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Niemals stillstehen

Arakita/Kuroda Drabble Sammlung
von

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Leerlauf

Für jemanden, der vermutlich niemals Fahrradrennen hatte fahren wollen, war Arakita verdammt gut in dem, was er tat. Dafür bewunderte und respektierte Kuroda ihn mehr als jeden anderen. Er wusste, wie viel Arakita dafür gegeben hatte, um dort anzukommen, wo er heute war. Er wusste auch, dass hinter so einem Ehrgeiz häufig Verzweiflung steckte, und so hatte er es vermieden, darüber nachzudenken, warum er kein Pitcher mehr war. Es konnte nicht daran liegen, dass er den Sport hasste; dafür sah Kuroda ihn zu häufig in seiner alten Baseballjacke. Es schien auch nicht daran zu liegen, dass er unbedingt nach Hakone hatte kommen wollen und dafür sogar in Kauf genommen hatte, Clubs zu wechseln.

Niemand wusste wirklich, warum genau Arakita hatte aufhören müssen. Aber wenn Kuroda danach ging, wie er manchmal mit einer Hand seinen Ellbogen hielt, hatte er eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was passiert sein musste.

Dennoch konnte er sich nicht ansatzweise vorstellen, was in einem Menschen vorging, der nicht das tun konnte, was er liebte, nur weil sein Körper nicht mehr mitmachte. Und gerade weil er es nicht konnte, sprach Kuroda ihn niemals darauf an. Es war wie eine Linie, die Arakita zwischen sich und allen anderen gezogen hatte; eine Grenze, die man nicht zu überschreiten hatte, wenn man das Biest in ihm nicht wecken wollte.
 

Kuroda wusste nicht, wie er andere Menschen aufheitern sollte, wenn er sich nicht in ihre Lage versetzen konnte. Schon gar nicht, wenn es sich um Arakita handelte. Doch als er ihn eines Abends immer noch in ihrem Clubraum sitzen sah, nachdem die anderen schon längst gegangen waren – die eine Hand umklammerte seinen Ellbogen so fest, dass seine Fingerknöchel weiß schimmerten, und sein Blick war auf einen unbestimmten Punkt an der Wand gerichtet –, wollte Kuroda etwas für ihn tun, so unbedeutend es auch sein mochte.

Also schloss er leise die Tür hinter sich und setzte sich schweigend neben ihn, bis Arakita irgendwann seufzte, sein Blick wieder im Hier und Jetzt ankam, und er seinen Kopf an Kurodas Schulter lehnte.

Unterbrechung

Kuroda war es vollkommen egal, ob man ihm Cole oder Bepsi anbot. Er trank beides, schmeckte keinen Unterschied, und verstand nicht im geringsten, warum Arakita immer nur knapp an einem Tobsuchtanfall vorbei schlitterte, wenn man ihm aus Versehen Cole vorsetzte. Glücklicherweise hatten die meisten Cafés und Restaurants in ihrer näheren Umgebung mittlerweile verstanden, wie sie mit Arakita umzugehen hatten.

Probleme traten nur dann auf, wenn neue Bedienungen nicht ordentlich auf einige Gäste vorbereitet wurden, aber das passierte selten. Nämlich immer nur dann, wenn Arakita und Kuroda allein unterwegs waren.

»Was'n das für'n Mist?«, fragte Arakita laut, die Mundwinkel angewidert nach unten verzogen, nachdem er mit einem Schluck fast den halben Inhalt des Glases getrunken hatte. Ihm gegenüber nippte Kuroda probeweise an seinem eigenen Getränk, zog aber nur fragend die Augenbraue hoch, als ihm nichts Merkwürdiges daran auffiel. Dass die Kellnerin ihre Bestellungen verwechselt haben könnte, kam ihm zunächst gar nicht in den Sinn.

Als hätte er ihn mit seiner Ignoranz persönlich beleidigt, rollte Arakita mit den Augen.

»Das ist keine Bepsi, sondern Cole!«

Den Vorwurf, der in Arakitas Stimme lag, fand Kuroda eigentlich ziemlich niedlich, aber er wusste sehr wohl, dass er das in dieser Situation für sich behalten sollte. Es wäre wohl auch förderlicher, wenn er ihn nicht weiter provozierte, aber so war es bei ihnen noch nie gewesen.

Gespielt gleichgültig stütze er den Kopf auf seine Hand und sah sich im Café um.

»Wo ist der Unterschied?«

Man konnte fast hören, wie sich Arakitas Gesicht zu einer Grimasse verzog.

»Wo da der Unterschied ist?! Sind deine Geschmacksnerven abgestorben oder warum verstehst du nicht, dass Bepsi—«

»Hier, Arakita-san«, unterbrach Kuroda ihn und hielt ihm schwach lächelnd sein Glas hin. »Das müsste deine Bepsi sein.«

Arakitas Blick lag irgendwo zwischen Unglaube, Empörung und Misstrauen und amüsierte ihn unglaublich. Geduldig wartete Kuroda darauf, dass der andere nach seinem Glas griff, es erst skeptisch beäugte und dann vorsichtig einen Schluck nahm.

Als er still blieb und sich nicht weiter aufregte, fühlte es sich für Kuroda wie ein kleiner Sieg an. Er lächelte immer noch, als Arakita fast das ganze Glas leer trank und grummelnd aus dem Fenster sah.

»Ist auch besser so.«

Rückfall

Es lag in ihrer Natur, dass sie aneinander gerieten. Sie stritten sich häufig, meistens wie aus dem Nichts, und wenn sie das taten, war der Raum erfüllt von heiseren Schreien, hitziger Wut und viel heißer Luft um Dinge, die für sie beide eigentlich vollkommen unwichtig waren. Sie waren laut und irrational und ließen einfach Dampf ab, aber nichts von dem was sie sagten meinten sie jemals ernst. So stritten sie sich nun einmal; so wussten sie, was sie tun sollten und was nicht.

Aber wenn Arakita nicht mehr schrie, nicht mehr laut war, sondern ruhig inmitten des Zimmers stand, das auf einmal so viel größer und bedrohlicher wirkte als mit all den Geräuschen – dann wusste Kuroda, dass etwas nicht stimmte. Sobald Arakita still wurde, wusste Kuroda nicht mehr, was er tun sollte.

Beim ersten Mal hatte alles in ihm danach geschrien zu verschwinden, doch er hatte nicht darauf gehört und weitergemacht. Bis Arakita seinen Blick gen Boden gerichtet und in einer ihm bis dato unbekannten Tonlage gesagt hatte, dass er gehen solle. Kuroda hatte erst in diesem Moment gemerkt, dass er eine Grenze überschritten hatte, und so verließ er fast schon fluchtartig das Zimmer, weil er nicht erfahren wollte, was nach der Stille kam.

Lähmung

Kuroda war immer derjenige, der zuerst nachgab. Er sagte sich gerne, dass dem so war, weil er trotz seines Alters der Reifere von ihnen war. Doch er wusste, dass es viel eher daran lag, wie unruhig und unvollständig er sich fühlte, wenn er täglich nicht wenigstens ein bisschen ihrer beschränkten gemeinsamen Schulzeit mit ihm verbringen konnte. In den letzten Monaten hatte er gelernt, sich selbst zurückzunehmen, um dafür zu sorgen, dass die Dinge um ihn herum funktionierten. Und dass das mit Arakita und ihm funktionierte war alles, was er momentan wollte.

Also stand er bereits am nächsten Tag vor der Zimmertür des anderen, obwohl er lange zögerte, auch tatsächlich anzuklopfen. Nachdem er einmal tief durchgeatmet hatte, hob er die Hand, klopfte und rief kurz Arakitas Namen. Es dauerte eine ganze Weile, bis er Geräusche aus dem Zimmer hören konnte. Vorsichtshalber trat er einen Schritt zurück, für den Fall, dass Arakita immer noch wütend war und versuchte, ihn mit der Tür zu treffen.

Entgegen seinen Erwartungen öffnete sich die Tür eher zögerlich. Wenn man nur nach Arakitas Körperhaltung ging, machte er einen fast schon desinteressierten Eindruck, doch sein Blick war aufmerksam und erwartungsvoll. Kuroda schluckte hart.

»Arakita-san, es tut mir lei—«, setzte er an, doch Arakita kam ihm zuvor. Er machte einen Schritt auf ihn zu, legte eine Hand auf den Hinterkopf des anderen und zog ihn an sich, sodass seine Stirn an seiner Schulter ruhte.

»Schon gut.«

Seine Stimme klang heiser, resigniert, und so fremd in Kurodas Ohren, dass er sich vornahm, es in einem Streit niemals mehr so weit kommen zu lassen, dass Arakita nicht mehr laut war.

Pause

Er würde es niemals zugeben, aber der einzige Grund, aus dem er vor dieser Tür stand war, dass er lauschen wollte, worüber bei dem Teammeeting diskutiert wurde. Das änderte sich jedoch, sobald er Arakita nicht nur schreien, sondern auch seinen Namen sagen hörte. Mit einem Mal wurde ihm furchtbar übel, die Lust zu erfahren, worüber hinter verschlossenen Türen gesprochen wurde, völlig verflogen. Er wollte nur noch weg, so schnell ihn seine Beine trugen. Kuroda redete sich ein, dass er das aus Respekt vor seinen Senpai tat, auch wenn ihm klar war, worum es ihm dabei eigentlich ging.
 

Erst, als er aus dem Gebäude an die frische Luft trat, fühlte er sich etwas besser. Da ihm immer noch ein wenig flau im Magen war, setzte er sich auf eine der Bänke und versuchte, sich wieder zu beruhigen. Dinge, über die er lange Zeit nicht hatte nachdenken wollen, drängte sich in seinen Kopf, bis er irgendwann so tief in Gedanken versunken war, dass er nicht einmal merkte, dass Arakita ebenfalls das Gebäude verlassen hatte und auf ihn zusteuerte.

»Du siehst ziemlich beschissen aus«, bemerkte er, als er sich neben Kuroda auf die Bank fallen ließ. Etwas leiser fragte er: »Alles okay?«

Kuroda zuckte erschrocken zusammen und sah ihn mit geweiteten Augen an. Arakitas Blick richtete sich jedoch stur geradeaus, also sah er selbst auch wieder nach vorne, wenn auch schweigend. Er wusste nicht, ob er jetzt sprechen konnte, ohne von all den Gedanken in seinem Kopf übermannt zu werden. Neben sich hörte er, wie Arakita genervt aufstöhnte.

»Kuroda-chaaan, wenn du mir nicht sagst, was los ist, weiß ich auch nicht, wi—«

»Das ist dein letztes Jahr«, platze es aus ihm heraus, laut und ungewollt und mit einer Stimme, die den Tränen nah klang. Ihm war es peinlich, wie aufgewühlt und unbeherrscht er klang, und als er aus dem Augenwinkel sah, wie Arakita den Kopf in seine Richtung drehte, wagte Kuroda erst recht nicht, ihn anzusehen.

Lange Zeit spürte er den Blick des anderen auf sich, ehe Arakita weitersprach.

»Traust du dir nicht zu, die nächste Inter High ohne mich zu schaffen?«

Er klang nicht so, als würde er die Frage ernst meinen, aber Kurodas Kopf ruckte trotzdem nach rechts, während er laut protestierte.

»Das hab ich nicht gemeint!«

»Ich weiß.«

Lautlos seufzend legte Arakita einen Arm um ihn und zog ihn etwas näher an sich. Kuroda war sich sicher, dass er spüren konnte, wie ihm bei seinen nächsten Worten das Herz bis zum Hals schlug.

»Dann lass uns die Zeit nutzen, die wir noch haben.«



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Pentragon
2016-05-23T11:50:45+00:00 23.05.2016 13:50
Ich finde es sehr schön wenn auf Arakitas Baseballverletzung eingegangen wird. Im Anime ist es nur eine kurze Szene, aber trotzdem hat sie viel Eindruck hinterlassen und man kann nicht anderes als sich - wie Kuroda hier - zu fragen, was in Arakita vor sich geht, wenn er an die alte Zeit zurückdenkt.
Ich finde du hast das sehr gut thematisiert. Kurz, prägnant und mit einer ruhigen und fast schon melancholischen Atmosphäre. Mehr braucht man hier gar nicht schreiben, es hat genau gepasst.
Antwort von:  Schangia
30.05.2016 19:31
Vielen Dank für deinen Kommentar! Freut mich sehr, dass es trotz Kürze gut gepasst hat. :)
Von:  Tsukkomi
2016-02-25T21:54:14+00:00 25.02.2016 22:54
Danke danke nochmal, für diese nette Überraschung! Hätt ich mir ja im Leben nicht erträumt, meine erste Fanfic-Widmung! ♥
Ich lasse dir hier schonmal ganz viel Liebe da und der Rest kommt in privaten Nachrichten. ;)


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