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Der Himmel läuft rot an …

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Zum Valentinstag!
Für jeden, der Flirten für eine Technik beim Fliegenfischen hält. Komplett anzeigen

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die ferne wird greifbar


 

Zimmer ohne Zeit

ich bin noch ziemlich klein, als ich merk': mir geht das ticken auf den geist | jede uhr wird an wände geschmissen bis sie schweigt | in mein kinderzimmer schleicht sich kein ziffernblatt mehr ein | hier bin ich frei

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[JUSTIFY]Der Sekundenzeiger bewegte sich wild im Kreis, rasant drehte er seine Runden über das Ziffernblatt hinweg und zuckte hart unter seiner Rastlosigkeit, doch die Minuten standen still, trostlos in ihrer Sprachlosigkeit und kein Hauch von Leben bewegte ihren zu langen Zeiger, nicht ein Mal. Die Zeit stand wie in die Bahnhofsuhr gemeißelt fest, das Gleis war eine Zone klebriger Trägheit, der keine Uhr entkam. Selbst die Luft in seinen Lungen diente nicht mehr als Zeitmesser, nur noch als Zwang zum zeitlosen Fortbestand. Für die Bahn war Zeit ein Auslaufmodell; hatte sie die Endlichkeit der Zeit – die Wiederkehr des Messias – endlich erreicht? Stillstand und Ewigkeit waren nicht deckungsgleich. Wieder sah er auf die Uhr: die an seinem Bahnsteig, die an seinem Handgelenk, die auf seinem Handydisplay. Nur weil die Zeit kaputt war, würde er nicht seinen Zug verpassen, auf den er so dringend wartete. Aber die Zeit zeigte sich unversöhnlich auf 7 Uhr 4 eingeschweißt, ein Boykott getragen von allen Geräten. Behandelte er sie nicht gut genug? Wertschätzung, Bezahlung und Achtsamkeit. Die Lieder in seinen Kopfhörern gingen weiter, summten, sangen und trällerten über die Tonleiter, trotzdem saß Warten unbewegt neben ihm auf der Bank.[/JUSTIFY][JUSTIFY]In den letzten Wochen und Monaten hatte er gelernt, Warten zu tolerieren, doch akzeptieren fiel ihm nach wie vor schwer; es zu ignorieren, wenn er wieder in eine Sinnkrise fiel; es zu hassen, wenn gar nichts anderes mehr half. Im Sommer wurden die Tage endlich wieder länger, vor Wochen hatte die Zeitumstellung alle verwirrt – erlebte er hier einen letzten Reflex? – zum Glück dachte sein Handy selbständig mit, aber auf mehr Zeit zum Warten verzichtete er gern. Da schrieb er gestern noch eine SMS, weil er sich so auf ihr Treffen freute, nur wusste er nicht, wie er das sagen sollte. Eine Antwort erhielt er natürlich nicht. War die Absage bloß nicht bei ihm angekommen? Egal, er würde jetzt fahren. Sobald der Zug käme. Das Ticket brannte seit Wochen ein Loch in sein Portemonnaie und billig war eindeutig anders; sein Mangaregal musste darunter leiden, denn kurze 350 Kilometer kosteten so viel wie sieben Bände. Früher hatte er noch in Zigarettenschachteln gerechnet, doch sei einigen Jahren gewöhnte er sich das Rauchen ab. Obwohl er bei diesem hohen Frustrationslevel am liebsten eine Zigarette nach der anderen qualmen würde, ungeachtet der Schachteln und Euros, die solch ein Verhalten verschlang. Das ständige Warten auf Lebenszeichen und auf Zustimmung zu ihrem Status, der für ihn stets unsicher in der Luft hing, zermürbte seine Lungen längst ohne Qualm und Teer. Jahrelange Konditionierung gewann auf ganzer Linie.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Wieder sah er auf die Uhr, alle drei, doch keine Veränderung an der Zeit. War er hier in einem Loch der Relativitätstheorie gefangen? Die Physiker seiner Universität müssten vor Freude Purzelbäume schlagen und nachts aufgeregt wachliegen vor dem nächsten Experiment am Bahnhof. Heureka und Bazinga. Bei dem Gedanken überkam ihn glatt ein Gähnen. Natürlich hatte er in der vergangenen Nacht wenig geschlafen, bloß nicht übertreiben: kein Auge hatte er zugetan. Aufregung, Unsicherheit, Freude, Angst, Abenteuerlust und Beklemmung sangen schlechte Schlaflieder. Wieder Momente, wo er seinen Kopf nur wenig mochte, malte sich dieser doch ständig ungefragt die schrecklichsten Augenblicke und Reaktionen aus. Eigentlich war seine Einstellung zum Leben naiv-optimistisch, nur mit Menschen hatte er seine Probleme. Sollte er mit einem anderen Mann in Kontakt treten, brach in ihm komplett verwirrtes Urchaos aus. Was sollte er sagen? Wo sollte er seine Hände hinstecken? Musste er hin- oder wegsehen? Wie bekundete er Zuneigung, ohne sich vollständig als Idiot zu entblößen? Woran erkannte er, ob der andere ihm auch zugetan war? Oder eben auch nicht? Warum war Zwischenmenschlichkeit nur so schwer? Und wie zur Hölle und in Gottes Namen schafften andere Menschen erfolgreich in Beziehungen miteinander zu treten? Das war ihm ein Buch mit sieben mal sieben Siegeln. Die Antwort auf alles war 42, nur nicht mathematisch.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Für seinen Alltag war dieses Rätsel nicht weiter von Bedeutung, immerhin kannten und akzeptierten seine Freunde ihn mit all seinen Macken und manch liebevollem Necken. Alle möglichen Bekanntschaften über dieses Level hinweg, gar romantisch, waren ihm nicht weiter wichtig. Alles kam genau so, wie es sein musste, glaubte er fest.[/JUSTIFY][JUSTIFY]War dies nun besagter Moment? Die Unwissenheit war noch schlimmer als das Warten, nur nicht so laut. Er war aus idealistischen Motiven Student, weil er mehr über die Welt wissen, seine Umwelt bis in jedes Detail verstehen wollte. Akute Unwissenheit tat ihm körperlich weh.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Der Lautsprecher knarzte, hoffnungsvoll lauschte er der Stimme – sagte sie endlich an, dass sein Zug einfuhr? „Bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt am Bahngleis stehen.“ Würde sein Zug endlich kommen, müsste weder sein Gepäck noch er am Bahngleis stehen. Warten. Die Fahrt selbst wäre noch lang genug und voll mit Warten. Fünf Stunden würde er mit drei verschiedenen Zügen fahren, also mehr als genug Zeit für die ein oder andere Nervenkrise. In der Verteilung lag die Kraft. Wie hieß das physikalische Gesetz noch gleich? Unwichtig. Fünf Stunden fuhr er, um jemanden zu treffen, den er nicht kannte und dennoch mochte. Sein Kopf sagte ihm, was für eine ungeheuer blöde Idee das eigentlich war, doch sein Gefühl freute sich einfach von jedem Einwand befreit. In fünf Stunden, er konnte es nicht deutlich genug betonen, würden sie sich endlich sehen und seine größte Angst war, dass die Sympathie, die in seinen Fingern kribbelte, an der Realität scheitern würde. Was sagten ein Dutzend SMS schon aus? Er selbst mochte schriftliche Kommunikation, denn sie erlaubte Nachdenken und Abwägen, erlaubte Formulierungsalternativen auszuprobieren und milderte die spontane Äußerung ab. Auf der anderen Seite mussten viele Signale wie Lachen, Betonung und Mimik anders ausgedrückt werden und das konnte zu Problemen führen. Am Ende war auch er ein Fan von langen, vielfältige Themen berührenden Gesprächen auf einem gemütlichen Sofa. Lagen 350 Kilometer zwischen einem, stieß man – im Moment er und sein durchgewühltes Inneres – auf gewisse Schwierigkeiten. Entweder man nutzte die modernen Formen von Kommunikation voll aus oder dieses andauernde Nicht-Sagen machte ihn noch wahnsinnig. Wenn es ganz heftig an ihm zehrte, lenkte er sich mit Musik ab, denn vollkommen verzweifelte oder nach Klette klingende Nachrichten wollte er nicht senden. Er hatte auch so etwas wie Stolz.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Manchmal fragte er sich, ob er der einzige Mensch mit solchen Gedanken war? Vermutlich nicht, immerhin hielt er sich nicht für so unglaublich besonders unter den sieben Milliarden – eine Zahl mit neun Nullen – Menschen, dass alles an ihm singulär und einzigartig wäre. Vielleicht war die Kombination ausgesprochen selten, würde erklären, dass er noch nicht jemanden wie sich selbst getroffen hatte, aber die Einzelteile mussten auch in anderen Menschen vorkommen. Irgendjemand auf dieser weiten Welt kannte die Bürde dieser Gedanken auch. Er bezweifelte jedoch, dass es Kyle in diesem Moment ähnlich erging wie ihm, dann würde sich dieser sicher anders verhalten. Ob Kyle vielleicht bereute, ihn eingeladen zu haben? Auch ihm musste doch offensichtlich sein, was für eine bodenlos dumme Idee ihr Treffen werden konnte, immerhin hatte er drei Tage lang eine fremde Person in seiner Wohnung – laut einer SMS sogar im gleichen Bett! – das konnte bloß schiefgehen. Von dem wenigen Austausch zwischen ihnen jedoch glaubte er das eigentlich nicht, Kyle machte nicht den Eindruck, als wäre er eine Person, die leicht bereute. Er schien sicher und selbstbewusst. Ob er öfter einfach Fremde zu sich einlud? Hoffentlich erkannte er Kyle überhaupt, kannte er ihn doch bloß im Cosplay. Das Whatsapp-Foto von Kyle in der Badewanne zählt nur bedingt, so viel Schaum machte jede Identifizierung durch Laien unmöglich. Ein FBI- oder Facebook-Programm zur Gesichtserkennung war kein Maßstab.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Überhaupt: In einem Bett schlafen? Hatte er das wirklich richtig gelesen? Er hasste es, sich ein Bett mit jemand anderem teilen zu müssen. Er wusste nie, wie er liegen sollte, ob er sich bewegen konnte und an Schlaf war sowieso nicht zu denken. Dabei half es ihm nicht ein Stück weiter, dass er alles andere als kuschelig war. Er war seinen Freiraum gewohnt, nicht nur im übertragenen Sinne. Kuscheln war ihm ein Graus; viel zu aufdringlich und zu viele unnötige Berührungen. Er wusste, dass dies nicht gerade für Pluspunkte auf seinem Konto Wie geeignet für eine Beziehung bin ich? sorgte. Das würden anstrengende drei Tage werden … Trotzdem freute er sich. Er freute sich wirklich.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Leise seufzend schloss er die Augen und konzentrierte sich auf die Hip Hop-Musik in seinen Kopfhörern. Es würde schon schief gehen, redete er sich zuversichtlich ein. Wenn er sich jetzt verrückt machte, war das auch nicht sinnvoll, immerhin lagen noch fünf Stunden Reise vor ihm. Mit dezenter Hoffnung sah er auf die Uhr: 7 Uhr 4. Immer noch. Das konnte doch gar nicht sein! Zeit war also nicht nur relativ, manchmal zog sie sich wie ein alter Kaugummi. Oder war das sogar das Gleiche? Er streckte der Zeit einfach wie Einstein die Zunge raus. In seinen Fingerspitzen juckte die Frustration nach einer Zigarette. Standhaft bleiben; leichter gesagt. Missmutig wanderte er ein paar Runden um die Bank und sein Gepäck, manchmal soll Bewegung helfen. Wieder knarzte es in den Lautsprechern, noch so eine dämliche Ansage? „Vorsicht an Gleis Eins, der Zug nach R fährt ein.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Überrascht, richtiggehend geschockt, sah er auf. Das konnte gar nicht sein, es war doch erst … Es war soweit, sah er auf seiner Uhr: 7 Uhr 10, seine Abfahrtzeit. Endlich war es soweit! Bald würde er ihn endlich wiedersehen, nur noch fünf Stunden. Er schulterte seine Reisetasche und, nachdem der Zug eingefahren war, stieg er ein. In dieser Herrgottsfrühe fuhr fast niemand und er sicherte sich einen schönen Platz am Fenster. Die Sonne schien fröhlich über den Bahnhof und er fühlte das Grinsen auf seinen Lippen. Nur noch fünf Stunden; eigentlich fünf Stunden und dreißig Minuten, aber positives Denken war derzeit en vogue und gut waren nicht einmal fünf Stunden.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Der Zug fuhr ab.[/JUSTIFY]

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Stille

lass los und ich schweb' so leicht, von der erde gelöst und frei | steig' weit über tausend meilen, tauch' ein zwischen raum und zeit | licht scheint, alles rauscht vorbei, wie ein hauch von unendlichkeit | alle sterne für mich allein

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[JUSTIFY]Seit zwei Stunden saß er in seinem Zug – in seinem ersten von drei Zügen – auf dem Weg zu Kyle und seit mehr als anderthalb Stunden hatte er dieses nervöse und nervige Zucken in seinem Bein. Es wollte einfach nicht ruhig stehen bleiben. Jetzt gab es kein Zurück mehr, er war unaufhaltsam auf dem Weg immer Richtung Kyle. Vor dem Fenster flog die Landschaft in grünen Schlieren, die sonst Felder, Büsche und Bäume waren, dahin und zwischendrin immer wieder ein paar Häuser, manchmal auch ein Halt in einer Stadt; dann waren sie wieder auf dem Weg. Der Zug fuhr immer weiter und zwang die Zeit aus ihrem Stillstand, sie musste fließen, wenn auch zäh und widerwillig. Das Ende dieser elenden Warterei war in Sicht. Keine fünf Stunden mehr, nur noch drei. Das Grinsen auf seinem Gesicht verschwand nicht mehr, es war wie festgewachsen. Sie würden sich treffen. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Ob sie immer noch so sympathisch einander gegenüber waren wie bei ihrem ersten Treffen, oder würde sie die Realität einholen? Realität konnte so ein hässliches Wort sein.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Vor drei Monaten hatten sie einander auf einer Convention gesehen, Kyle in einem guten und glaubwürdigen Zoro-Cosplay, das er einfach hatte fotografieren müssen. Wie der Zufall es wollte, verbrachten sie ihre Pause zusammen, teilten Reiskekse, redeten über Conventions und Cosplays und Animes – worüber man sich in diesem Umfeld eben unterhielt. Er konnte diese Szene nur mit einem Ausdruck beschreiben: unheimlich sympathisch. Nach der Convention fand er Kyle und sein Cosplay auf Animexx und schrieb ihn witzig sowie ungezwungen an. Mittlerweile war er zu der festen Überzeugung gelangt, Kyle hatte diesen Eintrag nie gelesen. Sich für diesen Kerl Mühe zu machen, schien vergebene Liebesmüh zu sein. Er konnte dennoch nicht anders. Die folgenden sieben Tage waren der Horror gewesen, Warten auf eine Antwort. In dieser Zeit hatte er gelernt, Warten mit aller Inbrunst zu hassen. Fast hätte er aufgegeben, dann allerdings brachte ein verhängnisvoller Sonntagabend Erleichterung, nämlich die Antwort: Achso, ja, du bist das! Klar daran erinner ich mich, kamen gut ins Gespräch. Cool dass du schreibst.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Er wünschte sich, die Geschichte würde seit jenem Sonntag wie eine billige Fanfiction verlaufen: mit häufigen ENSen, ausgedehnten Skypechats und so manchem Telefonat voll pubertärem Anschmachten. Leider – oder gottlob? – war sein Leben keine Fanfiction und er war auch kein pubertärer Teenager mehr, obwohl er sich Kyle gegenüber meist so fühlte. Nie wusste er, was er ihm schreiben sollte oder wie er Kyles Antworten zu interpretieren hatte. Ob sie das Wochenende wohl schweigend verbrächten? Wie ging Flirten? Konnte man diese Absichten subtil aber deutlich in einer SMS schreiben? Wie brachte man jemanden dazu, einen zu mögen? Besonders wenn man sich selbst für recht langweilig hielt. Wie oft durfte man jemanden anschreiben, bevor man wie eine Klette aussah? Ab wann musste man aufhören nachzulaufen? Wie oft sollte man sich zwischen schweigender Gleichgültigkeit und lautem SMS-Leuchtfeuer hin- und herwerfen lassen? Kam es ihm nur derart schwierig vor oder war es das mit Kyle tatsächlich? Er wusste bereits seit zu vielen Wochen nicht mehr, wo ihm der Kopf stand. Mal schrieben sie einander intime Wünsche und dann schwieg Kyle abrupt für eine gefühlte Ewigkeit. War er zu früh zu tief ins Detail gegangen? Was erwartete Kyle von ihrer Bekanntschaft? Selbst mit ihm zu schreiben fühlte sich anders an: vertraut, verständnisvoll, verlässlich. Bildete er sich das nur ein? Einbildung gehörte zu seinen besonders ausgeprägten Stärken.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Eigentlich gingen einem Treffen mit einer Bekanntschaft aus dem Internet bei ihm für gewöhnlich mehrere Jahre praktisch täglicher Kommunikation voraus. Spontan in den Zug zu steigen und einfach zu jemandem zu fahren, den er im Prinzip nicht kannte, fiel ihm gar nicht ein. Eigentlich. Bei seinem letzten Einkauf hatte er wohl nur die schlechten Ideen erwischt. Allerdings waren diese normalen Freundschaften nicht derart von einem Treffen abhängig wie ihre nur zäh wachsende Bekanntschaft. Für Kyle war nur Kommunikation von Angesicht zu Angesicht wertvoll, alles andere blieb in seinen Augen eine schlechte und störanfällige Kopie. Natürlich verständlich und ein bisschen richtig, trotzdem standen 350 Kilometer zwischen ihnen – sie waren auf digitale Gespräche angewiesen. Manchmal starrte er wartend und zunehmend frustriert sein Handy an, doch es klingelte nie. Plötzlich erschien es schwierig seine Wünsche auszusprechen. Wie würde der andere auf seine sonst direkte und manchmal brüske Art reagieren? Er wollte ihn nicht vergraulen. Obwohl Kyle nicht gerade den Eindruck machte, als ließe er sich leicht verschrecken. Nach nur drei ENSen gab er seine Handynummer heraus und zwar an einen praktisch Fremden. Noch so eine Idee mit Vollmeise.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Er brauchte so dringend wie seit Jahren nicht mehr eine Zigarette. Ob sein Bein dann endlich wieder stillstünde? Daran hegte er erhebliche Zweifel und außerdem übte er sich in Abstinenz, auch daran hegte er langsam erhebliche Zweifel. Ablenken, das könnte vielleicht helfen. Er holte sein Handy aus der Hosentasche und wollte bereits seiner besten Freundin eine Nachricht schreiben. In den letzten Monaten hatte sie seinem Frust und seinen Klagen zuhören müssen und hätte sicher auch jetzt ihren altklugen und unhilfreichen Ratschlag zur Hand: Geduld. Dieses Worte konnte er nicht mehr hören, jetzt jedoch wünschte er sich solche Unterstützung und würde sie nicht bekommen: kein Netz. Verflucht sei Technik![/JUSTIFY][JUSTIFY]Jetzt fing das andere Bein ebenfalls an zu zittern.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Die Uhr sagte 9:32. Halb zehn in Deutschland, natürlich gehörte Knoppers dieses Mal nicht zu seinem Reiseproviant. Normalerweise fuhr er wesentlich später am Tag, wenn es zu Weihnachten wieder einmal nach Hause ging, und hatte entsprechend schon lange kein Frühstück mehr zur Verköstigung bei sich. Wäre sowieso vergebens, zum Essen war er viel zu aufgeregt. Leider stellte sich die Strecke von ihm nach Kyle für die Bahn als ein mittelschweres Desaster heraus, sodass die beste Verbindung drei Züge benötigte und über eine Stunde länger als die Autofahrt dauerte. Fast wäre es günstiger, wenn er sich ein Auto mietete. Aber kein Hemmnis war groß genug, als dass er es nicht überwinden würde, auch keines namens viel Zeit. Wozu waren Bücher erfunden?[/JUSTIFY][JUSTIFY]Trotzdem starrte er nur aus dem Fenster, sah den grünen Schlieren nach, wie sie am Zug vorbeirasten, und hörte dem Hip Hop in seinen Kopfhörern nicht zu. Noch drei Stunden und acht Minuten.[/JUSTIFY]

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aber wie soll ich nur daran denken | nie wieder an dich zu denken | bin so hoch geflogen, hab' alles von oben gesehen | und geglaubt, dass es ohne dich geht | doch die stille hat deine stimme, deine stimme | doch die stille hat deine stimme, deine stimme

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[JUSTIFY]Heiß schien die Sonne auf den Bahnhof, das Dach über dem Gleis spendete zwar Schatten, änderte dennoch nichts an der viel zu warmen Luft. Endlich wartete er auf seinen letzten Zug, bisher hatten alle Anschlüsse reibungslos geklappt. Es war bereits 12 Uhr 3, also dauerte es nur noch eine gute halbe Stunde, bis sie sich endlich wiedersähen. Noch immer stand das Lächeln auf seinen Lippen und er summte leise das Lied mit, welches in seinen Kopfhörern spielte. Bald. „Vorsicht an Gleis Fünf, der Zug nach H fährt ein.“ Es tat unsagbar gut, endlich den Namen von Kyles Heimatstadt zu hören.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Mit leichtem Herzen schulterte er seine Reisetasche und stieg mit den anderen Fahrgästen in den Zug ein. Unweit von der Tür suchte er sich einen Sitzplatz, er würde sowieso bald wieder aussteigen. Bald.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Eine dunkle Stimme unterbrach das laufende Programm in seinen Kopfhörern und sang mit Pathos: I belsoli-ui soli, belsoli-ui soli-ibnida. Seodulleo jeonhwa-e eungdabhabnida. Sein Klingelton für Anrufe aller Art forderte dazu auf, endlich ans Telefon zu gehen. Er fand es ziemlich witzig, im Moment jedoch überforderte es ihn. Konnte er mit Kopfhörern an sein Telefon gehen? Oder sie vielleicht noch ausstecken? Das Handy war neu in seinem Besitz und sowas war ihm bisher mit noch keinem seiner Handys passiert. Eilig holte er das Gerät aus seiner Hosentasche, nahm die Kopfhörer ab und löste ihre Kabel aus der Klinkenbuchse. Er hob ab: „Ja?“ Hatte er wirklich Kyles Namen auf dem Display gelesen? Stille. Hätte er die Kopfhörer eingesteckt lassen sollen? Er sah sich sein Display an, aber es war schwarz. Er hielt das Telefon wieder an sein Ohr: „Ja, hallo?“[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Yohan, Hörst du mich?“, kam es von der anderen Seite.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Er nickte: „Ja, ich hör' dich.“ Er hörte ihn sehr gut. Diese Stimme war wie Schokolade fürs Ohr: dunkel und süß-herb.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Wann kommst du an? Wo bist du gerade?“, fragte Kyle.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Ich sitz' im letzten Zug.“ Er hasste Telefonieren, antworten fiel ihm grundsätzlich schwer. War die Pause sein Einsatz oder nur die Atmung des anderen? Hörte er die Worte richtig? Er war ein sehr visueller Hörer, gerade bei Stimmen, die er nicht kannte. Kyle gehört leider dazu.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Also bist du um 12:40 hier?“[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Ja.“ Noch ein Problem für das Telefon: Er fasste sich gerne kurz und für ihn konnte auch ein Wort einen ordentlichen Satz bilden. Aber ohne Mimik schien es anderen schwer zu fallen, seine Kürze nicht als Desinteresse oder geheime Ablehnung zu verstehen.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Hast du Hunger?“, fragte Kyle weiter.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Diese Worte würde er immer heraushören und erkennen. „Oh ja. Ich hab noch nicht gefrühstückt.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Gut, willst du auf dem Weg was essen oder soll ich Zuhause was kochen?“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Kyle konnte kochen? Oder wäre das die berühmte Pizza im Backofen? „Was schneller geht“, schlug er vor, um die andere Frage nicht stellen zu müssen. Das erschien ihm unpassend.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Dann essen wir was auf dem Weg zu mir und kaufen danach fürs Wochenende ein“, plante Kyle.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Okay“, stimmte er zu. Kyle schien offenbar einen Kopf fürs Praktische zu haben. Eine gute Eigenschaft.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Ich hol' dich dann am Bahnhof ab. Bis gleich.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Bis gleich“, verabschiedete er sich. Stille. Er nahm sein Handy vom Ohr und blickte auf das Display, welches jetzt anzeigte, dass sein Gespräch mit Kyle eine Minute und neunzehn Sekunden gedauert hatte. So viel Zeit musste man sich wohl nehmen, selbst in ihrer schnelllebigen Gesellschaft heutzutage.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Zeit war eine merkwürdige Naturgewalt, empfand er, denn die letzten dreißig Minuten flogen mit den grünen Schlieren der Bäume und Büsche nur so dahin. Deutschland war ein wunderbar grünes Land. Pünktlich erreichte der Zug seinen Zielbahnhof, Stadt H. Er stieg aus, ging über das Gleis zur Treppe, welche hinunter in die Bahnhofshalle führte. Kein Kyle in Sicht, schaute er sich um. Oder erkannte er ihn einfach nicht? Die Bahnhofshalle war klein, beherbergte trotzdem einen kleinen Buchladen. Er liebte Buchläden und in jedem Bahnhof musste er sich etwas kaufen und manchmal lagen dort wahrlich Schätze. Einmal auf dem Bremer Bahnhof war er über einen Comic mit seinem Lieblingsmusiker gestolpert. Er hatte nicht einmal gewusst, dass über diesen ein Comic existierte! Dieser Buchladen in H jedoch wartete nicht mit solch einer Überraschung auf und im Grunde hatte er dafür weder den Kopf noch das Geld. In der kleinen Halle stand ebenfalls kein Kyle. Er verließ die Halle und stand draußen vor den Türen, gegenüber breitete sich ein Busbahnhof aus und neben dem Eingang verschwendete eine Gruppe Jugendlicher ihre Zeit. Kein Kyle. Nun stutzte er wahrlich. Hatte er ihn verpasst? Aber dieser Bahnhof war klein und besaß nur diesen einen Ausgang.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Wie sich herausstellte kam Kyle sechs Minuten zu spät. Natürlich erkannte er den anderen sofort. Es war merkwürdig, wie leicht man einen fremden Menschen erkannte, wenn eine Verabredung stand. Gemütlich schlenderte Kyle von den Bussen zum Bahnhof herüber. „Hi“, begrüßte er Kyle, als sie voreinander standen.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Yohan, hi“, nickte dieser zustimmend. „Wie war die Fahrt?“[/JUSTIFY]

so viele pläne | doch du stehst nur daneben


 

Blauwalherz

ich lass' keinen an mich ran, schwimm' weit voraus | doch du bleibst an mir dran, gibst so leicht nicht auf | du willst mit mir tauchen gehen, bis auf den grund | doch ich hab' angst vor der tiefe – jetzt frag bitte nicht warum

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[JUSTIFY]Mit einem dumpfen Laut fiel seine Reisetasche zu Boden und streifte dabei einen Hocker, der leicht über den Boden kratzte. Er setzte sich auf den Stuhl, Kyle saß ihm gegenüber. Ein Pizza-Imbiss. Zum Glück, denn er starb fast vor Hunger. Aufregung zehrte sehr an den Nerven. Gründlich studierte er die Speisekarte und die Auswahl war überwältigend. Welche Sorte sollte er nur nehmen? Mit Salami oder lieber Schinken? Mit extra Tomaten und Zwiebeln? War ihm heute nach Tunfisch? Sogar das Angebot mit Paprika und Mais sah gut aus, nur aß er solches nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Schon was gefunden?“, fragte Kyle schließlich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Karte beiseite legend antwortete er: „Ja, die Chicago.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Klein, mittel, groß?“, stellte Kyle ihm zur Auswahl.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie viel Hunger hatte er? Genug. „Mittel.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mit Käse im Rand oder ohne? Ich empfehle mit“, und Kyle lächelte kurz.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er nickte: „Gut, dann mit.“ Selbst das Bestellen einer Pizza war heutzutage ein komplexer Vorgang, fast so schlimm wie ein Sandwich zu bestellen, trotz akademischem Titel traute sich Yohan an diese Herkulesaufgabe nicht heran. Außerdem könnte er sich solch edlen Sandwich-Imbiss sparen, wenn am Ende eh nur Brot mit Salami in seinen Händen läge.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schon stand Kyle von seinem Stuhl auf, noch in der Bewegung fiel ihm ein: „Was zu trinken?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Fanta.“ Dann sah er seinem Gastgeber nach. Groß war er, selbst damals im Cosplay schon. Die dunklen Haare waren lang, lagen auf den breiten Schultern und passten zu dem Band-T-Shirt, schwarz mit makaberen Aufdruck. Irgendeine Metalband, die Yohan sowieso nicht kannte. Kurz schmunzelte er, trug er doch selbst ein Band-T-Shirt: Eminem. Kyles Jeans war helles Blau und modisch an den Knien eingerissen, brachte aber den Po sehr gut zur Geltung. An den nackten Füßen fabrizierten die Flip-Flops bei jedem Schritten dieses charakteristische Plop. Kyle ploppte zu ihrem Tisch zurück, stellte die beiden Gläser auf den Tisch und goss von der Fanta ein. Während all dieser Handgriffe lag Kyles Blick musternd auf ihm. Kurz nickte Yohan dankend für das Getränk und gönnte sich einen langen Schluck. Er fühlte sich einigermaßen unwohl unter dem Blick.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du bist echt gekommen“, platzte es verwundert aus Kyle heraus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Offensichtlich …“ Zugegeben, er war äußerst erstaunt über sich selbst. Seit er in Kyles Gästebuch geschrieben hatte, erstaunte er sich Tag für Tag selbst – nicht immer zum Guten. Eigentlich war er nicht so, oder war das nur eine lahme Ausrede, um sich nicht mit ungeliebten Eigenschaften auseinanderzusetzen? Er hielt sich nicht für derart pubertär-anhänglich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyles neugieriger Blick lag noch immer auf ihm: „Weiß jemand, dass du hier bist?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er nickte: „'ne Freundin und mein Mitbewohner und so. Muss ihr dann auch später ein Update schicken, dass ich noch lebe und alles okay ist. Warum?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich hatte das schon öfter, dass mich jemand besucht hat und niemand wirklich davon wusste. Es könnte ja wer weiß was passieren. Man weiß ja nie, was für ein Verrückter da am anderen Ende der Tastatur sitzt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gilt für dich doch genauso“, trank er wieder von seiner Fanta. „Du weißt auch nicht, was für einen Verrückten du dir in die Wohnung holst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyle grinste schelmisch: „Keine Sorge, ich kann schon auf mich aufpassen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„So, kannst du?“ Das Grinsen erwiderte Yohan.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe mal Kampfsport gemacht, davon merkt man sich so einiges.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Cool. Was denn für einen?“ Er selbst war nicht gerade sportlich interessiert, er liebte seine Bücher und übte lieber mit seinem Geist als mit seinem Körper. Obwohl er sich gerne ein Basketballspiel ansah.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Lange Judo und auch ein bisschen Kendo“, erklärte Kyle.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das gefiel ihm besonders gut. „Das zahlt sich dann bei Cosplays wie Zoro oder Mugen aus, hm. Aber Kendo wollt' ich auch immer schon mal ausprobieren. Die ganzen Samurai und Schwertkämpfer in meinen Lieblingsmanga sind ja schon extrem genial.“ Kurz strich er über seinem Arm, dort wo Roronoa Zoros Zeichen unter seiner Haut residierte. Sein Santōryū, der Stil mit den drei Schwertern, war einfach nur krassgenial.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das schon ein bisschen. Mugen macht auch einfach nur Spaß, weißte. Einfach irgendwelche Albernheiten machen, lachen und total abfeiern, hat schon was.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Klingt gut.“ Noch ein Schluck von seiner Fanta. Seine Finger hielten sich an dem Glas fest, um nicht schon wieder an seinen Fingernägeln zu knibbeln. Noch etwas, dass er sich versuchte abzugewöhnen. Da war er also wieder, dieser Moment, wenn er nichts zu sagen wusste und er seiner eigenen Stimme und seinem eigenen Kopf sowieso nicht vertraute. Natürlich wusste er es besser, aber zwischen Theorie und Praxis lag manchmal die ganze Galaxie. Er schaffte es nur bis zu einem Lächeln. Viele Menschen sagten ihm nach, ständig zu ernst dreinzusehen. So war nun einmal sein Gesicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich bin echt froh, mit dem Cosplay angefangen zu haben“, erzählte Kyle. „Man trifft so viele tolle Leute, die Community ist echt geil. Da gibt es so viel zu erleben. Und sich immer wieder in neue Charaktere zu finden, macht ziemlichen Spaß. Ich ziehe ja nicht nur das Cos an, da bin ich ja radikal, solange ich das Cos anhabe, will ich auch den Charakter richtig porträtieren, auch wenn grad keine Kamera mich aufnimmt. Das ist manchmal schon hart, aber macht so viel Spaß.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Begeisterung stand wirklich in seinem Gesicht, las sich vortrefflich von den frech grinsenden Lippen ab und es war erfrischend, jemanden mit Begeisterung von seinem Hobby erzählen zu hören. Yohan traf genug Menschen, die sich über ihr Hobby beschwerten. Konnte er selbst gar nicht nachvollziehen. „Kann ich mir vorstellen. Ich bin ja nicht so der Cosplayer, ich schreibe lieber. Mich interessiert, wie die Charaktere sich verhalten, in bestimmten Situationen und zueinander. Ich suche mir extra Situationen, die im Original nicht vorkommen, und versuche dann herauszufinden, wie die Charaktere damit umgehen. Manchmal ist es ein schmaler Grad, die Charaktere nicht zu sehr zu verfremden. Es sollen eben doch diese Charaktere bleiben“, sprach auch Yohan über seine eigene Leidenschaft. Eine Leidenschaft, die gerne belächelt wurde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber nicht von Kyle: „Kannst du auch gut. Ich hab' die eine von dir ja gelesen. Manchmal greift man bei solchen Geschichten auch voll ins Klo, da bleibt dann gar nichts mehr von dem Charakter, bis auf die Frisur vielleicht. Find' ich sehr schade.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ist es auch“, stimmte er ihm zu. „Geht für mich irgendwie am Sinn so einer Fanfiction vorbei. Wenn ich schon diesen oder jenen Charakter verwenden möchte – wieso auch immer – dann muss der für mich trotzdem deutlich erkennbar bleiben. Je nach Handlung muss man zwar teilweise Abstriche machen, aber es muss doch schlüssig wirken. Ich mag solche was wäre wenn-Szenarios.“ Außerdem liebte er das geschriebene Wort und um mit Justin Kearny zu sagen I'm a fan of oxygen, I need writing.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist beim Cossen auch manchmal ganz schön hart. Da muss ich mich schon mal zurücknehmen und sehen, wie der Charakter, den ich darstellen will, das eigentlich handhaben würde, aber mittlerweile geht das ganz gut. Gerade bei Charakteren, die ich immer wieder trage, ist es teilweise als würde ich einen Schalter umlegen, sobald die Perücke sitzt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Bist mit vollem Herzblut dabei, hm.“ Mit Kyle zu reden war auch live und in Farbe gar nicht schwierig; vorausgesetzt das Thema war auf dem Tisch. Das allerdings war sein übliches Problem mit Unterhaltungen. Dank Kyles offener Art reduzierte es sich wie von selbst zu einem minimalen Problemchen. „Find' ich gut. Hobbys sind wichtig, wenn du mich fragst. Ich hab immer Mitleid mit Leuten, die kein Hobby haben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zustimmend nickte Kyle: „Seh' ich auch so. Hobbys sind wichtig.“ Kurz blickte er zum Tresen, von wo ihr Essen kommen würde. „Und wie geht der Rest des Tages? Ich würd' ja sagen, wir bringen erst deine Tasche zu mir und dann gehen wir einkaufen. Was meinst du?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Über die Gestaltung ihres Wochenendes hatte sich Yohan noch nicht viele Gedanken gemacht. Sie würden Zeit miteinander verbringen. „Klar, klingt gut. Erst das wichtige und dröge und dann der Spaß.“ Das schien ihm hier ebenfalls eine funktionierende Aufteilung zu sein. „Dann können wir nach dem Einkaufen in Ruhe durch die Stadt gehen oder so. Find' ich gut.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gut. Und heute Abend können wir ja den Film sehen. Schauen, ob wir morgen zum zweiten Teil ins Kino wollen oder nicht. Du meintest ja, du kennst den noch nicht“, überlegte Kyle laut.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Immernoch sah Kyle ihn unverwandt an. Hatte er noch nicht alle Poren einzeln gesehen? Yohan lächelte unwillkürlich auf diesen intensiven Blick, der ihm unter die Haut ging. Noch war seine Nervosität nicht gänzlich abgeklungen und er nippte wieder von seiner Fanta, obwohl er sich welche für die Pizza aufsparen wollte. Neben seinem Essen stand immer etwas zu trinken, nur manchmal war er schlecht im Haushalten, nämlich immer dann, wenn er nicht aus Durst, sondern aus Verlegenheit trank. Ob er das Kino morgen – er ging schlicht davon aus, sie würden hingehen – als Date deuten sollte? In amerikanischen Romanzen war eine Einladung ins Kino immer ein Date, doch Yohan ging auch mit Freunden ohne romantischen Unterton ins Kino. Kampf der Kulturen. Welche Seite bevorzugte Kyle? Das konnte er schlecht fragen und nickte einfach: „Klingt nach 'nem Plan. Halten wir …“ Erschrocken lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück, plötzlich war ein Teller mit Pizza neben seinem Kopf aufgetaucht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unschlüssig sah die Bedienung von Kyle zu Yohan und zu dem Meeresfrüchtesalat in ihrer Hand. Kurzentschlossen entschied sie, zu Yohan würde der Salat passen. Glücklicherweise unterbrach Kyle mit Handzeichen und einem kurzen „Das ist für mich.“ Dann stellte sie die Pizza vor Yohan auf den Tisch. „Passiert mir öfters“, erzählte Kyle und sortierte das Besteck in seinen Händen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie es seine Manier war, drehte Yohan den Teller in seine optimale Position: Wenn er sie halbierte, wäre der knusprigste Teil des Randes auf sieben Uhr und würde damit bis zum Schluss bleiben. Er antwortete: „Klischees halt.“ Nur weil Kyle leicht wie ein Bier und Bratwurst liebender Metalhead aussah, musste sein Magen nicht tatsächlich so sein. „Guten Appetit“, wünschte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyle erwiderte die Formel. Nach einigen Bissen fragte er: „Schmeckt's dir?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ja, der Käserand hat was, den haben meine Pizzen ja sonst nicht“, antwortete Yohan. „Und deine Garnelen im Salat? Auch gut?“ Er selbst aß ziemlich viel Junkfood, meist aus Faulheit. Kochen bedeutete ihm nur Arbeit, Spaß empfand er daran nicht. Davon abgesehen aß er Pizza sehr gerne, mit Salat hingegen konnte man ihn jagen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nun nickte Kyle: „Ja, danke. Das Dressing ist nicht schlecht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]So aßen sie eine Weile still, manchmal unterbrach ein Lächeln die Kaubewegungen. Dies war ein gesellschaftlich akzeptiertes Schweigen, für das sich Yohan nicht verantwortlich oder gar schlecht fühlen musste. Es war vollkommen normal, beim Essen nicht ständig den Mund offen zu halten. Trotz seines großen Hungers stellte Yohan bald fest, wie sehr der mit Käse gefüllte Rand sättigte. So hätte auch eine Nummer kleiner gereicht; aber so leicht gab er sich nicht vor einer Pizza geschlagen. Als er die Hälfte seiner Pizza gegessen hatte, schluckte Kyle gerade seine letzte Garnele. War das ein aufforderndes Grinsen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Als ich mal im Zug unterwegs war“, begann Kyle zu erzählen, „so auf dem Weg zu 'ner Con und hinter mir saßen drei Arschlöcher vom Typ Schläger. Weißt schon, Bierdosen in den Pfoten, Glatze, Stiefel und so, voll im Stereotyp. Natürlich saßen die direkt vor dem Klo und prollten da rum. Der Rest des Wagens war voll mit Cosplayern, wir lachte und freuten uns auf die Con, wie das eben so ist. Ein kleines Mädchen kam den Gang runter, vielleicht zehn oder zwölf, und wollte aufs Klo. Einer der drei Vollhorste machte sie voll dämlich und pervers an, meinte, sie könne ja die Tür für ihn auflassen und so 'ne Scherze. Die Kleine war ziemlich eingeschüchtert und verschreckt, jedenfalls gab sie nicht viel Konter. Was hätte sie auch gegen die drei Fleischklöpse ausrichten können?“ Kyle grinste verschmitzt. Ihn ihm hauste ein großer Scherzkeks. „Ich guck' nochmal nach vorn, der ganze Wagen voll Cosplayer – ich sehe nochmal zu dem Mädchen. Freundin neben mir zieht an meinem Ärmel, so à la 'Kyle, lass das …' Sie ist das schon von mir gewöhnt. Ich stehe also auf und ziehe meine Schwerter – bin da im Zoro-Cos. Ich sage zu dem Kerl, er soll das Mädchen in Ruhe lassen. Der Arsch stellt sich auf und will mir drohen. Ich bloß darauf: 'Ihr verlasst jetzt besser den Wagon.' Und hinter mir – so geil – stehen die ganzen anderen Cosplayer auf und richten ihre Waffen auf die drei Arschlöcher.“ Kyle lachte leise auf. „Die drei sind dann ganz schnell abgehauen. Weißt du, ich liebe unsere Community manchmal richtig hart.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Während dieser Geschichte aß Yohan an seiner zweiten Hälfte Pizza, grinste und nickte zwischendurch, nun lachte er leise. „Der ist echt gut. Sieht sicher voll einschüchternd aus, so ein Wagen voll mit bewaffneten Cosplayern. Egal, dass die Waffen effektiv fake sind, gefährlich sind sie allemal.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Eben und es sieht einfach genial aus, wenn so'n ganzer Wagen voller Leute Pistolen, Gewehre und Schwerter auf einen Punkt zielen.“ Courage stand Kyle gut zu Gesicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wartete Kyle ungeduldig, dass Yohan endlich seine Pizza aufaß? Er selbst wartete darauf und der mächtige Käserand untergrub seine Entschlossenheit. Trotzdem würde er nicht aufgeben. Erstens würde er nicht gegen eine lausige Pizza verlieren und zweitens wollte er vor Kyle nicht wie jemand dastehen, der den Mund zu voll nahm. Er stand hinter seinem Wort, auch wenn sein Magen in diesem Moment anders dachte; dessen Meinung war eben nicht gefragt. Das letzte Viertel der Pizza lag noch auf seinem Teller. Das würde er nun auch noch schaffen! Einen Bissen nach dem anderen kauen, das Schlucken nicht vergessen. Die Pizza war immer noch sehr schmackhaft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyle sah ihm weiter intensiv dabei zu. Lag Amüsement in seinem Blick?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schließlich legte er das Besteck auf den leeren Teller und spülte die letzten Krümel mit dem letzten Schluck Fanta den Hals hinunter. Er war bis oben hin voll. Gab es zu der Pizza einen Korken? Nicht, dass sein Essen wieder ungeplant hinausgelangte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du hast wirklich alles aufgegessen“, stellte Kyle leise fest.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan nickte stolz auf sich selbst: „Natürlich. Meine Klappe weiß nicht, wie klein ich bin. Wie sagte mal eine Freundin über mich? 'Han ist zu klein für seine Größe.'“ Noch immer war er sich nicht gänzlich sicher, was dieser Satz eigentlich bedeutete. Er mochte ihn trotzdem. Darüber hinaus musste er oft Witze über seine Körpergröße ertragen. Mit 1 Meter 67 stand er natürlich auffällig klein unter seinen deutschen Freunden, doch als Koreaner war das eine akzeptable Größe. Zwar stand es nicht auf seiner Dschinn-Wunschliste – so wichtig, dass er einen der drei begehrten Wünsche dafür verschwenden würde, war es nicht – aber ein paar Zentimeter mehr würde er nicht ausschlagen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Schade. Normalerweise kriege ich immer, was übrig bleibt. Hatte mich schon auf ein Stück Pizza gefreut“, gab Kyle zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan hob zweifelnd eine Augenbraue hinter dem Rand seiner Brille. „So? Dann hätteste was sagen müssen.“ Hätte er ihm ein Stück Pizza anbieten sollen? Er fand die Szenen albern, wenn sich das Pärchen einer Liebeskomödie sein Essen teilte. Es schmeckte vom anderen Teller exakt genauso wie vom eigenen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ach was“, winkte Kyle ab. „Ich hatte doch, was ich wollte. Alles in Ordnung.“ Er stand auf. „Dann komm, gehen wir zu mir.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan nickte zustimmend und stand ebenfalls auf. Er schulterte wieder seine Tasche und zusammen verließen sie den Imbiss.[/JUSTIFY]

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ich lass' keinen an mich ran, schwimm' weit voraus | doch du bleibst an mir dran, gibst so leicht nicht auf | du willst mit mir tauchen gehen, bis auf den grund | doch ich hab' angst vor der tiefe – jetzt frag bitte nicht warum

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[JUSTIFY]Das Straßenschild las Himmelreich. Sein Blick lag einen Moment länger auf den weißen Buchstaben und er ließ das Wort auf seiner inneren Zunge zergehen. Kyles Wohnung lag im Paradies? Ein gutes Omen. Seine Augen folgten der Steinwand hoch und musterten das Haus, ein Altbau. Geschichte fand er faszinierend und einige Zusammenhänge mussten auch Kunsthistoriker verstehen, um mit Epochen und ihren Strömungen umgehen zu können. Manchmal bedauerte er den Schwerpunkt seiner Universität, ihm war zu spät aufgefallen, dass seine Neugier über den Ostseeraum hinausgingen. Aber christliches Mittelalter und nordische Renaissance waren ebenfalls wunderlich und meisterhaft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyle schloss ihnen die Haustür auf, schaltete das Licht im dunklen Flur ein und sah kurz nach, was in seinem Briefkasten lag. Nichts von Dringlichkeit. Yohan folgte ihm durch den Flur und die knarzende Holztreppe hinauf, vor einer niedrigen Tür blieben sie stehen. Auch diese öffnete Kyle ihnen und Yohan wunderte sich, als er die Tür hinter sich schloss, wie tief die Klinke angebracht war. Altbau eben. In der gesamten Wohnungen hingen die Klinken tief und die Decke niedrig, mancher Balken schnitt den Kopfraum. Mit seiner kleinen Größe bewegte sich Yohan ungehindert, Kyle hingegen musste sich in den Türrahmen und unter den Balken bücken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Klein“, bemerkte Yohan, „aber gemütlich.“ Er stellte seine Tasche ins Schlafzimmer. Die Möbel standen im Stil Zufall zusammen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich mag's. Weißt du, ich kam in diese Wohnung und fühlte mich gleich zuhause. Ist ein schönes Gefühl. Und bald wird das auch so aussehen.“ Er winkte Yohan in den Verbindungsflur zurück. „Ich führ' dich mal rum, ja. Also hier im Flur stell ich mir japanisches Flair vor. Ein Steg soll von Tür zu Tür führen, an den Seiten Kiesel, wie so ein Steingarten. Die Lampen dort neben der Eingangstür sollen Lampions werden und da gegenüber will ich einen Kirschbaum in Blüte malen, im Schattenschnitt. Blüten, vom Wind getragen, sollen hier um die Ecke herum wehen. Die Farben hier im Flur sind Rot und Schwarz. Ich hab' bereits ein paar Bilder zum Aufhängen“, und aus einer kleinen Ecke Gerümpel holte Kyle besagte beiden Bilder hervor: ein schwarzes Hanzi auf rotem Grund.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan nickte nachdenklich und blickte sich ausgiebig um, stellte sich die Beschreibungen vor. „Gefällt mir. Ich will meine Wohnung auch asiatisch einrichten.“ Ihn lockten die ostasiatischen Kulturen und ihre Kunst sehr an. Sie hielten eine merkliche und eigentümliche Würde fest, die er bewunderte. Noch war seine Wohnung studentisch-spontan und ging ihm langsam aber treffsicher auf die Nerven. „Nimmst du echte Kiesel oder diese polierten Fliesen? Du musst ja damit rechnen, dass man mal neben den Steg tritt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich hatte bereits an diese Fliesen gedacht. Die sind aber auch entsprechend teuer.“ Kyle öffnete die Tür zur Küche. „Hier will ich Sanjis Kombüse nachbauen. Eher Lämmchen statt Sunny. Viel Holz und auch den Herd will ich irgendwie verkleiden, damit er nicht so herausfällt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan grinste. Sie waren beide große One Piece-Fans. „Ist definitiv hübscher als so'n Campingtisch“, nickte er nach links, wo besagter Tisch aus Plastik stand. „Na, bin ich auf jeden Fall für. Von der Größe her würde ich Lämmchen sagen, so ein großes Aquarium passt hier wirklich nicht rein. Kannst du auch so kochen wie Sanji?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Natürlich“, zwinkerte Kyle und führte ihn weiter. „Im Schlafzimmer soll gar nicht viel rein. Nur ein großes Bett und der Schrank. Alles sehr gemütlich.“ Sie betraten den Raum, eine kleine Stufe führte vom Flur hinab. „Viel indirektes Licht auch, sonst eher Kerzen. Ein Raum nur für Entspannung und Erholung, ohne Moderne und ohne Hektik. Hier in die Ecke möchte ich gern meinen LARP-Charakter ausstellen, Kleidung, Accessoires und so weiter. Hier an der Wand, gegenüber vom Bett, würde ich dann meine Waffen aufhängen. Das Bett wird dann anders stehen, aber weil der Boden abfällt, muss ich mir das noch zurecht basteln.“ Mit einem kleinen Wink lotste Kyle ihn zurück in den Flur, wo ein Kämmerchen eingebaut war. Dort befanden sich die Waffen: historische Pistolen und die selbstgezimmerten Schwerter für das Zoro-Cosplay.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Cool, wirklich nicht übel“, bewunderte Yohan die Kunstfertigkeit der verzierten Verschläge auf den Pistolen und die drei Schwerter. „Scheiden hast du für die nicht gemacht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyle lächelte kurz: „Nee, ich muss die auch nochmal machen. Eben weil sie mit Scheiden viel zu dick sind. Hinterher weiß man eben, wie man's machen muss. Sind aber für mein erstes Mal richtig gut geworden.“ Als die Waffen alle wieder in dem Kämmerchen standen und lagen, wandte er sich um und öffnete die Tür zum Badezimmer. Ein Stufe führte hinauf. Es hatte sowohl Dusche als auch Badewanne, deswegen allerdings sonst nicht viel Platz. Kein Fenster. „Naja … Hier denk' ich an Yellow Submarine als Thema.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan lachte kurz. „Sehr passend. Dunkel, eng und feucht. Klar, warum nicht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Eben. Den Balken da kann man sicher gut in eine Rohrleitung verwandeln und über die Badewanne würd' ich ein Bullauge malen.“ Sie schlossen diese Tür wieder und traten durch die letzte Tür des Flures: ins Wohnzimmer. Hier stand ein altmodisches Sofa mit passendem Tisch und zwei abgewetzten Sesseln. „Das soll mein barockes Zimmer werden, das Sofa und die Sessel passen bereits, müssen nur noch aufbereitet werden. Ich habe auch bereits schon einigen Nippes und Klüngel zum dekorieren.“ Kyle trat an eine der beiden Fensterbänke und zeigte die Porzelanfigürchen. „Ich hätt' auch gerne ein Ölgemälde von H, das soll dann über dem Sofa hängen. Aber find sowas mal. Und bestellen kostet natürlich nicht wenig. Aber das wird kommen“, versicherte er entschlossen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mit Kronleuchter?“, fragte Yohan. „Meine Mutter hat zwei schwarze Kronleuchter in ihrem Flur hängen. Das sieht richtig abgefahren aus. Und wenn eine Epoche was über Kronleuchter weiß, dann der Barock.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyle nickte zustimmend: „Natürlich, genauso. Naja, im letzten Zimmer“, vom Wohnzimmer ging noch eine weitere Tür ab. Hier hinter zeigte sich papiernes Chaos, Bastel- und Cosplayutensilien aller Art und ein leerer Käfig, irgendwann hatte Kyle wohl ein Haustier besessen. „Hier werde ich nichts besonders machen, das soll mein Cosplayzimmer werden. Ordentlicher Schreibtisch, Platz zum Aufhängen der Stücke und so weiter.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nicht künstlerisch, sondern pragmatisch“, erkannte Yohan und musterte die Unordnung. “Da musst du aber noch so einiges machen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist schon sortiert“, rechtfertigte sich Kyle schnell. „Ich saß da letztens schon dran, sortieren und aufräumen und so. Erstaunlich, was man alles findet, so Unterlagen, die ich vor fünf Jahren dringend gebraucht hätte und solche Sachen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wunderte Yohan nicht. „So sieht das auch aus.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wollen wir einkaufen gehen?“, schlug Kyle vor und schloss die Tür wieder. „Ich muss aber vorher noch zur Bank. Das liegt auf dem Weg.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er nickte: „Okay.“ Meistens fand er rhetorische Fragen nutzlos. Hier verkleideten sie eine Aufforderung und an anderen Stellen verschleierten sie, dass Argumente fehlten oder der Witz nur halb durchdacht war. Yohan gehörte zu den Menschen, die aus Prinzip auf rhetorische Fragen antworteten, eben weil sie redundant waren und eine Antwort seinem Gesprächspartner dies unter die Nase rieb. Jetzt folgte er Kyle wieder hinaus aus der Wohnung und aus dem Haus, ihren zurechtgelegten Plan in die Tat umsetzen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie angekündigt gingen sie kurz an der Bank vorbei, einige Schritte später standen sie auf der Rolltreppe, die ins Kellergeschoss des Kaufhauses führte. Vor ihm breitete sich der gleiche Supermarkt wie bei ihm Zuhause aus. Einem Gewohnheitstier wie Yohan musste das gefallen. Sie stiegen von der Rolltreppe und betraten den Laden, wo die Gemüse- und Obstabteilung ihre Waren vorstellte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was wollen wir denn morgen essen?“, fragte Kyle.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Solche Entscheidungen waren für Yohan nur mäßig relevant, deswegen zuckte er kurz mit den Schultern. „Am besten ohne viel Gemüse. Ich bin eher der Fleisch- und Kartoffeltyp, Nudeln gehen auch immer.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyles Blick schweifte über die Auslage des Gemüses. „Hm, ich mach eine richtig, richtig gute Lasagne. Wie wäre das?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Oh ja!“, nickte Yohan. „Mein Mitbewohner und ich wollten schon längst mal wieder Lasagne machen. In unsere will man sich einfach nur reinlegen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dann hast du meine noch nicht probiert, die ist zum Niederknien.“ Mit diesem Plan packte Kyle Zwiebeln und Möhren in seinen Beutel. „Magst du Zucchini?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan schüttelte den Kopf: „Nein, überhaupt nicht. Paprika oder sowas kann ich ja tolerieren mittlerweile, aber Zucchini geht gar nicht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hm, sicher? Schade, die passt echt gut in die Lasagne. Aber ohne geht auch.“ Natürlich brauchten sie ebenso Lasagneplatten und passierte Tomaten, Käse war wichtig. „Was willst du heute Abend essen? Ich hätt' mal wieder Lust auf Ofenkäse.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Von mir aus? Hab' ich noch nie gegessen“, antwortete Yohan.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyle sah ihn an: „Wirklich nicht? Dann müssen wir das mitnehmen. So kannst du doch nicht weiterleben. Du hast da echt was verpasst, mein Lieber.“ Flink packte er zwei Ofenkäse in den Beutel, dazu etwas Baguette. „Milchprodukte haben zwar was gegen mich, Laktose und so, aber ohne Ofenkäse ist das Leben doch nicht lebenswert.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan grinste: „Na, wenn du das sagst, wird das wohl stimmen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das sage ich dir. Noch was Süßes oder Chips?“, schlug Kyle vor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Immer“, nickte Yohan und folgte ihm durch die Gänge. Vor dem Regal mit der Schokolade blieb er stehen. Auf welche Sorte hätte er dieses Wochenende Lust? Nougat und Joghurt klangen gut, so landeten entsprechend zwei Tafeln in Kyles Beutel. „Willst du auch welche? Ich teil' auch meine Schokolade mit dir“, bot Yohan witzelnd an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyle erwiderte den Blick amüsiert. „Du bietest mir Schokolade an, die ich von meinem Geld kaufe?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ja“, lachte Yohan. „Hast du doch gehört.“ Zugegeben, das war ihm einen Moment lang entfallen. Geld war ihm nicht wichtig, Schokolade und das kleine Glück seiner Freunde viel mehr.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nachdem für Kyle noch eine Tüte Chips in den Einkaufsbeutel wanderte, sah er prüfend hinein. „Ich denke … wir haben alles“, murmelte er gedehnt. „Wie sieht's mit Frühstück aus? Willst du Eier oder reichen dir meine?“ Kyle grinste spitzbübisch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan sah ihn einen Augenblick lang an. „Mach dir für mich keine Mühe. Toast und Wurst reichen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gott, du bist echt so trocken. Das kriegen wir schon noch hin.“ So ging Kyle Richtung Kasse und Ausgang. Hier gab es, im Gegensatz zu Yohans Heimat, automatische Kassen, wo der Kunde seine Einkäufe selbst einscannen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Während Kyle sich mit der Technik und den Einkäufen befasste, ging Yohan plötzlich ein Gedanke durch den Kopf: Hätte er anders antworten müssen? Er wüsste zwar nicht, was er auf Kyles Witz sagen könnte, aber abweisend wollte er nicht wirken. Immerhin mochte er ihn, sehr sogar. Gehörte es zum Ritual romantischer Absichten, solche Witze zu machen und darauf mit ähnlichem Witz oder schüchternem Gekicher zu antworten? Beides entsprach nicht seinem Charakter und spontanes Schauspielern ebenfalls nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan schob diese Gedanken beiseite, jetzt wäre eine Erwiderung zu spät. Lieber wollte er sich nützlich machen und die ersten Einkäufe wieder in den Beutel tun, aber Kyles Aufteilung der Lebensmittel in drei Haufen erzählte von eigenen Plänen. Tatenlos stand er also daneben und wartete, beim Heimtragen könnte er sich bestimmt nützlich machen, denn drei Arme hatte Kyle nicht. Drei Arme hatte nicht einmal sein Lieblingscosplay Zoro und der kämpfte mit drei Schwertern.[/JUSTIFY]

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ich lass' keinen an mich ran, schwimm' weit voraus | doch du bleibst an mir dran, gibst so leicht nicht auf | du willst mit mir tauchen gehen, bis auf den grund | doch ich hab' angst vor der tiefe – jetzt frag bitte nicht warum

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[JUSTIFY]Nach dem Einkauf stand Kyle in der Küche und bereitete die Soße für die Lasagne am nächsten Tag vor. Er schnitt das Gemüse, ließ die Tomatensoße köcheln und briet das Fleisch an; währenddessen sang das Handy Kyles Lieblingsmusik. Er wollte sie Yohan gerne zeigen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Derweil saß Yohan am Küchentisch, beobachtete Kyle und lauschte der Musik. Zwar war es nicht sein Geschmack, aber gute Musik war es allemal. Dann spielte er ein wenig von seiner eigenen Musik vor. Erst vor wenigen Tagen hatte Yohan ein neues Album gekauft und war total begeistert. Kyle stimmte zu, dass es intelligenter deutscher Hip Hop war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zwischendurch unterhielten sie sich ein paar Worte lang, über Musik und übers Kochen, ein bisschen über Familie. Ein Thema fand das nächste und für die Momente dazwischen sang die Musik aus den Lautsprechern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als die Soße fertig in ihrem Topf schwappte und das Fleisch gemütlich darin badete, verließen die beiden die Wohnung und schlenderten durch die Innenstadt. Entspannt redend gingen sie nebeneinander her, manchmal erklärte Kyle eine lustige Anekdote zu einem Ort.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eine Frau mit rotem Haar, sinnlichem Mund und langen Beinen kreuzte ihren Weg, sowohl Yohan als auch Kyle sahen ihr nach. Auch von hinten war sie hübsch. Ihre Finger waren mit denen ihres Freundes verflochten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Das ist ja gerade nichts für mich", wechselte Kyle abrupt das momentane Thema. "Was ist mit dir?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Verwundert blickte Yohan zu ihm: "Was soll mit mir sein?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Na, so Beziehung, Händchenhalten und sowas. Das könnte ich gerade nicht haben. In dem Bereich bin ich nicht mehr ganz … heile. Vertrauen und so finde ich schwierig."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan zuckte mit den Schultern. "Ich nehm's, wie's kommt. Das Leben ist auch schön allein, mit guten Freunden. Wenn sich was ergibt, ist das immer noch früh genug."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hm, auch eine nette Einstellung."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Man muss sich eben wohlfühlen, wenn das passiert. Das kann man nicht erzwingen, also warte ich auch nicht ungeduldig. Wie heißt es so schön: Es kommt immer anders, als man denkt."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyle lächelte ihn zustimmend an. "Da hast du wohl recht. So, wo willst du jetzt eigentlich hin?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Ehm …" Yohan wollte Zeit mit Kyle verbringen, das war eigentlich alles. „Wie wär' die Kirche? Ich schau mir gerne Kirchen an.“ Eines seiner Studienfächer war Kunstgeschichte und er besuchte gerne Kirchen, wo so viel Kunst von den Wänden blickte. Einst war Kunst Gottesdienst gewesen, aber das war bereits lange her.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ehm, okay. Ja, warum nicht“, nickte Kyle und lenkte ihre Schritte durch die Stadt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Straßen von H waren ruhig und provinziell. Yohan mochte das. Ob er Kyle damit langweilte, eine Kirche sehen zu wollen? Das war heutzutage alles andere als trendig oder spannend. „Ich schau' mir immer Kirchen an, wenn ich in einer Stadt neu bin“, erklärte er seine Wahl. „Wenn du mich besuchen kommst, zeig' ich dir die Nikolaikirche. Dort gibt’s noch viel von der mittelalterlichen Wandbemalung und Kunstwerke aus jeder Epoche christlicher Kunst. Sehr genial.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyle lächelte ihn an: „Klingt cool.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Fand Yohan auch, aber er wusste, nur selten traf sich sein Geschmack mit dem Geschmack anderer Menschen. Mittlerweile störte ihn das nicht mehr. Meistens. Er erwiderte das Lächeln.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann standen sie vor der Kirche. Yohans Blick wanderte den Turm hinauf: von Außen nicht sehr imposant. Sie betraten die Kirche und einen Moment brauchten seine Augen um sich nach dem hellen Licht des sommerlichen Nachmittags an die Beleuchtung in der Kirche zu gewöhnen. Die Kirche von H war ebenso ruhig und provinziell wie die Straßen, das sah er sofort.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyle warf bereits eine Münze in die Spendenbox; Yohan tat es ihm gleich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Warm lächelte die ältere Frau sie an. „Wollt ihr euch einfach umsehen? Vom Turm aus hat man eine gute Sicht auf die Stadt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Fragend sah Kyle zu Yohan: „Willst du da hoch?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wenn das geht“, nickte er kurz. „Das ist meistens ziemlich cool.“ Der Auf- und Abstieg war meist nur äußerst gewöhnungsbedürftig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die ältere Frau führte sie zu einer unscheinbaren Tür: „Hier hoch, dann über das Kirchenschiff rüber und wieder hoch.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan nickte verstehend und nahm die ersten Treppenstufen. Bald war der Aufstieg eng und steil und niedrig, immer die Wendung hinauf. Üblich für einen Kirchturm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ist das eng hier“, stellte Kyle fest.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan grinste: „Kirchtürme sind eben nichts für große Leute. Ich war mal auf einem, da musstest du die Treppe rückwärts runtergehen, um irgendwie die Balance zu halten. Das war schon hart. Dagegen ist dieser hier easy.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du läufst auch nicht wie eine Sardine in der Dose.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie stiegen viele Treppen hinauf, sehr viele. Dann überquerten sie das sticke Gewölbe und gingen eine Holztreppe nach der anderen hinauf. Immer noch ein Stück höher. Bis sie schließlich endlich an einer kleinen Tür ankamen und auf dem Kirchturm standen. Die Sommersonne schien noch immer und frischer Wind flatterte sanft um ihre Ohren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„H ist richtig, richtig grün“, erkannte Yohan und blickte sich um. Er sah die ganze Stadt und die vielen Bäume in den Straßen und zwischen den Häusern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Stimmt.“ Vielleicht war das für Kyle auch eine Überraschung. “Ist richtig schön.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan lehnte sich gegen das Geländer. „Das hab ich schon auf meiner Fahrt hierher gedacht: Deutschland ist erstaunlich grün. Man sagt ja immer das Gegenteil.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Guck mal, da wohne ich“, zeigte Kyle in die Richtung seines Heims. Es war gar nicht weit. Von hier oben erklärte er seine Heimatstadt: seine Wohnung, der Bahnhof, der Park mit dem Springbrunnen, die Hotels am Stadtrand und so manche Sehenswürdigkeit wie die alte Stadtmauer, der Fluss und die kleine Insel. „Da muss eine Wettergrenze liegen. Wenn es auf der einen Seite regnet, scheint auf der anderen die Sonne.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan lachte. „Das ist ziemlich cool.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nur auf der Sonnenseite.“ Kyle sah ihn an und lächelte. Plötzlich sagte er: „Ich mag dein Lachen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Überrascht blinzelte Yohan. „Wirklich? Ehm, danke?“ Ihm war das peinlich. Lief er gerade rot an? Mit seinem Glück bestimmt. Wer sagte denn so etwas? Und wieso? Wie sollte er antworten? „Das hat mir auch noch keiner gesagt.“ Normale Menschen kamen auf so blöde Ideen nicht. Er mochte Kyle wirklich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Na, du lachst einfach. Die meisten Menschen schämen sich dafür und kriegen grade mal ein müdes Lächeln zusammen. Und du lachst einfach, einfach so.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan schnaubte zweifelnd. „Das ist doch Blödsinn. Lachen ist gesund und gut und normal. Wir sollten alle mehr lachen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyle nickte: „Finde ich auch.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lange standen sie auf dem Kirchturm und unterhielten sich. Sie sprachen über die Stadt, über all die grünen Bäume und den herrlichen Sommer, sie sprachen über Menschen und die Schwierigkeit, sich einander begreiflich zu machen, sie sprachen über lustige Geschichten ihrer Freunde und über sie selbst. Sie sprachen lange und natürlich lachten sie immer wieder miteinander.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bis ein Mitarbeiter der Kirche durch die kleine Tür trat: „Wir schließen jetzt den Turm.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]War es wirklich schon so spät?[/JUSTIFY]

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Dominoleben

von wegen! bist wie gelähmt, deiner ohnmacht erlegen | und glaubst die sehnsucht wird sich schon wieder legen | aber das rattern kommt näher, stein für stein, es bringt den boden zum beben | würd' so viel geben, dich aus deiner komfortzone zu heben | du kannst ohne probleme raus, was großes bewegen | deine träume nehmen und los legen, bevor es zu spät ist, verdammt

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[JUSTIFY]Der Ofenkäse verströmte seinen Geruch durch die kleine Wohnung. Während Kyle zwischen Küche und Wohnzimmer hin- und herhuschte, um Besteck und Geschirr auf den mit aller Hand Dingen vollgestellten Tisch zu platzieren oder sich um den Film, den sie ansehen wollten, zu kümmern, rührte Yohan entspannt den Eistee durch und sah dem aufgescheuchten Huhn belustigt zu. Was man nicht im Kopf hatte, hatte man eben in den Beinen. Mit dem Spruch hielt er sich allerdings zurück, denn wie gut kannten sie sich schon? Kaum. Er wollte, dass Kyle ihn mochte, nicht den anderen vor den Kopf stoßen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schließlich standen der Ofenkäse und das Baguette auf dem Tisch und sie aßen gut zu Abend. Irgendwie – im Nachhinein konnte sich Yohan für sein Leben nicht daran erinnern wie – waren sie auf das Thema Rechtschreibung zu sprechen gekommen. Ein Thema, dass Yohan besonders gut kannte, denn darüber schrieb er gerade seine Abschlussarbeit. "Das lateinische Alphabet passt überhaupt nicht auf die deutsche Sprache. Es hat sich über das Griechische aus einem Konsonantenalphabet entwickelt – also einem Schriftsystem, wo nur Konsonanten geschrieben werden, keine Vokale. Das Deutsche hat aber einen reichen Fundus an Vokalen, ungefähr 15 einzelne Vokale haben wir. Das Spanische hat zum Beispiel nur fünf. Kein Wunder also, dass wir zusätzliche Buchstaben erfinden mussten, um überhaupt damit fertig zu werden. Trotzdem steht ein Vokalbuchstabe für mindestens zwei Vokale, lang und kurz, was im Deutschen gleichzeitig ein Unterschied zwischen geschlossen und offen ist. Welcher Vokal gemeint ist, sieht man im Deutschen nie an dem Vokalbuchstaben selbst, sondern welche Buchstaben ihm folgen. Persönlich halte ich das ja für wenig sinnvoll, wenn man 'schreiben will, wie man spricht.' So ein Leitsatz macht erst dann Sinn, wenn tatsächlich jeder Laut seinen eigenen Buchstaben hat. Hat es im Deutschen aber nicht, weder bei den Vokalen und auch nicht bei den Konsonanten. Weil wir Konsonanten haben, die das Lateinische nicht kannte, haben wir so tolle Kombinaten wie s-c-h, wo drei Buchstaben zusammen für einen Laut stehen. Das ist doch wirklich nicht sinnvoll und macht das Erlernen und Anwenden von Schrift unnötig schwierig. Besonders dann natürlich, wenn mit Standarddeutsch etwas geschrieben wird, was kein einziger Deutscher wirklich spricht. Wir können also alle nur bedingt von dem ausgehen, was wir selbst sprechen. Ich mein', ich hab' Glück aus Niedersachen zu stammen, wo Dialekt ja praktisch nicht vorhanden ist. Also offensichtlich, obwohl gerade einige syntaktische Strukturen aus dem Plattdeutschen kommen. Jedenfalls spreche ich bestimmte Wörter anders aus, als unsere Schrift oder die Aussprachenormen das sagen. Ich sage zum Beispiel 'nießen' statt 'niesen', mit einem scharfen S. So à la 'Ich muss nießen, hast du 'n Taschentuch für mich?' Ich sage das immer mit einem scharfen S, aber es ist eigentlich ein weiches. Oder 'wird', das finite Verb, spreche ich weniger mit einem I, sondern eher mit einem kurzen Ü. Das ändert sich natürlich nicht, selbst wenn wir die Laut-Buchstaben-Zuordnung vereinfachen würden. Wusstest du, dass das lateinische Alphabet nicht nur mit dem griechischen und dem russischen verwandt ist, sondern auch mit dem hebräischen und mit den arabischen und den indischen Schriften? Stammbäume von Schriftsystemen sind richtig cool und haben oft gar nichts mit Sprachfamilien und ihren Grenzen zu tun." Yohan liebte sein Studium der deutschen Sprache, mehr noch als das Studium der Kunstgeschichte. Eigentlich hielt er sich mit anderen Menschen zurück, so viel über Sprache und Schrift zu reden, denn natürlich wusste er, dass andere Menschen das nur mäßig bis gar nicht interessant fanden. Für ihn war Grammatik spannend, deswegen war er meist der Spinner. Wieso sie jetzt auf dieses Thema gekommen war, war ihm wirklich schleierhaft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Okay, okay", ging Kyle dazwischen, während Yohan sich einen Bissen von dem Ofenkäse gönnte. "Das ist wirklich interessant und alles, aber mir raucht langsam der Kopf. Können wir ein bisschen über was anderes reden? Wir brauchen ja auch noch was für morgen."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Klar, 'türlich. Kein Ding. Was schlägst du vor?" Vielleicht käme Yohan dann zum Essen. Ofenkäse war tatsächlich eine nette Mahlzeit.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]"Hm", überlegte Kyle kauend.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan sah ihn grinsend und abwartend an. War das nicht eine schön bescheuerte Frage? Er konnte es hassen, wenn ihn jemand mit solchen Worten ansprach. Gerade weil er gerne über Themen sprach, die andere kaum interessierten. Er wollte ja wirklich niemanden langweilen. Das wenige Spritzige und Spannende, das er zu sagen wusste, hob er sich für seine Fanfictions auf. Er hatte Fans, da gab es für ihn einen Standard zu verteidigen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schließlich sprachen sie über Fernsehserien. Immer ein dankbares Thema, auch wenn sich ihr Geschmack nur mäßig überschnitt. Allerdings war Yohan sehr wohl der Meinung, dass man nicht die gleichen Dinge mögen musste, um einander zu mögen. Er war neugierig auf die Welt und auf das Andere, mit jemandem befreundet zu sein, der exakt und ausschließlich dasselbe mochte wie er selbst, war ihm eine langweilige Vorstellung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann war der Ofenkäse und das Baguette aufgegessen, der Eistee ausgetrunken und Kyle räumte den Wohnzimmertisch ab. Wenig später fing der Film an. Kyle kuschelte sich in seine Decke. "Willst du auch?"[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan saß bequem auf seiner Ecke des Sofas. "Ehm … Nee, danke. Bin nicht so der kuschelige Typ."[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kyle zuckte mit den Schultern. Beide sahen sie auf den Bildschirm und wie der Vorspann des Filmes dahinflimmerte.[/JUSTIFY]

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Nachtluft

sie bringt frische in abgestandene wünsche | nur durch den glasklaren klang ihrer stimme | sie trägt einen hauch von licht | die schwere von gestern verfliegt, wenn man auf sie trifft | und alles scheint so leicht umgeben von ihr | kannst du es spüren? jetzt ist sie hier

nachtluft | nachtluft | zwischen uns

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[JUSTIFY]Yohan blinzelte in die Dunkelheit. Es war weit nach Mitternacht, er und Kyle lagen tatsächlich in dessen – im selben! - Bett und natürlich konnte Yohan nicht schlafen. Wie prophezeit. Zwar machte sich Kyle sehr gut als Heizung und es war muckelig warm unter der Bettdecke, aber das half nicht. Er hörte das Atmen des anderen und er hörte das Rascheln der Decke bei jeder Bewegung. Er selbst lag steif an seiner Bettkante und traute sich kaum eine Bewegung zu. Er wollte Kyle nicht versehentlich wecken, nur weil er keine bequeme Schlafposition fand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder leises Rascheln von der anderen Seite, aber nah, sehr nah. Dann Gewicht auf ihm. Zu nah! Yohan erkannte: Kyles Arm lag um ihn. War das Absicht oder Zufall? War Kyle wach? War das Schlafflirten, eine Weiterentwicklung von Schlafwandeln? Oder war das richtiges Flirten und zwar der handfesten Sorte? Wie sollte er darauf reagieren? Wenn Kyle wirklich schliefe, sollte er dann überhaupt darauf reagieren? Aber wenn Kyle nicht schliefe, was dann? Könnte Yohan einfach so tun, als schliefe er und bekäme das nicht mit? Aber was für ein Signal sendete das an den möglicherweise wachen Kyle? Er wollte nicht abweisend wirken. Hätte er das Angebot zum Kuscheln beim Film eigentlich annehmen sollen? War das noch so eine Situation, wie der dreckige Spruch beim Einkaufen, wo er mal wieder in die soziale Falle getappt war? In einer billigen Liebeskomödie hätten sie auf dem Sofa gekuschelt, irgendwann angefangen sich zu küssen und dann den Film vergessen. Vermutlich, weil es eine Komödie war, wären sie fummelnd vom Sofa gefallen. Witz und so. So lief es zwischen normalen Menschen. Ein normaler Mensch würde sich jetzt auch an Kyle kuscheln, die Augen schließen und zufrieden schlafen, weil es sich zumindest so anfühlte, als ginge der Plan auf, den Yohan nicht hatte. Aber nein, Yohan war kein normaler Mensch und versuchte Antworten auf Fragen zu finden, deren Stellen bereits sinnlos war. Vor allem um diese Uhrzeit.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Arm um ihn war irgendwie nett und unangenehm zu gleich. Yohan wurde nicht gerne betatscht und hielt von anderen Menschen lieber einen Sicherheitsabstand, ungefähr eine Armeslänge. Allerdings war es Kyles Arm und das war weniger furchtbar als angenommen. Überraschend. Vielleicht könnte Körperlichkeit mit ihm sogar Spaß machen … Zurückspulen. So weit waren sie nun wirklich nicht, nur weil ein vielleicht wacher oder vielleicht schlafender Kyle seinen Arm um ihn gelegt hatte. Erst einmal musste der Arm auch bei Tageslicht funktionieren. Man sagte doch: Schlaf eine Nacht drüber, morgen, wenn die Sonne scheint, sieht alles ganz anders aus. Das befürchtete er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Yohan schloss wieder die Augen, aber an Entspannung war gar nicht zu denken. Nicht in seinem Kopf, aber auch nicht in seinem Körper. Kyles Arm brannte sich heiß in seine Sinneseindrücke. Er sollte nicht Zoro sondern Ace cosplayen, das passte wie die Feuerfaust aufs Auge. So konnte er erstrecht keine bequeme Schlafposition suchen, er würde Kyle garantiert wecken. Wie sollte er so schlafen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gar nicht.[/JUSTIFY]


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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von: abgemeldet
2016-02-29T21:04:29+00:00 29.02.2016 22:04
Oh, was für ein wunderbarer Text!

Ich selbst kann das alles sehr gut nachvollziehen, vor allem als Bahnfahrer - manchmal können die Sekunden einfach zu schrecklichen Ewigkeiten werden, vor allem, wenn man einen Termin hat - oder es kalt ist. Oder man einen Termin an einem kalten Tag hat. Brrr.
Wirklich lachen musste ich bei der Durchsage x'D Diese Hoffnung, wenn man das knacken der Lautsprecher hörte und dann diese....dumme Durchsage (bei der übrigens eine Freundin als Kind immer dachte, dass es daran läge, weil in den Koffern Schlangenmenschen drin sind und man die ja nicht klauen soll).  Ich kann es nachvollziehen!
 
Ich finde deinen Text nicht nur nachvollziehbar, sondern vor allem wunderbar geschrieben. Du hast den richtigen Dreh raus, um mit Schachtelsätzen nicht den Leser zu überfordern und durch kurze Ellipsen das Warten darzustellen. Allgemein wirkt dein Text wunderbar auf den Leser, man fieber mit, ja, wartet mit, ohne dass es zu langatmig wirkt. Dabei hast du dann einfach traumhafte Konstruktionen wie z.B. diese hier:
 
Die Zeit stand wie in die Bahnhofsuhr gemeißelt fest, das Gleis war eine Zone klebriger Trägheit, der keine Uhr entkam.
 
Die Fahrt selbst wäre noch lang genug und voll mit Warten.
 
Daneben schaffst du es, durch Nebensätze wunderbar den Charakter eine Tiefe zu verleihen, ohne das es aufgesetzt wirkt, bspw., dass er früher Raucher war, - und das seit "einigen Jahren" (!) sich abgewöhnt -  dass er mit dem Geld aufpassen muss, dass er Manga liest, die soziale Unsicherheit... ich finde es interessant, wie du einen zunächst blassen Charakter (der nur durch das "warten" charakterisiert wurde) nach und nach eine Form gibst.
 
Ich finde es etwas merkwürdig, dass, kaum war der Name des anderen genannt (Kyle) er ständig genannt wurde, als wäre eine Barriere durchbrochen. Gleichzeitig nahm ich es als nette Methode, um die Aufgeregtheit darzustellen, Kyle hier, Kyle da... das war i sofern auch für den Text gut gemacht!
Ich dachte am Ende, als der Zug einfuhr, dass er sicher dasitzt und sich denkt: "Nur noch fünf Stunden!... Oh gott, NUR noch fünf Stunden!" und ich musste grinsen, als es im zweiten Abschnitt wirklich so war.
 
Ich musste auch grinsen, als das Ganze mit Animexx eine sehr realitische Note erhielt. Tatsächlich war ich gerade am Anfang skeptisch, dass man zu jemanden fährt, den man nur online kennt, aber man erfuhr ja, dass sie sich so gesehen sogar "offline" kennen gelernt hatten.
Bislang war der Text ja sehr allgemein gehalten und konnte schlussendlich für alles gelten (und auch für das Kennen lernen im gesamten Internet), auch wenn sicherlich Animexx in den Gedanken schnell aufkam (auch bei mir, zugegeben). Dass es aber explizit benannt wird, ließ mich grinsen. Mit einem Mal wurde es in meinem Kopf auch von der Geschichte zu einer "wahren Begebenheit" hochgestuft. Allerdings wurde mir recht schnell klar, dass es sich dennoch nur um eine Geschichte handeln konnte: Die Züge waren alle pünktlich und es gab keine Vorkomnisse auf der Reise. Völlig unmöglich! ;)

Ich mag auch das offene Ende sehr, wobei ich es schön finde, dass durch den Anruf es ja schon in eine bestimmte Richtung gelenkt wurde. Es zeigte wunderbar, dass es dem anderen ja auch wichtig ist - gerade von Kyle las man ja nur das, was gedacht oder interpretiert wurde - und das zeigt ja schon in eine bestimmte Richtung, was ich sehr gut finde, da der Leser so nicht ganz ohne Andeutung entlassen wurde ;)

Allgemein hat die Geschichte mir unheimlich toll gefallen, sowohl vom Stil (wunderbar), als auch vom Inhalt. Ich bin begeistert!
 
(und was privates zum Schluss:
"Er wusste nie, wie er liegen sollte, ob er sich bewegen konnte und an Schlaf war sowieso nicht zu denken."
 
I feel with you! xD)
Antwort von:  In-Genius
01.03.2016 07:34
Oh, was für ein wunderbarer Kommentar!

Danke schön, dass du deine Gedanken mit mir teilst. Ich hoffe ja immer, dass es irgendwo da draußen mindestens einen Menschen gibt, der solche Beklemmungen auch denkt: dieses Warten, diese Aufgeregtheit und dieses Befürchten von Dingen, von denen man gar nicht weiß, ob sie überhaupt passieren.

Vor allem freut mich, wie und das du meinen Stil beschreibst. Ich höre oft, ich hätte einen guten Schreibstil – und das weiß ich auch – aber selten schaffen es andere, dieses in erklärende Worte zu fassen. Ich persönlich finde das auch schwer, wenn ich mal den Stil meines Lieblingsautors erklären sollte. Danke dafür!

Ein paar direkte Anmerkungen:
- Auf Konstruktionen wie "eine Zone klebriger Trägheit" bin ich auch selbst stolz. Das sind meine eigenen Lieblingssätze.
- Wenn die beiden aufeinandertreffen, kommen die Namen noch ein bisschen häufiger. Wenn mein zwei verschiedene Er's hat, kommt man – Autor und Leser – sonst schnell durcheinander, welcher er wer ist. Und ja, natürlich ist er aufgeregt.
- Wenn ich Bahn fahre sind meine Züge in der Hälfte der Fälle alle pünktlich. Außer wenn Schnee liegt oder wenn's über 30 Grad warm ist, dann ist immer was. Aber sonst habe ich ziemliches Glück beim Bahnfahren. *drückt sich weiterhin die Daumen dafür*
- Jaah! Noch jemand, dem das auch so geht *__* Endlich!

Es freut mich ungemein, dass dir der Text gefallen hat und vielen Dank für deinen wundervollen Kommentar.


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