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Zweimondsaga

~Die Illusion von Gut und Böse~
von

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Prolog

Warum sie ihn Black Berry nennen, werde ich wohl nie verstehen. Der Gott der Drachen, der es wagt sich mir entgegen zu stellen, glänzte silbern und nicht schwarz im Licht des Vollmondes. Sein Körper erinnert an eine Schlange, mit weichem Fell und viel zu kurzen Beinen. Er ist viermal so lang, wie ich und windet sich drohend am schwarzen Nachthimmel. Ein großer Fleck auf seinem Rücken ist kahl. Das Büschel Haare, das dort fehlt, trage ich im Maul.

Schäbig grinse ich ihn an. Das ist die Rache, für meinen flambierten Schweif. Ich spüre das stete Pochen noch immer darin. Dieser verdammte Drache!

Wütend schnaubt er mich an, wie ein Aal windet er sich und schraubt sich zu mir hinab. Ein neuer Angriff? Er soll nur kommen, ich werde ihn mit messerscharfen Reißzähnen und dornenbespickten Pranken empfangen.

Jeden Muskel spanne ich an, grabe meine Klauen tief in die Erde. Ich habe mich nicht als Gott der Raubkatzen bewiesen, um mich nun von einem verlausten Drachen besiegen zu lassen.
 

Die Erde bebt!

Ganz deutlich kann ich spüren, wie sie sich unter meinen Pfoten hebt und senkt. Ist er dafür verantwortlich? Das ist unmöglich! Drachen beherrschen nur das Feuer und die Luft. Erde und Wasser sind uns, den Raubkatzen vorbehalten, aber dieses Beben habe ich nicht entfacht. Es nimmt mir den Halt unter den Pfoten. Wütenden suche ich den Himmel nach Black Berry ab. Wie macht er das? Er ist doch nur ein stinkender Drache.

Als meine Augen ihn finden, hat er seinen Angriff abgebrochen. Eine dunkle Gewitterfront bedeckt den Himmel. Blitze züngeln über ihn hinweg. Ein Sturm tobt in den Wolken. Der silberne Drache braucht all seine Kraft, um sich in der Luft zu halten.

Drohende donnert eine Stimme aus den Wolken:

„Bevor ihr die Welt in eurer Wut endgültig zerstört, werde ich sie Teilen und euch beide ein für alle Mal voneinander trennen. Du Black Berry, wirst nun leben als Kater unter den Katzen und du Lunar wirst Leben als flügelloser Drache. Bis ihr eure Fehler einseht, werdet ihr in ewiger Wiedergeburt so verharren! Mein Wille geschehe, so im Himmel, wie auf Erden!“

Ein gleißend, heller Blitz entzündet die Luft und nimmt die Welt und alles was ich kenne hinfort.

~Die Legende~

„He, Isekil wach auf! Großvater will uns eine Geschichte erzählen!”

Verschlafen öffne ich die Augen. Vor mir steht ein Drachenjunges, seine blauen Augen strahlen mich erwartungsvoll an, sein Kopf ist genau so groß, wie der ganze Rest seines Körpers. Ein Wunder, dass er den überhaupt oben halten kann. Er ist nicht so lang, wie Black Berry, eher kompakt und stämmig. Auf seinem Rücken beginnen sich kleine Stummelflügel zu entwickeln.

Ich brauche einen Moment, um meinen Bruder Lun-Lun zu erkennen und mich von meinem Traum zu lösen. Um endlich wach zu werden, strecke ich mich ausgiebig und gähne herzhaft. Das hat mir gerade noch gefehlt, Großvaters Geschichten. Allmorgendlich dasselbe, aber unsere Mutter besteht darauf.

„Komm schon du Schlafmütze, sonst verpassen wir den Anfang!”, drängelt Lun-Lun und läuft voraus. Nach gut zwei Körperlängen hält er an und sieht zu mir zurück.

„Ich komm ja schon”, sage ich und trotte ihm nach.
 

Nicht weit von unserem Nest entfernt, in dem Lun-Lun und ich die Nacht verschlafen haben, sitzt ein großer Drache mit weiten Flügeln, die den Himmel verdunkeln. Seine schuppige Haut ist inzwischen ergraut und in seinem Gebiss fehlen fast alle Zähne, nur noch zwei ragen aus seinem Unterkiefer hervor. Ich weiß nicht, wie alt unser Großvater ist, er selbst behauptet bereits 500 Sommer erlebt zu haben, aber ich bin mir sicher, dass auch das nur wieder eine seiner vielen Geschichten ist. Der Kopf des alten Drachen dreht sich zu uns, dann beginnt er auch schon zu sprechen: “Vor Äonen von Jahren, gab es unseren schönen Mond noch gar nicht.” Großvater sieht in den Himmel. Ob er dort wohl den Mond zu finden versucht? Es ist doch Tag und nur die Sonne scheint uns grell an, trotzdem folgen alle anderen Jungen seinem Beispiel.

Was Lun-Lun und den Anderen an diesen Erzählungen so gefällt, verstehe ich nicht, es ist doch immer das Gleiche: Katzen gegen Drachen, die Drachen gewinnen.

Gähnend setze ich mich in den Schatten Großvaters und sehe als einziger nicht in den Himmel, stattdessen scharrte ich mir die Flöhe aus dem Pelz. Was muss ich auch der einzige Drache hier sein, dem ein Fell wächst. Auf Schuppen halten sich diese Biester nicht so lange und da behauptet meine Mutter doch tatsächlich, sie wäre unserem Vater nie fremdgegangen. Ja sicher, deswegen schlage ich auch als einziger Bergdrache aus der Art und sehe denen des südlichen Himmelsvolkes ähnlich. Langer gewundener Körper, glattes weiches Fell und viel zu kurze Beine.
 

„Der Mond und unsere Erde waren eins …”, fährt Großvater fort, während sich in meinen Gedanken eine passende Antwort formte: Langweilig …

„Ist das nicht toll?”, jauchzt Lun-Lun und sieht mich aufgeregt an.

„Nein, ist es nicht …”, brumme ich, doch er hört mir schon gar nicht mehr zu. Wie alle anderen Jungen hängt er an den Lippen unseres Großvaters.

„Man erzählt sich, dass es damals nicht nur Drachen gegeben haben sollte. Bösartige Kreaturen bevölkerten den Boden. Sie hatten spitze Ohren, lange Barthaare und konnten nicht fliegen. Trotzdem wollten sie die Welt für sich allein haben. Der schlimmste von ihnen, war ein schwarzer Panther. Er begann einen Krieg gegen den mächtigsten aller Drachen zu führen. Jahrhunderte lange bekämpften sie sich und zerstörten alles, was ihnen in die Quer kam. Sie brannten Wälder nieder, überschwemmten das Festland, bis unsere Welt fast zerstört war.”

Ich rolle mit den Augen und werfe einen prüfenden Blick auf meinen Bruder und die anderen Jungen. Glauben sie ihm dass alles etwa? Haben sie noch nicht bemerkt, dass alle von Großvaters Geschichten auf dasselbe hinaus laufen? Ein Kampf von Gut und Böse, bei denen stets die Drachen gewinnen. Ich beginne die Nägel meiner Krallen kurz zu kauen.

Mutter bemerkt mein Desinteresse. Sie liegt im Schatten einiger Felsen und sieht uns aus der Ferne zu. Besorgt beäugt sie mich, so wie nur sie es kann. Ein Blick, der mir stets ein schlechtes Gewissen macht. Dass ich nichts für die Legenden unserer Götter übrig habe, gefällt ihr nicht. Es ist nicht normal, ich bin nicht normal.

Seufzend sehe ich zu Großvater, so wie alle anderen auch und tut zumindest so, als wenn es mich interessieren würde.
 

„Der Planet tobte und teilte sich in seiner Wut in zwei Hälften. Er wies die Raubkatzen an, auf der einen Hälfte zu bleiben und die Drachen auf der anderen. Aber damit nicht genug. Die beiden Götter, die den Streit begonnen hatten, wurden dazu verurteilt unter ihren Feinden zu leben und dort immer wiedergeboren zu werden, bis sie ihren Fehler einsehen. Unser stärkster Drache, wurde als Kater wiedergeboren und lebt jetzt auf dem Mond, während der schwarze Panther, als Drache wiedergeboren wurde.” Ein Raunen geht durch die Reihen der Jungen.

Verstört betrachte ich meinen Großvater.

„In jedem von uns könnte also ein schwarzer Panther schlummern”, belehrt er uns und beugt sich hinab. Sein forschender Blick geht über jeden von uns, bis er an mir hängen bleibt. Besonders lange mustert er mich. Warum weiß ich nicht genau, vielleicht weil ich mich nicht, wie die anderen Jungen ehrfürchtig ducke?

„Wir müssen darauf achten, dass der Panther in uns, niemals die Oberhand gewinnt. Ganz besonders du solltest dir das zu Herzen nehmen, wo die Natur dir nicht einmal Flügel gegeben hat”, faucht der alte Drache und sieht über meinen Rücken.

Es kränkt mich, dass er immer wieder darauf anspielt, dass mir noch keine Flügel gewachsen sind. Ich betrachte meinen geschmeidig, langen Körper, nur weiches, weißes Fell, keine Flügel. Wenn dort nicht bald etwas wächst, werde ich am Tag des Ausfluges nicht mit den anderen, von den Klippen springen dürfen, dabei bin ich mir sicher, dass ich auch fliegen kann. Genauso wie die Schlangendrachen des südlichen Himmelsvolks, aber es will ja keiner zugeben, dass mein Vater nicht mein Vater ist. Einem Bergdrachen müssen Flügel wachsen, da gibt es nichts dran zu rütteln.

„Ich brauch keine Flügel. Ich bin ein südlicher Himmelsdrache!”, erkläre ich meinem Großvater trotzig und erhebe mich. Ich schlängle mich elegant zwischen seinen Beinen hindurch, ohne ihn noch einmal anzusehen. Die besorgten Blicke von Mutter und Großvater folgen mir, ich kann sie deutlich im Rücken spüren. Ein schlechtes Gewissen schleicht mir nach, als ich den Versammlungsplatz verlasse. Ob Großvater wohl Recht hat und hin und wieder der schwarze Panther in mir, die Oberhand gewinnt? Mit schnellen Sprüngen laufe ich diesem Gedanken davon.

~Das jährliche Opferfest~

Es ist wieder so weit, der schlimmste Tag im Jahr. Am Mittag, als die Sonne hoch oben am Himmel steht und alle noch schliefen, sind sie gekommen. Auf der Lichtung, nahe dem Silbersee, haben sie die Jungen und ihre Eltern zusammen getrieben.

Ihre mächtigen Mähnen wehen, bei jedem ihrer kraftvollen, geschmeidigen Schritte. Die weißen Löwen kommen immer am längsten Tag des Jahres, um den Nachwuchs zu begutachten. Ihre Erscheinung ist furchteinflößend und schön zugleich.

Hinter den Pranken seines Vaters hat er sich versteckt und lugt verstohlen zu den stolzierenden Katern auf. Noch nie zuvor hat er schneeweiße Löwen gesehen. Sein Rudel besteht aus ganz normalen Sandfarbenlöwen. Er ist gerade erst ein halbes Jahr alt, genauso, wie all die anderen Jungen hier, zu jung um zu wissen, was letztes Jahr passierte. Irgendetwas an den Weißen, zieht ihn in seinen Bann. Vielleicht sind es die blauen, erstarrten Augen, die durch alles hindurchzuschauen scheinen, oder ihre ungewöhnliche Fellfarbe? Er will zu ihnen laufen und sie aus der Nähe betrachten, aber das seltsame Verhalten seines Vaters hält ihn davon ab.

Die starken Pranken, hinter denen er Schutz gesucht hat, zitterten, jede Faser am Körper des stolzen Löwen ist angespannt. „Bleib immer in meinem Schatten, sonst erkennen sie unseren Trick!”, sagt er streng. Die Augen seines Vaters sind starr auf die weißen Löwen gerichtet, die jedes Junge genau ansehen und ausfragten. Mit jeder abgeschlossenen Beurteilung, kommen sie ihnen ein Stück näher.

Fang schluckt erschwert. Er und sein Vater haben gehofft, der Rat der Fünf würde in der Nacht kommen, so wie es üblich ist. Dann wäre ihnen vielleicht nicht aufgefallen, dass Fangs Fell nur mit braunem Schlamm gefärbt ist.

Die Anspannung seines Vaters überträgt sich auf den jungen Löwen. Bald zittert auch er am ganzen Leib und beobachtet die fremden Löwen nicht mehr neugierig, sondern furchtsam.

Fang sieht an den starken Pranken seinen Vaters hinauf, in das von einer stattlichen, roten Mähne umrahmte Gesicht. Noch nie hat er seinen Vater so ernst gesehen. Er glaubt zu spüren, dass ihm etwas auf der Zunge liegt, etwas das er den Weißen sagen will, sich aber nicht traut.

„Diese einfältigen Trottel. Wenn es nur mal eines ihrer Jungen treffen würde. Ich wünsche euch, dass er dieses Mal als weißer Löwe wiedergeboren wird!”, knurrt sein Vater in sich hinein.

Fang versteht die Bedeutung der Worte nicht, er spürt nur den unbändigen Hass seines Vaters. All seine Instinkte sagen ihm Flucht. Noch weiter duckt er sich in den Schatten. Hier fühlt er sich geborgen und vor alle Gefahren beschützt, denn sie sind nur noch ein Junges von ihnen entfernt.
 

Fang sieht zu Zaba. Das Löwenmädchen, mit dem er immer spielt, ist nun an der Reihe. Sie tut ihm so leid, ihre Mutter hat sie den Weißen vor die Pfoten geschoben. Sie kann sich nicht einmal in im Schatten der Mutter verstecken.

„Ich … also …”, stottert Zaba kläglich. Am ganzen Körper zittert die junge Löwin.

Fang kann das Beben ihrer Pfoten bis zu sich spüren.

„Hast du die Frage vielleicht nicht verstanden? Wie viele Sterne siehst du am Himmel?”, wiederholt der Weiße.

Wie erstarrt sieht Zaba zu ihm auf und blickt schließlich in den Himmel. Sie weiß keine Antwort, keiner weiß eine, es sind doch so unzählbar viele. „Ich … ich weiß nicht. Viele?”, stammelt Zaba.

Ihr süßlicher Geruch von Angst steigt Fang in die Nase. Er erschaudert.

„Du bist genau so dumm und gewöhnlich, wie die anderen. Geh zurück zu deiner Mutter.”

Zaba braucht einen Moment, um die Worte zu verarbeiten und nach ihnen zu handeln. Stocksteif, läuft sie zu ihrer Mutter zurück.
 

Nun ist es so weit, die Weißen kommen zu ihm. Die angespannte Haltung seines Vaters verkrampfte sich zunehmend. Mit hocherhobenem Haupt sieht er die Weißen an. Er ist der Einzige im Rudel, der sich das traut. Fang bewunderte ihn dafür und kann spüren, wie sich der Mut seines Vaters auf ihn überträgt. Stolz erhebt auch er den Kopf.

„Ich erinnere mich an dich!”, spricht der Weiße seinen Vater an.

„Ihr habt vor einem halben Mond meine Frau geholt!”, presste sein Vater heraus. Die Krallen seiner großen Pranken graben sich in die Erde. Sein Gesicht gleicht einer Maske aus Eis.

Beinah bekommt Fang selbst Angst vor ihm.

Die Weißen aber lassen sich nicht einschüchtern. Sie grinsen selbstgefällig, bevor sie sich Fang zuwenden. „Nun zu dir Kleiner! Wie viele Monde hat unser schöner Planet?”

Die Frage ist um einiges leichter, als jene, die Zaba gestellt worden ist. In Fangs Kopf formte sich eine Antwort, doch irgendetwas an dieser Frage stört ihn. Es gibt doch gar keinen Mond, also nicht wirklich. Das was sie Mond nennen ist nur ein Teil, eines viel größeren Planeten. Ohne zu wissen, woher auf einmal die Worte und Gedanken in seinem Kopf kommen, beginnt Fang sie einfach auszusprechen: „Es gibt gar keinen Mond. Das was ihr Mond nennt, ist ein Teil unserer Erde! Sie hat sich vor langer Zeit in zwei Hälften geteilt.”

Alle starren ihn an. Selbst sein Vater sieht erschrocken auf ihn hinab.

Fang weiß nicht woher dieses Wissen auf einmal kommt, aber er ist sich ganz sicher, dass es stimmt.

„Ihr bekommt ihn nicht!”, schreit sein Vater aufgebracht. Blitzschnell packte er Fang, seine scharfen Zähne legen sich sanft um den kleinen Körper, dann rennt er los.

„Bleib stehen!”, schreien die Weißen ihnen nach und nehmen die Verfolgung auf.

„Er muss sterben!”

„Für das Wohl aller!”

„Wie kannst du das Leben deines Sohnes, über das von uns allen stellen?”

„Bleib stehen Aaron!“

„Sei doch vernünftig!“

Wild rufen sie durcheinander, nicht nur die Weißen, auch die Löwen aus ihrem Rudel.

Fang sieht zu ihnen zurück. Wollen sie wirklich, dass die Weißen ihn holen? Immer heftiger wird er hin und her geschüttelt. Noch nie zuvor hat er seinen Vater so schnell rennen sehen. Er läuft den Weißen einfach davon. In der Ferne werden sie und auch ihr Rudel, immer kleiner.

Sie werden nie wieder zurückkehren können, begreift Fang in diesem Moment. Zaba und die anderen, er wird sie nie wieder sehen. Ein Stechen durchzuckt sein kleines Herz, Tränen füllen seine Augen.
 

Der Atem seines Vaters bläst heiß und schnell um Fangs Körper. Sie erreichen den Waldrand, vor ihnen breitete sich eine große Wiese aus, die bis an den Horizont reicht. Auf ihr grasen überall Huftiere. Ihr Jagdgrund.

Die grasenden Herden stören sich nicht an ihnen.

Aaron öffnet sein Maul, unsanft fällt Fang ins Gras und auf den harten Boden darunter.

Der junge Löwe sieht fragend auf. Sonst setzt sein Vater ihn behutsamer ab. Als Fang sich wieder aufrichtet und hinter sich schaute, liegt Aaron keuchend im Gras und ringt nach Atem. Besorgt tapst Fang auf ihn zu, doch der wütende Blick seines Vaters lässt ihn inne halten.

„Warum musstest du dir ausgerechnet mein Junges aussuchen?”, keucht er.

Fang versteht kein Wort. Der kleine Löwe hat nicht den Eindruck, dass er gemeint ist, also sieht er sich verstört um. Doch hier sind nur sie beide und der Blick seines Vaters ist eindeutig auf ihn gerichtet. „Was?”, fragt er kleinlaut.

Der Atem seines Vaters beruhigt sich, er steht auf und kommt auf ihn zu. Sein mächtiger Kopf, mit der gewaltigen Mähne, senkt sich er vor Fang, sein Blick ist noch immer ernst und seine Augen funkeln bedrohlich.

Der kleine Löwe bekommt es mit der Angst zu tun, tief duckt er sich ins hohe Gras.

„Warum auch noch ihn?”, schreit Aaron, „Hat es dir nicht gereicht, dass sie schon meine Frau geholt haben?” Seine Stimme ist so laut und anklagend, dass Fang immer mehr in sich zusammen sinkt. Noch weiter duckt er sich auf den Boden und legt die Ohren an. So wüten hat sein Vater noch nie mit ihm gesprochen, nicht mal, als er sich unerlaubt vom Rudel entfernt hat und beinah von einer Herde Zebras zertrampelt worden wäre.

„Papa?”, wimmert er immer wieder verzweifelt. Große Tränen kullern über seine Wangen. „Papa … es .. es tut mir leid. Bitte nicht böse sein. Ich hab dich doch lieb!” Immer wieder spricht Fang seine Worte, wie ein Gebet an den Vater.

Bedrohlich legt sich der Schatten Aarons über ihn, sein heißer Atem streifte Fangs Fell. Gänsehaut durchzuckt den kleinen Körper, immer mehr Tränen laufen ihm vom Gesicht.

„Verschwinde aus meinem Sohn, du verfluchter Drache! Such dir ein anderes Junges!”

„Papa! Ich bin’s doch! Fang! Ich bin kein Drache! Bitte Papa! Bitte! Schau mich doch an! Ich bin ein Löwe, wie du!” Fang schließt die Augen, er will nichts mehr sehen, nichts mehr hören. Leise wimmert er vor sich hin, in der Hoffnung, der Alptraum hört auf.

Aaron seufzt tief und kehlig. Die Erde bebt unter Fangs Pfoten, als sich sein Vater fallen lässt.

Nur zögernd wagt der kleine Löwe seinen Blick zu erheben.

Der grimmige Ausdruck in den Augen Aarons ist verschwunden. Einen Moment lang sieht er ratlos über die Lichtung, als wenn er sich von dort Hilfe erhofft. „Es tut mir leid Fang”, säuselt er in den Wind, der die Grashalme biegt, „Komm her zu mir!” Erst jetzt sieht er ihn an. Seine rechte Pfote streckt er nach Fang aus und lädt ihn ein, in seinen schützenden Schatten zu kommen. Seine Stimme ist wieder freundlich und mild.

Noch immer kullern dicke Tränen von den Wangen des Löwenjungen, er drängt sich an die linke Vorderpfote seines Vaters. „Es … es tut mir leid, dass ich den Weißen die Wahrheit gesagt habe”, schluchzt er.

„Das war nicht deine Schuld”, flüstert ihm sein Vater ins Ohr. „Komm wir gehen dein Fell waschen”, schlägt er vor.

Nur mit Mühe gelingt es Fang sich zusammenzunehmen und die Tränen hinunterzuschlucken. Mit der Pfote wischt er sich über die Augen, dann nickt er.

„Na komm!” Sein Vater erhebt sich und geht voraus.

Langsam trottet Fang ihm nach. So viele Gedanken beschäftigen seinen kleinen Kopf. Sonst holen die Weißen nur Katzen, die etwas Unrechtes getan und das Gesetz gebrochen haben. „Dad, warum wollen die Weißen mich holen? Hab ich was falsch gemacht?”

Aaron wird langsamer, bis er mit Fang auf einer Höhe läuft. Sein Blick verliert sich in der Ferne. „Es gibt eine Prophezeiung …”, sagt Aaron, „… dass ein Drache aus alter Zeit zurückkommen wird, dass er als Kater unter uns immer wieder geboren wird. Sein Zorn soll eines Tages unser Untergang sein. Die Weißen haben so große Angst davor, dass sich diese Prophezeiung erfüllt, dass sie jedes Jahr nach der Wiedergeburt des Drachens suchen und ihn töten, damit der Frieden für ein Jahr gewährleistet ist. Dazu fragen sie die Jungen aus, um herauszufinden, ob eines unter ihnen ist, dass Dinge weiß, die es nicht wissen kann, die man ihm nicht beigebracht hat. Deswegen ist es auch verboten den Jungtieren Märchen und Legenden zu erzählen, bis der Rat der Weißen alle Welpen eines Rudels befragt hat. Du wusstest etwas, was dich keiner gelehrt hat. Deswegen glauben die Weißen, du seist der Drache aus der Prophezeiung. Ich bin mir sicher, dass sie auch unseren Trick mit dem Schlamm durchschaut und deine verräterische Fellfarbe gesehen haben.”

Jetzt bekommt es Fang erneut mit der Angst zu tun. Er will doch gar nicht böse werden und Unheil bringen und noch weniger, will er von diesen gefährlichen Weißen geholt werden. „Papa? Glaubst du etwa, was die Weißen sagen?”, traut er sich kaum zu fragen.

„Ich weiß es nicht!” Eindringlich sieht Aaron ihn an. „Woher weißt du von der Einheit unserer Welt und dem Mond?”

Fang macht sich klein. Der bohrende Blick seines Vaters gräbt sich tief in sein Herz. „Ich … ich weiß nicht”, stammelt er, „Ich weiß es einfach. Es tut mir leid. Hast du mich deswegen nicht mehr lieb?”

Aaron seufzt, sein Blick wird wieder sanft und weich. Er betrachtet Fang einen Moment lang, bevor er ihm antwortet: „Als sie deine Mutter holten, habe ich ihr versprochen, dich mit meinem Leben zu beschützen und das werde ich auch tun. Du bist und bleibst mein Sohn, egal woher deine Seele stammt. Nur versprich mir eines Fang. Egal was passiert, du wirst nie deine Krallen zum Kampf gegen eine Großkatze ausfahren.”

Erleichtert nickt Fang. Das ist leicht, dass kann er. Er wird lieb und ein guter Sohn sein, ganz bestimmt. In ihm schlummert kein böser Drache, ganz gleich, was die Weißen auch behaupten. Auch wenn sein Fell unter dem ganzen Schlamm noch so schwarz ist, in seinem Herzen, trägt er dieselbe Sandfarbe, wie sein mutiger Papa.

~Tag des Ausflugs~

Der Rand eines tiefen Abgrundes, Felsen, die steil abfallen. Ich will auch dort stehen!

In Reih und Glied, haben sich alle Jungen am Rande der Schlucht versammelt. Ungeduldig trippeln sie von einer auf die andere Pranke. Lun-Luns Schwanz peitscht kleine Steine hin und her. Die Flügel der Jungen zappeln aufgeregt. Ängstlich starren sie in die Tiefe. Diese Feiglinge!

Ich wäre schon längst gesprungen, nicht mal das Kommando meines Vaters, hätte ich abgewartet. Auf einem Felsen, sitzt der mächtige, schwarze Drache und hat das Haupt hoch erhoben. Sein Schwanz steht steil über seinem Kopf. Als Oberhaupt des Clans, wird er das Zeichen zum Absprung geben.

Wie gemein von ihm, dass er mir den Sprung verboten hat, nur weil mir noch immer keine Flügel gewachsen sind. Scheu schaue ich zu Großvater auf.

Stolz betrachtet er Lun-Lun, von mir nimmt er nicht einmal Notiz, dabei stehe ich direkt zwischen seinen Pranken. Grimmig schaue ich sie alle an. Ich müsste es sein, der als Erstes springt, ich bin das älteste Junge dieses Jahrgangs. Angespannt grabe ich meine scharfen Klauen in den Boden. Das ist nicht fair.

Auch Mutter steht bei uns, den Blick angespannt auf die Jungen gerichtet, die Flügel weit ausgebreitet, bereit im Notfall sofort los zu fliegen und einen Absturz zu verhindern. Auch sie beachtet mich nicht.

Vielleicht sollte ich das zu meinem Vorteil nutzen. Ich könnte mich einfach davonschleichen, Anlauf nehmen und noch vor den anderen Jungen von der Klippe springen, so wie es mir mein Geburtsrecht erlaubt. Die Idee gefällt mir. Noch einen letzten prüfenden Blick werfe ich nach oben.

Großvater hat nur Augen für meinen Bruder und auch Mutter sieht zu den Jungen. Perfekt!

Meine Muskeln spanne ich an, ich ducke mich tief, schlage meine Pranken in den Boden. Starr richte ich meine Aufmerksamkeit auf Vater und warte angespannt auf sein Signal.

Er senkt den Schwanz.

Ich rase los. Mit aller Kraft voraus, presche ich nach vorn. Ein kräftiger Ruck geht durch meinen Körper. Etwas reißt an meinen Schwanz, ich schnappe zurück und pralle gegen die Pranke meines Großvaters. Als ich mich erschrocken umwende, steht eine seiner Krallen auf meinem Schwanz. Gehässig sieht er auf mich herab.

„Das war wohl nichts“, sagt er lächelnd.

Genervt brumme ich in mich hinein, mit den Krallen tripple ich auf den harten Boden herum.

Während ich resigniere, springen die Jungen einer nach dem Anderen von der Klippe.

Mutter zuckt bei jedem Absprung zusammen. Als Lun-Lun sich hinabstürzt, schnellt sie zum Abgrund und blickt über den Rand hinab. Auch Großvater reckt den Kopf nach vorn, um besser sehen zu können.

Ich rolle mit den Augen. Er wird es schon schaffen.

Nach und nach taucht ein Junges nach dem anderen aus der Schlucht auf. Ungeschickt schlagen sie mit den Flügeln und strampeln hilflos mit den Beinen. Diese Anfänger!

Als auch mein Bruder aus der Schlucht auftaucht, tritt Großvater einen Schritt vor. Seine Pranke hebt sich von meinem Schwanz.

Das ist meine Chance. Jetzt oder nie! Ich springe auf und wetze los. Elegant schlängle ich mich an Mutter und Großvater vorbei, vorbei auch an dem großen Felsen und Vater. Der Rand des Abgrunds ist zum Greifen nah.

Hinter mir höre ich Großvater verächtlich schnauben.

Mutter hält entsetzt den Atem an, sie schnappt mit ihrem großer Kopf nach mir.

Ich weiche zur Seite aus. Ein letztes Mal berühren meine Pranken den Boden, ein letztes Mal schlage ich meine Krallen in den Stein. Mit aller Kraft drücke ich mich ab. In meiner ganzen Länge, dehne ich meinen geschmeidigen Körper. Ein steter Wind ergreift von mir Besitz. Er durchströmt mein Fell und bauscht es auf. „Freiheit!“, rufe ich laut aus und spreize alle vier Pranken weit auseinander. Mit geschlossenen Augen genieße ich den freien Fall, den Wind, das flaue Gefühl im Magen. Die Zeit bleibt stehen, alles ist so neu, so anders, so …

Etwas Hartes trifft meine Schulter, meinen Schwanz. Ich öffne Augen öffne, Himmel und Felswand überschlagen sich. Bäume und Äste, kleine und große Felsbrocken fallen mir nach. Sie treffen mich an der Schnauze, an den Pranken und im Rücken. Ich stöhne gequält, versuche mit den Krallen Halt zu finden, wo keiner ist. Alles dreht sich, Oben und Unten sind vertauscht.

Ein dunkler Schatten folgt mir und hüllt mich ein. Hart wird mein Kopf getroffen. Warmes Blut läuft mir ins Gesicht. Es dröhnt und summt in meinem Schädel. Dann wird es ganz still.
 

Nichts, langes, dunkles Nichts.

„Isekil, Isekil! Komm doch zu dir! Wach schon auf!“

Nicht an mir rütteln, das tut weh! Ich versuche nach den Krallen zu schlagen, die mich berühren, doch ich kann meine Pranken nicht heben. Sie sind schwer wie Blei. Ich blinzle, schaffe es kaum die Augen aufzuschlagen. Mein Kopf tut so weh.

Großvater sieht grimmig auf mich herab. Neben ihm stehen Mutter und Lun-Lun, besorgt werde ich von ihnen gemustert.

Ich versuche den Kopf zu heben, doch er sackt auf meine schmerzenden Pranken zurück.

„Lasst mich durch!“, verschafft sich die raue Stimme meines Vaters Gehör. Ich zucke bei ihrem Klang zusammen. Das Oberhaupt unseres Clans, schiebt sich an Großvater, Mutter und Lun-Lun vorbei. Zwei große Pranken bleiben vor mir stehen, ein mächtiger Kopf, mit langen gewundenen Hörnern, senkt sich zu mir hinab.

Ich schlucke schwer und zwinge mir ein schelmisches Grinsen auf die Lefzen.

„Was hast du dir nur dabei gedacht? Du könntest tot sein!“, schreit Vater so laut, das es mir in den Ohren nachklingt.

Ich presse meine Pranken gegen den Kopf. „Nicht so laut“, bitte ich, doch meine Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern.

Er überhört mich und donnert lauthals weiter: „Ich gebe meine Anweisungen nicht aus Spaß. Du hast noch keine Flügel, du kannst nicht fliegen.“

Seine Worte treffen mich direkt ins Herz. Große Tränen fluten meinen Blick. „Ich weiß!“, keuche ich laut genug, um verstanden zu werden. „Mir werden nie Flügel wachsen, ich werde auf ewig auf diesem verdammten Berg festsitzen!“, schimpfe ich und zwinge mich zum Aufstehen. Ich weiß doch selbst gut genug, dass ich mir nur eingeredet habe, auch irgendwann von den Klippen springen zu können. Ohne Flügel kann ein Bergdrache nun mal nicht fliegen. Humpelnd tapse ich an den Pranken meines Vaters vorbei, vorbei auch an Mutter, Lun-Lun, Großvater und den anderen Drachen, die vor unserer Höhle stehen und mich mit ihren mitleidigen Blicken verfolgen. So schnell es mein wunder Körper zulässt, verschwinde ich aus ihrer Sicht und flüchte mich durch ein kleines Loch in der großen Felswand auf der anderen Seite des Versammlungsplatzes. Es ist gerade groß genug, dass ich hindurch passe. In die kleine Höhle dahinter, kann mir niemand folgen. Ich will keinen von ihnen sehen, sie mit ihren großen Flügeln, sie sollen mich alle in Ruhe lassen. Auf einem kleinen Felsen rolle ich mich ein und lasse die Tränen einfach fließen.
 

Irgendwann muss ich eingeschlafen sein, denn als ich aus meinem Versteck hinaus schaue, ist es bereits dunkle Nacht. Mein verwundeter Körper schmerzt noch immer entsetzlich, also beginne ich die vielen Blessuren und Kratzer zu lecken. Ich bin eine gefühlte Ewigkeit damit beschäftigt, Erde und Blut aus meinem seidigen Fell putzen.

„Isekil?“ Zwei blaue Augen starren aus der Dunkelheit zu mir herein, eine Pranke angelt nach mir. Ich rutsche ein Stück zurück, bis ich mir sicher bin, nicht erreicht werden zu können. „Geh weg!“, murre ich Lun-Lun an und drehe ihm den Rücken zu.

„Komm raus da, du bist jetzt schon den ganzen Tag da drin.“

Ich lecke mir betont langsam über die Vorderpranken und lege mein Fell von einer auf die andere Seite.

„Du kannst doch nicht für immer dort drin bleiben.“ Die Schnauze meines Bruders zwängt sich durch den engen Spalt, er presst seinen Kopf so lange dagegen, bis die Felswand nachgibt und er mit samt Hörnern hindurch passt.

Ich sehe ihn über die Schulter hinweg überrascht an und rutsche noch ein Stück weiter zurück. Er wird doch nicht wirklich durch den Spalt passen?

An den Schultern bleibt Lun-Lun hängen, so sehr er sich auch anstrengt, sie sind zu breit.

Ich atme erleichtert durch und widme mich wieder der Fellpflege.

„Na gut, dann bleib eben da drin, mir egal!“, mault er.

Genau das habe ich auch vor. Ich angle nach meinem Schwanz um auch ihn zu säubern, als kleine Steine von der Felswand bröckeln.

Lun-Lun reist und zieht an dem Loch. „Oh, oh!“, sagt er mit Sorge in der Stimme. Als ich zu ihm zurück schaue, haben sich seine Hörner an der Felswand verhakt. So sehr er auch an seinem Kopf zieht, er kommt nicht frei.

Ich sehe seinen Bemühungen einen Moment lang zu, dann wird auch mir seine aussichtslose Lage klar. „Du Idiot!“, tadle ich und springe auf die Pranken.

Panisch sieht Lun-Lun mich an.

Auch in mir wächst die Unruhe. Ich stemme mich gegen seinen Kopf und drücke so fest ich kann, doch seine Hörner sind wie Widerhaken.

„Das ist alles deine Schuld!“, mault er mich an, „Was musst du auch immer in dieses blöde Loch kriechen?“

„Von wegen meine Schuld. Du bist doch so dumm, mir zu folgen“, knurre ich. Wir ziehen und zerren mit vereinten Kräften, doch er kommt nicht frei. Schließlich weiß ich mir nicht anders zu helfen und nehme so viel Anlauf, wie es die kleine Höhle zulässt. Mit den Hörnern voraus, renne ich auf die brüchige Felswand neben Lun-Lun zu.

Mein Bruder reißt die Augen weit auf, er zerrt noch heftiger an seinem Kopf. Als ich gegen die Felswand pralle, gib das Gestein nach. Wir purzeln übereinander aus der Höhle.

Orientierungslos bleibe ich zwischen den Flügeln meines Bruders liegen.

„Du bringst uns beide noch mal um“, mault Lun-Lun und wirft mich von seinem Rücken.

Ich bleibe, mit den Pranken nach oben, liegen und schaue direkt in den Himmel.

Der volle Mond scheint auf uns herab, unendlich viel Sterne blinken am Firmament. Vor dem Mond zieht ein länglicher Schatten vorbei. Was war das? Ich blinzle um klarer sehen zu können.

Die Konturen werden schärfer, der Schatten bekommt einen silbernen Glanz. Elegant windet sich ein südlicher Himmelsdrache durch die Lüfte und verschwindet im Dunkeln der Nacht. Er ist in Richtung Schneeberge verschwunden.

„Isekil, hörst du mir überhaupt zu?“, will mein Bruder aufgebracht wissen.

Ich beachte ihn nicht, mein Blick schweift zu der fernen Bergkette mit ihren weißen Schneespitzen. Irgendwo dort hinten müssen sie ihre Nester haben. Diese Drachen haben auch keine Flügel und können trotzdem am Himmel schweben. Vielleicht können sie mich ja das Fliegen lehren? Meine Idee beginnt mir immer besser zu gefallen. Ganz von allein setzen sich meine Pranken in Bewegung. Ich laufe wortlos an Lun-Lun vorbei, bis ich den Rand der Klippe erreiche. Abrupt bleibe ich stehen und schaue in die Tiefe. Ein kalter Schauer rinnt mir das Rückrad hinab. Für einen Moment glaube ich meinen Sturz noch einmal zu erleben, die Felsen, die mir nach fallen und mich überall treffen, ich kann sie beinah spüren. Ich mache einen Schritt vom Rand zurück.

„Hey mach keinen Mist! Ich kann noch nicht so gut fliegen, um dich zu retten!“, sagt Lun-Lun.

Ich schaue vom Abgrund, zu den fernen Schneebergen. Wie soll ich jemals dahin kommen, wenn ich es nicht mal von diesem Berg runter schaffe? Es muss doch noch einen anderen Weg hinab geben, als zu fliegen. Ich sondiere die Felswand und kann etliche Vorsprünge ausmachen, die mir groß genug erscheinen, um auf ihnen stehen zu können. Wenn ich von einem zum anderen Klettere, komme ich auch irgendwann unten an.

Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen und trete noch einmal an den Rand des Abgrundes. Mit aller Macht, dränge ich die Bilder meines Absturzes zurück und springe auf den Absatz direkt unter mir. Lun-Lun stürmt mir nach. Todesmutig stürzt er sich an mir vorbei, in die Tiefe.

Ich schaue ihm belustigt nach.

„Isekil!“, schreit er aufgebracht.

„Ich bin hier oben, du Dummkopf!“, rufe ich ihm nach und nehme Anlauf, um auf den nächsten Absatz zu gelangen.

Lun-Lun richtet seinen Blick nach oben, er schlägt kräftig mit den Flügeln und steigt zu mir auf. Mit gleichmäßigen Flügelschlägen, hält er sich neben mir in der Luft. „Was hast du jetzt schon wieder vor?“, will er wissen.

Meinen Blick richte ich in die Ferne und sage: „Ich gehe meinen richtigen Vater suchen und bitte ihn, mich das Fliegen zu lehren.“

„Glaubst du immer noch, dass Papa nicht dein Vater ist?“

Ich sehe an mir hinab und breite die Vorderpranken weit aus. „Sieh mich doch an! Ich bin nicht wie ihr. Mir werden nie Flügel wachsen. Ich muss einen Drachen finden, der ist wie ich, damit ich von ihm lernen kann.“

Lun-Lun schweigt, ich kann förmlich sehen, wie es in seinem Kopf zu arbeiten beginnt. „Na schön, aber sollten wir nicht Mutter und Großvater Bescheid geben, damit sie uns ...?“

„Nein!“, schreie ich, „Die werden mich nie gehen lassen. Versprich mir, dass du niemandem etwas erzählst!“

„Ich soll dich also ganz allein gehen lassen? Bist du verrückt geworden? Wer soll dich füttern, während du unterwegs bist?“

„Ich füttere mich selbst“, halte ich dagegen und springe auf den nächsten Absatz.

„Du kannst doch nicht mal fliegen, um zu jagen.“

Genervt sehe ich meinen Bruder. „Wenn du dir solche Sorgen machst, dann komm halt mit.“

Lun-Luns Blick geht an der Felswand hinauf.

Ich beeile mich auf den nächsten Felsvorsprung zu klettern. Bevor mein Bruder auf die Idee kommt, den Clan zu wecken, will ich verschwunden sein.

Lun-Luns Aufmerksamkeit richtet sich wieder auf mich. Er setzt einen Flügelschlag aus und sinkt zu mir herab. „Ich komme mit dir! Ohne mich bist du sowieso so gut wie tot.“

„Du kommst mit?“, frage ich.

„Ja, irgendjemand muss ja auf dich aufpassen.“ Breit grinsend landet Lun-Lun vor mir.

„Ich kann auf mich selbst aufpassen“, protestiere ich lauthals und stoße ihn mit dem Kopf voran vom Felsvorsprung.

Lun-Lun fällt in den Abgrund und rudert aufgebracht mit den Flügeln. „Na warte, das bekommst du zurück!“, knurrt er und kommt zurückgeflogen.

Laut lachend ergreife ich die Flucht und bahne mir einen Weg von Vorsprung zu Vorsprung, immer tiefer.

~Auf der Flucht~

Sie laufen jetzt schon eine gefühlte Ewigkeit, immer die Sonne im Rücken, über Stock und Stein und durch dichten Wald, dann wieder über große Lichtungen. Fang schmerzen die Pfoten. Immer wieder leckt er sich über die wunden Ballen, doch sein Vater bleibt nicht stehen. Selbst wenn Fang nicht weiter geht, dreht er sich nicht nach ihm um. Stets sind seine Ohren nach allen Richtungen ausgerichtet.

„Papa, ich kann nicht mehr!“, ruft Fang zum gefühlt hundertsten Mal.

Wieder reagiert Aaron nicht.

Fangs Magen knurrt laut. Seit sie aufgebrochen sind, hat er nichts mehr gefressen, auch um etwas zu trinken, sind sie nicht stehen geblieben, dabei liegen bereits zwei Seen und ein Fluss hinter ihnen.

„Papa, ich habe Hunger!“

„Halt noch ein bisschen durch!“, sagt Aaron und läuft unbeirrt weiter.

Fang will nicht mehr durchhalten. Die Sonne brennt heiß durch das Blätterdach, ihm hängt die Zunge weit aus dem Maul. Selbst das Hecheln bringt keine Erleichterung mehr. Der junge Löwe sieht nach oben, keine Wolke ist zwischen den Blättern hindurch auszumachen. Dabei wäre es so schön, wenn es jetzt regnen würde, dann bräuchte er nur das Maul weit öffnen und die Regentropfen einfangen.

Etwas Spitzes bohrt sich in Fangs Pfote, er schreit auf und bleibt stehen. Unter seiner Pranke ist eine dornenbespickte Pflanze, die sich quer über den Trampelpfad schlängelt.

Vorsichtig hebt Fang die Pranke. Ein großer Dorn steckt mitten in seinem Pfotenballen. Bei dem Anblick kommen dem jungen Löwen die Tränen. Er versucht den Dorn mit den Eckzähnen zu greifen, doch es will ihm nicht gelingen. Das ist eindeutig zu viel für das Löwenjunge. Fang bleibt liegen, leckt und kaut auf dem Dorn herum. Er gibt jammernde Laute von sich, während der Vater hinter einer Hecke verschwindet.

Aarons Pfoten brechen im Unterholz kleine Äste, Fang kann ihn noch ganz deutlich hören. Schließlich bleibt sein Vater irgendwo in der Ferne stehen.

Fang jammert weiter, er gibt die kläglichsten Laute von sich, die er produzieren kann.

Es raschelt im Gestrüpp, die knackenden Äste sind nun lauter. Aus der Hecke löst sich die Gestalt Aarons. Er sieht sich nach allen Seiten um, dann fällt sein Blick auf Fang. „Was ist denn?“, fragt er harsch.

Fang antwortet nicht, er steckt lediglich die Pfote mit dem Dorn darin, in Richtung seines Vaters. Wimmernd rollt er sich auf dem Rücken hin und her.

Aaron geht die wenigen Schritte bis zu ihm und legt sich auf die Erde. Mit den Pranken fixiert er die Pfote seines Jungen und senkt den mächtigen Kopf mit der flauschigen Mähne. Vorsichtig greift er den Dorn mit den Eckzähnen und zieht ihn heraus.

Fang gibt einen fiependen Ton von sich, zappelt und zerrt an seiner Pfote.
 

Aaron hält ihn weiter fest, er leckt die über den Pfotenballen, bis kein Blut mehr nachkommt. Erst jetzt sieht er, wie wund die Pfoten Fangs sind. Er hat seinem Jungen zu viel abverlangt. Auch das laute Knurren von Fangs Magens kann er nun nicht mehr überhören. Vielleicht ist es ja doch an der Zeit eine Rast einzulegen und nach etwas Fressbarem Ausschau zu halten, aber wo sollen sie anfangen. Sie sind weit weg von ihren üblichen Jagdgründen. Es hilft ihm dieses Mal nicht sich an die Gewohnheiten der Beutetiere im Jagdgrund zu erinnern. Es gibt auch keine Weibchen, die er losschicken könnte. Das er selbst gejagt hat, ist schon lange her. Aaron lauscht in das Unterholz hinein, die Nase hält er in den Wind. Da gibt es viele Arten von Flügelpickern und ein Bau voller Nagezähnen muss ganz in der Nähe sein. Aaron kann sie unter der Erde graben hören. In der ganzen Umgebung riecht es nach ihrem Kot und Urin. Er meint sogar einen Nagezahn ganz in der Nähe zu wittern, er bewegt sich durch das Unterholz und knabbert am wenigen Grass, das hier unter dem dichten Blätterdach wächst. Ein Nagezahn ist zwar nur eine Zwischenmahlzeit, aber zumindest würde es Fang sattmachen. „Still Junge, hörst du das?“, sagt Aaron in einem verführerischen Tonfall.

Fang unterbricht sein Wehklagen, mit frischen Tränen in den Augen schaut er sich um, seine Ohren sondieren die Umgebung.

Aaron senkt seinen Kopf bis tief auf die Erde, jetzt kann er seinem Sohn in die Augen sehen. Flüsternd sagt er: „Da sitzt ein Nagezahn im Gebüsch. Kannst du hören, wie er am Grass nagt?“

Fang richtet seine Ohren auf das Gebüsch aus. Ein Lächeln legt sich auf seine Lefzen, er macht sich ganz klein, so flach wie möglich, legt er sich auf die Erde. „Ja Papa“, sagt er leise.

„Pass auf, ich schleiche um das Gebüsch herum und versperre ihm den Fluchtweg. Du springst in den Busch und treibst es in meine Richtung!“

„Au ja!“ Fangs schaut angriffslustig, er behält seine geduckte Haltung bei.

Aaron nickt seinem Jungen zu, dann schleicht er davon.
 

Fang bleibt am Boden hocken. Er sieht dem Vater nach, der in einem großen Bogen das Gebüsch umrundet. Obwohl seine Pfoten so groß sind, machen sie keine Geräusche mehr. Er umgeht jeden trockenen Ast und alles, was ihn verraten könnte.

Fang muss immer wieder darüber staunen, wie leichtfüßig sich dieser große Löwe durch das Unterholz bewegen kann. Schließlich ist Aaron im Dickicht verschwunden.

Fang wartet noch einen Moment, bis er sich ganz sicher ist, dass sein Vater in Stellung gegangen ist. Er lauscht nach dem Nagezahn. Da, direkt vor ihm, nur eine Sprunglänge entfernt, da muss er sitzen. Fang kann genau hören, wie er über einen Ast steigt und dieser unter seinem Gewischt nachgibt. Das muss ein wirklich fetter Brocken sein. Fang läuft schon beim Gedanken an das zarte Fleisch, dass Wasser im Maul zusammen. Es gibt doch nichts was besser schmeckt, als Nagezahn zum Mittag. Fang duckt seinen Oberkörper tiefer, den Hintern hebt er hoch und wackelt angespannt mit ihm, dann macht er einen Satz nach vorn, hinein in den Busch. Direkt vor dem Nagezahn landet er auf allen vier Pfoten.

Das Tier mit den langen Löffelohren, streckt den Kopf in seine Richtig, er schnuppert, dann richtet er sich auf die Hinterpfoten auf. Jetzt ist er genau so groß wie Fang. „Was soll das werden, Löwenjunges?“, fragt der Nagezahn.

Irritiert bleibt Fang genauso hocken, wie auf der Erde aufgekommen ist. Er hat fest damit gerechnet, dass der Nagezahn in wilder Flucht vor ihm davon rennt, und seinem Vater direkt in die Arme läuft. So ist er es von den Nagezähnen im Jagdgrund gewohnt. Dieser hier verhält sich merkwürdig.

„Geh wo anders spielen!“, sagt er und hockt sich wieder ins Laub. Seine Stupsnase durchstöbert den Boden und findet schließlich einen Flecken Gras. Freudig nagt er ihn ab.

„Lauf gefälligst weg!“, sagt Fang aufgebracht und macht einen Buckel um groß und bedrohlich zu wirken.

Der Nagezahn schaut nicht einmal auf, er frisst einfach weiter.

Das ist doch nicht zu fassen! Dann muss Fang wohl selbst ernst machen. Er nimmt Anlauf und springt dem Beutetier auf den Rücken. Seine Krallen fährt er weit aus, das Maul reißt er auf.

Der Nagezahn macht einen Satz zur Seite und richtet sich auf.

Fang verfehlt ihn ganz knapp, er will schon zu einem neuen Sprung ansetzen, als ihn die kräftigen Hinterläufe des Nagezahns mitten ins Gesicht treffen.

Seine Wange beginnt zu schmerzen. „Au, hey!“, beklagt sich Fang und weicht zurück.

Immer wieder springt der Nagezahn mit den Hinterläufen voran auf ihn zu. Er trifft ihn am Kopf, in die Flanke, am Hinterbein. Fang hat nicht gewusst, dass diese Tiere so kräftig zutreten können. Jeder neue Hieb dieser Läufe schmerzt entsetzlich. Fang sieht nur noch weiße Pfoten, die immer wieder aufs Neue auf ihn eintreten. Das ist eindeutig zu viel. Seinen leeren Magen zum Trotz, ergreift er die Flucht, raus aus dem Unterholz und über den Trampelpfad davon.

Der Nagezahn bleibt ihm dicht auf den Fersen und verfolgt ihn, mit den Hinterläufen voraus.

Schreiend rennt Fang über den Weg ins Dickicht, wieder heraus, wieder hinein, aber der Nagezahn lässt sich einfach nicht abschütteln.
 

Aaron liegt Abseits vor dem Gebüsch. Schon viel zu lange wartet er hier. So langsam müsste der Nagezahn sich blicken lassen. Was treibt sein Sohn im Gebüsch so lange? Aaron glaubt sogar eine Unterhaltung mit dem Beutetier zu hören, aber kann das wirklich sein? Warum hält Fang sich mit so etwas auf? Ein knacken und Rascheln folgt, ein Kampf scheint im Unterholz ausgebrochen zu sein. Gespannt betrachtet Aaron das Blätterwerk und hofft etwas erkennen zu können. Ist es jetzt vielleicht schon so weit? Wird Fang heute sein erstes Beutetier selbst erlegen? Das wäre ja zu schön um wahr zu sein!

Laute Schrei sind zu hören, doch sie klingen nicht nach einem Nagezahn. Aaron macht im Augenwinkel eine Bewegung auf dem Trampelpfad aus. Er erhebt sich, um über die Hecke hinwegblicken zu können. Fang rennt dort in wilder Flucht vor einem langohrigen Nagezahn davon. Das Beutetier ist ihm dicht auf den Fersen und schlägt immer wieder mit seinen Hinterbeinen nach ihm. Er muss ihn schon einige Male getroffen haben, denn sein Fell ist an vielen Stellen plattgedrückt.

Aaron seufzt ergeben. Seine Hoffnung, aus Fang könnte doch noch ein guter Jäger werden, sind dahin. Bisher hat dieses Junges nicht einmal einen Schmetterling fangen können, wie konnte er da erwarten, dass er es mit einem Nagezahn aufnehmen kann. Der ganze aufgekommene Stolz verlässt den Vater, er beobachtet die Flucht seines Sohnes noch einen Moment lang, dann springt er über die Hecke und dem Nagezahn direkt in den Rücken. Unter seinen großen Pranken geben die Knochen des Beutetieres nach. Ein gequältes Stöhnen entkommt der Kehle des Nagezahns. Es strampelt mit den Vorderläufen, während seine Hinterläufe unnatürlich nach unten weggleiten. Aaron nimmt den ganzen Kopf des Nagezahns ins Maul und legt ihm seine Zunge über Mund und Nase. Die Gegenwehr des Beutetieres dauert nur wenige Minuten, dann bleibt es schlaff liegen. Aaron wartet noch einen Moment, dann gibt er den Kopf wieder frei.

Fang ist unterdessen in einiger Entfernung stehen geblieben. Völlig außer Atem, senkt er den Blick, er wagt es nicht seinem Vater ins Gesicht zu sehen, als er langsam zu ihm getrottet kommt. „Es wollte einfach nicht weglaufen“, sagt er zerknirscht.

Aaron sieht seinen Sohn nur einen Moment lang an, dann reißt er dem Nagezahn den Rücken auf und beginnt damit ihm das Fleisch von den Knochen zu ziehen. Er schlingt die ersten Bissen hinunter.

„Papa? Es tut mir leid“, sagt Fang, während er näher kommt.

Wieder sagt Aaron nichts, er frisst an dem Nagezahn bis auch das letzte Fleisch vertilgt ist.

„Hey, was ist mit mir?“, fragt Fang. Aufgebracht läuft er die letzten Schritte schneller, doch als er ankommt sind nur noch Haut und Knochen übrig. Bitterböse sieht er seinen Vater an.

Aaron leckt sich einmal quer über die Lefzen und sagt dann: „Mit einem leeren Magen jagt es sich besser. Du willst fressen, dann fang dir einen Nagezahn!“

Aaron erhebt sich. Den entsetzt Blick seines Sohnes ignoriert er und läuft langsam weiter, so muss er seinem Sohn nicht länger anschauen. Es schmerzt ihn und geschmeckt hat ihn diese Mahlzeit auch nicht, aber wer weiß, wie lange er noch für Fang da sein kann. Wenn die Weißen hinter ihnen her sind, kann Aaron morgen schon tot sein. Fang muss jetzt schnell lernen und er weiß keinen besseren Weg, als diesen.
 

Fang bleibt neben dem vertilgten Nagezahn stehen. Er dreht ihn von einer zur anderen Seite, doch sein Vater hat ihm nichts übrig gelassen. Trotzdem leckt Fang jeden Knochen noch einmal ab. Das schmeckt so gut, wenn es nur genug wäre, um seinen Magen zu füllen.

Sein Vater legt sich in einiger Entfernung ins Laub, den Kopf bettet er auf seinen Pranken und schließt die Augen. Er gibt vor zu schlafen, doch seine Ohren sondieren unaufhörlich die Umgebung. Auch seine Nase bewegt, unter tiefen Atemzügen.

Sie werden also erst einmal hier bleiben, schlussfolgert Fang, doch so wie Aaron sich platziert hat, wird er nicht eine Pfote rühren, um ihm beim Jagen zu helfen. Das ist so gemein! Fang zieht ein Schmollmaul. Er knabbert noch ein bisschen an den Knochen herum, dann weht ihm ein unwiderstehlicher Duft in die Nase. Ganz nah muss noch einer dieser Nagezähne sein. Irgendwo hinter ihm. Fang dreht sich um. Im Augenwinkel nimmt er eine Bewegung war, doch als er sich darauf ausrichtet, ist dort nichts, außer ein Loch im Boden.

Nagezähne wohnen unter der Erde, erinnert er sich. Sicher haben sie dort einen Bau und wo ein Bau ist, da sind auch Jungtiere. Die Kinder der Nagezähne sind blind und hilflos, die können ihm gar nicht entkommen. Fang springt auf die Pfoten und läuft zum Loch, er schaut hinein. Es ist dunkel dort drin, der Eingang ist viel zu klein, doch der unwiderstehliche Duft nach Nagezahn ist hier noch stärker. Fang beginnt zu graben. Die wunden Pfoten spürt er gar nicht, nur der Duft nach leckerem Nagezahn erfüllt ihn. Immer tiefer buddelt er sich ins Erdreich. Der Eingang wird breiter, endlich passt Fang hindurch. Er zwängt sich durch die Röhre die die Nagezähne gegraben haben. Von oben dringt Licht durch kleine Risse in der Erde. Fang kann eine große Kammer direkt vor sich ausmachen. In ihr hockt ein großer Schatten, direkt vor vielen kleinen. Das müssen die Jungtiere sein, auf die er es abgesehen hat. Fang leckt sich über die Lefzen. Der betörende Duft ist hier am stärksten, er meint das saftige Fleisch bereits schmecken zu können. Nur noch ein kleines Stück, dann hat er das Nest erreicht.

Der große Schatten hockt nun direkt vor ihm. Er zittert und stinkt nach Angst. „Bitte, nicht auch noch meine Jungen, ihr habt doch schon meinen Mann gefressen. Seid ihr davon nicht satt geworden?“, fiept eine weiblich klingende Stimme.

Fang hält inne. Die Worte des Nagezahns bringen ihn zum Nachdenken. Sicher hat dieses Weibchen zugesehen, als sein Vater das Nagelzahnmännchen getötet und aufgefressen hat. Sie war sicher der Schatten den Fang im Augenwinkel wahrgenommen hat. Das war bestimmt kein schöner Anblick für sie gewesen und nun ist Fang hier und trachtet auch noch ihren Jungen nach dem Leben. Aber sie sind nun mal wirklich leichte Beute. In Fang kämpft Mitleid gegen Hunger. Er ist einer Mahlzeit so nah. Dort hinten bewegen sich mindestens sieben Schatten. Sicher kann das Nagelzahnweibchen zwei oder drei davon entbehren. „Gib mir nur drei Jungtiere, dann bin ich Satt und verschone den Rest!“, sagt Fang, während ihm der Sabber aus dem Maul läuft.

„Drei? Wie soll ich drei meiner Kinder auswählen? Sie sind mir alle liebe und teuer“, sagt das Nagezahnweibchen mit zitternder Stimme.

Fang muss an die Jungen seines Rudels denken. Hätte er drei von ihnen auswählen können, um die anderen zu retten? „Na gut, dann nur eines!“, sagt er.

Das Nagezahnweibchen bleibt einen Moment still, dann kommt sie ein Stück näher: „Wenn ihr nur eines wollt, lieber Löwe, dann nehmt mich. Von den Jungen wertet ihr nicht satt und dann kommt ihr Morgen wieder und holt das nächste.“

„Aber ohne euch, werden sie alle sterben“, sagt Fang und betrachtet die Jungtiere. Sie quietschen verängstigt und drängen sich aneinander. Ihre Augen sind noch geschlossen und das Fell wächst ihnen nur Punktuell an wenigen Stellen. Sie brauchen die Milch der Mutter, um sich weiter entwickeln zu können und saftige Nagezähne zu werden.

„Dann bitte versteht doch, dass ich keine Wahl treffen kann. Nehmt was ihr braucht und dann geht und lasst mich trauern!“, sagt sie.

Jetzt ist es auf einmal Fang der eine Wahl treffen soll? Die Fette Nagezahnmutter oder ihre Jungtiere, oder alle? Was wäre denn das freundlichste? Fang weiß sich keine Antwort. Er schaut noch einmal alle an, dann sagt er: „Wir haben euch schon etwas genommen. Dass muss reichen.“ Rückwärts kriecht er aus der Röhre hinaus. Endlich wieder im Freien, schüttelt er sich den Dreck aus dem Fell, dann trottet er langsam zu seinem Vater zurück. Obwohl er noch immer Hunger hat, schleicht sich dennoch ein gutes Gefühl in Fangs Herz.

Aaron hebt den Kopf, er sieht ihn fragend an.

Fang bleibt vor ihm stehen, er setzt sich und lächelt, als er sagt: „Ich bin satt, wir können weiter.“

„Wirklich?“, fragt Aaron ungläubig.

„Ja, da drin war ein ganzes Nest mit Jungtieren. Die konnten sich noch nicht wehren und waren sehr lecker.“

Noch einmal betrachtet Aaron seinen Sohn prüfend, schließlich erhebt er sich. „Nun gut, dann gehen wir weiter.“ Er wendet sich und geht voraus.

Fang wirft noch einmal einen Blick zurück.

Aus dem Loch in der Ferne schaut das Nagezahnweibchen. Seine Nasse zittert, sie schaut in seine Richtung.

Fang nickt ihr zu, dann trottet er seinem Vater nach. Auf ihrem Weg schaut er immer mal wieder zurück. Das Weibchen hat den Bau verlassen und ist zu ihrem Mann gehoppelt. Sie stellt sich vor ihm auf die Hinterläufe, faltet vor sich die Vorderpfoten und senkt den Kopf. Sie murmelt etwas, während ihr Tränen aus den Augen laufen.

Zum ersten Mal sieht Fang, wie Beutetiere einander verabschieden. Es ist genau so, wie es die Löwen tun. Sie weinen auch.

Nachdenklich trottet Fang seinem Vater nach, irgendwann hält er seine wirren Gedanken nicht mehr aus und fragt: „Tun dir die Beutetiere manchmal leid?“

Aaron läuft langsamer, er lässt Fang aufholen. „Was meinst du?“, fragt er.

„Na hast du schon mal ein Beutetier verschont, weil es um sein Leben gebeten hat?“

„Du hast in dem Bau nichts gefressen, oder?“

Fang senkt den Blick. „Sie hat doch schon ihren Mann verloren, wie konnte ich ihr da noch die Jungen nehmen?“

„Ach Fang. Du bist genau so sanft wie deine Mutter.“ Aaron hebt seinen Blick und schaut in den Himmel. „Sie konnte auch nur Beute töten, die verletzt oder alt war.“ Sein Vater lächelt einen kurzen Moment, dann wird er wieder ernst. Er beugt sich zu Fang herab, um ihm direkt in die Augen sehen zu können. „Das ist okay, wenn wir in einem Rudel sind, da können wir uns diesen Luxus leisten. Aber jetzt auf der Flucht, wird dein Magen leer bleiben, wenn du Mitleid mit der Beute hast. Dann bist du es am Ende, von dem die Schwarzfedern die Reste abpicken.“

Fang schaut nachdenklich vor sich hin. Sein Vater hat Recht, Fangs Magen ist leer und tut noch immer weh. Vielleicht hätte er ja doch das Angebot des Nagezahnweibchens annehmen und sie fressen sollen. Das wäre ein fetter Brocken gewesen. Mit den Jungen zusammen, wäre er lange satt gewesen und hätte nicht jagen müssen. Andere Beutetiere wären dann sicher gewesen. Vielleicht muss ja doch einer sein Leben lassen, damit ein andere überlebt?

„Wenn man von den Schwarzfedern spricht. Da oben fliegt schon einer“, sagt Aaron und blickt in den Himmel. „Komm beeilen wir uns besser! Wenn die auftauchen ist Ärger nicht weit.“ Aaron beschleunigt seine Schritte. In schnellen Sprüngen setzt Fang ihm nach.

~Der Schatten im See~

Die Sonne steht hoch am Himmel und prasselt unbarmherzig auf uns herab. Kein Baum, kein Strauch oder Felsen in Sicht, der uns Schatten spenden könnte. Meine Pfoten schmerzen, ich habe bestimmt schon fünf oder sechs spitze Steine herausgezogen. Warum kann dieser verdammte Boden nicht so schön glatt sein, wie bei uns auf dem Plateau? Ich schaue in die Ferne.

Der Schneeberg ist noch immer so weit weg, wie zu Beginn unserer Reise. Kommen wir denn gar nicht näher?

Lun-Lun fliegt neben mir her, er sieht kein bisschen erschöpft aus. „Sollen wir wieder zurückgehen?“, fragt er.

Ich schaue hinter uns. Unser Horst scheint mir genau so weit weg zu sein, wie der Schneeberg. „Nein!“, sage ich.

„Dann lass uns zumindest eine Rast einlegen. Ich schau mich mal um!“, sagt Lun-Lun. Er schlägt mit den Flügeln und steigt höher auf.

Ich halte inne und sehe ihm nach. Wie gut er es hat. Ohne mich wäre er sicher längst am Schneeberg angekommen.

Lun-Lun hält in der Luft an, er sieht sich um. Mit der Pranke deutet er direkt vor uns. „Da, da ist ein kleiner See, dort können wir trinken und vielleicht finden wir auch was zu fressen. Ich habe langsam echt Kohldampf.“ Er lässt sich zu mir herabsinken.

Ich versuche in der Ferne etwas zu erkennen, doch für mich ist hier nur staubtrockener Boden ohne Vegetation zu sehen. „Bist du dir sicher, dass da vorn ein See ist?“, frage ich meinen Bruder, als er vor mir zur Landung ansetzt.

„Ja klar, ist auch gar nicht weit.“

„Ja, wenn man fliegen kann vielleicht.“ Mein Blick bleibt an Lun-Luns kräftigem Rücken hängen. Mir kommt eine Idee. Ich mache einen Satz auf ihn zu und klettere ihm zwischen die Flügel.

„Hey, was soll das werden?“, fragt er.

Ich deute mit der Kralle nach Norden. „Los, flieg! Bring uns zu dem See! Flieg so hoch du kannst, damit ich auch weiß, wie das ist!“

„Aber du bist doch viel zu schwer.“

„Versuch es!“

„Na gut.“ Lun-Lun schlägt kräftig mit den Flügeln. Wind erhebt sich um uns herum, er wirbelt den staubtrockenen Boden auf. Mein Fell wird von einer kühlen Priese gelüftet. Das tut gut. Ich recke den Kopf nach vorn, über Lun-Luns Hörner hinweg. Aufgeregt hüpfe ich auf und ab. „Los, hoch, höher!“

Mein Bruder schnaubt, er schlägt kräftiger mit den Flügeln. Seine Pranken lösen sich vom Boden. Eine Staubwolke hüllt uns ein. Stück für Stück kämpft sich Lun-Lun in die Höhe. Die Sicht wird besser, je weiter wir uns vom Boden entfernen. Während der Staub zurück zur Erde fällt, fliegen wir endlich.

„Du, bist echt schwer!“, schnaubt mein Bruder. Seine Flügel schlagen ruckartig, sein Atem geht stoßweise. Wir steigen nur langsam höher.

Die Sicht wird weiter, am Rand des Horizontes zeichnen sich Bäume ab. In ihrer Mitte glänzt es silbrig. Sicher der See, von dem Lun-Lun gesprochen hat.

Ich klettere meinem Bruder auf die Hörner, um noch besser sehen zu können. Ja, da ist ganz eindeutig Wasser zwischen den Bäumen. Ich hüpfe vor Freude.

Mein Bruder wackelt mit dem Kopf, sein Flug wird unruhig. „Hey, hör auf!“, schimpft er. Wild rudert er mit den Flügeln, sein Schwanz schlägt hin und her, um das Gleichgewicht wieder zu finden. Wir verlieren an Höhe. Steil geht es dem Erdboden entgegen.

Ich kralle mich in die Schuppen und beiße mich in Lun-Luns Horn fest. „Zieh hoch, zieh hoch! Der Boden, der Boden!“, kreische ich.

Lun-Lun schlägt kräftig mit den Flügeln, er bremst den Sturz und streckt alle vier Pfoten aus. Seine Ballen berühren die Erde, mit den Hinterpfoten drückt er sich ab und nutzt den Schwung, um wieder in die Luft zu kommen. Es gelingt ihm Abstand zu gewinnen. Wir fliegen.

Ich lasse sein Horn los und recke den Kopf in den Wind, meine Zunge lasse ich aus dem Maul hängen. Sie flattert, das fühlt sich wunderbar nach Freiheit an. Meine Krallen löse ich aus seinen Schuppen Bruders und stelle mich aufrecht. Ich schließe die Augen und stelle mir vor, große mächtige Flügel zu haben. Sie tragen mich durch den Himmel. Ich reite auf dem Wind und …

Wir werden langsamer.

Ich schaue auf. Der Boden ist direkt unter Lun-Luns Pfoten, er berührt ihn mit den Krallen, sie verhaken sich darin. Wir werden so abrupt gebremst, dass sich Lun-Lun überschlägt und ich von seinem Kopf geschleudert werde.

Ich rolle einige Male über mich selbst und bleibe auf weichem Gras liegen. Alles dreht sich, auch die Sonne scheint sich zu überschlagen.

„Au, au, au!“, jammert Lun-Lun. Er liegt wenige Meter vor mir. Sein Blick trifft mich vorwurfsvoll. „So was, machen wir nie wieder, verstanden!“

„Ja, ist ja schon gut“, sage ich und schaue mich um.

Kleine Sträucher erheben sich hinter mit. Das Gras wird zu einem dichten Teppich. Je weiter zurück ich schaue, umso mehr Bäume kommen dazu. Ich halte die Nase in den Wind. Es riecht tatsächlich nach Wasser. Wir sind schon da? Fliegen ist wirklich praktisch. „Komm schauen wir nach, ob es hier was für uns zu holen gibt!“, schlage ich vor und springe auf die Pfoten.

Auch Lun-Lun rappelt sich auf. Er prüft seine Flügel. Von ein paar Schrammen abgesehen, scheinen sie unverletzt zu sein. Langsam kommt er mir nachgelaufen.

Das weiche Gras kühlt meine wunden Pfoten. Als wir die ersten Bäume erreichen, schützt uns ihr Blätterdach vor der Sonne. Wenn uns jetzt noch ein Beutetier über den Weg läuft, ist das der perfekte Ort für eine Pause.

Ich spitze die Ohren. In der Baumkrone direkt über mir summen Stichlinge, der Geruch ihres süßen Honigs steigt mir in die Nase. Ich bin versucht stehen zu bleiben, doch den Stichen dieser Biester habe ich nichts entgegen zu setzen. Es gibt sicher leichtere Beute.

Der Geruch des Wassers wird immer intensiver. Zwischen den Büchen, kann ich es bereits glitzern sehen. Ich beschleunige meine Schritte.

Wir erreichen den See, er breitet sich über den ganzen Horizont aus. Seine Ränder sind mit Schilf zugewachsen. Flossenträger springen aus seinen Tiefen in die Luft. Ihr Schuppen glänzen silbern.

Das ist es – ein Flossenträger. Ich wate ins flache Wasser und ducke mich ins Schilf. Regungslos verharre ich und beobachte die Wasseroberfläche.

Ein länglicher Schatten kommen näher. Das Licht bricht sich in den Schuppen. Was für ein Brocken. Er ist genau so groß wie ich lang bin. Den muss ich einfach haben.

Mir läuft das Wasser im Maul zusammen. „Ja, komm her, nur noch ein kleines Stück“, flüstere ich und grabe meine Krallen in den weichen Boden. Ich werde den Halt brauchen.

„Was machst du da?“, fragt Lun-Lun laut.

Der Flossenträger schlägt mit der Schwanzflosse kräftig aus. Wasser spritzt mir ins Gesicht. In wilder Flucht schwimmt er davon.

Ich drehe mich nach meinem Bruder um, finster sehe ich ihn an. „Du Idiot!“, schimpfe ich.

„Was denn?“

„Da war ein ganz Großer und du hast ihn verscheucht!“

Lun-Lun runzelt die Stirnschuppen, er lässt die Zunge aus dem Maul hängen. „Bäh, Flossenträger!“

Stimmt ja, er mag ja nichts mit Schuppen fressen, doch das dämpft meine Wut nicht. „Ich mag sie aber sehr gern und du bist schuld das er weg ist. Los geh, du störst nur!“ Ich senke den Kopf und stoße meinen Bruder ans Ufer.

Lun-Lun macht einen Satz zurück. „Ist ja schon gut, dann jag du eben diese widerlichen Dinger, mir liegt mehr der Sinn nach etwas mit Fell.“ Lun-Lun schwingt sich in die Luft. Er verschwindet zwischen den Bäumen.

Ich wende mich wieder der Wasseroberfläche zu. Die länglichen Schatten sind weit hinten. Der Flossenträger von vorhin muss sie gewarnt haben. Am Ufer auf sie zu warten, ist sinnlos. Dann werde ich mir das Fell wohl nassmachen müssen. Bei dem langen Weg durch die Sonne ein reizvoller Gedanke.

Ich laufe ins Wasser bis nur noch mein Kopf herausschaut.

Das kühle Nass dringt durch mein Fell, mein überhitzter Körper erschaudert. Ich brauche einen Moment um mich an die neue Temperatur zu gewöhnen. In der Ferne springen die Flossenträger, als wollten sie mich verhöhnen. Na denen werde ich es zeigen. Ich mag nicht fliegen können, aber im Schwimmen macht mir keiner etwas vor. Noch ein kräftiger Atemzug, dann stürze ich mich kopfüber in den See. Mein seidiges Fell legt sich eng an den schlanken Körper. Ich ziehe die Beine ein. Einem Ohnebein gleich schlängle ich mich durch das Wasser und werde immer schneller. Eine Gruppe Flossenträger ist direkt voraus. Kräftiger schlage ich mit meinen langen Schwanz.

Die Flossenträger schauen in meine Richtung, sie erstarren.

Ich suche mir den bunten aus, mit der zu kleinen Seitenflosse, es ist der große von eben. Das Maul weit aufgerissen, ziehe ich meine Pranken im letzten Moment nach vorn und schlage sie in das Fleisch meiner Beute. Meine Zähne grabe ich tief in das Muskelfleisch des Nackens. Warmes Blut füllt meine Mundhöhle, es schmeckt herrlich.

Der Flossenträger zappelt, er schlägt wild um sich.

Noch fester packe ich ihn im Genickt und schlage auch meine Hinterpfoten in seinen Körper. Ich ziehe meine Krallen durch sein Fleisch und reiße ihm die Flanken auf, wieder und wieder. Sein Blut färbt das Wasser um uns herum rot. Eine Wolke aus Wohlgeschmack umgibt uns. Je weiter ich in seinen Köper vordringe, umso weniger wird seine Gegenwehr. Schließlich ist kein Leben mehr in Flossenträger, dafür ein schwebe ich in seinem Blut. Zufrieden mit mir schaue ich mich um. Wo war gleich noch mal das Ufer?

Durch die Blutwolke hindurch kann ich einen Schatten aus der Tiefe aufsteigen sehen. Etwas Großes steigt auf. Ein langer Körper, mit seidigem weißem Fell. Er hört gar nicht mehr auf, reicht aus den tiefen bis unter die Wasseroberfläche. Gewundene Hörner geben einen Hinweis auf den Kopf des Giganten. Unter ihnen sitzen zwei große hellblaue Augen, sie starren mich an.

Ich lasse vor entsetzten den Flossenträger los. Er sinkt in die Tiefe.

Was da vor mir im Wasser steht, das sieht aus wie mein erwachsenes Spiegelbild. Das gibt es doch nicht, oder doch? Ich kann nicht wegsehen. Diese blauen Augen, das weiße Fell, die langen Barthaare und die gewundenen Hörner. „Vater?“, formt mein Maul eine stumme Frage.



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Kommentare zu dieser Fanfic (15)
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Von:  Regina_Regenbogen
2020-06-12T18:53:15+00:00 12.06.2020 20:53
Ich finde es cool, dass du den verschiedenen Tieren Namen gegeben hast, die zu der Weltsicht der Protagonisten passt, also Nagezhn statt Hase und Flossenträger statt Fisch. :)
Antwort von:  Regina_Regenbogen
12.06.2020 20:53
Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht! 😀
Antwort von:  Enrico
14.06.2020 08:42
Das mit den Tiernamen fand ich selbst auch mal was anderes. Eigentlich hätte ich dann den Drachen und Löwen auch noch einen eigenen geben können, aber naja^^, da sollte dann keine Verwirrung aufkommen, was gemeint ist. Freut mich sehr, dass auch dir die Geschichte so gut gefallen hat.
Von:  Regina_Regenbogen
2020-06-12T18:18:37+00:00 12.06.2020 20:18
Oh Fang ist so süß! ❤
Die Geschichte ist echt interessant. 😊
Antwort von:  Enrico
14.06.2020 08:41
Ja Fang fand ich auch einfach nur süß, gerade in der Szene mit dem Nagezahn^^.
Von:  Boahencock-
2020-06-12T06:56:40+00:00 12.06.2020 08:56
Damit hab ich jetzt nicht gerechnet! Ein neues Kapitel.🙂🙂🙂

Was soll ich sagen. Sie ziehen es anscheinend durch. Um an den Berg zu kema.
Er sieht sein erwachsenes Spiegel Bild?🤔🤔🤔🤔
Na da bin ich gespant wie es weiter geht.😼😉😼
Antwort von:  Enrico
14.06.2020 08:41
Ja, deine vielen Kommentare zur Geschichte waren mir ein Ansporn zumindest das unfertige Kapitel zu beenden. Danke dafür.
Antwort von:  Boahencock-
14.06.2020 09:15
Ist ja auch sehr interesant,.wenn mir was gefählt dann lese ich es zu 100% zu Ende und käse ein Komi da.😼😉
Von:  Boahencock-
2020-06-10T03:36:55+00:00 10.06.2020 05:36
Isekil ist ein stur Kopf er will auch ohne Flügel von der Klippe springen. Und die Anweisung seines Vaters Befolgt er nicht. Lun Lun ist seinen Bruder gefolgt. Oh je dann ist er auch noch stecken geblieben. Gott sei dank hat in sein Bruder befreit. Isekil will ernsthaft abhauen und andere Drachen suche die so sind wie er🤔🤔 Lun Lun kommt als Aufpasser mit gute Idee. Na da bin ich gespant wie es weiter geht. 😼😉😼
Antwort von:  Enrico
10.06.2020 16:18
Hallo Boahencock

vielen Dank für dein Interesse an dieser Gesichte. Damit hatte ich ehrlich gesagt gar nicht mehr gerechnet. Es freut mich sehr, dass sie dir so gut gefällt.
Antwort von:  Boahencock-
10.06.2020 16:59
Als ich dein FF gefunden habe muste ich anfangen zu lesen, konnte aber dann nicht mehr aufhören. Ich hoffe das noch mehr kommt.😼😉😼
Antwort von:  Enrico
10.06.2020 17:04
Das hoffe ich erhlich gesagt auch. Leider komme ich schon seit einigen Jahren nicht wirklich voran damit, auch weil mein Hauptprojekt bei meiner Romanreihe "Die Wölfe" liegt. Ich habe zwar noch ein angefangenes Kapitel, aber das will sich irgendwie auch nicht schreiben. Ich hoffe das mir Isekil und Fang bald mehr über sich erzählen und ich diese Gesichte auch fortsetzen kann.
Von:  Boahencock-
2020-06-10T03:34:44+00:00 10.06.2020 05:34
Wenigstens machen sie eine Pause. Der Dorn hat zwar weh getan aber so bekommt Fang seine Pause

Dieser Nagezahn hat es ganz schön faustig hinter den Ohren.

Das war jetzt aber gelogen.
Fang bleibt vor ihm stehen, er setzt sich und lächelt, als er sagt: „Ich bin satt, wir können weiter.“
Fang hat einfachcein gutes Herz.
Dann must du halt mit leeren Magen weiter laufen.
Dann wiesen wir wenigstens wo er das her hat. Seine Mutter war genau so.

Bin gespant wie es weiter geht.
Vieleicht stoßen der Drache und der Löwe aufeinander.🤔🤔🤔
😼😉😼
Von:  Boahencock-
2020-06-10T03:34:34+00:00 10.06.2020 05:34
Wenigstens machen sie eine Pause. Der Dorn hat zwar weh getan aber so bekommt Fang seine Pause

Dieser Nagezahn hat es ganz schön faustig hinter den Ohren.

Das war jetzt aber gelogen.
Fang bleibt vor ihm stehen, er setzt sich und lächelt, als er sagt: „Ich bin satt, wir können weiter.“
Fang hat einfachcein gutes Herz.
Dann must du halt mit leeren Magen weiter laufen.
Dann wiesen wir wenigstens wo er das her hat. Seine Mutter war genau so.

Bin gespant wie es weiter geht.
Vieleicht stoßen der Drache und der Löwe aufeinander.🤔🤔🤔
😼😉😼
Von:  Boahencock-
2020-06-09T20:04:14+00:00 09.06.2020 22:04
Arme Zaba sie tut mir richtig leid.
Den der weiße Löwe steckt eine Frage die sie nicht beantworten kann.

Wie jetzt, was soll das denn soll jetzt ernsthaft der kleine geipferd werden.
Aaron du machst das einzig richtige, deinen kleinen zu beschützen.

Wasssssssss haben sie seine Frau geholt und jetzt wollen sie imm das einzige was er noch hat weg nehmen.🥺

Ohhh das ist aber lieb, Fang sieht zu seinen Vater auf.😄
Wird immer Intetesanter.😼😉😼
Von:  Boahencock-
2020-06-09T19:35:09+00:00 09.06.2020 21:35
Großvaters Geschichten, Nerven schon langsam, würde mir auch so gehen. Aber wenn die Mutter darauf besteht dann muss mann da halt durch hilft alles nichts.

Das ist aber vom Großvater aber nicht net, immer wieder zu erwähnen das im noch keine Flügel gewachsen sind🥺

Wer weiß ob in dir der schwarzepander ist?🤔🤔🤔
Na da bin ich gespant wie es weiter geht.😉😼😉

Von:  Boahencock-
2020-06-09T19:12:46+00:00 09.06.2020 21:12
Ein klasse Kapitel! Für den Anfang nicht schlecht.
Bin gespant wie es weiter geht.😼😉😼
Von:  Phinxie
2016-04-28T19:27:35+00:00 28.04.2016 21:27
Hm... also, den Anfang finde ich jetzt schon mal recht interessant :)

Alleine schon die Idee, Katzen gegen Drachen kämpfen zu lassen finde ich persönlich mal etwas Neues, was man noch nie vorher gelesen hat. Außerdem mag ich Drachen UND Katzen und somit sollte dies wohl eine schöne Geschichte für mich sein :D

Dein Schreibstil ist flüssig zu lesen und anschaulich - alleine schon mit den ersten beiden Kapiteln baust du eine Spannung in der Form von vielen Fragen auf: Was wird mit unserem Hauptprotagonisten geschehen? Wenn seine Mutter behauptet, nicht fremde gegangen zu sein, warum schaut er dann so aus? Und warum ist da überhaupt kein Interesse an den alten Drachengötter? Liegt da noch etwas anderes hinter?
Ich werde deine Geschichte mal verfolgen und schaue, ob sich einige meiner Fragen (insbesondere die letzte) noch beantworten werden... ^^

LG,
Nymphy ^_^
Antwort von:  Enrico
29.04.2016 14:18
Hallo Nymphy,

erst mal vielen Dank für dein Interesse und dein Kommi. Es freut mich wirklich, dass dir die Geschichte bis zu diesem Punkt gefällt. Bisher hatte ich noch nicht die Zeit sie weiter auszubauen, da ich mich um mein Großprojekt gekümmert habe. Aber nach deinem Kommi habe ich wieder Lust darauf bekommen.

Ich versuche auch Themen zu finden, die nicht in jeder Geschichte vor kommen. Gerade was Fantasygeschichten angeht, gibt es ja alles schon mal irgendwie^^. Freut mich, dass es mir gelungen ist da etwas neues zu erschaffen.

Wölfige Grüße
Enrico
Antwort von:  Boahencock-
09.06.2020 21:20
Ja das ist halt mal was anderes katzen gegen Drachen. Sehr interesant.😉😼😉


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