kentarou war kein jämmerlicher Waschlappen, der seine Sportlerehre so sehr in den Dreck trat, dass er einen ehrlich errungenen Sieg nicht respektieren konnte.

 

Inzwischen versuchte Yahaba gar nicht mehr, Kentarou zu sich zu diktieren. Er beließ es bei missgelaunten Blicken, bis das Training vorbei war, und in der Umkleide setzte er zum Reden an – bisher hatte Kentarou sich nicht die Mühe gemacht, ihm zuzuhören, sondern genau diesen Moment als Zeichen genommen, dass es Zeit war, zu gehen.

„Wir müssen reden.“

Diesmal blieb Kentarou. Verschränkte die Arme vor der Brust und starrte unwillig zu Yahaba hinüber, keinen Hehl daraus machend, wie wenig er das Bedürfnis nach einem Gespräch hatte – oder mit wie viel Misstrauen er der Situation entgegentrat.

 

Bisher hatte Yahaba ihm aber auch nie einen Grund gegeben, ihm zu vertrauen.

 

„Wir brauchen einen neuen Vize-Captain.“ – „Aha.“

Kentarou konnte nicht einmal so tun, als interessiere ihn dieser Umstand. Ein neuer Vize-Captain interessierte ihn nicht. Wie man es drehte und wendete, der würde ohnehin Iwaizumis Platz nicht ausfüllen können.

 

(Kentarou würde sich einen neuen Rivalen suchen müssen. Aber unter diesen Waschlappen würde er den kaum finden.)

 

„Kümmert mich nicht, wer den Job macht.“

Yahabas Blick verfinsterte sich für einen Moment. Im nächsten grinste er, und allein sein Grinsen ließ Kentarou das Gesicht abweisend verziehen.

„Wie praktisch. Dann hast du ja nichts dagegen, dass du den Job machst.“

Kentarou kam nicht einmal dazu, seinem Unglauben irgendwie Luft zu machen, da hatte Yahaba ihn am Kragen gepackt und gegen die nächste Wand gedrängt. Er hätte sich gegen den Griff des anderen wehren können, keine Frage, aber für einen Moment war er perplex genug, dass Yahaba genug Zeit hatte, mit dem Zetern anzufangen:

„Mir ist scheißegal, was du dazu denkst, aber wir brauchen einen Vize-Captain, und zumindest der Teil des Teams, der so etwas wie Hirn im Kopf hat, ist sich relativ einig darin, dass das ein ziemlich guter Job für dich ist. Nein, mir gefällt das auch nicht, und nein, ich vertraue dir genauso wenig wie du mir, aber darum geht’s hier nicht!“

 

Kentarou schnaubte. Er stieß Yahaba nun doch von sich, baute sich vor ihm auf. Die Augen des anderen schienen Gift zu sprühen, und Kentarou war selbst wohl kaum besser.

„Warum sollte ich?“

Yahaba zuckte die Schultern.

„Weil du ein starkes Team willst – genau wie ich. Ich gehe davon aus, dass dein Siegeswille stärker ist als dein mieser Charakter.“

 

Kentarou knurrte. Er vertraute Yahaba nicht. Er glaubte nicht daran, dass da nicht irgendein idiotisch dümmlicher Plan hintersteckte, den er verschwieg. (Zwei Jahre unter Oikawas Knute prägten eben.)

 

Aber Yahaba hatte Recht.

The Best Is Always Worth Waiting For. And Once You Taste It, No Other Taste Will Do

Er hätte sie gar nicht mehr wiedererkannt.

 

(Warum auch? Sie waren unwichtig geworden.)

 

Aber sie erkannten ihn wieder.

„Ist das–?“ – „Eeeh, der Dämon. Ich fass es nicht! Unglaublich, dass der es wirklich unter die Starter geschafft hat.“ – „Shiratorizawa hat nachgelassen, wenn sie so etwas spielen lassen…“

Alte Kamellen. Eine Leier, die schon damals lächerlich gewesen war, und heute zuckte Satori genauso wenig wie damals auch nur mit der Wimper, als er sich das demonstrativ nicht leise Getuschel auf der anderen Seite des Spielfelds anhörte.

Tanji-Kun hatte hoffentlich irgendeinen guten Grund, wieso er diese Idioten zu einem Trainingsspiel berufen hatte. Bisher sah Satori davon leider nur noch gar nichts. Er blinzelte, kratzte sich am Hinterkopf. Das sah langweilig aus.

 

„Lass dich nicht provozieren“, kommentierte Wakatoshi. Satori hätte bei jedem anderen gelacht, weil es dumm war, anzunehmen, dass er sich von solchen Schwachmaten ärgern ließ, aber die Tatsache, dass es Wakatoshi war, der einfach so liebenswert einfältig und ehrlich war dabei, ließ ihn nur grinsen und er klopfte seinem Captain beruhigend auf die Schulter.

„Keine Sorge~!“

Er hatte das schon vor Ewigkeiten hinter sich gelassen, sich ärgern zu lassen von solchen Leuten.

 

„Tendou ist ein Monster! Mit dem will ich nicht spielen!“

„Der ist doch gruselig! Niemand will einen Gedankenleser in seinem Team!“

„Seine Blocks sind die Hälfte der Zeit völliger Unfug! Und er zieht trotzdem immer sein eigenes Ding durch, so geht das nicht.“

„Selbst wenn wir dich jetzt aufstellen, glaub nicht, dass wir dich mögen.“

 

„Wie langweilig“, murmelte er zu sich selbst. Auf der anderen Seite des Netzes standen zu viele Gesichter, die er von früher kannte – zumindest kannten sie ihn – und die er sich einfach nicht gemerkt hatte. Er war froh gewesen, sie nicht mehr am Hals zu haben, und jetzt waren sie wieder da.

Ah, aber das ist okay.

Diesmal war er nicht darauf angewiesen, dass diese Idioten ihre Idiotie überwanden und über ihre Engstirnigkeit hinaus einsahen, dass er auf dem Feld nützlicher war als auf der Bank.

Diesmal konnte Satori ihnen ohne Rücksicht zeigen, was sie jahrelang verschmäht hatten.

 

Wie viel Genugtuung ihm das bringen würde!

 

 

Es war, ganz ohne Frage, das Beste am Volleyball, den Gegner im Staub kriechen zu sehen vor der unüberwindbaren Wand, die Satori und sein untrüglicher Sinn verkörperten. Es gab nichts befriedigenderes, als einen gegnerischen Schmetterball zu blocken, von dem der Gegner sich viel zu sicher war, dass er treffen würde.

Eine clevere Finte auszutricksen.

Satori hatte das schon früh gewusst – die meiste Befriedigung brachte die völlige Vernichtung des Feindes. Es gab nichts erfreulicheres, als zu sehen, wie die Gesichter der Spieler auf der anderen Seite des Netzes entgleisten, weil ein Block kam, den sie nicht erwarteten. Es gab nichts schöneres, als zu sehen, wie sie auf lange Sicht daran zermürbten, dass Satori jeden ihrer Schritte kannte, noch bevor sie ihn überhaupt zu Ende gedacht hatten.

 

Natürlich klappte es nicht immer.

 

Das war der Reiz der Sache. Wäre es keine Herausforderung, es wäre nicht halb so cool – und damit nicht halb so befriedigend.

 

Dieses Mal musste sich Satori über solche Dinge aber eindeutig keine Gedanken machen.

Das Team war nicht schlecht, aber ihm fehlten die großen Denker. Die Leute, die clever genug waren, um zumindest ansatzweise auf Satoris Level zu sein, die fähig waren, seinen Block zu begreifen und ihm ein bisschen etwas entgegenzuwerfen. Die Leute, die das Spiel für ihn zu einer Herausforderung machten.

 

Das erste Mal, dass er ihre Finte versaute, sprachen sie von Zufall. Das zweite Mal von Glück.

Satori kannte das – Verleugnung. Niemand wollte einsehen, wie gut er eigentlich war, niemand wollte einsehen, dass der eigene Angriff so völlig machtlos war gegen eine einzige Person.

Es war ihm egal, wie sie es nannten – ihre Wut, ihr Frust, jeder verärgerte Blick und jeder gescheiterte Schmetterball waren eine Genugtuung, die Satori ein Grinsen ins Gesicht trieb. Und er wusste ganz genau, dass sie sich nicht ewig selbst belügen konnten. Früher oder später würden sie anerkennen, dass er besser war als sie. Sie würden anerkennen, dass das, was er tat, kein Glück war, sondern harte Arbeit.

 

Der Moment war der Beste.

 

Die Niederlage auf dem Gesicht seiner Gegner. Die Erniedrigung der Hilflosigkeit.

 

„War der schon immer so gut?!“ – „Che… wenn wir das gewusst hätten…“ – „Er ist trotzdem ein Monster.“

 

Ah… das ist es.

 

Satori schloss selig die Augen. Das war perfekt. Die höchste Form der Genugtuung.

Shame Is Always Easier To Handle If You Have Someone To Share It With

Hitoka starrte in den Spiegel, den Mund verkniffen verzogen, ihr Blick zwischen hoffnungsvoll und kritisch und überfordert. Ihre Mutter hatte ihr geholfen, ein Outfit zu finden, das hübsch aussah und nicht zu aufdringlich war – genau das richtige für einen Mädelstag, wie sie gesagt hatte.

Aber was Hitoka im Spiegel sah, war kein süßes Mädchen, das sich mit einer Freundin zum Shoppen traf. Sie sah ein Nervenbündel mit zitternden Knien, mit einer Bluse, die an ihrer Mutter atemberaubend ausgesehen hätte, aber an ihrem nicht wirklich kurvigen Körper irgendwie unglücklich hinunterhing – zumindest war das Hitokas Sicht der Dinge! – und inzwischen war sie sich nicht einmal mehr sicher, ob das Haargummi mit der hübschen, großen Blüte, das sie gegen ihre üblichen Sternchen eingetauscht hatte auf Mutters Anraten hin, so eine gute Idee gewesen war.

Sah sie dadurch nicht nur noch mehr wie ein kleines Mädchen aus?

 

Sie holte tief Luft, starrte ihr Spiegelbild entschlossen an.

 

„Ich gehe da jetzt raus!“, verkündete sie laut und warf sich dabei in einem Versuch von Selbstbewusstsein in die Brust, „Und dann werde ich Spaß haben mit Shimizu-Senpai!“

 

Genau. Darum ging es schließlich.

 

„Und ich muss mich auch gar nicht schämen!“

 

Aber Hitoka… schämte sich. Schämte sich, weil sie jetzt schon wusste, dass sie neben der überirdischen Schönheit, die Shimizu Kiyoko war, aussehen würde wie ein Kartoffelsack, den man in hübsche Kleider gesteckt hatte. Und wenn sie daran dachte, dann fühlte sie sich auch gleich wie ein Kartoffelsack! Und die Kartoffeln, die lagen in ihrem Magen, und das zentnerschwer.

 

Sicher würde Shimizu nichts sagen. Sie würde grinsen, und sich freuen, dass Hitoka gekommen war, und sicherlich würde sie keinen Gedanken daran verschwenden, dass sie mit einem teuer eingekleideten Kartoffelsack unterwegs war – weil sie so ein unglaublich toller Mensch war.

Und das sorgte nur dafür, dass Hitoka sich nur noch viel mehr schämte. Shimizu war so umwerfend! Und Hitoka wagte es, ihre Schönheit mit ihrem Kartoffeltum zu beschmutzen!

Vielleicht hätte sie doch zum Make-Up greifen sollen? Hätte das drüber hinweggeholfen? Unwillkürlich bildete sich in ihrem Kopf das Bild eines Kartoffelsacks in schicker Klamotte mit einem Gesicht aus Lidschatten und Lippenstift und falschen Wimpern und – Hitoka erschauderte. Nein.

Das war nicht besser.

 

Kein Make-Up.

 

 

Noch einmal holte sie tief Luft, dann kehrte sie ihrem Spiegelbild den Rücken zu und stapfte steifbeinig los. Aus dem Haus. Zur U-Bahn. In die U-Bahn hinein. In die Stadtmitte. Niemand beachtete sie, und das war gut so.

Man hörte doch immer von diesen Perversen in Zügen, und Hitoka wollte sie sicher nicht persönlich kennenlernen!

 

Sie war pünktlich, doch als sie ihren Treffpunkt erreichte, stand Shimizu bereits dort – und wie sie da stand! Sie sah umwerfend aus. Schlicht gekleidet, ein simpler Faltenrock und ein wirklich hübscher Rollkragenpullover, und dazu schöne, feingliedrige Damenschuhe, die Hitoka niemals tragen könnte, ohne darin auszusehen wie eine Sechsjährige, die sich an Mamas Kleiderschrank vergriffen hatte. Das Haar hatte sie seitlich unter dem Ohr zusammengebunden, mit einem großen, hellen Haargummi, das perfekte Akzente zu ihrem Rock setzte.

 

Ob Hitoka einfach noch abhauen und sich dann panisch entschuldigen konnte, weil sie doch nicht kommen konnte?

 

„Ah, Hitoka-Chan!“

 

Nein. Eindeutig nicht.

 

„Sh-Shimizu-Senpai!“

Hastig eilte sie auf das andere Mädchen zu, kam strauchelnd vor ihr zum Stehen.

„H-hast du lange warten müssen?“

Sie verneinte, und trotzdem spürte Hitoka ihre Wangen vor Scham brennen. Natürlich hätte sie früher als pünktlich kommen müssen! Wie unhöflich von ihr! Und wer wusste schon, was alles hätte passieren können! Es wäre ja nicht das erste Mal, dass irgendwelche halbstarken Kerle Shimizu wegen ihrer Handynummer belästigten… Das war so unverantwortlich von ihr gewesen!

 

„Es tut mir Leid, dass ich dich den halbstarken Rowdys ausgesetzt habe, Shimizu-Senpai!!!“

 

Einen Moment lang blickte Shimizu sie an, als wisse sie nicht, was sie mit Hitokas Worten anfangen sollte – sofort spürte Hitoka, wie ihr die Schamesröte noch mehr ins Gesicht schoss und am liebsten hätte sie sich irgendwo versteckt –, dann lachte sie, und es klang viel zu fröhlich, viel zu heiter, und viel zu wunderbar, als das Hitoka es ihr irgendwie hätte übelnehmen können.

Ein bisschen war sie erleichtert, dass sie Shimizu zum Lachen bringen konnte.

Das war etwas wert, oder?

 

Sie setzten sich in Bewegung, einträchtig nebeneinander herlaufend. Hitoka merkte schnell, während niemand sie eines Blickes gewürdigt hatte, während sie alleine unterwegs gewesen war, jetzt, wo sie Shimizu und ihre überirdische Schönheit bei sich hatte, drehten sich ständig Menschen nach ihnen um.

Was sie wohl sahen? Shimizu, die ihren hübsch angezogenen Kartoffelsack spazieren führte.

Wie peinlich.

Hitoka biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick, in der Hoffnung, dass die Leute, die zu ihnen hinübersahen, sie einfach noch mehr übersehen würden, als sie es ohnehin schon taten. Neben einer strahlenden Prinzessin fiel Dorfbewohnerin B doch sowieso nicht auf.

 

„Ach übrigens, Hitoka-Chan.“

 

Shimizus Stimme riss sie aus ihren Gedanken und sie blickte auf, direkt in das fröhlich grinsende Gesicht ihrer Begleitung. Shimizu tippte an den Punkt, an dem der kleine Zopf zusammengebunden war, den Hitoka in ihren Haaren trug, an die große Blume, für die sich Hitoka zwischendrin schon viel zu sehr geschämt hatte, weil sie bestimmt viel furchtbarer aussah, als der Spiegel es ihr weismachen wollte.

 

„Das steht dir.“

Disgusting Are Not Men But Their Behaviours

Unter den zahllosen Dingen, die Tsukishima Kei nicht mochte, waren Menschen die unangefochtene Nummer eins.

Es waren nicht einmal Menschen im Allgemeinen; die waren Kei in der Regel völlig egal und er gab sich schlicht nicht mit ihnen ab, wenn er es nicht nötig hatte. Aber die Menschen, die in seiner näheren Umgebung waren, und mit denen er sich abgeben musste, sei es aus Familiengründen oder weil sie zu seinem Volleyballteam gehörten, die schafften es auf regelmäßiger Basis, ihn regelrecht anzuekeln.

 

Sein Bruder widerte ihn an.

Das ewiggleiche, optimistische Grinsen, das vor Jahren nur noch Lügen versteckt hatte und heute auch schon nichts Gutes für Kei mehr verhieß. Es war unangenehm, wie sehr Akiteru einfach nie den Wink mit dem Zaunpfahl verstand und sich immer noch in Keis Leben einmischte, obwohl er sich das Recht schon vor Jahren im Grunde selbst genommen hatte.

Die Sportbrille behielt er trotzdem, aus praktischen Gründen, nicht aus sentimentalen. (Nie aus sentimentalen.)

 

Der Großteil seines Teams widerte ihn an.

 

Angefangen mit Leuten wie Sawamura, Sugawara und Ennoshita, die glaubten, sie könnten auch nur ansatzweise nachvollziehen, was in Keis Kopf vor sich ging. (Das ekelhafteste an der Sache war, dass sie viel zu oft ins Schwarze trafen mit ihren Überlegungen.)

 

Nishinoya und Tanaka widerten ihn an. Ihr lächerliches, peinliches Gebaren, das sie oft mehr wie Grundschüler wirken ließ als wie Jugendliche, die unnötige Lautstärke, die mit ihrem Dasein einherging, und all die peinlichen Motivationsreden, die Kei schon nach nicht einmal zwei gemeinsamen Wochen aus den Ohren rausgekommen waren.

 

Kageyama widerte ihn an. Das rohe Talent, die Arroganz, die damit einherging, die Großartigkeit, wie sie einem König gebührte – und der dazu gehörende miese Charakter, der ihn zu einer Unmöglichkeit als Teamspieler machte.

Als Kei ihn kennengelernt hatte, über billige Gerüchte und den Anblick aus der Ferne hinaus, hatte er nicht geglaubt, dass es noch schlimmer werden könnte.

Aber die Tatsache, dass Kageyama versuchte, sich zu verändern, von seinem hohen Ross runterzukommen, und dabei die meiste Zeit so glorreich scheiterte, dass es schon nicht mehr lustig war, machte ihn nur noch erbärmlicher und unangenehmer.

 

(Unter anderen Umständen wäre Kageyama wohl derjenige gewesen, mit dem Kei am Ehesten noch auskam – er war still, er war allein dadurch eine angenehmere Gesellschaft als der Rest der Truppe, aber gleichzeitig hatte dieses dauerhaft aggressive Gesicht etwas an sich, das in Kei einfach nur das Bedürfnis weckte, ihn zu verspotten und zu verhöhnen, und wer konnte es ihm schon verübeln? Kageyama regte sich auch einfach viel zu viel über solche Kindereien auf. Auch wieder eklig.)

 

Müsste Kei ein Ranking aufstellen über die Menschen, die ihn anekelten, dann stand allerdings Hinata unangefochten auf Platz eins. Kei hasste alles an diesem Kind. Seine Lautstärke, seine Kindischkeit und Unreife, sein mangelndes Verständnis von Privatsphäre und Respekt. Der unnötige Enthusiasmus, mit dem Hinata sich nicht nur überall reinhängte, sondern auch reindrängte, wo er nicht hineingehörte, die Selbstverständlichkeit, mit der er einen Platz einforderte, der ihm nicht zustand.

Dieser lächerliche, peinliche, unbeirrbare Glaube daran, dass er gewinnen könnte, wenn er sich nur hart genug anstrengte, obwohl ein Blick in den Spiegel ihm das Gegenteil beweisen würde. All die unnötige Anstrengung, die Hinata in sein ganzes Leben steckte.

Kei fand es einfach nur ekelhaft.

 

(Yamaguchi war einer der wenigen Menschen, bei denen sich Keis Abscheu stark in Grenzen hielt; er hatte zwar einen Hang dazu, selbst peinlich und unnötig engagiert zu sein, aber vielleicht waren es all die Jahre, die sie miteinander herumgehangen hatten, jedenfalls hatte Kei nicht einmal sein verrotzt-heultes Gesicht je allzu eklig gefunden.)

 

Ganz selten war es der Blick in den Spiegel, der ihn mit Ekel erfüllte.

Die Erinnerung an Scheitern, das nicht hätte sein müssen, an Ausbrüche, die nur peinlich waren. Dinge, an die er nicht denken wollte und die er rigoros von sich schob. Ursprünglich war es damit getan gewesen – alles wieder wegschieben, bis es erneut hochkochte.

 

Inzwischen war der Volleyball eine bessere Ablenkung.

Of All The Words Of Mice And Men, The Saddest Are, "It Might Have Been.”

Wenn.

 

Wenn ich mehr trainiert hätte. Wenn ich härter gekämpft hätte. Wenn ich nicht aufgegeben hätte. Wenn ich auf eine andere Schule gegangen wäre.

 

Ikejiri Hayato sah kopfschüttelnd hinunter auf sein Abschlusszeugnis, auf das Kirschblütenblatt, das hinabgerieselt war und sich dort niedergelassen hatte. Drei Jahre. Es hatte drei Jahre gedauert, bis er seine Entscheidungen in Frage gestellt hatte.

Und jetzt, wo er darüber nachdachte, stellte er fest, dass er eigentlich jede einzelne seiner Entscheidungen aus Bequemlichkeit getroffen hatte.

Tokonami war die Schule gewesen, die seinem Zuhause am Nächsten lag, also hatte er ganz selbstverständlich beschlossen, Tokonami zu besuchen, obwohl das hieß, einen großen Teil seiner Mittelschulfreunde und seinen wichtigsten Teamkameraden zu verlieren. Es war ihm  nicht einmal als Verlust vorgekommen, damals.

 

Und wenn er ehrlich zu sich selbst war – ein bisschen war er froh gewesen. Er spielte gerne Volleyball. Er hatte gern an Sawamuras Seite gespielt. Aber Sawamura, in seinem unbeirrbaren Enthusiasmus, in seiner unbeirrbaren Stärke und Willenskraft, war anstrengend gewesen, war immer schon in einem Tempo vorangeprescht, mit dem Hayato nicht einmal mithalten wollte, geschweige denn konnte.

Zumindest war es das, was er geglaubt hatte.

 

(Heute wusste er, es war reine Bequemlichkeit gewesen. Angst vor der Anstrengung, die damit einhergehen würde, Schritt mit Sawamura zu halten. Angst vor der Enttäuschung, die unweigerlich kommen würde, wenn er verlor, und sich vorher wirklich bis aufs Letzte angestrengt hatte. Angst vor der Hoffnung.)

 

Nicht härter zu trainieren war auch nur eine Frage von Bequemlichkeit gewesen.

Warum sollte ich, wenn keiner der anderen es tut? Der Captain gibt das Tempo vor, nicht ich.

Es hatte tatsächlich die Erkenntnis gebraucht, dass es vorbei war, damit Hayato begriff, dass diese bequeme Einstellung nicht das war, was er eigentlich gewollt hatte.

 

Drei Jahre, die er nicht halb so viel trainiert hatte, wie er hätte trainieren sollen. Drei Jahre, in denen er sich eingeredet hatte es ist okay, zu verlieren, du kannst es eh nicht ändern. Drei Jahre, die er gut gelebt hatte, nur um dann schlussendlich, am Ende dieser drei Jahren, vor einem Trümmerhaufen zu stehen, der sein High-School-Leben war und sich zu fragen war es das wert?

 

Jetzt konnte er die Zeit nicht mehr zurückdrehen. Vielleicht wäre es dann besser gewesen. Vielleicht hätte er Sawamura folgen sollen, auch wenn das hieß, dass er viel länger zur Schule unterwegs gewesen wäre. Vielleicht hätte er einfach sein eigenes Team mitreißen sollen, zu mehr Training ermutigen, und das schon seit Jahren. Vielleicht wären sie weitergekommen. Hätten sie jemals Chancen auf irgendeinen Titel gehabt? Die bequeme Antwort war nein – die tatsächliche wohl eher ich weiß es nicht.

 

„Heeey, wo bleibst du denn?“

 

Hayato drehte sich um, fand Sakurai und Tamagawa in der Nähe stehend. Sakurai winkte mit seinem Abschlusszeugnis, Tamagawa hatte die Hände in den Hosentaschen und die Augenbrauen abwartend erhoben. Der Anblick seiner Teamkameraden – Ex-Teamkameraden, ab heute – trieb ihm ein Lächeln auf die Lippen und Tränen in die Augen, und alles, woran er denken konnte, war, dass sie verloren hatten, noch im ersten Spiel der Vorrunde, dass niemand außer ihm so recht gefrustet gewesen war, und dass danach einfach alles weitergegangen war wie zuvor.

Und wie sehr er es bereute.

 

„Wenn du nicht bald kommst, dann kannst du unser Essen zahlen!“

Hayato lachte, aber es klang nur halbwegs glücklich. Er schüttelte den Kopf, schüttelte die Kirschblüte von seinem Zeugnis und verfrachtete es in seine Tasche, ehe er zu Sakurai und Tamagawa aufschloss.

Nach ein paar Schritten nur blieb er wieder stehen, zwischen den Kirschbäumen, deren Blüten lautlos wie rosafarbener Schnee zur Erde segelten.

 

Drei Jahre.

Die sich jetzt im Nachhinein am besten zusammenfassen ließen, mit wenn ich doch nur… – Hayato fühlte sich, als hätte er ein ganzes Leben weggeworfen. „Gewinnt für uns mit!“ hatte er von Sawamura gefordert, eine Bitte, die im Nachhinein kindisch und dumm gewesen war, hatte er doch am Ende nur seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse auf diesen alten Freund abgewälzt, damit er sich nicht damit herumschlagen musste, dass er ihre Erfüllung versaut hatte. Er straffte die Schultern.

Tamagawa und Sakurai würden auf seine Universität gehen. Sie würden teilweise die gleichen Kurse belegen, und den gleichen Campus besuchen, und sie würden zusammenbleiben. Er holte tief Luft.

 

„Ich werde weiter machen“, verkündete er, laut und selbstbewusst, zumindest wollte er selbstbewusst klingen, aber seine Stimme kam nur erstickt und brüchig heraus. Seine beiden Kameraden drehten sich zu ihm herum, Augenbrauen fragend erhoben.

 

„Volleyball. Ich werde weitermachen.“

Er schluckte.

„Und gewinnen. Deshalb–“

 

Noch ein tiefes Luftholen, dann verneigte Hayato sich tief vor Tamagawa und Sakurai.

 

„Bleibt bitte an meiner Seite!“

Surprise Is The Public Face Of A Mind That Has Been Closed

„Ihr habt verloren. Aber ihr lästert über eure Gegner? Findet ihr das nicht ein bisschen peinlich?“

 

Suguru kannte die Stimme, die da hinter der Ecke hervordrang – er kannte sie, und er hasste sie. Er hasste alles, was zu dieser Person gehörte, und einfach nur um seiner guten Laune Willen wäre es wohl die klügere Entscheidung gewesen, umzudrehen und einfach wieder zu gehen. Auf der anderen Seite schätzte Suguru es viel zu sehr, zu wissen, was seine Feinde so trieben.

Man wusste doch nie, wann die scheinbar banale Information vom letzten zufälligen Zusammentreffen noch nützlich werden konnte, nicht wahr?

Die Hände lässig in den Hosentaschen vergraben näherte er sich der Ecke, hinter der Kuroos Stimme zu ihm hinübergeweht war und platzierte sich schließlich so, dass er noch halbwegs im toten Winkel verschwand und gleichzeitig zumindest einen halbwegs guten Blick auf das Geschehen hatte.

 

Kuroo, ganz wie er es schon längst hinausgehört hatte, ihm gegenüber ein paar Typen, die Suguru bei näherem Hinsehen als ihre letzten Gegner identifizieren konnte. Kein besonders gutes Team, und sie hatten gnadenlos verloren. Schlechte Verlierer. Nicht fähig, ihre eigene Unzulänglichkeit einzusehen, das hatte Suguru schon während des Spiels gemerkt, in dem sie wieder und wieder ihr Versagen abgewälzt hatten.

Der Captain des Teams verschränkte gerade die Arme vor der Brust. Defensiv. In die Ecke gedrängt von einem hässlichen, faulen Kater. Suguru schnaubte lautlos, abfällig. Was für erbärmliche Versager.

 

„Und? Über jemanden, der nur mithilfe von linken Tricks und billigem Schmierentheater gewinnen kann, kann man nur lästern!“

 

Es waren die üblichen Vorwürfe. Suguru kannte sie, und Suguru konnte nicht anders, als jedes Mal darüber zu schmunzeln. Na und? Sie taten nichts, das verboten war. Sie nutzten die Schwächen ihrer Gegner aus, das war alles. Und der einzige Grund, weshalb sie das so mühelos konnten, war, dass ihre Gegner verdammt schwach waren – vor allem auf mentaler Ebene. Es war nicht Sugurus Schuld, dass sie beim kleinsten Spott einknickten. Es war nicht Sugurus Schuld, dass der Schiedsrichter so viel geneigter war, zu ihren Gunsten zu entscheiden, wenn sie sich höflich und zuvorkommend präsentierten.

Es war doch nur die Schuld der Anderen, dass sie so viel nicht begriffen und sich entsprechend nicht danach verhielten. Es war ihre eigene Schuld, wenn sie sich provozieren ließen, bis sie die dümmsten Anfängerfehler machten, die selbst ein Grundschüler belächeln würde.

Kuroo lachte und riss ihn damit aus seinen Gedanken. Er lachte sein schmieriges, aufgesetztes Lachen, das auch nur dazu gedacht war, andere Leute zu provozieren. Es funktionierte – der Captain des anderen Teams starrte ihn wütend an, offensichtlich verärgert davon, dass Kuroo die Kaltschnäuzigkeit besaß, ihm so ins Gesicht zu lachen.

 

„Ich bitte euch.“

Kuroos Tonfall troff vor falscher Liebenswürdigkeit. Demonstrativ, provokant. Wäre er nicht so abstoßend, hätte er charmant sein können.

„Ihr glaubt doch wirklich nicht, dass ein bisschen Hinterlist genug ist, um zu gewinnen. Oder seid ihr etwa so schlecht? Wenn ihr euch ewig dahinter versteckt, wie böse und gemein und unfair doch eure Gegner sind, werdet ihr nie besser. Und dann–“, er brach ab, beugte sich näher zu seinem Gesprächspartner. Suguru sah es nicht, doch er wusste trotzdem viel zu gut, was für ein Grinsen gerade auf Kuroos Gesicht lag, hatte es selbst oft genug gesehen.

„–werden sie euch wieder und wieder fertig machen.“

Sie ergriffen beleidigt die Flucht. An Suguru vorbei, ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen. Suguru würdigte sie genauso wenig eines Blickes. Er sah hinter seiner Ecke zu Kuroo, ehrlich verwundert über das Gespräch, das er gerade belauscht hatte.

 

Kuroo Tetsurou, sein Erzfeind seit Jahren, hatte gerade sein Team verteidigt. Einfach so. Ohne sich daraus einen Vorteil erschleichen zu können. Ohne ersichtlichen Grund.

 

Warum…? Es pisst mich an.

 

Mit einem lautlosen Schnauben trat Suguru hinter seiner Ecke hervor. Er klatschte spöttisch, als er mit lässigen Schritten die kurze Distanz zu Kuroo überbrückte.

„Was für eine ergreifende Rede.“

Für einen Moment sah Kuroo unglaublich verblüfft aus, dass Suguru vor ihm stand, dann fing er sich wieder. Er zuckte lässig mit den Schultern, das nervtötende Grinsen schon längst wieder an seinem Platz. Er schob die Hände in die Hosentaschen und setzte sich seinerseits in Bewegung – auf Suguru zu, an ihm vorbei.

 

„Weißt du, ihr mögt die widerlichsten Schlangen sein, die sich durch Japans Volleyballwelt winden, aber ich stehe nicht dahinter, wenn irgendwelche Idioten euch diffamieren, weil sie noch schlechtere Verlierer sind als ihr.“

 

 

Und damit war er… weg.

 

Und Suguru stand da, mitten in diesem Gang, den er ursprünglich gar nicht erst hatte betreten wollen, und in aller Verwunderung wusste er für einen Moment überhaupt nicht mehr, was er von Kuroo Tetsurou nun eigentlich halten sollte.

 

(Im nächsten beschloss er, er würde ihn weiterhassen.)

It Is The Purity Of Heart That Deserves Admiration

„Er ist etwas ganz Besonderes, oder?“

 

Keiji blinzelte, als er von seiner Wasserflasche aufsah. Shirofuku, die Managerin des Clubs, hatte sich neben ihn gehockt, ein Klemmbrett an die Brust gedrückt, und sie grinste. In ihrem Blick lag Bewunderung, während sie verfolgte, wie Bokuto gerade einen Ball schmetterte, den der Standardzuspieler des Teams ihm zugepasst hatte.

Der Wurf war zu niedrig für Bokuto gewesen. Keiji sah es, obwohl er ihn noch keine Woche kannte.

 

(Keine Woche, aber in dieser keinen Woche hatte er kaum fünf Minuten während des Trainings die Augen von Bokuto genommen. Etwas an ihm übte eine magische Anziehungskraft auf Keiji aus. Die schiere, überwältigende Kraft, die in seinen Schmetterbällen lag. Der untrübliche Optimismus, der sein Spiel definierte, solange er in Hochstimmung war. Die fast schon bittere Selbstverständlichkeit, mit der er sein Team unterstützte, gute Spielzüge lobte und bewunderte, und dabei völlig blind zu sein schien dafür, dass ihm nie jemand ein Kompliment machte.)

 

„Nice kill, Bokuto!“, rief Shirofuku lachend hinüber, und kurz darauf tönte Bokutos „hey hey hey!!!“ zur Antwort durch die Halle.

 

„Ich will, dass er spielen kann“, fuhr sie fort, als wäre ihr – sehr einseitiges – Gespräch nie unterbrochen. Sie lehnte sich zurück und streckte die Beine aus, wackelte mit den Füßen.

„Er hat gute Chancen, wenn die Senpais aufhören. Vorausgesetzt…“

„–er hat einen Zuspieler, der ihn akzeptiert“, beendete Keiji ihren Satz. Bokuto, so bewundernswert er zumeist war, war anstrengend über alle Maße, und wenn Keiji ehrlich zu sich selbst war, er wusste nicht, ob er sich das auf lange Sicht zutrauen würde. Shirofuku neben ihm nickte. Völlig unerwartet sprang sie auf die Füße, und genauso unerwartet war es, dass sie nach Keijis Händen griff und ihn zu sich hochzog.

„Bokutooooo~! Akaashi-Kun sagt, er trainiert mit dir deine Schmetterbälle!“

 

Keiji kam nicht einmal dazu, abzustreiten, da hatte Bokuto ihn schon gepackt und mit sich gezogen.

 

 

Es dauerte noch mehrere Tage, bis Keiji wirklich den Dreh damit raushatte, welche Würfe für Bokuto die besten waren. Die Theorie einmal drin, war er nicht mehr ganz so schwierig, auch die Praxis umzusetzen.

Es weckte Keijis Ehrgeiz. Er wollte sehen, wie weit Bokuto wachsen konnte, wenn er nur jemanden hatte, der ihm ernsthaft zuspielte, der auf seine Bedürfnisse achtete und der wirklich für ihn zuspielte – und nicht einfach nur zufällig in seine Richtung. Er wollte sehen, was aus dieser ungezügelten Energie werden konnte, wenn man ihr den perfekten Grundstein für einen Angriff legte. Wollte sehen, wie die verbissene Ausdauer, mit der Bokuto trainierte, Früchte trug.

 

Der perfekte Schmetterball, den Bokuto schließlich meisterte, war atemberaubend.

Keiji war sprachlos, und blieb sprachlos, noch lange, nachdem der Ball endlich nach mehrfachem Aufprallen zum Stillstand kam. Nicht nur Keiji war still. Bokuto war es auch. Bokuto war still, starrte auf seine Hand hinunter in ungläubiger Faszination, und dann plötzlich, wie von der Tarantel gestochen wirbelte er herum. Seine Augen waren so weit aufgerissen, dass es schmerzhaft aussah, und sie glühten.

Voller Bewunderung.

 

„Akaashiiiiiiiiiii! Das war unglaublich!!! Du musst mir ab jetzt immer solche Bälle zuspielen!!!“

 

Bewunderung. Keiji sah in Bokutos Augen reflektiert, was er selbst gerade empfand, und mehr noch als die Erinnerung an diesen perfekten Schmetterball war es die Erkenntnis, dass Bokuto ihn mit den gleichen Augen ansah, mit denen Keiji ihn sah – auch wenn es in Keijis Falle weit subtiler war, trug er doch seine Gefühle nicht gern sichtbar auf dem Gesicht spazieren –, die in ihm das Bedürfnis weckte, dieses Erlebnis wieder und wieder zu wiederholen.

Erst beim Training.

Und dann auf dem Spielfeld, gegen einen Gegner, der gar nicht ahnen könnte, was ihm bläute, wenn Bokuto erst sprang, um den Ball übers Netz zu schmettern.

 

„Versprochen, Bokuto-San.“

It Was Love At First Sight, At Last Sight, At Ever And Ever Sight

Da war dieser Moment – dieser Moment, in dem einfach alles plötzlich klickte.

 

Jeder, der mit vollem Einsatz Volleyball spielte, hatte diesen Moment.

Kuroo hatte diesen Moment gehabt. Er wollte Koutarou nie erzählen, wann und wie es gewesen war, aber er hatte ihn, und irgendwann würde Koutarou auch erfahren, was es gewesen war! Immerhin gehörte sich das so, dass man seinem besten Bro jedes Geheimnis erzählte!

Kuroo war es vermutlich nur peinlich, dass es nicht halb so cool gewesen war wie Koutarous Moment.

 

 

Koutarous Moment war nämlich der Coolste.

 

 

Es war im letzten Jahr gewesen. Frühjahrsmeisterschaft.

Koutarou wusste nicht mehr, gegen wen sie gespielt hatten – das Team war einfach nicht wichtig genug gewesen. Sie hatten jedenfalls keinen Top-5-Volleyballer des Landes dabei gehabt! Und sie waren auch nicht regelmäßig unter den Top 4 in Tokyo, also waren sie logischerweise nicht wichtig.

Aber obwohl sie nicht wichtig gewesen waren – sie hatten sich als härtere Gegner herausgestellt, als ursprünglich angenommen.

 

Ihr Block war gut.

Besser als das, was Kuroo ihm auf Trainingscamps entgegenwarf, und Kuroos Blocks waren manchmal schon frustrierend gut.

 

Koutarou, obwohl er zu den Top 5 des Landes gehörte, schaffte es nicht, diesen Block zu überwinden, egal, was er tat. Er machte alles wie immer! Er traf den Ball perfekt, mit aller Kraft, und die Würfe, die Akaashi ihm zuspielte, waren genauso gut wie immer – aber es reichte nicht!

Es frustrierte ihn.

 

„Bokuto-San, erinnere dich daran, was wir geübt haben.“
 

Und wie immer, wenn er frustriert war, war Akaashi da. Es war schon richtig gruselig, wie genau Akaashi wusste, wann er den Mund aufmachen musste! Wahrscheinlich war er ein Gedankenleser. Er wusste immerhin auch immer, wenn Koutarou hungrig war, oder sonst irgendetwas brauchte.

„Ich weiß, Akaashiiii!“

Natürlich wusste Koutarou es noch! Er hatte nur im Eifer des Gefechts nicht daran gedacht. Immerhin gab es wichtigeres, wenn man auf dem Feld stand! Und dafür war ja Akaashi da.

 

Was sie geübt hatten, war eine Finte. Koutarou hatte sie schon mehrfach bei Volleyballmatches gesehen, die im Fernsehen übertragen wurden, seltener auch bei ihren eigenen Gegnern, doch bis Akaashi gekommen war, hatte niemand mit ihm seine Finte trainieren wollen. Akaashi hatte sich sofort bereiterklärt, und danach hatten sie also trainiert, jeden Tag, bis es draußen schon stockfinster war und Koutarou vor Hunger schon fast umfiel, wenn Akaashi irgendwann Trainingsende ausrief.
 

(Die ersten Tage waren grausam gewesen! Koutarou hatte so lange warten müssen, bis er etwas zu essen bekam, hatte sich mit letzter Kraft zum Konbini geschleppt, der zwischen Zuhause und Schule war, um sich dort etwas zu kaufen – irgendwann hatte Akaashi angefangen, ihm gefüllte Reisbällchen mitzubringen, weil Akaashi einfach ein Gedankenleser war. Koutarous Magen war ihm sehr dankbar dafür!)

 

Bisher hatte Koutarou sie noch nie in einem Match einsetzen können. Entweder, weil es nicht nötig gewesen war, oder weil er es vergessen hatte, wenn er erst einmal so richtig im Spiel drin war und nichts anderes mehr zählte als der Ball unter seiner Hand, den er über das Netz schmetterte, dass seinen Gegnern Hören und Sehen verging!

Jetzt, wo er sie einsetzen konnte, war er aufgeregt und hibbelig. Er wollte! Jetzt! Sein ganzer Körper brannte darauf, diese neue Technik einzusetzen, die er mit Akaashi einstudiert hatte. Er wollte die verdutzten Blicke seiner Gegner sehen. Er wollte den Jubel seines Teams hören, wollte das Schulterklopfen und das hitzige Gefühl, das ihn immer durchströmte, wenn er einen Punkt machen konnte.

Er konnte es nicht erwarten.

 

Nach dem Time-Out ging es viel zu langsam weiter. Alles schien in Zeitlupe zu passieren. Konoha hatte den Aufschlag. Der Ball flog. Ihr Gegner nahm ihn an, aber sie strauchelten dabei aus ihrer Formation heraus. Ihr Zuspieler war nicht halb so toll wie Akaashi, fand Koutarou, aber es reichte, dass der Ball übers Netz kam. Koutarous Blick folgte jetzt nicht mehr dem Ball – jetzt lief er auf Instinkt. Auf Autopilot. Er wusste, dass der Ball hinter ihm nicht zu Boden fiel, sondern angenommen wurde, also lief er los. Die Schrittfolge, die vor dem Sprung vonstattenging, war so vertraut und Koutarou spürte schon, wie Freude ihn durchströmte nur bei dem Gedanken, gleich endlich wieder den Ball zu berühren und ihn an den Blockern vorbei übers Netz zu bringen.

Er holte aus, und er stellte sich vor, wie es sein würde, den Ball zu schmettern, mit aller Kraft, die er hatte. Wie er zwischen den Händen der Blocker hindurchschnellen würde, und wie laut es knallen würde, wenn er schließlich auf den Boden aufprallte. Er spürte so viel Kraft in seinem Arm kribbeln, dass er völlig sicher war, der Ball würde nach dem Aufprall noch einmal quer durch die Halle fliegen.

 

Das waren die besten Schmetterbälle.

 

Und Koutarou war kurz davor, einen dieser besten Schmetterbälle zu schmettern. Der Ball kam, die perfekte Höhe, genau so weit vom Netz entfernt, wie Koutarou es mochte. Sein Arm schnellte dem Ball entgegen, begierig, und er spürte schon das Kribbeln auf seiner Handfläche, das mit der Kollision mit dem Ball einhergehen würde.

 

„Erinnere dich daran, was wir geübt haben.“

 

Im letzten Moment, so spät, dass Koutarou schon selbst glaubte, er würde den Ball wirklich schmettern, stoppte er in der kraftvollen Bewegung. Die Berührung, die den Ball schließlich übers Netz trieb, war kaum mehr als ein Streicheln verglichen mit dem, was Koutarou sonst draufhatte. In einem sanften, kleinen aber hohen Bogen flog der Ball ganz locker über die Blocker hinweg und trudelte hinter ihnen zu Boden.

Koutarou sah die entgeisterten Blicke der Blocker, völlig aus dem Takt gebracht, sah den Libero, der sich der Länge nach hingelegt hatte in dem Versuch, den Ball noch zu erwischen, sah sein verkniffenes Gesicht, und all die Glücksgefühle, die sich in ihm stauten, waren so unglaublich, dass er das Gefühl hatte, sie würden aus ihm herausplatzen, wenn er ihnen nicht ganz schnell Luft machte.

 

„Hey hey hey!!!“

 

 

Das war der Moment gewesen. Seitdem war Koutarou geradezu süchtig nach Volleyball.

 

Es war nicht der letzte Moment gewesen, und es folgten viele, die Koutarou überschäumend vor Glück und ekstatischer Freude zurückließen, dass sein ganzer Körper davon bebte.

 

Er fand immer wieder neue Gründe, Volleyball zu lieben.

It’s Never Too Early To Panic

„Mach dir keine Panik, Hinata! Kann auch nicht schlimmer werden als das eine Mal, dass du mir auf den Schoß gekotzt hast.“ – „Oder mitten in die Sporthalle, Shouyou!“

 

Nishinoya und Tanaka lachten. Shouyou fühlte sich, als würde er gleich kotzen – diesmal wohl auf die Schuhe seiner Senpais… –, und er schluckte hart sein viel zu frühes Frühstück wieder hinunter, das ihm schon viel zu weit oben im Hals zu hängen schien.

„Es ist doch nicht das erste Mal, dass du dort bist“, tröstete Suga, und die beruhigende Stimme des Älteren ließ Shouyous Panik zumindest ein bisschen abflauen, so dass er etwas zustande brachte, das im Entferntesten noch an ein Lächeln erinnern mochte. Suga reichte ihm eine unauffällige, dezente braune Papiertüte, die Shouyou sofort in seine Jackentasche steckte, hin- und hergerissen zwischen Scham und Dankbarkeit.

 

Wenn er kotzte, würde er wenigstens nicht den Bus vollkotzen.

 

Fünfeinhalb Stunden.

Ungefähr. Fünfeinhalb Stunden, die er irgendwie durchstehen musste, ohne sich vor Panik zu übergeben, aus dem Bus zu springen und den Weg zurück nach Hause zu laufen, oder irgendetwas anderes Dummes zu tun, das ihm im Nachhinein nicht nur furchtbar peinlich sein würde, sondern das er auch noch furchtbar bereuen würde.

Gerade würde er aber lieber einhundert gruselige Toiletten-Begegnungen haben, als in diesen Reisebus zu steigen.

 

Das schrille Klingeln seines Handys ließ ihn erschrocken zusammenfahren. Im ersten Moment erkannte er den Laut gar nicht, sondern versteckte sich vorsorglich vor dem Angreifer hinter Tanaka, der nach einem kurzen Stutzen zu lachen anfing.

„Das ist dein Handy, du Idiot!“ – „O-oh…“

Sein Handy. Shouyou grinste schief, dann packte er sich entsprechendes Handy und öffnete die Nachricht, die da eingetrudelt war.

 

Shouyou. Gute Reise.

 

„…!!!“

 

Shouyous Finger schwebte schon über dem Antwort-Befehl, als er noch einmal inne hielt, sein Magen machte glücklich-nervöse Purzelbäume. Es war noch so früh! (Fünf Uhr morgens, nicht einmal.) Kenma war sicher noch im Bett, und eigentlich schlief er um die Uhrzeit noch, und –

„Er ist extra für dich aufgewacht!“, kommentierte Nishinoya lachend. Shouyou hatte gar nicht gemerkt, dass der Andere die Nase über sein Handy gereckt hatte, und jetzt, wo er es merkte, brachte er es hektisch außer Reichweite, um seinen neuesten Schatz – Kenmas Nachricht – vor Nishinoyas Adleraugen zu beschützen.

„Er freut sich auf dich“, fügte Suga noch hinzu, und obwohl Shouyou das wusste, ließ es sein Herz anschwellen, es noch einmal zu hören. Er nickte wild, holte tief Luft.

„Also! Bis in einer Woche!”

 

Eine Woche.

 

Eine Woche Tokyo. Kein Volleyball. Kein Training. Kein Kageyama. Kein nerviger Tsukishima, der ihn nur auslachte und verhöhnte. Kein tägliches Fahrradfahren, um zur Sporthalle bei der Schule zu kommen. Keine Natsu, die ihn aufforderte, mit ihr Seilchenspringen zu spielen.

 

Nur Kenma.

 

Allein der Gedanke ließ die Purzelbäume zurückkommen und Shouyou schluckte hektisch, hektischer, hoffend, dass sein Frühstück bitte dort blieb, wo es bleiben sollte!

 

(Wobei, sollte er nicht froh sein, wenn es so wieder herauskam? Er wollte die Bustoiletten nicht testen, wo er so darüber nachdachte. Es war unwahrscheinlich, dass etwas passieren würde, aber wer wusste schon, wem er dann wieder begegnen würde?!)

 

 

Zehn Minuten und ganz viele gute Wünsche später saß er endlich im Bus. Er hatte einen Platz an einem der wenigen Fenster ergattert, die man zumindest obenherum öffnen konnte, und die leichte Brise, die von draußen hereinkam, half, seinen panischen Magen zu beruhigen. Seinem Herzschlag half es nicht. Es fühlte sich an, als wollte ihm das Herz aus der Brust springen!

Vielleicht wollte es das sogar. Shouyou konnte es sich viel zu lebhaft vorstellen, wie sein Herz ihm aus der Brust sprang, weil ihm die Reise zu lange dauerte, und dann einfach zu Fuß (hatten Herzen Füße?!) schon einmal vorlief. Shouyou würde es ihm zu gerne gleich tun!

Oder auch nicht. Also. Doch. Aber nein. Es machte ihn einfach so nervös!
 

Eigentlich sollte es ja kein Problem sein. Aber Shouyou hatte noch nie mit Kenma geredet, wenn nicht Volleyball involviert gewesen war. Was machten sie denn eine Woche, wenn nicht trainieren? (Und das das nicht drin war, das sah Shouyou sogar selbst. Kenma war eben nicht so.)

Videospiele? Die mochte Kenma doch! Aber konnte man die überhaupt zu zweit spielen? Wurde das nicht langweilig? Was würde passieren, wenn Shouyou zu hibbelig und zu unruhig wurde? Und was, wenn er sich in Tokyo verlief, nur, weil er mal zum nächsten Konbini wollte?! Dann würde ihn Kenma suchen müssen, und das war nicht nur furchtbar peinlich, sondern vielleicht auch gefährlich!

Wer wusste schon, was in der Großstadt alles passieren konnte!

 

(Seine Mutter hatte darüber große Panik geschoben, als sie gehört hatte, dass Shouyou alleine nach Tokyo fahren wollte. Ihre Panik war ansteckend!)

 

Mit einem gequälten Seufzen lehnte er sich in seinem Sitz zurück und schloss die Augen. Wenn er einfach noch ein bisschen schlief, dann merkte er gar nicht, wie lange die Fahrt dauerte, und dann war alles nur noch halb so wild, nicht wahr?

 

Er hielt seinen Vorsatz genau fünf Minuten durch. Dann starrte er aus dem Fenster, weil die Landschaft ihn sicher von seinen wirren Gedanken ablenken konnte. Als er das nächste Mal auf die Uhr sah, waren drei weitere Minuten vergangen, und er begann, durch die Chatlogs seines Handys zu blättern. Da waren einige Nachrichten, die er mit Kageyama ausgetauscht hatte. Nishinoya. Tanaka. Ein Gruppenchat vom Team, in dem die meiste Zeit eigentlich nur Tsukishima mit irgendjemand anderem zankte, weil er wieder unnötig provokant und gemein war.

Kenma. Kurz angebundene Nachrichten, wie immer, aber jedes Wort trieb Shouyou trotzdem ein dümmliches Grinsen ins Gesicht. Während es sein Herz nur dazu brachte, noch viel lauter zu schlagen, und sein Magen sich so anfühlte, als würde er gerade Sambatanzen lernen, vergaß er immerhin die Übelkeit für eine Weile.

 

 

Als er das erste Mal gerade zufällig aus dem Fenster sah, als sie an einem Schild vorbeifuhren, auf dem die Distanz nach Tokyo benannt war – Shouyou achtete gar nicht darauf. Er sah nur Tokyo –, übergab er sich schließlich doch.

Shouyou war Suga wirklich dankbar für seine Weitsicht.

 

(Er hätte nur besser mehr als eine Tüte einpacken sollen…)

 

Bis er ausstieg, fühlte Shouyou sich schon längst wieder nach kotzen, obwohl er sich sicher war, dass er nicht einmal mehr etwas im Magen hatte, das er von sich geben könnte. Er hatte auch gar nicht mehr versucht, von seinem Proviant zu essen, nachdem er das zweite Mal gekotzt hatte.

 

(Insgesamt hatte er sich drei Mal übergeben, und einmal noch beinahe.)

 

Ihm war schummrig vom langen Sitzen, und er wankte steifbeinig die Treppenstufen hinunter. Selbst der Omnibusbahnhof sah auf eine verstörende Art viel größer und städtischer aus als der, von dem Shouyou abgefahren war, und sofort meldete sich sein Magen wieder. Hektisch schlug er die Hände vor den Mund und schluckte, während Panik seine Innereien zu einem lustigen Kunstwerk verknotete.

 

„Shouyou.“

 

Kenma sah aus wie immer – schlechte Haltung, Konsole in den Händen, doch die hellen Augen, die sonst fast immer auf seinem Bildschirm lagen, blickten geradeaus, zu Shouyou hin, und Shouyou strahlte, während er eiligst die kurze Distanz zwischen ihnen zurücklegte. Ohne darüber nachzudenken warf er sich regelrecht auf Kenma, um ihn zu umarmen, und kurze Zeit später spürte er zwei Hände und eine Spielkonsole im Rücken, während sie recht ungeschickt umherstolperten auf der Suche nach ihrem Gleichgewicht.

 

„Shouyou… Vorsicht.“

 

Aber gerade wollte Shouyou nicht mehr vorsichtig sein. Er lachte ausgelassen, lachte immer noch, als sie doch zu Boden stürzten – irgendwie so, dass Shouyou unten landete, immerhin! So tat Kenma sich wenigstens nicht weh! – und er strahlte mit der Sonne um die Wette, als er sah, wie an Kenmas Mundwinkeln nach dem ersten Schreck auch ein kleines Lächeln zupfte.

 

Das war alle Panik der Welt wert.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (27)
[1] [2] [3]
/ 3

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Aphrodi
2016-07-25T11:18:01+00:00 25.07.2016 13:18
Gott, wie süüüüüüüß Hinata ist. Wie nervös er ist und wie hart er damit zu kämpfen hat, überhaupt nach Tokyo zu fahren!!!! Der arme Kerl! Aber alle kümmern sich super liebevoll um ihn. Und.... ich glaube, an seiner Stelle wäre ich auch super nervös, ehrlich.

Und dann kommentieren seine Mitspieler das auch noch!!!!! Ich glaubs ja nicht XD Nishinoya!!! XD
Aber warte....was ist denn das?! *hatte bis dahin fest geglaubt, die fahren zum Trainingscamp. Gemeinsam. Und dann....das, ich bin echt schockiert XD Eine Woche mit Kenma, ich glaubs ja nicht XDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDD Warum verabschieden sie ihn da eigentlich? Fahren die anderen auch wo hin? XD

Haha, die ganze Panik, dass er in Tokyo verloren gehen könnte oder sonstwas passierte... wie schön, dass Hinatas Mama da so viel Stress macht, weil... ja das sind eben Mütter. Meine Mama war auch so XD Ist sie immer noch...
Oh neeeeiiiiiin jetzt musste er sich doch übergeben... Bitte....bitte lass ihn nicht vor Kenma kotzen...ehrlich... XDDDDD Shit... Einmal hat gereicht XD

Ach, das ist doch einfach süß... Wie happy er ist ;__; Das war doch die Busfahrt und drei mal Übergeben wert! Und all die Panik, die er sich machte! Und ich hoffe, dass sie wirklich eine schöne Woche haben ;__; Nur die beiden und Kuroo, der bestimmt mal vorbei kommt, um nach dem Rechten zu sehen. XD Und der nicht auch noch Bokuto und damit Akaashi mitschleppt. Kenma kann drauf verzichten. Ja.

Antwort von:  Puppenspieler
25.07.2016 13:22
XDDDDDD Reisenervösität ist das aller böseste; früher war ich davon auch sooooooo hart betroffen... X___X

Haha... xDDDDD Weil sie nette Senpais sind! Ich glaube, Mama Suga hat sich einfach wirklich Sorgen gemacht, weil Hinata sicher vorher schon wochenlang Panik gemacht hat, und Noya und Tanaka hatten einfach nix bessres zu tun. XDDD (Noya ist doch immer da, wo es das größte Chaos gibt!)

Ich glaube auch, dass JEDE Mama so ist! (Oder jeder Papa, in meinem falle...XDDDD)
Nein! Er wird nie wieder vor Kenma kotzen!!!!!!
Hofft er.

Sie werden eine wunderbare Woche haben!°^° Ganz bestimmt! Und Kuroo sorgt dafür, dass Bokuto anderweitig beschäftigt ist... x'DDDDDDDD Hey, er ruiniert doch Kenma nicht seine Ferien! û_u Jedenfalls nicht allzu sehr. Er ist höchstens ein oder zwei Mal peinlich. :D
Von:  Aphrodi
2016-07-24T15:26:41+00:00 24.07.2016 17:26
Soooo und weil heute mein Glückstag ist (oder ich einfach zu blöd bin, um es mal eher zu merken XD), gibt es sogar noch ein Kapitel gleich obendrauf!
Aaaaah, weil du es erwähnt hast, würde ich jetzt auch echt gerne wissen, was Kuroos Moment war XD Aber ich bin mir sicher, du hast keine Ahnung, sonst hättest du es doch geschrieben XD

Ich finde es gut, wie du Bokutos Art darstellst. Die abstrusen Dinge, die er denkt wie Akaashi dem Gedankenleser XD Und wie er sich darüber freut XD Aber auch dieses Vergessen für ihn unwichtiger Dinge XD Dass er den Namen des Teams vergessen hat, kann ich sehr sehr gut nachvollziehen übrigens, denn bei mir war das früher auch so im Verein. Ich wusste höchstens am Spieltag, gegen wen wir spielen und das bei Auswärtsspielen auch eher als bei Heimspielen, weil man da ja immerhin wusste, wo man grad hinfährt XD Aber zugegeben, es hat mich auch nicht interessiert. Es zählte eh nur das Ergebnis für mich, da waren mir Namen egal XD Vor allem, weil es dann ja auch noch ne Rückblende ist. Das ist für Bokuto einfach so unnötiges Detail XD

Die Finte! Es ist echt schon episch, dass du Bokutos Moment mit der Finte verbindest. Also zumindest soweit ich weiß, ist das nicht canon, daher... die Idee ist echt hart geil XD Dass er die Technik übrigens immer wieder vergessen hat im Eifer des Gefechts ist auch so gut getroffen, dass ich lachen musste XD Dieser Trottel XD Und dann hat er es beinahe wieder vergessen!!!!!!! Aber das war auch gut so, so war es wenigstens glaubwürdig. Womöglich hätte man es ihm sonst noch angesehen und er hätte es total verkackt XD

Hach, eine Liebe zum Sport ist übrigens die großartigste Liebe~~~
Antwort von:  Puppenspieler
24.07.2016 17:43
Hehe... xD Nenn es Glückstag!:D
Du kennst mich einfach zu gut... |D"""""""""""""""""""""""""""""""""""""

Awwwwwwwwwwww, dankedankedankedankedankedankedankedankedankedanke!!!!!!!;_________; Das ehrt mich sehr dolle!!!;w;
Was bin ich ERLEICHTERT, dass dieser olle Kerl getroffen ist!
(Ich würde mir sowas übrigens merken... ich merk mir doch gern überflüssige Namen!:D)

Es ist kein Canon, nein. xD Aber er hat die im Canon ja schon so hart gefeiert, dass ich mir dachte... das passt so schön! *^*
Auch wenn es echt ein bisschen dusslig ist, wie oft er es vergessen hat, aber hey. Gehört eben dazu. :'D Und am Ende ist es gut gelaufen, das ist die Hauptsache!*^*

Awww, tausend Dank für deinen Kommentar! Ich freu mich ganz flauschig! ♥♥♥

Es gibt noch andere coole Lieben!°^°
Von:  Aphrodi
2016-07-24T14:50:37+00:00 24.07.2016 16:50
Gott, was hab ich mich auf dieses Kapitel (und das nächste) gefreut!!! Nicht, dass die anderen nicht toll sind, aber seit gefühlt Wochen (vielleicht sogar wirklich seit Wochen? XD) wusste ich ja jetzt, dass diese Kapitel erst zum Schluss kommen werden und ich hab tatsächlich grad bei der Arbeit schon reingeguckt, weil ich dachte "Hey, heute ist doch der 24., dann muss doch Akaashi oder Bokuto heute kommen." XD Fies war, dass ich natürlich Hinata nicht in der Rechnung hatte, deshalb... Ja, mit einem Tag Verspätung jetzt! °^°

Ehrlich, schon bei dem Titel/Zitat wurde mir ganz flauschig und leicht ums Herz ;___; Und dann lese ich den ersten Absatz und bin schon voll mit Liebe und dann kommt Absatz zwei und ich krieg Tränen in den Augen bei den letzten Worten... Alter... Waruuuuuuuum?! Was tust du mit miiiiir?!

Und wieder liebe ich Yukie ;__; Sie ist so toll zu Bokuto und wie sie das jetzt mit Akaashi in die Hand nimmt, ist pure Liebe ;__; Dass sie Akaashi selbst ein bisschen drängt, soll mal vergessen sein. Er will es und er wird es sicher nicht bereuen, daher... ist es okay.
Es ist so süß, wie sie sich bei dem perfekten Schmetterball gefunden haben und wie sie es innerlich feiern. Beziehungsweise Bokuto sehr offenkundig XD Sie haben sich da halt nicht nur als Volleyballer gefunden und harmonieren gelernt, sondern...auch so als Menschen! Und das finde ich total schön. Bokuto ist ja sehr buddyhaft mit so ziemlich jedem, aber ich denke, das hat ihn so sehr geprägt, dass Akaashi eben ganz besonders ist und er total an ihm klebt.

Hach, so viel Liebe für Bokuto, weil er einfach süß ist! So viel Liebe für Akaashi, weil seine Neugierde ihn so weit getrieben hat und er aus Bokuto alles rausholt. Und so viel Liebe für Yukie, weil sie einfach ein Schatz ist!!!! ♥

Und weil mir grad ein ganz kitschiges Zitat eingefallen ist: Wenn Bokuto eine Waffe ist, dann ist Akaashi seine Munition. XD
Antwort von:  Puppenspieler
24.07.2016 17:39
Ich glaube, Wochen ist realistisch... xDDDD Ahaha, awwwwwwww!;w; Du bist so süß!!! ♥

Das Zitat ist so süß, ne?! Das MUSSTE ich einfach nehmen!
Awww, nein! Es tut mir Leiiiiiiiiiid! Aber... es ist doch ganz bestimmt so gewesen!;_; Grah, ich hab so grausame Pre-Canon-Fukuroudani-Headcanons. ;_;

Yukie ist ja auch wunderbar!;_; Und Akaashi findet das im Nachhinein sicher auch, auch wenn sie ihn ganz schön überfahren hat!
Hach. Ja...;_; Das ist wirklich wunderbar!*^* ich bin froh, dass ich das rüberbringen konnte, denn eben, sie sind nicht nur als Volleyballer perfekt füreinander, sondern auch als Menschen!

VIEL LIEBE FÜR BOKUTO!
Viel Liebe für alle!*^* ♥♥♥

Ach herrje!:'D Das ist so... so Bokuto, eh. XDDDDDDDDDDDDDDDDDD
Von:  Ur
2016-07-20T07:24:01+00:00 20.07.2016 09:24
I have ascended into another dimension. BYE! *gently floats away*
...
Ich finde, das ist ein Trend, den du gerne aufrecht erhalten darfst :'D Alles, was mit Ladies zu tun hat, mit mir in Verbindung zu bringen, das gefällt mir sehr :D Danke wie immer für die Widmung, das erleichtert mir den Start in die MA-Ackerei, die ich gleich vor mir habe D: 52 1/2 Seiten, es geht recht schleppend im Moment, weil ich zwischendurch immer noch neue Texte lesen muss -.-'''

Du hast Yachi total gut getroffen. Genau so stell ich mir ihr Innenleben vor! Und ich das ganze Szenario ist auch sehr gut gewählt und IC, ihre Mutter würde sie def so aufhübschen wollen und Yachi würde sich dann ganz unpassend fühlen. Ich weiß, das war wahrscheinlich nicht beabsichtigt, aber mein shipping-Herz hat gleich laut DAAAATE! geschrieen :'D Auch ganz entzückend finde ich den Umstand, dass Kiyoko so viel lacht/grinst/lächelt, wenn sie mit Yachi(/anderen Mädchen) zusammen ist! Yay, dass du das so subtil eingebracht hast *^*

Ich schweb dann jetzt mal in Richtung MA :D
<3<3<3<3<3<3
Antwort von:  Puppenspieler
20.07.2016 09:27
Ooooooooooooh! Jemand sollte dir nen Faden umbinden, damit du nicht zu weit wegfliegst!!!D:

Awww, das mach ich doch gern! >:3 ♥
Und hallo! Madame, du hast ja schon heftig viel fertig!!! Komm schon, über die Hälfte! Den Rest schaffst du auch noch, ich glaube an dich! Mach die olle MA fertig und lass dich nicht unterkriegen von den zusätzlichen Texten!!! >.<

Woah, danke!*^* Das freut mich riesig! X3 Nachdem ich mich an den Mädels so selten versuche, ist das natürlich ein wunderbarer Antrieb, weiter über sie zu schreiben!*^*
Haha... Date. Na wer weiß! ;) Vielleicht ist es das sogar!
Hach, ich freu mich, dass es dir gefällt!
Danke für deinen lieben Kommentar! ♥♥♥

Schweb nicht zu weit!
Von:  Aphrodi
2016-07-16T23:05:31+00:00 17.07.2016 01:05
Hach, Terushima hat aber auch einfach eine wundervolle Einstellung .__. Im Regen tanzen, statt sich runterziehen zu lassen und einfach Spaß zu haben. Es ist ansteckend! Ich habe es geliebt, wie sie mit Spaß Volleyball gespielt haben ;__;
Und irgendwie kommt es mir so vor, als ob es dieses Kapitel tatsächlich schafft, mich aufzuheitern und mir Lebensfreude zu geben. Ich sag ja...es ist ansteckend!!! XD

Oh Gott, ich liebe ja das Ende der Diskussion. Dass er sein Zimmer staubsaugt, was ja total hilft. Nicht. Nur gegen die Kartoffelchips-Krümel, aber nicht gegen den ganzen andren Kram, den seine Mutter ihm damit vorwarf!!! XDDDDDD

...ICH MAG JOHZENJI!!! Und die Interaktion ist so süß .__. Immerhin hat Terushima sich mal ein bisschen was ans Herz legen lassen, was Ernsthaftigkeit und Verantwortung angeht. Auch wenns nicht seine Mum war~
Gott, sie würde doch gleich das arme Mädchen mit ihrem Sohn verheiraten wollen, wenn sie das wüsste XD

Widmung! Für viel Johzenji-Liebe *^*
Antwort von:  Puppenspieler
17.07.2016 01:08
Ne!? Das hat mich beim Schreiben auch so hart angesteckt, das war gar nicht mehr schön! Seitdem lieb ich den Idioten echt nur noch total. ;_; Er ist so lebensfroh, das ist toll!

Ey, es ist voll produktiv, ja? |D

OH MEIN GOTT DAS DARF MAN DER MAMA NIEMALS STECKEN!!!!!!!!!!!!! XDDDDDDDDDDDDDDDD Arme Hana, das verkraftet sie doch nciht :'DDDDDDDDDDDDDDDDD

Viel Liebe!!! ♥♥♥
Von:  Aphrodi
2016-07-16T22:54:38+00:00 17.07.2016 00:54
Hach sie ist so süß. Ich mochte sie sofort und all ihr Kummer und ihr Schmerz stecken mich gleich doppelt so doll an, weil sie es ist. Ich mag die Johzenji-mädels! Und ich mag Johzenji total!! Sie sind so toll. Terushima! Es ist echt süß, wie du ihn hier rüberbringen gebracht hast. Der olle Kerl ist einfach ne Mischung aus dreist und zuvorkommend XD
Hach, das Kapitel ist Liebe. So viel Liebe *^*
Antwort von:  Puppenspieler
17.07.2016 00:55
Und zukünftig weiß ich auch, wie sehr du die Mädels magst! *^* ♥
Awww hach. :'3 Ich freu mich, dass du es magst. :'3
Von:  Ur
2016-07-16T21:48:12+00:00 16.07.2016 23:48
Ugh, Hana, du Herz. Ich hab sie so lieb D: Jede lady-Widmung lässt irgendwo ein Einhornbaby geboren werden, ich sag es dir! Sie tut mir ganz schrecklich Leid, Heimweh ist übel und ich fühle ganz arg mit ihr >.< Danke wie immer für die Widmung, das hat mir sehr den Tag versüßt! <3<3<3
Antwort von:  Puppenspieler
16.07.2016 23:49
Awww.;_; Ja, Hana muss man einfach lieben!!!!;_;
Einhornbabies... find ich gut!! Dann kriegt das hier bald noch ein kleines Yachi-Geschwisterchen!*^* ♥

Hach, das freut mich!*^* Danke für den Kommentar!!!
Von:  Aphrodi
2016-07-15T10:26:14+00:00 15.07.2016 12:26
Gott, der arme Kerl!!!!!! Ja, neben Bokuto zu existieren muss schlimm sein. All das Leid, dass es mit sich bringt. Sich jederzeit aus dem Haus zu wagen, um den Kerl zu suchen, egal ob es regnet, stürmt oder schneit XD So als Such-Squad hat man kein leichtes Leben.
Aber er soll sich nicht so anstellen!!!!! Klar... Bokuto hat viele Macken und ist nicht der Hellste. Trotzdem.
Er sollte sich mal ein Beispiel an Akaashi nehmen, der mit all dem viel besser klar kommt.

Akaashi opfert sicher jede Woche eine Woche lang gratis Snacks. Das dürfte ganz schön ins Geld gehen. Und er ist auch der, der ihn die meiste Zeit babysittet - allein. So viel Arbeit hat Konoha also gar nicht. Konoha ist total dramatisch!!!
Antwort von:  Puppenspieler
15.07.2016 16:10
Seh ich ganz genauso. Neben Bokuto zu existieren ist ein Unding!!!!!!!!!!!!!!
Und nein. Akaashi ist blind vor Liebe, an sowas will sich Konoha kein Beispiel nehmen. Niemals.

Bestimmt hat Akaashi nen geheimen Nebenjob - nein, nicht als X-Men! -, damit er das finanzieren kann... xDDDDD
...
Die dramatische Attitüde muss ne Nebenwirkung von 3 Jahren mit Bokuto sein. Das steckt eben einfach an.
Von:  Yo-Yoshi-Ku
2016-07-13T13:46:00+00:00 13.07.2016 15:46
((Okay, das mit den hässlichen Tränen vom letzten Kapitel-Kommentar war nicht gelogen. Ich hock hier wirklich mit so n' bissl Pipi in den Augen hier. ❤️ ))

" Etwas brach." - Oh, ja - nevermind, dass war gerade mein Herzchen beim Lesen. ❤️ ; ____;
Im letzten Chapter sind die Gefühle schon so irre gut zur Geltung gekommen, aber hier hast du dich wirklich nochmal mit dem Formulieren hart selbst übetroffen! ; ___;)
Da gibts so viele Stellen die ich einfach so genial finde - beispielsweise die ganze hier!

bis er so nah vor ihm stand, dass er die einzelnen Wimpern an seinen Augen hätte zählen können. Er zählte nicht. Sein Blick war auf Oikawas Augen fixiert, die sein Lächeln nie erreichte, und hinter der üblichen Fassade aus nichts und heuchlerischer Freundlichkeit sah Hajime etwas, das ihn an zerbrochenes Glas erinnerte.

Was mir auch so, so, so sehr gefällt - auch wenn es zeitgleich den meisten Schmerz auslöst - ist , wie definitiv und endgültig das alles ist.
Es gibt nichts mehr zu sagen, weil das Knie schon kaputt ist - weil das Urteil des Arztes gefällt ist - und weil Oikawa seiner Karriere sein eigenes Grab geschaufelt hat. ; ____;
Auf der einen Seite wünsche ich mir nichts mehr als eine Wunderheilung für den armen Burschen, weil ich ihn so sehr liebe und weil er ja aus einem Gemisch von Angst, nicht mithalten zu können, Stolz, et cetera gehandelt hat und so weit getrieben wurde - andererseits ist gerade das die harte Realität, die ich in Anime, oder FanFics, oder Games so oft vermisse.
Manche Sachen kann man nicht rückgängig, oder gut machen - und diese knallharte Tatsache kommt hier raus und wird von dem letzten Satz, mit dem der Vorhang fällt, unterstrichen. ; ____;. ❤️
(Vielleicht wäre eine Wunderheilung doch sehr schön OTL------ ❤️ )

Ich bin so 'n Drama-Fan der am glücklichsten ist, wenn alles ganz furchtbar ist - aber wenn ich es dann lese / sehe, dann leide ich trotzdem wie 'n Schwein, aber liebe es! ❤️ ; v;''

Ugh, ich muss das jetzt mal verdauen, aber oh Gott ich danke dir so sehr für die beiden Kapitel. ; _ ; ) ❤️
Mein kleines Herzchen schlägt grad ganz wild vor Freude! ; w ;
...und Schmerz. T vT) <3 ❤️
Antwort von:  Puppenspieler
13.07.2016 15:54
((Das ist niiiiiiiiiiiiicht gesund!!!!!!!!!!))

Oh Gott... xDDDDDDDDDDDDDDD ES TUT MIR LEID, DASS DU LEIDEST!!!
...
Aber wenn man deinen Kommentar so liest, könnte man glauben, dass du ein dezenter Masochist bist, mein Lieber. XDDDDDDDDDDDDDDDDDDDD

Eine Wunderheilung wäre wirklich wunderschön, aber... ne? :'DDDD Ab und an mag ich solche grausamen, realistischen Dramen leider auch viel zu gerne... UND DANN SCHREIB ICH SIE. und dann leide ich! :'D
Und dann leidest du auch. Das ist nicht cool. x'DDDDDDD
ABER FLUFF GIBT ES SO VIEL DOCH SCHON DA DRAUSSEN! D:

Och Hermchen... D: Verdau es gut!;_; Schau dir irgendwas schönes, glücklich machendes an! Katzenvideos oder so!
ICH HAB ZU DANKEN WEIL DU SO EIN AWESOME KOMMENTATOR BIST!!! TAUSEND DANK!!!! ;-; ♥♥♥
Von:  Yo-Yoshi-Ku
2016-07-13T13:27:45+00:00 13.07.2016 15:27
Oh Gott. ; ______;)
Da ist es - meine schlimmste Befürchtung in Bezug auf Oikawa's Zukunft, in Fanfic-form. ; ____;)
Du hast die Gefühle echt super rübergebracht - man fühlt sich da richtig reinversetzt und kann mitleiden (was scheußlich ist! Aber ich liebe es! ❤️ ;A;)

Wir hatten ja eh schon drüber geredet, aber boah.. ich finde das ist so richtig Oikawa. ; ___;)
Ich kann mir auch die Szene mit den Mädels so gut vorstellen - genau so wie ich das mit dem Schuld-zuschieben total sehe. ;____;
Das Kags der ihm im Nacken sitzt ihn belastet merkt man im Anime/Manga ja schon - das, gepaart mit Ushiwaka der ihm soweit vorauß ist...hngh... kein Wunder, dass es soweit kommt, wenn Iwa-chan nicht hier ist. ; ____;
(WIESO MÜSSEN DIE BEIDEN NUR GETRENNT WERDEN?!?! FURUDATE-SAN, WIESO?!?!?!?! ; _______ ; )
I never signed up for so much pain, hnghh ; ____;.

Ich würd dem Jungen so ein Happy End wünschen, aber die Worte des Arztes machen es sehr eindeutig -und dann will der Idiot auch noch vor Iwa-chan stark sein. ❤️ ; _ ; ❤️
..hässliche Tränen fließen über mein Gesicht. ; _;)
Die Worte von Ushi haben dem ganzen nochmal ein's drauf gegeben - ich kann mir gut vorstellen, dass der Kollege sowas wirklich bringen & sagen würde...was so ziemlich das Letzte ist, dass man in so einer Situation hören will. . ___ .)

Vielen lieben Dank für die Widmung - und die ganze Story hier. ; ___;) ❤️
Ich freu mich tierisch, während ich weiter hässliche Tränen weine. ; _____ ; ❤️
(UND MICH MENTAL AUF NOCH MEHR HEARTBREAK IM IWA-CHAN KAPITEL VORBEREITE. ; ____ ; )
Antwort von:  Puppenspieler
13.07.2016 15:31
OH MEIN GOTT. Es tut mir SOOOOOOOOOOOOOOO Leid, ich wollte dich nicht zum Weinen bringen!!!! D: Verdammt!!!

Also. Ich fühle mich irrsinnig geehrt, aber... NICHT WEINEEEEEEEEEEN!!! SEI STARK!!! BITTE!!!;_; ♥♥♥

Oh je... Es tut mir so Leid!;A; Es tut mir SO SO SO SOSOSOSOOOOOOO LEID!!!! D: Ich bin ein böser Autor!!!! Ich schwöre, das nächste, das ich zu den beiden schreibe, wird voll happy-endig werden!!!!!!!!!!!

*kann nicht konstruktiv antworten* DDDDDDDDDD:

ES TUT MIR SO LEIIIIIIIIIIIID!!!

UND TAUSEND DANK FÜR DIESEN UMWERFENDEN KOMMENTAR!!! OMGOMGOMG!!!!


Zurück