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Sinners

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich möchte kurz vorweg sagen, dass ich Persönlich das Gefühl hab, dass im ersten Kapitel noch nicht viel passiert. Dieses erste Kapitel ist eher eine Einführung in die Welt in der sie spielt(die übrigens noch keinen Namen hat...). So richtig los geht es erst ab dem nächsten Kapitel, wo auch die relevanten Charaktere alle vorgestellt werden. Komplett anzeigen

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Überleben

Dort, wo Menschen aufeinander treffen, gibt es Konflikte. Man kann sich nicht immer einig sein. Jeder will seinen Standpunkt und seine Interessen durchsetzen, denn wer nach gibt, hat in dieser Welt schon verloren. Und wenn Menschen Macht haben, dann wiegen ihre Entscheidungen mehr als die anderer. Doch Macht kann auch blenden. Und überwältigen.

Krieg, Armut und Verzweiflung. Das sind nur einige der wenigen Folgen davon.
 

Es ist noch nicht lange her, da wurde so eine fatale Entscheidung getroffen. Von einem Mann, den man dann als selbstsüchtig und größenwahnsinnig bezeichnete. Unzählige riss er mit in den Abgrund.

Eine junge Frau, die für diesen Mann arbeitete und erst zu spät verstand, was sie getan hatte.

Ein Junge, dem alles genommen wurde, selbst seine eigene Zukunft.

Und ein Mädchen, das in einer Lache aus Blut zu sich kam.

Sie haben alle etwas gemeinsam. Sie sind alle Opfer und deswegen wurden sie alle zu Tätern.
 

Heute sind nur noch Trümmer zu erkennen. Die einst so strahlenden Hauptstädte gleichen auch heute noch einem Schlachtfeld. Die Aufräumarbeiten verlaufen langsam und kommen in vielen Städten nicht an. Nach dem Krieg wurde eine neue Regierung gebildet. Doch sie hat einfach zu wenig Einfluss. Jugendgangs, Klans und andere Organisationen kontrollieren selbst nach so vielen Jahren immer noch das Leben der Mensch.

"Dieses Land verkümmert immer mehr", murmelt sie, als sie die Straße überquert. Ihr langes Haar ist schwarz und sieht aus wie von Ruß bedeckt. Das dürre Mädchen mit dem blassen Gesicht und den toten Augen fixiert ein Ziel, wenige Meter von ihr entfernt. Eine Gruppe Jugendlicher steht in einer Gasse und bedroht einen kränklichen, alten Mann.

Wie eine Statue steht sie da und beobachtet das Geschehen. Der Blick des alten Mannes wandert hilfesuchend zu ihr. Als die Gruppe sich umdreht wirken sie zuerst genervt, doch dann lächeln sie das Mädchen an. Einer von ihnen, der eine auffällige Narbe im Gesicht hat, kommt auf sie zu und legt ihr eine Hand auf die Schulter.

"Ach, du bist's nur An'. Hast' mir aber grad nen' Schrecken eigejagt. Dacht' schon du wärst irgend so nen' Held, der uns wieder verpfeift." Er lächelt sie an, doch ihr Gesicht blieb unverändert.

"Ich habe nicht die Absicht mich einzumischen", entgegnet sie.

"Dann biste' nur zufällig hier?"

"Nein, das nicht." Im nächsten Moment öffnet ihre Tasche und beginnt darin zu suchen.

"Was willste' dann?" Sie schaut sie zu ihm hoch und winkt ihn näher zu sich heran. Als dieser einen Schritt auf sie zu kommt, zieht sie eine Pistole aus ihrer Tasche und schießt ihm ihm seitlich in die Brust.

"Arbeit", antwortet sie kühl. Der Schrei des jungen Mannes durchbricht die kurze Stille.

"In wenigen Sekunden wirst du bereits verbluten. Es hat also keinen Sinn etwas dagegen zu unternehmen. Das ist die Strafe, die mein Arbeitgeber für Verräter gewählt hat." Während die Menschen hinter der Gruppe einfach weiter laufen, als wäre nie etwas gewesen, ergreifen seine Komplizen panisch die Flucht.

Als sie sich gerade teilnahmslos umdrehen will, hällt eine Stimme sie auf.

"Warten Sie, Miss!" Der alte Mann, den die Gruppe eben erst bedroht hatte, wirft sich demütig auf den Boden. "Ich verdanke Ihnen mein Leben, Miss."

"Das lag nicht in meiner Absicht."

"Trotzdem. Vielen Dank."
 

"Saubere Arbeit. Die Gerüchte um Sie sind alles wirklich war, Fräulein Anra." Nur einen Häuserblock weiter, spricht ein fremder Mann das Mädchen unauffällig von der Seite an.

"Jemanden auf offener Straße zu erschießen nenne ich jetzt nicht unbdingt eine 'saubere Arbeit'."

"Tut mir Leid, Ihnen solche Umstände bereitet zu haben."

"Sie brauchen sich auf jeden Fall keine Sorgen mehr um ihre zukünftigen Lieferungen zu machen. Ich habe den Maulwurf enttarnt und beseitigt. So wie Sie es wollten."

"Sicher, hier haben Sie das Geld. Doch da wäre noch etwas." Überrascht schaute sie ihn an, als sie den gut verschlossenen Umschlag annimmt.

"Wie kann ich Ihnen noch helfen?"

"Ehrlich gesagt, sucht ein Freund von mir schon eine Weile nach jemanden wie Sie." Der Mann überreicht ihr unauffällig eine Visitenkarte. "Rufen Sie ihn einfach an. Er weiß bescheid."

"Verstanden."
 

"Guten Tag, wer spricht da?" Die freundliche Stimme einer jungen Frau ist auf der anderen Seite der Leitung zu hören.

"Hier ist Anra. Ich sollte mich melden. Sie haben einen Job für mich."

"Wir haben Ihren Anruf schon erwartet. Ich stelle Sie durch." Sie wartet nur wenige Sekunden.

"Ja, bitte?"

"Hier spricht Anra."

"Ah, gut, dass Sie endlich anrufen! Ich habe gehört, dass Sie die beste auf dem Gebiet wären."

"Worum geht es?" Der Mann am Telefon hällt kurz inne.

"Sagen Sie, haben sie schon einmal von den 'Lost' gehört?"

"Lost?" Das Mädchen überlegt einen Augenblick. "Ja, der Name ist schon einige Male gefallen. Eine sehr einflussreiche Organisation in unserem Land." Stille zieht erneut durch das Gespräch. "Soll ich einen Spion ausschalten?"

Der Mann lacht kurz. "Nein, ich bin kein Mitglied bei dieser Bande. Sie sollen mir interne Informationen beschaffen. Mitgliederdaten, Lieferadressen und ähnliches."

Ohne zu zögern entgegnet sie: "Das ist nicht mein Zuständigkeitsbereich."

"Ich zahle Ihnen ein gutes Gehalt. Sie leben doch selbst auf der Straße, oder Miss Anra?" Nachdenklich hört sie sich sein Angebot an.

"Eine schöne Wohnung in der Innenstadt und regelmäßige Mahlzeiten könnten sie sich davon sicher-"

"Bringen Sie mir die Details. Zum Café am Hauptplatz um 16 Uhr. Seien Sie pünktlich." Augenblicklich hängt sie den Hörer der Telefonzelle auf und schaut auf ihre Armbanduhr.

"Bald", murmelt sie noch, bevor sie sich auf den Weg macht.
 

Auch in der Hauptstadt des Landes, Aurora, fällt das dürre Mädchen nicht auf. Gestalten wie sie entdeckt sie in jeder Ecke. Kauernd und mit den selben trüben Augen, schauen sie auf den Boden. Langsam verlässt sie den Hauptbahnhof und schaut sich dabei vorsichtig um, denn diese Stadt gilt als die gefährlichste des ganzen Landes.

Ihr neuster Auftrag führt Anra an diesen einst sehr prachtvollen Ort, der heute nur noch das Zentrum von Kriminallität ist. Die 'Lost', eine Organisation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, sind hier zu Hause.

Zielsicher steuert sie auf den Hauptplatz vor dem Bahnhof zu.
 

"Aurora?", Anra schaute erstaunt auf. Sie saß einem Mann im Anzug gegenüber. Es war nicht der, mit dem sie am Telefon gesprochen hatte. Doch er brachte ihr die angeforderten Informationen.

"Es heißt, man sieht dort oft Polarlichter. Merkwürdig, oder?" Aufmerksam blätterte sie durch die Unterlagen.

"Den Anführer der 'Lost' bekommt man selten zu Gesicht, doch sein jüngerer Bruder ist gelegentlich mit anderen Leuten in dieser Gegend unterwegs." Er zeigte auf eine markierte Stelle auf einer beiligenden Karte.

"Soran? Richtig?" Sie hielt den ausführlichen Bericht über einen Jungen in ihren Händen. In der oberen Ecke der ersten Seite, war ein Bild von ihm abgebildet.

"Ja, das ist er."
 

Sie erkannte ihn sofort. So als wären sie sich schon einmal begegnet.

Sie weiß alles über ihn, doch trotzdem sind sie fremde. Die große Gruppe, die auf den steinernen Stufen sitzt, sticht aus der Masse hervor. Sobald man den Platz betritt, hat man sie direkt im Blick.

Anra hat sich schon vorher überlegt, wie sie auf sich aufmerksam machen kann. Doch mit so vielen Leuten hat das Mädchen nicht gerechnet. Während sie noch überlegt, pöbeln plötzlich einige Leute die Gruppe direkt an.

"Was willst denn du wieder hier? Hab' dir doch schon gesagt du sollst dich verpissen!", hört sie Soran über den ganzen Platz schreien. Anra erkennt ihre Chance. Unäufflig zieht sie an den Jugendlichen vorbei und greift nach dem Smartphone, welches einer der Fremden in der hinteren Hosentasche hat.

"Ey!", schreit dieser, als er den Diebstahl bemerkt. Das Mädchen versucht die Flucht zu ergreifen, doch sie wird direkt am Arm gepackt und auf den Boden gedrückt.

"Was solln' das? Geh anschaffen, wenn du Kohle brauchst." Sie verzieht keine Miene und schweigt. Selbst als er auf die Hand tritt, in der sie das Smartphone hällt, bleibt ihr Gesichtsausdruck unverändert.

"Komische Tussi..." Bevor er erneut zutreten kann packt Soran ihn an der Schulter und wirft ihn zu Boden. "Mädchen tritt man nicht. Oder willst du Ärger?"

"Was gehtn' dich das an? Die hat mich beklaut!"

"Jetzt haste' das Schrottding ja wieder. Dann kannste' auch verschwinden."

"Lass uns abhauen, Sto! Die sind in der Überzahl!" "Ist ja gut, Mann! Alles Feiglinge..." Im nächsten Moment springt Sto auf die Beine und enfernt sich wiederwillig von Soran und den anderen. "Das ist noch nicht vorbei!", schreit er noch von weitem.

Dann wandert Soran's Blick zu dem Mädchen auf dem Boden, welches sich mittlerweile aufgesetzt hat. Wortlos schaut sie zu Boden.

"Diesmal haste' noch Glück gehabt. In dieser Gegend solltest du echt nicht stehlen."

"Hast du vielleicht... etwas Brot... oder ein wenig Kleingeld...", murmelt Anra vor sich hin. Ihre Augen fixieren weiterhin einen Punkt am Boden. Soran betrachtet die Fremde genauer.

"Also gesehn hab' ich dich hier noch nie. Woher kommste'?" Sie zuckt nur mit den Schultern.

"Und wohnste' hier irgendwo?" Keine Reaktion. Ihre trüben Augen schauen in eine entfernte Leere.

"Weißt du nicht wohin?" Erneut bleibt eine Antwort aus. Plötzlich packt er sie am Arm und zieht sie hoch. "Komm mit, deine Hand könnte gebrochen sein." Sein Blick ist von ihr abgewand, als er sie hinter sich her zieht. "Wir kämpfen hier doch alle um's Überleben."

"Das passiert hier ständig"

Von Anfang an, wusste sie nicht, was sie erwartet.

Sie rechnete damit, dass sie sogar entführt und verschleppt werden könnte.

Doch das hat sie nicht kommen sehen.

Ein verlassenes Industriegebiet, gesichert wie ein Gefängnis, liegt direkt vor ihr. In der Ferne erkennt sie die Dächer mehrerer Lagerhäuser.

Wie Zinnsoldaten sind sie aufgereiht. Bewaffnete Männer stehen an jeder Ecke der gigantischen Anlage und schauen aufmerksam in die Ferne.

Alles in einem wirkt der Ort wie ein geheimer Millitärstützpunkt.

An dem weit und breit einzigem Eingang steht ein Mann, der gebaut ist wie Schrank.

"Yo, Shawn. Bin wieder da", begrüßt Soran den Riesen lässig.

"Bringst du wieder jemanden mit?" Shawn's Blick fällt auf Anra.

Doch sie lässt sich von ihm nicht verunsichern.

"Ich entschuldige mich für die Umstände." Höflich verbeugt sie sich kurz.

"Ah, ihre Hand ist verletzt. Das sollt' sich vielleicht wer anschauen."

"Alles in Ordnung." Zum Beweis hebt sie die Hand und bewegt die Finger.

"Trotzdem könnt' sie mal ne' warme Mahlzeit vertragen. Los wir gehen."

Er winkt das Mädchen und den rest seiner Gruppe zu sich, als er langsam an dem riesigen Mann vorbei läuft.

"Achja. Kein Wort zu meinem Bruder!", ruft er Shawn noch zu.
 

Die fremden Blicke, die auf ihr liegen, interssieren Anra wenig.

Sie schaut stur nach vorne.

Allerdings verschafft sie sich aus dem Augenwinkel einen Überblick über die Mitgliederanzahl. Größtenteils junge Erwachsene. Sie sind allesamt nicht älter als 25.

Manchem fehlt ein Arm, dem anderen ein Bein.

Der Krieg hatte seine Spuren hinterlassen. Selbst als Zivilist war man nicht sicher.

Doch trotz allem leben und arbeiten sie hier zusammen. Anra kann niemanden erkennen, der bis gerade eben nicht bei einer Tätigkeit war.

Plötzlich klingelt Sorans Handy.

Als er kurz auf das Telefon schaut, drückt dieser den Anrufer weg und seufzt laut.

"Ich muss weg,. Aber es kommt gleich wer. Also keine Sorge."

Und im nächsten Moment stürmt er auch schon davon. Anra sieht ihn nur noch in der Ferne.

Sie steht alleine da. An einem ihr völlig fremden Ort, umgeben von fremden Menschen.

Doch als sie sich umdreht, schafft sie es im letzten Moment noch einen ihr entgegen fallenden Pappkarton auf zu fangen.

"Hoppla. Hab ich jemanden erwischt?"

Eine Frau, die noch einen weiteren Karton trägt, schaut sich suchend um.

"Alles in Ordnung", versichert Anra.

"Gut, hilf mir mal. Folg mir einfach. Ich muss die neue Hardware an allen PC's hier installieren und ich hab's einfach im Rücken grade."

Doch schon nach wenigen Schritten bleibt sie wieder stehen und stellt die schwere Fracht ab.

Die großgewachsene Frau, mit den kurzen blonden Haaren streckt sich energisch und lässt sich im nächsten Moment einfach auf den Boden fallen.

"Ich kann nicht mehr..."

Mit ihren großen Augen mustert sie Anra und stellt fest:

"Dein Gesicht hab' ich noch nie hier gesehn'!"

Doch bevor Anra darauf antworten kann geht der Frau ein Licht auf.

"Soran hat dich bestimmt hier angeschleppt, oder? Ständig bringt er irgendwen hier her..."

Munter rappelt sie sich auf, klopft sich den Staub von der Kleidung und streckt ihr freundlich die Hand aus.

"Ich bin Mai. Und du bist?"

Ohne den Handschlag zu erwiedern antwortet sie: "Anra."

"Oh, du hast ja noch die Kiste. Tut mir leid, ich wusste nicht, dass du neu bist..."

Augenblicklich nimmt Mai ihr den Karton ab und stellt ihn neben den Anderen.

Dan streckt sie sich wieder und jammert: "Warum muss ich sowas immer nur allein machen..."

Augenblicklich nimmt Mai sie bei der Hand und lächelt sie an.

"Lass uns was essen gehn. Du siehst so aus, als hättest du Hunger!"
 

Die Sonne verschwindet gerade am Horizont, als Mai mit Anra an der Hand einen dunklen, fensterlosen Raum betritt.

Als die junge Frau das Licht einschaltet, erblickt Anra einen unordentlichen, kleinen Raum. Verschiedene Bücher liegen auf dem Boden. Die Regale sind fast alle leer und riesige Mengen an Kabeln schlängeln sich über den gesammten Boden.

"Die Kantine ist schon zu. Aber ich hab hier immer Fertignudeln für den Fall der Fälle..."

Sie murmelt, während sie eine der unzähligen Kisten durchsucht.

Plötzlich sind in er Ferne einige Schüsse zu hören.

Anra zuckt instinktiv kurz zusammen.

"Keine Sorge, keine Sorge. Das ist sicher nur Lory. Wir sagen ihr immer sie soll erst die Fragen stellen und dann schießen, aber irgendwie ist ihr das ziemlich egal.... "

"Achja, wo wir beim Thema sind."

Augenblicklich gibt sie die Suche auf.

So als wäre ihr im letzten Moment noch etwas wichtiges eingefallen und setzt sich an den klapprigen Tisch in der Mitte des Raumes, an dem Anra bereits Platz genomen hat.

"Nach Sonnenuntergang solltest du das Gelände nicht mehr verlassen. Lory, unsere Anführerin der Nachtwache schießt nämlich auf alles, was sich bewegt."

Mai lächelt freundlich, als hätte sie gerade einen harmlosen Witz erzählt.

"Gibt es da noch etwas, das ich beachten sollte?"

"Hm... Rauchen ist auf dem Gelände verboten. Offenes Feuer oder Feuerzeuge sind generell nicht erlaubt." Angesterngt überlegt sie eine Weile.

"Also, wenn du dich daran hällst, dann bist du außer Lebensgefahr. Denk ich."

Doch als plötzlich mehrere Explosionen zu hören sind, verliert Mai völlig die Fassung.

"Was stimmt nicht mit diesem Mädchen?!"

Energisch greift sie nach ihrem Funkgerät und schreit:

"Sag mal, hast du sie nicht mehr alle, Lory?"

Erst einige Sekunden später antwortet eine genervte, weibliche Stimme: "Sorry, wir haben hier grad' ein Problem."

Erneut sind Einschläge zu hören.

Der Boden wird dadurch so sehr erschüttert, dass die letzten Gegenstände aus den Regalen fallen.

"Und die löst du, indem du das ganze Gelände in die Luft sprengst?! Wo bekommst du sowas überhaupt her?" Man hört Lory kurz kichern.

"Vorsicht! Sie sind auf dem weg zu dir, Mai!"

Doch ihre Warnung kommt zu spät, denn im nächsten Moment schlägt jemand die Tür auf.

"Ihr tut was ich sage oder in knall' ihn ab!"
 

Ein Mann steht im Raum. In seinem Arm hällt er einen Jungen, dem er eine Gewehr an die Schläfe hällt. Verzweifelt ringt das Kind nach Luft.

"Gebt mir all' euere Festplatten und es passiert nichts!", fordert er. Doch Mai denkt nicht einmal daran sich zu bewegen. Sie sitzt einfach da und lächelt den Fremden an.

"Wenn du denkst, dass du ein Kind erschießen kannst, dann mach es doch."

Unbeeindruckt provoziert sie ihn. Der Eindringling wird langsam nervös.

"Ich schwörs! Ich mach das! Ich erschieß ihn!" Doch die Frau lächelt nur und streckt sich müde. "Nur zu. Ich halt' dich nicht auf."

Verzweifelt wandert sein Blick zu Anra, die teilnahmslos neben Mai sitzt.

"Du! Beweg dich oder willst du etwa, dass der Kleine hier stirbt?"

Anra schaut erst zu Mai und dann zu dem fremden Mann.

"Tut mir Leid, aber damit habe ich nichts zu tun. Ich bin nur Gast hier", entgegnet sie kalt.

Zitternd tritt er einige Schritte zurück.

"Was für gestörte Weiber hier si-." Doch ein lauter Knall unterbricht ihn. Kraftlos fällt er zu Boden.

"Kommst einfach hier rein, bedrohst und beleidigst meine Leute... Für wen hällst du dich bitte?!"
 

Derjenige, der gerade in der Tür erschienen war und den Eindringling hinterrücks erschossen hatte, ist für Mai kein Fremder.

Mit einem Seufzen murmelt sie: "Wurd aber auch mal Zeit. Aber, dass ausgerechnet du kommst, hätt' ich nicht gedacht."

"Was ist das denn für eine Begrüßung? Ich hab euch grade das Leben gerettet."

Genervt steht sie auf und nimmt den Jungen, der ängstlich am Boden kauert bei der Hand.

"Der hätt' doch eh nicht geschossen..." Schon im nächsten Moment lächelt sie wieder freundlich, so als wäre nichts weiter gewesen.

"Komm wir holen dir erst einmal ein Eis, ja?" Vorsichtig streichelt sie dem Jungen über das Haar. Ein Funkspruch ist zu hören. Es ist Lory's Stimme.

"Alles wieder sauber!"

"Siehst du, es ist alles wieder gut." Mai nimmt ihn behutsam auf den Arm, als er wieder anfängt zu weinen.

"Bis dann, Luke. Pass auf unseren Gast auf, ja?"

Und auf einmal herscht wieder Stille, wie nach einem Sturm.

Die Schüsse, die Explosionen und der Mann, der direkt vor ihren Augen erschossen wurde.

All das lässt sie kalt.

Ihr Blick verharrt einzig und allein auf dem Schützen, der sie freundlich anlächelt.

"Eigentlich hab' ich ja keine Zeit für sowas. Aber ohne meine Administratorin würd' hier echt nix laufen." Während er eine Nachricht auf seinem Smartphone tippt, schiebt er beiläufig die Leiche auf dem Boden beiseite.

"Wer bist du?"

Erstaunt schaut er auf, als er die Frage hört. "Oh? Du kannst sprechen?"

"Zur Kommunikation werden keine Worte benötigt."

Ohne ihre Augen von ihm zu lösen, verfolgt sie seine Bewegungen. Gelassen lässt sich der junge Mann auf einem Stuhl nieder.

"Anra, oder? Ich bin Luke." Für einen Augenblick schaut sie ihn erstaunt an, während er sie freundlich anlächelt.

"Hier gibt es keinen, der mich nicht kennt. Aber ich wusste ja nicht, dass ich außerhalb des Zauns so bekannt bin..."

"...Du bist der Anführer der 'Lost'."

"Aber, aber. So werd' ich wirklich nicht gern bezeichnet. Schließlich sind wir hier ja alle eine große Familie!" Vergnügt kichert er vor sich hin. "..Aber das weißt du ja schon, meine werte Spionin." Erschrocken springt Anra auf und macht sich bereit zum Angriff.

"Entspann dich! Ich wusste von dir, bevor du überhaupt hier warst. Aber ich mach' dir keine Vorwürfe..." Verunsicherung zeichnet sich in ihrem Gesicht ab.

Sie war noch nie so einem Mann begegnet.

"...Wir wollen doch alle Leben. Wie viel Geld haben sie dir versprochen?"

Misstrausich schweigt sie ihn an.

"Ich bin nur neugierig. Wie viel sind diese Schweine vom Staat bereit zu zahlen, nur um mehr Macht zu bekommen...?" Luke's freundliches Lächeln verschwand auf der Stelle. Wütend ballte er seine Hände zu Fäußten.

"Fünfzigtausend..." Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.

Irgendetwas stimmt nicht mit ihm. Das konnte sie spüren.

"Verstehe." Seine Gelassenheit kehrte allmälich zurück.

"Keine Sorge. Du kannst ruihg hier bleiben."

"Bitte?" Anra kann ihm nicht ganz folgen.

"Ich seh dich nicht als Gefahr, Anra. Wir sind uns sogar gar nicht so unähnliches."

Missmutig entgegnet sie: "Wie kannst du dir da so sicher sein?"

"Lost. Wir sind alle hier, weil wir etwas verloren haben. Du hast doch sicher auch was verloren, hab' ich recht?" Schweigend sahen sie sich an.

Auf einmal klingelte Luke's Handy.

"Ja?... Ich bin unterwegs." Er holt tief Luft und steht auf.

"Also dann. Die Arbeit ruft... Ich schick dir jemanden. Sollang kannst du dich schon mal auf dem Gelände umschauen."

An der Tür deutet er noch einmal auf den leblosen Körper.

"Darum kümmert sich gleich jemand. Das passiert hier ständig."



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von: haki-pata
2016-06-25T07:01:21+00:00 25.06.2016 09:01
Ein einnehmender Schreibstil.
Neugierig-machende Charaktere.
Definitiv will ich mehr lesen!


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