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Im Krieg und in der Liebe

... sind alle Waffen erlaubt
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Vorsicht, Cliffhanger! Der Kampf dauert etwas länger und ich wollte ihn in zwei Kapitel packen. Wer also keine Cliffhanger mag, sollte auch noch auf das nächste Kapitel warten ;) Viel Spaß schon mal mit dem ersten Teil! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So, habe mich extra beeilt mit dem schreiben. Ich selbst mag auch keine Cliffhanger. Also... Tadaaa! Jetz könnt ihr den kompletten Kampf lesen. Viel Spaß dabei! :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Entschuldigt bitte die Verzögerung... Die Idee hat lange auf sich warten lassen und gestern endlich am Stück runtergeschrieben ^^"
Verzeiht also, wenn sich doch mal ein Fehler eingeschlichen hat. Ich hoffe ich treffe in diesem Kapitel euren Geschmack ;)
Viel Spaß und vielen Dank an meine treuen Leser, die mir die langen Pausen verzeihen und trotzdem weiterlesen!! Das freut mich wirklich sehr :) Komplett anzeigen

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Graues Haar

 

Vor 3 Jahren:

 

Ich blickte in den Spiegel. Ich sah noch sehr verschlafen aus, also wusch ich mir erst einmal mein Gesicht, putzte Zähne und kämmte mein schwarzes Haar. Oh nein! Was zum…? Ein graues Haar?! Mein erstes graues Haar! Mit 22?! Sofort riss ich es mir vom Kopf. Das darf doch nicht wahr sein! Das kommt sicherlich nur vom Stress, redete ich mir ein. Da klopfte es auch schon an die Tür.

 

„YUKI! Mach auf! Wir haben eine Mission!“ Ich seufzte und lief zur Tür. Ich wusste natürlich wer davor stand und war nicht sehr begeistert darüber. „Guten Morgen, Hiroshi!“, erwiderte ich knapp. Ken stand neben ihm, blieb jedoch still und schweigsam – wie immer. Ich habe mich schon oft gefragt, ob er eigentlich über eine Stimme verfügte.

„Los, mach dich fertig! Wir sollen uns im Gebiet um Iwagakure umsehen! Der Tsuchikage glaubt, dass feindliche Ninjas unser Dorf ausspionieren und wir sollen der Sache auf den Grund gehen!“

 

Hiroshi war unser Teamführer, doch ich mochte ihn nicht sonderlich. Er war ein starker Shinobi, aber auch ein Angeber. Die Dorfbewohner bewunderten ihn für seine Stärke und er hatte viele Verehrerinnen. Ich gehörte allerdings nicht dazu. Ich schloss die Tür vor seiner Nase, machte mich in aller Ruhe fertig und gesellte mich anschließend missmutig zu meiner Gruppe.

Wir suchten das Gebiet um Iwagakure in einer Spirale ab. Auf unserem Weg hielt Hiroshi einen ewig langen, nie enden wollenden Monolog über die Verhaltensregeln eines Ninja und gegen welche dieser Regeln ich schon allein heute Morgen verstoßen hätte. Nach etwa 10 Minuten hörte ich ihm schon nicht mehr zu und konzentrierte mich auf meine Umgebung. Hiroshi und Ken waren beide Jonin – genau wie ich. Ich fragte mich, warum der Tsuchikage für solch eine simple Mission drei Jonin losschickte? Rechnete er mit gefährlichen oder vielen Feinden? Ken blieb auf einmal stehen und zeigte uns an still zu sein, indem er seinen Finger an seine Lippen legte. Er hat eine außergewöhnlich gute Chakra-Wahrnehmung. Offenbar hatte er unsere Ziele gefunden. Und sie waren nicht weit weg. Wir gingen ein Stück weiter. Jetzt konnte ich sie ebenfalls spüren. Auch Hiroshi ist aufmerksam geworden. Wir verteilten uns im Wald und umzingelten sie, blieben jedoch versteckt.

Es waren zwei – zwei Ninja! Ich ging näher heran und konnte sie nun auch sehen. Sonderlich gefährlich sahen sie ja nicht aus. Und auch nicht feindlich gesinnt. Der eine war ja fast noch ein Kind!, dachte ich. Er hatte blondes Haar und war ziemlich laut. Er schien nicht bemerkt zu haben, dass wir hier waren. Der ältere wurde jedoch sehr ruhig. Er weiß, dass wir hier sind, schoss es mir durch den Kopf.

 

„Oooaaaargh, komm schon, kauziger Bergeremit! Lass uns endlich mit dem Training anfangen!“. Der Junge tänzelte um den Mann mit den langen, weißen Haaren. Kauziger Bergeremit? Hab ich mich verhört oder hat dieser Bengel den Alten wirklich so genannt?! 

 

„Sei still!“, erwiderte dieser nur mit ernster Miene. Sofort wurde der Junge ruhig und blickte sich um.

Ich blickte zu Hiroshi, welcher nun den Befehl gab, uns zu zeigen. Wir kamen alle drei aus unserem Versteck und nun konnte ich auch das Stirnband des Jungen erkennen. Die beiden kamen aus Konohagakure! Iwa und Konoha sahen sich noch nie als befreundete Nationen. Vielleicht rechnete der Tsuchikage mit einem Angriff von Konoha. Aber wieso sollten sie dann nur einen Jungen und einen „kauzigen Bergeremiten“ als Spione schicken?

 

„Wer seid ihr? Und was wollt ihr hier?“, fragte Hiroshi die Fremden.

 

„Oh, wir wurden bereits bemerkt. Tut uns leid, wir sind nur auf der Durchreise!“, sagte der Alte und fasste sich verlegen an den Kopf. Der Junge schaute ihn verwirrt an.

 

„Auf der Durchreise? Du hast doch gesagt, wir hätten uns verlaufen!“

 

„HALT DIE KLAPPE!“ brüllte er den Jungen an und schlug ihm mit der Faust auf den Kopf.

 

„Ihr seid also keine Spione?“, fragte ich die beiden. Sie blickten mich an und sofort änderte sich der Blick des Alten… und seine Hände zuckten so komisch… „Ooooohhh! Was für eine Schönheit!“

 

Ich war verwirrt. Meinte er etwa mich?!

 

„Nein, nein, wir spionieren hier niemanden aus! Es sei denn du möchtest, dass ich dich ausspioniere – wenn du verstehst was ich meine!“. Seine Stimme überschlug sich bei seinen Worten und er wurde rot im Gesicht, während er mir und besonders meiner Oberweite immer näher kam.

Jetzt verstand ich, warum der Junge ihn „kauzig“ nannte. Ich schlug nun dem Alten auf den Kopf, wie er es vorher bei dem Jungen tat.

 

„Nein, wir sind nur auf einer Trainingsreise. Ich bin Naruto Uzumaki! Ähm… es wäre aber super, wenn ihr uns sagen könntet, wo wir hier sind und in welche Richtung wir gehen müssen. Wisst ihr, wir haben nämlich unsere Karte verloren, als wir vor ein paar Frauen abhauen mussten, die der kauzige Bergeremit für seine Nachforschungen stu…..“

 

Der Alte hielt Naruto den Mund zu. „Sei still!“ flüsterte er Naruto zu.

 

„Das ist mir zu albern“, knurrte Hiroshi, „Yuki – erledige sie!“ Plötzlich wurde es still und auch Ken blickte ungläubig zu Hiroshi.

 

„Wa-Wa-Wa-Was?! Wieso wollt ihr uns denn umbringen? Wir haben euch doch nichts getan!“, flehte  Naruto.

 

„Weil ihr nun mal Ninja aus Konoha seid! Lieber wir beseitigen euch jetzt, als dass wir es später bereuen! Yuki, mach schon!“, sagte Hiroshi. Ich stand einen Moment wie angewurzelt da. Alle Muskeln in meinem Körper waren angespannt. Hiroshi sah ungeduldig herüber.

 

„Hast du mir nicht zugehört? Ich habe dir den Befehl gegeben die beiden zu töten!“, sagte er nun noch energischer.

 

„Nein!“, erwiderte ich entschlossen. „Das werde ich nicht tun.“

 

„Wie bitte? Du widersetzt dich einem Befehl?“ Hiroshi kam auf mich zu. „Hast du etwa vergessen, dass wir einen Auftrag haben?“ Er stand jetzt sehr nah. Ich konnte seinen Atem riechen… Offensichtlich hat er sich seine Zähne nicht geputzt, dachte ich.

 

„Nein, das habe ich nicht, Hiroshi! Aber scheinbar hast DU vergessen, wie der Auftrag lautet. Wir sollten überprüfen, ob uns jemand ausspioniert. Das haben wir getan. Mission erledigt!“, antwortete ich trocken.

 

Hiroshi war einen guten Kopf größer als ich und hatte doppelt so viele Muskeln an seinen Armen. Für Außenstehende muss diese Situation sehr komisch aussehen, ​dachte ich.

 

„Ich bin der Teamführer! Du hast also auch MEINEN Befehlen Folge zu leisten!“, brüllte mich Hiroshi an.

 

„Wenn du sie unbedingt tot sehen willst, dann tu es doch selbst!“ Ich war vor meiner eigenen Stimme erschrocken. Noch nie habe ich einen Befehl verweigert. Was war nur los mit mir? Wieso verteidige ich diese zwei Ninja?

 

Könnten Blicke töten, hätte mich Hiroshi gerade zehn Mal umgebracht. Er schnaubte, spuckte mir vor die Füße und setzte zum Sprung an, um Naruto und den kauzigen Bergeremiten anzugreifen. Mein Körper reagierte schneller als mein Verstand. Ich sprang Hiroshi nach, konzentrierte mein Chakra in meiner Hand und lähmte ihn mit einem medizinischen Jutsu, sodass er bewusstlos zu Boden sank. Ich schluckte. Erst jetzt realisierte ich, was ich getan hatte. Ken blickte erst Hiroshi, dann mich und dann wieder Hiroshi an. Ich sagte nichts… versuchte mich zu sammeln.

 

„Verschwindet hier“, sagte ich zu den beiden Konoha-Nins. „Ihr müsst nach Süden.“

 

„W-wieso hast du uns geholfen?“, fragte Naruto, der immer noch starr vor Schreck war.

 

„Ich… ich weiß es nicht. Vermutlich… weil ihr aus Konoha seid“, antwortete ich und wandte meinen Blick gen Boden. Konoha. Das war ihr Heimatdorf, dachte ich wehmütig.

 

„Das verstehe ich nicht“, sagte nun der Bergeremit, der Naruto eine Hand auf die Schulter legte, um ihn zu beruhigen.

 

„Ist nicht so wichtig! Aber ihr müsst jetzt gehen, bevor er wieder zu sich kommt!“, drängte ich sie.

 

„Aber du wirst unseretwegen riesigen Ärger bekommen!“, schrie Naruto.

 

„Das wäre nicht das erste Mal.“ Ich versuchte ein gequältes Lächeln aufzusetzen.

 

„Komm, Naruto! Sie hat Recht. Wir müssen hier verschwinden.“ Der Alte nickte dankend in meine Richtung und klemmte sich Naruto unter den Arm. Der zappelte und rief: „Warte! Vielen Dank!!“. Ich blickte ihnen sehnsüchtig nach.

 

Eine rote Rose

Heute:

 

*Grummel*

Mein Magen meldet sich zu Wort. Schon wieder. Ich habe Hunger… Seit Wochen bin ich nun schon unterwegs und mein Proviant bereits aufgebraucht. Seit ein paar Tagen ernähre ich mich nur noch von irgendwelchen Beeren, Früchten und was der Wald eben sonst noch zu bieten hat. Ich bin Richtung Osten aufgebrochen, weg von Iwagakure, weg von Missbilligung und Verachtung, die man mir dort entgegenbrachte. Ich musste dort weg. Ich war dort nie willkommen. Ich wurde lediglich geduldet. Also packte ich meine Sachen, ließ mein Stirnband zurück, mit einer kurzen Notiz, in der ich meine Kündigung im Ninjadienst für Iwagakure aussprach, und bin mitten in der Nacht auf und davon. Und jetzt will ich ein neues Leben anfangen. Hungrig… allein… mit zerzausten Haaren und verdreckten und zerrissenen Klamotten… dahin wandelnd wie ein Zombie… Ich schüttle den Kopf, um wieder klar denken zu können. Nicht so negativ denken, Yuki!, sage ich mir selbst. Immerhin habe ich ein Ziel vor Augen. Er ist der einzige, der damals entkommen konnte. Und ich habe einen Anhaltspunkt, der mich zu ihm führt: Orochimaru! Wenn ich Orochimaru finde, finde ich auch ihn. Und soweit ich weiß, ist Orochimaru das Oberhaupt von Otogakure. Das ist mein Ziel! Aber es ist noch sooooo weit… Ich laufe gedankenversunken weiter, doch plötzlich holt mich ein langer Schatten aus meinen Gedanken in die Realität zurück. Ich blicke nach oben. Ich muss sogar sehr weit nach oben blicken, um den gesamten Torbogen erfassen zu können. „Konohagakure“, lese ich. So weit war ich schon? Trifft sich gut! Hier kann ich Pause machen und zu Kräften kommen.

Kaum gehe ich durch das Tor, werde ich auch schon aufgehalten.

 

„Halt! Du bist nicht von hier! Wer bist du?“

 

Ich starre die beiden Männer an, die sich mir prompt in den Weg stellen und mich so daran hindern, weiter zu gehen.

 

„Mein Name ist Yuki“, sage ich und mache Anstalten zwischen ihnen hindurch zu gehen, doch sie versperren mir weiterhin den Weg.

 

„Nachname?“, fragt der Mann, der einen Verband quer über die Nase trägt.

 

„Ist das wichtig?“, frage ich.

 

„Natürlich! Wir brauchen den vollen Namen, Alter, Beruf und den Grund, wieso du nach Konohagakure gekommen bist“, antwortet nun der andere.

 

„Vielleicht wollt ihr auch gleich noch wissen, welche Körpermaße, welche Slip- und Körbchengröße ich habe und ob ich mit einem von euch essen gehen will? Oder vielleicht sogar mit euch beiden?“ Ihre Gesichter laufen plötzlich rot an. Offensichtlich hatte ich eine Schwachstelle getroffen. Männer sind ja so einfach gestrickt, denke ich mir.

 

„Na schön“, fahre ich fort, „Ich heiße Yuki Tsuno. Ich bin 25 Jahre alt und bin eigentlich nur auf der Durchreise. Ich möchte nur etwas essen und hier übernachten. Ist das den beiden Herren recht oder wollen Sie eine ausgehungerte Frau, die mit ihren Kräften am Ende ist, weil sie wochenlang alleine durch die Wälder geirrt ist, wirklich wieder da raus schicken? Die Nächte sind immer so kalt und ich habe solche Angst, nachts alleine im Wald zu sein!“ Ich versuche künstliche Tränen hervorzubringen. Doch so ganz klappt es nicht. Aber allem Anschein nach hat die Mitleids-Tour trotzdem gewirkt, denn die beiden sehen nun sehr verunsichert aus.

 

„Da-das wollen wir natürlich nicht! Aber… wir tun hier auch nur unseren Job! Gerade in Zeiten, in denen Akatsuki so aktiv ist! Tut uns wirklich sehr leid.“ Man sieht den beiden an, dass sie sich in Grund und Boden schämen.

 

„Aber… Sie haben noch nicht gesagt, was Sie beruflich tun!“

 

Oh nein… ich dachte, sie hätten es vergessen. Wenn ich sage, dass ich Ninja bin, werden sie mich fragen, wo mein Stirnband ist und wenn ich ihnen sage, dass ich aus Iwagakure – einem feindlichen Staat – abgehauen bin und ich vermutlich sogar verfolgt werde, da ich ein paar wenige Geheimnisse des Dorfes kenne, werden sie mich nie durch dieses Tor lassen. Was mach ich nur?!

 

„Nun ja… ich… ähm…“, mehr bringe ich nicht hervor.

 

„Yuki?“, sagt plötzlich eine Stimme, die mir irgendwoher bekannt vorkommt.

 

„Jiraiya!“, sagt der Typ mit dem Verband.

 

„Jiraiya?“, fragt der Typ mit den braunen Haaren.

 

„Kauziger Bergeremit?!“, stoße ich überrascht hervor.

 

„Hahaha, Hallo! Was machst du denn hier in Konoha? Hattest du etwa Sehnsucht nach mir?“, begrüßt mich der Alte mit einem Augenzwinkern.

 

„Ähm… hallo!“, zu mehr reicht meine Stimme nicht.

 

„Keine Sorge ihr zwei! Sie gehört zu mir, sie ist eine Freundin!“, kaum hat Jirayia das gesagt nimmt er meinen Arm und zieht mich einfach weiter Richtung Stadt.

 

„Aber ihr macht einen super Job! Nur weiter so!“, ruft er ihnen hinterher und winkt zum Abschied.

 

Außerhalb ihrer Sichtweite bleiben wir stehen und Jirayia mustert mich mit nachdenklichem Gesicht von oben bis unten. Er schließt kurz seine Augen und atmet tief durch.

 

„Du siehst ja ganz schön mitgenommen aus. Was ist denn passiert?“ fragt er plötzlich mit einem sehr fürsorglichen Ton in seiner Stimme.

 

„Nun ja…“ stammle ich.

 

„Du siehst hungrig aus“ stellt Jirayia kurzum fest. „Ich habe mich später mit Naruto zum Nudelsuppenessen verabredet. Um 18 Uhr. Ich lade dich gerne ein. Dann kannst du uns erzählen, was dich hierher verschlagen hat. Naruto freut sich sicher auch dich wiederzusehen!“ Er lächelt mich an.

 

Ich nicke und antworte: „Das ist wirklich sehr nett. Danke!“

 

„Aber du solltest dir unbedingt etwas anderes anziehen!“

 

Ich blicke auf meine verschmutzten und zerrissenen Klamotten. Aber… ich habe nichts mehr dabei! Inzwischen sehen meine Kleidungsstücke alle so aus, denke ich.

 

„Vielleicht solltest du dir eine Shoppingtour gönnen?“ schlägt mir Jirayia vor, als hätte er meine Gedanken lesen können.

 

„Vermutlich hast du recht“, gebe ich zurück und blicke mich nach ein paar Läden in der Nähe um.

 

„Wenn du möchtest begleite ich dich und helfe dir auch gerne beim Umziehen!“

 

Beim Aussprechen seines Angebotes läuft Jirayia plötzlich wieder rot an, hat ein breites, pervers angehauchtes Lächeln aufgesetzt und macht seltsame Gesten mit seinen Händen, die andeuten, etwas begrapschen zu wollen.

 

„Nein, danke. Ich komme gut alleine klar“, antworte ich kurz und drehe mich im Schritt um.

 

„Bis später!“, rufe ich ihm mit einem Händegruß über die Schulter zu.

 

„Ohhhh…. Ok…. Bis dann.“ Er klingt etwas enttäuscht darüber, dass ich ihn nicht mitgenommen habe. Aber ich habe keine Lust mich dabei begaffen zu lassen. Ich laufe durch die Gassen Konohas und mache vor ein paar Schaufenstern kurz Halt. Ein sehr schönes Städtchen, denke ich bei mir. Ja, hier gefällt es mir wirklich. Und die Leute hier scheinen auch sehr nett zu sein. Man fühlt sich schon beim Durchlaufen der Straßen sehr wohl. Alle gehen freundlich miteinander um, man wird sogar als Fremder gegrüßt. In Iwagakure wurde einem nicht mal ein griesgrämiges Kopfnicken entgegengebracht, selbst wenn man denjenigen vom Sehen her kannte, denke ich – verärgert darüber, damals nicht in Konoha gelandet zu sein.

Ich bleibe wieder vor einem Schaufenster stehen. Ein Kleidungsgeschäft, das sowohl Kampfkleidung als auch Alltagskleidung verkauft. Ich trete ein. Heraus komme ich mit so vielen Klamotten, dass ich dazu noch einen ganzen Kleiderschrank brauchen könnte. Neben einer neuen Standard-Ninja-Ausrüstung, also schwarze Basics und einer grünen Trainingsjacke, habe ich mir ein paar schicke Alltagsoutfits gegönnt. Für das Nudelsuppenessen habe ich mich für einen langen, grauen, schulterfreien Pulli und einer langen schwarzen Hose entschieden. Freundlicherweise durfte ich die Sachen gleich anbehalten. Mit den Einkaufstüten und meinem sonstigen Gepäck ausgerüstet mache ich mich nun auf, den Nudelsuppenladen zu suchen und frage mich durch bis ich schließlich eine gute Wegbeschreibung bekommen habe. Doch Naruto hat mich schon gesichtet, bevor ich den Imbiss von selbst gefunden habe.

 

„HUHU, YUKIIIII!“, ruft er laut und winkt in meine Richtung.

 

„Hallo, ihr beiden!“, begrüße ich Naruto und Jirayia freundlich, nachdem ich dort angekommen bin. In den drei Jahren ist Naruto aber gewaltig gewachsen, denke ich.

 

„Ist ja super, dass du hier in Konoha bist! Und dass du jetzt Nudelsuppe mit uns isst! Achja, vielen Dank nochmal für deine Hilfe damals in Iwagakure. Wir waren ja so schnell weg, dass wir uns gar nicht ordentlich bei dir bedanken konnten! Also Danke! Es gibt so viel zu erzählen, was wir dann alles auf unserer Trainingsreise erlebt haben, also da war….“ sprudelt Naruto wie ein Wasserfall los, ohne Luft zu holen oder Jirayia oder mich auch mal zu Wort kommen zu lassen. Wir lächeln nur über Narutos Begeisterung und bestellen die ersten Nudelsuppen. Kaum habe ich angefangen zu essen, ist Naruto schon wieder fertig und bestellt sich seine nächste. Als ich fertig gegessen habe, hat er in der Zwischenzeit insgesamt vier Nudelsuppen verdrückt. Aber um ehrlich zu sein bin ich auch noch nicht satt. Höflichkeitshalber sage ich jedoch nichts und stelle meine leere Schüssel zu den anderen. Mein Magen ist nur leider nicht so höflich und meldet sich mit einem lauten Grummeln zu Wort. Na super. Mein Gesicht läuft vor Peinlichkeit rot an und ich starre nach unten.

 

„Hast du etwa noch Hunger?“ Jirayia grinst mich breit an. „Nur keine Scheu! Ich lade dich ein. Du kannst dir gerne noch mehr bestellen!“

 

Für diesen Satz war ich ihm sehr dankbar und bestelle gleich noch eine Nudelsuppe.

Nach drei Suppen ist nun auch mein Magen endlich zufrieden. Naruto hat auch nochmal drei gegessen und somit insgesamt sieben leere Schüsseln vor sich stehen.

 

„Jirayia?“, sagt plötzlich eine mir unbekannte Stimme hinter uns. Ein Mann mit grauen Haaren und schräger Frisur lugt in den Imbiss.

 

„Ach, hier bist du. Ich soll dir ausrichten, dass der Hokage dich sehen möchte!“, sagt er.

 

„Sensei Kakashi!“, stößt Naruto hervor.

 

Nachdem er auch Naruto begrüßt hat, fällt sein Blick in meine Richtung.

 

„Oh! Ihr habt Begleitung!“

 

„Ich bin Yuki“, stelle ich mich vor und reiche ihm zur Begrüßung die Hand.

 

„Kakashi. Freut mich.“

 

Er scheint zu lächeln. So ganz ist das unter der Maske nicht zu erkennen. Aber sein eines Auge wirkt sehr freundlich. Wieso versteckt er sein Gesicht überhaupt? Hässlich scheint er ja nicht zu sein. hat er etwa eine dicke Warze im Gesicht?, schießt es mir durch den Kopf, während wir uns die Hände schütteln.

 

„Ooooch, was will sie denn jetzt schon wieder? Ist es dringend?“, meckert Jirayia und reißt mich damit aus meinen Gedanken um Kakashis Maske.

 

„Ich weiß nicht worum es geht, aber sie will dich sofort sehen!“, sagt dieser. Jirayia seufzt.

 

„Na schön. Möchtest du nicht mitkommen, Yuki? Ich bin sicher, der Hokage möchte dich kennen lernen. Schließlich hast du ihrem ehemaligen Teamkollegen geholfen“, bietet Jirayia an.

 

„Teamkollegen?“, frage ich nach.

 

„Ja! Ich war mit ihr damals zusammen in einem Team, nachdem wir die Ninja-Akademie verlassen haben!“ Er grinst mich breit an.

 

Mit ihr? Also ist der Hokage eine Frau?, frage ich mich.

Ich entscheide mich mit zu kommen und schnappe mir meine Taschen und Tüten. Kakashi begleitet uns ebenfalls zum Hokage. Naruto hingegen hat sich beim Imbiss von uns verabschiedet und ist nach Hause gegangen. Kakashi klopft an die Tür zum Büro des Hokage.

 

„Ja?!“, brüllt jemand aus dem Zimmer. Wir treten ein. Die großgewachsene Frau steht mit dem Rücken zu uns und sieht aus dem Fenster.

 

„Was gibt es denn schon wieder?“, fängt Jirayia an.

 

Sie dreht sich zu uns um. Als ich ihr Gesicht sehe, fallen mir meine gesamten Einkäufe aus den Händen. Sie sieht mich an und mustert mich von oben bis unten. Mir steigen Tränen in die Augen.

 

„Ts-Tsunade?“ Es ist nicht mehr als ein Flüstern meinerseits.

 

Sie sieht mir direkt in meine eisblauen Augen, an denen sie schließlich auch mich erkennt.

 

„Yuki?!“ Ihre Stimme klingt gleichzeitig überrascht und bewegt.

Ich falle ihr ohne Vorwarnung um den Hals und lasse meinen Tränen freien Lauf.

 

„Tsunade!“, schluchze ich. Es ist mir egal was die anderen gerade von mir denken. Ich habe sie wieder gefunden – nach so vielen Jahren! Meine Gefühle überschlagen sich. Ich bin glücklich und erleichtert und fühle mich gleichzeitig so schwach und verletzlich. Nach einem kurzen Moment der Schockstarre erwidert Tsunade die Umarmung und legt eine Hand behutsam auf meinen Kopf. Ich spüre wie auch ihre Tränen an meinen Wangen hinunter laufen.

 

„Hab ich was verpasst?“, fragt Jirayia leicht verunsichert hinter mir. „Ihr beiden kennt euch?“

 

Tsunade ist die erste von uns beiden, die sich wieder fängt und wischt sich ihre Tränen ab.

 

"Ja. Ich dachte immer, sie sei tot!", sagt sie an Jirayia gewandt.

 

"Das verstehe ich nicht...", grübelt Jirayia.

 

"Vielleicht kann ich es erklären." Inzwischen habe ich mich auch wieder gefangen und meine Tränen weggewischt.

 

"Ich traf Tsunade, als ich noch ein Kind war. Nachdem meine Eltern früh während einer Mission starben, lebte ich eine Weile lang alleine auf der Straße. Tsunade kam auf ihrer Reise mit Shizune...", ich stocke. "Apropos... wo ist Shizune? Ist sie nicht mehr bei dir?" Ich sehe mich im Raum um.

 

"Doch ist sie. Sie ist nur gerade Sake holen. Sie wird sich sicher auch freuen, dich zu sehen!", erklärt Tsunade. Sie hat sich nicht verändert. Sie sieht noch genauso aus wie früher. Und Shizune trägt ihr immer noch alles nach - wie früher. Ich grinse bei dem Gedanken leicht.

 

"Ok. Na, jedenfalls kamen die beiden durch unser Dorf. Ich hatte Hunger und versuchte sie zu bestehlen, was gehörig nach hinten los ging!" Ich muss noch breiter grinsen bei der Erinnerung daran.

"Das einzige, was ich von Tsunade bekam, war allerdings nur eine fette Beule, als sie mich erwischte. Sie nannte mich ein ungezogenes Kind und ich sah sie einfach nur an und fragte, wer mir auch hätte beibringen sollen artig zu sein. Ich sah plötzlich die gleiche Traurigkeit in ihren Augen, die auch ich verspürt hatte, als meine Eltern starben. Doch als sie mich ansah wandelte sich diese Traurigkeit, die sie wohl schon eine Weile zu verfolgen schien, in eine Art Fürsorge und sie lächelte mich an. Sie sagte, dass sie es mir beibringen könnte und noch vieles anderes. Sie nahm mich mit auf ihre Reise und als sie sah, dass ich bereits Grundkenntnisse im Umgang mit Chakra durch meine Eltern hatte und für meine gerade mal 8 Jahre ziemlich gut im Kämpfen war, unterrichtete sie mich zusammen mit Shizune und brachte mir medizinische Jutsus bei."

 

"Ihr wart beide viel mehr als nur meine Schülerinnen...", sagt Tsunade so leise, dass man sie kaum hört.

 

"Es war kurz nachdem ich meinen Bruder und Dan verloren hatte, als ich Yuki traf. Ich habe sie schnell ins Herz geschlossen und wir drei waren wie eine kleine Familie.", fährt Tsunade mit der Geschichte fort.

 

So offen habe ich Tsunade noch nie über ihre Gefühle sprechen hören, denke ich.

 

"Und dann nahm man mir auch Yuki..." Und plötzlich klingt Tsunades Stimme wieder traurig.

 

"Ich wurde entführt", fahre ich fort.

 

"Ein paar Männer kamen, schlugen Tsunade von hinten nieder, stießen Shizune beiseite, klemmten mich unter den Arm und verschwanden mit mir."

 

"Ich konnte ihre Spuren nicht verfolgen", sagt Tsunade mit zitternder Stimme.

 

"Wir haben wochenlang nach dir gesucht, Yuki. Wir haben dich nicht gefunden. Ich dachte, du wärst tot!", erklärt sie voller Gewissensbisse.

 

"Bin ich aber nicht", versuche ich sie zu beruhigen. "Es war nicht deine Schuld, Tsunade! Ich mache dir keine Vorwürfe!"

 

"Ich mir schon!" Tsunade beißt auf ihrer Unterlippe herum.

 

"Und was ist dann passiert?", fragt nun Kakashi.

 

"Das ist jetzt nicht mehr wichtig. Um ehrlich zu sein, bin ich gerade auch ziemlich müde von meiner Reise hier her", erwidere ich kurz. Er nickt mir zu.

 

"Ich würde aber auch gerne wissen, was die Typen mit dir gemacht haben", sagt Tsunade.

 

"Ein anderes Mal, bitte!" sage ich, erschöpft durch meinen Gefühlsausbruch eben.

 

"In Ordnung! Du bleibst doch hier in Konoha", es klingt eher nach einer Feststellung als nach einer Frage, so wie Tsunade es gesagt hat. "Dann brauchst du natürlich auch eine Wohnung!"

 

"Warte mal... einen Augenblick! Ich kann nicht hier in Konoha bleiben", protestiere ich.

 

"Unsinn!", brüllt sie mich fast an. "Was heißt hier, du kannst nicht?! Ich habe dich gerade erst wieder gefunden und du willst nicht bleiben? Das kommt nicht in Frage!" Sie stellt mich vor entschiedene Tatsachen.

 

"Aber es ist gefährlich für euch, wenn ich bleibe!"

 

Nun habe ich ihre Aufmerksamkeit.

 

"Wie meinst du das?", fragt sie mich.

 

"Ich war eine lange Zeit als Ninja für Iwagakure tätig. Aber... man behandelte mich dort nicht gut. Ich wollte dort nicht bleiben!" Ich ernte zustimmendes Nicken von allen.

 

"Also... bin ich mitten in der Nacht auf und davon. Ich habe vermutlich Verfolger. Wenn ich hier bleibe, kommt es womöglich zum Kampf! Zwischen Iwagakure und Konoha kriselt es politisch doch sowieso schon! Ich will nicht der Auslöser für eine mögliche Schlacht sein!" Meine Stimme klingt genauso verzweifelt, wie ich mich fühle.

 

Tsunade, die sich inzwischen wieder hinter ihren Schreibtisch gesetzt hat, verschränkt nachdenklich die Hände vor ihrem Gesicht und stützt ihr Kinn darauf ab.

 

"Wie du schon sagtest", fängt sie an. "Es kriselt eh schon. Wenn es also eine Schlacht geben soll, ist es ohnehin nicht zu vermeiden. Da ist es dann egal, wer oder was das Fass letztendlich hat überlaufen lassen. Solange du dann auf unserer Seite kämpfst, sollte es soweit kommen, sehe ich darin kein Problem. Und ich vertraue dir Yuki! Ich möchte, dass du hier in Konoha bleibst!"

 

Und schon wieder steigen mir Freudentränen in die Augen.

 

"Ok!", bringe ich halb schluchzend, halb lachend hervor, bevor meine Stimme abbricht.

 

"Gut, dann ist es beschlossene Sache! So... sehen wir mal, welche Wohnung denn noch frei ist."

Sie blättert in einem Ordner. "Ah, hier! Perfekt. Hier ist der Schlüssel. Richte dich erstmal ein und komm morgen früh dann nochmal zu mir, um die Formalitäten zu klären. Kakashi! Würdest du sie bitte zu der Wohnung bringen, dann kann ich mich noch um die Angelegenheit mit Jirayia kümmern. Danach bist du für heute entlassen!" Sie zeigt ihm kurz auf einem Stadtplan, welche Wohnung sie meint.

"Gern!", erwidert Kakashi kurz und schnappt sich einen Teil meiner vielen Taschen.

 

Unterwegs unterhalte ich mich mit ihm erstaunlich gut. Er ist ein guter Zuhörer und sehr höflich. Er bietet mir an auch den Rest meiner Taschen für mich zu tragen, was ich allerdings dankend ablehne. Er erzählt mir gerade von seinem Team und ihrer letzten Mission als plötzlich ein groß gewachsener Mann aus einer Rauchwolke vor uns auftaucht.

 

"KAKASHI! Mein alter Rivale! Es wird Zeit für einen neuen Wettstreit unter uns! Diesmal bin ich dran, mir was zu überlegen!"

Er spricht so laut und voller Euphorie, dass es fast schon in den Ohren schmerzt. Der Rauch verzieht sich. Aber... WAS IST DAS DENN?! Sind das etwa Augenbrauen? Und diese Frisur! Und dieses Outfit?! Was für ein komischer Typ! Nun hat auch er gemerkt, dass Kakashi nicht alleine unterwegs ist.

 

"Oh, wow! Kakashi! Wer ist denn diese reizende, junge Frau, die dich da begleitet? Sie sprudelt ja fast über vor der Kraft der Jugend!"

 

Was zur Hölle redet der Kerl da?, denke ich und schaue skeptisch. Kakashi seufzt nur.

 

"Darf ich vorstellen, das ist Yuki. Yuki, das ist Maito Gai. Er ist auch ein Jonin aus unserem Dorf."

 

"Sehr erfreut!", ich bemühe mich um ein Lächeln. Ich bin mir nur nicht sicher, ob mir das auch so gelingt, wie ich es will. Gai mustert erst mich, dann Kakashi. Er wechselt seinen Blick wiederholt zwischen uns hin und her. Schlussendlich scheint er einen Geistesblitz zu haben und klopft sich mit der Faust auf die flache Hand.

 

"Jetzt verstehe ich das Ganze hier!" Er lehnt sich leicht zu Kakashi.

 

"Sie ist deine... Freundin! Stimmts?", gibt Gai nun seine Theorie preis.

 

"Hä?", erwidert Kakashi nur.

 

"Hääääää?!", schießt es plötzlich aus meinem Mund.

 

"Nicht? Oh, dann... seid ihr nicht zusammen?", fragt Gai wahrlich erstaunt darüber, dass seine Theorie falsch ist.

 

"Nein.", sagt Kakashi. Ich schüttle den Kopf.

 

"Ich dachte nur, weil ich Kakashi in letzter Zeit so selten gesehen habe, du offenbar neu in unserem Dorf bist und er dir deine Einkaufstüten trägt. Da ging ich davon aus, dass ihr zusammen einkaufen wart, er dir das vielleicht sogar bezahlt hat und dich nun mit zu sich nach Hause nimmt!", erklärt uns Gai seine Gedankengänge mit schräg gelegtem Kopf.

 

Kakashi und ich tauschen einen Blick aus. Es ist, als ob wir sofort wissen, was der andere denkt.

 

"Nein", antworten wir beide wie aus einem Munde. Wir müssen darüber grinsen.

 

"Na, wenn das so ist... Dann bist du also noch frei!" Mit diesen Worten fällt Gai plötzlich vor meinen Füßen auf die Knie und zückt eine rote Rose, die er mir reichen möchte. Sind... sind das etwa Tränen in seinen Augen? Und wo hat er so plötzlich die Rose her? Was geht hier aaaaab?!

 

"Yuki - dein Name klingt so schön, wie ein Sonnenuntergang am Horizont. Du selbst bist von solcher Schönheit, wie sie selbst diese Rose hier übertrifft!" Er richtet sich auf und stellt sich nun ganz dicht an mich. Aus Angst gehe ich einen Schritt zurück.

"Bitte, geh mit mir aus. Du wirst es nicht bereuen!", wispert er mir in mein Ohr. Abgesehen davon, dass ich von dieser peinlichen Aktion rot anlaufe, sehe ich wie Kakashi ihn aus dem Hintergrund am Kragen packt und ein Stück von mir wegzieht.

 

"Lass das arme Mädchen in Ruhe", sagt er nur.

 

"Oh! Ist das eine Herausforderung?", fragt ihn Gai mit einem nahezu triumphalen Grinsen im Gesicht. Kakashi bleibt stumm.

 

"Jetzt hab ich's!", brüllt Gai nun. "Unser neuer Wettkampf! Der Gewinner ist derjenige, der zuerst Yukis Herz erobert!" Er zeigt dabei mit dem Daumen nach oben.

 

"Bitte was?", bringe ich nur hervor, nicht ganz ahnend, was hier vor sich geht.

 

"Vergiss es! Man spielt nicht mit den Gefühlen einer anderen Person", erwidert Kakashi.

 

"Oder hast du nur Angst zu verlieren? Wir spielen nicht mit Yukis Gefühlen. Sie entscheidet sich schlussendlich ja selbst für den Gewinner."

 

"Und wenn sie sich keinen von uns aussucht?", gibt Kakashi zu bedenken.

 

Ich stehe daneben und betrachte die ganze Situation als Außenstehende. Als wäre das alles nur ein äußerst seltsamer Traum. Die beiden streiten sich um mich? Was zum Teufel geht hier vor? Sie sehen mich plötzlich erwartungsvoll an. Als würden sie darauf warten, dass ich mich hier und jetzt tatsächlich für einen von ihnen entscheide. Als wir eine Zeit lang so da stehen und ich nichts dazu sage, fragt Gai schließlich nach:

"Und? Für wen entscheidest du dich?"

 

"Ist das etwa euer verdammter Ernst?", frage ich nur wütend, schnappe mir meine Sachen und stampfe davon.

 

"Tja, sieht so aus, als wäre das ein langwieriger Wettkampf, Kakashi!", höre ich Gai noch hinter mir sagen. Kakashi schweigt ihn an und folgt mir mit dem Rest meiner Taschen.

 

Nach einer Weile des Schweigens zwischen uns, bricht Kakashi schließlich die Stille.

 

"Es tut mir wirklich leid, was da gerade ablief."

 

Ich atme tief durch. Es ist ehrlich gemeint. Das sehe ich ihm an.

 

"Ist schon gut. Dieser Gai ist ganz schön seltsam. Ist der immer so?"

 

"Ja. Zumindest kenne ich ihn nicht anders."

 

"Ich muss mich bedanken...", fange ich an.

 

Kakashi bleibt stehen. Er sieht verwundert aus. "Wieso bedanken?"

 

"Dass du den Wettkampf abgelehnt hast und nicht mit meinen Gefühlen spielen willst!" Ich lege den Kopf schief und grinse ihn leicht an.

 

"Ach das! Ähm... schon gut."

 

Ein unangenehmes Schweigen breitet sich zwischen uns aus. Es fühlt sich wie eine Ewigkeit an. Ich will etwas sagen, aber mir fällt nichts ein. Zum Glück muss es das auch nicht, denn durch ein kleines Räuspern seinerseits wird es gebrochen.

"Wir sind da! Das ist die Wohnung, die Tsunade für dich ausgesucht hat. Hier sind deine Schlüssel. Oh, und deine Taschen natürlich!"

 

Er reicht mir meine Sachen. Nachdem ich mich bei ihm bedankt und wir uns voneinander verabschiedet haben, betrete ich die Wohnung, die von jetzt an mein Zuhause sein soll. Eine Grundausstattung an Möbeln ist vorhanden. Jedoch wirkt es noch sehr kahl und unbewohnt. Da kann ich mich noch ganz schön austoben. Dafür ist die Wohnung aber schön geschnitten. Wenn man reinkommt, betritt man über eine kleine Stufe direkt das Wohnzimmer mit einer offenen Küche, die mit einer Kochinsel ausgestattet ist. Ein großer, hell gehaltener Raum. Weiter hinten trennt sich ein kleiner Flur ab, der zu einem Schlafzimmer und zum Bad führt. Das Bad würde man wohl als klein, aber fein bezeichnen. Eine Dusche, ein Waschbecken und eine Toilette - schlicht. Das Schlafzimmer fällt im Vergleich zum Wohnzimmer auch eher klein aus, aber mehr braucht ein Zimmer, das nur zum Schlafen da ist ja nicht. Ich packe meine Sachen aus, von dem die Hälfte direkt im Wäschekorb landet. Nachdem ich mich mit meinem Hab und Gut eingerichtet und mich nach meiner Reise auch endlich wieder geduscht habe, falle ich auch schon hundemüde ins Bett und schlafe gleich ein.

Eiskalt erwischt

Ich bin nun schon etwas länger als eine Woche in Konoha. Inzwischen habe ich auch nahezu alle anderen Ninja dieses Dorfes kennen lernen dürfen. Kakashi hat mich weiteren Jonin wie Kurenai und Asuma vorgestellt. Ich mag die beiden. Kurenai und ich waren gleich auf einer Wellenlänge und sie hat mir versprochen bald mit mir zu trainieren, nachdem ich sie fragte, ob sie mir im Genjutsu ein wenig Nachhilfe geben könnte. Ich bin wirklich nicht gut auf dem Gebiet. Umso mehr freut es mich, dass sie es mir beibringen will. Auch die Teams, die Asuma und Kurenai trainieren habe ich kennen gelernt, als diese dazu gestoßen sind. Kurenai und ihr Team sind an diesem Tag auf eine Mission geschickt worden. Sie trainiert unter anderem ein Mädchen namens Hinata. Sehr nett, aber etwas schüchtern. Sie hat nicht viel geredet, aber irgendwie mag ich die Kleine. Auch ihren Teamkollegen Kiba und seinen Hund Akamaru finde ich sehr sympathisch. Ich mag Tiere. Und der Junge ist ein aufgeweckter, energiegeladener, aber doch sehr umsichtiger Typ, der manchmal vielleicht ein wenig übertreiben kann, aber durchaus seine Grenzen kennt. Im Großen und Ganzen hat er mich ein wenig an Naruto erinnert. Ganz anders ist hingegen das dritte Mitglied im Bunde: Shino. Er ist ebenfalls ruhig, aber nicht schüchtern. Er wirkt ein wenig abweisend und sehr geheimnisvoll. Allerdings... auch ein wenig gruselig. Kurenai hat mir von seiner Begabung erzählt. So sehr ich Tiere auch mag - Insekten zählen nicht gerade zu meinen Favoriten. Nicht lange nachdem die vier zu ihrer Mission aufgebrochen sind und ich mich weiterhin mit Kakashi und Asuma unterhalten habe, ist auch Asumas Team dazu gestoßen. Sie waren mal wieder zum Essen verabredet. Choji hat sich darüber sichtlich am meisten gefreut. Man sieht ihm seinen großen Appetit zwar an, aber laut Asuma ist er trotz seines Übergewichtes ein ausgezeichneter und fleißiger Ninja. Es ist jedoch auch nicht zu übersehen, dass es ihm ein wenig an Selbstvertrauen fehlt, da er sich immer etwas im Hintergrund seiner Teamkollegen hält. Zu diesen zählt Ino, die mich wohl nicht sonderlich leiden kann, da sie nicht einmal ein "Hallo" heraus gebracht und mich ständig mit einem äußerst giftigen Blick angesehen hat. Ich habe das einfach auf ihre derzeitige Pubertät geschoben und bin nicht weiter darauf eingegangen. Einen deutlich netteren Eindruck hat dafür Shikamaru gemacht. Er hat immerhin "Hallo" gesagt! Auch wenn es nicht gerade motiviert rüber gekommen ist. Asuma hat gemeint, dass er immer von allem genervt sei. Als Choji unser Geschwätz dann zu lange gedauert und sein Magen sich bereits zu Wort gemeldet hat, hat sich auch Asuma kurzer Hand von uns verabschiedet.

 

Gais Team habe ich ebenfalls kennen gelernt, wobei mir diese Begegnung mehr als unangenehm gewesen ist. Wie fast jeden Tag hat mich Gai auf den Gassen Konohas regelrecht aufgespürt und mir ein Geschenk mitgebracht. Ich glaube, an dem Tag hat er mir einen Teddybären geschenkt. Jedenfalls hat er mich ein Stück begleitet und mich wiederholt gefragt, ob ich mit ihm ausgehen möchte. Bevor ich jedoch antworten konnte, ist ein Junge auf uns zugestürmt. Ich habe erst gedacht, das sei ein blöder Scherz von Gai und er hätte einen jämmerlichen Doppelgänger von sich erschaffen und auf uns zu rennen lassen. Allerdings musste ich dann erfahren, dass es sein Schüler Rock Lee gewesen ist und ich habe kein Wort mehr herausgebracht, nachdem ich realisiert hatte, dass es wirklich noch einen Menschen gibt, der mit solchen Augenbrauen und in einem grünen Ganzkörperanzug herumläuft. Gai hat mich dann als seine Freundin vorgestellt und vor lauter Perplexität habe ich nicht rechtzeitig widersprechen können. Lee war total begeistert. Er ist wirklich ein lieber Junge und ich hab ihn echt gern, aber die Ähnlichkeit zu seinem Sensei finde ich immer noch sehr erschreckend. Kurze Zeit später sind dann seine anderen Teammitglieder völlig außer Atem bei uns angekommen, da sie offenbar mit Lees Geschwindigkeit nach ihrem vorherigen Training nicht mehr mithalten konnten. Lee hat mich sofort als "Sensei Gais feste Freundin" vorgestellt. Tenten und Neji haben daraufhin erst ihren Sensei und dann mich ungläubig angesehen. Ich habe zwar immer noch kein Wort herausbringen können, jedoch war ich in der  Lage vehement mit dem Kopf zu schütteln, um wenigstens den beiden klar zu machen, dass dies nicht der Wahrheit entspricht. Die beiden schienen mich verstanden zu haben, doch Lee ist nach wie vor in dem Glauben, dass sein Sensei nun eine Freundin hat, denn ich habe dieses Schauerspiel anschließend kommentarlos verlassen.

 

Eine erfreulichere Begegnung gab es dagegen, als ich auch Shizune nach so langer Zeit wieder in den Arm schließen konnte. Wir waren damals wie Geschwister, als wir mit Tsunade unterwegs waren. Sie war ein bisschen älter und somit meine "große Schwester". Ich habe erfahren, dass sie die ganze Zeit bei ihr war und Tsunade keinen Moment von der Seite gewichen ist. Unterbewusst war ich durch diese Information sehr beruhigt und froh. Tsunade kann so manchen Unsinn anstellen, wenn man nicht aufpasst. Shizune war schon immer eine vernünftige Person und ich wusste, dass ich ihr immer alles anvertrauen konnte. Dafür bin ich ihr nach wie vor sehr dankbar. Auch Tsunades derzeitige Schülerin durfte ich kennen lernen: Sakura. Sie ist Narutos Teamkollegin. Von Shizune habe ich erfahren, dass sie ein besonderes Talent in Medic-Ninjutsu besitzt und kräftemäßig inzwischen sogar mit Tsunade mithalten konnte. Sie ist sehr nett und fleißig. Ich mag sie. Auch wenn es sehr furchterregend ist, sie ausrasten zu sehen. Ich musste es einmal miterleben, als sie sauer auf Naruto wegen irgendeiner Kleinigkeit war. Narutos Wange tat zwei Tage später noch weh. Sie ist Tsunade in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich.

 

Apropos Tsunade! Ich sollte mich wirklich beeilen. Ich bin zwar noch nicht zu spät zu unserem Termin, aber ich bin gespannt, was sie mir wohl sagen möchte. An ihrem Büro angekommen, hat sie mich bereits erwartet und bittet mich, ihr auf den Platz auf dem Dach des Bürogebäudes zu folgen. Ich bin etwas erstaunt, denn um den Platz herum hat sich bereits ein Großteil der Ninja aus dem Dorf versammelt und sie scheinen auf uns gewartet zu haben.

 

"Was ist hier los?", frage ich Tsunade, die nun inmitten der Menschenmasse stehen bleibt.

 

"Nun", fängt sie an zu erklären, "ich werde heute deine Fähigkeiten prüfen lassen."

 

"Meine Fähigkeiten?", frage ich, leicht verunsichert durch so viele Zuschauer.

 

"Ich habe dich jahrelang nicht gesehen. Niemand weiß, wie du kämpfst und was für Fähigkeiten du besitzt. Das werden wir nun herausfinden. Schließlich muss ich dir ja einen Ninja-Rang zuweisen, um die Schwierigkeiten deiner Missionen auf dich abzustimmen."

 

"Also, in Iwagakure war ich ein Jon-".

 

"Interessiert mich nicht!", schneidet mir Tsunade das Wort ab.

 

"Ich möchte mir ein eigenes Bild davon machen! Und die Ninja, mit denen du zukünftig auf Missionen gehen wirst, möchten auch wissen, womit sie zu rechnen haben."

 

Ich sehe mich in der Zuschauermenge um. Es sind hauptsächlich Jonin anwesend. Kurenai und ihr Team sind jedoch immer noch auf ihrer Mission. Von den Chunin und Genin sind lediglich Sakura, Naruto, Shikamaru, Ino, Lee, Neji und Tenten anwesend. Vermutlich muss der Rest seinen üblichen Pflichten nachgehen.

 

"Ich verstehe. Und wie willst du mich prüfen?", frage ich.

 

"Mit einem Kampf natürlich!" Tsunade lächelt mich mit einem bösen Funkeln in ihren Augen an, das mir einen Schauer über den Rücken jagt.

 

"Deswegen habe ich auch so viele Ninja eingeladen. Ich bin schließlich fair. Du darfst dir deinen Gegner unter den hier anwesenden Ninjas aussuchen."

 

Jeder wartet nun gespannt auf meine Entscheidung.

 

"Mich! Nimm mich!", ruft Gai aus dem Hintergrund und hüpft dabei auf und ab.

 

Ich sehe noch einmal um mich, bevor ich meine Entscheidung treffe.

 

"Du sagtest, JEDEN hier anwesenden Ninja?", frage ich bewusst noch einmal nach.

 

"Ja." Tsunade nickt.

 

"Gut. Dann wähle ich dich als meinen Gegner, Tsunade!"

 

Ein leises Raunen geht durch die Menge und ich kann Geflüster hören wie "Ist sie verrückt?" oder "Warum wählt sie denn den Hokage?". Tsunade lächelt nur siegessicher.

 

"Hm. Schlechte Wahl!" Sagt sie nur und tritt kampfbereit hervor. Sie lässt ihre Finger knacken und geht bereits in Position. Der Kreis der Zuschauer vergrößert sich, da hier alle wissen, welche Zerstörungskraft Tsunade in sich trägt. Es mag dumm erscheinen, mir den Hokage ausgesucht zu haben. Doch ich habe hier einen entscheidenden Vorteil. Tsunade hat mich seit Jahren nicht gesehen und weiß nicht, was ich in der Zeit alles gelernt habe. Ich jedoch weiß von den hier Anwesenden nur um Tsunades Stärken und Schwächen. Auch sie wird in der Zeit einiges gelernt haben, jedoch wird es sich nicht sonderlich von dem unterscheiden, was ich von ihr erwarte: Geballte Kraft in Kombination mit ihren durchaus gefährlichen Medic-Ninjutsus. Ich bin mir in meiner Entscheidung also durchaus sicher und bleibe ruhig. Nun stehe ich konzentriert da und warte auf ihren ersten Zug.

 

"Damit das klar ist: Ich mache ernst! Ich nehme keine Rücksicht, also solltest du es auch nicht tun.  Los, greif an!" Tsunade versucht, mich zu einem unüberlegten Angriff zu drängen. Doch ich greife nie meinen Gegner zuerst an.

 

"Was ist? Hast du es dir anders überlegt? Möchtest du doch lieber einen anderen Gegner?", fragt sie, nachdem ich keine Anzeichen gemacht habe, mich zu bewegen.

 

"Nein, alles in Ordnung!", sage ich nur und grinse sie an.

 

"Na, schön!", erwidert sie und setzt nun selbst zum Angriff an. Sie geht auf Nahkampf und stürmt mit einem einschüchternden Schrei auf mich zu. Ich konzentriere mich und weiche jedem Schlag, den sie ansetzt, leichtfüßig aus. Bei einem etwas kraftvoller angesetzten Schlag als die vorherigen, reagiere ich schnell, springe mit einem Salto über ihrem Kopf hinweg und lande - nahezu geräuschlos - hinter ihr, während der Boden an der Stelle, an der ich gerade noch stand, unter ihrer Faust zerspringt.

 

"Was ist los? Warum greifst du mich nicht an?", fragt Tsunade schon beinahe wütend.

 

"Das kommt schon noch." Ich wollte nur erst einmal sehen, wie du dich bewegst, beende ich meinen Satz in Gedanken. Sie wird hellhörig und lächelt mich an.

 

"Verstehe.", sagt sie, als hätte sie mitgehört, was ich eben gedacht habe, und bereitet nun ein Jutsu mit Fingerzeichen vor. Ich kenne das Jutsu. Tsunade hat es mir damals selbst beigebracht. Es lässt Chakra in ihre Hände fließen. Berührt sie einen Körperteil des Gegners damit, so wird dieser gelähmt. Ein äußerst gefährliches Jutsu. Offensichtlich macht sie wirklich ernst. Jetzt muss ich aufpassen. Ein Schweißtropfen läuft an meiner Wange entlang. Sie setzt zum Angriff an und ich weiche aus wie gerade auch. Nun starte ich einen Gegenangriff. Ich forme Fingerzeichen und halte meine Hände auf den Boden, auf welchem sich sofort eine dicke Eisschicht ausbreitet, die Tsunades Füße einfriert. Sie steckt fest. Etwas verwundert sieht sie in meine Richtung und erschrickt vor meiner Schnelligkeit, denn ich bin längst nicht mehr da, wo sie mich erwartet hat. In dem kurzen Moment, in dem sie verwirrt war, habe ich bereits ein Kunai gezückt und bin hinter sie gesprungen, um zum Angriff anzusetzen. Sie weicht aus und zerschlägt das Eis an ihren Füßen mit der Hand, in der ihr Jutsu gerade nicht wirkt. Prompt bringe ich wieder eine sichere Distanz zwischen uns. Diese hält jedoch nicht lange an, denn Tsunade hat diesmal nicht lange gezögert und ist mir nachgesprungen. Offensichtlich habe ich vorhin nicht nur ihre Bewegungen studiert, sondern auch sie meine. Sie bewegt sich plötzlich in einem völlig anderen Muster. Darauf bin ich nicht gefasst und kann nicht mehr rechtzeitig ausweichen. Sie trifft mich mit ihrem Jutsu am rechten Arm und ich schreie vor Schmerz auf.

Ein Raunen fährt durch die Menge.

 

"Hehe!" Ein dreckiges Lachen huscht über Tsunades Gesicht, während ich mir vor Schmerzen den Arm halte.

 

"Ausweichen alleine bringt in einem Kampf nun mal nicht viel!"

 

Sie zertrümmert den Rest des Eises auf dem Boden, damit sie einen sichereren Stand hat und kommt langsam auf mich zu. Ich warte, bis sie näher kommt. Kurz bevor sie zu einem weiteren Schlag mit dem Jutsu ausholt, springe ich hinter sie, stütze mich auf meinem gesunden Arm ab und verpasse ihr einen Kick in die Seite. Sie schreit auf, reagiert jedoch schneller als ich dachte und macht eine halbe Drehung in meine Richtung. Dabei erwischt sie nun auch meinen anderen Arm mit dem Jutsu und ich sacke zu Boden. Ich beiße die Zähne zusammen, um nicht laut loszuschreien.

Tsunade fängt an zu lachen.

 

"Du hast verloren. Gib auf! Wie willst du ohne Arme weitermachen? Du kannst ja nicht mal mehr Fingerzeichen formen!", brüllt sie mir siegessicher entgegen. Ich schlucke und versuche mit aller Kraft, meine Tränen zu unterdrücken. Alle Augen sind auf mich gerichtet.

 

"Um ehrlich zu sein, bin ich ein wenig enttäuscht von dir, Yuki! Ich dachte, du hättest mehr drauf. Meintest du nicht, du warst ein Jonin?"

 

Ich zittere am ganzen Körper.

Sie dreht sich schon um zum Gehen um, als ich nun diejenige bin die das Lachen anfängt. Verwundert dreht sie sich wieder zu mir. Auch das Publikum gibt überraschtes Gemurmel von sich.

 

"Was ist so komisch? Oder bist du so verzweifelt?", fragt Tsunade.

 

"Nein. Ich bin noch nicht am Ende!", erwidere ich mit einer Entschlossenheit, die Tsunade kurz verunsichert.

Ich stütze mich mit meiner Stirn am Boden ab, um aufzustehen.

 

"Ich gebe doch nicht so einfach auf, nur weil ich meine Arme gerade nicht mehr einsetzen kann!" Ich sehe Tsunade mit todernstem Blick in die Augen.

 

"Ich habe immer noch ein Ass im Ärmel", sage ich - leicht außer Atem.

 

Ich ernte bewundernde Kommentare aus dem Publikum:

"Ja, weiter so Yuki!"

"Gib alles!"

"Du schaffst das!"

 

Doch ich nehme ihre Rufe kaum wahr. Meine Konzentration liegt voll und ganz auf meinem Gegner.

"Wie du meinst", erwidert Tsunade und kommt mir wieder etwas näher. Ich schließe die Augen, um mich besser konzentrieren und mich wieder sammeln zu können. Ich habe mir in den Jahren eine besondere Technik aneignen können, die Tsunade noch nicht kennt. Ich brauche keine Fingerzeichen, um einen Kampf zu gewinnen. Schlagartig öffne ich die Augen und stürme auf Tsunade zu. Sie macht sich bereit und geht in Verteidigungsposition, da sie einen frontalen Angriff erwartet. Gerade als sie denkt, dass ich einen Kick wage, springe ich jedoch über sie, drehe mich in der Luft und greife sie von hinten an. Damit hat sie nicht gerechnet und wird von meinem Tritt getroffen. Offensichtlich nimmt sie mich nun wieder als würdige Gegnerin ernst, denn ihre Aufmerksamkeit liegt auf meinen Bewegungen.  Sie ist vielleicht außerordentlich stark, doch ich bin dafür außerordentlich schnell. Man hat mich nicht um sonst "Die Katze von Iwagakure" genannt, denke ich. Den Spitznamen habe ich bekommen, weil ich mich schnell und leise wie eine Katze bewegen kann und habe daher oft Aufträge bekommen, bei denen es um Informationsbeschaffung oder Attentate ging. Ich war meistens auf Einzelmissionen unterwegs, weswegen ich in Mann-gegen-Mann-Kämpfen geübter bin. Unser Nahkampf geht noch eine Zeit lang so weiter, bis wir beide schon ziemlich außer Atem sind. Noch einmal schließe ich meine Augen, um mich zu konzentrieren. Ich spüre, wie Tsunades Augen auf mir ruhen und mich scharf beobachten. Doch sie wartet ab. Ich steuere mein Chakra durch meine Chakrabahnen so, wie es die Fingerzeichen tun würden und bilde ein Jutsu durch reine Konzentration. Ich grinse. Als ich die Augen öffne blicke ich in Tsunades verunsichertes Gesicht. Ich merke, wie auch die Zuschauer verwirrt zu mir blicken.

 

"Der Kampf ist vorbei, Tsunade!", brülle ich über das Kampffeld.

 

"Wieso? Gibst du auf?", fragt Tsunade höhnisch.

 

"Das muss ich nicht, denn das wirst du gleich für mich übernehmen! Sieh mal nach oben!", sage ich mit einem siegessicheren Lächeln.

Sie tut wie ihr geheißen und ihre Augen weiten sich vor Schreck. Gleichzeitig ertönen verwunderte Schreie aus der Zuschauerreihe. Doch Zeit zum reagieren bleibt Tsunade nicht. Ich lasse die riesigen Eisnadeln, die ich durch mein Jutsu gebildet und über uns habe schweben lassen, blitzschnell auf Tsunade herabregnen. Da ich sie jedoch nicht ernsthaft verletzen will, steure ich die Eisnadeln mit meinem Chakra so, dass sie dicht um Tsunade herum in den Boden rammen. Die Eisstacheln bilden nun eine Art Gefängnis, in dem ihr kein Bewegungsraum mehr bleibt. Lediglich ihre Arme und ihr Gesicht ragen an verschiedenen Seiten heraus. Einen kurzen Moment ist alles still. Man hätte eine Nadel fallen hören können. Dann: tosender Applaus. Alle jubeln mir zu. Und auch Tsunade gesteht ihre Niederlage ein. Woraufhin ich das Jutsu wieder auflöse und sie aus dem Eis befreie.

 

"Ich muss zugeben, damit hätte ich nicht gerechnet. Wie hast du das gemacht?", fragt mich Tsunade mit hörbarer Bewunderung.

 

"Ich habe gelernt, Jutsus ohne Fingerzeichen zu formen."

 

"Wirklich erstaunlich. So etwas habe ich noch nie gesehen. Ich gebe zu, ich habe dich wohl kurz unterschätzt. Das war ein gewaltiger Fehler. Du hast dir den Sieg redlich verdient." Man hört Tsunades Stimme neben Scham auch ein wenig Stolz an, was mich auch selbst ein bisschen stolz macht.

 

"Danke. Aber es wäre trotzdem super, wenn du das Lähmungsjutsu wieder aufheben könntest!", entgegne ich.

 

"Oh! Aber natürlich. Das habe ich beinahe vergessen!"

Sofort beginnt sie, meine Arme zu heilen.

 

"Es wird noch ein paar Stunden ein kleines Taubheitsgefühl vorhanden sein, aber das vergeht bald wieder", sagt sie noch zu mir gewandt. Dann spricht sie zu allen:

"Ich darf euch hiermit einen neuen Jonin Konohas vorstellen!"

Während sie eine Armbewegung in meine Richtung macht, ertönt Applaus. Gai und Lee schreien dabei am lautesten.

 

"Yuki, herzlichen Glückwunsch. Ich gebe dir nun einen Tag zum Erholen. Danach meldest du dich bitte bei mir in meinem Büro, um deine erste Mission als Konoha-Jonin anzutreten."

 

"Jawohl!"

 

Ich will salutieren, doch das Taubheitsgefühl in meinem Arm verhindert meine Absicht und ich klatsche mir etwas unbeholfen in mein eigenes Gesicht. Gelächter. Wie peinlich...

 

"Und zur Feier des Tages" fährt Tsunade fort, "lade ich dich und alle meine Schülerinnen zu einem Bad ins Badehaus ein!"

 

Oh nein, ein öffentliches Bad?, denke ich. Von Sakura und Shizune ertönt freudige Zustimmung.

 

"Ähm, also... Tsunade! Ich – ich...", fange ich an zu stammeln.

 

"Hm? Was ist denn?"

 

Ich versuche, meinen Kloß im Hals herunter zu schlucken.

 

"Ich bin dir ja sehr dankbar, aber meine Dusche bei mir zu Hause reicht mir vollkommen!" Ich erzwinge mir ein Lächeln.

 

"Unsinn! Du kommst mit! Das ist ein Befehl!", brüllt mir Tsunade ins Ohr.

 

"Aber...", versuche ich zu widersprechen.

 

"Kein ABER!" Sie sieht wütend aus. Also gebe ich klein bei und nicke verängstigt.

 

"Na, geht doch!", sagt Tsunade schließlich und dreht sich zu Ino um.

 

"Tut mir leid, ich passe. Ich muss heute leider noch im Blumenladen meiner Eltern aushelfen!", sagt diese und dreht sich zum Gehen um.

 

"Das ist aber schade!", meint Tsunade und lässt sie passieren.

 

Wie? Sie darf gehen und ich muss mit? Wie unfair!, denke ich und stampfe mit dem Fuß wie ein bockiges Kind.

 

"Oh! Ihr Mädels geht also baden, ja?", sagt nun plötzlich Jiraya, der sich in unsere Reihen gesellt hat.

 

"Na, Naruto? Wie wär's? Wollen wir uns heute nicht auch mal ein Bad gönnen?", seine Nasenlöcher weiten sich und seine Backen werden rot bei dem Gedanken an ein „Bad“.

 

"Na gut, kauziger Bergeremit! Ich komme aber nur mit, um zu verhindern, dass du Sakura ausspannst!", gibt Naruto zurück.

 

"Naaaa GUT!", brüllt nun Gai, der aus der sich auflösenden Zuschauermenge auf uns zu stürmt.

"Dann werde ich auch mit kommen, um zu verhindern, dass du Yuki nachspannst!"

 

"Hey! Wofür haltet ihr mich eigentlich? Ich will doch nur ein schönes Bad genießen!", wehrt sich Jiraya.

 

"Von wegen!", antwortet Naruto.

 

Ich seufze und wende mich von diesen Kindsköpfen ab, als ganz überraschend Kakashi vor mir steht. Ich hätte ihn beinahe angerempelt.

 

"Hi", grinst er mich unter seiner Maske an.

 

"Hi!", grinse ich zurück.

 

"Das war ein toller Kampf!", versucht er eine Konversation zu starten.

 

"Danke", erwidere ich und blicke verlegen zu Boden.

 

Er fährt fort: "Aber ich bin mir sicher, du hast uns nicht alles gezeigt, was du drauf hast. Ich würde gerne etwas mehr über deine Jutsus erfahren, für den Fall, dass wir mal zusammen auf Mission geschickt werden. Deshalb wollte ich fragen, ob... ob du vielleicht Lust hast, mich heute Abend nach eurem Badeausflug zu treffen. Sagen wir, ich lade dich zum Essen ein und du erzählst mir dann, welche Jutsus du noch beherrschst. Einverstanden?"

 

"Du willst mit mir essen gehen?", frage ich verwundert.

 

"Ja, ein Essen unter Freunden. Nichts Großartiges", antwortet er.

 

Ich weiß nicht, wieso, aber ich bin ein wenig enttäuscht von der Antwort, stimme jedoch zu.

 

"Gut, dann bis heute Abend um 7 Uhr! Wir treffen uns im Park, ok?", sagt er und verschwindet auch schon.

Eine Grillplatte für 2, bitte!

„Yuki! Komm ins Wasser! Es ist so schön warm!“, ruft mir Sakura aus dem Becken zu.

 

„Wovor hast du Angst? Wir sind doch unter uns“, pflichtet ihr Shizune bei.

 

„Schämst du dich etwa? Du hast doch eine super Figur!“, versucht auch Tsunade mich zu animieren, aus der Umkleidekabine herauszukommen.

 

Ich schlucke. Nach einem kurzen Blick an meinen Körper nach unten, greife ich mir so viele Handtücher, wie ich nur kann. Eines wickle ich mir um meine Brust und den Bauch. Mit zwei weiteren verhülle ich meine Arme und ein Handtuch schlinge ich mir nochmals als Rock um die Hüften, sodass der Großteil meiner Beine verdeckt bleibt.

 

„Ich – Ich komme gleich!“, rufe ich nach draußen.

 

So, Yuki! Jetzt nur keine Panik. Es ist nur ein Bad, rede ich mir Mut zu. Ich öffne meine Kabine und watschle aufgrund meiner eingeschränkten Bewegungsfreiheit zum Außenbecken.

Die drei sehen zu mir auf, als ich durch die Tür komme.

 

„HAHAHAHA!“, brechen alle drei in Gelächter aus.

 

„Wie siehst du denn aus?“, prusten sie. Die Röte schießt mir ins Gesicht und ich steige mit samt den Handtüchern zu ihnen ins Wasser.

Den schelmischen Blickkontakt meiner drei Badebegleitungen bemerke ich nur leider zu spät. Kaum habe ich begriffen, was sie vorhaben, haben sie mir die Handtücher auch schon vom Körper gerissen.

 

„AHHH!“, schreie ich auf, nehme schützend meine Hände vor die Brust und tauche bis zur Nase ins Wasser. Doch sie konnten es sehen. Ich lese es an ihren versteinerten Gesichtern ab. Aus Scham blubbere ich mit der Nase Blasen ins Wasser. Sie haben es gesehen, denke ich und versuche Blickkontakt mit ihnen zu vermeiden.

 

„Yuki…“, fängt Tsunade an, kommt jedoch ins Stocken.

 

„Hast du - ? Ich meine – ist das der Grund, warum du nicht mit wolltest und warum du so viele Handtücher umgewickelt hast?“, fragt sie schließlich.

 

Ich nicke.

 

„Ist das auch der Grund, warum du immer lange Sachen trägst? Das ist mir nämlich auch schon aufgefallen, habe mir aber nichts weiter dabei gedacht!“, fragt Sakura.

 

Ich nicke.

 

„Woher kommen die ganzen Narben?“

Ein Schauer durchfährt mich. Shizune hat es ausgesprochen. Narben. Mein ganzer Körper ist voll davon. Bis auf mein Gesicht, ist fast jeder Körperteil davon übersät. Mit Narben. Noch immer sehe ich keiner von ihnen ins Gesicht. Meine Augen ruhen auf dem von Wellen aufgewühlten Wasser. Ich warte darauf, dass es sich beruhigt. Oder warte ich darauf, dass sich mein Herzschlag beruhigt?

 

„Stammen die Narben aus einem Kampf?“ Mit dieser Frage reißt mich Sakura aus meinen Gedanken.

 

„Nein. Würden sie aus Kämpfen stammen, würde ich mich nicht dafür schämen“, antworte ich.

 

„Sag nicht, das haben dir die Entführer von damals angetan!?“, platzt es aus Tsunade heraus.

 

Ich schweige.

 

„Also stimmt es?“, Tsunades Stimme wird schwächer. Ich lasse meinen Blick vom Wasser ab und sehe zu ihr herüber. Ihr ganzer Körper ist angespannt.

 

„Es ist nicht deine Schuld, Tsunade!“, versuche ich sie zu beruhigen.

 

„Was ist denn damals passiert?“, fragt nun Shizune.

 

„Also gut, ich erzähle es euch“, beginne ich.

 

„Diese Entführer damals waren Ninja, die den Auftrag hatten, Testpersonen unterschiedlichsten Alters zu entführen und in eine versteckte Einrichtung zu bringen.“

 

„Testpersonen?“, fragt Tsunade.

 

„Versteckte Einrichtung?“, fragt Shizune.

 

„Wenn ihr mich nicht unterbrechen würdet, würde ich es erklären!“, fahre ich sie an. Ich räuspere mich kurz.

 

„Die versteckte Einrichtung wurde von einem Iryonin geleitet.“, fahre ich fort.

 

„Ein IRYONIN?!“, unterbrechen sie mich alle drei im Chor.

 

„RUHE!“, brülle ich sie an.

 

„Die Einrichtung diente dazu, neue medizinische Jutsus und Techniken zu testen. Dazu benötigten sie Testpersonen. Doch wir waren wie Ratten in einem Käfig. Es gab täglich Todesopfer durch die immer neuen Versuche. Als ich in die Einrichtung gebracht wurde, waren es mit mir circa 100 Testpersonen. Ich gehörte zu den Jüngsten damals. Wir wurden in kleinen Einzelzellen untergebracht, in denen wir mit beiden Händen an die Wand gefesselt wurden, um zu vermeiden, dass man Jutsus anwenden konnte. Es wurde nicht überprüft, ob eine Testperson ein Ninja war oder nicht. Sie gingen einfach auf Nummer sicher.“

 

Ich atme tief durch.

 

„Vier Jahre lang war ich dort eingesperrt. Und jeden Tag kamen sie. Sie spritzten mir neu entwickelte Medikamente oder Viren, zu denen sie ein neues Medic-Ninjutsu entwickelt haben, um es zu testen. Sie probierten neue Operationsmethoden an uns aus und schnitten uns überall am Körper auf. Ohne uns vorher zu betäuben. Ohnmächtig wurden wir schließlich auch durch die Schmerzen. So sparten sie Kosten. Daher kommen die Narben.“

 

Als ich kurz aufsehe, sehe ich in drei kreidebleiche Gesichter. Ich fahre fort:

„Durch dein Training, Tsunade, konnte ich länger überleben als andere. Jeden Abend in meiner Zelle versuchte ich mich selbst zu heilen. Das war mit gefesselten Händen nur nicht so leicht. In dieser Zeit entwickelte ich meine Fähigkeit, Jutsus ohne Fingerzeichen zu formen. Das trainierte ich jeden Abend. Ebenfalls in der Hoffnung, eines Tages dadurch ausbrechen zu können. Täglich starben dort „Patienten“- so wurden wir von den Iryonin genannt. Da konnte ich doch nicht einfach untätig rumsitzen und auf meinen Tod warten.“

 

Ich mache eine Pause. Mein Körper zittert bei den Gedanken an diese Zeit. Shizune kommt näher und nimmt mich kurz in den Arm.

 

„Als ich meine Jutsus schließlich auch ohne Fingerzeichen vollends beherrschen konnte, plante ich einen Ausbruch. Ich wartete auf die Nacht. Um mich von den Fesseln zu befreien, ließ ich Nacht für Nacht meine Handschellen gefrieren, um sie mit der Zeit spröde zu machen. So konnte ich die Fesseln mit geringem Kraftaufwand zerbrechen. Mit einer Spritze, die ein Mitarbeiter in meiner Zelle fallen ließ und die ich dort über mehrere Tage vor ihnen versteckte, brach ich das Schloss in meiner Zelle auf. Ich schlich mich von hinten an einen Nachtwächter heran, klaute ihm ein Kunai und schnitt ihm damit die Kehle durch. Ich versuchte so leise wie möglich vorzugehen. Ich erledigte die restlichen Nachtwächter nach ähnlichem Muster und befreite die anderen Insassen. Es waren nur noch 23 andere, die mit mir überlebten. Sie flohen in die Nacht hinaus. Völlig kraftlos und verzweifelt. Ich habe nie wieder jemanden von ihnen gesehen.“

 

„Und du? Bist du auch in dieser Nacht auf und davon?“, fragt Shizune.

 

„Nein“, mein Gesichtsausdruck verdunkelt sich.

 

„Ich wartete auf den nächsten Morgen. Ich wartete darauf, dass die Mitarbeiter wieder in die Einrichtung kamen.“ Ich sehe erst Shizune, dann Tsunade in die Augen. Dann blicke ich wieder aufs Wasser.

 

„Ich tötete sie alle“, sage ich kalt. Ich muss nicht hinsehen, um zu wissen, dass die drei mich mit Entsetzen ansehen.

 

„Alle, bis auf einen“, füge ich hinzu. „Einer konnte entkommen. Er war damals selbst noch ein Kind. Er war in etwa so alt wie ich und lernte in dieser Einrichtung Medic-Ninjutsu. Er war genauso gefühlskalt wie die anderen Mitarbeiter. Doch mir gegenüber, war er…. fast schon nett. Er behandelte mich anders als die anderen. Er schmuggelte Extra-Essen in meine Zelle und unterhielt sich oft mit mir. Ich verschonte ihn damals, weil er mir das Leben in diese Einrichtung erträglicher machte.“

Ich balle meine Hände zu Fäusten.

 

„Aber jetzt habe ich erfahren, dass er für Orochimaru arbeitet und ich bereue es, damals Mitleid mit ihm gehabt zu haben!“, ich beiße meine Zähne zusammen, um nicht laut los zu schreien.

 

„Warte! Orochimaru?!“, entfährt es Sakura.

 

„Du meinst doch nicht etwa Kabuto, oder?“, fragt Tsunade.

 

Erstaunt sehe ich sie an.

 

„Doch! Kabuto Yakushi! Ihr kennt ihn?“, frage ich sichtlich überrascht.

 

Sie nicken alle.

 

„Er hat uns schon einige Probleme bereitet“, fängt Tsunade an.

 

Sie erzählt mir von ihrer Auseinandersetzung mit Kabuto und Sakura erzählt mir von ihren ersten Chinin-Prüfungen, bei denen Kabuto als Spion tätig war. Sie erzählt mir auch von ihrem Schwarm und ehemaligen Teamkollegen Sasuke, der ebenfalls zu Orochimaru gegangen ist.

 

„Es tut mir leid!“, sage ich schließlich. Sie sehen mich verwundert an.

 

„Es tut mir leid, dass ich Kabuto damals gehen ließ! Wenn – wenn ich ihn damals getötet hätte, wie die anderen, hättet ihr jetzt vielleicht diese Problem nicht!“

 

Ich mache mir Vorwürfe und ich spüre, wie mir die Tränen in die Augen steigen. Tsunade nimmt mich in den Arm.

 

„Es ist nicht deine Schuld. Rede nicht so einen Unsinn. Und wegen deiner Narben brauchst du dich nicht zu schämen. Im Gegenteil! Du solltest sie zeigen, denn sie zeugen von deiner Stärke, deinem Mut und deinem Durchhaltevermögen“, sie lächelt mich aufmunternd an.

 

„Ist das dein Ernst?“, frage ich mit Tränen in den Augen.

 

„Aber natürlich! Du bist…“ Weiter kommt Tsunade in ihrem Satz nicht, als wir aus dem Männerbad plötzlich bekannte Stimmen hören.

 

„HEY! Kauziger Bergeremit! Warte doch auf uns!“, hört man Naruto brüllen.

 

„HEHEHE! Kommt schon trödelt nicht rum! Wir wollen doch BADEN gehen!“, trällert Jiraiya.

 

„Hö? Kakashi? Was machst du denn hier?“, hört man nun Gai sagen.

 

„Sensei Kakashi?“, sagt Naruto.

 

Was? Kakashi? War er etwa die ganze Zeit schon drüben im Männerbad? Hat er unsere Gespräche etwa alle mitgehört? Bei dem Gedanken daran schießt mir die Röte ins Gesicht.

 

„Hi!“, sagt nun Kakashi.

 

Tatsächlich! Er ist wirklich hier! Oh nein, wie peinlich.

 

„KAKASHIIII! Was machst du hier?“, fragt Gai nun noch einmal nach, nachdem seine Frage noch nicht beantwortet wurde.

 

„Nun, du sagtest vorhin, du gehst mit baden, um zu verhindern, dass Jiraiya die Mädchen ausspannt. Aber irgendjemand muss doch darauf aufpassen, dass DU nicht auch die Mädchen ausspannst.“, antwortet Kakashi gelassen.

 

„WAAAAS?! Wofür hältst du mich eigentlich?“, fährt ihn Gai empört an.

 

„Hihihi“, hört man Jiraiya schelmisch kichern.

 

Tsunade sieht zur Trennwand, die das Männer- und Frauenbad voneinander trennt. Sie entdeckt etwas.

 

„JIRAYA!“, brüllt sie, als sie sein Auge in einem Loch in der Wand erkennt. Sie nimmt ein kleines Steinchen vom Beckenrand, legt es flach auf die Hand, zielt und schnippt das Steinchen direkt durch das Loch.

 

„AUAAAAA!“, hört man von Jiraiya mit einem lauten PLATSCH.

 

Tsunade lächelt zufrieden.

 

„Das hast du davon“, sagt Naruto nur.

 

„Geschieht dir recht“, sagt Gai.

 

„Ihr seid gemein!“, jammert Jiraiya, als er wieder auftaucht. „Kakashi sag doch auch mal was!“

 

Kakashi bleibt stumm. Ob er wohl mit Maske badet, frage ich mich.

 

„Hehehe“, kichert Jiraiya nun, als hätte er eine neue Idee.

 

„Hey, Kakashi! Wie wäre es, wenn du mir hier ein wenig hilfst?“, fängt er nun an, seine Idee zu erklären.

 

„Hm? Wieso sollte ich?“, fragt Kakashi.

 

„Ich wusste, dass du das fragst! Na ganz einfach! Ich, als  Autor, muss nun mal ein paar Nachforschungen tätigen. Das verstehst du doch sicher. Ich biete dir nun an, mir bei meinen Nachforschungen für meinen nächsten Band zu helfen. Im Gegenzug dafür, würde ich dich natürlich in der Danksagung erwähnen. Naaaa?“, beendet Jiraiya nun seine Ausführungen.

 

„ICH? In der Danksagung des nächsten Flirtparadises?“, fragt Kakashi hörlich begeistert.

 

Plötzlich ist alles still. Jeder erwartet gespannt seine Entscheidung. Nach einer halben Ewigkeit, hat er eine Entscheidung getroffen.

 

„Nun gut, Jiraiya. Das Angebot ist einfach zu verlockend! Du sammelst deine Informationen und ich versuche, Naruto und Gai von dir fern zu halten. Ist das in Ordnung für dich?“

 

„Das ist mehr als in Ordnung!“ Jiraiya singt seine Antwort förmlich.

 

Es entbrennt ein heftiger Kampf drüben im Männerbad. Doch noch bevor Jiraiya es schafft sich wieder an dem kleinen Guckloch zu positionieren, verlassen wir alle kommentarlos das Becken. Sein enttäuschter Schrei ist bis außerhalb der Badeeinrichtung zu hören, als wir uns auf dem Weg nach Hause machen.

 

Völlig erholt komme ich in meiner kleinen Wohnung an. Es tat wirklich gut, sich alles von der Seele zu sprechen, denke ich. Und auch das Bad war herrlich. Nach einem kurzen Blick auf die Uhr entscheide ich mich, mich langsam für mein Treffen mit Kakashi zurecht zu machen. Ich weiß, er hat gesagt, es ist nur ein Treffen unter Freunden, aber irgendwie habe ich doch das Gefühl mich hübsch machen zu müssen. Oder ist das übertrieben? Sollte ich mich nicht einfach ganz normal kleiden? Mit meiner inneren Zerrissenheit stehe ich vor meinem Kleiderschrank. Es ist zwar nicht sehr viel drin, aber offensichtlich reicht es, um eine gefühlte Ewigkeit zu benötigen, mir etwas aus meinen neuen Sachen zusammenzustellen. Kakashi hat unser Gespräch im Bad mitbekommen. Er weiß also von meinen Narben. Soll ich etwas Freizügigeres tragen, um zu zeigen, dass ich mich nicht mehr dafür zu schämen habe? Aber die Wahrheit ist, ich schäme mich noch immer dafür. Keiner hat je meine Narben gesehen. Bis auf heute. Vielleicht gehört das ja zu meinem Neustart in mein neues Leben dazu? Ich entscheide mich also für ein knielanges, mit Blumen besticktes Sommerkleid. Das Kleid selbst ist weiß, doch die grünen und roten Blumen sowie die schwarzen und braunen Sprenkel zwischen den Blumen geben dem Kleid etwas Aufregendes. Ich drehe mich damit vor dem Spiegel hin und her. Ich komme mir glatt vor wie ein Teenie, der sein erstes Date hat. Ich schüttle meinen Kopf so stark, dass mir kurz schwindelig wird. Das ist kein Date!, rede ich mir ein. Ich überlege mir, wie ich meine Haare tragen soll. Ich nehme meine langen, gewellten Haare und halte sie mir zu einer Hochsteckfrisur. Schnell lasse ich sie wieder fallen. Viel zu übertrieben, denke ich und entschließe mich, sie offen zu tragen. Auch schminken kommt für mich nicht in Frage. Mal abgesehen davon, dass ich noch keine Schminksachen besitze, war ich schon immer eher der natürliche Typ. Ich blicke noch ein letztes Mal in den Spiegel. Zufrieden mit dem, was ich sehe, verlasse ich meine Wohnung und mache mich auf Richtung Park, in dem ich Kakashi in knapp 15 Minuten treffen soll.

 

Da Kakashi noch nicht zu sehen ist, setze ich mich auf eine Bank, um auf ihn zu warten. Ich warte. Und warte. Und warte… Ich sitze schon eine gefühlte Ewigkeit auf dieser Bank und in der vergangenen Stunde sind einige Personen vorbeigekommen, die ich nicht kannte. Alle starrten mich mit einer Mischung aus Verwunderung und Entsetzen an, als sie meine vernarbten Beine sahen. Ich habe versucht mich vor ihren Blicken zu schützen, indem ich meine  Arme um mich schlang. In der zweiten Stunde, die ich dort warte, ist es mir schon egal, wie die Leute auf mich reagieren. Doch Kakashi ist noch immer nicht da. Hat er mich etwa vergessen? Das kann ich mir nicht vorstellen! Schließlich hat ER doch das Treffen vorgeschlagen. Er ist uns sogar ins Bad gefolgt. Nein, er hat mich nicht vergessen, komme ich zum Schluss. Inzwischen ist es 10 Uhr abends und es ist schon ziemlich kühl und dunkel geworden, als ich etwas hinter mir rascheln höre. Vor Schreck springe ich von der Bank auf und gehe in Kampfposition.

 

„Ganz ruhig! Ich bin es.“ Kakashi kommt langsam hinter dem Baum vor, von dem er herunter gesprungen ist.

Mir fällt ein Stein vom Herzen.

 

„Ich habe dich wohl erschreckt!“, es klingt, als würde ihn das amüsieren.

 

„Idiot!“, fahre ich ihn an.

 

Er bleibt verwundert stehen und legt den Kopf schief.

 

„Was fällt dir eigentlich ein, so spät hier aufzutauchen? Ich warte hier seit 3 Stunden!“, ich schreie schon fast. Er bleibt immer noch ruhig stehen.

 

„Ich habe mir Sorgen gemacht“, flüstere ich nun.

 

„Ich dachte, dir wäre was passiert“, gestehe ich.

 

Er sieht mich mit einer Mischung aus Reue und Nachdenklichkeit an.

 

„Es tut mir leid!“ Seine Worte klingen sehr ehrlich. Er kommt noch ein paar Schritte auf mich zu und mustert mich.

 

„Mir gefällt dein Kleid!“, bricht er die Stille.

 

Ich bin froh, dass es schon dunkel ist, denn die Röte schießt mir schneller ins Gesicht als Naruto „Nudelsuppe“ sagen kann.

 

„D-Danke…“, meine Stimme ist zittrig. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich durch dieses Kompliment vor den Kopf gestoßen wurde oder daran, dass es schon so kalt geworden ist. Kakashi legt eine Hand auf meinen Rücken und deutet mir an, in Richtung Innenstadt zu gehen.

 

„Komm! Lass uns etwas essen gehen. Du hast sicher Hunger nach der langen Warterei.“ Er wirkt cool wie immer. Er trägt seine alltägliche Trainingskleidung. In dem Moment, in dem mir das auffällt, bin ich heilfroh, mir keine Hochsteckfrisur gemacht zu haben. Er sieht es wohl wirklich nicht als Date, denke ich.

 

Wir entscheiden uns für ein Grill-Restaurant, das Kakashi wohl von Asuma und seinem Team empfohlen wurde. Wenigstens sorgen die Grills für eine angenehme Wärme. Kakashi bestellt eine Grillplatte für 2 Personen und eine Flasche Wein für uns beide. Während er mir den Wein in mein Glas füllt, fragt er schließlich: „Und? Erzähl mal! Was sind deine Kampfstrategien?“

Seine Frage bringt mich aus meinem Konzept. Stimmt ja. Deswegen haben wir uns getroffen. Er wollte etwas über meine Jutsus wissen.

 

„Naja, wie du vielleicht bemerkt hast, benutze ich bevorzugt Jutsus des Elementes Wasser beziehungsweise Eis.“ Kakashi nickt.

 

„Und dass ich keine Fingerzeichen dafür brauche, weißt du auch.“ Er nickt wieder.

 

„Nun gut“, ich überlege kurz.

 

„Mein Ninjutsu beherrsche ich ganz gut, würde ich sagen. Mein vertrauter Geist ist ein Schneeleopard. Und auch mein Taijutsu lässt sich sehen. Dabei konzentriere ich mich aber verstärkt auf Schnelligkeit und Lautlosigkeit und weniger auf die Kraft.“

 

Ich beuge mich ein wenig  weiter über den Tisch und flüstere: „Früher nannte man mich auch Die Katze von Iwagakure!“ Ich blinzle ihm dabei kurz zu. Seiner Reaktion nach zu urteilen, ist ihm das ein Begriff.

 

„Die Katze von Iwagakure! Das warst du? Von ihr hat man auch hier gehört. Man sagte, dass sie tödlicher wäre als Gift!“, erzählt er.

 

„Ernsthaft? Man hat hier von mir gehört?“ Meine Überraschung ist mir deutlich anzusehen.

 

„Bist du wirklich so gefährlich?“ Er lächelt mich durch seine Maske an und stütz dabei seinen Kopf auf einer Hand ab.

 

„Möchtest du es herausfinden?“ Ich imitiere seine Mimik, als wäre ich sein Spiegelbild. Eine kurze Ewigkeit sitzen wir so da, bis uns die Bedienung unsere Grillplatte bringt. Kakashi legt das Fleisch auf den Grill und sieht mich dann wieder erwartungsvoll an. Ich räuspere mich kurz.

 

„Nun, den Spitznamen habe ich wohl bekommen, da ich hauptsächlich Missionen für Attentate bekam und diese immer schnell und präzise erfüllen konnte. Niemand hat meine Anwesenheit bemerkt. Schnell und leise eben.“ Ich nehme einen Schluck vom Wein.

 

„Das ist alles?“, er klingt etwas enttäuscht.

 

Ich schlucke.

 

Nein. Das war nicht alles. Aber bisher habe ich niemandem von meinem Kekkei Genkai erzählt. Nicht mal Tsunade und Shizune wissen davon. Sollte ich es ihm sagen? Aber

 

„Alles in Ordnung?“ Kakashi reißt mich aus meinen Gedanken.

 

„Äh- JA! Ja. Alles in Ordnung“, antworte ich.

 

Er durchbohrt mich mit seinen Blicken. Er scheint bemerkt zu haben, dass ich noch etwas verheimliche. Aber das ist noch nicht der richtige Zeitpunkt, mein Geheimnis zu verraten.

 

„Na gut. Klingt nach einer gefährlichen Mischung. Vielleicht verdienst du dir ja auch den Titel der Katze von Konoha? Klingt doch gut oder?“ Sein Lächeln lässt mein Herz springen. Ich werde schon wieder rot. Was ist nur los mit mir? Was hat Kakashi an sich, dass er mich so verrückt macht?!

 

„Ähm… Verrätst du mir dann auch, was du so für Jutsus beherrschst? Von dir habe ich schließlich noch gar nichts gesehen!“, versuche ich von mir abzulenken.

 

„Oh! Aber sicher!“, beginnt er.

 

Er verteilt das fertig gebratene Fleisch auf unsere Teller. Ich versuche während des Essens herauszufinden, was er unter seiner Maske verbirgt, doch er nimmt sie immer nur für einen Bissen ab. Kaum sehe ich von meinem Teller wieder zu ihm hoch, hat er seine Maske auch schon wieder auf.

 

Er erzählt mir von seinem eigens entwickelten Chidori, seinem Sharingan und den kopierten Jutsus, von seinen Ninjahunden und von ehemaligen Missionen. Er erzählt von seinem Team: Naruto und Sakura. Dann erwähnt er noch einen Namen: Sasuke.

 

„Sasuke?“ Ich erinnere mich an das, was Sakura im Bad erzählt hat.

 

Er seufzt. Es scheint nicht sein Lieblingsthema zu sein.

 

„Wir müssen nicht darüber reden, wenn du nicht möchtest“, schlage ich vor.

 

„Nein, schon gut. Du solltest von ihm wissen, da du ja jetzt in Konoha bleibst“, er macht eine lange Pause, um seine Gedanken zu sammeln.

 

„Sasuke Uchiha - der einzige Überlebende seines Clans. Er kam damals mit Naruto und Sakura in mein Team. Er hatte viel Potential. Er war der Beste seines Jahrgangs und die drei wurden sehr enge Freunde. Doch als ich sie zur Chunin-Auswahlprüfung geschickt habe, veränderte das sein Leben. Während der Prüfung kam er in Kontakt mit Orochimaru.“

 

„Orochimaru...“, murmle ich missmutig. Er sieht mich ruhig an.

 

„Er wollte Sasuke als seinen Schüler und Nachfolger. Wir haben alles versucht, Sasuke davon abzubringen, doch letztendlich hat er unser Dorf verlassen. Naruto und Sakura sind bis heute nicht darüber weggekommen und versuchen Wege zu finden, ihn zurück zu holen“, schließt er  mit seiner Zusammenfassung ab.

 

Ich bleibe stumm und denke über diese Situation nach. Kakashi bricht das Schweigen erneut.

 

„Er ist kaltherzig geworden“, sagt er nur und schaut verbittert auf unsere inzwischen leer gegessenen Teller.

 

„Aber das ist doch nicht deine Schuld! Das darfst du dir nicht vorwerfen“, versuche ich ihm gut zu zu reden.

 

„Das ist es ja auch nicht. Es ist nur… Er erinnert mich sehr an mich selbst – wie ich damals war.“

 

Kakashi weicht dem Blickkontakt aus, den ich versuche aufzubauen. Ich weiß nicht wie ich reagieren soll. Ich kann dazu nichts sagen. Schließlich kenne ich weder Sasuke, noch weiß ich, wie Kakashi früher war. Es ist lang still zwischen uns, bis ich dieses Mal das Schweigen breche.

 

„Du meinst, Sasuke ist genauso ein Spanner wie du?“, schießt es aus meinem Mund, um von seiner verbitterten Stimmung abzulenken. Man kann sehen, dass er darauf nicht vorbereitet war.

 

„S-Spanner? Wie kommst du denn darauf??“ stottert er leicht. Ich wette, unter seiner Maske läuft er rot an. Ich grinse hämisch.

 

„Du hast uns im Bad belauscht, als Jirayia, Naruto und Gai noch nicht da waren, stimmt’s? Wir konnten euch danach wahrscheinlich genauso gut hören, wie du uns vorher!“, sage ich, als hätte ich einen Täter überführt. Kakashi nimmt seine Hände in die Luft.

 

„Na gut, du hast mich ertappt! Und was wirst du nun mit mir tun?“, er lacht leicht.

 

„Als Strafe musst du mir jetzt eine Runde Sake ausgeben!“ Nun lachen wir beide.

 

Der Abend verläuft feucht-fröhlich und nach ein paar weiteren Schnaps-Runden bin ich nicht mehr nur angetrunken. Ich muss mich am Tisch festhalten, um nicht umzufallen, als wir gehen wollen. Kakashi versucht mich zu stützen.

 

„Alllles jut! Ich kann selber laufn!“, lalle ich.

 

„Du bist betrunken! Ich bring dich lieber nach Hause“, man merkt zwar auch Kakashi den Alkohol an, allerdings hat dieser sich weitaus besser im Griff als ich.

 

„UNSINN!“, brülle ich durch das inzwischen leere Lokal, da ich meine Lautstärke ebenfalls nicht mehr unter Kontrolle habe. Erschrocken vor meiner eigenen Stimme zucke ich zusammen.

 

„Ich finde alleine heim“, flüstere ich meinen Satz zu Ende. Ich will losgehen, doch meine Beine wollen es nicht. Ich falle um. Kakashi springt leichtfüßig um den Tisch.

 

„Hast du dich verletzt?“, fragt er mit fürsorglicher Stimme.

 

„Nein, alles gut“, antworte ich nun kleinlaut. Ohne weitere Vorwarnung zieht mich Kakashi hoch und legt einen meiner Arme um seine Schultern, um mich so zu stützen. Er verabschiedet sich beim Lokalbetreiber – höflich wie immer.

 

Draußen ist es finsterste Nacht. Ich habe keine Ahnung wie spät es ist, doch die frische Luft tut mir gut. Ich atme ein paar Mal tief durch. Langsam aber sicher erholt sich mein Verstand ein wenig und mir wird klar, wie peinlich ich mich eben benommen habe.

 

„Es tut mir leid“, sage ich beschämt.

 

„Ist schon gut“, Kakashi lächelt mich an. „Du musst dich nicht entschuldigen. Ich fand den Abend sehr schön!“

 

Er fand den Abend schön? Aber ich habe mich doch völlig zulaufen lassen. Ich habe mich total daneben benommen, denke ich.

 

„Ich hatte heute sehr viel Spaß“, ergänzt er.

 

„Ja?“, frage ich ungläubig. Er lächelt und nickt. Mein Blick wandert verlegen gen Boden.

 

„Ich hatte auch viel Spaß“, gebe ich zu und grinse in mich hinein.

 

Mich überkommt ein Schwall von Müdigkeit und meine Beine geben leicht nach. Ein Glück, dass Kakashi mich stützt.

 

„Wir sind gleich da, nur noch ein bisschen“, ermutigt mich Kakashi die letzten Schritte zu gehen.

Ich kann mich nicht daran erinnern, meine Tür aufgesperrt zu haben, betrete aber im Halbschlaf meine Wohnung und falle ins Bett.

Die zerbrochene Tasse

 

Die Sonnenstrahlen kitzeln meine Nase.

„Hatschi!“ Ich niese. Ich blinzle, geblendet durch das Licht, das durch mein Schlafzimmerfenster kommt. Mein Schädel dröhnt. Ich habe einen Kater vom gestrigen Abend. Und offensichtlich auch einen leichten Filmriss. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie ich ins Bett gegangen bin. Ich sehe unter der Bettdecke an mir runter. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, mir noch mein Kleid ausgezogen zu haben, denn ich liege nur in Unterwäsche da. Ich räkle mich noch ein wenig, auf der Suche nach meiner Motivation aufzustehen. Plötzlich durchströmt mich ein kleiner Adrenalinstoß, als ich auf die Uhr sehe. Halb 11! Ich soll mich doch bei Tsunade melden. Ich reiße mir die Decke vom Körper und springe auf. Ich renne in die Küche, um mir schnell einen Tee und ein kleines Frühstück zu machen.

 

„Oh! Guten Morgen!“, begrüßt mich Kakashi, der an meinem Küchentisch sitzt und Zeitung liest.

 

„Ja, ja, Morgen!“, sage ich beiläufig und schalte das Teewasser an. Gerade als ich mich strecke, um eine Tasse aus einem der oberen Regale zu holen, wacht auch mein Verstand endlich auf.

 

„AHHHH!“ schreie ich, als ich registriere, dass ich gerade in Unterwäsche vor Kakashi stehe. Vor lauter Schreck, fällt mir die Tasse, die ich noch über mir gehalten habe, aus der Hand auf meinen Kopf und zerbricht schließlich am Boden. Sie zerbricht wie meine Würde. Schnell drehe ich mich um und versuche vergeblich, mich mit meinen kleinen Händen vor Kakashis Blicken zu schützen. Dieser stützt seinen Kopf auf einer Hand ab und sieht mir amüsiert dabei zu.

 

Ich renne ins Schlafzimmer, krame einen Bademantel aus meinem Schrank und werfe ihn schnell über. Leicht beschämt und mit knallrotem Kopf gehe ich zurück in die Küche.

 

„Hast du gut geschlafen?“, fragt er, als wäre nichts gewesen.

 

„Ja – aber sag mal! Was machst du denn hier?“, frage ich.

 

Nun ist es Kakashi, der überrascht wirkt.

 

„Nun, als ich dich gestern nach Hause gebracht habe, hast du gesagt, ich soll nicht gehen. Du meintest, du willst nicht alleine sein, also habe ich bei dir auf dem Sofa geschlafen.“

 

Oh Gott, wie peinlich. Mein Kopf läuft noch roter an – wenn das überhaupt noch möglich ist. Hat er mir etwa auch das Kleid ausgezogen? Bei dem Gedanken daran, überschlägt sich mein ohnehin schon pochendes Herz.

 

„Oh“, bringe ich nur als Antwort darauf heraus. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Sollte ich ihn fragen, was gestern Abend noch passiert ist, was ich nicht mehr weiß?

Ich drehe mich wieder zu meinem Küchenregal, um mir eine neue Tasse zu nehmen und die Scherben der Zerbrochenen aufzusammeln.

 

„Möchtest du auch etwas trinken?“, biete ich ihm an. Ich spüre seine Blicke in meinem Rücken.

 

„Gern“, sagt er knapp.

 

Ich gieße uns beiden einen Tee ein und setze mich mit meiner heißen Tasse zu ihm an den Tisch. Immer noch knallrot im Gesicht finde ich keine passenden Worte, um ein Gespräch zu starten. Stattdessen versuche ich vergeblich meinen Tee kalt zu pusten. Als ich merke, dass es albern ist dauernd zu pusten ohne dann auch zu trinken, nehme ich einen Schluck und verbrenne mir sogleich die Zunge. Aus Reflex zucke ich zusammen und der heiße Tee schwappt über den Tassenrand auf meine Hand. Ich ziehe Luft durch die Zähne, um nicht schon wieder laut los zu brüllen. Ich stelle die Tasse ab. Kakashi folgt jeder meiner Bewegungen mit seinen Augen. Er grinst. Schon wieder.

 

„Alles in Ordnung mit dir?“, fragt er durch seine Maske. Ich atme tief durch bevor ich antworte.

 

„Ja. Sicher! Wieso auch nicht?“ Ich bemühe mich souverän zu klingen.

 

„Naja, ich meine, du bist auch sonst ein wenig durch den Wind, aber so tollpatschig wie gerade warst du noch nicht“, entgegnet er.

 

Tollpatschig hat er gesagt… Er hat wohl Recht, denke ich verzweifelt.

 

„Also, weißt du“, fange ich an, „um ehrlich zu sein, kann ich mich an nichts mehr erinnern, nachdem du mich nach Hause geführt hast. Deswegen war ich sehr überrascht über deine Anwesenheit. Entschuldige! Was war denn noch gestern?“

 

Ich sehe ihm in die Augen. Erst jetzt bemerke ich, dass er sein Stirnband nicht trägt und kann zum ersten Mal sein linkes Auge sehen  - sein Sharingan. Eine Narbe zeichnet sich quer über sein Auge. Wie gebannt sehe ich es an und kann mich nicht davon losreißen.

 

„Achso?“, fragt er und beginnt seinen Bericht.

 

„Nun, als du nicht mehr in der Lage warst, mit dem Schlüssel die Türe aufzusperren, habe ich das kurzerhand für dich übernommen. Ich habe dir eine gute Nacht gewünscht und als ich mich zum Gehen umdrehte, hast du mich festgehalten und gesagt, ich solle doch bei dir schlafen.“

 

Gerade als ich gedacht habe, meine Röte sei verflogen, schießt sie mir doch sofort wieder ins Gesicht.

 

„Du warst so müde, dass du im Stehen eingeschlafen bist. Also habe ich dich ins Bett getragen“, fährt er fort.

 

Ich kneife mir in die Hand, in der Hoffnung, das alles hier sei noch ein Traum. Doch ich spüre den Schmerz und versuche den Kloß in meinem Hals herunter zu schlucken. Es gelingt mir nicht.

 

„Dann habe ich dein Kleid ausgezogen. Ich wollte nicht, dass es zerknittert. Das wäre doch schade gewesen! Ich hoffe, das war kein Problem für dich!“ Seine Stimme klingt etwas unsicher.

 

Wäre ich ein Wasserkessel würde ich inzwischen pfeifen. Mir ist gleichzeitig heiß und kalt und meine Finger sind schwitzig. Ich mache noch einen Schluck von meinem Tee und schüttle verunsichert den Kopf, um Kakashi eine Antwort zu geben.

 

„Oh gut, dann bin ich ja beruhigt. Naja und da es dann schon 3 Uhr morgens war, habe ich kurzerhand dein Angebot angenommen und habe es mir auf deinem Sofa gemütlich gemacht. Den Rest der Geschichte kennst du ja.“

 

Wie angewurzelt sitze ich da und trinke meinen Tee nun auf Ex.

 

„Ok“, sage ich nur. „Danke… dass du dich so nett um mich gekümmert hast“, stottere ich.

 

„Ich meine, ich – du…“, ich weiß nicht, was ich sagen soll.

 

„Ich war nur noch so lange hier, um zu sehen, ob mit dir auch alles in Ordnung ist“, ergreift Kakashi für mich das Wort.

 

„Offensichtlich bist du in Ordnung. Dann will ich dich nicht länger stören und mache mich auf den Weg nach Hause. Ich danke dir nochmal für den schönen Abend gestern.“

Er steht auf und sammelt seine Sachen ein.

 

„K-Kein Problem“, stammle ich noch leicht verwirrt. „Ich danke dir für das gestrige Essen!“

 

Auf dem Weg nach draußen, bleibt er im Türrahmen stehen, als hätte er etwas vergessen. Er dreht sich nochmal nach mir um.

 

„Oh und übrigens: Tsunade hat Recht! Du brauchst dich für deine Narben nicht zu schämen.“ Er lächelt mir über die Schulter zu und schließt die Tür.

 

Da sitze ich nun. Völlig verwirrt, mit weit aufgerissenen Augen, offen stehendem Mund und knallroten Kopf und starre auf die Tür, zu der er eben noch raus ist.

 

Dieser Spanner, schießt es mir nun durch den Kopf. Er hat hingesehen und schämt sich nicht mal dafür! Dieser Perversling! Mein Blick wandert zu seiner Tasse, die noch vor mir auf dem Tisch steht. Sie ist leer. Wann hat er den Tee denn getrunken? Und wieder habe ich sein Gesicht nicht gesehen. Verdammt! Aber… es war trotzdem irgendwie süß von ihm. Wie er sich um mich gekümmert hat. Wieder übermannen mich diese Gedanken. Ich vergrabe meine Hände in meinen Haaren und versuche meine Schläfen zu massieren, um wieder klar denken zu können. Kakashi ist nur ein Freund! Freunde tun so etwas eben, rede ich mir ein. Mit einem beiläufigen Blick auf die Uhr springe ich erneut auf und hetze ins Schlafzimmer, um mich anzuziehen. Ich muss jetzt unbedingt zu Tsunade, sonst gibt es Ärger. Ich entscheide mich das Frühstück ausfallen zu lassen und sprinte los zum Gebäude des Hokage. Völlig außer Atem komme ich dort an.

 

„Du bist zu spät“, begrüßt mich Tsunade.

 

„Ich weiß und es tut mir wirklich leid!“ Ich mache eine entschuldigende Geste. Sie blickt mich an und zieht eine Augenbraue hoch.

 

„Wie siehst du denn aus? Hattest du nicht mal Zeit, deine Haare zu kämmen?“ Sie blickt auf meine wüste Frisur. Beschämt schüttle ich den Kopf. Sie seufzt.

 

„Na, wie dem auch sei. Du trittst heute deine erste Mission an. Und damit du die anderen Ninja und deren Fähigkeiten kennenlernst, schicke ich dich am Anfang auf viele Missionen mit je einem anderen Team. Bei dieser Mission wirst du Gai und sein Team begleiten!“

 

Oh nein! Doch nicht ausgerechnet Gais Team, denke ich und frage mich, ob der Tag noch schlimmer starten kann.

Wie aufs Stichwort kommt Gai in den Raum geplatzt, gefolgt von seinen drei Schülern.

 

„Hallo, YUKI!“, begrüßt er mich und reicht mir dabei einen Strauß roter Rosen.

 

Genervt nehme ich den Strauß an mich und begrüße die vier. Tsunades Blick wandert von Gai über den Blumenstrauß zu mir und sagt: „Oho! Habe ich etwas nicht mitbekommen?“ Sie zwinkert mir zu und sofort verkrampfen sich all meine Muskeln.

 

„Wussten Sie es noch nicht? Yuki ist Sensei Gais feste Freundin!“, prahlt Lee voller Stolz. Ich balle die Fäuste.

 

„Nein, das bin ich NICHT!“, platzt es aus mir heraus. Ich schnaufe vor Wut. Betretenes Schweigen füllt nun den Raum. Alle starren mich verdutzt an. Ich zwinge mich, mich wieder zu beruhigen.

 

„Ich bin nicht seine Freundin…“, murmle ich in meinen nicht vorhandenen Bart und versuche den Blicken auszuweichen. Tsunade räuspert sich, um von mir abzulenken.

 

„Nun gut“, beginnt sie, „zurück zum Thema. Eure Mission führt euch ins Schlüssel-Reich. Genauer gesagt nach Joumae no Sato. Ich habe bisweilen versucht Briefkontakt mit dem Anführer dieses Dorfes aufzunehmen, doch er reagiert nicht auf meine Schreiben. Ich möchte euch deshalb darum bitten, persönlich dort hinzugehen und nachzuforschen, ob es einen Grund dafür gibt, dass er nicht antwortet. Konoha hat ein Interesse an einem Bündnis mit dem Schlüssel-Reich. Wir können in der nächsten Zeit gar nicht genug Verbündete haben.“ Sie blickt nachdenklich zu Boden.

 

„Und dafür brauchst du 3 Jonin?“, fragt Gai nach.

 

„Ja“, antwortet sie blitzschnell. „Ich habe keine Ahnung, was dieses Dorf für Geheimnisse und Fähigkeiten verbirgt. Über das Schlüssel-Reich ist allgemein nicht viel bekannt. Sie hüten ihre Geheimnisse wirklich gut. Deswegen schicke ich so viele Jonin mit. Ich hätte auch gerne noch Kurenai als Gen-Jutsu-Spezialistin mitgeschickt, doch sie ist noch unterwegs. Seid also vorsichtig. Lasst euch am besten erst einmal nicht anmerken, dass ihr Konoha-Nins seid und versucht zuerst verdeckt Informationen zu sammeln. Falls sie meine Schreiben bekommen und darauf nicht sehr positiv reagiert haben, sollte das wohl sicherer für euch sein. Gai, du wirst das Team leiten. Viel Erfolg!“

 

Mit diesen Worten entlässt uns Tsunade aus ihrem Büro. Nach einer kurzen Vorbereitungszeit, um unsere Rucksäcke zu packen, sind wir auch schon unterwegs Richtung Schlüssel-Reich.

Während Gai und Lee voller Enthusiasmus voran stürmen, bleibe ich weiter hinten, um Tenten und Neji besser kennen zu lernen.

 

„Sind die beiden immer so voller Vorfreude, wenn sie eine neue Mission bekommen?“, frage ich, um ein Gespräch zu beginnen. Neji schließt die Augen und nickt wortlos, beschämt davon, mit ihnen ein Team zu bilden.

 

„Ja, so sind sie eben!“, bestätigte Tenten seine Geste.

 

„Nichtsdestotrotz ist auf sie immer Verlass, wenn es hart auf hart kommt“, versucht sie, die beiden in ein besseres Licht zu stellen. Ich lächle.

 

„Das glaube ich dir!“, sage ich durchaus ehrlich gemeint.

 

„Und?“, Tenten sieht mich erwartungsvoll an. „Bist du jetzt die Freundin von Sensei Gai oder nicht?“

Ich sehe sie mit Entsetzen an.

 

„Natürlich nicht! Ich meine, er ist bestimmt sehr nett, aber er ist einfach nicht mein Typ. Und diese ständigen Geschenke und netten Worte und wie er sich um mich bemüht… das finde ich eher unangenehm als reizend. Auch wenn ich natürlich weiß, dass er es nur lieb meint.“

 

„Ja“, seufzt Tenten, „unser Sensei kann sehr aufbrausend sein. Mit der Art muss man klar kommen.“

Sie macht eine kurze Pause, bevor sie ihre Neugier wieder überwältigt.

 

„Und was ist mit Sensei Kakashi?“ Ich schlucke.

 

„W-Was soll mit ihm sein?“, versuche ich, ihrer Frage auszuweichen.

 

„Naja, du unternimmst doch viel mit ihm, seit du hier bist, oder? Magst du ihn?“

 

Ich überlege kurz und sehe dabei zum Himmel und den vorbeihuschenden Baumkronen.

 

„Natürlich mag ich ihn“, antworte ich ehrlich.

 

„Ich mag ihn genauso wie euren Sensei Gai“, lüge ich. Tenten sieht mich zweifelnd an.

 

„Nun gut. Er ist nicht ganz so anstrengend wie Gai! Aber wir sind wirklich nur Freunde!“, versichere ich ihr. Ich muss an heute Morgen denken. Und plötzlich bin ich mir nicht mehr sicher, ob das noch der Wahrheit entspricht. Für ihn vermutlich schon. Aber was ist mit mir? Entwickle ich etwa Gefühle für Kakashi? Ich versinke in meinen Gedanken.

 

„HEY! Nicht schlapp machen da hinten! Wir haben noch einen weiten Weg, also legt mal ein bisschen zu!“, brüllt Gai uns zu und reißt uns damit aus diesem peinlichen Gesprächsthema. Ich werfe Tenten noch einen entschuldigenden Blick zu und geselle mich nach vorne zu Gai und Lee. Und diesmal bin nicht ich es, die sich um ein Gespräch bemüht.

 

„Alles gut bei dir?“, fragt mich Gai mit einem fürsorglichen Ton. Er hat mein nachdenkliches Gesicht bemerkt und sieht mich besorgt an. Ich atme einmal tief durch und lächle ihn dann an.

 

„Ja, alles in Ordnung!“, antworte ich.

„Und ich freue mich richtig auf diese Mission!“, ergänze ich.

 

„Das freut mich zu hören!“, sagt Gai und zeigt mit dem Daumen nach oben.

 

„Und wir freuen uns, dass du uns auf dieser Mission begleitest!“, sagt Lee und zeigt ebenfalls mit dem Daumen nach oben. Bemerkenswert mit welcher Ausdauer dieser Junge seinem Sensei nacheifert, denke ich und grinse Lee schief an.

 

Die weitere Reise zu unserem Zielort verläuft weiterhin fröhlich mit vereinzeltem Small-Talk. Doch kurz bevor wir das Schlüssel-Reich erreichen, zeigt Gai unserer Gruppe an anzuhalten.

 

„Wir sind jetzt fast da. Erinnert ihr euch noch an das, was Tsunade gesagt hat?“, fragt Gai.

 

„Sie meinen, dass wir erst einmal verdeckt ermitteln sollen?“, antwortet der sonst eher schweigsame Neji.

 

„Exakt!“ Gai nimmt seinen Rucksack von seinem Rücken.

 

„Deswegen werden wir jetzt alle unsere Stirnbänder in unsere Taschen packen und uns andere Sachen anziehen, damit wir wie Touristen aussehen.“

 

Gesagt – getan. Nach kurzer Zeit kommen wir umgezogen wieder aus unseren Büschen gekrochen. Als gewöhnliche Touristen überqueren wir gemeinsam, jedoch deutlich langsamer als zuvor die Grenzen des Schlüssel-Reiches.

 

Und Action!

Wir stehen vor den Toren von Joumae no Sato – dem versteckten Dorf des Schlüssel-Reiches. So wie damals, als ich nach Konoha kam, stehen mir und meinen Teamkollegen auch hier Wachen im Weg. Nur sehen diese hier weitaus hartnäckiger aus.

 

„Halt! Wer seid ihr und was wollt ihr hier?“, ruft einer der Wachen, als wir uns dem Tor nähern.

 

„Wir sind Touristen und wollen uns das Dorf ansehen“, erklärt Gai.

 

Die Wachen sehen sich kurz gegenseitig an, bevor sie antworten.

 

„Hier sind keine Touristen willkommen.“

 

„Bitte“, fange ich an zu flehen. „Wir sind so weit gelaufen! Sehen Sie denn nicht, dass unsere Kinder völlig erschöpft sind?“ Ich deute auf Neji, Lee und Tenten.

 

Die Männer am Tor heben gleichzeitig verdutzt eine Augenbraue.

 

„Ihre Kinder? Wollen Sie damit sagen, dass SIE beide zusammen sind?“, fragen sie ungläubig als sie abwechselnd zu Gai und zu mir sehen. Die Gelegenheit lässt sich Gai natürlich nicht entgehen, steigt in das Schauspiel ein und legt prompt einen Arm um mich.

 

„Ja, das ist richtig! Das hier ist meine wunderbare Frau! Und das sind unsere wunderbaren Kinder!“, stellt Gai unsere Gruppe vor.

 

Die Wachen mustern uns alle noch einmal gründlich.

 

„Nun gut. Dass DIESER Junge da von Ihnen abstammt ist eindeutig!“ Die Wache zeigt mit dem Finger auf Lee.

„Das Mädchen lasse ich mir vielleicht auch noch eingehen… Aber was ist mit dem Jungen da? Wieso hat er so weiße Augen?“, fragt die Wache misstrauisch nach. Gai kommt ins Stocken.

 

„Neji? Nun, ähm, Neji ist… ist…“, stottert er.

 

„Ist blind!“, ergänze ich schnell. „Ja, unser armer erstgeborener Sohn. Mein armer Liebling ist blind zur Welt gekommen.“

Ich löse mich aus Gais Arm, um Neji wie eine fürsorgliche Mutter zu umarmen. Neji reagiert schnell und spielt das Szenario mit, als wäre es eingeübt. Er blickt ins Leere.

 

„Ach, es tut mir ja so leid, mein Spatz!“, schauspielere ich.

 

„Schon gut…. Mutter…“, sagt Neji und legt mir eine Hand auf die Schulter. Es ist deutlich spürbar, dass ihm diese Situation äußerst unangenehm ist, weswegen ich ihn schnell wieder aus der Umarmung frei gebe.

 

Einer der Wachmänner tritt näher an Neji heran und wedelt mit der Hand vor seinen Augen herum.

 

„So! Du bist also wirklich blind, ja?“, er klingt immer noch sehr skeptisch, doch Neji lässt sich nichts anmerken.

 

Der Mann geht nun langsam an Lee und Tenten vorbei und beäugt auch diese sehr genau bis er schließlich vor Gai Halt macht. Er mustert sein Gesicht. Beim genaueren Betrachten seiner Augenbrauen muss dieser schlucken.

 

„Ich kann trotzdem nicht glauben, dass Sie beide zusammen sind und auch noch drei Kinder haben! Die Frau ist viel zu hübsch für so einen! Haben Sie irgendwelche Beweise dafür? Haben Sie Ihre Ausweise dabei?“, hakt die Wache nach. Oje! Wenn sie unsere Ausweise sehen, sehen sie, dass wir Ninja aus Konoha sind, schießt es mir durch den Kopf.

 

Diesmal ist es Gai, der schnell reagiert und nun auf mich zu getänzelt kommt.

 

„Ist unsere Liebe denn nicht Beweis genug?“

 

Ehe ich mich versah, nimmt mich Gai in den Arm, beugt mich nach hinten und legt seine Lippen zärtlich auf meine. Nach einem kurzen Moment der Schockstarre, reagiert mein Verstand und ich spiele auch diese Szene gezwungenermaßen mit, indem ich den Kuss widerwillig erwidere und meine Arme um Gais Nacken lege. Na warte Gai, das wirst du mir büßen, denke ich. Ich spüre alle Blicke auf uns ruhen. Die von Lee und Tenten, die der Wachmänner und sogar die des scheinbar blinden Nejis. Der Kuss dauert eine gefühlte Ewigkeit. War ja klar, dass Gai diese Situation schamlos ausnutzt und auch ganz offensichtlich mehr als nur genießt, denke ich. Um es nicht zu übertreiben, lässt er schließlich von mir ab und blickt mir noch kurz tief und verliebt in die Augen, als ich diese langsam wieder öffne. Er holt mich wieder hoch und dreht sich zu den inzwischen nicht mehr nur verdutzt, sondern entsetzt dreinsehenden Wachen, während er weiterhin meine Hand hält. Ich versuche ein Lächeln aufzusetzen, doch so ganz will es mir nicht gelingen. Mein Herz pocht immer noch vor Schock.

 

„Doch... Ich glaube, das war Beweis genug…“, bringt eine Wache heraus. Man konnte jedoch deutlich hören, dass er bemüht war, dabei seinen Würgereflex zu unterdrücken. Auch ich muss mich zusammenreißen nicht auszuspucken und das Bedürfnis nach einer Mundspülung verdrängen.

 

Die beiden gewähren uns schließlich Eintritt und wir durchschreiten das Tor. Mit neugierigen Blicken sehen wir uns um. Die Menschen, denen wir auf der Straße begegnen, sehen uns misstrauisch an, drücken ihre Kinder fest an sich und drängen sich auf die andere Straßenseite. Noch immer denke ich an den spontanen Kuss von Gai. Auch Tenten sieht deshalb ab und zu noch besorgt und mitfühlend zu mir herüber, während sie sich umsieht. Lee sieht ebenfalls öfter zu Gai und mir anstatt sich auf seine Umgebung zu konzentrieren. Allerdings liegt in seinem Blick eher Freude und Begeisterung.

 

„Fremde werden hier wohl nicht gerne und auch nicht allzu oft gesehen“, sagt Tenten und bringt mich so ins Hier und Jetzt zurück. Neji hat in der Zwischenzeit sein Byakugan aktiviert, um nach Hinweisen für unsere Mission zu suchen, ohne sich dabei umsehen zu müssen. Gai hat mich auf der Reise ausführlich über das Byakugan des Hyuuga-Clans unterrichtet. Dadurch kann Neji auch innerhalb der Stadtmauern seine Tarnung als blinder Junge aufrechterhalten. Beim Durchqueren der engen Gassen halten wir Ausschau nach wichtig aussehenden Gebäuden, in denen sich das Oberhaupt des Schlüssel-Reiches befinden könnte. Obwohl das Dorf nicht so groß ist wie Konoha, ist es nicht einfach hier etwas zu finden. Als wir das Zentrum von Joumae no Sato erreichen, wird Nejis Aufmerksamkeit erweckt: Ein großes Gebäude mit einem hübschen Garten, das so aussieht, als würden dort sehr vornehme Leute leben. Jetzt können auch Gai und ich wahrnehmen, weshalb Neji gerade diesem Haus so viel Aufmerksamkeit schenkt. Wir spüren eine große Anhäufung von Chakra hinter diesen Wänden aus Holz. Selbst Lee und Tenten, die kein besonderes Gespür für starke Chakren haben, können spüren, dass hier etwas nicht stimmt.

 

„Spürt ihr das auch? Was ist das?“, fragt Lee verunsichert.

 

„Ja. Ich weiß es nicht so genau. Aber wir werden das herausfinden. Mir nach!“, antwortet Gai und will schon auf das Gebäude losmarschieren als ich ihn noch zurückhalten kann.

 

„Ganz langsam, Gai. Hast du dich schon einmal umgesehen?“, frage ich ihn und zeige mit dem Finger auf das noch entfernte Gebäude. Gai wird vorsichtiger und sieht ganz genau hin.

 

„Du meine Güte“, flüstert er, als er sieht, wie viele Ninja rund um das Gebäude Wache stehen. Ich nicke und auch Neji, der sie mit seinem Byakugan weit vor mir entdeckt hat nickt mir mit ernster Miene zu.

 

„Wir wissen weder, was das für ein Gebäude ist, noch was uns dort erwartet. Wir wissen lediglich, dass in diesem Haus eine große Menge an Chakra vorhanden ist, was darauf schließen lässt, dass sich darin äußerst starke Shinobi befinden. Und du willst da einfach reinmarschieren? Und dann? Freundlich ‚Hallo‘ sagen und mit ihnen Kuchen essen?“, frage ich leicht sarkastisch.

 

Gai denkt kurz über meinen Einwand nach.

 

„Du hast Recht. Das war unüberlegt von mir. Hast du einen Plan?“

 

Ich nehme nachdenklich mein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und überdenke die Situation.

 

„Nun…“, fange ich an, meine Gedanken in Worte zu fassen.

„Wir sollten auf jeden Fall vorsichtig sein und nicht alle fünf auf einmal dort hineinspazieren. Ich schlage vor, dass erst einmal einer die Lage peilt und sich näher am Haus umsieht. Vielleicht erfahren wir so schon etwas mehr. Neji, kannst du mit deinem Byakugan irgendetwas sehen?“

 

Er nickt.

 

„Ja, in dem Gebäude befinden sich insgesamt 13 Personen. Des Weiteren sind um das Gebäude 10 Wachen postiert. Das starke Chakra geht von zwei Personen in einem großen Raum aus – möglicherweise ein Versammlungsraum oder dergleichen. Drei weitere Personen sind ebenfalls in diesem Raum.“

 

Ich nicke ihm dankend zu. Gai überdenkt die Situation und kommt schließlich zu einem Entschluss:

„Ich denke, du hast Recht, Yuki. Es sollte einer von uns näher ran, um zu sehen, ob wir noch mehr über die zwei starken Chakren erfahren können. Und wer von uns will das machen?“ Er blickt in die Runde und sucht nach Freiwilligen.

 

„Ich mache das, Sensei Gai! Lassen Sie mich das machen!“, meldet sich Lee.

 

„Nein, ich denke, ich sollte das machen“, melde auch ich mich zu Wort. Gais Blick wandert von Lee zu mir. In seinem Gesicht kann man sehen, dass er sich mit der Entscheidung schwertut.

 

„In Iwagakure bestanden meine Missionen zum größten Teil aus Spionagemissionen! Ich denke, ich kann mich nahe genug heranschleichen, ohne bemerkt zu werden“, argumentiere ich.

 

„Na schön“, Gai nickt. „Yuki wird gehen. Aber sei vorsichtig. Wir anderen werden uns in der Zwischenzeit so unauffällig wie möglich benehmen und uns ein wenig in den Seitenstraßen verteilen, um von allen Seiten einen guten Überblick über das Haus zu haben.“

Alle stimmen dem Plan zu und gehen auf ihre Posten.

 

Ich sehe mich noch einmal gut um und analysiere die Bewegungen der Wachleute. Gleichzeitig suche ich in dem Garten um das Gebäude nach einem geeigneten Versteck, von dem ich eventuell an Informationen herankommen könnte. Dabei fällt mir die besondere Bauweise des Gebäudes auf. Es steht auf vielen einzelnen Holzpfählen etwas erhöht, sodass ein kleiner Raum zwischen dem Boden des Gebäudes und der Erde vorhanden ist. Wenn ich dort drunter komme und mich direkt unter den Raum lege, aus dem die zwei starken Chakren kommen, könnte ich auch etwas hören. Das Problem sind nur die Wachen. Das Gelände ist sehr offen. Es gibt kaum Büsche oder Bäume, an denen man in Deckung gehen könnte und die Bewegungsabläufe der Wachen sind äußerst präzise koordiniert. Ich sehe keine andere Möglichkeit, als mein Kekkei Genkai einzusetzen, auch wenn mich das jetzt schon eine große Menge Chakra kosten wird, überlege ich. Ich atme einmal tief durch und unterdrücke zunächst mein eigenes Chakra, um nicht bemerkt zu werden. Das ist eine Grundlektion der Spionagetechnik. Anschließend schließe ich meine Augen und konzentriere mich. Ich aktiviere mein Kekkei Genkai und öffne meine nun silberfarbenen Augen langsam wieder. Wie erwartet ist nun alles in der Zeit eingefroren. Die Wachen bewegen sich nicht mehr, Blätter, die vom Baum fallen stehen in der Luft, das Wasser des kleinen Wasserfalls im Garten plätschert nicht mehr und selbst der Wind hat aufgehört zu wehen. Es ist eine uralte Fähigkeit aus meinem Clan, mit seinem Kekkei Genkai die Zeit anzuhalten und sich frei in ihr zu bewegen. Doch man zahlt dafür einen hohen Preis an Chakra. Es ist nicht möglich, diese Fähigkeit lange aufrecht zu erhalten, doch für Spionagezwecke und Attentate ist sie Gold wert. Bislang habe ich niemandem von dieser Fähigkeit erzählt. Tsunade weiß nichts davon und auch in Iwagakure wusste es keiner. Ich setze diese Technik nur im Notfall ein und nur, wenn es keiner sieht. Diese Situation habe ich mal als Notfall abgestempelt. Ich wüsste keinen anderen, sicheren Weg, nahe genug ans Gebäude heranzukommen. Ich gehe nun an den Wachen vorbei und verstecke mich in dem engen Spalt unter dem Gebäude. Ich drehe mich dabei mit dem Gesicht zum Gebäudefußboden und verfluche meine weiblichen Kurven, die mir das Ganze nicht gerade einfacher machen. Als ich mich unter dem Raum mit den Ninja befinde, löse ich das Kekkei Genkai auf und die Zeit fließt weiter.

 

„Ihr seid also nicht interessiert? Das ist wirklich schade…“, höre ich eine männliche Stimme aus dem Raum über mir sagen. Es klappt. Ich kann sie hören, denke ich erleichtert darüber, das Jutsu nicht umsonst angewandt zu haben.

 

„Nein. Es tut mir leid“, sagt eine andere männliche Stimme.

 

„Überlegt es euch noch einmal gut! Schließlich steht die Sicherheit eures Dorfes und dessen Bewohner auf dem Spiel. Ihr wollt doch nicht, dass ihnen etwas passiert oder?“, sagt nun eine dritte männliche Stimme. Einen Moment lang ist es ruhig.

 

„Meister! Was sollen wir tun?“, fragt nun eine verzweifelte Frauenstimme.

 

„Nun“, beginnt besagter Meister zögerlich. „Bisher hat sich das Schlüssel-Reich aus solchen Angelegenheiten rausgehalten.“

 

„Ja, aber jetzt steht euch Akatsuki gegenüber!“, sagt eine der beiden anderen Stimmen nun etwas forscher.

 

Akatsuki?! Also geht das starke Chakra von zwei Akatsuki-Mitgliedern aus! Mein Herz fängt an zu pochen.

 

„Und natürlich ist mir die Sicherheit meiner Leute sehr wichtig. Aber das Schlüssel-Reich ist dafür bekannt, dass es niemals – unter gar keinen Umständen – Informationen, die von seinen Ninja gesammelt wurden, preisgibt! Meine Shinobi würden eher sterben, als Informationen weiterzugeben!“, erklingt nun die Stimme des Meisters erzornt.

 

„Du sturer alter Bock! Damit hast du dein Schicksal und das Schicksal deines Dorfes besiegelt!“, brüllt ihn einer der Akatsuki-Mitglieder an.

 

Oh nein, was soll ich tun? Soll ich eingreifen? Sie werden ihn töten! Meine Gedanken überschlagen sich und meine Muskeln verkrampfen. Ich muss ruhig bleiben, rede ich mir ein.

 

„Warte mal, Kakuzu!“, sagt nun der andere von Akatsuki.

 

„Was ist denn, Hidan?“, fragt Kakuzu. Es herrscht kurzes Schweigen. Es folgen Schritte.

 

Was ist da los? Was passiert da?, geht es mir im Kopf herum.

 

„Da belauscht uns jemand!“, stellt Hidan fest. Ich reiße meine Augen vor Schreck weit auf, doch bevor ich reagieren kann, durchbricht Hidan mit seiner Hand die Holzbretter, die uns kurz vorher noch trennten, packt mich am Hals und zieht mich hoch zu ihnen in den Raum. Ich kneife vor Anstrengung ein Auge zu und schnappe nach Luft. Mit aller Kraft versuche ich mich aus seinem Griff zu befreien, doch es gelingt mir nicht.

 

„Na, sieh mal einer an! Guck mal, Kakuzu! Ich hab‘ etwas Hübsches gefunden! Etwas sehr Hübsches!“ Hidan hält mich näher vor sein Gesicht und grinst mich dreckig an.

 

„Wer bist du? Gehörst du zu dem Alten hier?“, fragt mich Kakuzu. Der Großteil seines Gesichtes ist verhüllt, sodass nur seine Augen zu sehen sind. Sie sind rot mit grünen Pupillen. Kakuzu selbst ist dazu noch recht groß und trägt wie auch Hidan einen schwarzen Mantel mit roten Wolken darauf. Man hat mir bereits gesagt, dass alle Akatsuki-Mitglieder diese Mäntel tragen.

 

„Nein, das Mädchen kenne ich nicht!“, antwortet besagter Meister für mich.

 

„Also dann, wer bist du, Mädchen?“, fragt mich nun Hidan und drückt seine Hand noch fester um meinen Hals. Ich beiße die Zähne zusammen und röchle nach Luft. Ich schweige zu dieser Frage und beäuge meine Umgebung und die Personen in diesem Raum so gut, wie ich sie aus dieser Perspektive sehen kann.

Hidan trägt sein mittellanges, silbernes Haar zurückgekämmt. Auf seinem Rücken trägt er eine Sense, die er vermutlich als Waffe einsetzt. Die Frauenstimme, die ich vorhin gehört habe, gehört zu einer jungen Frau, die in etwa mein Alter zu haben scheint. Sie hat langes schlammbraunes Haar und braune Augen. Neben ihr steht ein großer, sehr muskulöser Mann mit Glatze, der bisher wohl recht schweigsam war. Die Stimme des Meisters passt jedenfalls nicht zu ihm. Den Meister selbst, kann ich nicht sehen, da er hinter mir steht.

 

„Du sollst antworten!“, brüllt mich Kakuzu an. Ich blicke ihm mit böser Miene entgegen und schweige weiter.

Ich darf mich nicht verraten, sonst verrate ich auch die anderen, denke ich nur. Ich muss mir etwas einfallen lassen. Ich habe nicht mehr genug Chakra, um mein Kekkei Genkai nochmal zu aktivieren. Selbst wenn ich das schaffen würde, würde es zu lange dauern, mich aus seinem Griff zu befreien und weit genug weg zu kommen. So lange könnte ich das Jutsu nicht mehr aufrecht halten.

 

„Du willst uns also nichts sagen, ja? Na, wenn du so viele Geheimnisse hast, wirst du wohl ein Ninja sein, richtig?“, fragt mich Hidan mit einem dreckigen Grinsen. Wieder schweige ich.

 

„Du wurdest zweifelsohne gut ausgebildet, wenn du nun immer noch schweigst. Wird Zeit die Informationen aus dir heraus zu kitzeln“, sagt Hidan und greift nach seiner Sense.

 

Reflexartig schwinge ich meinen Körper nach vorne, schlinge meine Beine um Hidans Hals und drücke ruckartig zu, sodass das Knacken in seinem Genick deutlich zu hören ist. Hidan sinkt regungslos zu Boden, während sich gleichzeitig der Griff um meinen Hals lockert und ich ebenfalls zu Boden stürze. Ich schnappe nach Luft und muss ein paar Mal stark husten. Kakuzu beobachtet das Szenario sehr gelassen, während die drei Ninja aus dem Schlüssel-Reich scharf Luft einziehen und sich kaum trauen zu atmen. Einen Moment ist es still. Ich versuche mich wieder aufzurappeln. Ich sehe zu dem regungslos daliegenden Hidan. Zufrieden mit meinem Werk werfe ich Kakuzu ein überlegenes Lächeln zu.

 

„Du solltest dich nicht zu früh freuen“, entgegnet mir dieser nur gelassen. Das Lächeln verschwindet von meinen Lippen und Verwirrung macht sich in meinem Gesicht breit. Bevor ich fragen kann, was genau er damit meint, erfahre ich die Antwort, als Hidans scheinbar toter Körper sich wieder aufrichtet. Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken, als er seinen Hals mit einem erneuten lauten Kancken in seine ursprüngliche Position richtet.

 

„Es war nicht sehr nett von dir, mich einfach so umzubringen“, sagt Hidan und wirkt dabei sehr bedrohlich. Meiner Verwirrung folgt nun Angst. Wie kann das sein? Er war tot! Wie kann er jetzt wieder lebendig sein? Von den Fragen in meinem Kopf verwirrt, kann ich keinen klaren Gedanken fassen. Hidan kommt Schritt für Schritt auf mich zu, während er erneut nach der Sense auf seinem Rücken greift. Ich bin wie gelähmt vor Angst und kann mich nicht bewegen. Was sind das für Typen? Diese Frage hallt immer wieder in meinen Gedanken nach.

 

„Wollen wir doch mal sehen, ob du auch wieder so aufstehst, wie ich“, sagt Hidan grinsend mit seiner Waffe in der Hand.

 

„STIRB!“, brüllt er und schwingt seine Sense. In Erwartung von Schmerz, schließe ich verkrampft meine Augen.

 

„Konoha Wirbelwind!“, ertönt plötzlich eine mir bekannte Stimme.

 

Verwundert darüber, dass die Schmerzen nicht eintreten, öffne ich meine Augen wieder.

 

„Gai!“, rufe ich verwundert, aber durchaus glücklich und erleichtert. Er hat Hidan offenbar mit einem gekonnten Kick entwaffnet, denn die Sense steckt tief in der Wand, am anderen Ende des Raumes. Das Mädchen aus dem Schlüssel-Reich musste sich ducken, um nicht von ihr erwischt zu werden.

 

„Geht es dir gut?“, fragt Gai nur knapp und springt mit einer Drehung über Hidan hinweg schützend vor mich. Kurz darauf folgen auch Lee, Tenten und Neji in den Raum.

 

„Ja, aber sag mal – wie seid ihr hier reingekommen? Und warum seid ihr reingekommen? Der Plan war doch anders!“ Es klingt als würde ich ihm Vorwürfe machen.

 

„Neji hat durch sein Byakugan alles gesehen und uns gesagt, dass du in Schwierigkeiten steckst. Also habe ich entschieden, den Plan über den Haufen zu werfen und wir haben die Wachen kurzerhand erledigt. Naja…“, er macht eine kurze Pause.

„Um genau zu sein, hat Lee sie alle kurzerhand erledigt!“, fügt er hinzu und grinst dabei sehr stolz.

 

Einen kurzen Moment, weiß ich nicht was ich darauf sagen soll. Immer noch auf dem Boden kniend, richte ich mich auf, um mich kampfbereit neben Gai zu stellen, sodass die beiden Akatsuki von uns umzingelt sind.

 

„Danke!“, sage ich und man hört an meiner Stimme, dass es ehrlich gemeint und aus tiefstem Herzen kommt. Ich bin erleichtert, hier nicht alleine zu stehen.

Blut und Tränen

„Schon wieder Akatsuki!“, sagt Gai und lässt Hidan und Kakuzu dabei nicht aus den Augen. Er sieht sie mit ernster Miene und höchster Konzentration an. Auch Lee, Tenten und Neji haben Kampfposition bezogen.

 

„Schon wieder?“, frage ich. „Heißt das, ihr hattet schon einmal mit Akatsuki zu tun?“

 

Gai nickt ohne mich anzusehen.

 

„Das erste Mal waren zwei von ihnen in Konoha. Ich habe sie zusammen mit Kakashi, Kurenai und Asuma aus dem Dorf vertreiben können. Allerdings hat Kakashi durch Itachi Uchihas Jutsu bei diesem Kampf viel einstecken müssen“, erklärt er.

 

Gais Worte verwundern und schockieren mich zugleich. Ich habe Kakashi zwar noch nicht kämpfen sehen, aber im ganzen Dorf erzählt man sich, was er für ein starker Shinobi ist. Ich kann nicht glauben, dass vier Jonin solche Probleme hatten zwei Akatsuki-Mitglieder zu bekämpfen. Allerdings habe ich gerade mit eigenen Augen gesehen, wie dieser Hidan von den Toten auferstanden ist. Diese Akatsuki müssen äußerst gefährliche Gegner sein. Ich schlucke.

 

„Und auf unserer letzten Mission hatten wir ebenfalls Auseinandersetzungen mit ihnen. Wir sollten den Kazekage retten, als er von Akatsuki entführt wurde“, ergänzt Gai.

 

„Ah! Jetzt weiß ich, wer du bist! Du bist dieser Taijutsu-Typ, von dem Kisame uns erzählt hat! Ihr seid also aus Konohagakure!“, mischt sich nun Hidan in unser Gespräch ein.

 

„Konohagakure?“, fragt nun der Meister des Schlüssel-Reiches. „Verstehe. Tsunade schickt euch, weil ich ihr nicht geantwortet habe, nicht wahr?“, schlussfolgert er.

 

 „Genug geplaudert“, meldet sich nun Kakuzu. „Die hier überlasse ich dir, Hidan. Ich habe keine Lust auf diesen Zirkus. Ich werde mich um den Alten kümmern!“

 

„Mit dem größten Vergnügen!“ Hidan geht in Kampfposition.

 

Sofort stellen sich die junge Frau und der große Glatzkopf Kakuzu in den Weg, um ihren Meister zu beschützen.

 

„Wie niedlich!“, sagt Kakuzu nur.

 

„Hey, Yuki!“, flüstert mir Gai zu und holt mich aus meinen Gedanken, wie wir diese Situation lösen könnten.

 

„Ja?“, frage ich noch ganz durch den Wind.

 

„Hast du schon herausgefunden, was die Typen so draufhaben?“, fragt Gai mich so leise, dass es sonst keiner hören kann.

 

„Leider nicht viel. Das Einzige, was ich weiß, ist, dass ich diesen Kerl da mit einem Genickbruch getötet habe und er einfach wieder aufgestanden ist. Ich befürchte, er ist sowas wie unverwundbar“, antworte ich genauso leise.

 

„Ein Kerl, der nicht sterben kann? Das sieht schlecht für uns aus“, spricht Gai unseren gemeinsamen Gedanken aus.

 

„Habt ihr dann genug getuschelt?“, ruft Hidan in unsere Richtung.

 

„Von mir aus kann es losgehen!“, fordert ihn Gai zum Kampf heraus.

 

Hidan grinst. „Das Ritual kann beginnen“, murmelt er.

 

Ritual? Welches Ritual, frage ich mich. Hidan startet einen Angriff und wählt mich als sein Ziel. Ich gehe in Position und mache mich bereit, den Angriff abzuwehren. Doch bevor er mir zu nahekommt, springt Gai dazwischen und katapultiert Hidan mit einem gezielten Kick durch die hölzerne Wand.

 

„Danke, aber das wäre nicht nötig gewesen“, sage ich.

 

„Doch“, entgegnet mir Gai. „Denn ich habe mir selbst geschworen, dich immer zu beschützen!“

 

Er grinst mich über seine Schulter an. Ich bin wie gelähmt. Ich weiß nicht, was ich sagen soll und bin verwirrt. Er will mich beschützen? Er meint das wirklich ernst. So etwas Nettes hat noch nie jemand für mich getan oder gesagt. Mein Herz fängt an zu pochen und ein Kloß bildet sich in meinem Hals.

 

„A-Aber, Gai…“, bringe ich nur stotternd heraus. Er grinst mich noch breiter an und wendet sich danach wieder dem Kampf zu.

 

Seine Finger knacken, als er eine Faust bildet. Hidan rappelt sich wieder auf und räumt ein paar zertrümmerte Holzbretter von seinem Schoß. Unglücklicherweise ist er direkt neben seiner Sense gelandet, die zuvor noch in der Wand gesteckt hat. Er hebt sie auf und lächelt dabei diabolisch.

 

„Lee!“, ruft Gai.

 

„Jawohl!“, ruft Lee und startet einen blitzschnellen Angriff mit einem weiteren Konoha Wirbelwind. Er trifft Hidan in die Magengrube.

 

„Tenten!“, ruft Gai.

 

„Ja!“, nimmt auch sie den Befehl entgegen und springt hoch in die Luft. Sie öffnet die große Schriftrolle, die sie immer bei sich trägt und beschwört aus dieser ein ganzes Arsenal an Waffen, die punktgenau auf Hidan abregnen. Jede einzelne trifft ihr Ziel. Blutüberströmt steht Hidan da. Einen Moment lang ist es still.

 

„Ha…“, stößt Hidan leise aus. „Ha... Ha… Ha…“, hört man immer wieder.

 

„HAHAHAHA!“ Hidan lacht. Er lacht uns aus.

 

„Glaubt ihr wirklich, damit könntet ihr mich besiegen?“, prustet er. Er beginnt die Waffen einzeln aus seinem Körper zu ziehen. Er leckt sein eigenes Blut vom letzten Kunai, das er herauszieht, bevor er es fallen lässt.

 

„Jetzt bin ich dran!“, leitet er seinen Angriff ein. Er rennt auf Tenten zu, die starr vor Schreck ist und nicht mehr rechtzeitig ausweichen kann. Mein Körper reagiert glücklicherweise wieder einmal schneller als mein Verstand. Ich sprinte los und stoße Tenten zur Seite bevor Hidans Sense sie erwischt. Wir fallen beide seitlich zu Boden.

 

„D-Danke!“, sagt sie, erlöst von ihrer Schockstarre. Ich nicke ihr aufmunternd zu.

Blut läuft mir von der Wange. Er hat mir mit seiner Sense einen leichten Kratzer verpasst. Als Hidan meinen Schnitt an der Wange sieht, fängt er an böse zu lachen.

 

„Perfekt!“, sagt er nur.

 

Verwendet er Gift?, schießt es mir durch den Kopf. Sofort fange ich an, mich mit einem medizinischen Jutsu zu untersuchen. Nein, vergiftet bin ich nicht. Aber wieso lacht er dann so überlegen? Ich befürchte nichts Gutes. Während ich mich untersucht habe, habe ich nicht bemerkt, dass er bereits einen roten Kreis mit einem Dreieck um sich herum auf den Boden gemalt hat.

 

„Was wird das?“, fragt Neji.

 

Bevor Hidan antworten kann, beginnt sich sein Körper zu verändern. Seine Haut wird plötzlich pechschwarz. Auf ihr sind weiße Linien zu sehen, die ein Skelett abzeichnen. Er sieht aus, wie aus einem Horrorfilm, denke ich und mir läuft es eiskalt den Rücken herunter.

 

„Das ist das Jashin-Ritual“, antwortet Hidan auf Nejis Frage.

 

„Jashin-Ritual? Was soll das sein?“, fragt Gai.

 

„Tse“, stößt Hidan aus. „Ungläubige! Ich werde euch alle noch meinem Gott opfern!“

 

Er nimmt eines von Tentens Kunais vom Boden und rammt es sich ohne Vorwarnung in den Bauch. Bevor ich realisiere, was gerade passiert ist, schreie ich vor Schmerz auf. Blut spritzt mir aus meinem Bauch, an genau der Stelle, an der auch Hidan sich selbst verletzt hat. Ich drücke mir auf die Wunde, um nicht zu viel Blut zu verlieren. Ich atme schwer und huste Blut, welches mir auch aus dem Mund läuft. Hidan lächelt mir böse zu.

 

„Was – Was ist das? Was hast du mit mir gemacht?“ Es fällt mir schwer zu reden.

 

„Ganz einfach. Du wirst als Erste geopfert! Ich habe dein Blut mit meiner Sense aufgenommen. Das war alles, was ich tun musste, um das Ritual vorzubereiten. Jetzt passiert dir alles, was ich mir selbst auch antue. Nur mit dem Unterschied, dass ich nicht sterben kann!“ Hidan fängt an zu lachen.

 

„Aber keine Angst. Ich werde dich nicht gleich umbringen. So macht das doch gar keinen Spaß! Ich werde dich leiden lassen“, fügt er hinzu.

 

„Was sagst du da?“, brüllt Gai wutentbrannt. „Das heißt… Wenn wir dich angreifen, spürt auch Yuki unsere Angriffe?“

 

„Gut erkannt!“, antwortet Hidan.

 

Ich fange an, meine Wunde soweit zu heilen, damit ich daran nicht verblute. Ich versuche mich wieder zu beruhigen, um klar denken zu können. Er ist also eine menschliche Voodoo-Puppe, schlussfolgere ich. Sobald er sich selbst verletzt oder wir ihn angreifen, wird alles auch auf mich übertragen. Gai knirscht vor Zorn mit den Zähnen und ballt seine Fäuste. Er sieht verzweifelt aus. Auch die anderen drei stehen wie angewurzelt da und trauen sich nun nicht mehr, Hidan anzugreifen. Ich schließe meine Augen und atme tief durch.

 

„Ihr müsst ihn angreifen“, sage ich entschlossen.

 

„Aber – aber das können wir nicht! Wenn wir dich angreifen, wirst du -“, widerspricht Lee.

 

„Ich weiß! Aber wenn ihr ihn nicht angreift, wird er sich selbst verletzen. Er lässt mich so oder so die Schmerzen spüren. Aber wenn ihr nichts unternehmt, werde ich sterben, ohne dass wir etwas dagegen versucht haben. Wollt ihr das?“, unterbreche ich Lees Gedanken. Er beißt sich auf die Unterlippe.

 

„Du hast Recht!“, sagt nun Gai. „Ich werde mein Möglichstes tun, Hidan zu bekämpfen und dich irgendwie aus diesem Jutsu zu befreien!“ Man sieht ihm an, dass sich Gai in seiner Sache sicher ist. Er strahlt eine gewisse Coolness aus. Ich lächle ihn an.

 

„Ok!“, stimmen alle mit fester Stimme ein und machen sich bereit zum Angriff.

 

„Du nicht, Neji!“, wende ich ein.

 

„Wieso nicht?“, fragt er nach.

 

„Wenn du ihm Chakrapunkte blockierst, werden diese auch bei mir blockiert. Wenn ich dadurch meine Jutsus nicht mehr anwenden kann, kann ich euch später nicht medizinisch versorgen“, antworte ich.

 

„Das habe ich nicht bedacht. Du hast Recht. Aber ich will nicht einfach nur rumstehen!“, Nejis Stimme bebt vor Zorn.

 

„Das musst du nicht. Versuche bitte, mit deinem Byakugan herauszufinden, wie dieses Jutsu funktioniert. Sind wir vielleicht mit Chakrafäden verbunden?“, gebe ich zu denken. Ohne weitere Worte aktiviert Neji sein Kekkei Genkai.

 

„Nein, Chakrafäden sind nicht zu sehen“, antwortet er und bemüht sich das Jutsu weiterhin zu studieren.

Ich hole noch einmal tief Luft.

 

„Ok, ich bin bereit!“ Kaum habe ich diese Worte ausgesprochen, starten Gai, Lee und Tenten gemeinsam einen Angriff. Ich kneife meine Augen zu und warte auf die Schmerzen des Angriffes, die auch gleich danach eintreten. Ich schreie auf, als Lees Tritt genau die bereits verwundete Stelle an Hidans und meinem Bauch trifft. Ich spucke Blut.

 

„Oje, das tut mir leid! Das wollte ich nicht!“, entschuldigt er sich und bemerkt dabei nicht, dass Hidan seine Unsicherheit sofort ausnutzt und ihm einen Schlag ins Gesicht verpasst. Lee landet mit seinem Rücken auf dem Boden. Hidan bemerkt dabei nicht, dass Gai schnell reagiert und Hidan nun einen Schlag auf die Brust verpasst. Ich schnappe nach Luft. In Gais Schlag steckt richtig viel Kraft, denke ich. Hidan kommt ins Taumeln und tritt zwei Schritte zurück. Gai setzt nach und zielt mit seinem Tritt auf Hidans Unterkiefer. Bereit für den Schmerz kneife ich meine Augen zusammen. Doch der Schmerz kommt nicht. Verwundert öffne ich meine Augen wieder und sehe wie Gai Hidan mit mehreren Tritten immer weiter in die Luft befördert. Doch die Schmerzen treten immer noch nicht ein. Verwirrt begutachte ich meinen Körper und versuche herauszufinden, woran das liegt. Ein prüfender Blick in Nejis Richtung sagt mir, dass er noch immer angestrengt den Kampf mit seinem Byakugan verfolgt und noch nicht herausgefunden hat, wie das Jutsu funktioniert.

 

„Der Lotus“, sagt Lee und sieht seinen Sensei voller Stolz an. Gai hat Hidan inzwischen in der Luft von hinten geschnappt. In Sekundenschnelle wirbeln beide kopfüber wieder zu Boden. Hidan landet mit dem Kopf voran im Holzboden des Gebäudes, während Gai noch rechtzeitig reagiert hat und unverletzt auf seinen Füßen landet. Noch immer verwirrt, beobachte ich das Geschehen und suche nach einem Grund, der das Jutsu von Hidan unterbrochen haben könnte. Dabei bleibt mein Blick an dem roten Kreis auf dem Boden hängen, in dem Hidan zuvor noch stand. Das ist es, schießt es mir durch den Kopf!

 

„Neji!“, rufe ich.

„Es ist der Kreis! Solang er nicht drinsteht, wirkt sein Jutsu nicht! Greif ihn an! Jetzt!“, fordere ich ihn auf.

 

Neji reagiert schneller als ich sehen kann. Blitzschnell steht er plötzlich vor Hidan, der versucht sich wieder aufzurappeln. Doch bevor dieser reagieren kann, stößt Neji zu und blockiert ein paar von Hidans Chakrapunkten. Er spuckt Blut.

 

„Rotation!“, ruft Neji und wendet sein persönliches Jutsu an. Dabei dreht er sich und schlägt so schnell zu, dass ein Wirbel entsteht, der gleichzeitig als Attacke sowie als Schutzschild wirkt. Hidan wird durch die Schläge und die hohe Geschwindigkeit davon geschleudert und landet mitten in Kakuzus Kampf. Die Ninja aus dem Schlüssel-Reich wirken schon völlig erschöpft, während Kakuzu so aussieht, als hätte er noch gar nicht richtig angefangen.

 

„Hast du Probleme, Hidan?“, fragt Kakuzu höhnisch.

 

Hidan lässt einen Wutschrei ertönen und springt auf die Beine. Kakuzu dreht sich in unsere Richtung um.

 

„Die hier sind schon am Ende“, sagt Kakuzu und zeigt mit seinem Kinn in die Richtung der Shlüsselreich-Nins.

 

„Ich werde dir mal mit denen helfen.“ Er wendet sich uns zu.

 

„Quatsch! Ich brauche keine Hilfe!“, brüllt Hidan wie ein bockiges Kind. Doch Kakuzu ignoriert ihn einfach und schreitet auf uns zu. Ich gehe in Angriffsposition und konzentriere mich auf Kakuzus Bewegungen. Bevor ich diese analysieren kann tritt Neji vor mich.

 

„Du solltest dich jetzt ausruhen, Yuki!“, sagt dieser mit eisernem Blick auf die zwei Akatsukis.

 

„Was? Wieso sollte ich?“, entgegne ich empört.

 

„Ganz einfach! Du bist unser einziger Iryonin und wenn du noch mehr Chakra verbrauchst oder noch stärker verletzt wirst, kannst du uns später nicht mehr helfen.“ Seine Stimme klingt genauso rational und monoton wie immer.

 

Ich beiße die Zähne zusammen, als mir klar wird, dass er Recht hat. Ich hasse es, wenn ich nicht mithelfen kann. Und wenn jemand meine eigenen Argumente gegen mich benutzt.

 

„Du hast Recht…“, gebe ich widerwillig zu und versuche meinen Ärger hinunterzuschlucken.

 

Gai gesellt sich neben Neji.

 

„Lee, Tenten!“, ertönt Gais laute Stimme.

 

„Ja?“, antworten die beiden im Chor.

 

„Ihr passt darauf auf, dass Yuki nichts passiert. Neji – könntest du diesen Hidan übernehmen? Ich glaube, du bist der einzige, der etwas gegen ihn ausrichten kann.“

 

„Ist gut“, antwortet dieser mit einem Nicken, während sich Lee und Tenten bereits an meinen Flanken postieren.

 

Gai grinst in sich hinein. „Gut! Und ich übernehme den hier!“ Gais Grinsen verschwindet von seinem Gesicht, als er Kakuzu ins Visier nimmt.

 

Einen Moment lang ist es still im Raum. Ohne Vorwarnung greift Hidan wieder an. Neji reagiert schnell und blockt seine Angriffe gekonnt. Gai könnte Recht haben mit dem, was er gesagt hat. Neji ist vermutlich wirklich der einzige, der etwas gegen ihn unternehmen kann. Er darf sich nur nicht von der Sense treffen lassen. Meine Gedanken springen im Dreieck. Sobald ich nicht mehr selbst kämpfe, fange ich an, mir über alles Gedanken zu machen. Es nervt mich, nur nutzlos herumzustehen und zusehen zu müssen.

 

Mit einem lauten Schrei greift nun auch Gai seinen Gegner an und lenkt meine Aufmerksamkeit nun auf diesen Kampf. Es ist typisch für Gai mit Taijutsu anzugreifen, doch es scheint, als sei es ein Einfaches für Kakuzu, seine Angriffe abzublocken und Gegenangriffe zu starten. Sie leisten sich einen Taijutsukampf auf höchstem Niveau und die Angriffe erfolgen so schnell, dass es selbst mir schwerfällt, dem Kampf zu folgen. Es scheint eine kleine Ewigkeit zu dauern, bis sie den Kampf kurz unterbrechen, um sich eine neue Strategie auszudenken. Schweißtropfen laufen über Gais Gesicht und perlen an seinem Kinn von ihm ab. Er atmet schnell vor Anstrengung. Für einen kurzen Moment schließt er seine Augen, um sich zu konzentrieren. Als er sie wieder öffnet, ist sein Blick voller Entschlossenheit. Er scheint eine Idee zu haben. Er beäugt sein Gegenüber, um kurz darauf erneut seine Augen zu schließen.

 

„Was macht er da?“, frage ich an Lee gewandt. Dieser schweigt und beobachtet seinen Sensei genau. Ich tue es ihm gleich.

 

Ich kann spüren, wie sich eine gewaltige Menge an Chakra um Gai sammelt und sich seine großen Augenbrauen vor Anstrengung zusammenziehen.

 

„Was – Was passiert da?“, frage ich nochmal. Lees Blick wird ernst.

 

„Er öffnet die inneren Tore!“, antwortet er.

 

Tentens Aufmerksamkeit wird durch Lees Worte von Nejis Kampf weggerissen.

„Er tut was?“, spricht sie meine Gedanken aus.

 

„Er ist bereits beim 5. Tor! Wenn er weitere Tore öffnet wird es für ihn sehr gefährlich!“ In Lees Stimme schwingt Sorge mit.

 

Ein weiterer Blick in Gais Richtung zeigt mir, dass sich seine Hautfarbe bereits in ein Rot-Braun geändert hat und sein Gesicht von Schmerzen verzerrt ist.

Plötzlich lässt Gai ein lautes Kampfgebrüll ertönen und startet seinen Angriff. Ich schrecke auf, blinzle ein paar Mal. Doch Gai ist so schnell, dass ich ihn nicht mehr sehen kann. Man spürt nur noch den Wind, wenn er an einem vorbeirennt und die Druckwellen, die bei seinen Schlägen entstehen. So habe ich ihn noch nie gesehen. Er ist unglaublich stark. Mit weit offenem Mund stehe ich da und sehe nur noch Kakuzus schmerzerfülltes Gesicht, der gerade nicht weiß, wie ihm geschieht.

 

Diesmal ist es Nejis Schrei, der mich von dem Spektakel ablenkt. Hidan hat ihn erwischt. Er hat Neji mit seiner Sense an der Seite getroffen. Die scharfen Klingen stecken tief in Nejis Körper.

 

„Neji!“, schreit Tenten auf und stürmt los, um Hidan von ihm zu vertreiben.

 

Zur gleichen Zeit stürzt auch Gai mit einem Stöhnen zu Boden. Offensichtlich hat Kakuzu es geschafft, seine Bewegungsabläufe zu identifizieren und einen Gegenschlag zu landen. Durch das Öffnen seiner inneren Tore ist Gai körperlich völlig am Ende.

 

„Sensei Gai!“, ruft Lee und läuft besorgt zu seinem am Boden liegenden Sensei.

 

Was mache ich bloß? Ich kann nicht beiden gleichzeitig helfen, verzweifle ich. Ich blicke abwechselnd zu meinen verwundeten Kameraden und versuche nachzudenken. Nur war ich dadurch eine Sekunde zu lange abgelenkt, denn Kakuzu springt bereits auf mich zu, um mich anzugreifen. Ich kann nicht mehr rechtzeitig reagieren. Ich ziehe meine Arme nach oben, um mein Gesicht vor seinem Kunai zu schützen und falle vor Schwung nach hinten um. Doch Kakuzu erreicht mich nicht. Plötzlich steht Gai vor mir, blutend, mit Kakuzus Kunai in seinem Arm.

 

„G-Gai!“ Ich versuche meinen Kloß im Hals herunterzuschlucken.

 

„Bist du in Ordnung?“, fragt er ohne sich umzudrehen.

 

Es dauert eine halbe Ewigkeit, bis ich ein einfaches „J-Ja!“ herausgewürgt bekomme. Das Blut tropft von seinem Arm auf den Boden. Mir steigen Tränen in die Augen. Er ist verletzt! Meinetwegen!

 

„Hör auf zu weinen. Ich kann es nicht sehen, wenn ein Mädchen weint. Außerdem gibt es dafür doch keinen Grund!“ Seine Stimme klingt so zart, als könne er etwas kaputt machen, wenn er es wagt, lauter zu sprechen.

 

„Aber, du bist meinetwegen verletzt“, entgegne ich.

 

„Ich habe es dir doch schon einmal gesagt! Ich werde dich mit meinem Leben beschützen!“

 

Um nicht laut los zu weinen, drücke ich meine Hand auf meinen Mund. Ich kann meine Tränen jedoch nicht länger zurückhalten, die mir über meine Wangen rinnen. Seine Worte… Seine Worte haben mein Herz getroffen. So als wäre es lange Zeit tot gewesen. Und nun schlägt es wieder. Ich versuche mir, die nicht enden wollenden Tränen vom Gesicht zu wischen, um ihm im Kampf beiseite zu stehen.

 

Doch ohne, dass ich es bemerkt habe, ist der Kampf schon wieder im Gange und er scheint sogar noch stärker zu sein, als zuvor. Hat er etwa noch ein Tor geöffnet? 

 

„ARGH!“, stöhnt Tenten auf, die nun ebenfalls verletzt ist. Die beiden, scheinen meine Hilfe dringender zu benötigen. Ich atme kurz tief durch, um mich wieder voll und ganz konzentrieren zu können. Offensichtlich hat Neji es geschafft, Hidans Chakra soweit zu blockieren, dass er zumindest sein Ritual nicht mehr durchführen kann. Nichtsdestotrotz bleibt Hidan ein gefährlicher, unsterblicher Gegner.

 

Denk nach, Yuki, denk nach! Wie kann man ihn besiegen? Wie ein Blitz zuckt es durch meinen Kopf, als mir eine Idee kommt. Noch liegt Hidans Aufmerksamkeit bei Tenten und Neji. Gut, er rechnet noch nicht damit, dass ich eingreife. Ich forme Fingerzeichen und wende ein Jutsu an, mit dessen Hilfe ich jegliches Wasser aus der Luft ziehen kann. Dieses Wasser dient mir als Grundlage für mein nächstes Jutsu. Mit prüfenden Blicken sehe ich zu den Kämpfenden und wende dann mein nächstes Jutsu auf das nun vorhandene Wasser an. Mithilfe eines Eisjutsus forme ich daraus ein scharfkantiges Schwert. Es wäre vermutlich einfacher gewesen, wenn Tenten mir eines heraufbeschworen hätte, aber dann hätte ich Hidans Aufmerksamkeit auf mich gelenkt. Ich ergreife das Schwert. Blitzschnell renne ich damit auf Hidan zu, sodass er nicht mehr schnell genug ausweichen kann und schneide ihm mit dem Eisschwert seinen rechten Arm ab. Noch bevor dieser zusammen mit der Sense, die er in seiner rechten Hand geführt hat, auf dem Boden ankommt, drehe ich mich in der Luft und schneide ihm mit einer gekonnten Bewegung auch den Linken ab. Keuchend lande ich neben meinen verwundeten Kameraden. Seine Arme liegen neben Hidan auf dem Boden. Blut strömt aus seinen Wunden. Nach einem Augenblick des Schocks fängt Hidan jämmerlich an zu schreien.

 

„MEINE ARME! Was hast du getan, du miese…“, ihm fällt kein passendes Wort für mich ein.

 

„Ich kann keine Jutsus mehr ausführen! Kakuzu! Wir müssen uns zurückziehen!“, brüllt er seinem Partner zu.

 

Dieser schaut ihn wütend an, weicht Gais nächstem Angriff jedoch aus und kommt Hidan zu Hilfe.

 

„Du musst mich zusammenflicken, Kakuzu! Nimm bloß meine Arme mit!“, keift er seinen Partner an.

 

„Das wird ein Nachspiel haben! DAS VERSPRECHE ICH EUCH!“, brüllt er uns noch entgegen, bevor Kakuzu sich Hidans Körperanhängsel samt Sense schnappt, seine Hand auf Hidans Schultern legt und die beiden in einer Rauchwolke verschwinden. Verdutzt blicken wir alle noch einen Moment auf die Stelle, an der gerade noch unsere Gegner standen. Danach fallen Gai und Neji gleichzeitig vor Erschöpfung zu Boden.

 

Sofort beginne ich die Wundversorgung bei Neji, damit er nicht verblutet. Außer der Wunde und einem großen Chakraverbrauch fehlt ihm glücklicherweise nichts. Als ich mir Tentens Schnitt ansehen will, winkt diese nur dankend ab und wickelt sich selbst einen Verband um ihren Arm. Es scheint auf den ersten Blick auch nicht sehr schlimm zu sein, weswegen ich mich dem bewusstlosen Gai widme. Lee kniet mit besorgter Miene und Tränen in den Augen neben ihm.

 

„Wird er sterben?“, schluchzt er.

 

Ich schenke ihm ein aufmunterndes Grinsen.

Ich beginne, Gais Körper abzuscannen. Ich bin schockiert, über das, was meine Hände sehen. Er muss im Kampf alle Muskeln im Körper gleichzeitig strapaziert haben, um derartige Auswirkungen zu erzielen. Würde ich Gai nicht kennen, würde ich sagen, er ist ein körperliches Wrack.

 

„Lee“, frage ich zögernd. „Wie viele Tore hat er letztendlich geöffnet?“ Meine Stimme klingt sehr ernst.

Lee schluckt.

 

„6“, antwortet dieser. Nun bin ich diejenige, die schlucken muss.

 

„Ist es sehr schlimm?“, Lees Gesicht ist tränenüberlaufen. Ich will ihn nicht anlügen und nicke.

 

„OH NEIIIIIN! Sensei Gaaaaiiiiii!“ Lee wirft sich wie eine trauernde Geliebte über Gais Körper.

 

„Lee! Geh beiseite, so kann ich ihn nicht behandeln!“, tadle ich ihn.

 

„NEIN! Ich werde ihn nicht verlassen! Ich werde…“, schluchzt er.

 

„LEE!“, brülle ich und verpasse ihm eine Kopfnuss.

 

„Er wird nicht sterben! Jedenfalls nicht, wenn du mich nicht bei der Arbeit störst!“

 

„Oh… tut mir leid, Sensei Yuki!“, sagt Lee und kniet sich wieder brav neben Gai.

 

Sensei Yuki? Hat er mich tatsächlich so genannt? Ich schüttle kurz meinen Kopf, um mich auf die Behandlung zu konzentrieren. Ich heile die Zellen in Gais Körper, die durch den zu hohen Chakrafluss zerstört wurden, als er zu viele innere Tore geöffnet hat. Anschließend übertrage ich ein wenig meines Chakras auf ihn, damit sein Körper sich schneller erholen kann. Die Behandlung dauert eine gute halbe Stunde.

 

„Mehr kann ich gerade nicht für ihn tun. Den Rest muss sein Körper selbst ausstehen. Und nein, Lee, er wird nicht sterben“, beantworte ich Lees fragenden Gesichtsausdruck, woraufhin dieser erleichtert ausatmet.

 

„Er wird jedoch eine ganze Zeit lang schlafen“, füge ich hinzu und werfe Gai einen erleichterten Blick zu.

 

„Meister…“ höre ich eine Stimme hinter mir schluchzen. Ich drehe mich zu der jungen Frau um, die neben ihren verletzten Kameraden kniet. Der Meister liegt regungslos auf dem Boden und der große Glatzköpfige sitzt der Frau gegenüber. Er hält sich seine Brust, ist aber bei Bewusstsein.

 

Ich nähere mich vorsichtig. Sie dreht sich mit tränenüberströmten Gesicht zu mir um.

 

„Hilf ihm… bitte!“, schluchzt sie. Ich sehe ich mitfühlend an und nicke. Sofort mache ich mich an die Arbeit. Angespannt sieht sie mir dabei zu und achtet darauf, dass ich ihm keinen Schaden zufüge. Ich kann spüren, dass sie mir am liebsten viele Fragen gestellt hätte, doch sie hält sich zurück, um meine Konzentration nicht zu stören. Es ist ein schwieriger Eingriff, da der Meister an einer lebensbedrohlichen Stelle getroffen wurde. Schweiß tropft mir von meinem Gesicht und mir wird schummrig vor Augen. Mein Chakra ist nahezu aufgebraucht, doch wenn ich jetzt die Behandlung abbreche, wird der alte Mann sterben. Ich reiße mich zusammen.

 

Nach einiger Zeit und großer Antrengung ist der Alte außer Lebensgefahr. Mir wird schwarz vor Augen und ich kippe um.

Risse in der Wand

Ich spüre den Wind auf meiner Haut und wie er mir durch die Haare weht. Ein schönes Gefühl, denke ich und lächle – noch im Halbschlaf – in mich hinein. Was ist das für ein Geruch? Aftershave? Es riecht gut. Langsam öffne ich meine Augen. Verwirrt sehe ich mich um. Wir sind bereits auf dem Heimweg. Von einem Ast zum anderen springt Gai mit mir auf dem Rücken durch die Wälder, gefolgt vom Rest des Teams.

 

„GAI?“, brülle ich los, als die Situation nun auch meinen Verstand erreicht.

 

„Was soll das? Du solltest dich ausruhen! Wieso schläfst du nicht? Wieso sind wir schon unterwegs und was ist mit den Informationen über das Schlüssel-Reich? Haben wir unsere Mission erfüllt? UND WARUM ZUM GEIER HABT IHR MICH NICHT GEWECKT? Wie lange war ich weggetreten?“, tobe ich auf seinem Rücken.

 

„Oh, wie schön! Du bist wach“, ist alles, was er dazu zu sagen hat und macht Halt, um mich runter zu lassen.

 

„Geht es dir wieder gut?“, fragt er mit seinem typischen Grinsen im Gesicht. Die anderen drei machen ebenfalls Halt.

 

„Mir ging es doch nie schlecht. Ich habe nur mein Chakra komplett verbraucht, als ich euch medizinisch versorgt habe.“ Ich schmolle.

 

„Aber wieso bist du schon wieder so fit? Geht es dir auch wirklich gut?“, frage ich nach einer kurzen Pause besorgt nach. Sein Grinsen wird breiter.

 

„Aber logisch! Dank dir bin ich wieder super fit!“ Er zeigt einen Daumen nach oben. Ich bin erleichtert.

 

„Wie lang habe ich geschlafen?“, frage ich, obwohl ich die Antwort insgeheim gar nicht hören will.

 

„Nicht sehr lange. Vielleicht einen halben Tag“, antwortet nun Lee.

 

„Sensei Gai wollte nur so schnell wie möglich zurück nach Konoha, um Tsunade alles zu berichten“, ergänzt Tenten.

 

„Was ist mit den drei Ninja aus dem Schlüssel-Reich?“, meine Stimme klingt besorgt, als ich an die Verletzungen des Meisters zurückdenke.

 

„Mach dir keine Sorgen. Es geht ihnen gut. Ich soll dir von ihnen noch meinen Dank für deine Hilfe ausrichten.“ Gai macht eine kurze Pause und schaut dann ernst zu Boden.

 

„Was ist?“, hake ich nach.

 

„Nun… Tsunade wird es allerdings nicht sehr erfreuen, dass sie trotz allem kein Bündnis mit Konoha eingehen werden. Das Schlüssel-Reich ist eine unabhängige Nation und möchte es auch bleiben. Soweit wir herausgefunden haben, sind ihre Shinobi darauf spezialisiert, Informationen aller Art zu beschaffen und im Dorf zu sammeln. Das ist der Grund, weshalb auch Akatsuki an ihnen interessiert sind. Aber solange wir wissen, dass die auch mit anderen Nationen und Organisationen keine Handel eingehen, dürfte Tsunade das etwas beruhigen“, schließt Gai seine Ausführungen ab.

 

„Außerdem“, gebe ich zu bedenken, „dürften sie uns ja jetzt zumindest einen kleinen Gefallen schuldig sein. Falls wir in naher Zukunft doch mal Hilfe brauchen.“

Alle nicken zufrieden.

„Lasst uns weitergehen! Bis nach Konoha ist es noch ein weiter Weg!“, treibt Neji uns an.

 

 

Endlich stehen wir wieder vor den großen Toren von Konohagakure. Ich lächle als mir Bewusst wird, dass ich wieder zuhause bin.

 

„Da ist aber jemand glücklich. Verlief eure Mission gut?“, begrüßt uns eine vertraute Stimme. Kakashi kommt aus einer der zahlreichen Seitenstraßen auf uns zu.

 

„Das kann man laut sagen! Wir haben es wieder mit Akatsuki zu tun bekommen und sie erst mal in die Flucht schlagen können!“, beginnt Lee enthusiastisch zu erzählen.

 

„Verstehe.“ Kakashis Stimme klingt ernst und nachdenklich. Bevor er jedoch mehr dazu sagen kann, führt Gai die Erzählung noch weiter aus.

 

„Und außerdem haben Yuki und ich uns endlich einen Kuss der wahren Liebe geben können!“

 

Mein Mund öffnet sich unwillkürlich vor Entrüstung.

 

„KUSS DER WAHREN LIEBE? ICH GLAUBE, DU SPINNST?!“, fahre ich Gai an, wobei sich meine Stimme überschlägt.

 

„Also… habt ihr euch nicht geküsst?“, fragt Kakashi nach. Ich komme ins Stocken.

 

„Ähm… naja, doch… schon irgendwie“, stottere ich herum. „Aber das war unter ganz anderen Umständen!“, ergänze ich schnell. Kakashi bleibt stumm. Moment mal? Wieso rechtfertige ich mich eigentlich vor Kakashi? Es ist ja nicht so als wären wir zusammen oder so, denke ich und versuche, meine Gedanken wieder zu ordnen. Aber es scheint ihn auch völlig kalt zu lassen, geht es mir durch den Kopf und ich fühle einen Hauch von Enttäuschung.

 

„Komm schon, Yuki! Es hat dir doch auch gefallen! Immerhin hast du doch deine Augen dabei geschlossen. Wir können das auch gerne wiederholen!“, reißt mich Gai aus meinen Gedanken und beugt sich mit gespitzten Lippen zu mir herunter.

 

„ARGH! GAAAIIII!“, brülle ich ihn an und verpasse ihm meine Faust mitten ins Gesicht. Der Schwung ist so groß, dass es ihn durch die nächst gelegene Holzwand donnert.

 

„Ach ja, ich soll dir übrigens ausrichten, dass du sofort ins Krankenhaus kommen sollst, wenn du zurück bist. Shizune braucht dich.“ Mit diesen Worten wendet sich Kakashi um zu gehen.

 

„Äh-Ähm, warte!“, rufe ich ihm noch nach. Doch er hört nicht und verschwindet bereits um die nächste Ecke. In mir brodelt es. Ich laufe ihm nach, in der Hoffnung, ihn noch zu erwischen und die Sache mit dem Kuss aufzuklären, doch als ich ihm um die Ecke folge, ist er nicht mehr zu sehen. Traurig blicke ich zu Boden.

 

„Dieser doofe Gai!“, murmle ich und drehe mich um, um langsam Richtung Krankenhaus zu laufen, bleibe aber in meiner Drehung stehen, als ich gewaltige Risse in der Steinmauer neben mir bemerke. Die Risse laufen alle von einer faustgroßen Einschlagsfläche weg. Einen Moment lang starre ich auf das Einschlagsloch. Es ist ihm doch nicht egal, denke ich und fahre mit meinen Fingern die Risse in der Mauer nach. Mein Herz fängt an zu pochen und zaubert mir ein leises Lächeln auf die Lippen. Ich bin ihm nicht egal. Bei diesem Gedanken macht mein Herz einen Freudensatz. Fröhlich hüpfe ich die Straße zurück Richtung Krankenhaus und komme dabei nochmal an Gai und sein Team vorbei. Sofort ändere ich meine Gangart zu einem leichten Schlendern.

 

Kotetsu und Izumo kreuzen den Weg und grüßen uns freundlich. Doch Gai lässt sich die Gelegenheit auf ein Pläuschchen nicht entgehen.

 

„Hey! Kotetsu! Izumo! Wisst ihr schon? Yuki und ich haben uns geküsst! Damit sind wir jetzt offiziell zusammen!“, berichtet er stolz. Sofort bekommt er meine Faust auch auf seinem Hinterkopf zu spüren.

 

„Hör auf, so etwas rum zu erzählen! Wir sind nicht zusammen und das war kein echter Kuss! Geh lieber Tsunade Bericht erstatten!“, keife ich ihn an.

 

„Aye, aye!“ salutiert dieser und läuft los.

 

„Und damit meine ich unsere Mission und nicht diesen albernen Kuss!“, schreie ich ihm nach bevor ich mich an Kotetsu und Izumo wende.

 

„Wehe, wenn ihr auch nur ein Wort davon weitererzählt!“ Ich drohe ihnen mit dem Zeigefinger, bevor ich mich mit einem Schnauben Richtung Krankenhaus aufmache.

 

„Da bist du ja endlich!“, schreit Shizune hysterisch, packt mich am Handgelenk und zieht mich durch die Gänge des Krankenhauses. Als wir das Zimmer betreten, zu dem sie mich geführt hat, sehe ich Kurenai, Hinata und Shino bewusstlos in den Betten liegen. Kiba hat es sich auf einem Stuhl neben Kurenais Bett gemütlich gemacht und Akamaru, sein treuer Begleiter, sitzt brav neben ihm. Die beiden sehen ebenfalls erschöpft und ziemlich mitgenommen aus.

 

„Du meine Güte, was ist mit euch passiert?“, stoße ich aus und eile an die Betten.

 

„Sie waren auf Mission und sind… jemandem begegnet“, schildert Shizune.

 

„Jemandem?“, frage ich mit hochgezogener Augenbraue nach.

 

„Tsunade hat mir verboten, es dir zu sagen“, gibt Shizune kleinlaut zu.

 

Verboten? Wieso verboten? Ich denke nicht weiter darüber nach und fange an, mir Kurenais Verletzungen anzusehen und sie mit einem Jutsu zu röntgen.

 

„Es wurden medizinische Jutsus auf die drei angewandt. Allerdings müssen diese sehr speziell sein. Ich habe so etwas vorher noch nie gesehen. Und sogar Tsunade kennt sie nicht. Um sie zu behandeln, müssen wir aber wissen, ob diese Jutsus irgendwelche versteckten Nebenwirkungen haben, die wir auf den ersten Blick nicht sehen können. Und bevor wir die übliche Behandlung beginnen, wollten wir dich mit einbeziehen. Vielleicht hast du so etwas ja schon mal gesehen“, führt Shizune ihre Schilderungen aus. Ich schlucke, als ich erkannt habe, was das für ein Jutsu ist.

 

„Es ist nicht verwunderlich, dass ihr das Jutsu nicht kennt. Ihr könnt es auch gar nicht kennen. Es ist in keinem Lehrbuch enthalten, weil…“, ich stocke.

 

„Weil?“, fragt Shizune besorgt nach.

 

„Weil das Jutsu erst in der Einrichtung entwickelt wurde, in der ich so lange Jahre war“, schließe ich meine Diagnose.

 

„Ihr seid auf Kabuto Yakushi gestoßen, nicht wahr?“, frage ich an Kiba gewandt. Er zieht überrascht seine Augenbrauen nach oben und nickt.

 

„Das hast du an ihren Wunden erkannt?“, fragt er nach.

 

„Ja. Er ist der Einzige, der die dort entwickelten Jutsus noch kennen kann. Hat Tsunade es deshalb vor mir verschweigen wollen? Sie will mich vor Kabuto fernhalten, richtig?“ In meiner Stimme schwingt Wehmut mit. Shizune schweigt. Keine Antwort ist auch eine Antwort, denke ich und bitte sie die nötigen Arzneien für die Behandlung zu bringen. Sofort beginne ich die Behandlung.

 

„Kurenai hat es am Schlimmsten erwischt. Es wird lange dauern, bis sie sich erholt. Hinata und Shino dagegen dürften bald wieder auf den Beinen sein“, schlussfolgere ich, nachdem ich die drei behandelt habe. In der Zwischenzeit hat sich Shizune um Kibas und Akamarus Verletzungen gekümmert.

 

„Danke, Yuki!“, sagt Kiba mit leicht zittriger Stimme. Sofort ertönt ein lautes Bellen seitens Akamaru, um auch seinen Dank auszudrücken. Danach legt er seinen großen Kopf auf Kibas Schoß, um diesen zu beruhigen. Kiba streichelt sein zerzaustes Fell und muss grinsen.

 

„Gerne“, erwidere ich.

 

„Wo ist Kabuto jetzt?“, frage ich an Kiba gerichtet. Dieser blickt auf und zögert einen Moment. Einen Moment zu lange, denn Shizune mischt sich ein.

 

„Das hat dich überhaupt nicht zu interessieren! Du wirst nicht nach ihm jagen und die Vergangenheit aufwühlen!“ Sie versucht mich mit Gewalt zur Tür hinauszuschieben, um weitere Fragen meinerseits an Kiba zu verhindern. Ich stütze mich mit Händen und Füßen am Türrahmen ab.

 

„Aber, ich will doch nur…“, widerspreche ich.

 

„Keine Widerrede! Das ist ein Befehl von Tsunade! Und du weißt, was passiert, wenn man sie wütend macht!“ Shizune drückt voller Anstrengung gegen meinen Rücken. Genau in diesem Moment kommt Tsunade um die Ecke und begutachtet unseren Machtkampf nun mit einer hochgezogenen Augenbraue.

 

„Was wird das hier, wenn ich fragen darf?“, ihre Stimme klingt gereizt. Shizune lässt von mir ab und ich entspanne mich wieder. Tsunade betritt den Raum.

 

„Yuki wollte los, um Kabuto zu jagen“, petzt Shizune.

 

„Ihr habt es ihr gesagt?“, fragt Tsunade erschrocken.

 

„Nein, sie hat es selbst herausgefunden. Sie hat das Jutsu erkannt, das auf die drei angewandt wurde und hat sie auch schon behandelt“, berichtet Shizune kleinlaut.

 

„Verstehe.“ Tsunade schließt die Augen, um nachzudenken.

 

„Danke“, sagt sie schließlich in meine Richtung gewandt. „Das war gute Arbeit. Nach deiner Mission und deiner guten Arbeit hier, gebe ich dir erstmal zwei Tage frei. Geh und ruh dich aus!“

 

„Was? Du verlangst von mir, dass ich zuhause sitze und Däumchen drehe, während Kabuto da draußen ist und meine Freunde fast getötet hätte? Sicher nicht!“, bocke ich rum und verschränke meine Arme vor der Brust.

 

„Ich kann deinen Ärger ja verstehen, aber ich möchte nicht, dass du ihn suchst. Das ist erstens viel zu gefährlich und zweitens…“, sie macht eine Pause. Ich sehe sie erwartungsvoll an und mache eine Geste, die verdeutlicht, dass sie den Satz zu Ende bringen soll.

 

„Zweitens möchte ich nicht, dass durch ein Aufeinandertreffen zwischen euch etwas in dir aus deiner Vergangenheit wieder hochkommt und dich vielleicht kaputt macht. Seelische Wunden sind solche, die ich nicht behandeln kann, verstehst du?“ Sie sieht mich traurig an. Ich blicke zu Boden, um über ihre Sorgen nachzudenken.

 

„Ich verstehe dich ja“, beginne ich und sehe ihr nun ins Gesicht.

 

„Aber ich glaube, ich muss ihm noch einmal gegenüberstehen, um mit alldem abzuschließen! Ich könnte nicht mehr ruhig schlafen, wenn ich wüsste, dass er noch mehr Schaden verursachen kann, denn ich gebe mir an alldem die Schuld!“ Ich zeige auf die Verwundeten in den Betten. „Weil ich ihn damals verschont habe, weißt du? Ich will das wieder gut machen!“ Meine Stimme klingt flehend.

 

Tsunade atmet laut aus und schließt ihre Augen. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bevor sie antwortet.

 

„Na schön. Dann tu was du nicht lassen kannst“, sagt sie mürrisch ohne dabei ihre Augen zu öffnen.

 

„Danke“, sage ich mit einem leichten Lächeln im Gesicht.

 

„Allerdings“, fügt sie hinzu und mein Lächeln verschwindet. „Allerdings wirst du trotzdem bis morgen warten. Ich möchte, dass du dich von deiner letzten Mission vollständig erholst und vielleicht sind zumindest Hinata und Shino bis dahin wieder fit. Sie und Kiba werden dich begleiten. Sie sind das beste Suchteam hier in Konoha. Du wirst ihre Hilfe brauchen.“

 

„In Ordnung“, sage ich und falle ihr breit grinsend um den Hals.

 

„Sag mal…“, versucht Tsunade nun ein ihr offensichtlich unangenehmes Thema anzusprechen. Ich löse die Umarmung wieder und schaue sie fragend an.

 

„Stimmt das eigentlich? Du und Gai? Er meint ihr wärt jetzt ein Paar.“

 

Einen kurzen Moment bleibe ich ruhig, bevor ich meine Hände zu Fäusten balle und explodiere.

 

„Dieser verdammte GAAAAAIIIIII!“

Hund, Katze, Schlange!

Ich konnte diese Nacht kaum schlafen, weswegen ich schon seit den frühen Morgenstunden an unserem Treffpunkt vor dem Tor von Konohagakure auf mein neues Team warte. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen und die frische Luft liegt kalt auf meiner Haut. Anfangs habe ich versucht, die Zeit im wahrsten Sinne des Wortes tot zu treten, indem ich auf und ab gegangen bin wie ein Tiger im Käfig. Nach einiger Zeit wurde mir dadurch jedoch etwas schwindelig, woraufhin ich mich entschieden habe, zu meditieren. Seit zwei Stunden sitze ich nun an einem der Pfosten, die das große Tor halten, die Augen geschlossen, die Hände in einander gelegt. Ich konzentriere mich auf meinen Chakrafluss. Ich verfolge mein Chakra durch die Chakrabahnen, die durch meinen Körper fließen. Ich spüre meine Chakrapunkte und mit der Zeit merke ich, wie ich immer ruhiger werde und unwillkürlich meinen Körper nur noch auf seine wichtigsten Funktionen herunterfahre. Ich spüre, wie das Licht der aufgehenden Sonne in mein Gesicht fällt und mich wärmt. Die Kühle der Luft fängt an zu verschwinden.

 

„Yuki?“ Ein Schatten ruht auf meinem Gesicht, sodass ich die wärmenden Sonnenstrahlen nicht mehr spüre. Ich verziehe das Gesicht.

 

„Schläfst du?“, fragt dieselbe Stimme. Ich öffne ein Auge, um zu sehen, wer mich stört.

 

„Nein, ich meditiere“, antworte ich Kiba, der sich mit fragendem Gesicht über mich beugt. Als ich hinter ihm auch seine beiden Teammitglieder erkenne, öffne ich auch mein anderes Auge und mein Körper fährt wieder hoch.

 

„Ist es etwa schon so spät?“, frage ich nun etwas verdutzt. Ich habe gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit plötzlich verflogen ist.

 

„Wir sind zum Aufbruch bereit“, berichtet Kiba schlicht. Ich nicke und stehe auf.

 

„Wie lange sitzt du denn da schon?“, fragt nun Shino.

 

„Keine Ahnung“, gebe ich nur grinsend zur Antwort. Wir brechen auf.

 

Kiba und Akamaru laufen voraus und versuchen Kabutos Fährte aufzunehmen, während Hinata für die Suche ihr Byakugan benutzt. Kurenai hat mir einmal erklärt, in welchem Verwandtschaftsverhältnis sie zu Neji steht. Shino scheint sich bei der Suche vorerst auf die Fähigkeiten seiner Freunde zu verlassen, genau wie ich.

 

Wir haben entschieden, die Suche dort zu beginnen, wo sie mit Kurenai gegen Kabuto gekämpft haben. Akamaru konnte seinen Geruch dort tatsächlich noch wittern. Seitdem verfolgen wir seine Fährte, was uns bis ins Land der Reisfelder führt.

 

„Nanu?“, stößt Kiba aus und bleibt abrupt stehen.

 

„Was ist los?“, frage ich und halte knapp hinter ihm. Doch statt zu antworten, hält er seine Nase in die verschiedensten Richtungen und schnüffelt. Auch Akamarus feine Nase scheint verwirrt zu sein.

 

„Kannst du ihn nicht mehr riechen?“, fragt Hinata mit ihrer zurückhaltend schüchternen Stimme.

 

„Doch“, fängt Kiba zögerlich an. „Das Problem ist nur… Seine Fährte verstreut sich hier in alle Richtungen!“

 

Meine Miene wird ernst. Gerissen, denke ich.

 

„Es ist, als hätte er sich in alle Richtungen verstreut“, führt Kiba seine Schnüffeleien weiter aus.

 

„Schattendoppelgänger!“, sage ich. Nun verfinstern sich auch die Gesichter meiner Teamkollegen.

 

„Er versucht uns zu verwirren. Vermutlich sind wir seinem Versteck schon recht nah. Und da ihr schon gegen ihn gekämpft habt, weiß er natürlich, dass du und Akamaru ihn wittern könnt. Wirklich gerissen von ihm.“

 

Bei meinem letzten Satz beiße ich mir in den Daumen, bis dieser blutet.

 

„Was hast du nun vor?“, fragt Kiba und erwartet meine Anweisungen als Teamleiterin.

 

Ich gehe ein paar Schritte von den anderen weg und lege meine flache Hand auf den Boden.

 

„Jutsu des vertrauten Geistes“, sage ich, bevor ich nach einem Puff-Geräusch kurz in einer Wolkenbank verschwinde.

„Das ist Shin“, stelle ich meinen treuen Begleiter vor, als sich die Wolken verzogen haben. Die drei Chunin staunen nicht schlecht, als neben mir plötzlich ein Schneeleopard steht, der sogar noch ein Stückchen größer als Akamaru ist. Mit offenen Mündern stehen sie da und trauen sich kaum zu atmen.

 

„Hallo“, begrüßt mich mein pelziger Freund. „Du hast mich schon lange nicht mehr gerufen.“ Sein Ton klingt vorwurfsvoll und ich streichle durch sein flauschiges Fell.

 

„Der kann ja sprechen!“, stößt Hinata aus.

 

Ich gehe nicht auf sie ein und entschuldige mich mehrfach bei Shin dafür, dass wir uns schon so lange nicht gesehen haben. Als ich davon anfange, ihm von meiner Flucht aus Iwagakure zu erzählen und dass ich jetzt in Konoha lebe und Tsunade wieder getroffen habe, werde ich von Kiba unterbrochen.

 

„Wir haben keine Zeit für Klatsch und Tratsch! Wie geht es weiter?“, brüllt er schon fast.

 

„Oh! Ja, richtig“, besinne ich mich wieder auf unsere Lage.

 

„Folgendes: Da sich seine Fährte hier aufteilt, schlage ich vor, dass wir das auch tun. Shin ist zwar kein Hund, hat aber dennoch eine recht feine Nase und wird Kabutos Spur verfolgen können. Wir werden uns also in zwei Gruppen aufteilen und getrennt weitersuchen. Kiba! Du wirst mit Shino und Akamaru gehen. Hinata kommt mit Shin und mir“, erkläre ich.

 

„Schön und gut, aber was ist, wenn ein Team Kabuto gefunden hat?“, fragt Kiba skeptisch.

 

„Ganz einfach! Shino wird einen weiblichen Käfer auf mir absetzen. So findet ihr uns jederzeit wieder oder könnt uns mit den Käfern Nachrichten zukommen lassen, falls ihr etwas gefunden habt. Sollten wir zuerst auf ihn treffen, kann ich Shin schicken, euch Bescheid zu geben. Er findet euch dank seiner Nase“, beruhige ich ihn.

 

„Klingt nach einem guten Plan“, findet Shino und setzt mir sogleich einen Käfer auf meinen Rücken.

 

„Gut, dann werden wir den Weg nach Norden nehmen. Viel Glück! Und handelt bitte nicht auf eigene Faust!“, sage ich den beiden Jungs bevor wir getrennter Wege gehen.

 

Shin sprintet voran, die Nase gegen den Wind gehalten. Während Hinata die Gegend weiterhin mit ihrem Byakugan erkundet, winden sich meine Gedanken darum, wie ich Kabuto gegenübertreten soll, wenn wir ihn gefunden haben. Ich erinnere mich daran, was mir Tsunade und Sakura in den heißen Quellen über ihn erzählten und was er in der Zwischenzeit alles angerichtet hat. Ein Schwall von Wut über ihn, aber auch über mich selbst, durchfährt mich und es fühlt sich so an, als würde sich mein Magen zusammenziehen. In meinen Gedanken, stehen Kabuto und ich uns bereits gegenüber, doch ich weiß nicht wie ich reagieren soll. Bevor ich mich jedoch für eine Reaktion entscheiden kann, holt mich Hinata in die Realität zurück.

 

„Wir werden verfolgt!“, sagt sie mit einem panischen Unterton in der Stimme.

 

Mit ernster Miene blicke ich zu Shin, um zu überprüfen, ob auch er etwas bemerkt hat.

 

„Du hast Recht! Und es stinkt nach Hund!“, bestätigt er Hinatas Entdeckung und rümpft die Nase, was ihn sehr gefährlich aussehen lässt.

 

„Ein Hund? Ist es Akamaru?“, frage ich Hinata und überlege, ob ihre Fährte wohl eine Sackgasse gewesen ist.

 

„Nein“, antwortet sie zögerlich, „dieser Hund ist viel kleiner als Akamaru! Und es sind drei Personen bei ihm.“

 

Ich überdenke kurz unsere Situation, bevor ich antworte.

 

„In Ordnung. Wir werden erstmal so tun als hätten wir sie nicht bemerkt, um sie weiterhin im Glauben zu lassen, dass sie uns überraschen. Aber lasst uns einen Zahn zu legen, um ihnen dann eine Falle zu stellen“, gebe ich meinen Plan bekannt. Meine Begleiter stimmen mit einem Nicken zu und wir beschleunigen unser Tempo. Doch zum Fallen legen kommt es nicht. Kurze Zeit später erreichen wir eine Lichtung und Shin bleibt abrupt stehen, was Hinatas Aufmerksamkeit von unseren Verfolgern ablenkt. Man braucht kein Baykugan um das Bauwerk zu sehen, das tief in die Erde zu reichen scheint. Der Eingang zu dem Gebäude ist über Stufen ein Stück unter der Erdoberfläche zu erreichen.

 

„Das muss eins von Orochimarus Verstecken sein“, spricht Hinata unser aller Gedanken aus.

 

Ich schlucke. Ich bin nervös und ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll, wenn ich hier auf Kabuto treffen sollte. Wie angewurzelt stehe ich da, in der Hoffnung, dass mir noch rechtzeitig eine angemessene Reaktion einfallen würde, während mich meine Begleiter erwartungsvoll ansehen. Ich zögere einen Moment zu lange, denn unsere Verfolger haben uns inzwischen eingeholt.

 

„Hey, Yuki! Hinata!“, höre ich eine recht vertraute Stimme rufen. Als ich mich umdrehe, fällt mir ein Stein vom Herzen. Die Stimme gehört zu Naruto, der in Begleitung von Sakura und Kakashi ist. Geführt werden sie von einem kleinen Mops mit Ninjastirnband. Das muss einer von Kakashis Ninja-Hunden sein, von denen er mir erzählt hat, denke ich.

 

„N-Naruto!“, stottert Hinata und bekommt eine leichte Röte auf ihre sonst recht blassen Wangen. Ich muss leicht grinsen, als mir klar wird, was der Auslöser für die Röte und das Stottern ist.

 

„Ihr wart ganz schön schnell“, spricht nun der kleine Hund. Shin beäugt ihn skeptisch, schnuppert kurz in seine Richtung und rümpft sich daraufhin die Nase. Ich sehe ihn vorwurfsvoll mit hochgezogener Augenbraue an, da die Geste ziemlich unhöflich von ihm war, woraufhin sich Shin kurz gebunden entschuldigt.

 

„Tsunade hat uns zur Verstärkung geschickt“, erklärt Sakura ihr Auftreten.

 

„Verstehe. Danke, dass ihr gekommen seid“, sage ich höflich und wende mich dann wieder dem Gebäude zu.

 

„Ist er da drin?“, fragt Kakashi, der nun neben mich getreten ist.

 

„Höchstwahrscheinlich. Seine Spur führt hier her“, antworte ich, in Gedanken schon im Kampf.

 

„Na dann, los! Nichts wie rein da!“, ruft Naruto motiviert und stürmt los. Weit kommt er jedoch nicht, da ihn Kakashi am Kragen packt, um ihn daran zu hindern, weiter zu gehen.

 

„Hey! Sensei Kakashi! Lassen Sie mich los!“, mosert er.

 

„Na, na. Nun mach mal halblang! Das ist eines von Orochimarus Verstecken. Du warst schon einmal in einem drin. Waren da nicht eine Unmenge an Fallen?“, ermahnt der Sensei seinen ungeduldigen Schüler. In Narutos Gesicht kann man lesen, dass er sich plötzlich daran erinnert.

 

„Wir sollten überlegt vorgehen“, leitet Kakashi seinen Plan ein und hebt dabei einen Zeigefinger, um die Aufmerksamkeit seiner Kameraden auf sich zu lenken. Doch während die anderen gespannt auf Kakashis Plan warten, wird meine Aufmerksamkeit, sowie die des kleinen Hundes und Shin auf das Gebäude gelenkt.

 

Da passiert irgendwas, spreche ich in Gedanken aus. Noch bevor ich meine Gedanken mit meinem Team teilen kann, folgt auch Kakashi unseren Blicken und der Rest des Teams tut es ihm gleich.

 

Klack.

 

Die Tür ist ins Schloss gefallen. Es folgen Schritte. Jemand kommt die Stufen nach oben und bevor wir raten können, wer denn da aus dem Versteck gekommen ist, kann man auch schon die langen, grauen Haare, die zu einem Zopf gebunden sind, sowie die große runde Brille auf seiner Nase erkennen. Meine Hände verkrampfen sich zu Fäusten. Kabuto bemerkt uns schnell, was bei einer Gruppe von fünf Ninja, einem Mops und einem Schneeleoparden auf einer großen Lichtung nicht verwunderlich ist. Er scheint alleine zu sein, doch als er in unsere Richtung sieht und sein Blick auf mich fällt, muss er grinsen.

 

„Na sowas. Ein Begrüßungskomitee! Nur für mich? Das wäre aber nicht nötig gewesen“, sagt er belustigt und rückt sich die Brille zurecht.

 

„Aber mit dir hätte ich nicht gerechnet, Yuki!“ Mit diesen Worten beendet er die gespielte Belustigung. Ich schweige ihn mit zornerfülltem Gesicht an. Ich presse meine Kiefer fest zusammen, um nicht die Fassung zu verlieren.

 

„Du bist sehr…“, er sucht nach dem passenden Wort.

 

„…erwachsen geworden“, beendet er seinen Satz, nachdem er mich von oben bis unten gemustert hat.

 

„Ich habe mich schon lange gefragt, wann du mich finden würdest. Obwohl ich zugeben muss, dass ich nicht mit so viel Verstärkung gerechnet habe.“ Er zeigt mit dem Kinn auf mein restliches Team.

 

„Wo ist Sasuke?“, schreit Sakura plötzlich laut aus. Kabutos Blick wandert von mir zu ihr.

 

„Ach, darum geht es euch. Ihr wollt Sasuke.“ Seine Stimme klingt ein wenig gelangweilt.

 

„Tut mir leid, euch enttäuschen zu müssen, aber er ist nicht hier. Ich bin alleine unterwegs. Ich habe hier nur etwas abgeholt“, erklärt er mit aller Seelenruhe und deutet dabei auf seinen Rucksack, den er über einer Schulter trägt.

 

„Aber ihr seid doch nicht nur wegen Sasuke hier, oder? Sonst hättet ihr nicht allein meine Spur verfolgt“, sagt er mit einem Lächeln auf den Lippen.

 

Er wollte verfolgt werden, schießt es mir durch den Kopf. Aber wieso? Sein Blick wandert von einem Teammitglied zum nächsten. Er bleibt an Hinata hängen.

 

„Oh! Dich kenne ich auch. Habe ich dich nicht neulich erst besiegt?“ Seine Stimme klingt wieder belustigt, mit einem Hauch von Bosheit darin. Ich kann spüren, wie Hinata neben mir innerlich brodelt.

 

„Schluss jetzt!“, melde ich mich zu Wort.

 

„Du hast dich jetzt genug amüsiert. Es wird Zeit, dass du für das, was du getan hast, bestraft wirst“, brülle ich ihm entgegen, während ich an Kurenai, den Angriff auf Tsunade und an die Einrichtung denke, in der ich so lange gefangen war.

 

Seine Antwort auf meine Reaktion ist ein diabolisches Lächeln. Für den Kampf bereit, lässt er seinen Rucksack von seiner Schulter gleiten und stellt ihn behutsam an die Mauern des Gebäudes. Anschließend tritt er ein paar Schritte auf uns zu. Bevor ich mich wie meine Kameraden in Kampfposition begebe, flüstere ich Shin noch zu, dass er sich zurückziehen und nach Kiba und Shino suchen soll, woraufhin der große, pelzige Kater mit zwei Sätzen im Wald verschwindet.

 

Eine Windböe weht über die Lichtung und meine Haare wehen mir ins Gesicht. Die Spannung, die zwischen den beiden Parteien herrscht, ist deutlich spürbar. Einen kurzen Moment überblicke ich noch einmal die Situation. Plötzlich stürmt Hinata nach vorne. Von ihrer Wut getrieben greift sie Kabuto unüberlegt mit ihrem speziellen Taijutsu an. Dieser bewegt sich jedoch sehr schnell und weicht ihren Hieben aus. Er formt ein Jutsu, dessen Fingerzeichen mir sehr bekannt vorkommen, doch bevor er damit zuschlagen kann, trifft Hinata ihn mit einem heftigen Stoß genau an der Brust und er taumelt zurück.

 

„Das ist für Sensei Kurenai!“, keucht sie. Er hält sich leicht gekrümmt die Brust. Als er hochblickt, zeichnet seine Lippen ein teuflisches Lächeln, das Hinata verunsichert und zögern lässt. Ich sprinte los, als ich seinen Gegenangriff erahnen kann und bin noch rechtzeitig zwischen ihm und Hinata, um den Angriff zu blocken.  Ich halte sein Handgelenk, sodass er die Hand, in der er das Jutsu gebildet hat nicht mehr einsetzen kann. Es war das gleiche Jutsu, das Tsunade im Kampf gegen mich eingesetzt hat. Hätte er Hinata damit dort getroffen, wo er hingezielt hat, hätte er mit diesem Lähmungsjutsu vermutlich Hinatas Lunge getroffen und sie wäre erstickt. Mit hasserfülltem Blick sehe ich ihm in die Augen.

 

„Nicht schlecht. Du bist schneller, als ich dachte“, lobt er mich, als er sich aus meinem Griff löst und das Jutsu wieder auflöst.

Er reagiert schnell, als Sakura plötzlich über uns springt und einen kraftvollen Schlag in seine Richtung ausübt. Er kann gerade noch nach hinten ausweichen, bevor der Boden unter Sakuras Faust zerberstet. Von dem Beben der Erde abgelenkt bemerkt er nicht, dass Naruto ihm mit seinem Rasengan nachgesprungen ist und konnte dem nicht mehr ausweichen. Er wird davon geschleudert. Die Energie, die ihn dabei trägt ist so groß, dass der Baum, von dem er gebremst wird, hinter seinem Rücken wegbricht.

 

Gutes Teamwork haben die beiden, denke ich, wende meinen Blick dabei nicht von Kabuto ab, der sich gerade wieder aufrappelt und sich das Blut von seinen Mundwinkeln wischt.

 

„Fünf gegen einen ist nicht gerade fair“, sagt er und bereitet das Jutsu des vertrauten Geistes vor. Kurz darauf erscheint eine riesige Schlange.

 

„Das ist schon etwas besser“, meint Kabuto und befiehlt der Schlange uns anzugreifen. Wie die Flöhe springen wir in verschiedene Richtungen davon, als das große Maul der Schlange in den Boden schlägt, auf dem wir gerade noch standen. Ich finde mich neben Kakashi wieder, während die anderen drei auf der anderen Seite der übergroßen Schlange zum Stehen kommen.

 

„Gegen die drei habe ich schon gekämpft. Übernimm du sie. Ich kümmere mich um Yuki und Kakashi!“, befiehlt er seiner Schlange, woraufhin diese sofort einen Angriff startet und Naruto, Sakura und Hinata von uns wegtreibt. Kakashis kleiner Vierbeiner hat sich schon sehr früh aus dem Geschehen zurückgezogen und mein suchender Blick findet ihn hinter einem Baum am Rande der Lichtung. Als ich ihn dort entdecke, hebt er eine Pfote zum Gruß und versteckt sich dann schnell wieder hinter dem mächtigen Stamm.

 

„So. Kommen wir nun zu dem Punkt, auf den wir beide schon lange gewartet haben, Yuki. Lass mal sehen, was du seitdem so gelernt hast“, fordert mich Kabuto zum Kampf heraus. Kakashi hat bereits sein Stirnband nach oben geschoben und sein Sharinganauge geöffnet, um mir im Kampf zur Seite zu stehen. Doch wie immer, lasse ich mich nicht auf den ersten Schlag ein. Ich greife nie meinen Gegner zuerst an – besonders nicht, wenn er mich dazu auffordert. Dahinter steckt meist eine Falle und ich werde nicht so dumm sein und darauf hereinfallen. Ich gehe in Kampfposition und warte ab. Ich warte auf seinen nächsten Zug.

 

„Hm? Du willst mich nicht angreifen? Na schön! Dann mache ich den ersten Schritt.“ Mit diesen Worten formt Kabuto seine Fingerzeichen. Auch dieses Jutsu ist mir bekannt. Er hat es in der Einrichtung regelmäßig für medizinische Eingriffe verwendet: Das Chakraskalpell. Er ist dadurch in der Lage, in das Innere des Gegners einzudringen und innere Organe zu verletzen oder Blut- und Chakrabahnen durchzuschneiden. Sehr effektiv bei Operationen und äußerst gefährlich, wenn es im Kampf eingesetzt wird – das ist mir bewusst.

 

Er sprintet los. Ich weiß noch von damals, dass er recht schnell war, doch scheint es, als hätte ich ihn im Laufe der Jahre in Sachen Schnelligkeit überholt. Ich weiche seinem Angriff gekonnt aus. Während ich nach hinten ausweiche forme ich ein paar Fingerzeichen, hole tief Luft und hauche ihm mein eisiges Ninjutsu entgegen. Mein Eishauch erwischt seine Hände, die er mit dem Chakraskalpell gerade zu einem nächsten Angriff ausholen will. Er zieht seine Hände schnell wieder zurück, als sich die ersten Frostbeulen auf seiner Haut bilden und er vor Schmerzen stöhnt.

 

Er versucht Abstand zu mir zu gewinnen und springt ein paar Mal zurück. Er kniet sich hin und beginnt sich selbst zu heilen, bis er seine Finger wieder bewegen kann. Dabei spricht er leise Flüche gegen mich aus, die ich nicht verstehen kann. Um ihm nicht zu viel Zeit zu lassen, bilde ich mein nächstes, eigens entwickeltes Jutsu und setze ihm nach. Völlig auf seine Selbstheilung konzentriert, bemerkt er mein Auftauchen zu spät und er reagiert nicht schnell genug. Bevor er weit genug ausweichen kann, erwische ich ihn mit meinem Jutsu gerade noch am Bein. Diesmal schreit er vor Schmerzen laut los, befreit sich aus meinem Griff und fällt ungebremst mit dem Rücken zu Boden.

 

„Was-Was war das… für ein… Jutsu?“, stöhnt er, während er sich am Boden kugelnd das Bein vor Schmerzen hält.

 

„Eine eigene Kreation“, berichte ich stolz.

 

„Es ist eine Kombination aus einem Medizin- und einem Wasserjutsu.“

 

„Eine Kombination?“, stößt er aus und krempelt sein Hosenbein nach oben, um sich die Verletzung anzusehen. Vor Schreck reißt er seine Augen weit auf, als er sieht, welche Auswirkungen mein Jutsu hat.

 

„Das Jutsu erlaubt mir, meinen Gegnern bei Berührung, das Wasser durch die Zellen aus ihren Körpern zu ziehen. Es verursacht höllische Schmerzen und der Heilungsprozess dauert sehr lange. Bei großem Wasserentzug, kann man sogar vollständig dehydrieren“, erkläre ich ihm mein Jutsu und lächle mit einer leichten Überlegenheit. Ich spüre Kakashis Blick in meinem Rücken. Er hat mein Jutsu sicher kopiert.

 

Kabuto knirscht mit den Zähnen.

 

„Das wirst du bereuen!“

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

Mit schmerzverzerrtem Gesicht beginnt Kabuto, sein Bein zu heilen, dessen Haut durch mein Jutsu völlig verschrumpelt aussieht. Als er merkt, dass die vollständige Heilung jedoch zu lange dauern und zu viel Chakra kosten würde, unterbricht er den Vorgang und rappelt sich vom Boden wieder auf. In seinem Gesicht steht Hass.

 

„Das wirst du bereuen, Yuki!“ Mit diesen Worten kommt er langsamen Schrittes näher. Ein paar Meter von mir entfernt bleibt er stehen. Kakashi steht in Verteidigungsposition – bereit, jederzeit einzugreifen.

 

„Eigentlich wollte ich dieses Jutsu jetzt noch nicht anwenden, aber du hast es nicht anders gewollt!“, droht Kabuto und spuckt Blut aus.

 

Er beginnt Fingerzeichen in einer unglaublichen Geschwindigkeit zu bilden. Meine Augen können seinen Händen dabei kaum folgen. Es ist eine sehr lange und komplizierte Aneinanderreihung an Fingerzeichen. Erst jetzt bemerke ich, dass er gleichzeitig dazu seine Lippen zu Worten und Silben bewegt, die ich nicht verstehen kann, da er noch zu weit entfernt ist. Was ist das bloß für ein Jutsu? Es muss sehr mächtig sein, denke ich. Panisch, vor dem, was er vorhat, renne ich los, um das Vollenden des Jutsus zu verhindern, allerdings reagiere ich zu spät. Er hat das Jutsu bereits ausgeführt und blickt mir nun direkt in die Augen.

 

Plötzlich durchzucken mich Wellen von Schmerz in meinem ganzen Körper. Ich schreie auf, falle auf die Knie. Meine Muskeln verkrampfen sich und ich halte mir den Kopf, in der Hoffnung, die Schmerzen dadurch lindern zu können – ohne Erfolg.

 

„Yuki! Was hast du?“, fragt Kakashi besorgt.

 

„I-Ich… Ich weiß es… nicht“, stöhne ich. „Es tut so weh!“

 

Kabuto fängt an dreckig zu lachen.

 

„Was… machst du mit mir?“, fauche ich ihn an.

 

„Hör damit auf!“, fordert Kakashi ihn auf.

 

Doch statt zu antworten, bewegt Kabuto nur seine Finger. Ohne es zu wollen, bewegt sich plötzlich meine Hand.

 

„Was zum?“, entfährt es mir und ich reiße meine Augen weit auf. Meine Hand bewegt sich zu meiner Beintasche und nimmt ein Kunai daraus heraus. Kabuto macht ein paar weitere Bewegungen mit seinen Fingern und plötzlich dreht sich mein ganzer Körper und ich stehe Kakashi gegenüber. Verwundert blickt mich dieser an.

 

„Yuki, was machst du da?“, fragt er unsicher.

 

Noch bevor ich antworten kann, lässt mich Kabuto schnellen Schrittes mit dem Kunai in der Hand auf Kakashi zu rennen. Dieser kann meinem ungewollten Angriff ausweichen, doch Kabuto setzt nach und ich versetze Kakashi einen leichten Schnitt am Arm. Er sieht zu, wie die rote Flüssigkeit langsam seine Kleidung an dieser Stelle tränkt.

 

„Es… es tut mir leid!“, keuche ich vor Schmerz und Verzweiflung.

 

„Ich… habe meinen Körper… nicht mehr unter Kontrolle!“

 

Kakashi reißt seine Augen auf, als er kapiert, was hier vor sich geht. Wütend blickt er zu Kabuto, der hinter mir steht.

 

„Wieso tust du das?“, fragt er ihn mit einer ebenso wütenden Stimme.

 

„Wieso?“, er klingt amüsiert. „Weil ich das schon immer mal ausprobieren wollte! Und es macht wirklich so viel Spaß, wie ich es mir vorgestellt habe. Leider funktioniert dieses Jutsu nur bei Yuki. Deswegen musste ich so lange darauf verzichten.“ Er lacht.

 

Ich versuche meinen Kopf in seine Richtung zu drehen.

 

„Was soll das heißen?... Es funktioniert nur… bei mir?“, frage ich durch zusammengebissene Zähne.

 

„Ganz einfach. Es hat etwas mit der Einrichtung von damals zu tun“, beginnt Kabuto zu erklären und rückt sich seine Brille zurecht.

 

„Wie meinst du das?“, fragt Kakashi nach.

 

„Wir haben den Patienten damals etwas ins Blut gespritzt. Sogenannte reaktive Teilchen“, sagt Kabuto.

 

„Reaktive… Teilchen?“, keuche ich.

 

„Im Laufe der Zeit, haben sich diese in deinem Blut vermehrt – wie Bakterien oder Zellen, die sich teilen. Diese Teilchen wurden vorher im Labor hergestellt und mit Chakra versehen. Sie schwimmen nun überall in deinem Blut herum. Normalerweise stellt das keine Gefahr oder eine Beeinträchtigung deiner Gesundheit dar. Aber wie der Name schon sagt, reagieren die Teilchen, sobald man ein spezielles Jutsu auf sie anwendet. Dieses Jutsu kannten nur Leute aus der Einrichtung. Ursprünglich war es dazu gedacht, flüchtige Insassen an einer Flucht zu hindern und zurückzubringen. Ich habe es jedoch verfeinert und kann die reaktiven Teilchen so in deinen Blutbahnen steuern, dass du dich so bewegst, wie ich es möchte – wie ein Puppenspieler! Ich habe dich vollständig in der Hand, liebe Yuki!“

 

Kabuto beginnt erneut zu lachen.

 

Mir bleiben die Worte im Hals stecken und es fällt mir schwer zu atmen. Was hat er da gesagt? Er hat mich vollständig unter Kontrolle? Ein Schwall an Verzweiflung kommt über mich und eine einzelne Träne rinnt mir die Wange herunter.

 

Kakashi platzt gleich vor Wut. Jeder einzelne Muskel in seinem Körper ist angespannt. Einen solchen hasserfüllten Blick habe ich bei ihm noch nie gesehen.

 

„Lass sie gehen! Löse das Jutsu auf!“, fordert er.

 

„Na, na! Du willst mir doch nicht den Spaß verderben“, lächelt ihn Kabuto heimtückisch an.

 

Ohne eine weitere Vorwarnung steuert er meinen Körper wieder zu einem Angriff gegen Kakashi. Dann noch einen und einen weiteren. Da Kakashi mich nicht verletzen will, weicht dieser meinen Attacken nur aus, anstatt einen Gegenangriff zu wagen.

 

„Hahaha, das macht richtig Spaß!“, stößt Kabuto aus.

 

Das kann doch nicht ewig so weitergehen, denke ich. Lange halte ich das auch nicht mehr aus. Ich muss mir etwas einfallen lassen.

 

Kabuto lenkt die reaktiven Teilchen in mir, die ihm erlauben, meine Bewegungen zu steuern. Dies geschieht aber nur über die Blutbahnen. Das bedeutet auch, dass die Schmerzen dadurch entstehen, dass sich die Teilchen schnell bewegen und dabei gegen die Blutbahnwände treffen und wie ein Gummiball wieder davon abprallen. Ich muss einen Weg finden, die Bewegung der reaktiven Teilchen zu stoppen, führe ich meine Gedanken aus, während mein Körper unaufhörlich Angriffe auf Kakashi ausübt. Ich sehe Kakashi mit Besorgnis und Reue in die Augen. Plötzlich kommt mir ein Geistesblitz.

 

Natürlich! Sein Auge!

 

„Kakashi!“, spreche ich leise, damit Kabuto es nicht hören kann. Kakashi sieht mich fragend an.

 

„Du hast sein Jutsu kopiert, nicht wahr?“

 

Als er versteht worauf ich hinauswill, wird sein Blick ernst.

 

„Das kann ich nicht tun, Yuki! Ich will nicht, dass du vor Schmerzen noch umkommst!“, widerspricht er meiner noch nicht einmal ausgesprochenen Idee.

 

„Du musst!“, sage ich energisch. „Es gibt keinen anderen Ausweg aus dieser Lage. Noch lässt er mich nur dich angreifen. Wenn ihm das zu langweilig wird, steuert er mich vielleicht auch auf Naruto, Sakura und Hinata zu. Ich will nicht die Schuld daran tragen, wenn euch etwas passiert!“, flehe ich ihn an.

 

Er denkt nach, schüttelt dann noch mal voll Protest den Kopf.

 

„Kakashi! Ich bitte dich! Wenn du mich nicht steuerst, wird er es weiterhin tun. Und ich will nicht von ihm gesteuert werden“, setze ich noch einmal nach.

 

Kakashi zögert noch kurz, gibt dann aber auf.

 

„Na gut.“

 

Ich schenke ihm ein aufmunterndes Lächeln.

 

„Ich vertraue dir“, sage ich ihm und er wirft mir einen verwunderten Blick zu. Er atmet noch einmal durch, macht einen größeren Satz von mir weg, um Kabutos Angriffen zu entgehen und beginnt, die Fingerzeichen und Worte, die Kabuto vorhin geformt hat, genauso schnell wieder zu geben.

 

„Was? Nein!“, ruft Kabuto, als er erkennt, was Kakashi vorhat.

 

„Das kannst du nicht!“, droht er und lässt mich Shuriken auf Kakashi werfen. Dieser springt hoch, um ihnen auszuweichen und formt weiterhin unbeirrt seine Fingerzeichen. Kabuto lässt mich ebenfalls nach oben springen. Ich bereite mich gedanklich auf den nächsten Angriff gegen Kakashi vor, doch dieser kommt nicht durch meine Hand. Kabuto sprintet los, springt hoch und benutzt meinen Körper lediglich als Trittbrett, um selbst noch weiter nach oben zu kommen. Durch die Kraft seines Sprunges von meinen Schultern weg, werde ich zu Boden geschleudert und lande hart. Meine Knochen schmerzen.

 

Von meinem Sturz abgelenkt, bemerkt Kakashi zu spät das Chakraskalpell, das sich in seine linke Schulter bohrt. Auch er stürzt zu Boden.

 

„Nein! Kakashi!“, schreie ich, als ich ihn fallen sehe. Kabuto landet leichtfüßig neben mir und zwingt mich durch sein Jutsu wieder auf die Beine. Ich spüre kaum noch ein Körperteil, das keine Schmerzen leidet. Zitternd vor Erschöpfung lässt er mich auf Kakashi zu laufen, um eine weitere Attacke zu starten. Dieser rappelt sich ebenfalls wieder auf und streckt seine flache Hand gegen mich aus.

 

Sofort bleibt mein Körper stehen.

 

„Was?“, stutzt Kabuto.

 

Offensichtlich hat Kakashi es noch geschafft, vor seinem Absturz das Jutsu zu vollführen. Ich atme erleichtert aus und lächle ein wenig, soweit es meine Schmerzen eben zu lassen. Nun ist es Kakashi, der meinen Körper in Kabutos Richtung laufen lässt. Doch auch Kabuto kämpft gegen meine Bewegungen an. Es entsteht ein Hin und Her. Nach einer Weile wird mir schwindelig und ich halte mich nur noch mit Müh und Not auf den Beinen. Mein Körper ist völlig erschöpft. Kakashi scheint meine Erschöpfung zu spüren und will seine Befehle an meinen Körper schon unterbrechen.

 

„Nein!“, brülle ich ihm zu. „Du darfst nicht nachgeben, Kakashi! Er wird keine Nachsicht mit mir haben. DU musst die Kontrolle über mich behalten!“

 

Mit besorgter Miene nickt Kakashi und erlangt die Kontrolle über meinen Körper wieder. Diesmal sogar so stark, dass Kabuto ins Wanken kommt. Wir haben einen Vorteil, schießt es mir durch den Kopf. Durch seine Selbstheilungsversuche vorhin hat Kabuto bereits einen Teil seines Chakras verloren. Kakashi jedoch ist noch topfit.

 

„Kakashi!“, rufe ich ihm zu. „Du musst mich ein Jutsu ausführen lassen! Lass mich bitte folgende Fingerzeichen bilden“, erkläre ich ihm meinen Plan und erläutere ihm sodann die Reihenfolge an Fingerzeichen. Kakashi gibt ein kurzes „Ok“ und beginnt, meine Hände zu lenken.

 

„Oh nein! Das tust du nicht!“, sagt Kabuto und legt noch einen drauf. Er kämpft mit seinem Chakra gegen meine Bewegungen an. Meine Hände bleiben stumm. Sie rühren sich nicht. Allerdings wird der Schmerz in ihnen immer größer, da die reaktiven Teilchen durch den Kampf zwischen Kakashi und Kabuto immer schneller gegen meine Blutbahnwände stoßen. Ich schreie auf.

Plötzlich schießen kleine Bluttropfen aus der Haut meiner Hände. Offensichtlich haben die Teilchen durch die hohe Energie bereits Löcher in die Blutbahnen und durch meine Haut gebohrt. Meine Hände sind blutüberströmt. Doch der Schmerz lässt dadurch etwas nach. Die Teilchen haben dadurch etwas mehr Platz bekommen und stoßen nicht mehr gegen die Blutbahnwände. Mein kleiner Finger zuckt. Das war ich! Ich kann meine Finger bewegen!

 

Langsam versuche ich, weitere Finger zu bewegen. Es funktioniert und ein erleichtertes Lächeln huscht mir über den Mund.

„Oh nein!“, sagt Kabuto mit bedrohlicher Stimme. „Du kannst vielleicht deine Finger wieder selbst bewegen, aber ein Jutsu wirst du nicht bilden!“ Mit diesen Worten zwingt er meine Arme weit auseinander. Mit weit ausgebreiteten Armen stehe ich da.

 

„So kommen deine Finger nicht aneinander!“, erklärt Kabuto erleichtert.

 

Verdammt! Selbst wenn ich es schaffe, das Wasserentzugsjutsu erneut zu bilden, muss ich nah genug an Kabuto herankommen und ihn berühren. Das werde ich aber nicht schaffen. Er kann sich frei bewegen, ich aber nicht. Ich muss mir etwas anderes einfallen lassen.

 

In diesem Moment kommt mir eine Idee. Ich habe dieses Jutsu zwar noch nicht perfektioniert, aber theoretisch müsste es funktionieren. Möglicherweise kann ich ihn so mit seinen eigenen Waffen schlagen.

 

Wie eine Gekreuzigte stehe ich da, die Arme weit vom Körper gestreckt, in mir ein Kampf zwischen Kakashi und Kabuto um die Kontrolle meines Körpers. Starke Schmerzen durchzucken jeden einzelnen Teil meines Körpers. Ich schließe meine Augen, um mich besser auf mich konzentrieren zu können. Wie beim Meditieren konzentriere ich mich auf meine Chakrabahnen. Ich habe dieses Jutsu schon vor langer Zeit entwickelt, aber bisher nur bei kleineren Tieren ausprobiert. An Menschen habe ich es bisher nie versucht, doch das wird sich heute ändern.

 

Wie im Kampf gegen Tsunade konzentriere ich mich darauf, wohin mein Chakra fließen soll, ohne dafür Fingerzeichen anzuwenden. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, da meine Konzentration immer wieder durch die Schmerzen unterbrochen wird.

Als ich das Jutsu schlussendlich gebildet habe, öffne ich meine Augen wieder und blicke zu Kabuto. Ich konzentriere mich auf ihn, so stark, dass es mir Kopfschmerzen bereitet. Dann spüre ich, wie die Schmerzen in meinen Gliedern nachlassen. Der Kampf zwischen Kakashi und Kabuto um die reaktiven Teilchen wird schwächer. Meine Arme werden aus der erzwungenen Position freigegeben und hängen schlaff an meinen Schultern herunter. Ich keuche und ein zartes Lächeln macht sich auf meinen Lippen breit.

 

Es funktioniert!

 

„Kakashi! Löse das Jutsu bitte auf!“, befehle ich.

 

„Was? Bist du sicher?“, fragt dieser skeptisch, in der Angst, Kabuto könnte mich wieder übermannen.

 

Ich nicke und atme schwer vor Erschöpfung. Kakashi tut wie ihm geheißen und die Schmerzen in meinem Körper verringern sich um ein Vielfaches. Ich stöhne erleichtert aus.

 

Dann liegt meine Konzentration wieder voll auf Kabuto und ich erhebe meine Hände ein Stück in seine Richtung. Dieser sieht mich mit einer Mischung aus Verwunderung und Verachtung an.

 

„Was-Was passiert hier? Was hast du gemacht?“, fragt er mit panischem Unterton.

 

Ich lächle leicht.

 

„Ich habe ein Jutsu angewandt“, sage ich schlicht.

 

„D-Das kann überhaupt nicht sein! Du hast doch gar keine…“

 

„Fingerzeichen geformt?“, unterbreche ich Kabuto in seinem Argument.

 

„Das muss ich auch nicht. Was denkst du denn, wie ich der Einrichtung damals entkommen bin? Ich habe Jahre lang trainiert, meine Jutsus auch ohne Fingerzeichen auszuüben, mich auf meinen Chakrafluss zu konzentrieren. Das habe ich euch zu verdanken, also… Dankeschön“, sage ich triumphierend. Kabuto reißt die Augen auf.

 

„Was ist das für ein Jutsu? Ich… Ich kann mich nicht bewegen!“ Kabutos Stimme klingt wütend und panisch zugleich.

 

„Ein blödes Gefühl, was?“, sage ich mit leichter Ironie dahinter.

 

„So wie du die reaktiven Teilchen in mir kontrolliert hast, so kontrolliere ich jetzt das Wasser in deinem Körper. Blut besteht zu mehr als 90% aus Wasser. Es funktioniert also ähnlich wie dein Jutsu. Nur dass dieses hier offensichtlich schmerzfreier ist.“ Meinem letzten Satz schwingt ein wenig Enttäuschung mit.

 

„Verdammt!“, stößt Kabuto aus.

 

Nun bin ich es, die Kabuto steuert. Mit einer Handbewegung meinerseits zwinge ich seinen Körper ebenfalls, ein Kunai aus seiner Beintasche zu ziehen. Er dreht es in seiner Hand und ich steuere ihn so, dass er sich das Messer selbst in den Bauch rammt. Er stöhnt auf und spuckt Blut. Erschöpft und mit schmerzverzerrtem Gesicht sieht er mich an. Am liebsten würde ich ihn noch länger leiden lassen, doch mein Chakra ist beinahe aufgebraucht. Ich wanke ein wenig vor Erschöpfung, fasse mich aber wieder und lasse ihn das Kunai wieder herausziehen.

 

Kakashi lässt mir freie Hand und beobachtet das Geschehen. Kabuto versucht sich zu wehren und meinem Jutsu zu entkommen. Ich versuche es zu verhindern und mich auf ihn zu konzentrieren, doch ich bin zu erschöpft. Er schafft es mit bloßer Willensstärke, die Kontrolle über einen Teil seines Körpers wiederzuerlangen und er wirft das Kunai in meine Richtung. Ich bin zu schwach um auszuweichen und bereite mich mental auf die Schmerzen, die das Kunai auslösen wird vor. Im letzten Moment springt Kakashi dazwischen und blockt das herbeifliegende Messer mit seinem eigenen Kunai ab.

 

„Danke“, sage ich mit schwacher Stimme. Von dem Kunai abgelenkt, habe ich meine Konzentration vernachlässigt und Kabuto hat sich inzwischen vollständig aus meinem Jutsu befreit. Doch anstatt einen weiteren Angriff zu starten, rennt er so schnell er kann zu seinem Rucksack, den er zuvor beim Gebäude abgestellt hat. Kaum hat er ihn erreicht ruft er seinem vertrauten Geist zu: „Ich habe nicht mehr genügend Chakra! Wir ziehen uns zurück!“

 

Mit einem letzten boshaften Blick in meine Richtung bildet Kabuto ein Fingerzeichen und verschwindet in einer Rauchwolke. Als diese sich verzieht, ist Kabuto weg. Auch seine Riesenschlange ist verschwunden.

 

Ich kann gerade noch erkennen, wie Sakura, Hinata beim Gehen unterstützend, in unsere Richtung kommt. Vor ihnen der immer noch vor Energie strotzende Naruto. Dann breche ich vor Erschöpfung zusammen und warte auf den harten Aufprall auf den Boden. Doch er kommt nicht. Ich spüre noch, wie mich zwei starke Arme auffangen und in der Ferne höre ich ein Bellen und ein Fauchen. Dann schlafe ich ein.

Die Diagnose

Als ich meine Augen öffne, blicke ich in das kalte, weiße Licht der Krankenhauslampen. Ich blinzle ein paar Mal, um meine Augen daran zu gewöhnen. Erst jetzt spüre ich den Schmerz, der meinen Körper noch nicht gänzlich verlassen, aber deutlich schwächer geworden ist. Ich ziehe scharf Luft ein, als ich versuche mich aufzurichten.

 

„Oh, du bist wach! Wie geht es dir?“, fragt mich eine angenehm ruhige Stimme.

 

Ich sehe zu meiner Rechten und entdecke Kakashi neben meinem Bett. Ich lächle ihn leicht an.

 

„Naja, den Umständen entsprechend würde ich sagen“, antworte ich.

 

„Ich hole Tsunade“, sagt er schlicht und ist auch schon zur Tür hinaus, bevor ich etwas erwidern kann. Etwas enttäuscht darüber, dass wir uns nicht unter vier Augen unterhalten konnten, blicke ich gen Fenster. Daneben ist ein kleiner Tisch platziert, auf dem eine Vase mit einer einzelnen Blume steht. Es ist eine Sonnenblume.

 

Ob die von Kakashi ist?, frage ich mich. Noch bevor ich länger darüber nachdenken kann, wird die Tür meines Einzelzimmers schwungvoll aufgerissen und Tsunade tritt ein.

 

„Yuki! Du bist ja schon wach! Das ist schön“, begrüßt mich meine alte Lehrmeisterin mit einem erleichterten Unterton.

 

„Wie lange habe ich denn geschlafen?“, frage ich.

 

„Gar nicht so lange. Gerade mal einen Tag. Kakashi hat mir bereits einen ausführlichen Bericht über euren Kampf geliefert.“

Unwillkürlich erscheint der Kampf wieder vor meinem inneren Auge. Die Schmerzen, die reaktiven Teilchen, meine Angriffe gegen Kakashi und Kabutos gehässiges Grinsen. Mein Blick verfinstert sich.

 

„Es tut mir leid“, sage ich und traue mich nicht, Tsunade dabei in die Augen zu sehen.

 

„Ich meine, es tut mir leid, dass Kabuto entkommen konnte.“ Wieder steigt Wut in mir auf. Ich bin wütend auf Kabuto, aber noch viel wütender auf mich selbst. Ich konnte ihn nicht besiegen. Ich konnte nichts von damals wieder gut machen. Und jetzt liege ich auch noch hier rum zu Lasten von Tsunade und ihren Helfern, ohrfeige ich mich gedanklich selbst.

 

„Unsinn!“, unterbricht Tsunade meine Gedanken.

 

„Du hast deine Sache sehr gut gemacht“, versucht sie mich zu beruhigen. Mein Blick wandert zu meinen bandagierten Händen. Ich erinnere mich daran, wie die Schmerzen nachgelassen haben, als die Teilchen meine Adern durchschlugen. Jetzt sind sie die schmerzhaftesten Körperteile an mir. Ich versuche eine Faust zu bilden, unterbreche mein Vorhaben aber schnell wieder und kneife reflexartig ein Auge zu, als ein stechender Schmerz durch eben diese Hand zuckt.

 

„Es war ein schwieriger Eingriff“, Tsunade deutet auf meine Hände. „Wir haben knapp fünf Stunden gebraucht, um deine Blutbahnen wieder zusammenzuflicken. Es sind immer noch kleine Wunden in den Adern und der Haut vorhanden, aber das muss dein Körper selbst heilen.“

 

Ich nicke verständnisvoll.

 

„Wir haben auch gleich eine Blutprobe von dir genommen und ins Labor geschickt. Sobald wir wissen, was es mit diesen reaktiven Teilchen auf sich hat, können wir weitere Schritte einleiten, sie aus deinem Körper zu entfernen. Ich hoffe, wir bekommen die Ergebnisse bis morgen.“ Tsunade atmet einmal tief durch.

 

„Was ist los?“, frage ich besorgt nach, als ich in ihr trauriges Gesicht sehe.

 

„Nichts. Ich hätte dich nur nicht gehen lassen dürfen. Ich wusste, wie gefährlich Kabuto ist!“

 

Und wieder denkt Tsunade nur an das Wohlergehen anderer. Wieder gibt sie sich die Schuld an allem. Meine Augenbrauen ziehen sich wütend zusammen.

 

„Das ist aber nicht deine Schuld“, fahre ich sie an. „Es war meine Entscheidung, mich Kabuto zu stellen. Ich bin diejenige, die ihn nicht besiegen konnte. Und ich bin diejenige, die dir jetzt zur Last fällt. Und hör gefälligst auf, dir solche Sorgen um mich zu machen. Ich bin schließlich kein Kind mehr! Verletzungen gehören zum Alltag eines jeden Ninja! Du musst mich nicht bemuttern!“

 

Ich schaue sie böse und mit leicht aufgeblähten Backen an. Sprachlos von meiner Ansprache sieht auch sie mir entgeistert in die Augen. Einen Moment ist es still zwischen uns.

 

„Ich weiß“, sagt sie schließlich liebevoll. „Du bist inzwischen erwachsen und hast deinen eigenen Kopf. Aber für mich wirst du trotzdem immer die kleine Yuki bleiben, die ich damals aufgenommen und wie eine Tochter behandelt habe. Und das tue ich immer noch.“ Sie lächelt leicht. Ich lächle zurück.

 

„Ach übrigens“, fange ich neugierig an, „von wem ist denn die schöne Blume da?“

 

Tsunade blickt über meine Schulter zum Tisch.

 

„Die ist von Kakashi. Er war den ganzen Tag hier, als du geschlafen hast und ist dir, seit du aus dem OP draußen bist, nicht von der Seite gewichen. Ich glaube er macht sich Vorwürfe und gibt sich eine Mitschuld an deinen Verletzungen. Am besten, du redest mal mit ihm.“

 

Ohne es zu merken, nehmen meine Wangen eine leichte Rotfärbung an, als ich mir vorstelle, wie Kakashi über meinen Schlaf gewacht hat. Tsunade scheint dies bemerkt zu haben.

 

„Apropos, Kakashi! Was läuft da eigentlich zwischen euch?“ Ihre Augenbraue hebt sich fragend und auf ihren Lippen breitet sich ein neugieriges Lächeln aus.

 

„W-Was? Gar nichts!“, schießt es aus meinem Mund, während mein Kopf nun ein tiefes Rot annimmt.

 

Das Lächeln verschwindet aus ihrem Gesicht und macht einem Ausdruck von Misstrauen Platz.

 

„Ach? Dann stimmen also die Gerüchte über dich und Gai doch?“ Ihre zweite Augenbraue hebt sich.

 

„NEIN!“, sage ich wie aus der Kanone geschossen.

 

„Komm schon, mir kannst du es doch sagen. Wir sind unter uns und ich schwöre dir hoch und heilig, dass ich es für mich behalten werde!“, bettelt sie.

 

„Da ist nichts“, beteuere ich noch einmal.

 

„Aha? Und wieso bist du dann so rot geworden?“ Tsunade lässt nicht locker.

 

„B-Bin ich doch gar nicht!“, brülle ich schon beinahe.

 

„Und wieso stotterst du, wenn du darüber reden musst?“ Ihre Stimme klingt schon leicht gelangweilt von meinen Ausreden.

 

„T-T-Tu ich doch gar nicht!“

 

Sie öffnet ihren Mund und zeigt mit dem Finger auf mich, so als wolle sie mir beweisen, dass ich gerade doch gestottert habe. Mit einem tiefen Durchatmen gebe ich mich geschlagen.

 

„Naja… nicht wirklich“, sage ich nun etwas enttäuscht klingend.

 

Erwartungsvoll blickt sie mich an. Mir ist bewusst, dass sie nicht gehen würde, bis sie jedes kleinste Detail von mir erfahren würde.

 

„Also, es ist so. Ja, Gai hat mich geküsst“, bevor Tsunade dazu ein Statement abgeben kann, fahre ich in meinem Satz schnell fort.

 

„ABER das war nur gespielt, damit wir nach Jomae no Sato kommen konnten“, erkläre ich.

 

„Ihr musstet einen Kuss spielen, um…“ Tsunade schüttelt angeekelt den Kopf bei der Vorstellung.

 

„Vergiss es. Das will ich gar nicht wissen. Erzähl weiter!“, sagt sie schließlich.

 

„Und ich weiß, dass Gai mich wirklich sehr mag. Aber ich kann diese Gefühle für ihn einfach nicht erwidern. Er ist nur ein sehr guter Freund“, schließe ich meine Erzählung ab.

 

Tsunade wartet ungeduldig. Ich schweige.

 

„Aber…?“, fragt sie mit einer gestikulierenden Hand, die mir sagen will, ich solle weiterreden. Ich wusste, sie würde nicht lockerlassen, fluche ich innerlich.

 

Ich seufze.

 

„Was ist mit Kakashi?“, stichelt sie mich ungeduldig an.

 

„Naja, es ist so…“, stammle ich.

 

„Jedes Mal, wenn ich ihn sehe, schlägt mein Harz schneller und ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bekomme ein mulmiges Gefühl im Bauch und mein Gesicht wird glühend heiß, wie bei einer Fiebergrippe“, meine Worte lösen einen Gedanken aus.

„Tsunade, bin ich etwa krank?“, frage ich besorgt.

 

„Hm, ja, die Symptome sind eindeutig“, fachsimpelt sie.

 

„Ach, wirklich?“, frage ich erleichtert.

 

„Ja, in der Fachsprache nennen wir Ärzte das…“ Sie macht eine theatralische Pause.

 

„… Liebe“, beendet sie ihre Diagnose. Ich falle aus allen Wolken.

 

„Liebe? Bist du dir sicher?“, frage ich in der Hoffnung, dass sie sich irrt.

 

„Sehr sicher!“

 

„Das heißt, ich bin in Kakashi verliebt?“, frage ich erneut – ungläubig.

 

„Davon gehe ich aus“, sie grinst mich schief an.

 

„Warst du denn noch nie verliebt?“, fragt sie mich entsetzt.

 

Ich denke kurz nach.

 

„Also, es gab ein paar Männer, die ich sehr mochte, aber… aber so hat es sich noch nie angefühlt!“, gebe ich zu meiner eigenen Verwunderung ehrlich zu.

 

Tsunade lächelt mich breit an.

 

„Dann wünsche ich dir viel Glück mit ihm!“ Ihre Stimme klingt warmherzig und ehrlich, so als könne sie sehr gut nachvollziehen, wie ich mich gerade fühle. Sie küsst mich auf die Stirn und verlässt ohne weitere Worte den Raum. Ich sehe ihr nach, bis sich die Tür hinter ihr schließt und blicke dann erneut zu der einzelnen Sonnenblume auf dem Tisch am Fenster. Sofort sehe ich Kakashis Gesicht vor meinem geistigen Auge und ich grinse leicht.

 

Ich bin also verliebt, denke ich. Aber was mache ich jetzt? Was soll ich ihm sagen, wenn wir uns das nächste Mal treffen? So tun als wäre nichts?

 

Ich habe nicht die Zeit, darauf eine Antwort zu finden. Ohne ein Klopfen oder anderweitige Vorwarnungssignale wird die Tür zu meinem Krankenzimmer aufgerissen und Gai stürmt zu mir ans Bett, gefolgt von seinem Schüler Lee.

 

„Oh, Yuki! Du lebst!“, brüllt er mit tränenüberflutetem Gesicht.

 

„Ich bin ja so froh!“, schluchzt Lee.

 

Gai fasst sich langsam wieder und streckt mir einen großen Strauß roter Rosen entgegen.

 

„Die hier sind für dich, meine Liebste! Wie geht es dir?“ Sein Blick fällt auf meine blutgetränkten Bandagen an den Händen.

 

„Danke, Gai! Das ist sehr lieb, dass ihr mich besuchen kommt. Es wird schon wieder.“

 

Ich bitte ihn darum, die Blumen ins Wasser zu stellen, da meine Hände noch zu sehr schmerzen. Er stellt die Vase, die er von einer Schwester bekommen hat, demonstrativ vor Kakashis Sonnenblume, die neben dem riesigen Strauß an Rosen inzwischen sehr mickrig aussieht. Als Gai die einzelne gelbe Blume sieht, gibt er ein überlegenes Schnauben von sich. Dann wendet er sich wieder mir zu und setzt sich auf einen Stuhl neben mein Bett. Lee sitzt ihm gegenüber auf der anderen Seite des Bettes. Plötzlich fängt Gai an zu schluchzen und ihm stehen erneut Tränen in den Augen, als er mich anblickt.

 

„Es-Es tut mir ja so leid!“, schluchzt er.

 

„Hä?“, frage ich.

 

„Ich konnte mein Versprechen nicht halten! Ich war nicht da, um dich zu beschützen! Das ist alles meine Schuld!“ Er hält sich seinen Arm vors Gesicht, der seine Tränen auffangen soll. Lee beginnt ebenfalls erneut zu schluchzen und ist völlig gerührt von dem Emotionsausbruch seines Senseis. Ich sitze dazwischen und weiß nicht genau, wie ich reagieren soll.

 

„Hey“, beginne ich sie zu beruhigen.

 

„Es ist doch nicht deine Schuld, Gai. Du hättest da auch nicht viel unternehmen können. Ich bin ja nicht gestorben. Und außerdem war doch Kakashi da und hat mich beschützt!“

 

Mein Versuch ihn zu trösten, hat offensichtlich funktioniert, jedoch gleichzeitig einen anderen emotionalen Ausbruch bei Gai verursacht.

 

„Argh! Dieser Kakashi! Er hat bei dir dadurch gepunktet und seine Chancen in unserem Wettkampf damit gesteigert!“ In seinen Augen brennt regelrecht das Feuer der Leidenschaft.

 

„Wettkampf?!“, knirsche ich durch zusammengebissene Zähne. Am liebsten hätte ich ihn in hohem Bogen aus dem Zimmer geworfen, doch das hätte meinem Heilungsprozess sicher nicht gutgetan. Gai sieht mich angsterfüllt an, als er meine Entrüstung aus meinem Gesicht liest.

 

„Naja, ich meine… Er hat doch dadurch jetzt seine Chancen bei dir verbessert… oder?“, versucht er sein Argument zu verdeutlichen.

 

„RAUS!“, brülle ich ihn an.

 

Ohne weitere Widerworte springt Gai von seinem Stuhl auf, packt seinen Schüler am Kragen und nimmt seine Beine in die Hand. Doch in der Tür warten schon meine nächsten Besucher und Gai prallt an Asumas Brust wieder ab. Er landet auf seinem Hintern und Lee fällt quer über seinen Schoß. Verwundert blickt Asuma auf seinen Kollegen und hilft diesem wieder aufzustehen. Schnell drückt sich Gai an ihm, Kurenai und dem restlichen Anhang, der aus Naruto, Sakura und Kurenais gesamten Team besteht, vorbei zur Tür hinaus.

 

„Was hat der denn?“, fragt Asuma mit einem Daumenzeig in die Richtung, die Gai und Lee eingeschlagen haben.

 

„Nicht so wichtig“, antworte ich knapp und versuche mich zu beruhigen, um meine Besucher gebührend zu empfangen.

 

„Yuki, wie geht es dir? Mein Team hat mir schon von eurem Kampf erzählt.“ Kurenai streckt mir ebenfalls einen Strauß Blumen – er ist aus verschiedenen Blumen und schön gesteckt – sowie eine Schachtel Pralinen entgegen.

 

„Als Dankeschön! Dafür, dass du mich geheilt und Kabuto nochmal verfolgt hast!“

 

Ich bedanke mich bei ihnen und bitte sie, die Geschenke werden ebenfalls auf dem kleinen Tisch zu platzieren, der langsam aber sicher immer voller wird.

 

Ich teile den Anwesenden meinen weiteren Behandlungsverlauf mit, den mir Tsunade zuvor geschildert hat und antworte auf ein paar fachliche Fragen von Sakura. Wir unterhalten uns noch eine gefühlte Ewigkeit, bis sie die Besuchszeit schließlich vorbei ist und die zuständige Schwester sie freundlich bittet zu gehen.

 

Ich bin wieder alleine mit meinen Gedanken. Meinen vollen Gabentisch betrachtend, durchströmt mich ein angenehmes Gefühl. Es gibt nun Menschen in meinem Leben, denen ich wichtig bin, denke ich fröhlich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Ich setze mich auf und versuche mich auf den Händen an der Bettkante abzustützen, was ein scharfes Luftziehen durch die Zähne zur Folge hat. Vom Bettrand aus komme ich an den Tisch heran. Ich rieche an den Rosen, die mir Gai geschenkt hat und herrlich duften. Anschließend öffne ich die Schachtel Pralinen, die mir Kurenai gebracht hat, mit der festen Absicht nur eine davon zu essen. Nach der fünften Praline schließe ich die Packung schnell wieder, um nicht alle auf einmal zu essen. Ich lege die Schokolade zurück auf den Tisch und mein Blick fällt wieder auf die Sonnenblume. Neben den beiden anderen Sträußen wirkt sie nun so klein und einsam. Doch für mich ist sie noch immer die schönste Blume von allen.

Zufrieden lasse ich mich zurück in mein Kissen gleiten. Und obwohl ich den ganzen Tag über geschlafen habe, fallen mir meine Lider schnell wieder zu und ich schlafe ein.

 

Ein kalter Luftzug zieht durch den Raum und ich ziehe mir meine Decke unter die Nase. Neugierig, woher die kalte Luft kommt, öffne ich verschlafen meine Augen. Ich sehe, wie die Gardinen vor dem offenen Fenster wehen.

 

Seltsam. Ich kann mich nicht daran erinnern, das Fenster geöffnet zu haben. Muss wohl eine Krankenschwester vergessen haben zu schließen, denke ich. Ich will aufstehen, um es zu schließen, als mir ein Schatten im Raum auffällt. Eine menschliche Gestalt, die an einem Stuhl in der Ecke des Raumes steht. Nein, eher nur ein Umriss. Ich kann es nicht genau erkennen. Mein Herz schlägt schneller.

 

„Wer ist da?“, frage ich in den dunklen Raum hinein. Keine Antwort.

 

Leicht verängstigt drehe ich mich schnell um, um mein Nachtlicht anzuknipsen. Ich höre nur noch ein dumpfes Geräusch. Doch als das Licht den Raum erhellt, ist die Person verschwunden. Habe ich mir das nur eingebildet?

 

Ich tapse zum Fenster, um es zu schließen und die Vorhänge beenden ihren Tanz. Mein Blick wandert zu dem Stuhl in der Ecke, auf dem meine Kleidung fein säuberlich zusammengelegt liegt. Bis auf mein Shirt. Es hängt einfach über der Lehne. War das vorher auch schon?

 

Ich will zurück ins Bett gehen, stolpere dabei aber über etwas und komme leicht ins Wanken. Ich hebe das kleine Buch auf, das mich beinahe zum Sturz gebracht hätte.

 

Flirtparadies, lese ich auf dem Einband.

 

Ich nehme es mit zu meinem Bett, kuschle mich in meine Decke und beginne, die ersten Seiten darin zu lesen.

 

 

 

Ich habe die ganze Nacht nicht mehr geschlafen. Ich war nicht mehr müde und habe die ganze restliche Nacht durchgelesen.

Es klopft an der Tür. Herein kommt eine Schwester mit einem kleinen Wägelchen.

 

„Frühstück!“, sagt diese gut gelaunt. „Und sieh‘ mal. Du hast schon einen frühen Besucher.“

 

Sie verlässt das Zimmer und Kakashi tritt ein.

 

„Oh, guten Morgen Kakashi! Du bist aber früh dran.“ Ich begutachte mein Essen.

 

„Ja, tut mir leid.“ Er kratzt sich verlegen am Hinterkopf.

 

„Eigentlich wollte ich nur fragen, ob ich hier zufällig mein Buch gestern vergessen hahhhh!“

 

Es verschlägt ihm die Sprache, als ich das kleine Buch in die Höhe halte.

 

„Puh, da ist es ja.“ Sagt er und will danach greifen, doch ich bin schneller und weiche dem Griff aus.

 

„Es ist also dein Buch?“, frage ich.

 

„Ja. Gib es mir bitte.“ Er wirkt, als hätte er es eilig und beugt sich weiter über das Bett, um es zu erreichen. Als er merkt, wie nah er mir dadurch gekommen ist, macht er aus Höflichkeit einen Schritt zurück.

 

Ich schlage es auf.

 

„Ahhh, nicht“, jammert er.

 

Ich sehe ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.

 

„Ich habe da noch ein paar Fragen“, fange ich an. Kakashis Gesichtsausdruck verändert sich von Entsetzen zu Verwunderung.

 

„Ich meine, der Schreibstil gefällt mir eigentlich sehr gut, nur habe ich nicht ganz kapiert, wie die beiden sich kennen gelernt haben.“

 

Etwas verdutzt sieht er mich an. Er zögert.

 

„Du… hast es gelesen?“

 

Ich lächle.

 

„Die ganze Nacht lang. Aber vielleicht hätte ich mit Band eins anfangen sollen. Hast du das zufällig auch?“

 

Es ist offensichtlich, dass Kakashi nicht recht weiß, was er darauf sagen soll und es ihm leicht unangenehm ist, mit mir darüber zu reden.

 

„Und du findest es nicht…“ er sucht nach Worten. „…verwerflich?“

 

Nun bin ich es, die ihn überrascht ansieht.

 

„Dass man erotische Bücher liest? Nein. Um ehrlich zu sein, finde ich sie sehr aufschlussreich und inspirierend.“

 

Mit diesem Satz zwinkere ich ihm vielsagend zu und überreiche ihm sein Buch. Er schluckt und ich erahne eine Schamesröte unter seiner Maske. Ich muss darüber grinsen, dass ich offenbar seinen wunden Punkt gefunden habe.

 

Er bedankt sich und kratzt sich verlegen am Hinterkopf, bevor er wieder gehen will.

 

„Ach, sag mal…“, fange ich ihn noch ab.

 

„Du warst nicht zufällig gestern Nacht in meinem Zimmer?“

 

„Ähm. Nein.“

 

Ohne sich für seine knappe Antwort wieder zu mir umzudrehen, verschwindet er auch schnell wieder aus meinem Krankenzimmer, als hätte man ihn ertappt.

 

Ich kann nicht anders als breit in mich hinein zu grinsen.

Ein Alptraum

Ohne ein Klopfen öffnet Tsunade die Tür zu meinem Krankenzimmer und tritt an mein Bett, gefolgt von Shizune. Ich freue mich sie zu sehen. Langsam aber sicher hätte ich sonst begonnen mich zu langweilen.

 

„Die Laborergebnisse deiner Blutprobe sind da“, sagt Tsunade fachlich und mit ernster Stimme. Sie legt die Stirn in Falten, als sie den Zettel in ihrer Hand betrachtet, auf dem besagte Ergebnisse stehen. Sie zögert. Auch Shizune schweigt.

 

„Und? Jetzt mach es nicht so spannend“, dränge ich.

 

Sie blickt von dem Zettel auf und sieht mir direkt in die Augen, bevor sie einen Seufzer ausstößt.

 

„Es ist praktisch nicht möglich die reaktiven Teilchen komplett aus deinem Körper zu entfernen.“

 

Mein Herz setzt für einen Augenblick aus.

 

„Das heißt…“ Nun bin ich es, die zögert. „Das heißt, dass Kabuto mich bei unserer nächsten Begegnung wieder so steuern kann?“

 

Tsunade schließt ihre Augen. Das nehme ich mal als ein Ja.

 

„Nunja“, beginnt sie dann aber und öffnet ihre Augen ein Stück wieder.

„Wir könnten es zwar trotzdem versuchen, da der Eingriff an sich nicht sehr schwierig ist. Allerdings ist sie sehr langwierig. Es ist eine Art Dialyse, bei der dein Blut gereinigt wird.“

 

Ein Hoffnungsschimmer durchzuckt mich.

 

„Allerdings verhalten sich diese Teilchen wie Bakterien, die sich teilen und sich vermehren. Wenn auch nur eines in deinem Körper zurückbleibt, beginnt es von vorne und nach einer gewissen Zeit, hast du wieder so viele reaktive Teilchen in dir wie jetzt. Deswegen ist es so schwierig, sie vollständig aus deinem Körper zu entfernen.“

 

Ich denke kurz über ihre Worte nach.

 

„Allerdings scheint es auch eine Obergrenze für die Teilchen in dir zu geben“, mischt sich nun auch Shizune in das Gespräch ein.

 

„Wir konnten im Labor beobachten, dass die Teilchen sich ihrem Wirt anpassen. Sobald die Kapazität ausgenutzt wurde, hören sie auf sich zu vermehren. Das bedeutet wiederum, dass sie nicht parasitär leben und dir anderweitig nicht zur Last werden.“

Sie hofft, mich damit zu beruhigen und grinst mich mit einem schiefen Lächeln an. Ich blicke abwechselnd zu ihr und Tsunade, bis ich meinen Blick auf meine immer noch verwundeten Hände richte. Meine Mine wird ernst.

 

„Ich will es versuchen. Ich will diese Teilchen nicht mehr in mir haben. Ich möchte nie wieder so hilflos sein! Wenn Kakashi das Jutsu damals nicht kopiert hätte, wer weiß, was dann passiert wäre. Ich möchte nie wieder jemand anderem die Kontrolle über meinen Körper überlassen und schon gar nicht Kabuto!“

 

Tsunade und Shizune tauschen Blicke aus.

 

„In Ordnung“, beginnt Tsunade. „Aber du weißt selbst, dass eine Dialyse nicht sehr angenehm ist?“

 

Sie beobachtet mich mit einer hochgezogenen Augenbraue. Ich schlucke bei dem Gedanken an die Dialyse.

 

„Ach, das wird schon nicht so schlimm werden!“, rede ich mir selbst Mut zu.

 

Tsunade erhebt ihren Finger.

 

„Eine Woche. Es wird genau eine Woche dauern, um sicher zu gehen, dass dein gesamtes Blut gereinigt ist. Und du wirst keine Pause dazwischen haben, um zu verhindern, dass sich die Teilchen in dieser Zeit regenerieren.“

 

Ist das ein Scherz? Eine Woche?! Ich starre sie mit offenem Mund an.

 

„Shizune, Sakura und ich werden die Behandlung persönlich durchführen. Wir werden uns abwechseln und einige Schichten machen müssen. Aber das wird dir die größten Chancen auf Heilung ermöglichen.“

 

Ein leichtes Lächeln zeichnet sich auf meinen Lippen ab.

 

„Danke“, sage ich und Tränen der Rührung steigen mir in die Augen. Sie bemühen sich so sehr um mich. Bei dem Gedanken daran, was Tsunade und Shizune und auch Sakura alles für mich tun, wird mir ganz warm ums Herz. Eine richtige Familie könnte sich nicht besser für einen einsetzen.

 

„Gut, wir beginnen gleich nach dem Mittagessen. Hau lieber ordentlich rein, denn das wird erstmal für lange Zeit die letzte Mahlzeit, die du siehst!“

 

Mit einem dreckigen Grinser in meine Richtung verlässt Tsunade den Raum. Auch Shizune macht Anstalten zu gehen, jedoch nicht ohne mir vorher noch ein mitfühlendes und entschuldigendes Lächeln zuzuwerfen.

 

 

 

Tsunade übernimmt die erste Schicht. Im Behandlungszimmer, das ich nun für eine Woche nicht verlassen werde, liegen bereits mit Symbolik versehene Schriftrollen, verschiedenste Behälter, in denen mein Blut für die Reinigung zwischengelagert wird, sowie Schläuche und Nadeln neben einer Tatamimatte bereit, die in der Mitte des Raumes platziert wurde. Ich lege mich darauf und Tsunade bereitet alles vor. Sie führt mir die Schläuche in die Arme, wodurch das Blut aus und in meinen Körper gelangen kann. Sie beginnt mit dem Behandlungsjutsu und ich spüre, wie sich mein Blut bewegt. Das Gefühl dabei ist zwar nicht so schlimm wie bei Kabutos Jutsu, aber bei Langem auch nicht angenehm, weswegen ich ein paar Mal vor Schmerzen aufstöhne und meine Zähne zusammenbeiße. Tsunade ist in ihrem Element und mit voller Konzentration bei der Sache. Nach einer Weile werde ich müde und träge durch die Anstrengungen, die meinen Körper belasten, und ich schlafe ein.

 

 

 

Ich träume. Vom Kampf gegen Kabuto. Vom Kampf gegen Akatsuki. Ich träume davon, wie ich gerettet werde. Von Kakashi und Gai. Davon wie nutzlos ich mich gefühlt habe – wie hilflos. Dann träume ich von Hiroshi und Ken, meinem alten Team aus Iwagakure. Ich sehe sie vor mir, mit unrealistisch verzerrten Fratzen, die mich jagen. Sie jagen mich durch einen ewig langen Wald. Er ist dunkel und voller großer und alter Bäume. Am Ende des Waldes sehe ich Tsunade und Shizune. Ich versuche sie zu erreichen, doch es ist, als käme ich nicht vom Fleck. Die beiden Frauen, die mir so viel bedeuten, wenden sich von mir ab und verblassen schließlich in der Schwärze des Waldes. Ich renne weiter. Verzweifelt. Plötzlich erscheint Gai wie ein Riese vor mir und ich bleibe abrupt stehen. Er zeigt angewidert mit dem Finger auf mich und beschimpft mich als hässlich und schwach. Ich sinke kraftlos auf die Knie und versuche gegen meine Tränen anzukämpfen, doch es gelingt mir nicht. Dann löst sich Gais Gestalt in Luft auf und Kakashi steht hinter mir. Mit Tränen überströmten Gesicht drehe ich mich zu ihm um. Er reicht mir eine Hand, um mir aufzuhelfen und ich ergreife sie dankbar. Doch sein Griff wird immer fester und fester und es fühlt sich so an, als würden meine Knochen gleich brechen. Ich versuche mich aus seinem Griff zu befreien, doch ich schaffe es nicht. Mit seiner anderen Hand greift er nach seiner Maske und zieht sie sich vom Gesicht. Sein diabolisches Grinsen ist geprägt von spitzen, scharfen Zähnen. Ein eiskalter Schauer jagt mir den Rücken runter und ich zapple an seiner Hand, um von ihm los zu kommen. Vergeblich. Seine Lippen verformen sich und er zieht Luft ein. Es fühlt sich an, als würde er mir die Seele aus dem Körper ziehen. Ich schreie vor Schmerzen.

 

 

 

Ich schreie vor Schmerzen und wache aus meinem Alptraum auf. Schweißgebadet liege ich im Krankenhausbett. Mein Herz schlägt gegen meine Brust, so als wollte es sich aus meinem Brustkorb befreien, so wie ich mich aus dem Griff in meinem Traum befreien wollte. Mein Atem geht schwer und Schweiß tropft mir vom Gesicht. Ich blicke mich verwirrt im Raum um. Es ist dunkel und still. Es sind Schritte im Gang zu hören. Eine Schwester kommt ins Zimmer gestürmt.

 

„Ist alles in Ordnung? Wieso hast du geschrien? Hast du Schmerzen?“

 

Leicht irritiert sehe ich sie an, als sie den Lichtschalter betätigt und die kalte Lampe den Raum erhellt. Verwirrt sitze ich da, nicht begreifend, wo ich bin und dass das alles nur ein Traum gewesen sein soll. Es fühlte sich so echt an. Ich greife an mein Handgelenk, an dem mich Kakashi im Traum festgehalten hat. Erst jetzt bemerke ich, dass die Schmerzen in meinen Händen nachgelassen haben und auch Bandagen trage ich keine mehr.

 

„Ich hole mal Shizune“, sagt die Krankenschwester, nachdem ich ihr immer noch keine Antwort gegeben habe.

 

Meine Atmung beruhigt sich langsam wieder und auch mein Herz hat seinen normalen Rhythmus wiedergefunden. Ich blicke auf die Uhr. 3:48 Uhr. Es ist noch finsterste Nacht.

 

„Yuki!“ Sichtlich erleichtert betritt Shizune den Raum.

 

„Du bist endlich aufgewacht!“

 

„Endlich? Wie lange habe ich denn geschlafen?“ Ich klinge immer noch ziemlich benommen.

 

„Na, neun Tage! Du bist relativ am Anfang der Behandlung eingeschlafen und hast auf nichts mehr reagiert. Einmal hätten wir dich fast verloren, aber Tsunade konnte dich noch rechtzeitig zurückholen. Danach war die Behandlung noch schwieriger. Du warst ständig schweißgebadet und schienst große Schmerzen gehabt zu haben. Wir haben dich danach nicht mehr wach gekriegt. Wir hatten schon das Schlimmste befürchtet! Ich bin ja so froh, dass es dir wieder bessergeht!“

 

Mit Freudentränen in den Augen fällt sie mir um den Hals.

 

Sie hätten mich fast verloren? War das die Stelle im Traum, als ich durch den Wald auf Tsunade und Shizune zu gerannt bin? Danach hat sich der Traum ja tatsächlich in einen Alptraum verwandelt, überlege ich völlig benommen. Langsam realisiere ich, was Shizune mir gerade erzählt hat und erwidere schwach ihre Umarmung. Ich fühle mich kraftlos und kann meine Arme nur mit Mühe heben.

 

Shizune löst sich aus der Umarmung und blickt mich besorgt an.

 

„Du meine Güte! Du musst hungrig sein! Du wurdest ja die ganzen Tage über nur künstlich ernährt und die wurde auf ein Minimum zurückgeschraubt! Ich hole dir schnell was zu essen!“

 

Ohne dass ich etwas erwidern kann, stürmt sie auch schon aus dem Raum. Zurück kommt sie mit einem Obstkorb und den Resten vom Abendessen, die aus ein paar Scheiben Brot und Käse bestehen.

 

„Tut mir leid. Mehr war nicht mehr da. Aber das sollte bis zum Frühstück ausreichen.“ Sie wirft mir wieder eines ihrer entschuldigenden Lächeln zu. Dankbar nehme ich das Essen entgegen. Nachdem ich fertig gegessen habe, räumt sie das Geschirr wieder auf, lässt jedoch die Reste des Obstkorbes im Zimmer stehen. Dann verlässt sie den Raum, um mir noch ein paar Stunden Ruhe zu gönnen, bevor morgens der Trubel im Krankenhaus wieder losgeht.

 

Kaum scheinen die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster, stürmt auch schon Tsunade wieder in mein Zimmer. Obwohl ich so lange geschlafen habe, bin ich nach dem nächtlichen Essen doch noch einmal eingeschlafen und wache durch Tsunades stürmisches Auftreten erschrocken wieder auf. Ich reibe mir die Augen, werde darin aber durch eine Umarmung seitens Tsunade unterbrochen.

 

„Gott sei Dank, es geht dir gut!“ So aufgelöst habe ich Tsunade bisher selten gesehen. Sie scheint sich wirklich schreckliche Sorgen um mich gemacht zu haben.

 

„Ist ja gut, Tsunade! Mir geht es doch wieder gut!“

 

Der erleichterte Seufzer ihrerseits ist kaum zu überhören.

 

„Ich bin ja so froh. Und noch eine gute Nachricht! Wir haben dein Blut nach der Behandlung nochmal ins Labor geschickt und soweit wir sehen können, sind die Teilchen vollkommen aus deinem Körper verschwunden. Aber um ganz sicher zu gehen, werden wir in ein paar Wochen nochmal einen Test machen!“

 

Ich strahle über das ganze Gesicht.

 

„Ihr habt es tatsächlich geschafft? Oh, Danke! Vielen, vielen Dank! Ihr seid einfach die größten!“ Diesmal bin ich es, die voller Euphorie Tsunade um den Hals fällt.

 

„Ist ja schon gut.“ Sie tätschelt mir behutsam den Rücken.

 

„Jetzt komm erstmal wieder richtig zu Kräften. Für heute bleibst du noch zur Beobachtung im Krankenhaus und morgen früh kannst du dann auch wieder heimgehen.“ Sie macht eine kurze Pause.

 

„Was sich ganz gut trifft“, fügt sie hinzu, „denn morgen veranstalte ich eine Vollversammlung aller Ninja von Konoha! Da solltest du natürlich auch anwesend sein!“

 

„Worum geht es denn?“

 

„Das wirst du schon noch früh genug erfahren!“ Sie lächelt wissend, was mich irgendwie verunsichert.

 

Bevor sie mich mit meinem Frühstück alleine lässt, hält sie noch einmal im Türrahmen inne.

 

„Ich bin wirklich froh, dass es dir gut geht, Yuki!“

 

Dann schließt sie die Tür. Da war sie wieder – ihre fürsorgliche, mütterliche Seite, die ich so an ihr liebe. Hätte ich ihr von dem Traum erzählen sollen? Nein. Ich glaube, das behalte ich lieber für mich.

 

 

 

Als ich im Hauptversammlungsraum ankomme, ist dieser schon reichlich voll. Beinahe alle sind schon da. Kurenai winkt mir aus einer der mittleren Reihen zu und ich geselle mich neben sie. Auf ihrer anderen Seite kniet Asuma, der mich ebenfalls freundlich begrüßt. Die beiden Jonin erkunden sich nach meinem Gesundheitszustand und bemerken, dass sie mich schon eine Weile nicht mehr gesehen haben, doch zum Antworten komme ich nicht mehr, da Tsunade durch ein Räuspern andeutet, anfangen zu wollen. Der Geräuschpegel im Raum wird hörbar leiser bis kaum noch ein Mucks zu hören ist.

 

„Schön, dass ihr alle da seid! Ich möchte…“ Weiter kommt sie in ihrer Einleitung nicht, da sich die Tür zu dem großen Raum erneut öffnet. Kakashi steckt seinen Kopf herein.

 

„Oh! Äh… tut mir leid. Ich bin etwas zu spät!“ Verlegen kratzt er sich am Hinterkopf und setzt sich an eine freie Stelle in den hinteren Reihen, was sich als relativ schwierig gestaltet, da der Raum bereits ziemlich voll ist. Jeder in diesem Raum sieht ihn mit dem typischen „War ja klar, dass Kakashi wieder zu spät kommt“-Blick an. Sofort kommen mir die Bilder aus meinem Alptraum wieder in den Sinn. Wie Kakashi mich festhielt und versucht hatte, mir die Seele auszusaugen. Ich schüttle heftig meinen Kopf, um diese Bilder aus meinem Kopf zu drängen.

 

„Schon gut, Kakashi. Du hast noch nichts verpasst.“ Tsunade versucht sich daran zu erinnern, was sie gesagt hat, bevor sie unterbrochen wurde.

 

„Also. Der Grund für die Versammlung ist Folgender. Einigen von euch ist ja bekannt, dass es alle 5 Jahre zu einem Ereignis kommt, um den Frieden seit dem letzten großen Ninja-Krieg zu feiern und in Ehren zu halten. Dieses Ereignis ist der Friedensball und er findet jedes Mal woanders statt. Dieses Mal wird er in Sunagakure veranstaltet und der Kazekage hat mir eine offizielle Einladung zukommen lassen, in der alle Ninja aus Konohagakure ganz herzlich eingeladen sind.“

 

Ein leises Murmeln geht durch den Raum. Ein Ball? Wieso habe ich in Iwagakure davon nie etwas gehört? Vermutlich wurden nur besondere Ninja dafür ausgesucht, denke ich.

 

„Leider kann ich nicht erlauben, alle Ninja aus Konoha zu diesem Ball zu schicken, da sich die Missionen, die sich bei mir stapeln, nicht von alleine erledigen und außerdem immer ein paar von uns im Dorf sein sollten, um dessen Sicherheit zu gewährleisten. Ich selbst werde deswegen auch nicht zu dem Ball gehen können.“

 

Das Gemurmel wird hörbar lauter.

 

„DESWEGEN“, brüllt Tsunade, um wieder die Aufmerksamkeit zu erlangen, die ihr zusteht.

 

„Deswegen habe ich einige von euch ausgewählt, die stellvertretend für ganz Konoha an diesem Ball teilnehmen werden. Da der Kazekage in seinem Schreiben darauf bestand, Narutos Team zu schicken, um sich erneut für deren Hilfe bei seiner Rettung aus den Händen von Akatsuki zu bedanken, werden Naruto, Sakura und Kakashi schon mal auf jeden Fall hingehen.“

 

„Juhuuuuu!“, brüllt Naruto nun aus der letzten Reihe und macht einen Freudensprung in die Luft.

 

„Ich werde mit Sakura auf einen Ball gehen!“

 

„Naruto!“ Tsunade versucht wieder Ruhe in die Situation zu bringen, doch er hört ihr nicht mehr zu.

 

„Ob sie wohl auch mit mir tanzen wird? Hey Sakura! Willst du-?“ Seine Frage wird durch einen gezielten Faustschlag in sein Gesicht von Sakura unterbrochen. Ein schiefes Grinsen macht sich beim Beobachten dieser Szene auf meinen Lippen breit.

 

„Danke, Sakura“, sagt Tsunade und führt ihre Rede fort.

 

„Er würde sich auch über Gais Team freuen, allerdings brauche ich zumindest Gai und Lee für eine besondere Mission als Taijutsu-Spezialisten hier. Neji und Tenten. Euch könnte ich für die Zeit entbehren, wenn ihr gerne mitwollt.“ Sie blickt fragend in die Richtung der beiden.

 

„Oh, danke! Liebend gerne!“ Tentens Begeisterung ist deutlich zu hören, während Neji nur gleichgültig die Arme vor der Brust verschränkt. Um seine Teamkameradin nicht zu enttäuschen stimmt er mit einem leichten Nicken dem Angebot zu und Tentens Gesicht strahlt vor Freude.

 

„Och, schade. Dann werde ich wohl nicht mit Sakura tanzen können“, jammert Lee in sich hinein. Gai legt ihm tröstend die Hand auf die Schulter.

 

„Mach dir nichts draus. Dafür werden wir eine ganz tolle Mission zusammen erledigen! Nur wir beide, Lee.“ Gais Worte scheinen ihre Wirkung zu erzielen, denn Lees Enttäuschung ist von jetzt auf gleich wie weggeblasen.

 

„Gut. In der Einladung stand ebenfalls, dass sich die Schwester des Kazekage auf Shikamaru Naras Besuch freuen würde. Sie möchte sich dadurch für die Hilfe bei den Chunin-Auswahlprüfungen bedanken. Shikamaru?“ Tsunade blickt sich suchend um.

 

Sie hat Shikamaru wohl noch nicht im Raum erblickt, was unter anderem auch daran liegt, dass er durch die große Gestalt seines Sensei vor ihm vollkommen verdeckt wird. Höflichkeitshalber steht er für seine Antwort auf.

 

„Na, wenn’s denn sein muss. Auch wenn ich eigentlich gar keine Lust habe auf so einen doofen Ball.“ Seine Stimme klingt mürrisch und genervt – wie immer. Asuma selbst muss über die Antwort seines Lehrlings grinsen, doch ich kann ihn da voll und ganz verstehen. Dieser Ball wäre auch nichts für mich, denke ich.

 

„Tsunade! Wenn Shikamaru gehen darf, möchte ich auch gerne mitkommen!“ Nun ist es Ino, die ihre Hand erhebt. Tsunade sieht sie mitfühlend an.

 

„Ino, ich weiß, du würdest gerne auf dem Ball tanzen und ich würde dich auch gerne mitgehen lassen, aber ich brauche dich im Krankenhaus. Da Sakuras Schichten dort wegfallen, gibt es dort einiges zu tun.“

 

Traurig nimmt Ino ihre Hand wieder runter und will ihrer Lehrmeisterin nicht weiter widersprechen. Stattdessen wirft sie Sakura einen vor Eifersucht und Wut strotzenden Blick zu. Arme Ino, denke ich.

 

„Es tut mir leid“, sagt die blonde Hokage noch einmal entschuldigend in ihre Richtung und wendet sich dann wieder allen zu.

 

„Asuma. Kurenai. Ihr werdet ebenfalls zu dem Ball gehen. Ihr seid schließlich so etwas wie unser Vorzeige-Ninja-Paar hier in Konoha.“ Tsunade grinst meine beiden Sitznachbarn an, die vor Schamesröte gerade am liebsten im Boden versinken würden. Sie nicken voller Einverständnis und ich muss ebenfalls grinsen, wenn ich die beiden so sehe.

 

„Und zu guter Letzt“, führt Tsunade fort, „möchte ich noch Yuki mit auf den Ball schicken.“

 

Mein Lächeln verschwindet sofort aus meinem Gesicht und Überraschung setzt sich darin fest.

 

„I-Ich?“, frage ich ungläubig.

 

„Ja, du. Wenn ich richtig mitgezählt habe, fehlt Kakashi noch eine Tanzpartnerin.“ Sie zwinkert mir zu. Ich schlucke.

 

„Ich glaube, das ist keine gute Idee, Tsunade“, versuche ich mich aus der Affäre zu ziehen. Sie hebt eine Augenbraue, was sie ziemlich streng aussehen lässt.

 

„Wieso schickst du nicht Ino mit? Ich kann doch genauso gut im Krankenhaus die Schichten übernehmen!“

 

„Willst du etwa meine Planung in Frage stellen?“ Ihre Stimme klingt plötzlich böse und streitlustig.

 

„N-Nein, ich… Ich meine ja nur…“ Mein Blick wandert durch den Raum, nach einer Ausrede suchend.

 

„Shikamaru! Shikamaru hat auch keine Tanzpartnerin!“ Dieser blickt mich gelangweilt an.

 

„Temari, die Schwester des Kazekage hat nach ihm verlangt. Ich gehe davon aus, dass sie seine Tanzpartnerin sein wird.“

Langsam aber sicher wird Tsunade dieses Gespräch zu langweilig.

 

„Aber Tsunade! Ich muss wirklich nicht auf diesen Ball. Ich kann doch nicht mal tanzen. Wieso schickst du nicht jemanden, der hinwill? Ich übernehme auch liebend gerne andere Missionen!“, bettle ich.

 

„Nein“, sagt sie bestimmend. „Ich schicke dich mit, weil du von deinem Krankenhausaufenthalt noch nicht ganz fit bist. Das ist eine gute Beschäftigung für dich, bis du wieder völlig einsatzbereit bist. Außerdem lernst du so unsere Verbündeten kennen und ich brauche dort Personen, die wissen, wie man diplomatisch mit brenzligen Situationen umgeht. Und ich denke, dass du das sehr gut kannst.“

 

Ihre Argumente sind durchaus schlüssig, was mich nicht gerade freudig stimmt. Plötzlich kommt mir etwas in den Sinn.

 

„Aber dort werden sicher auch Leute aus Iwagakure sein! Du weißt nur zu gut, dass sie immer noch nach mir suchen könnten. Wenn mich dort jemand von ihnen erkennt, könnte das zu einem Konflikt kommen. Ich möchte nicht der Grund für einen Konflikt auf einer Friedensveranstaltung sein!“

 

Die anwesenden Ninja tauschen nervöse Blicke untereinander aus und zustimmendes Gemurmel ertönt. Dann blicken sie gespannt zu Tsunade, um deren Antwort zu erwarten. Auch sie wirkt kurz von meinem Argument überrumpelt, doch sie lässt sich nichts anmerken und schließt die Augen.

 

„Na genau deswegen schicke ich dich doch mit“, sagt diese mit einem wissenden Lächeln.

 

Mit dieser Antwort hätte ich nicht gerechnet.

 

„Das verstehe ich jetzt nicht.“

 

„Ganz einfach. Ich lege es darauf an, dass dich die Iwa-Nins entdecken. Erstens können wir die ganze Angelegenheit dann endlich klären. Dann wissen sie, dass du jetzt in Konoha lebst und sie haben keinen Grund mehr dich zu verfolgen, wenn du ihnen deine Situation erklärst. Sollten sie jedoch trotzdem auf einem Friedensball eine Auseinandersetzung anfangen, wird das von den anderen Nationen wohl kaum gerne gesehen. Ich vermute, dass sich die restlichen Anwesenden unterstützend auf deine Seite stellen werden, um einen Konflikt zu vermeiden. Und wer sich auf die Seite von Iwagakure stellt, bei dem wissen wir wenigstens, dass man ihm nicht trauen kann. So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe!“ Sie beendet ihre Ausführungen mit einem triumphalen Lächeln in meine Richtung.

 

Völlig baff von ihren Argumenten sitze ich sprachlos und mit offenem Mund da. Ich gebe mich geschlagen und stimme zu, mit auf den Ball zu gehen. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, denke ich noch einmal über das Gespräch nach. Tsunade hat das wirklich gut durchdacht. Das bedeutet also, ich werde mich dort wohl oder übel mit den Iwa-Nins auseinandersetzen müssen. Ich lerne den Kazekage kennen. Und ich soll mit Kakashi tanzen. Ich blicke in seine Richtung. Als er meinen Blick mit einem Lächeln erwidert und zur Begrüßung eine Hand hebt, schießt mir die Röte ins Gesicht und ich drehe mich wieder nach vorne. In meinem Magen dreht sich alles und mir wird schlecht, wenn ich nur ans Tanzen denke. Ich kann nicht tanzen. Wirklich nicht. Ich spüre Kakashis verwirrten Blick in meinem Rücken.

 

Moment mal!? Tsunade hat das mit Iwagakure gar nicht geplant! Das waren zwar gute, aber rein improvisierte Argumente, sonst hätte sie diese doch gleich als Erste genannt! Ihr eigentlicher Grund mich auf diesen doofen Ball zu schicken war, mich mit Kakashi zu verkuppeln. Sie hätte genauso gut jede andere Kunoichi in unserem Alter schicken können. Shizune oder Anko wären dafür eine ebenso gute Wahl gewesen! Ich wusste, ich hätte ihr das im Krankenhaus nicht erzählen dürfen!

 

Leicht eingeschnappt knirsche ich mit den Zähnen. Doch insgeheim freue ich mich darüber auch ein bisschen.

Kleider machen Leute

„OHHHHH NEIN!“, protestiert Gai vor dem Versammlungsraum.

 

„Wieso muss ich denn auf Mission, während du die Tanzpartnerin von Kakashi sein sollst? ICH sollte dein Tanzpartner bei diesem Ball sein! Ich bin sowieso der bessere Tänzer!“ Augenblicklich demonstriert er seinen Hüftschwung.

 

Im Beisein all derer, die zum Ball geschickt werden, versuche ich den aufgebrachten Jounin zu beruhigen.

 

„Du hast doch gehört, was Tsunade gesagt hat. Sie braucht dich doch für eine wichtige Mission, die nur du als Taijutsu-Spezialist erledigen kannst. Du kannst mir glauben, dass ich auch nicht darum gebeten habe, auf den Ball zu gehen. Ich kann nämlich nicht tanzen.“

 

Mit einem skeptischen Blick auf seine immer noch hin und her wackelnden Hüften denke ich mir, dass ich beim Tanzen jedoch auch nicht schlimmer aussehen kann als er. Kakashi tritt näher an Gai heran und legt diesem beruhigend eine Hand auf seine Schulter.

 

„Keine Sorge, Gai. Ich werde schon auf Yuki aufpassen“, versucht nun Kakashi sein Glück. Er scheint damit auch kurzfristig mehr Erfolg zu haben, da sich Gais Pobacken plötzlich beruhigen.

 

„Darum mache ich mir keine Sorgen. DU bist das Problem, KAKASHIIIII!“, tobt er nun erneut. Mit geballten Fäusten droht er seinem Gegenüber, welcher entschuldigend seine Hände nach oben nimmt.

 

„Hey, Gai! Jetzt komm mal wieder runter. Das ist nur ein Ball. Es wird schon nichts passieren. Wir sind doch auch alle dabei“, mischt sich nun auch Asuma ein. Kurz hält Gai inne, um über seine Worte nachzudenken.

 

„Genau, und wenn du deine Mission schnell erledigst, erlaubt dir Tsunade vielleicht nachzukommen“, schlägt Kurenai vor, um ihren Mann zu unterstützen. Sofort ändert sich Gais Gesichtsausdruck von wütend-nachdenklich in feurig-motiviert.

 

„Gute Idee! Genau das werde ich tun! Ich werde die Mission mit Lee in Null-Komma-Nichts beenden und dann mit ihm nachkommen!“ In seinen Augen entflammt die Kraft der Jugend.

 

„Yuki“, er nimmt meine Hand in seine. „Du wirst doch dort mit mir tanzen, oder?“

 

Seine Frage ist wohl eher rhetorisch gemeint, da er mir keine Zeit für eine Antwort gibt und schon auf dem Weg ist, seine Sachen für seine Mission zu packen. Leicht genervt aber erleichtert blicken wir dem nun fröhlichen Jounin nach.

 

„Sagt mal“, überbrückt Sakura nun die Stille, die sich kurz ausgebreitet hat.

 

„Habt ihr vielleicht Lust, morgen zusammen die Ballkleider zu kaufen?“

 

Begeisterung macht sich in den Gesichtern von Tenten und Kurenai breit. Hastig nicken die beiden und da ich sowieso noch ein Kleid brauche, schließe ich mich der Einladung an.

 

„Super, wann treffen wir uns denn?“, fragt nun Naruto, der offensichtlich auch noch nichts zum Anziehen hat. Seine Frage wird von Sakuras Faust auf seinem Kopf beantwortet.

 

„Du doch nicht!“, schreit sie. „Die Männer dürfen doch nicht vorher sehen, was wir anziehen. So gibt es doch keinen Wow-Effekt, wenn wir dann den Raum betreten!“

 

Ihr Blick verrät, dass sie sich ihren Auftritt auf dem Ball bereits gründlich durchdacht hat.

 

„Ach Menno!“, jammert Naruto, sich die schmerzende Beule an seinem Kopf reibend. Aufmunternd lächelt Kakashi seinen Schützling an.

 

„Na komm schon. Sakura hat Recht. Du willst dir doch nicht die Überraschung verderben. Wir können ja morgen auch eine Männerrunde machen und auch unsere Outfits kaufen gehen.“

 

Ein Leuchten erhellt Narutos Augen.

 

„Echt jetzt? Oh super! Hey, Neji! Hast du das gehört? Wir gehen mit Sensei Kakashi und Sensei Asuma einkaufen“, freut er sich wie ein kleines Kind, dem man ein neues Spielzeug versprochen hat. Neji versucht ihn nur peinlich berührt zu ignorieren. Mit einem leichten Lächeln beäuge ich die Szene.

 

„Gut, aber nicht, dass ihr dann im selben Laden seid wie wir!“, schimpft Sakura mit erhobenem Zeigefinger.

 

„Das ist doch kein Problem“, sagt Kurenai. „Es gibt da einen kleinen Braut- und Abendkleiderladen am Rande des Dorfes. Die führen dort nur Frauenkleider, dort wären wir ungestört. Nebenbei haben sie eine unglaubliche Auswahl und wirklich schöne Kleider. Ich habe mir dort mein Brautkleid gekauft.“ Jetzt ist es Sakura die strahlt und bei der Vorstellung an die Kleider die Hände vor ihrer Brust faltet.

 

„Also gut, dann bis morgen! Seid pünktlich um 10 Uhr vor dem Laden!“, verabschiedet sich Kurenai nach einer genauen Wegbeschreibung.

 

 

 

Anscheinend bin ich die letzte, die am Laden ankommt, obwohl ich noch fünf Minuten vor der abgemachten Zeit vor Ort bin. Offensichtlich können die anderen es kaum erwarten, in die Kleider zu schlüpfen und sich wie eine Prinzessin zu fühlen, denke ich als ich in die aufgeregten Gesichter und glänzenden Augen sehe. Ich muss schmunzeln, als ich sie so sehe. Früher war ich auch so, denke ich betrübt. Allerdings kann ich diesen Enthusiasmus heute nicht mehr mit ihnen teilen. Sicher hat jedes Mädchen diesen Traum, einmal Prinzessin zu sein. Jedoch ist dieser Traum bei mir erloschen, seit ich diese Narben auf meinem Körper trage. Durch sie habe ich einen großen Teil von mir verloren. Ich habe einen großen Teil meines Selbstbewusstseins verloren. Ich hasse mein Äußeres. Ich hasse meine Haut und die Narben, die mich kennzeichnen. Tsunade und Kakashi haben zwar gesagt, ich solle mich deswegen nicht schämen, aber diese Selbstzweifel sind nun mal tief in mir verankert. Das lässt sich nicht so leicht ausblenden. Diese Narben erinnern mich jeden Tag an die schlimmste Zeit in meinem Leben. Sie erinnern mich an die Spitznamen und Beleidigungen, die man mir Iwagakure gab. Und sie erinnern mich an die Schmerzen die ich erlitten habe – körperlich und seelisch. Ohne es zu merken, vergrabe ich meine Fingernägel in meinem Oberarm und kratze mir dadurch ein wenig die Haut auf.

 

„Alles ok, bei dir?“

 

Kurenai holt mich aus meinen Gedanken und sofort löse ich meinen Griff um meinen Arm. Ich lächle sie an und nicke. Ich habe gar nicht gemerkt, dass Sakura und Tenten bereits im Laden stehen und uns durch das Schaufenster zuwinken und signalisieren, ebenfalls endlich einzutreten. Ich atme tief durch und betrete den Laden, dessen Räume mir meinen Atem sogleich wieder nehmen. Von außen sieht er viel kleiner aus, doch die Auswahl ist sogar noch größer, als ich es mir vorgestellt habe. Kurenai hat nicht übertrieben. Es ist wirklich atemberaubend. Mit großen Augen laufe ich durch die Gänge und berühre im Vorbeigehen den weichen Stoff der Kleider. Sofort kommt eine kleine, ältere Dame auf uns zu, die uns herzlich in Empfang nimmt.

 

„Oh, Kurenai, wie schön dich wieder zu sehen! Ich nehme mal an, dass es diesmal kein Brautkleid für dich ist? Wer ist denn die Glückliche?“ Kurenai kichert kurz.

 

„Hallo! Nein, nein. Keine Hochzeit! Der Friedensball steht an und wir brauchen alle Kleider“, erklärt sie knapp.

 

„Oh, na wenn das so ist. Habt ihr denn schon Vorstellungen?“ Die alte Dame blickt in die Runde. Ich überlasse den anderen den Vortritt, die offensichtlich schon konkrete Vorstellungen von ihren Kleidern haben. Sakura ist die Erste, die ihren Kleiderwunsch beschreibt. Sofort stiefelt die Alte los und bringt ein paar Modelle, die sehr gut auf Sakuras Beschreibungen zutreffen. Obwohl die Dame die Kleider mit ausgestreckten Armen hoch über ihrem Kopf trägt, schleifen die Kleider noch ein wenig am Boden und die Alte ist unter dem ganzen Stoff kaum noch zu sehen. Ich muss darüber schmunzeln. Es sieht einfach zu ulkig aus.

 

Nach etwa zwei Stunden haben sich meine drei Begleiterinnen bereits für ihre Kleider entschieden und jedes einzelne steht ihnen außerordentlich gut. Sakura hat sich für ein langes, rotes Ballkleid entschieden. Es ist ein richtiges Prinzessinnenkleid, das oben eng geschnitten ist und ab der Hüfte richtig pompös wirkt. Sie trägt einen Herzausschnitt und an den Trägern sind blumenähnliche Ornamente, die wie rote Rosen aussehen.

 

Tentens Kleid ist ein wenig schlichter ausgefallen. Es ist ein enges Kleid in chinesischem Stil. Es ist hoch geschlossen mit einer eleganten Knopfreihe, die über ihre rechte Schulter knapp über der Brust zur Seite verläuft. Die gold-orangenen Blumenmuster auf dem creme-farbenen Stoff schmeicheln ihrer Hautfarbe und die kurze Länge des Kleides, das ihr knapp über die Knie reicht, zeigt ihre schlanken Beine, die sie sonst unter ihren recht weit geschnittenen Hosen versteckt.

 

Kurenai hat sich ein eher schlichtes, schwarzes Kleid ausgesucht, das ihre Figur betont. Besonders der tiefe V-Ausschnitt wird an diesem Abend nicht nur Asuma gefallen. Das Kleid gibt Kurenai etwas Elegantes. Da es sehr lang ist, hat sie kurzerhand entschlossen, hohe Schuhe dazu zu tragen, statt es kürzen zu lassen.

 

 Nun sind alle Augen auf mich gerichtet. Ich schlucke.

 

„Ach, wisst ihr… Ich glaube, ich brauche doch kein…“, versuche ich mich aus der Affäre zu ziehen, breche in meinem Satz jedoch ab, als ich in drei böse funkelnde Augenpaare sehe.

 

„Ähähäh. Ok. Ähm…“, überlege ich.

 

„Vielleicht ein blaues Kleid?“ Ich sehe zu meinen Begleiterinnen, die erwartungsvoll auf weitere Beschreibungen warten. Da ich mich mit Kleidern jedoch überhaupt nicht auskenne und nicht weiß, wie man so etwas beschreibt, machen sich ein paar Schweißperlen auf meiner Stirn breit.

 

„Ähm. Ein langes, blaues Kleid?“, starte ich noch einen Versuch. Sakura klatscht sich selbst nur mit der flachen Hand auf die Stirn. Ich lächle den dreien entschuldigend zu, während mich die Verkäuferin kurz von oben bis unten mustert.

 

„Hmm, ich glaube, ich hab‘ da was für dich, Schätzchen! Es ist mein absoluter Stolz, aber ich glaube, es steht dir sehr gut“, sagt diese kurz. Die kleine Person verschwindet in den Gängen und wird ein weiteres Mal von Stoff verschlungen. Zurück kommt sie mit einem langen Kleid in einem Königsblau. Sie drückt es mir in die Hand und verschwindet mit mir in der Umkleidekabine. Als der Vorhang wieder zurückgeschoben wird und ich mit einem mulmigen Gefühl aus der Kabine trete, werde ich mit überraschten und sprachlosen Gesichtern begrüßt. Ich weiß nicht recht, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist, bis ich auf das Podest vor den Spiegel trete. Ich muss den Stoff etwas hochheben, um nicht draufzutreten. Ein Blick in den Spiegel raubt nun auch mir den Atem. Mit offenem Mund starre ich mein Spiegelbild an.

 

Der Stoff legt sich wie eine zweite Haut eng an meinen Körper. Silbern-glitzernde Schnörkelornamente ziehen sich von meiner Taille seitlich nach oben über die Brust. An den Beinen wird das Kleid etwas weiter, um mir genügend Bewegungsfreiheit zu bieten, fällt aber elegant an meinem schlanken Körper nach unten. Seitlich ist zusätzlich etwas mehr Stoff angebracht, der durch eine Öse an einem Finger angehoben werden kann. Das Kleid ist von einem tiefen Königsblau, das im Licht leicht glitzert. Ich drehe mich vor dem Spiegel darin hin und her und versuche die richtigen Worte zu finden. Doch mir fallen keine ein.

 

„Wow“, ist alles, was Sakura hinter mir hauchen kann.

 

„Du siehst einfach umwerfend aus!“, pflichtet ihr Tenten bei.

 

Kurenai tritt an meine Seite.

 

„Du wirst auf jeden Fall einen Wow-Effekt auslösen, wie Sakura es gestern so schön gesagt hat.“ Sie lächelt mich an.

Ich schlucke. Sie haben Recht. Ich sehe wirklich umwerfend aus. Gerade als ich mich in das Kleid verliebe, fällt mein Blick wieder auf meine Narben, die deutlich an meinen Armen und Schultern zu erkennen sind. Sofort zeichnen sich wieder Zweifel in meinem Gesicht ab.

 

Kurenai scheint dies zu merken.

 

„Was hast du?“

 

„Ach naja… Vielleicht sollte ich doch noch ein anderes probieren. Vielleicht etwas mit langen Ärmeln?“

 

„Vergiss es!“ Sakuras Worte klingen schneidend. Ich drehe mich zu ihr um. Mein Kleid glitzert dabei leicht.

 

„Das Kleid ist wie für dich gemacht! Du nimmst das jetzt!“

 

„Aber…“ Ich blicke noch einmal auf meine Narben im Spiegel.

 

Sakura seufzt.

 

„Du siehst super darin aus! Niemand wird auf deine Narben achten. Und selbst wenn? Sie gehören nun mal zu dir. Du solltest langsam mal dazu stehen! Du siehst auch mit Narben sehr hübsch aus. Lass dir ja nichts Anderes einreden.“

 

Ihre Worte tun gut. Ich spüre eine angenehme Wärme, die mein Herz umhüllt.

 

„Sie hat recht! Du bist wunderschön! Auch ohne das Kleid!“ Diesmal ist es Tenten, die mir ermutigend zulächelt.

 

„Du musst dich für überhaupt nichts schämen“, bekräftigt Kurenai ihre Aussagen noch einmal.

 

Freudentränen fließen mir über das Gesicht.

 

„Ok, ich nehme es“, bringe ich mit zitternder Stimme heraus.

 

 

Erst an der Kasse fällt mir der immens hohe Preis des Kleides auf. Ein Blick in meinen Gelbeutel lässt mich verzweifeln.

„Oh nein!“, stoße ich aus.

 

„Ich kann mir das Kleid nicht leisten…“ Wieder beinahe den Tränen nahe, suche ich verzweifelt in meinen restlichen Taschen nach Geld. Ohne Erfolg.

 

„Das ist doch kein Problem“, tröstend legt mir Kurenai eine Hand auf die Schulter.

 

„Ich leih dir was. Es wäre eine Schande, wenn nur das Geld zwischen dir und deinem Kleid stünde!“

Ein breites Grinsen liegt auf ihren Lippen. Dankbar nehme ich ihr Angebot an und falle ihr glücklich um den Hals.

 

Die Kleider in Schutzhüllen über der Schulter tragend verlassen wir den Laden mit noch glücklicheren Gesichtern, als wir ihn betreten haben.

 

„Oh Maaaann! Man kann überhaupt nichts sehen!“

 

Eine uns bekannte Stimme ertönt gleich um die Ecke des Ladens. Als wir nachsehen, erblicken wir Naruto, der gerade seine Nase gegen das Schaufenster des Kleiderladens drückt. Kakashi steht mit genervtem Gesichtsausdruck auf der anderen Straßenseite hinter Naruto. Es scheint als hätte er bereits aufgegeben, auf seinen Schützling einzureden. Mit vor dem Oberkörper verschränkten Armen beobachten wir den Blonden noch ein wenig, um herauszufinden, was er da eigentlich versucht.

 

„Argh! Da sind zu viele Kleider im Schaufenster! Ich kann überhaupt nicht gucken, was die da drin machen!“

 

Ich stoße einen kurzen aber lauten Räusperer aus, um auf uns aufmerksam zu machen. Naruto zuckt zusammen.

 

„Oh! Äh-Ähem…“, stutzt er.

 

„Was sollte das denn werden?“ Sakura klingt leicht aggressiv. Ihre Augenbraue zuckt.

 

Auf der Stirn ihres Teamkollegen bilden sich Schweißperlen.

 

„I-Ich… Ich wollte doch nur sehen, wie hübsch du in deinem Kleid aussiehst“, versucht sich Naruto aus der Affäre zu ziehen.

 

„Ich habe dir doch gesagt, das wird eine Überraschung! Das ist der Wow-Effekt!“, brüllt Sakura und rennt wütend mit erhobenen Fäusten auf Naruto zu. Es entsteht eine wilde Verfolgungsjagd und schon bald sind die beiden nicht mehr zu sehen.

 

„Es tut mir wirklich leid. Ich habe zwar versucht, ihn davon abzuhalten zu spannen, aber der Junge ist so stur…“, entschuldigt sich Kakashi für seinen Schüler.

 

„Ist schon gut. Wurdet ihr ebenfalls fündig?“, frage ich neugierig. Als Antwort hält mir mein baldiger Tanzpartner ebenfalls eine Kleidungsschutzhülle entgegen.

 

„Wir haben alle etwas Geeignetes gefunden.“

 

Kakashi grinst mich unter seiner Maske an.

 

„Ach übrigens, wir wollen morgen früh gegen 6 Uhr aufbrechen, seid also bitte pünktlich am großen Tor.“

 

Mit dieser Information verabschieden wir uns voneinander, um noch weitere Vorkehrungen zu treffen und in Ruhe unsere Sachen zu packen.

Der Wow-Effekt

Der Weg nach Sunagakure verlief ohne Komplikationen. Das ist das erste Mal, dass ich auch nur in die Nähe von Sunagakure komme. Ich wusste ja, dass es in der Wüste heiß und trocken ist, aber dass es SO heiß und trocken ist, hätte ich nicht gedacht. Ich muss mich erst an dieses Klima gewöhnen. Ich hoffe nur, der Ballsaal ist kühler, damit ich mein Kleid nicht vollschwitze, denke ich, während ich mir mit meinem Ärmel den Scheiß von der Stirn wische.

 

Nachdem wir das gewaltige Stadttor passiert haben, kommen auch schon zwei junge Ninja auf uns zu, um uns in Empfang zu nehmen.

 

„Hallo, alle zusammen. Hallo Shikamaru! Schön, dass die Hokage meine Bitte ernst genommen hat“, begrüßt uns das blonde Mädchen.

 

„Hallo, Temari. Hallo Kankuro“, erwidert Shikamaru die Begrüßung.

 

Nanu? Ist das etwa ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen? Ich wusste gar nicht, dass er auch mal lächelt. Mein Blick wandert abwechselnd von ihm zu Temari und wieder zurück. Die beiden lächeln sich verlegen an und ich lese aus ihren Gesichtern wie in einem Buch. Als ich die Situation verstanden habe, muss auch ich breit grinsen.

 

„Oh, dich kenne ich ja gar nicht. Ich bin Kankuro!“

 

Der junge Ninja hält mir die Hand zur Begrüßung hin und meine Aufmerksamkeit wandert von den beiden zu Kankuro. Erst jetzt bemerke ich, dass er eine aufwendige Gesichtsbemalung trägt.

 

„Ich bin Yuki. Ich bin noch nicht so lange in Konoha“, stelle auch ich mich freundlich vor und ergreife seine Hand zum Gruß.

„Schön, dass ihr alle da seid. Wir haben bereits Unterkünfte für euch bereitgestellt. Wir konnten leider nur zwei Räume organisieren, da wir durch den Ball noch einige andere Gäste unterbringen müssen.“

 

Kankuro macht eine entschuldigende Geste.

 

„Aber wir haben die zwei schönsten und größten Räume für euch ergattert!“, berichtet Temari stolz mit einem Augenzwinkern.

 

Sie deuten uns an ihnen zu folgen und laufen voraus durch die engen Gassen der Stadt. Auf den Straßen von Sunagakure herrscht Trubel. Es sind bereits haufenweise Ninja aus anderen Dörfern angekommen, die ihre letzten Vorbereitungen für den heutigen Abend treffen. Viele von ihnen kaufen sich in den örtlichen Geschäften noch ihre Outfits, andere suchen verzweifelt passende Wohnungstüren zu den ihnen zugewiesenen Schlüsseln. Wieder andere sehen sich die Stadt an oder versuchen ein schattiges Plätzchen zu finden, um sich der drückenden Hitze zu entziehen. Ich beobachte die Leute aufmerksam und suche gezielt nach bekannten Gesichtern aus Iwagakure, nur um mich dann schnell von ihnen abwenden zu können, damit sie mich nicht sehen. Glücklicherweise finde ich keine und lasse innerlich einen erleichterten Seufzer heraus, als wir an unserem Zielgebäude ankommen.

 

„Unsere Zimmer sind im Kazekagegebäude?“, fragt Sakura verwundert.

 

„Ich sagte doch, wir haben die schönsten und größten Räume für euch reserviert!“ Wieder zwinkert uns Temari über ihre Schulter zu.

 

„Cool! Ist Gaara auch da?“, fragt Naruto mit hinter dem Kopf verschränkten Händen und einem breiten Grinsen auf den Lippen.

 

„Sicher. Allerdings hat er noch alle Hände voll zu tun, um die letzten organisatorischen Feinheiten zu klären. Ihr werdet ihn aber heute Abend auf dem Ball treffen“, erklärt Kankuro.

 

Am Ende eines langen Ganges bleiben die beiden stehen.

 

„Da sind wir. Hier der Raum für die Mädels und hier für die Jungs! Macht es euch gemütlich!“ Temari deutet auf die beiden gegenüberliegenden Türen und reicht Sakura und Shikamaru die jeweiligen Schlüssel dafür. Kurenai und Asuma tauschen kurz einen traurigen und entschuldigenden Blick wegen der getrennten Räumlichkeiten aus, bevor sie in die unterschiedlichen Zimmer eintreten.

 

„Dann sehen wir uns heute Abend. Wir müssen Gaara noch ein wenig helfen. Hier noch eine Wegbeschreibung zum Saal.“ Kankuro drückt Naruto und Tenten noch die Zettel mit der Wegbeschreibung in die Hand bevor die beiden den Gang wieder zurückmarschieren.

 

Ich betrete das Zimmer und bin überrascht aber gleichzeitig sehr froh über die angenehme Kühle, die hinter der Tür auf mich wartet. Ich hänge mein Kleid an eine Kleiderstange an der Wand, die so aussieht, als wäre sie extra für diesen Anlass dort montiert worden. Die anderen drei tun es mir gleich.

 

„Ahhhh“, stöhnt Sakura aus und streckt sich, um ihre Glieder von der langen Reise zu lockern.

 

„Und? Was wollen wir jetzt den ganzen Tag noch bis abends machen?“, fragt Tenten in die Frauenrunde.

 

„Da wir noch etwas Zeit haben, würde ich gerne vorher schon einmal nach dem Saal suchen, damit wir uns später nicht großartig verlaufen und nicht in Eile geraten“, tut Kurenai ihren Plan kund.

 

„Gute Idee. Da würde ich mich anschließen. Dann sehe ich auch ein bisschen was von der Stadt“, sage ich.

 

Sakura und Tenten entscheiden sich schließlich aber doch dafür, im Zimmer zu bleiben und noch ein wenig auszuruhen, um für den Abend fit zu sein. Der restliche Nachmittag verging erstaunlich schnell. Kurenai und ich haben auf der Suche nach dem Ballsaal einen kleinen Stadtbummel zu zweit eingelegt, nachdem sich keiner unserer Zimmernachbarn unserer kleinen Tour anschließen wollten. Ich habe viel von Sunagakure gesehen und von Kurenai auch viel darüber gehört, wie sich die Beziehungen zwischen Suna und Konoha im Laufe der letzten Jahre gefestigt haben. Ich habe von der Freundschaft zwischen Naruto und dem Kazekage erfahren und davon, wie dieser erst kürzlich Opfer von den Machenschaften Akatsukis geworden ist. Ausgerüstet mit Schuhen und ein paar kleinen Accessoires, die wir uns in ein paar kleinen Läden noch gekauft haben, sind wir nun auf dem Rückweg, um uns für den Abend fertig zu machen.

 

Als wir das Zimmer betreten, sitzen Sakura und Tenten bereits vor dem Spiegel und schminken sich für den besonderen Anlass. Schnell springe ich unter die Dusche, bevor Kurenai sich dazu entschließt, zuerst duschen zu wollen. Das Wasser rieselt auf meine nackte Haut. Die angenehme Kühle, die mein Körper dadurch erfährt, beruhigt mich ein wenig. Trotz des Versuches mich in der Stadt abzulenken, bin ich durch das bevorstehende Ereignis sehr aufgeregt. Zum einen, weil ich zum ersten Mal einem großen Publikum ein gutes Stück nackte Haut zeigen werde, zum anderen, weil dort mit hoher Wahrscheinlichkeit Ninja aus Iwagakure sein werden, die mir den Abend sicher nicht einfach machen werden. Und zu guter Letzt ist da immer noch Kakashi und Tsunades Versuch uns durch dieses Ereignis verkuppeln zu wollen. Es ist wohl das Beste, nicht zu viel darüber nachzudenken. Ich atme einmal tief durch. Ich stelle das erfrischende Wasser ab, um nun auch Kurenai die Gelegenheit zu bieten, sich frisch zu machen.

 

Nur mit einem Handtuch bekleidet tapse ich aus dem Badezimmer geradewegs Richtung Kleiderstange, um mich in den königsblauen Stoff zu hüllen.

 

„Halt, warte Mal!“, ruft Sakura zu mir herüber. Ich halte in der Bewegung, nach meinem Kleid zu greifen, inne.

 

„Du willst doch nicht das Kleid anziehen, ohne dich vorher zu stylen, oder?“

 

Oje, ich hatte befürchtet, dass so etwas kommt, denke ich. Mit verständnislosem und skeptischem Blick starre ich erst sie, dann Tenten und zu guter Letzt die mir unbekannten Schminkutensilien in ihren Händen an.

Sakura seufzt.

 

„Na komm schon her. Wir machen dich jetzt hübsch“, sagt sie schließlich mit einem äußerst fürsorglichen und erwachsenen Ton. Ich knie mich zu den beiden auf den Boden.

 

„Ich werde dich schminken. Tenten, möchtest du dich um ihre Frisur kümmern?“

 

„Sicher, gern“, antwortet diese bereits mit Bürste und Klammern bewaffnet.

 

„Das ist echt lieb von euch, aber wirklich nicht nötig. Ich wäre auch so hingegangen.“ Ich habe ein schlechtes Gewissen, da ich den beiden in solchen Dingen wegen mangelnder Erfahrung nicht helfen kann und das Gefühl habe ihnen zur Last zu fallen. Böse Blicke ihrerseits durchbohren mich.

 

„Ach, Unsinn! Uns macht das Spaß! Und ein wenig Schminke hat noch keiner Frau geschadet!“ Sakura und Tenten müssen lachen.

 

 

„So, fertig!“, sagen die beiden beinahe im Chor und sehen sich das Endergebnis noch einmal an, bevor sie mir die Sicht auf den Spiegel gewähren.

 

Mir stockt der Atem. Ich drehe meinen Kopf hin und her, um das Meisterwerk in meinem Gesicht und auf meinem Kopf zu begutachten. Sakura hat meine Augen mit dem Effekt der Smokey Eyes zu wahren Hinguckern gemacht und meinen Lippen mit einem zarten Lipgloss einen erotischen Touch gegeben, während Tentens Hochsteckfrisur eine elegante, aber jung wirkende Frau aus mir gezaubert hat.

 

Ich ringe nach Worten.

 

„Ich hoffe, die Schminke ist wasserfest“, antworte ich auf die erwartungsvollen Blicke der beiden Kunoichis. Sakura sieht mich fragend an.

 

„Ja, ist sie. Aber wieso fragst du?“

 

„Weil ihr beiden das so toll hinbekommen habt, dass mir beinahe Tränen kommen“, antworte ich voller Ehrlichkeit, mit dem Kloß in meinem Hals ringend. Die beiden lächeln leicht verlegen. Genau in diesem Moment kommt Kurenai aus dem Bad und wäre bei meinem Anblick beinahe gestolpert.

 

„Wow. Ihr habt ganze Arbeit mit ihr geleistet“, sagt sie nur, als hätte sie die beiden damit beauftragt, mich hübsch zu machen. Gemeinsam werfen wir uns nun in unsere Outfits.

 

Ich betrachte mich noch ein letztes Mal als Gesamtbild im Spiegel und finde, dass ich noch nie hübscher ausgesehen habe.

 

„Hier, vergiss nicht deine Ohrringe, die du dir vorhin noch gekauft hast!“ Kurenai reicht mir die kleine Tüte, in der wir diese transportiert haben.

 

„Vielen Dank!“, sage ich und nehme sie entgegen. Wie silberne Schnüre hängen mir die Ohrringe an meinen Ohrläppchen herunter.  Zu guter Letzt zwänge ich mich noch in die hohen Schuhe, die ich mir ebenfalls auf unserem Stadtbummel gekauft habe.

 

„Super! Wollen wir losgehen?“, fragt Tenten in die Runde. Ein Blick auf die Uhr, die an einer Wand des Raumes hängt, lässt mich hysterisch werden.

 

„Du meine Güte, schon so spät?“

 

„Keine Sorge. Bei solchen Veranstaltungen beginnt sowieso alles viel später. Es macht überhaupt nichts, wenn wir nicht pünktlich sind“, beruhigt mich Sakura, obwohl sie den Anschein macht, als wäre die Verspätung ein Teil ihres Planes gewesen. Vermutlich wollte sie, dass schon alle dort sind, wenn wir kommen, um ihren heiß ersehnten Wow-Effekt gebührend rüber zu bringen, denke ich.

 

Auf dem Weg zum Ballsaal, werde ich immer nervöser. Meine Hände sind kalt und schwitzig. Unbeholfen setze ich erst sehr langsam einen Schritt vor den anderen, um mich an die Höhe der Schuhe zu gewöhnen. Ich versuche mir jedoch, so wenig wie möglich ansehen zu lassen, dass ich noch nie in hohen Schuhen gelaufen bin. Vielleicht war das doch keine so gute Idee, mir ausgerechnet diese Schuhe zu kaufen. Wieso höre ich nur immer wieder auf Kurenais Tipps, fluche ich innerlich.

 

Lautes Gemurmel dröhnt aus dem unterirdischen Ballsaal, als wir vor dem Eingang stehen, der von ausgewählten Ninja bewacht wird.

 

„Wow, da ist ja schon einiges los. Dann wollen wir die Jungs mal nicht warten lassen!“

 

Gut gelaunt und motiviert schreitet Kurenai voran die Treppen hinunter, gefolgt von Tenten und Sakura. Ich zögere. Mein Herz rast, bei dem Gedanken, die Treppen hinunter zu schreiten und alle Blicke auf mich ziehen zu können. Was, wenn sie doch auf meine Narben achten? Was, wenn ich beim Laufen umknicke und runterrolle wie eine Tonne? Was, wenn Kakashi nicht gefällt wie ich aussehe?

 

So viele Fragen schießen mir durch den Kopf. Meine Atmung geht schwer.

 

Komm schon, Yuki! Du schaffst das! Augen zu und durch, rede ich mir Mut ein. Ich hole noch einmal tief Luft, schließe meine Augen und nehme die erste Stufe.

 

Nein, Augen wieder auf. Du läufst lieber mit offenen Augen, denke ich, als ich durch die ungewohnten Schuhe und die Treppe gefährlich ins Wanken gekommen bin. Um nicht über den Stoff des Kleides zu stolpern nehme ich es beim Treppenlaufen ein wenig nach oben.

 

Mit der einen Hand das Kleid anhebend, mit der anderen das Geländer umklammernd steige ich die nicht enden wollenden Stufen hinab und blicke mich im Saal um. Helle Kronleuchter strahlen von der Decke. Auf einer Bühne spielt ein Live-Orchester festliche Musik und an der Bar sowie am langen Buffet, das neben der Bühne aufgebaut wurde, haben sich bereits Menschentrauben gebildet. Der Saal ist bereits gut gefüllt und es dürften gut ein paar hundert Ninja anwesend sein. Nicht einfach, da seine Leute zu finden. Doch glücklicherweise macht es mir Naruto mit dem Ausstoß eines lauten „WOAH!“, als er mich gesehen hat, sehr einfach, meine Gruppe zu finden. Ich lächle verlegen, als sich dadurch auch einige Fremde zu mir umdrehen.

 

Konzentriert gehe ich weiter – mit meinem Blick nun fest auf Kakashi gerichtet, der neben Naruto und den anderen an einem der vielen, runden Stehtische auf uns gewartet hat. Er trägt einen schwarzen Anzug, darunter ein weißes Hemd und eine schwarze Krawatte. In seiner Brusttasche trägt er eine weiße Blume, die sein Outfit komplettiert. Mit großem Auge sieht er zu mir herauf. Sein Blick durchdringt mich, zieht mich komplett in seinen Bann. Ich lächle und beiße mir unbewusst auf die Unterlippe.

 

Er sieht gut aus. Er sieht verdammt gut aus, schießt es mir durch den Kopf, während mein Herz heftig gegen meinen Brustkorb donnert. Kurz bevor ich die letzten Stufen erreiche, macht Kakashi ein paar Schritte auf mich zu. Er reicht mir seine Hand, um mir bei den letzten Stufen zu helfen. Dankbar nehme ich sie an. Bei der Berührung zucke ich zusammen. Plötzlich erscheinen mir für den Bruchteil einer Sekunde die Bilder meines Alptraumes vor meinem inneren Auge, in dem mich Kakashi fest am Handgelenk gepackt hatte. Anders als in meinem Traum jedoch, ist sein Griff so sanft und zärtlich, als könnte ich zerbrechen, wenn er auch nur ein wenig fester drücken würde.

 

Ohne seinen Blick von mir abzuwenden, verbeugt er sich leicht vor mir. Etwas unbeholfen antworte ich mit einem Knicks. Ich muss schmunzeln.

 

„Du siehst sehr hübsch aus!“ Kakashis Worte klingen ebenso sanft wie sein Griff.

 

„Danke. Der Anzug steht dir auch wirklich gut“, gebe ich das Kompliment zurück. Er geleitet mich zu unserer Gruppe und entschuldigt sich dann kurz, um mir etwas zu trinken zu holen. Beeindruckt davon, was für ein Gentleman er sein kann, blicke ich ihm nach.

 

„Oh, Mann, Yuki! Du siehst ja super gut aus!“, kommt es von Naruto. Überrascht sehe ich den blonden Teenager an, der einen schwarzen Anzug über seinem schwarzen Hemd und einer roten Krawatte trägt. In seiner Brusttasche befindet sich eine rote Rose. Ich lächle ihn schüchtern an und bedanke mich.

 

„Ach ja?“, Sakura verschränkt ihre Arme vor der Brust. „Bei mir hieß es nur, ich sehe voll hübsch aus“, beschwert sie sich.

„Ähm, aber… damit meine ich doch das gleiche, Sakura!“, versucht Naruto zu erklären, der mal wieder nicht weiß, was er falsch gemacht hat.

 

„Nein, super gut klingt irgendwie besser“, zickt Sakura. Es entsteht eine hitzige Diskussion zwischen den beiden, die Naruto eigentlich nur verlieren kann. Mitfühlend lächle ich ihm zu.

 

„Das Kleid steht dir wirklich gut. Und die Frisur und das Make-up auch“, sagt nun schließlich auch Asuma mit einem kontrollierenden Blick zu Kurenai, ob sie ebenfalls sauer werden könnte. Diese lächelt ihm aber nur aufmunternd zu und blickt dann stolz in meine Richtung, so als wäre sie für mein Aussehen verantwortlich gewesen.

 

„Vielen Dank, Asuma!“

 

In diesem Augenblick kommt Kakashi aus der Menschenmenge zurück und reicht mir ein Glas Sekt. Ich bedanke mich und nehme sogleich einen großzügigen Schluck davon, um meine zuvor strapazierten Nerven zu beruhigen.

 

„Was ist denn mit denen schon wieder los?“, fragt Kakashi als er seine beiden Schützlinge erblickt.

 

„Ich glaube, ich will es gar nicht wissen“, sagt er dann jedoch schließlich.

 

Als die beiden Streithähne ihre Diskussion endlich beigelegt haben und Sakura das angemessene Kompliment bekommen hat, das sie hören wollte, erregt noch jemand Narutos Aufmerksamkeit.

 

„Hey, Gaara!“, ruft er durch den halben Saal, den Arm zur Begrüßung hoch erhoben.

 

Ein Junge in Narutos Alter mit roten Haaren kommt lächelnd in unsere Richtung, gefolgt von Temari und Kankuro. Naruto läuft fröhlich ein paar Schritte auf sie zu.

 

„Das ist Gaara, der Kazekage“, flüstert Kakashi erklärend in mein Ohr.

 

Was? Der Kazekage ist noch so jung? Respektvoll begrüße ich ihn mit einem weiteren Knicks, der mir diesmal schon deutlich besser gelungen ist. Auch die anderen begrüßen den Rotschopf.

 

„Herzlich Willkommen. Ich hoffe ihr genießt den Ball“, antwortet er resigniert.

 

„Ja, der Ball ist wundervoll! Vielen Dank für die Einladung!“, antwortet Sakura.

 

Der eher stille Gaara nickt ihr zu.

 

„Es tut mir leid, aber ich kann leider nicht den ganzen Abend bei euch bleiben. Ich muss noch ein paar weitere Gäste begrüßen“, entschuldigt er sich und wendet sich wieder zum Gehen.

 

Kankuro begleitet seinen kleinen Bruder, während Temari, die in ein elegantes weißes Kleid mit zartrosa Muster geschlüpft ist, zögert, mit dem Blick fest auf Shikamaru gerichtet.

 

Asuma versteht das Zeichen sofort und gibt seinem Schüler einen Schubser mit einem vielsagenden Räusperer. Dieser wirft seinem Sensei einen vorwurfsvollen Blick zu und murmelt etwas Unverständliches, während seine Wange eine leichte Röte annehmen.

 

Er seufzt genervt.

 

„Darf ich dich zum Tanz auffordern?“, fragt er Temari mit genervter Stimme. Diese ignoriert seinen Tonfall und hakt sich sichtlich fröhlich darüber bei ihm ein.

 

„Na? Wollen wir?“, fragt nun auch Asuma seine Tanzpartnerin. Die beiden verschwinden ebenfalls Richtung Tanzfläche.

 

„Hey, Naruto! Willst du mich nicht auch zum Tanzen auffordern?“, fragt Sakura sichtlich enttäuscht darüber, dass er sie nicht auch gleich gefragt hat.

 

„Ähm… Ja, doch, natürlich!“, antwortet dieser haspelnd, während Sakura ihn bereits am Handgelenk packt und mit sich zerrt.

Wieder werfe ich ein mitfühlendes Lächeln in die Richtung, in die Sakura den armen Kerl schleift.

 

„Und?“ Kakashi lächelt mich unter seiner Maske an.

 

„Willst du auch tanzen?“

 

Sofort erhöht sich mein Puls.

 

„Ähm, also… Du weißt doch! Ich kann nicht tanzen!“

 

„Dann bringe ich es dir bei!“, antwortet er schlicht.

 

Ich sehe ihn aus zusammengekniffenen Augen heraus an.

 

„Das wird jetzt aber nicht so ein Stell-dich-auf-meine-Füße-und-du-kannst-tanzen-Ding wie aus den Filmen, oder?“, frage ich skeptisch.

 

Als hätte ich ihn ertappt, fasst sich Kakashi an den Hinterkopf.

 

„Doch, eigentlich hatte ich so etwas vor.“ Er lacht. Dann wartet er auf meine Antwort. Ich beiße mir auf die Lippen und denke nach. Mit einem Zug trinke ich mein Sektglas leer, stelle es auf einen der Stehtische und ergreife die Hand meines Tanzpartners.

 

„Na gut. Dann los!“

 

Ein Walzer ertönt. Auf der Tanzfläche angekommen stehen wir uns gegenüber und sehen uns tief in die Augen. Etwas unsicher ergreife ich mit meiner einen Hand die von Kakashi. Bevor ich mich entscheiden kann, wo ich meine andere platziere, korrigiert Kakashi jedoch meine Haltung.

 

„Der Mann führt beim Tanz!“ Ich blicke von unseren Händen wieder in seine Augen.

 

„Das heißt, ich muss mich von dir herumkommandieren lassen?“, frage ich mit hochgezogener Augenbraue. Er legt seinen Kopf leicht schräg.

 

„Ich fürchte, ja“, antwortet er knapp mit einem süffisanten Lächeln.

 

Dieser Blick raubt mir fast den Verstand. Mein Herz fängt wieder an zu rasen und es fällt mir schwer zu atmen. Wir stehen uns so nah, geht es mir im Kopf herum.

 

„Ich glaube, du brauchst dich gar nicht auf meine Füße zu stellen“, sagt er, meine Haltung betrachtend.

 

„Ich denke, wenn ich dich führe, bewegst du dich automatisch. Sieh mir einfach weiterhin in die Augen.“

 

„O-Ok“, gebe ich nur zur Antwort.

 

Ich kann mich ihrem Bann sowieso nicht entziehen, denke ich und gebe mich den Bewegungen hin, die Kakashi mir sanft vorgibt. Und plötzlich tanzen wir. Nein, wir tanzen nicht nur. Es ist als würden wir über die Tanzfläche schweben. Völlig versunken in seinem Blick, blende ich alles um mich herum aus. Es gibt nur noch uns zwei. Mit leicht geröteten Wangen sehe ich zum ihm hinauf. Trotz der hohen Schuhe, ist Kakashi noch ein ganzes Stück größer als ich. Es kommt mir vor wie Stunden, in denen wir durch den Ballsaal schweben. Als das Lied zu Ende ist, stoppt Kakashi den Tanz. Auch das realisiere ich nicht, denn ich bin immer noch gebannt von seinem Blick. Bis jemand hinter mir applaudiert. Ich zucke zusammen.

 

„Na, wenn das mal nicht unser Narbenmonster ist. Ich wusste ja gar nicht, dass du tanzen kannst?“

 

Seine Stimme jagt mir einen kalten Schauer über den Rücken. Ohne mich umzudrehen, weiß ich, wer da hinter mir steht. Auch Kakashi löst nun seinen Blick von mir und sieht meinen Hintermann mit böser Mine an. Ich drehe mich um und blicke ihm ebenfalls in die Augen.

 

„Hiroshi!“, zische ich.

Heiß und kalt

Meine Kiefermuskulatur verkrampft sich, als ich Hiroshis süffisantes Lächeln sehe. Er lacht kurz auf.

 

„Jetzt guck doch nicht so böse! Wir sind nicht hier, um Ärger zu machen“, beteuert er seine Unschuld. Sein Blick fällt auf Kakashi.

 

„Und wer ist das? Dein neuer Freund?“ Mit hochgezogener Augenbraue mustert Hiroshi sein Gegenüber und das Lächeln aus seinem Gesicht verschwindet. Unbeeindruckt macht Kakashi einen Schritt vor mich und reicht Hiroshi höflich die Hand zum Gruß.

 

„Mein Name ist Kakashi. Freut mich.“ Hiroshi erwidert seinen Gruß mit skeptischem Blick. Kakashi lächelt unter seiner Maske, als sich der Griff der beiden Männer wieder löst. Stille breitet sich aus. Und sie dauert an. Eine ganze Weile. Die Situation wird immer unangenehmer, je länger diese Stille anhält. Ich räuspere mich.

 

„Nun gut, dann habt ihr euch ja jetzt kennen gelernt.“ Ich klatsche nervös in die Hände, bevor ich Kakashi beim Handgelenk packe und mit ihm Richtung Bar gehen will, um wieder etwas Abstand zu Hiroshi zu gewinnen.

 

„Dann gehen wir jetzt mal wieder weiter. Schönen Abend noch!“, sage ich noch an Hiroshi gewandt.

 

„Warte mal!“ Hiroshi packt mich am Arm, um mich am Gehen zu hindern. Ich kneife meine Augen zusammen als Reaktion auf diesen doch recht groben Griff seinerseits. Schnell löst er diesen wieder, als Kakashi nun dessen Arm packt und ihm mit eisigem Blick in die Augen sieht, um mich aus seinem Griff zu befreien.

 

„Das ist aber nicht die feine Art, eine Dame so grob anzufassen“, sagt Kakashi leise, aber bestimmt.

 

Ein abwertendes Schnauben entfährt Hiroshi.

 

„Als wäre sie eine Dame!“ Er spuckt die Worte aus, als wären sie giftig.

 

„Was willst du noch, Hiroshi?“, frage ich, um zum eigentlichen Punkt zu kommen.

 

Als wäre es ihm unangenehm, blickt er zur Seite, um mir nicht direkt in die Augen sehen zu müssen.

 

„Eigentlich wollte ich dich auch zum Tanz auffordern.“ Etwas verblüfft sehen sowohl ich als auch Kakashi ihn an, welcher nun auch seinen Griff um Hiroshis Arm löst. Ich werfe einen unsicheren Blick in Kakashis Richtung. Als dieser mir aufmunternd zu nickt, atme ich einmal tief durch und nehme Hiroshis Einladung widerwillig an, um eine größere Auseinandersetzung zu vermeiden.

 

„Ich warte an der Bar auf dich“, flüstert mir Kakashi noch sanft ins Ohr, bevor ich mich bei Hiroshi einhake und er mich zur Tanzfläche führt. Unser Tanz beginnt mit dem neuen Lied. Etwas unbeholfener als vorher versuche ich, meine Füße an die richtige Stelle zu setzen und ihm nicht unnötig oft auf die Füße zu treten.

 

„Also, sag! Was willst du wirklich?“, frage ich leise, damit uns sonst niemand hört. Ich bin mir sicher, dass er nur tanzen wollte, um mit mir alleine sprechen zu können.

 

Als dieser merkt, dass ich seine Absicht durchschaut habe, lächelt er.

 

„Kann ich denn nicht einfach nur mit dir tanzen? Du weißt doch, dass ich mir das schon so oft gewünscht habe.“ Erwartungsvoll hebt dieser eine Augenbraue.

 

„Schließlich hast du meine Einladungen immer mit der Ausrede abgewimmelt, dass du nicht tanzen könntest.“

 

„Vielleicht wollte ich auch einfach nicht mit dir tanzen“, gebe ich neckisch zurück, wartend auf den eigentlichen Grund.

Hiroshi seufzt, als er meinen genervt erwartungsvollen Blick sieht.

 

„Hör mal. Der Tsuchikage hat dein plötzliches Verschwinden als Verrat betrachtet und einige Suchtrupps ausgesandt, dich töten zu lassen. Er befürchtet, dass die Geheimnisse des Dorfes nicht mehr sicher sind durch dich.“

Ich schlucke, als ich seinen Worten lausche.

 

„Wenn du aber wieder mit uns zurückkommst, lege ich ein gutes Wort für dich ein. Du weißt, dass er auf mich hören würde!“

 

Ja, ich weiß, dass der Tsuchikage Hiroshi sehr achtet und auf seinen Rat hören würde. Hiroshi ist wie seine rechte Hand.

 

„Nein“, sage ich bestimmt mit starker Stimme.

 

„Nein?“, Hiroshis Gesicht kann man ablesen, dass er diese Antwort nicht hat kommen sehen.

 

„Ich werde nicht zurück nach Iwagakure kommen. Aber du kannst mir glauben, wenn ich dir sage, dass ich nichts über die Geheimnisse des Dorfes erzählen werde! Bisher habe ich niemandem etwas verraten“, versuche ich ihm zu versichern. Seine Mine wird hart, sein Blick eiskalt. Ich beiße mir auf die Unterlippe.

 

„Ist es wegen ihm?“ Seine Worte klingen schneidend, sein Griff um meine Hand wird fester, wodurch sich meine Augenbrauen verkrampft zusammenziehen.

 

„Du musst ihn wirklich gern haben“, sagt er hörbar verletzt. Sein Blick bleibt bei Kakashi an der Bar hängen, der jeden unserer Schritte von dort beobachtet.

 

Ich schweige.

 

„Keine Antwort ist auch eine Antwort.“ Seiner Verletzlichkeit folgt Wut.

 

„Sag mir bitte eins: Was hat er, was ich nicht habe? Was kann er dir bieten?“

 

Nun bin ich es, die wütend wird. Ich blicke ihm fest in die Augen.

 

„Charakter, Hiroshi! Er hat Charakter! Er ist kein Proll, so wie du. Er ist lieb, warmherzig und mitfühlend. Er ist ein wahrer Gentleman. Alles Eigenschaften, die dir fehlen!“

 

Das Lied endet und so auch unser Tanz. Mit stolzem Blick wende ich mich von ihm ab, um Richtung Bar zu gehen.

 

„Es wird Krieg geben, Yuki! Und du wirst daran Schuld haben!“, sagt dieser noch.

 

Eine Gänsehaut jagt über meinen Körper, als ich die Worte höre, vor denen ich seit meiner Ankunft in Konoha Angst hatte. Ich drehe mich im Schritt wieder zu ihm um.

 

„Du drohst mir mit einem Krieg? Auf einem Friedensball?! Ich bin sicher, dass das hier einige Leute interessieren könnte.“

 

Durch zusammengekniffene Augen sehe ich ihn an. Doch er schweigt, sich umblickend, ob es jemand mitbekommen hat. Ich mache ein paar Schritte auf ihn zu. Ich stelle mich auf meine Zehenspitzen, um ganz leise in sein Ohr flüstern zu können.

 

„Solltest du mir oder meinen Freunden noch einmal drohen oder den Tsuchikage dazu anstiften, Konohagakure anzugreifen, werde ich alle Geheimnisse des Dorfes, an alle anderen versteckten Dörfer schicken. Und dann werde ich dir das Leben zur Hölle machen. Schließlich bist du dir selbst ja das Liebste! Beginnen werde ich mit deinem Ego. Ich werde dich öffentlich demütigen. Ich werde dir Schmerzen zufügen, die du dir in deinen schlimmsten Alpträumen nicht einmal ausmalen kannst. Und dann wirst du mich anflehen, dich davon zu erlösen. Überlege dir also gut, ob du dem Tsuchikage erzählst, dass du mich gesehen hast und weißt, wo ich bin.“ Ich senke meine Füße wieder soweit ab, dass mich die Absätze meiner Schuhe wieder mit dem Boden verbinden und werfe Hiroshi noch einmal einen eisigen Blick zu, damit meine Drohung auch Wirkung erzielt.

 

„Ich wünsche dir noch einen schönen Abend, Hiroshi!“, sage ich mit einem nun zarten, verführerischen Unterton in meiner Stimme, bevor ich mich erneut Richtung Bar wende.

 

„Alles in Ordnung?“, fragt mich Kakashi besorgt, als ich bei ihm ankomme und er mir einen hübsch angerichteten Cocktail in die Hand drückt.

 

„Ja, alles gut“, sage ich mit einem aufmunternden Grinsen, aber einer recht unsicheren Stimme. Ich hoffe nur, die Drohung hat gewirkt.

 

„Was wollte er?“, hakt Kakashi nach, der gerade ein Glas Rotwein vom Barkeeper entgegennimmt.

 

„Er scheint etwas aufgebracht gewesen zu sein. Was war los?“

 

„Ach, nichts Wichtiges“, versuche ich das Ganze runter zu spielen.

 

„Er war nur etwas eifersüchtig deinetwegen.“

 

Neugierig sieht er mich an.

 

„Jetzt will ich es genau wissen.“

 

„Naja, er denkt, dass du mein Freund bist. Und er ist etwas eifersüchtig, weil ich ihm damals eine Abfuhr nach der anderen gegeben habe“, erkläre ich ihm.

 

„Er war an dir interessiert?“ Kakashi blickt mir direkt in die Augen. Selbst sein normales Auge, bringt mich halb um den Verstand, sodass ich ihm bereitwillig alles erzähle, was er wissen will.

 

„Interessiert? Er hat mir sogar mal einen Antrag gemacht“, gebe ich beschämt, in mein Cocktailglas nuschelnd, zu.

 

„Wart ihr…“, beginnt er eine weitere Frage.

 

„Ein Paar? Nein! Nie. Ich kann Typen wie ihn einfach nicht ausstehen“, der Alkohol unterstützt meinen Redefluss durchaus gut.

 

„Typen wie ihn?“ Er schwenkt sein Weinglas.

 

„Protzige, sich selbst liebende, egobesessene Machos eben.“ Meiner Stimme kann man eine gewisse Abscheu entnehmen.

 

„Hm, verstehe. Und…“ Kakashi zögert bei seiner nächsten Frage, als wäre er sich nicht sicher, ob er sie stellen sollte. Nervös auf meiner Unterlippe kauend sehe ich ihn an und bemerke, dass sein Glas bereits halbleer ist.

 

„Und du hast ihn in dem Glauben gelassen, dass wir ein Paar sind? Was hast du ihm über mich erzählt?“

 

„Ähm-“, ich schlucke. Nicht wissend, was ich ihm antworten soll, ziehe ich stark an meinem Strohhalm, der am Grund meines Cocktailglases bereits schlurfende Geräusche verursacht.

 

„Naja, ich habe ihm nur die Wahrheit erzählt“, antworte ich ausweichend, aber ehrlich.

 

„Die Wahrheit?“, hakt er nach.

 

„Sag mal, findest du es nicht auch furchtbar heiß hier drin?“, versuche ich das Gesprächsthema zu wechseln und wedle mir mit flacher Hand Luft in mein Gesicht. Kakashi durchschaut meine Absicht sofort, lässt es sich jedoch nicht anmerken.

 

„Möchtest du vielleicht ein bisschen nach draußen und frische Luft schnappen?“, schlägt er vor.

 

„Oh, ja! Frische Luft! Das ist eine gute Idee!“

 

Kakashi nimmt mir mein Glas, in dem nur noch ein Rest Eiswürfel am Schmelzen ist, aus der Hand um es zusammen mit seinem ebenfalls geleerten Weinglas an der Bar abzustellen. Er reicht mir seinen Arm, um mich bei ihm einzuhaken und ich kralle mich die Stufen der langen Treppe aufwärts fester in seinen Ärmel, um auf meinen Stelzen nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

 

Ich atme tief ein, als wir oben angekommen sind, um die kalte Nachtluft in mich aufzunehmen. Es ist inzwischen finstere Nacht und im Vergleich zum heißen, trockenen Klima am Tag, ist es nun äußerst kalt. Mich fröstelt es und ich reibe mir meine Arme. Ganz der Gentleman legt mir Kakashi sein Jackett über die Schultern.

 

„Danke“, sage ich und lächle ihn an. Wir laufen ein Stück vom Eingang weg, um uns nicht von den postierten Wachen beobachtet zu fühlen. Der Vollmond taucht die dunklen Gassen in ein kaltes Licht, das auch meine Haut sehr hell aussehen lässt. Der Himmel ist sternenklar. Ich weiß nicht wie lange ich die Sterne beobachte, bis mich Kakashi aus meinen Gedanken reißt.

 

„Also?“, fragt er und ich sehe ihn aus dem Augenwinkel an.

 

„Wieso hast du Hiroshi nicht erzählt, dass wir kein Paar sind? Wolltest du ihn eifersüchtig machen?“

 

Das scheint ihn ja richtig zu wurmen, denke ich und schenke ihm ein Lächeln der Genugtuung.

 

„Vielleicht war es auch einfach nur eine schöne Vorstellung“, gebe ich ehrlich zu und wende meinen Blick wieder gen Himmel.

 

„Was?“, fragt er verblüfft nach. Mit dieser Antwort hat er nicht gerechnet und er wirkt leicht überrumpelt von meiner Antwort.

 

Ohne den Mond und seine leuchtenden Begleiter aus den Augen zu lassen spreche ich weiter, vom Alkohol getrieben.

 

„Ja, weißt du… du bist in der kurzen Zeit, in der wir uns kennen, zu einem sehr wichtigen Menschen für mich geworden, Kakashi! Ich meine, du bist nett, zuvorkommend, du hörst mir immer zu und ganz nebenbei siehst du auch noch echt gut aus, ich meine…“, nuschle ich vor mich hin und werde plötzlich knallrot, als ich bemerke, was ich da von mir gebe.

 

Oh Gott! Habe ich das gerade laut gesagt? Verdammt! Nie wieder! Ich werde nie wieder Alkohol trinken, nehme ich mir fest vor, doch weiter komme ich in meinen Gedanken gar nicht. Als wolle er meinen Redefluss unterbrechen, packt mich Kakashi an meinen Handgelenken und drückt mich gegen die nächst gelegene Hauswand. Sanft, aber bestimmend hält er mich in seinem Griff gefangen, sein Gesicht so nah an meinem, dass ich seinen heißen Atem unter seiner Maske auf meiner Haut spüren kann. Mit weit aufgerissenen Augen und hochrotem Kopf blicke ich in sein unbedecktes Auge, in dem die volle Leidenschaft geschrieben steht.

 

„Du redest zu viel“, haucht er in mein Ohr.

 

Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Würde Kakashi meine Hände nicht festhalten, würden sie vor Aufregung zittern. Meine Atmung geht schwer und ich beiße mir wie so oft nervös auf die Unterlippe. Kakashi beobachtet es, blickt mir dann jedoch wieder direkt in meine eisblauen Augen. Instinktiv schließe ich diese und bereite mich erwartungsvoll darauf vor, dass er seine Lippen auf die meinen legt.

 

Doch der Kuss kommt nicht.

 

Sein Griff um meine Handgelenke löst sich und ich öffne verwirrt meine Augen. Mit trauriger Mine wendet sich Kakashi von mir ab. Nun ist er es, der die Sterne beobachtet.

 

„Was ist los?“, frage ich verwirrt und auch enttäuscht.

 

„Es tut mir leid“, antwortet er. „Aber ich kann das nicht.“

 

Ich spüre einen schmerzenden Stich in meinem Herz. Mein Atem stockt.

 

„Wieso nicht?“, hake ich nach. Er schweigt.

 

„Ich meine, liegt es an mir? Bin ich… bin ich nicht dein Typ oder bin ich dir nicht hübsch genug?“, versuche ich verzweifelt eine Erklärung für sein Verhalten zu finden.

 

Kakashi lacht wehmütig auf.

 

„Nein! Das ist es wirklich nicht. Du bist wunderhübsch“, gibt er zu.

 

„Was dann?“ Ich ringe mit dem Kloß in meinem Hals. Er überlegt. Überlegt was er sagen soll. Wie er es sagen soll.

 

„Weißt du“, beginnt er schließlich.

 

„An dem Tag, als wir uns das erste Mal getroffen haben, habe ich Gai gesagt, dass man nicht mit den Gefühlen anderer Menschen spielt. Und das möchte ich nicht.“

 

Eine Träne kullert über meine Wange.

 

„S-Soll das heißen, du hast bisher nur mit mir gespielt?“, entfährt es mir. Entsetzen und Wut steht in meinem Gesicht.

 

„Nein.“ Er wendet seinen Blick von den Sternen ab und blickt zu Boden.

 

„Es ist wegen Gai“, sagt er schließlich. Ich bin verwirrt.

 

„Ich verstehe nicht“, sage ich, nicht fähig meine Gedanken zu ordnen. Mein ganzer Körper beginnt zu zittern.

 

„Gai und ich kennen uns schon sehr lange und auch wenn es manchmal nicht so aussehen mag, gehört er zu meinen engsten Freunden. In all den Jahren, die ich ihn kenne, war er schon in so einige Mädchen verliebt, aber er hat sich noch nie so verhalten wie bei dir.  Yuki!“ Er blickt in mein tränenüberströmtes Gesicht.

 

„Er liebt dich. Wirklich! Und das von ganzem Herzen. Ich will seine Gefühle nicht verletzen.“

 

Meine Hände verkrampfen sich zu Fäusten.

 

„Und deswegen verletzt du lieber mich?“, brülle ich ihn an. Voller Reue blickt er zu Boden.

 

„Das war nicht meine Absicht. Es tut mir wirklich sehr leid.“

 

Das war es? Das war seine Erklärung?

 

„Vielleicht“, versucht er die kurz aufgekehrte Stille zu überbrücken.

 

„Vielleicht sollten wir uns erst einmal nicht mehr sehen, wenn wir zurück in Konoha sind.“

 

„W-Was?!“ Beinahe hätte ich mich an diesem Wort verschluckt.

 

Was hat er da gesagt? Er will mich nicht mehr sehen? Es wäre weniger schmerzhaft gewesen, wenn er mir ein Kunai direkt ins Herz gestochen hätte.

 

Er atmet noch einmal tief durch.

 

„Ich lasse dich jetzt ein wenig alleine. Aber tu mir bitte noch einen Gefallen. Gib Gai eine Chance! Er hat sie verdient. Und seine Gefühle für dich sind echt.“

 

Mit diesen Worten wendet er sich zum Gehen.

 

„Und was ist mit dir?“, brülle ich ihm hinterher. Es hat offensichtlich Wirkung gezeigt, denn er bleibt in seiner Bewegung stehen.

 

„Was ist mit deinen Gefühlen, Kakashi?“

 

Er wagt es nicht, sich zu mir umzudrehen.

 

„Ich weiß, du hast Gefühle für mich! Auf die ein oder andere Weise. Das kannst du nicht leugnen!“

 

„Wie kommst du darauf, dass ich etwas für dich empfinden sollte?“, fragt er nach einer gefühlten Ewigkeit. Seine Worte klingen kalt. Seine Abweisung tut mir in der Seele weh. Noch immer steht er mit dem Rücken zu mir. Ich schlucke ein paar Mal, um den Kloß in meinem Hals los zu werden.

 

„Im Krankenhaus – da warst du die ganze Zeit an meiner Seite. Wieso?“

 

„Weil ich mich schuldig gefühlt ha-“

 

„Rede keinen Unsinn!“, unterbreche ich ihn.

 

„Und wieso warst du nachts dann nochmal in meinem Zimmer? Dein Flirtparadies lag tagsüber noch nicht auf dem Boden. DU warst es, der nachts nochmal im Zimmer war. Mein Shirt wurde mit meinen anderen Sachen von der Schwester ordentlich zusammengelegt auf den Stuhl gelegt. Danach hing es über der Lehne. Was hast du damit gemacht? Hast du daran gerochen? Und Als du von meinem Kuss mit Gai erfahren hast, bin ich dir nachgelaufen, weil ich es dir erklären wollte. Ich habe dich zwar nicht mehr erwischt, aber die Mauer, neben der ich stand, war von Rissen durchzogen. Du hast dagegen geschlagen, weil du wütend warst, nicht wahr?“ Erwartungsvoll blicke ich auf seinen muskulösen, aber schlanken Rücken.

 

Er schnaubt belustigt.

 

„Deine Kombinationsgabe ist beeindruckend“, ist alles was er dazu zu sagen hat mit seiner traurig, verbitterten Stimme. Noch immer dreht er sich nicht zu mir um.

 

„Das ist alles? Das ist alles, was du dazu zu sagen hast?“, verzweifle ich beinahe.

 

„Es tut mir leid“, sagt er noch einmal und setzt seine Bewegung Richtung Ballsaal wieder fort.

 

Er lässt mich stehen, mit tränenüberflutetem Gesicht, sein Jackett, das so gut nach ihm riecht, noch immer um meinen Schultern. Sprachlos und innerlich leer sehe ich ihm nach. Von jeglicher Kraft verlassen brechen meine Beine unter mir zusammen. Ich kauere mich zusammen, schlinge meine Arme um mich, in der leisen Hoffnung, sie würden mein zerspringendes Herz zusammenhalten und ich weine bitterlich. Nur mein leises Schluchzen ist noch in dieser kalten Nacht zu hören.

Der fremde Mann

Ich weiß nicht ob es Sekunden, Minuten oder Stunden sind, die vergangen sind, bis ich versuche meinen Tränenfluss zu stoppen. Ich atme ein paar Mal tief durch, um mich zu beruhigen und mein Herz wieder in einen normalen Rhythmus zu versetzen. Ich versuche aufzustehen, langsam, mit immer noch zittrigen Knien. Ich taumle und halte mich mit einer Hand an der Hauswand fest, an die mich Kakashi eben noch gedrückt hat. Ich lasse meine Hand über die kühle Mauer gleiten.

 

„Hat er dir das Herz gebrochen?“

 

Erschrocken drehe ich mich in die Richtung, aus der die Stimme plötzlich ertönt. Eine große Gestalt steht im Schatten der engen Gassen. Ich kneife meine Augen zusammen, um besser sehen zu können.

 

„Hiroshi?“

 

Er tritt ins fahle Mondlicht und ich erkenne sein kantiges Gesicht.

 

„Was willst du?“ Ich versuche nicht zu schluchzen und wische mir schnell die letzten Tränen von den Wangen. Stumm kommt er noch ein paar Schritte näher. Automatisch weiche ich ein paar Schritte zurück. Er bemerkt meine Reaktion und bleibt mit einem traurigen Blick in den Augen stehen.

 

„Ich will dir nichts Böses, Yuki!“, versichert er mir.

 

„Was willst du hier?“, frage ich erneut, diesmal mit fester Stimme. Ich schaue ihm tief in die Augen, um sofort zu erkennen, falls er lügt.

 

„Ich habe alles mitbekommen“, sagt er nur knapp.

 

„Was?“, zische ich ungewollt laut vor Empörung.

 

„Du bist uns gefolgt? Und hast uns beobachtet?“ Völlig entrüstet weiche ich noch ein paar Schritte zurück. Meine Muskeln verkrampfen sich.

 

„Es tut mir leid. Ich wollte nicht…“ Er stockt. Es entsteht eine lange Pause, in der er nach Worten ringt.

 

„Er hat dir sehr weh getan“, sagt er schließlich und kommt wieder näher. Er streckt seine Hand nach mir aus, um mir beruhigend meine Wange zu streicheln. Bevor seine Hand jedoch mein Gesicht erreicht, klatsche ich diese weg.

 

„Fass mich nicht an! Es geht dich überhaupt nichts an, ok? Verschwinde einfach und lass mich in Ruhe!“

Wütend stapfe ich an ihm vorbei.

 

„Das Angebot steht noch!“, sagt er mit lauter Stimme und ich bleibe wie angewurzelt stehen.

 

„Du kannst immer noch mit uns nach Iwagakure kommen. Du könntest dort ein glückliches Leben führen. Jetzt hält dich doch nichts mehr in Konoha.“ Er dreht sich zu mir um.

 

Ich beiße meine Zähne zusammen.

 

„Du irrst dich. Ich habe Freunde in Konoha. Freunde, die ich niemals in Iwagakure finden könnte. Ich war nie wirklich glücklich mit meinem Leben dort. Erzähl mir also nicht, ich könnte ein glückliches Leben führen. Du weißt gar nichts über mich!“

„Du hast die Wahl. Du kannst entweder jetzt freiwillig mitkommen und wir können die ganze Sache mit deinem Verrat aus der Welt schaffen oder ich werde dem Tsuchikage berichten, wo du bist. Dann ist ein Krieg nicht mehr zu vermeiden und du und deine Freunde werdet sterben.“

 

Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken, als ich Hiroshis Worte höre. Mein Körper fängt an zu zittern bei der Vorstellung, wie meine Freunde sterben könnten. Ich versuche mich zu beruhigen, um keine Schwäche zu zeigen.

 

„Du solltest sie nicht unterschätzen, Hiroshi! Und mich ebenfalls nicht. Die einzigen, die dabei sterben würden, wären du und deine Leute. Ich kenne dich. Ich kenne deine Jutsus. Und ich kenne deine Schwächen. Aber du weißt rein gar nichts über meine Freunde!“

 

Mit diesen Worten wende ich mich von ihm ab, in der Absicht wieder in den Ballsaal zu gehen und ein ruhiges Gespräch mit Kurenai zu suchen.

 

„Dann lässt du mir leider keine andere Wahl…“, sagt Hiroshi hinter mir.

 

„Wa-?“ Weiter komme ich nicht. Ich spüre einen harten, dumpfen Schlag an meinem Nacken und sacke ohnmächtig zusammen.

 

 

 

Langsam öffne ich meine Augen wieder. Ich blinzle, geblendet vom Tageslicht. Tageslicht?!

Ich schrecke hoch und finde mich auf einem Sofa in einem großen Raum wieder, der wie ein Wohnzimmer eingerichtet ist. Ich blicke mich um und suche nach etwas, das mir Hinweise zu meinem Aufenthaltsort verrät.

 

„Oh! Du bist wach. Gut.“ Hiroshi betritt den Raum. Sofort stehe ich auf und gehe in Verteidigungsposition.

 

„Wo bin ich? Was hast du mit mir gemacht?“, frage ich verwirrt.

 

„Du bist bei mir zuhause“, antwortet er ruhig.

 

„Etwa in Iwagakure?!“, frage ich hysterisch.

 

„Wo denn sonst?“, fragt er mit hochgezogenen Augenbrauen. „Hier. Zieh dich erstmal um.“ Er legt mir Trainingskleidung auf die Lehne des Sofas. Erst jetzt bemerke ich, dass ich noch immer mein Ballkleid trage.

 

„Habe ich etwa so lange geschlafen?“ In Gedanken rechne ich wie lange man von Sunagakure wohl nach Iwagakure benötigt.

 

„Nicht wirklich. Wir waren nur sehr schnell unterwegs. Ayumi war mit auf dem Ball und wie du sicher noch weißt ist ihr vertrauter Geist ein Adler. Er hat uns hergeflogen“, erklärt er und dreht sich um, damit ich mich umziehen kann.

 

Ach ja, Ayumi. Sie ist noch eine sehr junge Kunoichi aus Iwagakure. Nichtsdestotrotz ist sie sehr talentiert und Hals über Kopf in Hiroshi verknallt. Sie würde praktisch alles für ihn tun.

 

„Gut, ich bin fertig. Und was hast du jetzt mit mir vor?“, sage ich, als ich mich umgezogen habe.

 

„Ich bringe dich jetzt zum Tsuchikage. Er wird entscheiden, was dann mit dir passiert.“

 

Ich schlucke, bei dem Gedanken daran, dem Tsuchikage gegenüberzutreten. Hiroshi sagte mir schließlich, er wolle mich töten lassen. Schweiß bildet sich auf meiner Stirn. Hiroshi holt ein Seil aus seiner Gürteltasche.

 

„Nichts für Ungut“, sagt er, als er nähertritt, um mir meine Hände hinter dem Rücken zu fesseln.

 

„Wir wollen ja nicht, dass du irgendwelche Faxen treibst.“

 

Er nimmt mich beim Arm und führt mich zum Haus des Tsuchikage. Dort angekommen, klopft er an die Tür, bevor er diese öffnet, mich in den großen, holzverkleideten Raum zerrt und vor dem Tsuchikage zu Boden drückt.

 

„Hngh!“, stöhne ich und knie zu Füßen des Dorfoberhauptes, den Kopf zum Boden gewandt.

 

„Na sowas. Yuki! Was verschafft mir die Ehre?“, fragt dieser. Aufgrund seiner kleinen Körpergröße, hat sich der Tsuchikage eine Art Podest in diesem Raum errichten lassen, auf dem er nun in erhöhter Position thront.

Ich wage es nicht zu sprechen.

 

„Ich habe sie zurückgebracht, Tsuchikage Onoki. Wir sind uns auf dem Friedensball begegnet. Ich konnte sie davon überzeugen, mit zu kommen. Sie bereut ihren Fehler und bittet um Verzeihung“, ergreift Hiroshi nun das Wort für mich.

Überrascht von seinen Worten blicke ich auf. Der Tsuchikage scheint meine Reaktion bemerkt zu haben.

„Ist das wahr, Yuki? Bereust du deinen Verrat?“

 

„Nein! Ich meine… ja!“

 

Mit ernster Miene blickt mich Onoki an. Ich seufze.

 

„Ich bereue die Art, wie ich gegangen bin. Aber ich bereue es nicht, dass ich gegangen bin“, gebe ich ehrlich zur Antwort.

 

„Yuki!“, zischt mir Hiroshi zu, der sich offensichtlich schon eine genaue Lügengeschichte zurechtgelegt hat. Ich würdige ihn keines Blickes.

 

„Und wenn das nun heißt, dass ich sterben muss, dann sterbe ich eben. Aber bitte beginnt keinen Krieg gegen Konoha!“ Flehend wende ich meinen Blick wieder gen Boden.

 

Onoki hebt fragend beide Augenbrauen.

 

„Sterben? Krieg? Was redest du da für einen Unsinn?!“, brüllt er mir erbost entgegen. Überrascht über seine Reaktion blicke ich ihn verwirrt an.

 

„Wie kommst du auf sowas?“, fragt der Tsuchikage.

 

„Ähm, also… Hiroshi sagte mir, dass…“, stammle ich, nicht wissend, was hier vor sich geht.

 

„Hmm, Hiroshi?!“, grummelt der Alte in seine Richtung.

 

„Hast du ihr etwa gesagt, wir würden Krieg mit Konoha führen, wenn sie nicht zurückkommt? Ihretwegen?“ Er spuckt das letzte Wort aus, als wäre ich es nicht wert, so etwas Großes auszulösen.

 

„Nun. Ja, habe ich. Aber doch nur als Druckmittel, damit sie –“

 

„Schweig!“, unterbricht der Tsuchikage Hiroshis Ausrede.

 

„Das reicht. Ich habe genug gehört.“ Hiroshi verbeugt sich demütig vor seinem Vorgesetzten.

 

„Hmm, natürlich wäre es die letzte Instanz dich töten zu lassen“, wendet sich Onoki wieder mir zu.

 

„Aber wir haben andere Mittel. Dein Tod wäre sinnlos.“

 

„Das bedeutet…. Ich darf zurück nach Konoha?“, frage ich zaghaft, voller Furcht, die Antwort zu hören.

 

„Hm, mir scheint, du möchtest wirklich nicht mehr hierbleiben. Wirklich schade. Du hast Iwagakure gute Dienste geleistet. Du bist eine brauchbare Kämpferin. Und überleg mal, was wir alles für dich getan haben! Es waren unsere Leute, die dich damals im Wald gefunden haben. Abgemagert, verletzt, schmutzig und völlig verwirrt. Wir haben dich bei uns aufgenommen, dir ein Zuhause gegeben, deine Ausbildung gefördert. Und so dankst du es unserem Dorf?“, versucht er mich zum Bleiben zu motivieren.

 

Ich beiße mir kurz auf die Unterlippe.

 

„Das stimmt. Das habt Ihr alles für mich getan und ich bin Euch sehr dankbar dafür. Wirklich! Aber… Ich bin hier nicht glücklich. Mein Herz hat seinen Platz in Konoha gefunden. Ich habe dort neue und alte Freunde getroffen. Sie sind wie eine Familie für mich, versteht Ihr?“, versuche ich Onoki meine Gefühle zu erklären.

Er schließt für einen Moment seine Augen, um darüber nachzudenken.

 

„Nun gut. Mir scheint, als könnte ich dich nicht mehr umstimmen.“ Er macht eine Pause.

 

„Ich mag ab und zu griesgrämig sein, doch ich bin kein Unmensch! Du darfst nach Konoha gehen“, sagt er schließlich.

 

„Wirklich?“, platzt die Freude aus mir heraus. „Danke! Ich- ich… Danke!“

 

„Jedoch nicht, bevor wir nicht all die Geheimnisse des Dorfes aus deinem Kopf verbannt haben“, unterbricht der Tsuchikage meine begonnene Dankesrede.

 

„Aus meinem Kopf… verbannen?“, frage ich verwirrt nach.

 

„Bring ihn her!“, sagt Onoki nun zu Hiroshi. Dieser nickt, verbeugt sich kurz und geht zur Tür hinaus.

 

Es dauert nicht lange, bis sich die Tür wieder öffnet und Hiroshi wieder in den Raum tritt. An seiner Seite ein weiterer Mann.

 

„KEN?!“, entfährt es mir.

 

„Was hat Ken denn mit der ganzen Sache zu tun?“

 

Stumm wie immer tritt Ken näher.

 

„Lass es mich dir kurz erklären“, beginnt Onoki.

„Ken war lange Zeit in deinem Team, doch weißt du nicht alles über ihn. Er hat ein besonderes Kekkei Genkai, das ihn dazu befähigt, Leute bestimmte Dinge vergessen zu lassen. Er ist der perfekte Mann, wenn es darum geht, Geheimnisse für sich zu behalten, da er nie ein Wort spricht und daher auch nur bestimmte, eingeweihte Personen über seine Fähigkeit Bescheid wissen. Durch ihn bleiben unsere Geheimnisse bewahrt. Du hast jetzt die Wahl, Yuki. Entweder du lässt dir von Ken die Geheimnisse in deinem Kopf löschen und gleichzeitig auch, das Wissen über Kens Fähigkeit selbst, denn auch das ist ein Geheimnis unseres Dorfes, oder wir müssen dich leider töten. Aber ich denke, die Entscheidung wird dir nicht schwerfallen, nicht wahr?“

 

„Das bedeutet, danach kann ich mich weder an Iwagakures Geheimnisse erinnern, noch daran, dass Ken Gedanken löschen kann?“, frage ich nach.

 

Der Tsuchikage nickt.

 

„In Ordnung. Ich bin einverstanden“, gebe ich meine Entscheidung bekannt.

 

„Gut. Ken? Darf ich bitten?“, sagt der Tsuchikage in seine Richtung. Dieser nickt nur und will in meine Richtung steuern, wird aber kurz zuvor noch von Hiroshi aufgehalten, indem er eine Hand auf Kens Schulter legt. Er flüstert Ken etwas ins Ohr, welcher Hiroshi daraufhin erschrocken ansieht, dann aber nickt. Aufgrund der Entfernung in diesem großen Raum, habe ich nichts von dem, was Hiroshi ihm ins Ohr geflüstert hat, verstehen können.

 

Als der stumme Ninja nun vor mir steht, positioniert er seinen Daumen und den Mittelfinger seiner rechten Hand auf meinen beiden Schläfen und seine Handfläche versperrt mir die Sicht. Ich schließe meine Augen. Ein unangenehmer Druck macht sich in meinem Kopf breit, als Ken sein Jutsu anwendet. Ich beiße meine Zähne zusammen, um dem Druck entgegen zu wirken. Mit der Zeit geht der Druck über in ein schmerzvolles Stechen bis er schließlich seine Hand von meinem Kopf nimmt. Ich atme aus, als hätte ich die ganze Zeit die Luft angehalten. Ich öffne meine Augen und blicke in die treuen, braunen Augen meines einstigen Teamkameraden.

 

„Nanu? Ken, was machst du denn hier?“, frage ich verwirrt. Dieser lächelt mir nur aufmunternd zu und löst die Fesseln an meinen Handgelenken, die mich noch immer in gekrümmter Position auf dem Boden knien lassen.

 

„Bist du hier, um mir Auf Wiedersehen zu sagen?“, frage ich erneut nach und Ken nickt freundlich.

 

„Das ist sehr nett“, sage ich und grinse zurück in sein freundliches Gesicht. Ich stehe auf, taumle jedoch etwas zurück, da mich ein plötzliches Schwindelgefühl überkommt. Ich reibe mir die Schläfen.

 

„Was ist gerade passiert? Ich… ich habe einen totalen Filmriss. Ich kann mich nicht daran erinnern, wie Ken in den Raum gekommen ist“, frage ich deutlich verwirrt.

 

„Das ist jetzt nicht wichtig. Viel wichtiger ist, dass du jetzt nach Konoha gehen darfst, Yuki. Ich wünsche dir alles Gute. Und richte Hokage Tsunade aus, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht an einer Auseinandersetzung mit Konoha interessiert bin. Wir haben uns auf wichtigere Dinge zu konzentrieren als das. Viel Glück, Yuki“, verabschiedet mit Tsuchikage Onoki.

„Ich- Ich darf gehen? Einfach so?“ Mit überraschtem Gesichtsausdruck und offenstehendem Mund starre ich Onoki an, der sonst nicht gerade als besonders großzügig gilt.

 

„Mir scheint, du bist ein wenig durcheinander. Komm! Ich begleite dich ein Stück auf dem Weg nach Konoha“, bietet mir Hiroshi an und ergreift prompt meinen Oberarm. Er zieht mich aus dem Raum und ich blicke noch immer Onoki und Ken hinterher.

 

Ein leises „Danke“ haucht über meine Lippen, doch ich bin mir nicht sicher, ob sie es gehört haben.

 

Nachdem ich noch meine Sachen aus Hiroshis Wohnung eingepackt habe, brechen wir beide Richtung Konoha auf. Lange Zeit herrscht Schweigen zwischen uns.

 

„Hör mal! Du musst mich nicht begleiten. Ich finde den Weg auch alleine“, versichere ich Hiroshi.

 

„Daran habe ich keinen Zweifel“, erwidert er. „Aber ich möchte die Zeit mit dir noch genießen. Wir werden uns ja so bald nicht mehr sehen.“

 

Meint er das etwa ernst? Er möchte die Zeit mit mir genießen? Ungläubig sehe ich ihn von der Seite her an. Er bemerkt meinen Blick und zieht seine Augenbrauen fragend hoch.

 

„Was?“, fragt er.

 

„Nichts. Schon gut“, antworte ich, um einer Diskussion aus dem Weg zu gehen. Dafür habe ich im Moment keine Nerven, zumal mich stechende Kopfschmerzen plagen, seit wir den Raum des Tsuchikage verlassen haben. Ich massiere mir meine Schläfen. Was sind das nur für Kopfschmerzen? Mein Kopf fühlt sich so leer an – irgendwie nicht richtig.

 

Lange Zeit darüber zu grübeln habe ich nicht. Ein Rascheln in Büschen ein paar Meter vor uns veranlasst uns, stehen zu bleiben. Meine Hand wandert zu meiner Kunaitasche, bereit für einen Kampf. Wieder ein Rascheln. Der Wald vor uns ist so dicht, dass man kaum ein paar Meter weit sehen kann. Meine Kiefer verkrampfen sich, was meinen Kopfschmerzen nicht gerade hilfreich ist. Gebannt blicken wir in die Richtung aus der das Rascheln kommt, bis plötzlich ein kleiner Hund aus dem Gebüsch springt.

 

„Yuki! Da bist du ja endlich!“, spricht das kleine Hündchen zu mir.

 

Etwas verwirrt sehe ich den kleinen Mops vor mir an. Er kommt mir bekannt vor. Ich weiß nicht woher, aber plötzlich fällt mir auch sein Name wieder ein.

 

„Pakkun?“, frage ich.

 

„Zum Glück haben wir dich gefunden. Die anderen haben sich schon Sorgen um dich gemacht, du warst wohl einfach verschwunden“, erklärt mir der kleine Vierbeiner.

 

„Wir? Die anderen? Ich verstehe nicht?“, stutze ich noch immer verwirrt.

 

Bevor mir Pakkun mehr erklären kann, tritt ein Mann mit grauem Haar aus dem Dickicht des Waldes. Ein plötzlicher Schmerz jagt durch meinen Kopf und ich kneife meine Augen zusammen, um ihn besser sehen zu können.

 

„Yuki! Ein Glück! Geht es dir gut?“, fragt er sichtlich erschöpft von der Suche nach mir. Offensichtlich waren sie schnell unterwegs. Er ist völlig aus der Puste und seine Stirn ist schweißgebadet. Er macht ein paar Schritte auf mich zu und will mich zur Begrüßung in den Arm nehmen. Automatisch weiche ich ein paar Schritte zurück. Er stockt.

 

„Oh. Ich verstehe.“ Er blickt traurig zu Boden. Sein trauriger Blick erweicht aus irgendeinem Grund mein Herz. Wieso trifft mich das so?

 

„Du bist noch wütend auf mich. Das kann ich verstehen. Was ich gestern Abend zu dir gesagt habe, war nicht richtig. Ich hätte dir das nicht sagen dürfen und ich hätte dich nicht alleine lassen dürfen. Ich kann verstehen, dass du deswegen wütend auf mich bist, aber… Yuki, ich will, dass du weißt, dass mir das sehr leidtut. Und ich möchte, dass wir wieder Freunde sein können. Ich kann nicht von dir verlangen, dass du mir sofort verzeihst, aber ich wollte, dass du es weißt“, entschuldigt er sich.

 

„Haha, wie niedlich“, fängt Hiroshi das Lachen an. Mit fragendem Blick verfolge ich die Situation. Der Grauhaarige wirft Hiroshi kurz einen bösen Blick zu. Als er mich wieder anblickt und eine Reaktion von mir erwartet war sein Blick verletzlich, voller Demut und Schuldgefühlen. Meine Gedanken rasen hin und her.

 

„Es tut mir leid“, fange ich an. Sein Ausdruck in den Augen ist voller Enttäuschung, als gälte das Es tut mir leid einem Ich verzeihe dir nicht. Doch so ist es nicht. Ich fahre in meinem Satz fort.

 

„Es tut mir leid, aber… Wer bist du?“, frage ich den mir fremden Mann, der da vor mir steht.

Frauengespräch!

Einen Moment lang herrscht Stille. Eine unangenehme Stille. Trotz der Maske, die der groß gewachsene Mann in seinem Gesicht trägt, ist zu erkennen, dass sein Mund vor Entsetzen weit offensteht.

 

„Meinst du das ernst?“, fragt er mich, als er seine Fassung wiederfindet.

 

„Ich bin es! Kakashi!“, versucht er zu erklären.

 

„Kakashi…“, murmle ich seinen Namen nach, in der Hoffnung mich so wieder an ihn zu erinnern.

 

„Tut mir leid, aber ich kenne dich nicht“, muss ich nach ein paar Erinnerungsversuchen gestehen.

 

Dem Entsetzen in seinem Gesicht weicht Wut. Er stürmt nach vorne und packt plötzlich Hiroshi am Kragen.

 

„Was hast du mit ihr gemacht?“, brüllt er ihm ins Gesicht. Hiroshi bleibt ruhig und lächelt ihn süffisant an.

 

„Ich? Ich habe gar nichts gemacht. Wie kommst du darauf?“, entgegnet er ihm arrogant.

 

Der fremde Mann knirscht mit den Zähnen.

 

„Du…“, er will Hiroshi drohen, doch offensichtlich besinnt er sich eines Besseren und lockert den Griff um Hiroshis Kleidung.

Völlig verwirrt beobachte ich die Situation. Wer ist er?, frage ich mich immer wieder. Woher kennt er mich? Und wieso kenne ich ihn nicht? Ein stechender Schmerz jagt durch meinen Kopf.

 

„Das ist schon etwas seltsam“, meldet sich nun der kleine Hund wieder zu Wort.

 

Alle blicken ihn an.

 

„Du kannst dich also nicht an Kakashi erinnern, aber an mich schon? Du hast mich vorhin Pakkun genannt, das bedeutet, dass du dich an mich erinnern kannst. Ich bin aber der vertraute Geist von Kakashi und du hast mich über ihn kennen gelernt“, gibt er zu bedenken.

 

„Du bist sein vertrauter Geist?“ Jetzt bin ich noch verwirrter als vorher.

 

„Du konntest dich an Pakkun erinnern?“, fragt Kakashi nach. Seiner Stimme schwingt Hoffnung mit.

 

„Ich… ähm… ja. Aber ich weiß nicht, woher ich ihn kenne. Ich kann mich nicht erinnern“, stammle ich.

 

Der Blick des Grauhaarigen wandert erneut erbost zu Hiroshi.

 

„Du hast sie vom Ball hierher entführt. Stimmt das?“, fragt er ihn mit fester Stimme.

 

Vom Ball? Stimmt ja. Da war dieser Ball. Ich war dort. Aber in meinem Kopf sind nur noch verschwommene Bilder von diesem Abend. Was ist da genau passiert?

 

„Entführt? So ein Unsinn. Sie ist freiwillig mit uns mitgegangen“, antwortet Hiroshi.

 

„Du lügst“, fährt Kakashi ihn mit ruhiger aber bestimmter Stimme an.

 

Ich halte mir vor Schmerzen den Kopf. Ich versuche mich zu erinnern, doch es geht nicht.

 

„Ich… Ich kann mich nicht mehr an gestern Abend erinnern“, muss ich schmerzhaft zugeben.

 

„Hiroshi, was ist da passiert? Du scheinst ihn ja zu kennen. Wer ist er?“, frage ich nun meinen Begleiter.

 

Seine Augen sind weit aufgerissen. Er zögert. Offenbar weiß er doch mehr, als er zugeben will. Nach einem kurzen Moment besinnt er sich wieder und lächelt leicht.

 

„Du hast Recht. Ich kenne ihn, aber nur flüchtig. Wir haben uns auf dem Ball das erste Mal gesehen.“

 

„Und weiter?“, versuche ich Hiroshi die Worte aus der Nase zu ziehen.

 

„Als wir…“, weiter kommt er jedoch nicht. Ein erneutes Rascheln im Gebüsch zieht unser aller Aufmerksamkeit in die Tiefen des dichten Waldes. Schritte sind zu hören. Schnelle Schritte. Jeder macht sich kampfbereit.

 

„YUUUUUKIIIIIII!“, schreit es aus dem Wald ehe ich von einem weiteren großgewachsenen Mann umgerannt werde.

 

„So ein Glück, dir geht es guuuut!“ Dem schwarzhaarigen Mann mit den buschigen Augenbrauen kullern haufenweise Tränen aus den Augen.

 

„Ähm. Gai? Was machst du denn hier?“, frage ich ihn und halte mir meinen pochenden Kopf. Er hilft mir wieder auf die Beine und ich mustere ihn.

 

„Und wieso bist du so schick gekleidet?“, hänge ich an meine vorherige Frage noch an, als ich ihn in einem schwarzen Anzug und roter Fliege um den Hals vor mir sehe.

 

„Yuki, wer ist der Clown da?“, höre ich Hiroshi hinter mir fragen. Bevor ich ihm antworten kann, tritt Gai an mir vorbei und stellt sich schützend zwischen mich und Hiroshi.

 

„Ich bin Maito Gai und du musst der Schurke sein, der meine süße Yuki entführt hat!“ Er stellt sich in Kampfposition.

 

„Ähm. Schurke?“, fragt Hiroshi nach. An seinem Gesicht ist abzulesen, dass er Gai nicht ernst nimmt.

 

„Als ich in Sunagakure angekommen bin, um noch zu dem Friedensball zu kommen, musste ich von Kurenai erfahren, dass du verschwunden bist und Kakashi bereits nach dir sucht. Also bin ich seiner Spur gefolgt“, erklärt Gai ohne auf Hiroshis Reaktion einzugehen. Gai nimmt meine Hand in seine und streichelt mir behutsam über den Handrücken.

 

„Geht es dir auch wirklich gut, meine Teuerste?“, fragt er, während er mir tief in die Augen blickt. Ein Schauer läuft mir über den Rücken und mit einem Ruck befreie ich meine Hand aus dieser kitschigen Atmosphäre.

 

„Ja, mir geht es gut.“ Bis auf diese Kopfschmerzen, füge ich in Gedanken hinzu, um Gai emotional nicht noch mehr aufzuwühlen.

 

„Das ist wirklich merkwürdig…“, denkt Kakashi laut.

 

„Oh, hallo Kakashi! Du bist ja auch da“, begrüßt Gai den Grauhaarigen, der die ganze Situation bisher nur still beobachtet hat.

 

„Hi“, sagt dieser kurz und hebt zur Begrüßung die Hand.

 

„Was genau findest du merkwürdig, mein alter Freund?“, fragt Gai voller Ernst.

 

„Mal abgesehen von deinem Auftritt gerade? Dass Yuki sich auch an dich erinnern kann“, erklärt er seinem Kollegen.

 

„Wieso sollte sie sich auch nicht an mich erinnern können? Wir waren doch nur ein paar Tage voneinander getrennt und haben schon so viele Dinge zusammen erlebt. Und schließlich lieben wir uns ja auch“, schwärmt Gai.

 

„Ich liebe dich nicht“, stelle ich genervt klar.

 

„Schön und gut. Wie kommt es dann aber, dass sie sich an alles erinnert nur nicht an mich?“ Kakashis Blick ist voller Traurigkeit. Mit verschränkten Armen steht er da und wendet seinen Blick von mir ab.

 

„WAS? Yuki erinnert sich nicht an dich? Ist das wahr?“ Verblüfft wandert Gais Blick von Kakashi in meine Richtung. Vor Scham wende ich meinen Blick zu Boden.

 

„DU! Schurke! Was hast du mit Yuki getan?“, platzt es aus Gai, während er mit dem Finger auf Hiroshi zeigt.

 

„Hör auf, Gai. Hiroshi war es nicht. Er kann die Erinnerungen eines Menschen nicht manipulieren oder gar löschen. Und ich kenne auch niemanden, der so etwas kann“, versuche ich meinen ehemaligen Teamchef zu verteidigen.

 

„Und wie erklärst du dir dann deinen Gedächtnisverlust?“, fragt Kakashi. Er blickt mir tief in die Augen. Mein Herz schlägt schneller. Aber wieso? Er hat einen sanften, aber durchbohrenden Blick.

 

„Ich… weiß es nicht. Vielleicht habe ich ja einen Schlag auf den Kopf gekriegt oder so. Das würde auch meine Kopfschmerzen erklären.“

 

Einen Moment herrscht Schweigen.

 

„Nun. Du bist ja jetzt in guten Händen. Ich denke, du wirst mich jetzt nicht mehr brauchen. Dann gehe ich jetzt. Leb wohl, Yuki!“, sagt Hiroshi bevor er in einer Wolke verpufft.

 

Es war nur sein Schattendoppelgänger? Wieso hat er einen Schattendoppelgänger mit mir geschickt? Wollte er nur sehen, wie dieser Kakashi auf meinen Gedächtnisschwund reagiert und dann schnell verschwinden, wenn die Situation brenzlig werden könnte? Hat Hiroshi doch etwas damit zu tun? Fragen über Fragen tummeln sich in meinem Kopf.

 

„Dieser Schuft! Jetzt ist er einfach verschwunden! Ich sollte ihm…“, grummelt Gai.

 

„Lass gut sein, Gai“, unterbreche ich sein aufbrausendes Temperament.

 

„Wir sollten dich erst einmal nach Hause bringen. Vielleicht weiß Tsunade ja, was zu tun ist. Komm ich trage deine Sachen“, bietet Gai mir an, was ich dankend annehme.

 

Der restliche Weg nach Konoha ist von einer drückenden Stimmung untermalt. Weder Kakashi noch ich wissen, was wir miteinander reden sollen. Ich weiß nicht einmal wer er ist. Er scheint mich jedoch gut zu kennen. Worüber unterhält man sich da? Ein Gespräch über das Wetter wäre da wohl nur peinlicher Small-Talk. Außerdem wollte er sich anfangs bei mir für irgendetwas entschuldigen. Was könnte das sein? Was ist denn genau passiert? Was genau hatten wir für eine Beziehung? Waren wir Freunde? All diese Fragen würde ich ihm gerne stellen, doch seine Ausstrahlung wirkt so kühl und distanziert, dass ich mich nicht traue, ihn auch nur anzusprechen. Auch Kakashi scheint nicht recht zu wissen, was er mit mir reden soll. Vielleicht ist das, wofür er sich entschuldigen wollte, so schlimm, dass er nicht will, dass ich mich überhaupt daran erinnere und schweigt deswegen? Dieser Mann wirft so viele Fragen auf. Aber wieso interessiert mich das so sehr? Was hat er an sich, dass es mir so unter den Fingernägeln brennt, all seine Geheimnisse zu lüften? Diese Gedanken schwirren mir durch den Kopf, während Gai den ganzen Weg über Monologe hält.

 

„Ein herrlicher Tag! Wunderschönes Wetter heute! Ich hätte dich so gerne in deinem schönen Kleid gesehen, Yuki. Guck, ich hab‘ mich sogar für dich schick gemacht! Lee und ich haben unsere Mission extra schnell erledigt, um wie versprochen nachzukommen! Er hat sogar mit Sakura getanzt. Vermutlich, weil sie schon zu viel Sake getrunken hatte, ich meine es war ja schon sehr spät als wir ankamen, oder sollte ich lieber sagen sehr früh? Die Sonne ging fast schon auf, als wir…“ Gais Worte sind wie ein leises Hintergrundgemurmel, während ich über Kakashi nachdenke.

 

Als die Sonne bereits wieder untergeht erreichen wir die Stadttore von Konoha. Auch der Rest der Truppe, die mit uns auf dem Ball war, ist gerade dort angekommen.

 

„Yuki! Sie haben dich gefunden! Ein Glück!“ Kurenai fällt mir freudig um den Hals und ich erwidere die Umarmung sanft.

 

„Ihr wart schnell. Ich hatte euch noch gar nicht so schnell erwartet. Ist alles in Ordnung bei euch? Du guckst so betrübt, Kakashi“, stellt Asuma fest.

 

„Nein, alles in Ordnung“, sagt dieser schlicht, um einem langen Gespräch zu entgehen.

 

„Alles in Ordnung? Gar nichts ist in Ordnung!“, brüllt Gai dazwischen. „Yuki hat einen Teil ihres Gedächtnisses verloren und kann sich nicht an Kakashi erinnern!“

 

Die Bombe ist geplatzt. Gai erntet einen äußerst vorwurfsvollen Blick von Kakashi. In den Gesichtern der anderen sitzt der Schock.

 

„Was?“, fragt Sakura.

 

„Ist das wahr?“, kommt es von Tenten.

 

„Du kannst dich nicht an Kakashi erinnern?“, fragt Kurenai mit einem äußerst ungläubigen Ton in ihrer Stimme. So als wäre dieser Kakashi die letzte Person, die ich vergessen könnte.

 

Traurig blicke ich zu Boden, während Kakashi sich verlegen am Hinterkopf kratzt. Kurenai und Asuma tauschen einen vielsagenden Blick aus. So als ob sie keine Worte bräuchten, um sich zu verständigen. Sie sind wirklich ein tolles Team, denke ich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Dieses Lächeln verschwindet jedoch sogleich, als mich Kurenai beim Arm packt und mich mit dem Schlagwort „Frauengespräch!“ von der Gruppe wegzieht und zu ihrer Wohnung schleift. Asuma tut selbiges mit Kakashi und dem Schlagwort „Männergespräch!“. Als Gai sich ihnen anschließen will, wird dieser jedoch nur zur Seite geschubst.

 

In Kurenais Wohnung angekommen drückt sie mich auf einen Stuhl und blickt mich mit ernster Miene an.

 

„Möchtest du Tee?“, fragt sie mit zärtlicher Stimme und ihr Blick wird sanft.

 

„Sehr gern“, erwidere ich. Mit meinem Blick folge ich ihr in die offene Küche, in der sie warmes Wasser aufsetzt. Erst als sie mit zwei Tassen in der Hand wiederkommt und sich auf den anderen Stuhl an dem kleinen Tisch setzt beginnt sie das Gespräch.

 

„Erzähl! Wie kommt es, dass du dich nicht an Kakashi erinnern kannst?“ Ihr Blick wird wieder ernst. Ich entziehe mich ihren hypnotischen Augen und starre in den noch zu heißen Tee.

 

„Ich weiß es nicht. Er kam plötzlich aus dem Wald, wollte mich umarmen und sich für irgendetwas bei mir entschuldigen, aber… ich kannte weder sein Gesicht, noch seinen Namen. Er war ein völlig fremder Mann für mich“, starte ich meinen ersten Erklärungsversuch.

 

„Ist denn gestern Abend noch irgendetwas zwischen euch vorgefallen, als ihr nach draußen gegangen seid? Kakashi kam alleine in den Saal zurück. Was ist passiert?“, hakt sie nach.

 

„Das wüsste ich auch gerne. Ich kann mich nicht mehr richtig an gestern Abend erinnern. Da sind nur noch ein paar verschwommene Bilder in meinem Kopf.“

 

Kurenai zieht ihre Augenbrauen hoch.

 

„Daran kannst du dich also auch nicht erinnern? Das ist schade. Es war ein so schöner Ball! Weißt du denn wenigstens noch, wohin du gegangen bist und wie du dort hingekommen bist?“

 

Ich überlege kurz.

 

„Ich…“, beginne ich langsam. „Ich weiß nur noch, wie ich in Hiroshis Wohnung in Iwagakure aufgewacht bin. Dann sind wir zum Tsuchikage und…“ Ich stocke.

 

„Und? Was ist dann passiert?“, drängt Kurenai.

 

Ich überlege eine Weile, ob meine Erinnerungen so richtig sein können. Erwartungsvoll sieht Kurenai mich an.

 

„Er hat mich gehen lassen“, sage ich und kann es selbst nicht ganz glauben.

 

„Was meinst du mit Er hat dich gehen lassen? Was soll das bedeuten?“, versucht Kurenai meine Erlebnisse zu verstehen.

 

„Der Tsuchikage hat mich freigesprochen. Er war damit einverstanden, dass ich nach Konoha gehen und dort leben darf.“ Ich spreche die Worte, ohne selbst an sie zu glauben.

 

„Ich dachte, du kennst interne Dorfgeheimnisse? War das plötzlich gar kein Thema mehr?“ Kurenai nimmt einen Schluck von ihrem Tee.

 

„Ich kann mich nicht an die Geheimnisse erinnern“, muss ich erschreckenderweise feststellen.

 

Wir sehen uns in die Augen.

 

„Denkst du, jemand hat deine Erinnerungen so manipuliert, dass du dich nicht mehr an die Geheimnisse von Iwagakure erinnern kannst und dabei aus Versehen auch die Erinnerungen an Kakashi gelöscht? Vielleicht hast du diese zwei Sachen ja unterbewusst miteinander verknüpft“, teilt Kurenai ihre Ideen mit mir.

 

Aus Versehen? Oder mit Absicht, denke ich mit dem Hintergedanken an Hiroshis seltsames Verhalten gegenüber Kakashi.

 

„Ja, schon möglich“, stimme ich Kurenai zu und behalte meine Gedanken vorerst für mich.

 

„Sag mal, Kurenai“, beginne ich, den Blick fest in meine Teetasse gerichtet.

 

„Wer ist dieser Kakashi? Was war da zwischen uns?“

 

Mit hochgezogenen Augenbrauen sieht sie mich an. Ihr Blick ändert sich von Traurigkeit zu einem sanften Lächeln.

 

„Nun, ihr wart verliebt“, sagt sie schlicht.

 

„Was?!“, platzt es aus mir heraus. Sie lacht.

 

„Du nimmst mich auf den Arm, oder?“

 

„Nicht ganz. Es war eigentlich ziemlich offensichtlich, dass du in Kakashi mehr gesehen hast als nur einen Freund. Wie Kakashi genau zu dieser Sache steht, weiß ich leider nicht, aber auf dem Ball sah es nicht gerade so aus, als wäre das auch für ihn nur Freundschaft. Als du auf Hiroshi getroffen bist, hat er dich keine Sekunde aus den Augen gelassen. Dann seid ihr beiden nach draußen gegangen. Mehr weiß ich leider nicht.“

 

„Er hat euch nicht gesagt, was draußen zwischen uns vorgefallen ist? Irgendwas muss da passiert sein! Er wollte sich schließlich bei mir entschuldigen!“, hake ich nach.

 

„Tut mir leid. Mehr weiß ich wirklich nicht“, gibt Kurenai zur Antwort.

 

Als du auf Hiroshi getroffen bist, hat er dich keine Sekunde aus den Augen gelassen, hallt Kurenais Satz in meinem Kopf nach. Da haben sich die beiden gesehen. Hiroshi war dort. Hat er etwa doch etwas damit zu tun?

 

Ich stelle meine Teetasse auf den Tisch und stehe auf.

 

„Danke für den Tee und das Gespräch. Es ist schon spät, ich sollte jetzt nach Hause gehen und mich ausruhen. Das war ein langer und sehr seltsamer Tag für mich.“ Ich verbeuge mich zum Abschied.

 

„Tu das! Aber melde dich morgen bei Tsunade, ok?“, ruft mir Kurenai noch besorgt zu.

 

„Mach ich!“ Ich winke noch einmal als ich zur Tür rausgehe.

 

Im Regen

Tsunade seufzt.

 

„Tut mir leid, Yuki. Ich selber kann da nichts machen. Manipulation von Gedanken gehört nicht gerade zu meinem Spezialgebiet“, sagt sie, als sie mit meiner Untersuchung fertig ist.

 

Ich habe mir sowas zwar schon gedacht, doch es jetzt aus Tsunades Mund zu hören, versetzt mir doch einen Stich.

 

„Das heißt?“, frage ich zögerlich, mich vor der Antwort fürchtend.

 

Tsunade verschränkt die Hände vor ihrem Gesicht und runzelt die Stirn.

 

„Nun“, fängt sie an, „ich bin vielleicht keine Expertin, aber glücklicherweise haben wir jemanden in Konoha, der sich ein wenig besser damit auskennt. Shizune! Schick Inoichi Yamanaka hier her!“

 

Erschrocken von Tsunades harschem Ton in ihre Richtung, salutiert Shizune und macht sich hektisch auf den Weg. Als sie die Tür öffnet, wird sie durch einen Zusammenprall mit Kakashis Brust gestoppt.

 

„Oh, entschuldige bitte!“, sagt sie, verbeugt sich kurz und ist auch schon verschwunden.

 

„Ah, Kakashi! Gut, dass du gekommen bist“, sagt Tsunade zur Begrüßung.

 

„Was gibt es denn so dringendes?“, fragt er.

 

„Wir versuchen gerade Yukis Gedächtnisschwund in den Griff zu bekommen und da du in der Sache mit drinsteckst, ist es von Vorteil, wenn du hier bist. Shizune holt gerade Inoichi, in der Hoffnung, dass er ihr Gedächtnis wiederherstellen kann. Da ist es vielleicht ganz nützlich, wenn du da bist“, erklärt Tsunade knapp.

 

Kakashi sieht mich kurz an gibt ein kurzes „Hallo“ von sich und wendet seinen Blick dann zu Boden.

 

„Hallo“, erwidere ich eben so knapp.

 

Irgendwas bedrückt ihn. Er verheimlicht etwas. Oder mag er mich einfach nicht? Je länger ich ihn beobachte, desto deutlicher wird, dass er mir ausweicht. Sei es ein Gespräch oder nur ein Blick. Es macht mich wütend und gleichzeitig auch traurig. Ich wende meinen Blick ebenfalls von ihm ab.

 

Als ich dabei kurz in Tsunades Richtung sehe, bemerke ich, dass sie uns beobachtet. Vermutlich denkt sie gerade genau das gleiche. Sie wirft mir einen mitfühlenden Blick zu.

 

Plötzlich hört man laute, schnelle Schritte auf dem Gang. Die Tür wird aufgerissen und Shizune steht im Türrahmen, völlig außer Atem und Inoichi Yamanaka am Kragen hinter sich her schleifend. Offensichtlich wurde der arme Kerl von Shizune den ganzen Weg so transportiert, den vielen Beulen und Kratzern, die sein Gesicht nun zieren, nach zu urteilen.

 

„Hier sind wir Tsunade!“, erstattet Shizune pflichtbewusst Bericht.

 

„Äh… Danke… Shizune…“, sagt diese noch etwas verdutzt, fängt sich aber schnell wieder.

 

„Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, Inoichi“, fährt sie fort.

 

„Ich hatte ja auch gar keine andere Wah…“, grummelt dieser leise vor sich hin und wird von Tsunade einfach ignoriert.

 

„Es geht um Folgendes. Yuki“, sie deutet in meine Richtung, „hat auf ihrer letzten Mission wohl ihr Gedächtnis verloren.

Seltsamerweise nicht ihr Gesamtes. So wie es aussieht, wurde es selektiv gelöscht oder unterdrückt. Sie kann sich an alles und jeden erinnern außer an Kakashi und die Erlebnisse mit ihm“, erklärt sie ihm.

 

Plötzlich wird Inoichi hellhörig.

 

„Interessant“, meint er und reibt sich sein Kinn. Er sieht mich an. Erst von rechts, dann von links. Er beugt sich vor, um mir tief in die Augen zu sehen. Instinktiv neige ich meinen Oberkörper nach hinten, um einen angenehmen Abstand zu wahren.

 

„Kannst du uns helfen?“, fragt Tsunade nach einer Weile der Begutachtung.

 

„Ich werde es versuchen! Am besten, du setzt dich dafür“, sagt er nun in meine Richtung.

 

Ich tue, wie mir geheißen und setze mich. Inoichi stellt sich vor mich hin und legt seine Hand auf meinen Kopf.

 

„Schließ einfach die Augen und entspann dich“, sagt er, bevor er sein Jutsu auf mich anwendet.

 

Alle gucken gespannt auf Inoichi.

 

Es dauert eine ganze Weile, bis er seine Hand wieder von meinem Kopf nimmt. Ich öffne die Augen. Hoffnungsvoll sehe ich zu ihm hoch. Dieser guckt jedoch ernster als es mir lieb ist.

 

„Und?“, fragt Tsunade.

 

„Es ist schwierig. Sie kann sich wirklich nicht an Kakashi erinnern. Und mir ist auch klar, dass dies das Werk eines Jutsus war. Eines sehr starken Jutsus der Gedankenmanipulation, das ich leider nicht kenne.“

 

„Ich wusste es“, sagt Kakashi neben mir so leise, dass es kaum jemand hören kann. Sein Gesicht ist ernst, fast schon wütend. Seine Finger bohren sich in seine vor der Brust verschränkten Arme.

 

„Und was heißt das nun? Kannst du ihr helfen?“, fragt Tsunade noch einmal präziser nach.

 

„Hier und jetzt kann ich es nicht. Ich müsste erst wissen, um was für eine Art Jutsu es sich handelt. Würde ich versuchen mit dem jetzigen Wissensstand einzugreifen, würde ich vermutlich noch mehr Schaden in ihrem Kopf anrichten, als zu helfen.“

 

Traurig blicke ich zu Boden. Tsunade beißt ihre Zähne zusammen. Shizune lässt einen leisen Seufzer los.

 

„Allerdings…“, spricht Inoichi seine Gedanken laut aus, ohne jemanden anzusehen.

 

„Es ist seltsam. Es scheint nicht nur die Erinnerung an Kakashi zu fehlen. Es sind auch noch einige andere Lücken in ihrem Kopf zu erkennen, die ich jedoch nicht einordnen kann. Von woher bist du gekommen, als du Kakashi begegnet bist und dich nicht mehr erinnern konntest?“, fragt er nun an mich gewandt.

 

„Aus Iwagakure. Sie haben mich gehen lassen…“, antworte ich langsam und nachdenklich. Er hat Recht. Das macht so überhaupt keinen Sinn. Wieso sollten sie mich einfach so gehen lassen? Ich kannte doch die Geheimniss… Wie ein Blitz durchzuckt es mich. KANNTE! Ich kannte die Geheimnisse des Dorfes. Wenn ich mich jetzt versuche daran zu erinnern… Nichts!

 

Meine Atmung geht schwerer und Schweiß steht mir auf der Stirn.

 

„Yuki, was hast du auf einmal?“, fragt Shizune besorgt, die meinen Blick ins Leere bemerkt hat.

 

Ich versuche meine Atmung zu beruhigen.

 

„Ich kann mich nicht erinnern“, flüstere ich.

 

„Was?“, fragt Tsunade, die mich akustisch nicht verstehen konnte.

 

„Ich kann mich nicht daran erinnern. An die Geheimnisse des Dorfes Iwagakure. Deswegen haben sie mich einfach so gehen lassen! Kakashi, Du hattest Recht! Hiroshi hat wohl doch etwas damit zu tun“, schießt es aus mir heraus.

 

Dieser nickt nur, dankend, dass ich ihm nun Recht gebe in der Hinsicht.

 

„Iwagakure also“, murmelt Inoichi.

 

„Dann weiß ich jetzt, wo ich ansetzen muss. Ich werde versuchen, herauszufinden, um welches Jutsu es sich hierbei handelt, um weitere Maßnahmen treffen zu können.“

 

„Ich danke dir. Du darfst gehen! Und alle anderen erst einmal auch“, löst Tsunade die Runde auf.

 

Wir verlassen den Raum. Kaum habe ich das Gebäude verlassen, wartet auch schon Kurenai und überfällt mich mit ihren Fragen.

 

„Yuki! Und wie war’s? Konnte Tsunade dir helfen? Kannst du dich wieder erinnern? Was macht Inoichi denn hier?“, fragt sie noch als dieser gerade mit Kakashi an uns vorbeigeht und sie den beiden verdutzt hinterher sieht, bevor sie sich wieder mir zuwendet.

 

Ich seufze kurz, bevor ich Antwort gebe.

 

„Nein. Bis jetzt konnte mir noch niemand helfen. Aber wir haben einiges herausgefunden…“

 

Ich erzähle ihr von den neuesten Erkenntnissen.

 

„Hm. Verstehe. Nun, das hört sich doch alles gar nicht so schlecht an!“, meint sie schließlich.

 

Entsetzt schaue ich sie an.

 

„Nicht so schlecht? Ich habe gerade herausgefunden, dass ich noch mehr Gedächtnislücken habe und mich mein ehemaliger Teamgenosse von vorne bis hinten nur belogen hat“, brülle ich empört.

 

„Ja, das stimmt schon, aber immerhin wisst ihr jetzt den Grund für deine Gedächtnislücken, dass der Grund dafür ein Jutsu ist und, dass es etwas mit Iwagakure zu tun hat. Also für mich hört sich das so an, als könnte man das Problem zumindest lösen!“

 

Kurenai lächelt mich an, als wäre sie sich ganz sicher, dass alles gut wird. Ich gebe nach.

 

„Du hast ja Recht. Wieso bist du eigentlich so gut drauf? So völlig optimistisch?“, hake ich nach.

 

„Oh… Fällt das auf?“, fragt sie flüsternd und hält die Hand an den Mund, damit nur ich es hören kann.

 

Sie sieht sich kurz um, ob jemand lauscht.

 

„Was ist denn los?“, frage ich verdutzt.

 

„Ich muss dir was erzählen. Aber nicht hier. Lass uns irgendwo etwas essen gehen!“

 

Etwas verwirrt folge ich ihrem Vorschlag in eine kleine Sushi-Bar. Nachdem wir bestellt haben, kann ich nicht länger warten.

 

„Also? Ich bin neugierig. Was ist denn nun? Sag schon“, dränge ich ungeduldig.

 

Kurenai presst kurz die Lippen zusammen, bevor es aus ihr rausplatzt.

 

„Ich bin schwanger!“

 

Ich mache große Augen und ein breites Grinsen macht sich in meinem Gesicht breit.

 

„Ist das wahr? Du meine Güte, ich freu mich so für euch! Herzlichen Glückwunsch! Weiß Asuma schon davon?“

 

„Nein, noch nicht. Ich weiß noch nicht genau, wie ich es ihm sagen soll. Aber ich werde es ihm heute Abend erzählen. Ich werde wohl für ihn kochen und bei der Gelegenheit, werde ich es ihm sagen. Das lenkt dann vielleicht auch von meinen ausbaufähigen Kochkünsten ab…“

 

Wir kichern.

 

„Aber versprich mir, dass du das erst einmal für dich behältst. Du bist die Erste, die davon weiß!“, drängt Kurenai.

 

„Ich fühle mich geehrt! Keine Sorge. Ich erzähl es niemandem. Vielleicht hast du ja Glück und dank meiner Gedächtnislücken, kann ich mich auch bald schon nicht mehr daran erinnern!“

 

Wieder müssen wir lachen. Während des Essens reden wir ausgelassen weiter und sammeln Ideen, um Azuma schonend beizubringen, dass er Vater wird. Als wir uns verabschieden und jeder seinen Nachhauseweg antritt, fängt es an zu regnen.

 

Kurenai beeilt sich, um nach Hause zu kommen und dem Regen zu entgehen. Ich dagegen bleibe einfach auf der Straße stehen. Ich lasse den Regen über meine Haut fließen. Ich blicke nach oben in die grauen, dicken Wolken, die ihre Tränen auf die Erde fallen lassen. Die kühlen Tropfen tun gut. Sie erfrischen mich und lassen mich wieder klar denken. Es ist, als ob sie die ganzen Sorgen von mir abspülen.

 

Nach einer Weile gehe auch ich los, mache aber noch einen Umweg an den Trainingsarealen vorbei. Die Stadt ist wie ausgestorben, wenn es regnet. Alle versuchen in ihren Häusern und Läden Unterschlupf zu finden, dabei ist es doch nur Wasser. Es ist still geworden. Nur das Prasseln des Regens ist zu hören. Ich gehe weiter, als ich durch den Regen hindurch eine Gestalt wahrnehme. Dort, am anderen Ende des Geländes. Dort, wo sich der Gedenkstein befindet. Wer steht da? So ganz allein? Die Person sieht traurig aus. Das sieht man sogar von hier. Ich gehe näher ran und erkenne ihn. Kakashi.

 

Er hat wohl auch jemanden verloren, der ihm nahestand. Ich kann mich daran erinnern, dass Gai in diese Richtung was erwähnt hat. War es nicht ein Mädchen?

 

„Wer war sie?“, frage ich ihn, als ich nah genug gekommen bin. Er zuckt kurz. Offensichtlich hat er mich nicht kommen hören. Doch er wendet seinen Blick nicht von dem Stein ab.

 

„Rin“, antwortet er knapp. Es war also wirklich ein Mädchen, denke ich. Ich stelle mich neben ihn und Blicke auf den Stein, in den so viele Namen graviert sind. Ich suche nach ihrem Namen. Rin Nohara.

 

„Tut mir leid“, sage ich knapp, aber durchaus ernst gemeint.

 

„Sie war in meinem Team“, erzählt er weiter.

 

„Und… standet ihr euch nahe?“, frage ich, obwohl ich Angst vor der Antwort habe. Aber wieso habe ich Angst vor der Antwort? Ich kenne diesen Mann kaum. Es kann mir doch egal sein. Aber aus irgendeinem Grund ist es mir nicht egal. Genauso wenig es mir egal ist, dass er so traurig aussieht. Am liebsten würde ich ihn einfach in den Arm nehmen. Aber ich kann ihn nicht deuten. Ich weiß nicht, was er denkt. Ich weiß nicht einmal, ob er mich überhaupt mag. Vermutlich stelle ich ihm deshalb hier so viele Fragen. Ob ihn das nervt? Will er überhaupt darüber reden?

 

„Sie…“ fängt er zögerlich an.

 

„Sie war in mich verliebt“, antwortet er ohne eine Miene zu verziehen. Ich traue mich kaum, die nächste Frage zu stellen, tu es aber trotzdem – zögerlich.

 

„Und… du?“

 

Er sieht mich kurz von der Seite aus an. Es sieht fast so aus, als würde er kurz grinsen.

 

„Für mich war sie nur eine Freundin und meine Teamkameradin.“

 

Irgendetwas in mir freut sich über diese Antwort, obwohl es mir egal sein müsste. Ich sollte mich schämen. Schließlich ist sie tot, rüge ich mich selbst.

 

„Wie ist sie gestorben?“, frage ich weiter, um meine bisher recht peinlichen Fragen zu überspielen.

 

Kakashis Miene wird wieder düster.

 

„Ich habe sie getötet.“

 

Ich schlucke. Mein Mund wird trocken und ein eisiger Schauer läuft mir über den Rücken. Ich merke, wie ich leicht das Zittern anfange, weiß jedoch nicht, ob es an seiner letzten Antwort liegt oder am Regen, der inzwischen meine Kleidung komplett durchnässt hat.

 

„Du… hast sie getötet? Wieso? Etwa weil sie Gefühle für dich hatte und du nicht?“, platzt es einfach aus mir heraus, obwohl ich es nicht laut aussprechen wollte. Das hat sicher seine Gefühle verletzt.

 

„Entschuldige bitte“, hänge ich schnell schuldbewusst hinten an, doch er scheint es nicht wahrzunehmen.

 

„Nein. Das ist nicht der Grund. Es war auch keine Absicht. Ich wollte sie nicht töten. Es… es war ein Unfall.“ Seine Stimme klingt verbittert. Der Drang in mir ihn in den Arm zu nehmen und ihm tröstend über den Rücken zu streichen wird immer größer.

 

„Sie sprang in mein Chidori und ich durchbohrte sie. Dabei habe ich Obito versprochen, sie zu beschützen.“

 

Er schließt verbittert seine Augen. Ich lege eine Hand auf seinen Rücken, als könnte ich so einen Teil seines Leids auf mich nehmen.

 

„Obito war auch in meinem Team. Er war in Rin verliebt und er schenkte mir vor seinem Tod das Sharingan. Ich war es ihm schuldig“, spricht er weiter.

 

Obito war also sein anderer Teamkollege. Kakashi macht sich verantwortlich für Rins Tod und für das somit nicht eingehaltene Versprechen gegenüber seines verstorbenen Freundes. Macht er sich etwa auch noch für seinen Tod verantwortlich? Er tut mir leid.

 

„Du trägst keine Schuld, Kakashi! Es war ein Unfall. Rin wird einen Grund dafür gehabt haben, vor deinen Angriff zu springen. Sie hätte dich dafür sicher nicht verantwortlich gemacht“, versuche ich ihn zu trösten.

 

„Du sagst das so, als hättest du sie gekannt. Und du hast vermutlich auch noch Recht damit. Rin hätte mir dafür nicht die Schuld gegeben. Aber ich tue es.“

 

„Das solltest du aber nicht. Das macht einen nur kaputt.“

 

Er sieht mich an. Das erste Mal in unserem gesamten Gespräch sieht er mich direkt an und es ist als würde mich sein Auge durchdringen. Mein Herz fängt an schneller zu schlagen. Wieso? Meine Atmung geht schneller. Aber warum? Warum reagiert mein Körper so?

 

„Yuki, wie machst du das nur?“, er lächelt mich traurig an.

 

Ich schaue fragend zurück.

 

„Bisher habe ich mit niemandem so offen darüber geredet. Und du kommst her und stellst mir einfach Fragen. Einfach so, obwohl du damit nichts zu tun hast. Und ich antworte dir, ohne auszuweichen. Du gibst einem irgendwie das Gefühl, dass man dir ohne nachzudenken, alles anvertrauen kann. Und du verurteilst einen nicht dafür. Ich danke dir dafür. Es hat gut getan darüber zu reden.“

 

Die Röte steigt in mein Gesicht. So viele Komplimente bin ich nicht gewohnt.

 

„Schon gut. Ich habe doch gar nichts gemacht“, sage ich verunsichert von seinem Blick.

 

„Doch, hast du.“ Er macht eine Pause. Er lächelt und schnaubt kurz. Dann schüttelt er leicht den Kopf.

 

„Was ist?“, frage ich verwirrt. Habe ich etwas falsch gemacht?

 

„Ich weiß nicht wie du das machst?“, sagt er schließlich.

 

„Wie ich was mache?“ Ich verstehe gar nichts mehr.

 

Er dreht sich zu mir und blickt mich wieder direkt an. Und wieder schlägt mein Herz ein bisschen schneller. Im Gegensatz zu meiner vom Regen ausgekühlten Haut, glüht mein Gesicht vor Röte.

 

„Ich dachte, ich könnte von vorn anfangen, als du gemeint hast, du kannst dich nicht an mich erinnern. Ich dachte, dann könnte ich dich nicht mehr verletzen wie an jenem Abend an dem Ball. Denn ich könnte einfach Abstand von dir halten. Als gute Bekannte nebeneinander leben. Keine Peinlichkeiten mehr. Keine Gefühle mehr. Nur noch als gute Bekannte und Kollegen. Ich war naiv zu glauben, ich könnte so leben.“

 

Ich spüre meinen Puls in meinem Hals. Mein Gesicht ist heiß, meine Hände eiskalt. Ich habe vergessen wie man spricht, wie man richtig atmet. Ich habe alles um mich herum vergessen. Nicht einmal mehr den Regen nehme ich wahr. Meine Augen sind starr auf Kakashis Auge gerichtet. Ich kann mich nicht mehr bewegen, ich kann nichts denken. Hat er das gerade wirklich gesagt? Träume ich? Ich bin verwirrt.

 

„Aber ich kann es nicht“, sagt er und nimmt mein Gesicht in seine Hände. Sein Auge auf meine halb offenstehenden Lippen geheftet zieht er mich behutsam zu sich heran. Ohne es bewusst wahrzunehmen, stelle ich mich auf die Zehen und schließe meine Augen. Und dann spüre ich wie er seine Lippen auf meine legt. Seine Maske, die uns noch trennt, wirkt so dünn, als wäre sie gar nicht da. Seine Lippen sind so weich. Behutsam und gleichzeitig verlangend. Meine Hände finden Halt an seinen Unterarmen, um nicht umzufallen. Ein Adrenalinstoß nach dem anderen durchströmt meinen Körper. Mein Herz beruhigt sich nicht mehr. Der Kuss dauert eine gefühlte Ewigkeit und ich wünsche mir, dass er nie endet.

 

Langsam löst er seine Lippen wieder von meinen. Langsam, nur ganz langsam. Wir öffnen unsere Augen wieder. Unsere Gesichter sind sich so nah, dass keine Regentropfen mehr dazwischen durchfallen können. Wir sehen uns direkt in die Augen. Ich beiße mir leicht auf meine Unterlippe, auf der ich noch immer seinen Kuss spüre, so wie ich es immer mache, wenn ich nervös bin.

 

„Das darfst du nicht machen“, sagt er, als er es sieht. Fragend sehe ich ihn an.

 

„Das könnte den falschen Mann verführen“, sagt er leise, mit einem verführerischen und gleichzeitig verlangenden Unterton in der Stimme. Ich lächle leicht. Versuche meine Stimme wiederzufinden.

 

„Man scheint mir die Erinnerung nehmen zu können, aber die Gefühle haben sie mir nicht genommen.“

Waghalsige Mission

Noch immer blickt er mir tief in die Augen. Noch immer hält er mein Gesicht in seinen Händen. Zärtlich fährt er mit seinem Daumen die Form meiner Lippen ab. Der Regen prasselt auf uns nieder. Sein Blick ist zärtlich, seine Finger weich wie Samt. Mir ist heiß von unserem Kuss und kalt durch den Regen, der meine Kleidung bis auf die Haut durchnässt hat. Ich zittere. Langsam löst er seine Hände von meinem Gesicht. Er lässt sie über meinen Hals bis zu meinen Schultern gleiten. Dann sieht er mich mit ernstem und zugleich traurigem Ausdruck an.

 

„Bitte erzähl es niemandem“, sagt er leise.

 

„Wieso nicht? Ich dachte…“, stocke ich.

 

„Ich weiß. Keine Sorge. Über meine Gefühle bin ich mir inzwischen im Klaren“, fährt er fort und lächelt leicht. „Du gehst mir aber auch einfach nicht aus dem Kopf. Aber ich möchte es erst noch geheim halten.“

 

„Ich verstehe nicht. Warum willst du es geheim halten?“, frage ich nach.

 

„Weil…“, beginnt er und weiß nicht so recht, wie er es mir erklären soll. Er seufzt. Nach einer kurzen Pause fährt er fort.

 

„Aus demselben Grund, warum ich dich am Abend des Balls zurückgewiesen habe. Du hast mir deine Gefühle gestanden und ich war so… so überwältigt und froh, dass ich für einen Moment die Beherrschung verlor und dich schon damals küssen wollte. Aber dann ist mir wieder eingefallen, warum ich das alles gemacht habe. Warum ich immer versucht habe, auf Distanz zu bleiben.“

 

Wieder macht er eine kleine Pause.

 

„Es ist nicht nur bei dir so. Seit ich damals meine Teamkameraden verloren habe, ist mir folgendes klar geworden. Der Schmerz, einen geliebten Menschen zu verlieren, begleitet einen das gesamte Leben lang. Sicher habe ich hier Freunde und meine Schüler, die mir ans Herz gewachsen sind, aber ich habe mir geschworen, niemanden mehr so nah an mich heranzulassen, dass es mich an meiner Arbeit als Shinobi hindert. Es gehört zu unserem Berufsrisiko, sein Leben zu lassen, und genauso gehört es eben auch dazu, Kameraden zu verlieren. Ich habe schon viele Kameraden verloren. Aber dich könnte ich nicht verlieren. Das würde ich nicht verkraften. Yuki, du bist nun… meine größte Schwäche. Wenn Feinde herausfinden, dass ich dich liebe, wirst du in Gefahr sein. Immer.“

 

Seine Stimme bebt bei der Vorstellung, mir könne etwas zustoßen. Ich nehme ihn in den Arm. Er erwidert meine Umarmung und schließt seine Hände hinter meinem Rücken. Mein Kopf liegt auf seiner Brust. Ich höre sein Herz schlagen. Langsam beruhigt es sich wieder.

 

„So herzlos, wie du immer tust, bist du gar nicht. Auch Gai und Naruto und Sakura bedeuten dir mehr als dir lieb ist, stimmt’s?“, sage ich ohne die Umarmung zu lösen.

 

„Ich verstehe dich und respektiere natürlich deinen Wunsch, das Ganze erst einmal geheim zu halten. Aber es ist seltsam, deine Art und Weise wie du denkst. Ich denke da nämlich ganz anders“, fahre ich fort.

 

Verwundert löst er sich von mir. Der Regen lässt langsam nach. Er sieht mich fragend an.

 

„Im Gegensatz zu dir, bist du nicht meine größte Schwäche, sondern meine größte Stärke! Wenn ich mich schwach fühle und am Boden liege, wenn ich denke, jetzt ist es aus, dann erscheint mir dein Gesicht vor meinem inneren Auge. Das gibt mir neuen Antrieb, neue Kraft. Nur deinetwegen gehe ich bis ans äußerste meiner Kräfte und das macht mich stark.“

 

Er lächelt peinlich berührt unter seiner Maske und an seinem Auge kann ich sehen, dass er ernsthaft über meine Worte nachdenkt. Leicht, nur ganz leicht nickt er. Dann legt er seinen Daumen und Zeigefinger an mein Kinn und führt meinen Kopf wieder sanft nach oben. Er haucht mir einen zweiten Kuss auf die Lippen und flüstert ganz leise „Danke“.

 

Der Regen hört auf. Durch die dicken Wolken dringen einzelne Strahlen der bereits untergehenden Sonne. Erneut sieht er mir tief in die Augen und scheint innerlich einen Entschluss gefasst zu haben.

 

„Yuki“, beginnt er.

 

„Ich will, dass du dich wieder an mich erinnerst!“

 

„Ja, das will ich doch auch!“, pflichte ich ihm bei.

 

„Dann lass uns gehen! Heute Nacht.“

 

Offensichtlich hat er einen Plan.

 

„Gehen? Wohin?“, frage ich verwirrt.

 

„Nach Iwagakure. Wir holen dir deine Erinnerungen zurück.“

 

Mit offenem Mund starre ich ihn an.

 

„Aber Inoichi arbeitet doch bereits an einer Lösung. Ich glaube nicht, dass Tsunade das für gutheißen wird“, hege ich Zweifel an seinem Vorschlag.

 

Er zieht seine Augenbraue hoch, als wolle er sagen „Glaubst du wirklich, dass Inoichi das löst?“ oder „Tsunade wird das schon verstehen“.

 

Ich zucke mit den Schultern und ergebe mich seinem allessagenden Blick.

 

„Du hast Recht. Lass uns aufbrechen!“

 

 

 

 

Mit gepackten Rucksäcken gesattelt machen wir uns zu zweit auf den Weg durch die Dunkelheit. Durch den Regen hat sich die Luft ebenfalls stark abgekühlt und man kann beim Ausatmen seinen Atem sehen. Leise, beinahe lautlos bewegen wir uns durch die Nacht. Den ersten Teil der Strecke reden wir nicht, um nicht bemerkt und verfolgt zu werden. Eine gute Gelegenheit, meine Gedanken und aufgebrachten Gefühle in meinem Kopf zu ordnen.

 

Es ist passiert. Es ist wirklich passiert! Wir haben uns geküsst und Kakashi liebt mich! Das weiß ich jetzt. Wir sind uns nun beide klar über unsere Gefühle. Ich bin so erleichtert. Es ist als würde eine riesige Last von meiner Seele fallen. Ich fühle mich so leichtfüßig und überglücklich. Am liebsten würde ich ihn die ganze Zeit über nur anschauen.

 

Für einen kurzen Moment wandern meine Augen zu ihm rüber. Er bemerkt meinen Blick und lächelt mir zu. Sofort schießt mir die Röte ins Gesicht und ich grinse zurück. Dann richtet er seinen Blick wieder nach vorn und auch ich schüttle kurz meinen Kopf, um wieder klar denken zu können und konzentriere mich wieder auf den Weg.

 

Der kalte Wind weht durch meine Haare. Wir haben die Grenzen von Konohagakure inzwischen passiert und sind schon auf halber Strecke, als Kakashi das Zeichen zum Halten gibt.

 

„Lass uns hier rasten. Wir sollten nicht übermüdet nach Iwagakure kommen“, sagt er und springt von dem dicken Ast, auf dem wir stehen. Ich folge ihm.

 

Wir machen ein kleines Lagerfeuer, an dem wir uns vom kalten Wetter wärmen und unser Proviant rösten können. Kakashi setzt sich neben mich und legt uns eine Decke um unsere Schultern.

 

„Danke“, sage ich und kuschle mich näher an ihn. Er legt seinen Arm um meine Schulter und ich lehne meinen Kopf an seine Brust.

 

„Das ist schön so“, sage ich. „Ich wünschte, wir könnten einfach ewig so sitzen bleiben.“

 

Ich blicke ins Feuer. Ich beobachte die Flammen, die um das Feuerholz tanzen und es ganz langsam verschlingen. Ich beobachte, wie das Holz schwächer wird und in sich zusammensackt. Es knistert. Es ist warm. Ich fühle mich geborgen in Kakashis Arm. So als könne mir bei ihm nichts passieren. Gar nichts. Meine Augen werden schwerer. Ich schlafe ein.

 

Die Sonne ist noch nicht aufgegangen, als Kakashi mich weckt und wir unsere Reise fortsetzen. Doch als wir an die Tore von Iwagakure kommen, geht sie bereits wieder unter.

 

„Wer ist da?“, fragt eine genervte Wache auf der rechten Seite des Tores, ohne uns nur eines Blickes zu würdigen.

 

„Ich bin’s“, sage ich mit fester Stimme. Er blickt auf.

 

„Yuki? Bist du nicht erst vor ein paar Tagen gegangen? Was machst du hier?“, fragt mich die Stadtwache.

 

„Ich habe noch etwas vergessen“, antworte ich nur knapp.

 

„Also gut, dann geh rein, aber mach schnell!“

 

Er öffnet uns das Tor. Ich bedanke mich und wir treten ein. Die Sonne verschwindet hinter dem Horizont und legt die Stadt in ein tristes Grau.

 

„Wie gehen wir vor?“, fragt Kakashi.

 

„Als erstes suchen wir Hiroshi“, antworte ich und führe ihn zu dessen Haus, in dem ich am Morgen nach dem Ball aufgewacht bin.

 

Ich hämmere gegen die Tür.

 

„HIROSHI!“, brülle ich durch die Tür.

 

„BIST DU DA?“ Ich hämmere noch lauter. Doch es kommt keine Reaktion.

 

Die Tür des Nachbarhauses öffnet sich und ein älterer Mann steckt seinen Kopf heraus.

 

„Was ist das für ein Gebrüll?“, keift er.

 

„Oh. Entschuldigung. Wir suchen Hiroshi. Wissen Sie zufällig, wo er ist?“, frage ich in höflichem und entschuldigendem Ton.

 

Er rümpft die Nase und keift weiter.

 

„Er war auf Mission. Sollte eigentlich heute zurückkommen. Vielleicht findet ihr ihn ja etwas außerhalb. Und jetzt RUHE!“

Der Mann schlägt die Tür hinter sich mit einem lauten Knall zu.

 

„Nette Leute hier“, sagt Kakashi mit einem neckischen Lächeln. Ich seufze nur.

 

„Und jetzt? Willst du warten?“, fragt er.

 

„Lass uns ein Stück außerhalb des Dorfes warten. Ich habe keine Lust noch weitere Nachbarn zu verärgern“, antworte ich, genervt von dem alten Mann.

 

Wir durchqueren das Dorf, dessen Straßen inzwischen wie leergefegt sind. Mit den letzten Strahlen der Sonne haben sich auch die letzten Menschen auf den Straßen in ihre Häuser verkrochen. Ein aufregendes Nachtleben gibt es in Iwagakure nur in dunklen Seitengassen, die jeder normale Mensch bei Nacht meiden würde. Wir kommen an den Trainingsplätzen vorbei, die etwas abseits des Dorfes liegen. Es ist ein raues, felsiges Areal, was die Ausbildung der jungen Ninja hier nicht einfacher macht. Der Wind weht eisig durch die Felsen. Sein Echo erzeugt ein pfeifendes Geräusch.

 

„Hier wird er durchkommen, wenn er zurückkommt. Wir können hier auf ihn warten“, erkläre ich und mache es mir auf einem großen Felsblock am Rande des kleinen Gebirgspfades gemütlich. Kakashi quetscht sich dazu.

 

„Wenn du das sagst“, antwortet er nur.

 

Es vergeht eine gute Stunde, bis sich zwei dunkle Gestalten nähern. Die Wolken des Tages haben sich verzogen und die Sterne funkeln in dieser kühlen Nacht hell über uns. Die beiden Männer kommen näher und schließlich erkenne ich sie.

 

„Hallo, Hiroshi. Hallo, Ken“, begrüße ich die beiden und springe vom Felsen herunter auf den Weg.

 

„Yuki? Was verschafft uns die Ehre? Hattest du so eine Sehnsucht nach mir?“, begrüßt mich Hiroshi süffisant.

 

Ken nickt mir zu Begrüßung zu, vermeidet jedoch Augenkontakt. Wieso?, frage ich mich.

 

„Red‘ keinen Unsinn, Hiroshi! Du weißt, warum ich hier bin. Ich kann mich nicht mehr an Kakashi erinnern und du hast dabei irgendwie deine Hände im Spiel, das weiß ich!“, fahre ich ihn feindselig an, während ich in Kakashis Richtung auf den Felsen deute. Dieser sitzt dort gelassen und winkt den beiden zu.

 

„Wie kommst du darauf? Ich kenne mich mit Gedankenmanipulation nicht aus. Das versichere ich dir“, erwidert Hiroshi, der sich offenbar keiner Schuld bewusst ist.

 

Wut staut sich in mir auf. Meine Hände ballen sich zu Fäusten und meine Zähne knirschen.

 

Kakashi springt nun ebenfalls vom Felsen und geht festen Schrittes auf Hiroshi zu. Er packt ihn am Kragen und drückt ihn gegen die Steinwand hinter ihm.

 

„Du solltest besser reden“, droht er Hiroshi.

 

Dieser grinst Kakashi nur frech an.

 

„Sonst was?“

 

Er befreit sich aus Kakashis Griff, duckt sich unter ihm weg, dreht dabei seinen Arm auf seinen Rücken und drückt nun Kakashi gegen die Wand.

 

„Hiroshi! Hör auf!“, sage ich nun in lautem, drohendem Ton.

 

Kakashi verzieht sein Gesicht vor Schmerzen. Hiroshi drückt Kakashis Arm weiter nach oben. Ich greife nach einem Kunai und stürme los. Doch bevor ich bei Hiroshi ankomme geht Ken dazwischen. Er packt gleichzeitig nach meiner Hand, in der ich das Messer halte, und nach Hiroshis Arm, mit dem er Kakashi den Arm verdreht.

 

„Ken. Misch dich bitte nicht ein. Ich will dir nicht weh tun“, bitte ich ihn. Mit festem Blick sieht er mich an und schüttelt den Kopf.

 

„Ken!“, brüllt Hiroshi bestimmt, doch dieser wirft nun ihm einen strengen, vielsagenden Blick zu.

 

Kens Griff um Hiroshis Handgelenk verkrampft sich immer fester, bis dieser mit schmerzverzerrtem Gesicht den Griff um Kakashis Handgelenk loslässt.

 

Ken lockert seine Griffe. Die Situation bleibt angespannt.

 

„Was soll das?“, fährt Hiroshi seinen Kameraden an. Ken sieht mich an. Schuldbewusst.

 

„Ken?“, frage ich nach. „Weißt du etwas über meinen Gedächtnisverlust?“

 

Er wendet seinen Blick zu Boden.

 

„Wehe du sagst was!“, droht ihm Hiroshi.

 

Ken nickt langsam.

 

In Hiroshis Gesicht steht pure Wut. Er bebt.

 

Gerade wollte Ken seine Hand heben, um eine erklärende Geste zu machen, doch soweit kommt er nicht. Er sieht Hiroshis Faust nicht kommen und landet mit dem Rücken im nächsten Felsen. Ein lauter Knall untermalt seinen schmerzhaften Aufprall.

 

„Ken!“, brülle ich.

 

„Hast du noch alle? Du kannst doch nicht deinen eigenen Teamkollegen angreifen!“, brülle ich Hiroshi an und eile Ken zu Hilfe.

Ich ziehe ihn wieder auf die Beine.

 

„Im Gegensatz zu euch Heuchlern diene ich meinem Dorf ohne zu zögern und ohne seine Gesetze in Frage zu stellen. Ich versuche nur meine Heimat vor euch zu beschützen. Und wenn du etwas sagst, Ken, machst auch du dich zu einem Feind von Iwagakure. Du hast unter Eid geschworen, niemals auch nur ein Wort darüber zu verlieren!“, erklärt sich Hiroshi.

 

„Wovon redest du überhaupt? Wovon redet er, Ken?“, frage ich direkt an ihn gewandt. Dieser schluckt nur und macht sich kampfbereit. Er lässt Hiroshi nicht aus den Augen.

 

„Du hast dich also entschieden, Ken? Das ist sehr schade. Ich werde dem Tsuchikage wohl berichten müssen, dass du unsere letzte gemeinsame Mission nicht überlebt hast. Ich habe alles versucht, doch ich konnte nichts mehr für dich tun“, spielt Hiroshi uns seinen Plan vor.

 

Noch mehr Wut steigt in mir auf. Auch Kakashi beobachtet die Situation äußerst angespannt.

 

Ohne großartig nachzudenken springe ich nach vorn, um Hiroshi überraschend anzugreifen. Doch er sieht mich kommen und wirkt meinem Kunai mit einer seiner speziellen Fähigkeiten entgegen. Mein Kunai prallt von seiner bloßen Haut ab, wie ein Gummiball von einer Wand. Sein Jutsu ist eine Art Schutzpanzer, der ihn vor jeglicher Art physischer Verletzungen bewahrt. Sein Körper wird dabei hart wie Stahl. Schnell pariert er meinen Angriff und setzt zum Gegenschlag. Seine Faust trifft mein Gesicht und schmettert mich vor seinen Füßen zu Boden. Der Felsen unter mir zerbricht.

 

Ich stöhne auf vor Schmerzen.

 

„Yuki!“, ruft Kakashi und leitet sein Chakra bereits in seine Hand. Es schlägt Blitze.

 

„Chidori!“, brüllt er und sprintet auf Hiroshi zu. Die Felsen, die er während seines Sprints damit berührt zerbersten durch die gewaltige Energie, die er freisetzt. Doch Hiroshi reagiert schnell, ergreift Kakashis Arm und lenkt sein Chidori in eine Felswand um. Kakashi versucht ein Überraschungsmoment zu nutzen und greift sofort mit seiner anderen Faust an, doch auch diese prallt an Hiroshis stählerner Haut ab. Er springt nach hinten, um wieder Raum zwischen sich und seinen Gegner zu bringen.

Ich rapple mich auf. Mein Schädel dröhnt.

 

Hiroshi formt ein Jutsu, das mir sehr bekannt vorkommt. Ich atme scharf ein vor Schreck.

 

„NEIN!“, brülle ich und renne los. Ich merke, dass ich nicht schnell genug am Ziel sein werde und forme ein eigenes Jutsu. Ein Schild aus dickem Eis, das Kakashi vor Hiroshis nächstem Zug beschützt, bildet sich. Doch Kakashi ist nicht sein Ziel. Bevor ich reagieren kann, sehe ich, wie Hiroshis Quarzkristalle, die überall aus dem Boden und den Wänden schießen, Kens Körper durchlöchern.

 

Ich ziehe scharf die Luft ein.

 

„Oh nein, KEN!“ Meine Stimme überschlägt sich. Ich renne zu ihm, versuche ihm zu helfen. Doch die spitzen Kristalle durchbohren ihn von allen Seiten. Hiroshi löst sein Jutsu wieder auf und Ken fällt zu Boden. Bevor er dort aufprallt, fange ich ihn auf und lege ihn sanft ab. Sofort beginne ich die Heilung.

 

„Jetzt bist du dran, Yuki“, sagt Hiroshi mit eisiger Stimme und macht ein paar Schritte auf uns zu. Kakashi stellt sich ihm in den Weg.

 

„Kümmere dich um Ken. Ich übernehme ihn“, sagt er, ohne seinen Blick von Hiroshi zu wenden.

 

„Sei vorsichtig!“, bitte ich ihn und wende dann meine Konzentration Ken zu.

 

Es sind viele Wunden. Wenn ich mich nicht beeile, wird er verbluten. Mit höchster Konzentration schicke ich mein Chakra durch seinen Körper, um die Heilungen zu beschleunigen. Ken versucht mit aller Kraft wach zu bleiben. Er kämpft. Er kämpft um sein Leben.

 

„Yu...ki...“, höre ich eine schwache Stimme.

 

Erschrocken blicke ich von seinen Wunden, in sein Gesicht.

 

Er redet! Ken kann reden?

 

„Es… tut mir leid…“, fährt er leise fort.

 

„Sch! Du darfst jetzt nicht reden, Ken!“, versuche ich ihn zu beruhigen.

 

Durch seine Anstrengungen, mir etwas mitzuteilen, schießt eine große Menge Blut aus der großen Wunde an seinem Bauch. Angespannt versuche ich dem entgegenzuwirken.

 

„Doch! Ich muss… dir was… sagen.“

 

„Das kannst du auch später noch“, rede ich ihm gut zu.

 

„Ich war’s… Ich habe…“

 

Er hustet. Er spuckt Blut. Die Kristalle haben auch seine Lunge durchbohrt. So viel Blut. Überall klebt so viel Blut. Der Schweiß rinnt mir von der Stirn.

 

„Bitte, hör auf zu sprechen!“, flehe ich ihn an. Meine Stimme bricht weg. Ich merke, wie mir die Tränen in die Augen schießen.

 

„Ich… habe dir… die Erinnerungen genommen…“, gesteht er und will so sein Gewissen erleichtern.

 

„Das ist jetzt nicht wichtig. Ich bin dir nicht böse“, versichere ich ihm, während mir die Tränen über die Wangen laufen. Mit Gewalt versuche ich um jeden Preis die Heilung zu beschleunigen.

 

„Wirklich?“, keucht er.

 

„Dann… bin ich glücklich“, sagt er und atmet erleichtert aus. Er schließt seine Augen.

 

„Ken?“, sage sich verunsichert seinen Namen. Er zeigt keine Reaktion.

 

„KEN!“, rufe ich panisch und konzentriere mich auf seine Wunden.

 

Plötzlich spüre ich seine Hand an meinem Kopf. Seine Augen sehen mich sanft an. Er lächelt leicht. Sein Daumen liegt auf meiner Stirn, seine restlichen Finger an meiner Schläfe. An meinen Händen spüre ich, wie er Chakra durch seinen Körper fließen lässt. Es dauert nicht lange, dann fällt seine Hand kraftlos zu Boden und seine Augen schließen sich wieder.

 

Starr sitze ich da. Mein Gesicht nass von Schweiß und Tränen. Meine Hände und meine Kleidung voller Blut. Voll von seinem Blut. Ich spüre seinen letzten Herzschlag an meinen Fingern. Ich höre den letzten Atemzug den er macht. Dann ist es still um mich herum. Die Kampfgeräusche von Kakashi und Hiroshi nehme ich kaum wahr. Nur die Tränen auf meinem Gesicht, die nicht aufhören wollen zu fließen. Nur die eisige Kälte, die in der Nacht liegt. Und die unendliche Wut, die in mir aufsteigt.

Unkontrollierbar

Die Tränen brennen heiß auf meinen Wangen. Ich halte Ken noch eine kurze Zeit in meinen Armen. Mit seiner letzten Kraft und seinem letzten bisschen Chakra hat er mir meine Erinnerungen wiedergeben können. Ich kann mich wieder an alles erinnern. Ich bin ihm unendlich dankbar. Doch ich kann es ihm nicht mehr sagen. Ken ist tot. Und Hiroshi hat ihn getötet. Nur um seiner selbst willen.

 

Ich spüre Wut in mir aufsteigen. Ein letztes Mal drücke ich Kens leblosen Körper noch einmal fest an mich.

 

Hiroshi.

 

Aus Wut wird Zorn, aus Zorn Hass.

 

Hiroshi!

 

Unwillkürlich baut sich Chakra in mir auf. Immer mehr Chakra staut sich in mir an, bis mein Körper es nicht mehr halten kann. Es strömt aus jeder meiner Poren und lässt den Boden unter mir zerbersten. Behutsam lege ich Ken ab. Langsam erhebe ich mich und wische mir die Tränen aus dem Gesicht.

 

„HIROSHI!“, brülle ich schließlich lauthals.

 

Der Kampf zwischen Kakashi und Hiroshi kommt zum Stillstand. Alle Augen sind auf mich gerichtet. Meine Zähne knirschen vor Anspannung. Erst jetzt bemerken die beiden, dass Ken Hiroshis vorherigen Angriff nicht überlebt hat. In Kakashis Blick steht Bestürztheit und Mitgefühl, während Hiroshis Grinsen voller Selbstgefälligkeit ist. Diese Tatsache macht mich nur noch wütender auf ihn.

 

„Er war dein Freund!“, fahre ich Hiroshi an.

 

Ich bin so in Rage, dass mir nicht einmal Bewusst wird, dass sowohl Kakashi als auch Hiroshi von ihrem Kampf schon recht angeschlagen sind. Auch, dass Kakashi bereits sein Sharingan eingesetzt hat, entgeht meinem Auge.

 

„Wieso hast du das getan?“, brülle ich Hiroshi entgegen.

 

„Weil er mich verraten hat. So etwas tun wahre Freunde nicht“, lautet seine Antwort schlicht.

 

„Nein. Er hat dich nicht hintergangen. Du hast ihm damals befohlen, mir auch meine Erinnerungen an Kakashi zu nehmen. Du hast ihm gedroht!“

 

Hiroshi wird hellhörig.

 

„Du kannst dich also wieder erinnern?“, murmelt er so leise, dass ich es fast nicht hören kann. Er macht sich angriffsbereit.

 

Unbewusst aktiviert sich mein Kekkei Genkai und die Zeit um mich herum friert ein. Ich zücke ein Kunai und sprinte los. Kurz bevor ich Hiroshi erreiche läuft die Zeit weiter, doch diese Sekunde genügt, um ihn zu überraschen. Mein Kunai trifft sein Ziel und bohrt sich seinen Weg in Hiroshis Oberkörper.

 

Erschrocken über meine scheinbare Schnelligkeit, kann er sein Verteidigungsjutsu nicht aktivieren und auch Kakashi starrt mir ungläubig hinterher. Blitzschnell fahre ich um Hiroshis Körper, packe ihn bei den Schultern und ramme mein Knie in seine Wirbelsäule. Unter einem schmerzhaften Aufschrei spuckt er Blut. Doch ich denke gar nicht daran, ihm eine Verschnaufpause zu gönnen. Wieder friert die Zeit ein. Ich nutze dies, um ein kompliziertes Fingerzeichen zu bilden, ehe sich mein Kekkei Genkai wieder löst. Gerade rechtzeitig bin ich damit fertig. Es ist ein Kombinationsjutsu aus Medizin und Eis. Hiroshi, der bereits vor mir auf dem Boden kniet, ist nicht schnell genug, um auszuweichen. Meine flache Hand trifft seinen Brustkorb und mein Jutsu durchdringt seine Haut. Es ist ein Jutsu, das die inneren Organe gefrieren lässt. Ich treffe seinen rechten Lungenflügel. Gleichzeitig bilde ich mit meiner anderen Hand eine Faust, die die linke Seite seiner Wange trifft. Wieder spuckt er Blut, schnappt nach Luft. Gequält stütz er sich mit einer Hand auf dem Boden ab. Die andere hält seine Brust, in der Hoffnung er könne so seine Schmerzen lindern und seine Lunge auftauen.

 

Ich springe nach hinten, um wieder etwas Raum zwischen uns zu bringen. In meinem Zerstörungswahn bemerke ich nicht, wie mein Kekkei Genkai mich schwächt. Es verbraucht Unmengen an Chakra und ich habe es bisher nur in äußersten Notsituationen aktiviert. Der Verlust meines guten Freundes verursacht ein Gefühlschaos in mir, das sich nicht mehr kontrollieren lässt und das unweigerlich an meinen Kräften zehrt, ohne dass ich es merke.

 

Kakashi beobachtet den Kampf zugleich mit Bewunderung und Entsetzen. Noch nie bin ich so unkontrolliert und voller Wut in einen Kampf gegangen. Könnte ich klar denken, hätte ich selbst vor mir Angst. Ohne weitere Zeit zu verlieren formen meine Finger bereits weitere Fingerzeichen.

 

Ich befinde mich in einem Zustand, in dem mein Verstand keine Kontrolle mehr über meinen Körper hat. Mein Körper reagiert ganz von alleine und er ist voller Hass.

 

Jahrelang war Hiroshi unser Teamführer. Jahrelang musste ich mitansehen, wie schlecht er andere Menschen behandelt hat. Jahrelang mussten Ken und ich unangenehme Aufgaben für ihn übernehmen. Er zwang uns Dinge zu tun, die wir nicht tun wollten. Er hatte schon immer Spaß daran gehabt, andere Menschen zu quälen. Er hatte Spaß daran, zu töten. Nur ein einziges Mal hatte ich den Mut, mich Hiroshi entgegen zu stellen. Damals, als ich das erste Mal auf Naruto und Jirayia getroffen bin. Hiroshi war schon immer ein schlechter Mensch, der es lustig fand, anderen Leuten Schmerz zuzufügen. Ich habe es geduldet. Ich schäme mich so dafür. Und ich hasse mich dafür, dass ich nicht schon früher etwas gegen ihn unternommen habe. Ich gebe mir eine Teilschuld für Kens Tod, weil ich zu schwach war, Hiroshis wahren Charakter früh genug zu erkennen.

 

Meine Muskeln verkrampfen sich. Durch die letzten Fingerzeichen, die mein Körper von alleine geformt hat, sammelt sich das komplette Gebirgswasser aus den Klüften der Felsen. Es bildet sich eine riesige Wassermenge, die nun durch mein Chakra getrieben auf Hiroshi zuströmt. Er klammert sich mit einem Erdjutsu am Boden fest, um nicht davon gespült zu werden. Mit einem weiteren Fingerzeichen wendet er das Erdversteck an und verschwindet im Boden.

 

Blitzschnell taucht er hinter meinem Rücken wieder auf und holt mit einer Faust zum Schlag aus. Er hat seine Faust durch sein Verteidigungsjutsu verstärkt und ist stahlhart. Ich reagiere nicht schnell genug, um ausweichen zu können und kneife die Augen zusammen – den Schmerz erwartend. Doch der Schmerz tritt nicht ein. Als ich mich umdrehe, steht Kakashi hinter mir, der Hiroshis Schlag abfangen konnte. Angestrengt versucht er Hiroshis Faust daran zu hindern, ihr Ziel zu treffen.

 

„Alles ok?“, presst er unter Anstrengung hervor.

 

„Ja, Danke!“, sage ich noch leicht benommen, aber voller Dankbarkeit.

 

Kakashi sammelt seine Kraft, drückt Hiroshi schwungvoll zurück und die beiden Männer lösen sich voneinander. Im Schatten von Kakashis Rücken formen meine Hände bereits unerkannt ihr nächstes Jutsu.

 

„Kakashi! Komm hinter mich“, flüstere ich ihm zu.

 

Ohne großartig nachzufragen, springt er mit einem Satz hinter meinen Rücken.

 

Ich lege meine Hände auf den Boden und das Wasser, das Hiroshi zuvor überflutet hat, gefriert. Das Eis bahnt sich leise seinen Weg zu Hiroshi, der noch benommen auf allen Vieren nach Kräften zehrt. Er bemerkt zu spät, was auf ihn zukommt und seine Hände und Beine frieren am Boden fest.

 

„Verdammt“, flucht er durch seine zusammengebissenen Zähne.

 

Lautlos wie eine Katze springe ich in die Luft. Beschäftigt damit, eine Lösung zu finden, wie er das Eis brechen kann, bemerkt Hiroshi mich nicht. Mit Schwung verpasse ich ihm einen Schlag auf den Kopf und Hiroshi schlägt ungebremst auf die Felsen auf, die unter ihm zerbersten. Das Eis an seinen Händen und Beinen zerbricht ebenfalls und Blut rinnt ihm über das ganze Gesicht. Er atmet schwer. Jeder Atemzug, den er macht, ist durch die kalten Temperaturen sichtbar.

 

Wieder rappelt er sich auf. Langsam und wankend kommt er wieder auf die Beine.

 

Auch ich merke plötzlich, wie ausgelaugt ich bin, wie kraftlos mein Körper bereits ist. Ich zittere ein wenig. Ich schwanke, bis meine Beine wieder festen Stand gefunden haben.

 

Hiroshi wischt sich das Blut aus seinem Auge, das ihm über das Gesicht fließt und ihm so die Sicht vernebelt. Er atmet tief durch und formt wieder Fingerzeichen. Ich erkenne erneut dieses todbringende Jutsu.

 

Oh nein! Nicht schon wieder, denke ich und konzentriere mein Chakra. Ein letztes Mal in diesem Kampf aktiviere ich mein Kekkei Genkai. Die Quarzkristalle schießen bereits vereinzelt aus dem felsigen Untergrund und bahnen sich ihren Weg zu Kakashi und mir. Gerade noch rechtzeitig hält die Zeit um mich herum an und mit letzter Kraft renne ich zu Kakashi, lege seinen Arm um meine Schulter und bringe uns aus der Gefahrenzone. Dann läuft die Zeit wieder weiter.

 

Ein Stich durchzuckt meine Lunge. Es fällt mir schwer zu atmen. Mein Kekkei Genkai fordert meinen Körper jedes Mal aufs Neue. Es ist auf Dauer sehr gefährlich, es einzusetzen.

 

Verwundert über den Standortwechsel sieht sich Kakashi genau um. Dann bleibt sein Blick an mir haften.

 

„Wie zum Teufel machst du das?“, fragt er beinahe schon verängstigt, da er dieses Jutsu nicht mit seinem Sharingan erkennen kann.

 

Es bleibt keine Zeit, auf seine Frage zu antworten, denn Hiroshi hat uns bereits entdeckt. Er steuert seinen letzten Kristall auf den Ort, an den ich uns gerettet habe. In letzter Sekunde können wir ausweichen, doch er trifft Kakashi noch am Oberarm. Schmerzerfüllt kneift er ein Auge zu, in der Hoffnung, den Schmerz so unterdrücken zu können.

 

„Alles ok?“, frage nun ich besorgt nach. Er nickt mir zu.

 

Wieder baut sich Wut in mir auf, doch ich bin inzwischen zu schwach um mein Kekkei Genkai noch einmal einzusetzen. Stattdessen entscheide ich mich für ein anderes Jutsu, das ebenso gefährlich für meine Gegner ist. Ich habe es bereits beim Kampf gegen Kabuto eingesetzt.

 

Ich konzentriere mein Chakra und forme die passenden Fingerzeichen. Ich atme lange aus und hefte meinen Blick fest auf Hiroshi. Dieser sieht mich mit ebenso großer Konzentration an und muss schlucken. Schweiß läuft ihm übers Gesicht bis zur Spitze seines Kinns. Der Tropfen perlt ab, erreicht jedoch nicht den Boden. Er wird von meinem Jutsu angesaugt. Hiroshi kennt dieses Jutsu von mir nicht. Er kannte auch mein Kekkei Genkai nicht. Es hatte also doch Vorteile, ein paar Geheimnisse für mich zu behalten, denke ich.

 

Hiroshi schluckt erneut. Er versucht, seine trockene Kehle zu befeuchten. Erfolglos. Denn er bemerkt noch nicht, dass ich mit meinem Jutsu, das Wasser aus seinem Körper sauge. Langsam, ganz langsam trocknet sein Körper aus. Erst als er ein Jucken an seiner trockenen, Risse bildenden Haut bemerkt, verfällt er in Panik.

 

„W-Was… Was machst du da?“, schreit er hysterisch und fuchtelt wild herum, in der Hoffnung so das Wasser, das ihm entzogen wird, irgendwie aufhalten zu können.

 

„S-Stopp!“, fleht er. Er fällt auf die Knie.

 

„Bitte!“ Seine Augen sind rot. Er möchte weinen, doch dafür ist sein Körper bereits zu trocken.

 

Ohne Erbarmen führe ich mein Jutsu weiter aus.

 

Er hat es nicht anders verdient, rede ich mir ein.

 

Plötzlich spüre ich sanfte Hände von hinten kommend. Die eine legt sich um mein Handgelenk der Hand, mit der ich gerade mein Jutsu ausführe. Die andere schlingt sich sanft um meine Taille und den Bauch. Ich spüre Kakashis Körper an meinem Rücken und seinen Atem an meinem Ohr.

 

„Hör auf. Lass es gut sein. Du bringst ihn noch um“, flüstert er mit sanfter Stimme.

 

Ich bekomme Gänsehaut. Sein Körper sprüht eine angenehme Wärme aus und seine Berührungen brennen heiß auf meiner Haut. Es ist als könnte ich schmelzen in seinen Armen. Mein von Hass getriebenes, zu Eis erstarrtes Herz taut durch seine Anwesenheit langsam wieder auf. Meine verkrampften Muskeln lockern sich und allmählich löse ich das Jutsu, das Hiroshi fast das Leben gekostet hat.

 

„Aber er hat es verdient…“ Meine Stimme zittert und ich merke, wie mir eine Träne über die Wange rinnt. Mein Körper fängt an zu zittern und Kakashis Griff um meinen Bauch wird fester. Seine andere Hand wandert zu meiner Schulter. Er umklammert mich, so als wolle er verhindern, dass mein Körper durch das Zittern auseinanderfällt.

 

„Mag sein, dass er den Tod verdient. Aber du könntest dir selbst nicht verzeihen, wenn du ihn jetzt umbringst. Und ich will nicht, dass du dir den Rest deines Lebens Vorwürfe machst deswegen, wenn ich es verhindern kann. Ich will nicht, dass du deswegen leidest.“

 

Er haucht die Worte so lieblich in mein Ohr, dass ich kaum Luft bekomme. Meine Lippen beben und meine Tränen rinnen unkontrolliert über mein Gesicht. Sie brennen auf meinen heißen Wangen. Ich fühle mich sicher in Kakashis Armen. Geborgen. Als könne mir nichts und niemand auf dieser Welt Schaden zufügen.

 

Ich merke, wie kraftlos mein Körper wird. Der Kampf, das Kekkei Genkai, Die Wut auf Hiroshi, die Trauer um Ken, meine zurückgekehrten Erinnerungen, das Auf und Ab meiner Gefühle. All das macht meinem Körper zu schaffen. Ich merke, wie meine Beine immer schwächer werden, wie sie unter meinem Gewicht nachgeben. Ich merke, wie Kakashis starken Arme den Sturz abfangen und ich friedlich in ihnen einschlafe.



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Kommentare zu dieser Fanfic (53)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Inara
2017-06-13T19:38:14+00:00 13.06.2017 21:38
Das ist nicht gut gelaufen. Er wird ihr Gedächtnis wider freigegeben haben. Der Preis ist aber hoch.
Wenn sie später noch von der Wette erfährt wird sie wieder völlig aus der Bahn geworfen.
Von:  Inara
2017-06-13T19:21:27+00:00 13.06.2017 21:21
Tolles Kapi.
Zwischen den beiden knistert es ja richtig.
Von:  Kaya_Uzumakii
2017-06-06T18:30:36+00:00 06.06.2017 20:30
Ich finde dein Kapitel wie immer total mega toll .. und das mit ken tut mir richtig leid .. aber sie und kakashi haben sich entlich geküss .. wuhuuu .. bitte schreib weiter ja 😉🖒
Von:  Noir776
2017-05-04T04:23:40+00:00 04.05.2017 06:23
Tolles Chapter. Mal zurück zum letzten Kapitel. Sie haben sich geküsst durch Kakashis Maske. Meinetwegen. Das mit Hiroshi war schon heftig. Ehrlich. Nun zu diesem. Ich mag Hiroshi.........NICHT. Er ist arroganter als Sasuke. Ich mag Sasuke trotzdem. Der Befehl, das Ken auch Kakashis gelöscht hat ist lustig. Allerdings wird der Wettbewerb jetzt einseitig. Gai hat keine Chance
Von:  Kaya_Uzumakii
2017-04-21T20:36:07+00:00 21.04.2017 22:36
Wow alles wunderbar und interessant beschrieben .. freue mich aufs nächste Kapitel
Von:  Kaya_Uzumakii
2017-04-12T04:02:22+00:00 12.04.2017 06:02
Wooow mega tolles kapitel und entlich haben sie sich geküsst wurde auch zeit 😊😊😊🖒
Antwort von:  Miana
12.04.2017 09:22
Danke :) jaaa, dachte nach 17 Kapiteln hab ich lang genug gewartet :D
Von:  Inara
2017-03-16T00:09:53+00:00 16.03.2017 01:09
Kakashi tut mir leid.
Er hat sich zwar dämlich benommen, aber das hat er nicht verdient. Ob Tsuna wirklich eine Lösung weiß? Im Zweifel können sie nochmal von vorne anfangen.
Ich musste schmunzeln als die beiden zum Frauen-/Männergespräch zitiert wurden. Asuma und Kurenai sind cool. Ich war traurig als er in Shippuden sterben musste.
Von:  FlohSchie1
2017-03-09T22:53:34+00:00 09.03.2017 23:53
Ich kann nur sagen guter Kapitel und maach weiter so 👍
Von:  Kaya_Uzumakii
2017-03-04T15:32:57+00:00 04.03.2017 16:32
Gutes kapitel hat mich gefreut es zu lesen und aufgeregt auf nächste :) . Wie das wohl mit ihnen ausgehen wir ?
Antwort von:  Miana
04.03.2017 20:22
Danke :) es freut mich, dass es trotz der langen Pause noch eifrige Leser gibt :)
Von:  Kaya_Uzumakii
2017-01-30T15:50:53+00:00 30.01.2017 16:50
Omg .. ich hoffe du schreibst bald weiter ... :)))
Antwort von:  Miana
20.02.2017 09:16
Hi,
Ja tut mir leid, dass so lange nichts gekommen ist. Hatte Prüfungsphase :/ habe aber vor jetzt baldmöglichst wieder weiter zu schreiben :)
Antwort von:  Kaya_Uzumakii
20.02.2017 12:49
Hi ,
Keine problem hoffe hast die Prüfungen bestanden.
Freut mich bald wieder weiter lesen zu können. :)


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