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Unbalanced Love

Ungestandene Liebe, Eifersucht, Verdacht und Mord
von

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Liebende Worte, die ich niemals sagte

µ‘s. Die Schoolidolband, die das Love Live! unsicher gemacht hatten, um ihre Schule vor der bevorstehenden Schließung zu retten. Dieses Vorhaben war nicht immer leicht, da es einige Schwierigkeiten zu meistern gab. Am Ende hatten sie das Love Live! zwar nicht gewonnen, aber dennoch dafür gesorgt, dass sich genügend neue Schüler an ihrer Schule anmeldeten. Darüber waren die Mädchen sehr glücklich gewesen, da sie ihre Schule sehr liebten und diese nicht aufgeben wollten. So setzten Honoka, Umi, Kotori, Hanayo, Rin, Maki, Nozomi, Eri und Nico ihren Weg weiter fort und hatten zumindest ein bisschen Ruhe, bis das nächste Love Live! starten würde. Zwar waren Nico, Eri und Nozomi mittlerweile im dritten und letzten Jahr, was sie aber nicht dazu brachte, bei µ‘s auszusteigen. Die Prüfungen in der Schule waren zwar wichtig, dennoch konnten sie ihre Freunde nicht im Stich lassen. Schon gar nicht, da sie beim zweiten Versuch endlich die Chance hatten, sich auf einen Sieg des Wettstreits zu konzentrieren. Es gab immerhin keine Schule mehr zu retten, was ja eigentlich der Grund für die Teilnahme am Love Live! gewesen war. Diese Geschichte spielt daher zwischen Staffel eins und zwei.
 

Diejenige die am meisten über das Ende des Events glücklich war, konnte man sehr einfach bestimmen. Keine andere als Umi hatte am meisten aufgeatmet, da sie selbst gemerkt hatte, wie viel sie sich da eigentlich aufgebürdet hatte. Natürlich hatte es ihr Spaß gemacht, an der Seite ihrer besten Freunde Kotori und Honoka zu tanzen und auch zu singen, aber sie selbst war am Anfang eher dagegen gewesen. Es war ihr peinlich gewesen, man solle ja nicht ihre Knie sehen und auch so fand sie die Kostüme der Idols heutzutage eher peinlich. Manchmal konnte sie selbst nicht recht glauben, das Honoka sie zu dieser Sache überredet hatte. Und die Sache mit den Klamotten hatte es am Anfang noch schwieriger gemacht, da Kotori übereifrig dabei gewesen war und dafür gesorgt hatte, das sich Umi nicht immer in den von ihr neu genähten Klamotten wohl fühlte. All das hatte Umi viel Überwindung gekostet, die doch eigentlich lieber weiter zusammen mit Honoka im Kendoclub geblieben wäre. Doch ihre beste Freundin war damals so felsenfest davon überzeugt, dass sie es als Idols sehr weit schaffen würden und sie hatte ja nicht ganz Unrecht gehabt. Selbst nach vielen Zweifeln und Missgeschicken hatten sie es geschafft, ihre Schule zu retten und das war doch schon mal Gold wert. Doch Umi hätte das alles wohl nur für Honoka getan, für die sie schon länger insgeheim ein paar Gefühle hegte. Diese hatte aber wirklich gar nichts davon mitbekommen und war weiter so glücklich und fröhlich, wie niemals zu vor. Umi machte es genauso glücklich, Honoka glücklich und fröhlich zu sehen. Doch irgendwo schmerzte sie es, dass ihre beste Freundin nicht bemerkte, was sie für sie fühlte. Stattdessen war Honoka in letzter Zeit viel öfter dabei, Zeit mit Kotori zu verbringen, was ihr sogar irgendwie ein Dorn im Auge war. Sie mochte beide gern, wollte Honoka aber nicht an Kotori verlieren. Immerhin hatte ihre heimliche Liebe schon das Interesse an ihrem gemeinsamen Hobby verloren und wenn jetzt noch eine andere kommen würde und ihr Honoka weg schnappen würde, wäre sie wohl für immer und ewig unglücklich gewesen. Doch Kotori machte selbst nicht den Anschein darauf, Interesse für Honoka zu hegen. Andersrum konnte Umi das Ganze nicht einschätzen, doch sie glaubte einfach fest daran, dass es nicht so war. Kotori und Honoka ähnelten sich nur in einer Sache und das war die Tatsache, dass man bei den beiden nicht wirklich einschätzen konnte, in wen sie eigentlich verliebt waren. Sonst waren die beiden wie Tag und Nacht. Honoka war eher faul, lernte wenig für die Schule und war höchstens eine durchschnittliche Schülerin. Dennoch war sie beliebt und lebhaft, hatte fast immer gute Laune und war wirklich selten schlecht gelaunt. Kotori dagegen war sehr fleißig und lernte gemeinsam mit ihren Freunden so oft es ging und erklärte ihnen auch oft einmal etwas, wenn sie was nicht verstanden hatten. Sie schneiderte die Kostüme von µ‘s mit viel Liebe und Kreativität, weshalb sie sogar auf eine Modeschule im Ausland gehen hätte sollen. Doch nur wegen ihren Freunden war sie doch nicht in den Flieger gestiegen und letztlich in Japan geblieben. Ihre Freunde bedeuteten ihr einfach alles und sie hatte immer ein offenes Ohr für diese. Dennoch hatte sie ihren Kopf in den Wolken, war oft verträumt und abwesend, wenn man sie ansprach. Das war nun mal Kotori. So kannte sie jeder und auch als Kind war sie schon so gewesen, immerhin kannte Umi sie und Honoka schon seit dem Kindergarten.
 

Umi Sonoda ging wie ihre besten Freunde ins zweite Jahr und war sechszehn Jahre alt. Neben dem Kendoclub in dem sie war, zählten auch noch lesen und Kalligrafie zu ihre liebsten Hobbys. So wie Kotori für die Kostüme von µ‘s zuständig war, hatte sich Umi für die Songtexte der Songs verantwortlich gemacht, welche musikalisch und melodisch von Maki komponiert und eingespielt wurden. Sie war ein schlankes, eher flachbrüstiges Mädchen und 1,59 m groß. Ihre dunkelblauen, hüftlangen Haare trug sie so ziemlich immer offen und ihre Augenfarbe war ein recht gelbliches braun. Fragte man ihre Mitschüler, beschrieben sie diese als eher schüchternes, zurückhaltendes aber doch sehr liebenswertes Mädchen. Außerdem hatte sich in der Zeit des Trainings gezeigt, dass Umi auch sehr streng sein konnte und ehrgeizig dabei war, ihre Ziele zu erreichen. Diese Strenge kannte Honoka von ihr schon aus dem Kendoclub, aber sie hätte damals nicht gedacht, dass Umi auch als Idol so tatkräftig bei der Sache war. Dieser Ehrgeiz sollte sich aber auch bald auszahlen. Denn Umi war seit der der Geschichte mit dem Love Live! sehr beliebt bei ihren Mitschülern. Ständig bekam sie Post von Mitschülern, Fans und Verehrern, die liebend gern eine Antwort von ihr gehabt hätten. Allerdings war sie oft viel zu schüchtern, um darauf zu antworten. Immerhin liebte sie ja eigentlich nur eine Person und das war Honoka. Jemand anderes interessierte sie eigentlich nicht. Doch irgendwie gab ihr auch die Sache mit Honoka und Kotori keine Ruhe. Egal ob Kotori nun Interesse an Honoka hatte – wenn sie Interesse an Kotori hatte, wären Umis Chancen bei ihr null gewesen. So richtig heran traute sie sich allerdings auch nicht, weshalb sie den Gedanken, ihr endlich die Liebe zu gestehen, sehr schnell verwarf. Vielleicht war es auch besser so, da Honoka es vielleicht sogar für einen Scherz halten könnte und sie auslachen würde. Denn diese faule Ader an Honoka störte Umi schon gewaltig, was wohl das einzige war, was sie wirklich an ihr nervte, aber damit war sie auch nicht allein gewesen. Eri, eine Mitschülerin aus dem dritten Jahr und ebenfalls Mitglied von µ‘s quälte sich auch oft mit ihr herum, da sie ebenfalls streng mit dem Training der anderen war. Das lag aber auch daran, dass sie als Kind Balletttänzerin gewesen war und in diesem Sinne einfach weitaus mehr Disziplin und Kenntnisse hatte, als die anderen.
 

An diesem Mittwochabend saß Umi allein daheim vor ihrem Schreibtisch. Sie hörte Musik und schrieb gerade einen neuen Songtext, der für einen neuen µ‘s Song verwendet werden sollte. Eigentlich hatte sie noch einige im Hefter rumliegen, doch sie wollte noch einen für den neuen Song schreiben, denn Maki erst vor ein paar Tagen komponiert hatte. Diese war im Jahr unter ihnen und wollte zum Anfang gar nicht erst zugeben, für die Mädchen Songs einzuspielen und zu komponieren. Doch irgendwann ließ sie sich von ihren Freunden Rin und Hanayo dazu erweichen und war der Gruppe beigetreten. Umi fand ihre Melodien sehr schön und bewunderte sie schon ein wenig für ihre musikalische Begabung. Allerdings waren Makis Eltern am Anfang eher gegen das Hobby ihrer Tochter gewesen, da diese irgendwann das Krankenhaus ihrer Familie übernehmen sollte. Sie war quasi ein Mädchen aus feinem, reichem Hause. Umi dachte also weiter nach, kam aber nicht recht auf einen Text, der zur Musik passte. Es war ein eher sanfter Song, der von einem Piano dominiert wurde. Dazu kamen noch ein paar ebenfalls sanfte Gitarren. Diese Melodie vermittelte eher etwas sentimentales, was Umi sehr gefiel. Deshalb wollte sie eigentlich so schnell es ging einen Text zu diesem Song schreiben. Dann fing sie an etwas zu schreiben, was allerdings nicht wirklich mit dem Song zu tun hatte.
 

„Liebe Honoka,
 

wir sind seit einigen Jahren beste Freunde und kennen uns seit dem Kindergarten. Auch wenn ich dich manchmal anfahre und hin und wieder streng zu dir bin, bedeutest du mir sehr viel. Ich weiß nicht wann ich angefangen habe, Gefühle in dieser Richtung zu entwickeln, doch ich weiß, dass ich weitaus mehr für dich empfinde, als nur Freundschaft. Ich liebe dich und ich möchte, dass du das endlich bemerkst, da ich das Gefühl habe, du bemerkst diese Gefühle meinerseits überhaupt nicht. Mir brennt das alles schon sehr lang auf der Seele, weshalb ich endlich Klarheit haben möchte. Denn du bist der Mensch, der mir am allerwichtigsten auf dieser Welt ist.
 

In Liebe
 

Umi“
 

Während des Schreibens bemerkte Umi nicht wirklich, was sie da eigentlich schrieb. Als sie genauer hinschaute und sich alles noch einmal durchlas, schüttelte sie mit dem Kopf und versteckte das Blatt irgendwo zwischen ihren Schulheftern. So etwas konnte und wollte sie Honoka einfach nicht schreiben. Es wäre zwar weitaus einfacher gewesen, doch es war ihr eigentlich lieber, persönlich mit ihr darüber zu sprechen. Doch dagegen sprach immer noch die Sache, dass Honoka das Ganze nicht ernst nehmen würde. Was sollte sie tun? Umi saß etwas verzweifelt da und vergrub ihren Kopf unter ihren Armen, die sie auf den Tisch gelegt hatte. Wie lange sollte das so noch weiter gehen? Am Ende würde es ihr irgendwann rausrutschen und sie würde es nicht mal bemerken. Vielleicht sollte sie jemanden fragen, der darüber Bescheid wusste und ihr einen guten Rat geben konnte. Jemand, der selbst schon mal in einer solchen Lage war. Doch wenn konnte sie so schnell mal wegen so etwas fragen? An Kotori traute sie sich nicht wirklich heran, da diese vielleicht sogar selbst Gefühle für Honoka hatte. Außerdem kannte diese Umi einfach zu gut und würde sie sehr schnell bei dieser Sache durchschauen. Honoka selbst im hypothetischen Sinne zu fragen war auch lächerlich, da man keine ernste Antwort von ihr erwarten konnte. Außerdem glaubte Umi nicht daran, das Honoka schon einmal in ihrem Leben ernsthaft verliebt war. Zumindest hatte sie noch nie wirklich einen Eindruck in diese Richtung gemacht. Rin, Maki und Hanayo konnte sie auch ausschließen, da diese wahrscheinlich in ihrem Alter noch nicht genug Erfahrung in solchen Dingen hatten. Und selbst wenn, kannte Umi die drei nicht so gut, dass sie diese so etwas fragen könnte, auch wenn sie ihnen vertrauen würde. So blieben eigentlich nur noch Eri, Nico und Nozomi. Nico zu fragen wäre auch eher kontraproduktiv gewesen, da diese eigentlich nur in sich selbst verliebt war. Nozomi hätte ihr sicher zugehört, hätte dann aber irgendeine verrückte Idee gehabt, die Umi viel zu heikel gewesen wäre. So blieb nur noch Eri übrig, die sie hätte fragen können. Doch traute sie sich das auch wirklich zu? Eri war eine vertrauenswürdige Person, doch hatte sie auch in Sachen Liebe Ahnung? Die Schülerratspräsidentin hatte ihr zumindest bei ein paar Problemen geholfen, aber noch nie bei so einem. Deshalb nahm sich Umi ihr Telefon und schrieb dieser erst einmal eine Mail.
 

„Hey, Eri-senpai. Ich hab da ein kleines Problem und weiß nicht recht, mit wem ich darüber reden soll. Könnten wir uns vielleicht morgen in der Schule treffen und mal allein reden? Es wäre relativ wichtig und ich bräuchte unbedingt Rat bei der Sache. Geht das?“
 

Umi schickte die Mail ab und wartete gar nicht so lange auf eine Antwort. Vielleicht fünf Minuten, wenn überhaupt.
 

„Sicher, klar. Komm einfach morgen nach der Schule in den Versammlungsraum des Schülerrats, Nozomi hat dafür sicher Verständnis. Bis morgen, hab einen schönen Abend. ^_^“
 

Diese Nachricht brachte Umi ein Grinsen ins Gesicht. Sie war immer so nett und höfflich, das mochte Umi an Eri. In diesem Moment vibrierte ihr Handy und Umi schaute erst einmal nur grob darauf. Es war die Gruppenkonservation von µ‘s, die Honoka irgendwann einmal aufgemacht hatte. Dort waren sie alle hinzugefügt und konnten sich gegenseitig schreiben, so dass es alle mitbekamen. Diejenige die in die Konfi geschrieben hatte, war Rin. Eine Schülerin aus dem ersten Jahr, die meist sehr munter und fröhlich war.
 

„Rin Hoshizora, 21:52: Habt ihr das schon gehört? In der Schule soll irgendjemand herum laufen und Mädchen aus dem zweiten Jahr verschleppen, nya. Es sollen schon mindestens zwei von ihnen verschwunden sein, hab ich gehört, nya.
 

Hanayo Koizumi, 21:52: W-Was, echt? Das klingt ja fürchterlich, bitte nicht.“
 

Was Rin da wohl wieder gehört hatte? Wahrscheinlich war es nur so ein Gerücht, dass irgendjemand in die Welt gesetzt hatte. Warum sollte auch jemand ein paar Mädchen aus dem zweiten Jahr verschleppen? Es handelte sich wohl nur um jemanden, der etwas länger krank gewesen war und wo man vielleicht nicht recht wusste, warum derjenige fehlte. Daraus gleich eine Straftat eines Fremden zu machen, war etwas hochangesetzt. Also schrieb sie ihr direkt ein paar Sätze, damit die anderen nicht auf falsche Gedanken kamen. Außerdem schien sich Hanayo, ein weiteres Mädchen aus dem ersten Jahr, eher vor dieser Geschichte zu gruseln.
 

„Umi Sonoda, 21:53: Bist du dir da sicher? Wahrscheinlich ist das nur irgendeine kranke Schülerin, von der man schon länger nichts gehört hat. Das hat sich sicher nur irgendjemand ausgedacht.
 

Maki Nishikino, 21:54: Umi hat Recht. Hab keine Angst, Hanayo. Rin wird sicher nur irgendeine Gruselgeschichte aufgeschnappt haben.“
 

Zumindest schien sie nicht die einzige zu sein, die so dachte. Maki war von den drei Erstklässlern noch diejenige, die am erwachsensten war und in solchen Situationen auch Ruhe bewahren konnte.
 

„Honoka Kousaka, 21:55: Hey, hey, Umi. Hast du etwa Bammel, dass dich derjenige auch verschwinden lassen könnte?”
 

Umi musste schon ein wenig schlucken. Angenommen es wäre wirklich ein Verbrecher dieser Art unterwegs, so war Honokas Aussage eher unangebracht. Sie ärgerte sich aber schon ein wenig darüber, selbst wenn sie es nur im Spaß meinte.
 

„Umi Sonoda, 21:56: Habe ich nicht, nein. Ich konzentriere mich auf das Wesentliche und nicht auf irgendeine Horrorgeschichte, die sich irgendwer ausgedacht hat um anderen Angst zu machen.
 

Honoka Kousaka, 21:56: Umi-chan, du bist echt ’ne Spielverderberin.“
 

Langsam wurde es ihr zu blöd. Sie legte das Handy weg und versuchte sich weiter auf den Text vor sich zu konzentrieren. In diesem Moment klingelte es auch schon wieder, aber es war keine Nachricht in der Konfi, sondern ein Anruf. Wer das wohl war? Umi schaute auf den Display, auf dem Kotoris Foto zu sehen war. Sie hatte ihren Kontakten Fotos zugeordnet, damit sie schnell erkennen konnte, wer sie anrief. Was Kotori wohl um diese Uhrzeit wollte?
 

„Umi Sonoda, hallo?“
 

„Hey, Umi-chan. Ich bin’s, Kotori. Hast du vielleicht morgen nach der Schule Zeit, mit Kotori gemeinsam einkaufen zu gehen?“ Kotori wirkte wie immer lieb, süß und unschuldig. Sie war so ein Mensch, der niemandem wirklich schaden konnte.
 

„Klar, warum nicht. Nur du und ich, oder kommt noch jemand mit?“ fragte Umi, die erwartete, dass irgendjemand die beiden begleiten würde. Sie konnte Kotori kurz überlegen hören, doch dann antwortete sie recht schnell.
 

„Nein, eigentlich nicht. Nur wir beide, es sei denn, du willst noch irgendjemanden mitnehmen.“ antwortete sie.
 

„Okay, gibt es sonst noch was?“
 

„Nein, alles okay.“
 

„Na dann, bis morgen.“
 

Umi legte auf. Also war alles in Ordnung, das war doch ganz gut. Irgendwo war sie in Gedanken schon wieder bei dem Fall, von dem Rin erzählt hatte. Doch das war einfach nur Schwachsinn gewesen und Umi schüttelte den Kopf. Warum machte sie sich über so etwas Gedanken? An ihrer Schule war so etwas noch nie vorgefallen und das würde auch so schnell nicht vorkommen. Im ersten Moment, als Kotori anrief, hatte sie schon ein wenig Angst gehabt. Dass sie ihr vielleicht irgendwas erzählen würde, was diesen Fall betraf. Oder wenn sie selbst in Schwierigkeiten dieser Art gewesen wäre. Allein der Gedanke ließ Umi schon ein wenig zusammenschrecken. Doch letztlich war es nur ein gewöhnlicher Anruf gewesen, der ihr bewiesen hatte, dass nichts los war. Ihr Alltag würde durch nichts gestört werden und das war auch vollkommen in Ordnung so. Wahrscheinlich wollte Kotori auch nur ein paar Sachen einkaufen und jemanden dabei haben, der sie dabei beraten konnte, ob die Sachen die sie aussuchte auch gut waren. Es sprach auch nichts dagegen, immerhin machten die beiden so etwas öfter und auch manchmal mit Honoka zusammen. Erst jetzt fiel ihr ein, dass sie sich ja eigentlich mit Eri-senpai treffen wollte. Sie hatte allerdings nur geschrieben, dass sie diese irgendwann während der Schulzeit treffen wollte und nicht nach der Schule. So war dieses Problem eigentlich so gut wie weg. Sie musste nur in der Mittagspause in das Zimmer des Schülerrats gehen und kurz mit ihr reden. Dann wäre die Sache auch schnell gegessen. So saß sie noch ein bisschen an ihrem Tisch, grübelte noch ein wenig über ihren Text und ging dann ins Bad um zu duschen. Danach ging sie auch direkt ins Bett, um für den morgigen Tag ausgeschlafen zu sein. Noch einmal schaute sie kurz auf ihr Handy und scrollte die Konfi herunter. Sie hatten noch ein wenig über den Fall diskutiert, waren aber nicht wirklich auf ein Ergebnis gekommen.
 

„Es ist doch nur ein Gerücht, kein Grund zur Sorge.“ dachte sich Umi und schlief wenig später ruhig ein.
 

Der nächste Tag war ein sonniger Tag, wenn er auch nicht besonders warm war. Umi hatte weder gute, noch schlechte Laune. Ganz normal, wenn man es so nennen konnte. So betrat sie das Schulgelände, ihrer geliebten Schule, die sie noch vor ein paar Wochen gerettet hatten. Honoka und Kotori waren ihr auf dem Weg nicht entgegen gekommen, also waren sie wohl etwas zeitiger losgegangen. An den Spinden traf sie die beiden dann.
 

„Guten Morgen, Umi-chan.“ rief Kotori fröhlich, die wohl gute Laune hatte. Kotori hatte dunkelblondes langes Haar, das auf der rechten Seite zu einem Ponytail gemacht war. Umi fand das recht süß an ihr, aber es war auch kein Wunder. Kotori liebte süße und flauschige Dinge über alles. Ihre bernsteinfarbenen Augen funkelten auch an diesem Morgen vor Freude, da sie es wohl kaum abwarten konnte, den Tag zu beginnen.
 

„Guten Morgen, Umi-chan.“ rief nun auch Honoka.
 

„Hast wieder nicht genug geschlafen, was? Guten Morgen.“ sagte Umi nur gelassen zu ihr.
 

„Ach, sei doch still.“ muffelte Honoka zurück.
 

Honoka war ebenfalls bei ihr, aber nicht so begeistert wie ihre Freundin. Sie wirkte noch recht müde, wollte wohl liebend gern wieder ins Bett. Ihr schulterlanges Haar war rötlichbraun und hatten ebenfalls einen rechten Ponytail, aber ihre Haarfarbe ging mehr in die bräunliche Richtung als in die rötliche. Ihre Augen waren so blau, wie sie eigentlich Umis Name beschrieb – meeresblau oder auch ein sehr intensives blau. Die drei waren in etwa gleich groß, weshalb keine der drei so wirklich größentechnisch herausstach. Wahrscheinlich hatten die beiden auf Umi gewartet. Diese zog sich nun die Schuhe aus, wechselte diese mit ihren Hausschuhen aus und bemerkte erst danach, dass sie wieder einen Brief in ihrem Fach hatte.
 

„Ach Mann, nicht schon wieder.“ flüsterte sie, doch Kotori und Honoka hatten sie genau gehört.
 

„Post von einer heimlichen Verehrerin?“ fragte Honoka etwas fies, doch Kotori schaute böse zu ihr hinüber.
 

„Der Brief ist an Umi-chan gerichtet, das geht uns nichts an.“ sagte sie streng. „Das nennt man auch Postgeheimnis.“
 

„Ist ja schon gut, lasst uns in den Unterricht gehen.“ Sagte Honoka, die am Ende ihres Satzes gähnte. Eigentlich hätte Umi ihr einige Takte erzählen wollen, doch Honoka interessierte es doch eh nicht, wenn sie mit ihr schimpfte. Egal wie gut ihre Absichten dabei auch gewesen wären – ihre heimliche Liebe würde eh nur: „Ja.“ sagen und nichts daraus lernen. Das schmerzte und ärgerte Umi auch ein wenig, obwohl es von ihr zu erwarten war. So öffnete sie den Liebesbrief noch schnell vor der Stunde und war damit auf die Toilette verschwunden. Ein typischer, anonymer Liebesbrief. Wie immer eigentlich. Irgendwo ging es ihr mittlerweile auf die Nerven, weil es so viele in letzter Zeit waren. Sie war nun mal beliebt, daran konnte sie schlecht etwas ändern. Vielleicht sollte sie einmal mit Eri darüber reden, wenn sie eh schon zu ihr ging.
 

So fiel es auch nicht wirklich auf, als Umi zu Eri ins Schülerratszimmer ging, als es Mittagspause hieß. Nur Kotori hatte sie abwimmeln müssen, die verwirrt war, warum Umi allein mit Eri reden wollte. Als sie vor der Tür stand, klopfte sie vorsichtig und wartete, bis jemand von drinnen nach ihr rief.
 

„Du darfst reinkommen.“ konnte sie Eri sagen hören. Das ließ sich Umi natürlich nicht zweimal sagen. Ein Blick in das Zimmer verriet, das Eri bei ihrer üblichen Arbeit war. Der übliche Stress einer Schülerratspräsidentin quasi. Dort saß Eri an ihrem Platz und erledigte einigen Papierkram. Sie hatte blondes, langes Haar, das zu einem Pferdeschwanz gebunden war. Fast schon klischeehaft hatte sie auch noch blaue Augen, aber eigentlich kein russisches Aussehen, trotz ihrer Wurzeln. Wahrscheinlich stammte sie doch mehr von der japanischen Seite ihrer Familie ab.
 

„Da bist du ja. Schön, dass du da bist.“ freute sie sich, doch es gab noch jemand anderen, der im Zimmer war. Es war Nozomi, die bis gerade eben noch ruhig gewesen war und neben Eri saß.
 

„Oh, Umi-chan. Hallöchen.“ rief sie erfreut. Nozomi Toujou war neben Eri und Nico ein weiteres Mitglied von µ‘s, das im dritten Jahr war. Auch sie würde bald ihren Abschluss machen und die Schule verlassen. Nozomi hatte langes, dunkel-lila farbenes Haar, türkisfarbene Augen und wirkte auf dem ersten Blick recht erwachsen. Auch so, war sie von den neun Mädchen am besten bestückt, was die Oberweite anging. Doch eigentlich war sie eher verspielt, machte gern Späße und befragte die Karten nach der Zukunft. Sie war das, was µ‘s zusammen hielt und auch so hätte es die Band ohne sie sicher nicht in dieser Form gegeben. Immerhin war sie diejenige gewesen, die den Namen µ‘s vorgeschlagen hatte. Neben Eri als Schülerratspräsidentin, war sie ihre Stellvertreterin und unterstützte ihre beste Freundin, wo sie nur konnte. Nozomi war einfach ein herzensguter Mensch, der immer für andere da war, obwohl sie hin und wieder mit ihren Späßen übertreiben konnte. Zumindest war das Umis Sicht.
 

„Du wolltest mit mir über etwas Wichtiges reden, stimmts?“ fragte Eri nun vorsichtig und Umi nickte nur.
 

„Ja, deshalb bin ich hier. Es geht um … ich weiß nicht, wie ich das sagen soll.“ Umi fiel es schwer, das Ganze wirklich zu erklären.
 

„Ich stör‘ nich, oda‘?“ fragte Nozomi, die wohl sich selbst als Problem sah.
 

„Nein, das nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass du es nicht weitererzählen würdest, aber … es geht um eine Liebesangelegenheit.“ stammelte Umi. Eri lächelte nun etwas, um sie aufzumuntern.
 

„Du bekommst doch ziemlich viele Liebesbriefe, Umi-chan. War jemand dabei, den du auch magst?“ Auf Eris Frage schüttelte sie nur hastig den Kopf.
 

„Nein. Die sind meistens anonym und ich wüsste nicht mal, was ich diesen Mädchen zurück schreiben könnte.“ erklärte Umi.
 

„Ach so?“ fragte Eri verwundert, die es wohl noch nicht mitbekommen hatte. Zumindest Nozomi schien zu wissen, wen Umi eigentlich meinte.
 

„Hach, Ericchi. Dass du’s nicht mitbekommen hast, sieht dir irgendwie ähnlich. Umi-chan ist richtig dolle in Honoka-chan verliebt. Das sieht ma‘ doch.“ Sprach Nozomi, woraufhin Umi knallrot anlief. Sie hatte ja auch Recht, es gab keinen Grund, etwas anderes zu behaupten. Man hatte sie quasi auf der Stelle ertappt.
 

„Honoka-chan, also …“ grübelte Eri, die kurz nachdachte. „Ich glaube, bei ihr ist es am einfachsten, wenn du ihr es direkt sagst. Irgendwas zu umschreiben, würde keinen Sinn ergeben. Das würde sie am Ende nicht verstehen und du hättest ein Problem weniger.“
 

Das klang für Umi durchaus logisch. „Du hast Recht, ja.“ meinte sie nun.
 

„Jetz‘ hättest du auch ‘ne Antwort für deine Verehrer. Du bedankst dich und schreibst, du hätt‘st scho‘ Interesse an jemand anderen.“ wandte Nozomi ein, die mit ihrer Aussage auch nicht Unrecht hatte.
 

„Keine Ahnung. Mir fällt so was schwer, weil ich mir dann immer denke, dass ich an ihrer Stelle sein könnte. Deshalb …“ Irgendwo war das ja schon eine ziemliche Zwickmühle. Umi wusste wohl einfach nicht, wie man mit sowas umging.
 

„Mach dir mal keinen Kopf, Umi-chan. Du bekommst das schon hin und wenn Honoka dich böse abweist, bekommt sie es mit mir zu tun. Okay?“ Eri hatte es zumindest erfolgreich geschafft, Umi zum Lachen zu bringen.
 

„Klar, find ich gut. Ich versuche mein Bestes zu geben.“ antwortete Umi, mit einem unsicheren Unterton. Sie redeten auch nicht mehr allzu lange über das Thema und Umi verschwand auch schon wieder in ihr Klassenzimmer, wo Kotori und Honoka schon auf sie warteten.

Alltägliche Dinge, die sich langsam in Luft auflösen

Nach der Schule gingen Kotori und Umi wie verabredet gemeinsam Klamotten shoppen – so wie es im Grunde jedes Mädchen tat. Umi wusste auch ungefähr, in welche Laden ihre Freunde wollte und wofür sie zu begeistern war. Während sie einige Kleidungsstücke heraus suchten, probierte Kotori diese in der Umkleide an, während Umi auf sie wartete.

„Gar nichts für dich gefunden?“ konnte sie Kotori fragen hören, worauf Umi ein wenig lächelte.

„Nein, ich bin hauptsächlich wegen dir hier.“ antwortete sie. Kotori schien das zu gefallen.

„Das ist schön, Umi-chan. Du siehst heute irgendwie bedrückt aus, belastet dich irgendwas?“

Kotori merkte immer sofort, wenn es dem anderen nicht so gut ging, oder wenn sie sich eigenartig verhielt. Meistens war sie total besorgt darüber, aber im Moment schien sie einfach zu fragen und darauf zu vertrauen, das Umi die Wahrheit sagte.

„Ich denke schon, ja.“ antwortete Umi. Es gab keinen Grund, warum sie ihre Kindheitsfreundin anlügen sollte. Außerdem würde Kotori das eh bemerken, da sie sich schon viel zu lange kannten.

„Lass uns was kleines Essen gehen, dann erzähl ich es dir.“ beschloss sie darauf und die beiden gingen in ein Café ganz in der Nähe.

„Kotori mag es nicht, wenn Umi-chan bedrückt ist.“ sagte sie nun, mit ihrem unschuldigsten und doch besorgten Tonfall.

„Schon klar. Weißt du … es ist wegen Honoka. Auch wenn ich sie immer anschreie und ihre faule Art nicht mag … empfinde ich dennoch etwas mehr, als Freundschaft für sie.“

Kotoris Gesicht zeigte ein Lächeln.

„Ach so? Du liebst Honoka-chan?“ fragte sie und Umi nickte.

„Ja. Ich wollte ihr einen Brief schreiben oder es ihr so gestehen, aber irgendwie fällt mir das zu schwer.“ antwortete sie mit hochrotem Gesicht.

Umi konnte schon Honoka vor sich sehen, die sie verdutzt anstarrte und sie dann auslachte. Es war schon nicht peinlich genug, dass sie diese Gefühle für sie hatte, nein. Honoka würde sie nicht mal ernst nehmen und sie damit noch mehr verletzen, als wenn sie Umi abweisen würde.

„Hm, keine Ahnung. Ich kann mir vorstellen, dass dir das sehr schwer fällt, aber ich kann dir da schlecht weiterhelfen. Ich selbst war noch nie in so einer Lage.“ sprach Kotori, etwas nachdenklich.

„Verstehe … ist schon okay.“ sagte Umi, die auch gar nicht erwartet hatte, dass Kotori über so etwas Bescheid wusste.

„Du hast ein bisschen Angst davor, oder?“ fragte Kotori nun und Umi nickte wieder.

„Ja. Sie wird mich bestimmt auslachen und mich gar nicht ernst nehmen. Es ist leider nicht mehr so einfach wie früher.“

„Na ja, Honoka-chan hat sich aber nicht groß verändert, im Vergleich zu damals.“ stellte Kotori fest, die ihre Freundin etwas aufmuntern wollte.

„Stimmt. Als wir Kinder waren hat sie so viel Mist angestellt. Ich war schon damals ständig sauer auf sie, konnte ihr aber nie lange böse sein. Das war eine schöne Zeit.“ An solche Dinge erinnerte sie sich gern zurück und sie brachten sie auch oft zum Lachen. Kotori wusste, wie man sie aufmuntern konnte.

„Vielleicht frag ich noch jemanden, das könnte sicher helfen.“ sagte Umi entschlossen und war schon dabei, ihren ‚Plan‘ weiter zu denken.

Kotori und sie verbrachten noch einen schönen Tag zusammen, der vor Umis Haustür endete.

„Bis morgen, Umi-chan. Gute Nacht.“ rief ihr Kotori lächelnd zu und Umi winkte noch kurz, nach dem sie sich verabschiedet hatte.
 

Der nächste Tag fing ähnlich an, wie der Letzte. Umi hatte am Abend noch Maki angeschrieben, mit der sie sich in der Mittagspause treffen wollte. Vielleicht hatte sie ja noch einen Rat für sie, immerhin war diese offensichtlich in ihre Senpai Nico verliebt. Doch an diesem frühen Morgen fiel Umi etwas auf, das ihr mehr als merkwürdig vorkam. Ihre Banknachbarin war nicht da, eine Mitschülerin, die sie sehr bewunderte. Eines von vielen Fangirls, die Umi halt hatte. War das was Rin erzählt hatte vielleicht war? Nein, das konnte nicht sein. Vielleicht war es auch nur ein Zufall und diese Schülerin war einfach krank geworden. Eigentlich wollte sie nicht lange darüber nachdenken, doch für einen kurzen Moment tat sie es doch. Die Zeit verging jedoch rasend schnell und die Mittagspause war ihr entgegen gekommen. So konnte sie sich erst einmal davon ablenken und hatte ihre Ruhe. Rin erzählte immerhin viel, wenn der Tag lang war und das konnte ja einfach nur ein Gerücht sein. Solche Dinge passierten wenn, dann nur an den richtig großen Schulen. An ihrer konnte das einfach nicht sein. So lief Umi in ein Klassenzimmer des ersten Jahres, wo sich wahrscheinlich Maki aufhielt. Dort war sie öfters allein und Umi hatte sie schon früher dabei beobachtet, wie sie allein an ihrem Platz saß und nach draußen geschaut hatte.

„Da wäre ich.“ sagte Umi und Maki, die sie gar nicht bemerkt hatte, erschrak.

„Mensch, du hast mich aber erschreckt. Mach das bitte nicht nochmal.“ sagte Maki etwas aufgebracht, doch im Grunde konnte Umi ja gar nichts dafür, dass Maki gerade am Tagträumen gewesen war.

„Es tut mir leid, das wollte ich nicht.“ entschuldigte sich Umi, doch Maki schien ihr das nicht mehr weiter übel zu nehmen.

„Wie kommst du mit dem Song voran? Schon erfolgreich?“ fragte Maki nun, die wohl schnell das Thema wechseln wollte.

Umi kramte ein Stück Papier aus der Tasche und hielt es Maki hin. Diese schaute sich den Zettel genau an und las ein wenig die Zeilen, die Umi geschrieben hatte. Maki konnte wirklich kritisch sein, was das anging. Den Song Start:Dash!! hatte sie damals noch selbst geschrieben und er war der Erste, den µ‘s live vorgetragen hatten. Damals waren nur Umi, Honoka und Kotori Teil der Gruppe und Maki war es eher peinlich, für die Mädchen die Musik zu schreiben. Sie hatte es abgestritten und wollte möglichst nicht darauf angesprochen werden. Maki neigte dazu, ihre Haare mit den Fingern zu locken, obwohl es schon so lockig war. Sie hatte rotes, etwas längeres Haar als Schulterlänge und wirkte eigentlich älter, als eine Erstklässlerin. Manche dachten sogar, sie wäre schon im dritten Jahr, doch das war nicht der Fall. Sie hatte lila-farbene Augen und auch den einen oder anderen Verehrer in der Schule. Doch ihr Herz schlug nur für Nico, einem weiteren Mitglied von µ‘s und eine weitere Drittklässlerin neben Nozomi und Eri. Allerdings war es ihr ebenfalls zu peinlich, Nico tatsächlich die Liebe zu gestehen. Nicht, weil Nico es nicht ernst nehmen würde, nein. Nico liebte im Grunde nur sich selbst und wäre sicher nicht in der Lage, jemanden anderen außer sich selbst mehr zu mögen, als nur freundschaftlich. Außerdem hatte sie noch eine aggressive Ader an sich, die Maki wohl eher Angst machte, als dass sie ihr hilfreich sein konnte. Maki wurde ein eher kühler Charakter nachgesagt, aber sie war auch zurückhaltend und schüchtern.
 

„Na ja, den Song konnte ich schon ein wenig ausarbeiten. Allerdings ist er noch nicht ganz fertig, aber mir gefällt die Melodie sehr. Vor allem dieses sanfte Piano und dann der Übergang mit den Gitarren. Es weckt irgendwie … sentimentale, nachdenkliche Gefühle in mir. Daher habe ich den Song Sentimental Steps getauft. Sobald er richtig fertig ist, darfst du ihn als erstes lesen. Ich hab mir wie immer viel Mühe gegeben.“

Maki lächelte leicht, als sie Umis begeisterte Worte hörte. Irgendwann hatte Umi richtigen Gefallen daran gefunden, Texte für µ‘s zu schreiben. Es war eine andere Art, Dinge im alltäglichen Leben zu verarbeiten. Viele Erlebnisse von Umi und µ‘s waren daher auch das, was am meisten in die Songs mit einging. Hoffnung, Wünsche, Träume … all solche Thematiken, die sie im alltäglichen Leben hatten.

„Klar, allerdings glaube ich nicht, dass es ein Hauptsong werden könnte, sondern eher eine Zugabe. So ein ruhiger Song kommt sicher nicht so gut auf der Bühne an.“ meinte Maki, was Umi schon nachvollziehen konnte.

„Ja, das stimmt wohl. Sag mal, Maki-chan … du magst doch Nico-senpai, oder?“

In diesem Moment wurde Maki nervös, was Umi natürlich nicht neu war. Wenn man sie auf solche Dinge ansprach, reagierte die Erstklässlerin immer so. Etwas das ihr peinlich war, wollte sie natürlich liebend gern verheimlichen.

„N-Na ja, i-irgendwie schon. Ich weiß nicht.“ antwortete Maki panisch, doch Umi versuchte ihre jüngere Mitschülerin zu beruhigen.

„Vor mir brauchst du es nicht verheimlichen, Maki-chan. Das merkt man doch, außerdem werde ich es sicher keinem verraten, ich verspreche es.“ sprach Umi, die eigentlich keine Bedenken hatte, das Maki ihr misstrauen könnte. Im ersten Moment wirkte diese misstrauisch, sagte dann aber:

„Ja, ich bin wirklich in Nico-senpai verliebt, aber sie bemerkt nichts davon. Sie ist anscheinend nur in sich selbst verliebt und ignoriert meine Gefühle oft gänzlich, aber ich habe mich auch noch nie getraut, richtig auf sie zuzugehen und es ihr direkt zu sagen.“

Maki war ein wenig rot im Gesicht geworden, was Umi irgendwie verstehen konnte. Sie war selbst in einer ähnlichen Situation wie Umi und das Nico es nicht merkte, war in etwa genauso, wie bei ihr und Honoka. Ob Nico nun bewusst ausblendete, dass Maki eigentlich offensichtlich in sie verliebt war, konnte man nicht wirklich sagen. Vielleicht hatte Nico in ihr bisher nur eine Freundin gesehen. Aber vielleicht verdrängte es Nico auch bewusst, aber es gab auch keinen nahe liegenden Grund dafür, dass sie das tun würde.

„Nico-senpai macht tatsächlich oft den Anschein, als ob sie nur sich selbst lieben würde. Doch ich denke, sie sorgt sich auch um andere und selbst trotz ihrer aggressiven Art, hat sie sicherlich auch ein paar sehr liebe Seiten an sich. Allerdings kenne ich sie nicht so gut, dass ich es genau einschätzen könnte. Vielleicht musst du sie wirklich bewusst darauf ansprechen, damit sie deine Gefühle auch bemerkt.“ erklärte Umi, die im Grunde nur eine Theorie aufgestellt hatte.

„Kann schon sein …“ murmelte Maki, die überlegte. „Sie wird immer so schnell böse, deshalb wollte ich es ihr bisher auch nicht sagen. Ob sie auch dasselbe für mich empfindet, ist das nächste Thema. Ich trau mich einfach nicht.“

So wirklich konnte Maki Umi auch nicht helfen. Im Grunde saßen sie im selben Boot und sollten sich wohl am besten untereinander in dieser Situation helfen.

„Ich verstehe, was du meinst. Ich bin im Moment in einer ähnlichen Lage.“ sprach Umi und Maki schien auf einmal neugierig zu werden.

„Ach so? Du bist auch in jemanden verliebt? Wer denn?“

„In … Honoka. Ich kenne sie schon so lange, schon seit dem Kindergarten, aber … so richtig hat es erst später angefangen. Das Problem ist, das sie auch nicht bemerkt, welche Gefühle ich für sie habe. Viel mehr würde sie mich auslachen und sich über mich lustig machen, wenn ich ihr meine Gefühle gestehen würde. Außerdem glaube ich, dass sie Kotori mag und mich eh nur als eine Freundin sieht, die sie ständig ermahnt und böse auf sie ist.“ erzählte Umi, was in Maki ein bekanntes Gefühl aufkommen ließ. Diese Hoffnungslosigkeit, dass der Andere die Gefühle, die man ihm entgegen brachte, niemals zurückgab.
 

„Das würde Honoka ähnlich sehen. Sie ist da ziemlich ungehalten und würde nicht mal auf den Gedanken kommen, dass du es vielleicht ernst gemeint hättest. Ich verstehe sehr gut, dass du wegen ihr so oft wütend wirst und du dich so sehr über ihr Verhalten aufregst. Ich würde es an deiner Stelle gleich tun, sie regt mich oft echt auf.“

Maki schien Honoka zwar zu mögen, aber ihre Verhaltensweisen eher unschön zu finden.

„Da hast du Recht …“ sagte Umi nun, mit etwas Enttäuschung im Unterton. „Ich weiß selbst manchmal nicht, warum ich so etwas für sie fühle, obwohl sie mich so sehr aufregt. Eigentlich wollte ich dich das nur fragen, weil ich dachte, du hättest Ahnung, was ich machen solle. Aber da du in einer ähnlichen Situation wie ich bist, kann ich das wohl leider nicht ändern. Schade …“

Maki überlegte noch kurz, doch dann schüttelte sie denn Kopf. „Nein, tut mir leid. Ich würde dir gerne helfen, aber mir fällt wirklich nichts ein. Aber vielleicht können wir das ja in ein paar Songtexten unterbringen.“

„Bestimmt. Da bin ich mir sicher.“ lächelte Umi, die ihrer jüngeren Mitschülerin zumindest ein klein wenig Angst nehmen konnte.

„Hast du eigentlich auch von diesen merkwürdigen Vorfällen gehört? Ich denke, Rin hat zwar nur ein Gerücht aufgeschnappt, aber es könnte durchaus sein, dass es vielleicht doch was Wahres an der Sache gibt.“ warnte Maki und Umi winkte direkt ab.

„Nein, Maki-chan. Das sind sicher nur Gerüchte, die sie gehört hat. Es gibt nichts, was dafür sprechen würde. Ich stör dich mal nicht weiter.“

„Ach kein Problem, Umi-chan. Bis dann.“

Das Gespräch mit Maki hatte ihr nur gezeigt, dass sie nicht die Einzige war, die in so einer Zwickmühle war. Daher machte sich Umi erstmal auf den Weg, zurück in ihr Klassenzimmer zu kommen. Dabei lief sie noch schnell über den Campus, um vielleicht Kotori und Honoka anzutreffen. Doch stattdessen traf sie auf Hanayo, Rin und Nico, die auf der Wiese saßen und ihr Mittagessen aßen. Es waren ja noch ein paar Minuten von der Mittagspause übrig, weshalb sie sich ordentlich Zeit lassen konnten.

„Hey, Umi-nyan!“ rief Rin Umi entgegen, die sie wohl gleich gesehen hatte. „Magst du dich nicht zu uns setzen, nya?“

„Eigentlich wollte ich zurück ins Klassenzimmer, aber warum nicht.“ sagte Umi, die sich am Ende doch überreden lassen hatte. Es sprach ja eigentlich nichts dagegen. Umi setzte sich neben Rin, wo noch ein einziger Platz frei war. Neben ihr saß ihre Klassenkameradin Hanayo und gleich daneben ihre Senpai Nico.

„Pass auf, Umi-nyan. Nicht, das dich der Entführer schnappt, nya!“ rief Rin, die ihr wohl Angst machen wollte. Darauf fiel Umi aber nicht herein. Rin war ein sportliches Mädchen, das sich eher wie ein jungenhaftes Mädchen verhielt und nicht unbedingt daran gewöhnt war, Röcke zu tragen. Rins Charaktere ähnelte Honoka und sie war gemeinsam mit Hanayo und Maki im ersten Jahr. Außerdem neigte sie dazu, alle ihre Sätze mit nya zu beenden und Katzen auch allgemein nachzumachen. Sie hatte rötlich-orangenes kurzes Haar, gelbliche Augen und war recht flach. Ihre unbeschwerte Art war sowohl niedlich, als auch manchmal nervig. Aber so war Rin nun mal und sie machte sich auch nichts daraus, wenn sie jemand über sie aufregte.
 

„Hör auf, Rin-chan. Du machst mir Angst, rettet mich ganz schnell vor diesem bösen Menschen. Ich hatte letzte Nacht Alpträume deswegen.“ jammerte Hanayo, die Rin wohl geglaubt hatte. Hanayo hatte dunkelblondes, fast aschfarbenes Haar und violette Augen. Im Gegensatz zu Rin war sie etwas besser bestückt und hatte aber auch so etwas mehr auf den Rippen. Das kam auch von der Tatsache, dass Hanayo unheimlich gerne aß und sich das auch nicht nehmen ließ. Allerdings konnte man ihr sehr schnell Angst machen und sie war auch so sehr schüchtern, Anderen gegenüber.

„Glaub doch nicht alles was man dir erzählt, Hanayo-chan. Nico Nico Nii wird dir helfen, wenn etwas passiert und Rin-chan solltest du was das angeht, besser nicht trauen. Das ist doch Quatsch.“ Meinte Nico, die Hanayo beruhigen wollte.

Dass Nico einmal jemand anderen beruhigen würde, hätte Umi nicht erwartet. Sie hatte diese nicht so eingeschätzt, aber Nico war eben auch eine pflichtbewusste Drittklässlerin, auch wenn sie nicht danach aussah. Sie trug ihre schwarzen Haare meist in Zöpfen, hatte rötliche Augen und war ähnlich flach wie Rin und Umi. Dadurch dass Nico so jung aussah, hielt man sie oft für eine Erstklässlerin und das machte ihr schon eine Art Komplex. Sie war als selbstverliebt und aggressiv bekannt, aber im Grunde war sie vollkommen lieb. Neben Kotori war sie für die Outfits zuständig und frisierte den Mädchen oft die Haare. Außerdem konnte sie gut kochen und war die älteste von vier Kindern. Außerdem hatte sie das meiste Wissen über Idols, da sie früher die Präsidentin und das einzige Mitglied des Idolforschungs-Clubs war. Sie war bei Muse im Grunde auch die Chefin, da diese ja auch als Schulklub der Schule agierten. Allerdings war sie mit als letztes der Gruppe dazu gekommen, obwohl sie Idols wirklich sehr mochte.

„Dass du mal so etwas sagen würdest, wundert mich, Nico-senpai. Gar nicht im Clubraum?“ fragte Umi, woraufhin Nico schon ein wenig gereizter wirkte.

„Ich hänge nicht mehr nur im Clubraum ab, immerhin hat mein Club nun weitaus mehr Mitglieder als früher. Als Chefin muss ich meinen Club doch auch draußen repräsentieren und ein Vorbild sein …“

Nico zitierte einen halben Text, bei dem Hanayo und Rin aufmerksam zu hörten. Umi hatte es nach ein paar Sekunden allerdings aufgegeben, da Nico langsam vom Thema abkam und immer mehr Dinge erzählte, die nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun hatten. Im Grunde hatte es Umi ja auch nicht böse gemeint, aber Nico hatte da einfach etwas missverstanden.

„Schon gut, Nico-senpai. So habe ich das nun auch nicht gemeint.“ versuchte sie Umi zu beruhigen, worauf Nico wieder schnell runterkam.

„Magst du noch etwas mit uns essen, Umi-chan?“ fragte Hanayo, doch diese lehnte ab.

„Tut mir leid, ich muss wieder ins Klassenzimmer, sonst fragen mich die anderen noch, wo ich war und möchten am Ende noch Genaueres hören. Bis dann.“

Eigentlich wollte Umi ihre jüngeren Mitschülerinnen nicht so kurz abspeisen, aber sie war in Eile und in Gefahr, unter Verdacht ihrer Freunde zu geraten. So war sie auch schnell in ihrem Zimmer angekommen und kam Honoka entgegen, die sie fragend anschaute.
 

„Umi-chan, wo warst du?“ fragte diese und Umi schaute sie nur verdutzt an.

„Ich war bei Maki-chan und habe mit ihr geredet. Nichts weiter.“ antwortete sie, was ja nicht mal eine Lüge war.

„Ach, schade. Ich wollte eigentlich gemeinsam mit dir Mittagessen, aber das lohnt sich in den letzten zehn Minuten bestimmt nicht mehr.“ jammerte Honoka und Umi fluchte innerlich ein wenig über sich selbst. Wäre sie dageblieben, hätte sie mit Honoka gemeinsam essen können. Das wäre ihre Chance gewesen, doch diese hatte sie nun auch vergeigt. Vielleicht gab es aber noch ein wenig Hoffnung für Umi.

„Morgen essen wir dann zusammen, versprochen“ sagte Umi und Honoka nickte fröhlich.

„Darauf freue ich mich schon. Aber hau nicht ab, okay?“ sprach Honoka und grinste.

„Klar, ich werde auf jeden Fall daran denken.“
 

Der Schultag war schneller vorbei, als die Mädchen es bemerkten und schon klingelte es zum Schulschluss. Honoka seufzte, freute sich aber, dass es vorbei war. Diese ging gemeinsam mit Kotori nach draußen und wartete auf Umi, bis diese wiederkam. Allerdings passierte dann etwas, dass sie nicht erwartet hätten. Die Polizei war in der Schule …

„Sind sie Sonoda Umi?“ fragte der männliche von beiden und Umi nickte.

„Ja, warum?“ fragte sie unsicher und etwas ängstlich.

„Sie kommen bitte mit uns. Wir müssen ihnen einige Fragen stellen, folgen sie uns.“

Unter Verdacht, merkwürdige Vorfälle und vermisste Mädchen

Umi wurde von Polizisten in Beschlag genommen und in ein Zimmer der Schule gebracht. Während sie den Polizisten folgte, konnte sie Kotori und Honoka vor dem Schultor stehen sehen, die auf sie warteten. Irgendwie tat ihr das leid, da sie nun doch nicht mit den beiden nach Hause gehen konnte. Doch sie wusste ja auch nicht, was diese Polizisten von ihr wollten. Deshalb tippte sie einen von beiden an und versuchte, diesen um etwas zu bitten. Dabei wirkte sie auch wie typisch für Umi, sehr schüchtern.

„Ehm … meine Freunde warten vor dem Schultor. Könnte ich kurz …“

Einer der beiden nickte nur und Umi ging zum Fenster und rief zu den beiden hinaus, dass sie nicht auf sie warten sollten, weil ihr etwas dazwischen gekommen war. Danach folgte sie den Polizisten weiter in ein verlassenes Klassenzimmer, wo sich diese erst einmal setzen sollte.

„Dürfte ich fragen, was hier eigentlich Sache ist? Mich einfach in der Schule abzufangen ist nicht gerade toll und auch so nach Schulschluss ist ziemlich blöd.“ erklärte Umi , doch der männliche Polizist zuckte nur mit den Schultern.

„Ist nicht unser Brot.“ antwortete er trocken und Umi verstand schon, dass ihr das nichts bringen würde. Nun packte dieser ein paar Bilder von Schülern der Schule aus. Es waren Fotos der vermissten Schüler. Unter anderem waren auch die von Umis Klassenkameraden dabei, die in den letzten Tagen auch als vermisst gemeldet wurden. Diese erschrak und begriff recht schnell, was hier los war. Irgendwas musste tatsächlich mit diesen Mädchen passiert sein.

„Kennen sie vielleicht zufällig eins dieser Mädchen?“ fragte dieser und Umi spürte den beobachtenden Blick seiner Kollegen. Sie schaute nun auf die Bilder und nickte.

„Das sind ein paar Mädchen von dieser Schule, die ich grob kenne. Allerdings nicht alle, bei manchen kenne ich auch nur einen Namen, aber Kotonoe und Sakura sind in meiner Klasse.“ gab Umi zu und der Polizist gab erst einmal nur ein „Aha“ von sich. Dann wollte er erst weiter reden.

„Diese Mädchen sind alle verschwunden und entführt worden. Sie wurden eine nach der anderen entführt und verschleppt. Wir haben wenig Anhaltspunkte, doch einen wichtigen haben wir.“

Umi wusste nicht so recht, was sie nun sagen sollte.

„Das verstehe ich nicht. Was soll ich mit dieser Sache zu tun haben, ich entführe niemanden, denn ich nur oberflächlich kenne und auch so. Warum sollte ich so etwas tun?“ fragte sie leicht empört, doch der Polizist blieb ganz ruhig und gelassen.

„Sie stehen mit diesem Fall als potenzielle Täterin da oder haben zumindest entfernt etwas mit dieser Sache zu tun. Deshalb haben wir sie heute hierher geholt um mit ihnen zu reden.“

Umi wollte sich nicht verunsichern lassen, doch bei diesem Kerl war das verdammt schwierig.

„Was, wieso? So etwas könnte ich nicht und überhaupt … wie kommen sie auf mich?“ fragte sie.

„Die Opfer dieses Falls waren alles µ‘s Fans und auch Fans von ihnen, Sonoda-san. Die letzten Mädchen sogar umso mehr, immerhin haben wir auch die Zimmer der entführten Mädchen durchsucht um etwas über die Opfer und deren Verbindung zum Täter herauszufinden. Daher stehen nur sie im Moment als einzige Täterin in Frage. Sie haben hier also die Chance, zu gestehen.“ meinte der Polizist trocken und Umi wurde langsam wütend.

„Ich würde niemals irgendwen verschleppen, ganz sicher nicht. Ich bin unschuldig, sie müssen mir glauben. Ich habe nichts mit der Sache zu tun.“
 

Rin hatte mit diesen Gerüchten wohl doch Recht gehabt. Aber dass es gerade µ‘s Fans die Opfer waren, schien eher eigenartig zu sein. Und vor allem auch, dass es Fans von Umi waren. Wollte man ihr vielleicht einen Streich spielen?

„Sollte sich der Verdacht erhärten, werden sie aus der Gruppe austreten müssen, das ist ihnen bewusst, oder?“ fragte der Beamte nun, doch Umi war es nicht. Sie konnte ihre Unschuld nun nicht direkt beweisen, doch es gab auch nichts, was dafür sprach, außer der Tatsache, dass es Fans von ihr waren.

„Natürlich, aber … µ‘s bedeutet mir … nein, uns allen unglaublich viel. Wir konnten unsere Schule vor der Schließung retten und haben so viel gemeinsam erlebt. Weder ich, noch jemand der anderen Mitglieder würde so etwas Schreckliches tun. Da bin ich mir vollkommen sicher.“

Sie wusste selbst, dass sie es nicht war. Warum sollten die anderen etwas mit dieser Geschichte zu tun haben? Vielleicht war es ja auch nur ein Zufall, doch allzu sicher konnte man sich nicht sein. Die Mädchen aus dem ersten Jahr waren so gut wie ausgeschlossen. Und auch Eri, Nico und Nozomi konnte nichts mit der Sache zu tun haben. Und was sollten Kotori und Honoka mit der Sache zu tun haben? Vielleicht erwiderte Honoka ja ihre Gefühle und hatte sie schon längst bemerkt. Dann hatte sie die Eifersucht gepackt und sie hatte sich alle Mädchen gekrallt, die Umi mochten. Doch allein der Gedanke war einfach nur falsch. Weder sie noch Kotori hatten etwas mit der Sache zu tun, weshalb es sich um einen Irrtum handeln musste.

„Nun gut, wenn sie sagen, dass sie nichts mit der Sache zu tun haben, lassen wir sie erst einmal gehen. Wir melden uns bei Ihnen, sollten wir noch etwas von Ihnen benötigen.“
 

Selbst wenn Umi nicht Schuld an dieser Sache war, machte sie sich Sorgen. Welcher kranke Mensch kam auf die Idee, so etwas zu tun? Gerade auch noch an einer Mädchenschule, wie ihrer. Als sie die Treppen hinunter ging, konnte sie Kotori am Schultor stehen sehen. Hatte sie wirklich auf Umi gewartet?

„Kotori, du bist ja immer noch da. Ist Honoka schon los?“ fragte sie und Kotori nickte.

„Ja, sie musste wohl noch etwas für ihre Eltern besorgen. Was ist passiert?“ Sie wirkte besorgt und war wohl deswegen am Schultor geblieben.

„Na ja … irgend so ein kranker Spinner entführt µ‘s Fans von unserer Schule und weil die Opfer auch alle mich mochten, fiel der Verdacht auf mich. Warum ich? Ich habe doch gar nichts mit der Sache zu tun?“ Umi war verzweifelt und wusste sie nicht zu helfen. Kotori versuchte sie aufzumuntern.

„Umi-chan, niemand von uns würde dich wegen so etwas beschuldigen. Du bist nicht so ein kranker Mensch wie dieser Entführer. Auch wenn es schwer ist, lass uns nach Hause gehen und das Ganze vergessen. Die Mädchen tauchen sicher wieder auf.“

Umi munterten diese Worte ein wenig auf und sie vertraute Kotori in dieser Sache.

„Ich denke, ich werde es ihr bald sagen. Sollte µ‘s wegen dieser Sache wirklich auseinander brechen, möchte ich, das Honoka über meine Gefühle Bescheid weiß.“ sagte Umi entschlossen und versuchte, sich zusammen zu reißen.

„Alles wird gut, Umi-chan. Wir schaffen das, alle gemeinsam.“ sprach Kotori, mit guter Laune. Wie sie einfach so fröhlich sein konnte … unscheinbar. Daheim angekommen, rief sie alle in eine Skype Konservation und erklärte ihnen, was passiert war.

„Das war doch kein Gerücht?“ fragte Rin erstaunt und Umi schüttelte den Kopf, obwohl sie keiner sah.

„Nein, sie verdächtigen mich und auch euch, weil die Opfer µ‘s Fans waren.“ erklärte Umi, doch auf einmal platzte Honoka wieder in die Konfi, die wohl bisher zugehört hatte, aber nebenbei beschäftigt gewesen war.

„Mach dir keinen Kopf, Umi-chan. Du warst das nicht, da bin ich mir sicher. So etwas würdest du niemals tun.“ sprach diese und Umis Herz schlug etwas höher.

Die anderen stimmten Honoka zu. Immerhin kannten sie Umi schon eine Weile und wussten, wie sie war. Sie konnte zwar wütend werden, aber so? Nein.

Doch leider hatte diese Sache schon seine Runde in der Schule gemacht. Am nächsten Tag, ein Mittwoch, zeigte sich dies auch ganz schnell. Ihre Mitschüler mieden sie auf einmal und wandten sich ab, wenn Umi sie anschaute. Verdächtigten diese sie etwa auch? Doch sie setzte sich erst einmal auf ihren Platz und versuchte, das Ganze zu ignorieren.
 

Die Hetzerei kam allerdings an ihren Höhepunkt, als sie in der Frühstückspause alle zusammen im Klassenzimmer saßen. Ihre Lehrer hatten sie gewarnt, möglichst nicht rauszugehen, aber nicht genau gesagt, wer oder was der Grund war.

„Ich weiß, dass sie unsere Schule gerettet haben, aber … das Umi jetzt schon ihre eigenen Fans verschleppt? Wie tief kann man bitte sinken?“ sprach eine dieser Mädchen und Honoka hatte genug gehört. Diese krachte ihre Faust auf den Tisch und stand auf.

„Das reicht jetzt, lasst Umi-chan in Ruhe! Niemand weiß, ob das Umi-chan war oder jemand anderes. Aber ich weiß, dass sie so etwas niemals tun würde!“ rief diese und Umi war so erstaunt, dass ihr jegliche Worte fehlten. Keiner der anderen war bis jetzt so für sie aufgestanden und hatte sich so für sie eingesetzt. Doch das alles nagte immer noch an ihr und selbst wenn sie es nicht war, lasteten allein die Vorwürfe der anderen schwer auf Umi. Auch die unterstützenden Worte der anderen Mitglieder trösteten sie nicht wirklich. Wenn sich die bisherigen Hinweise auf sie weiter erhärten würden und sie mehr und mehr verdächtigt würde, könnten sie bald nicht mehr als µ‘s auftreten. All die Arbeit für das nächste Love Live! wäre umsonst gewesen und die Chancen, beim nächsten Wettstreit zu gewinnen, wären direkt null. Es war schon so nicht einfach, immerhin hatten sie einige Konkurrenten, deren Chancen noch um einiges besser waren. A-RISE hatte das letzte Love Live! ja nicht grundlos gewonnen, immerhin waren sie durch die UTX schon bekannt genug. Diese Schule würde sicher nie das Problem haben, zu wenige Schüleranmeldungen verzeichnen zu können. Doch ihre Schule hatte diesen Bekanntheitsschub gebraucht, sonst wäre es wirklich zur endgültigen Schließung ihrer Schule gekommen. Zumindest würde dies erstmal nicht mehr der Fall sein, was für Umi wenigstens ein beruhigendes Gefühl war.
 

Doch Umi hatte versucht, sich das Ganze nicht anmerken zu lassen, selbst wenn es ihr sehr schwer fiel. In der Pause mit den anderen und auch so – sie wollte die anderen mit dieser Sache nicht noch mehr belasten. Auf dem Heimweg ließ sie es zumindest Kotori wissen, die sie schon den ganzen Tag besorgt angeschaut hatte und sich immer wieder zu ihr umgesehen hatte.

„Alles okay, Umi-chan?“ fragte sie und Umi schüttelte den Kopf.

„Nein, nicht wirklich. Diese Vorwürfe lasten schon allein sehr, aber jetzt auch noch diese Hetz-Attacken der anderen … das ist zu viel für mich.“ antwortete sie und seufzte danach erschöpft.

„Vielleicht klingt das ja bald alles ab und sie finden den Täter. Wir wissen alle, dass du es nicht warst.“ ermunterte Kotori sie und Umi versuchte sich wenigstens an Honokas Worten festzuhalten.

„Ja. Das sich Honoka so für mich einsetzen würde, hätte ich nicht gedacht.“ sprach sie, etwas glücklicher und Kotori verstand schon, worauf sie hinaus wollte.

„So ist Honoka-chan nun mal. Sie würde keinen ihrer Freunde im Stich lassen, egal was sie nun für dich empfindet.“

Kotori hatte Recht. Honoka hätte sich für jeden anderen genauso eingesetzt, also nicht nur für sie. Das hatte rein gar nichts zu bedeuten, wenn man denn so wollte. Sie waren sehr gute Freunde, aber mehr war da nicht. Doch Umi wollte einfach nicht aufgeben, selbst wenn sie sich nicht recht traute. Deshalb fasste sie einen Entschluss, um es sich selbst ein wenig einfacher zu machen.

„Sobald das alles vorbei ist und ein bisschen Ruhe eingekehrt ist, werde ich es ihr sagen. Egal wie sie reagiert, ich werde es tun und eine Antwort von ihr verlangen.“ beschloss Umi und Kotori beobachtete nur ihre entschlossene Reaktion und grinste.
 

Daheim angekommen, ließ sich Umi das Ganze noch einmal durch den Kopf gehen. Wer konnte so etwas Schreckliches nur getan haben und warum gerade nur µ‘s Fans? Erschwerend dazu kam auch noch, dass diese auch noch direkte Fans von ihr waren. War es am Ende vielleicht nur ein Zufall? Nein, das konnte nicht sein. Jemand hatte es direkt auf µ‘s, auf sie abgesehen. War es vielleicht eine neue Idolgruppe, die alle anderen so schnell es ging ausschalten wollte? Auf Druck fiel Umi keine Gruppe ein, die so radikal handeln würde. Zwar waren sie alle Konkurrenten, doch niemand würde dem anderen wirklich Fans stehlen wollen, noch diese entführen oder andere Dinge mit ihnen tun. Sie war sich auch darüber bewusst, dass diese Welt der Idols hart war, aber direkt auf Straftaten zurück zu greifen war einfach zu extrem. Sie alle arbeiteten hart und jeder erkannte die harte Arbeit des anderen an, selbst wenn er ihn nicht leiden konnte. Immerhin waren sie alle nur School Idols, die auf regionalen Veranstaltungen auftraten. Wären sie eine Gruppe gewesen, die im Fernsehen aufgetreten wären, wäre das etwas ganz anderes gewesen. Doch auch da wäre niemand so weit gegangen, noch wäre es aufgefallen. Als sie sich ihre freizeitliche Kleidung anzog, ließ sie sich auf das Bett fallen und starrte die Decke an. Für einen kurzen Moment dachte Umi sogar, dass sie es ja wirklich gewesen sein konnte. Quasi, dass sie eine andere Persönlichkeit hatte, von der sie nichts wusste. Doch das konnte gar nicht sein. Wie auch, immerhin hatte sie wenige Mitschüler, mit denen sie wirklich Kontakt hatte und eine gewisse Bindung aufgebaut hatte. Sie als Täterin zuzuordnen war eigentlich albern, doch sie konnte in diesem Moment nichts dagegen tun. Eigentlich wollte sie noch einen Song schreiben, doch irgendwie hatte sie keinen Kopf dafür. Ideen wären durchaus da gewesen, doch mit einem vollen Kopf waren diese auch nicht gerade nützlich. Vielleicht hätte auch ihre Situation mit Honoka etwas liefern können, dass etwas für einen neuen Song sein könnte. Sie schnappte sich zumindest einen Papierblock, schrieb eine grobe Idee auf und legte den Block dann wieder bei Seite. Dann suchte sie nach einer Beschäftigung, mit der sie sich etwas ablenken konnte, um das Ganze wegzuschieben und vielleicht für einen kurzen Moment zu vergessen. Ihrer Mutter hatte sie von der Polizeigeschichte noch gar nichts erzählt, weil sie sich viel zu sehr schämte. Noch merkwürdiger war, dass die Polizei diese gar nicht informiert hatte. Hatte man eine falsche Fährte gelegt, um Umi als Sündenbock da stehen zu lassen? Hätte man Umis Mutter informiert, hätte diese schon längst reagiert. Welches falsche Spiel wurde hier eigentlich gespielt?
 

Umi fühlte sich unter dem Strich nicht gut und ging an diesem Tag auch eher schlafen. Sie schrieb auch keinen der anderen Mädchen mehr und ließ das Handy auf ihrem Schreibtisch liegen. Am nächsten Tag wollte diese auch aufstehen, aber beim Aufwachen erinnerte sie sich direkt an das, was am letzten Tag passiert war. Sollte Umi sich wirklich in der Schule blicken lassen, wenn es ihr so ging? Immerhin würde sie nichts mitbekommen, sich weiter nur Kopf machen und von ihren Mitschülern verspottet werden. In diesem Moment ging ihre Tür auf und ihre Mutter kam herein.

„Umi, warum bist du noch nicht aufgestanden? Das ist doch sonst nicht deine Art, sonst stehst du immer recht früh auf. Ist irgendwas passiert?“ fragte diese und wirkte besorgt. Umi lag nach wie vor im Bett und rührte sich nicht vom Fleck.

„Mir geht es nicht so gut.“ antwortete sie kurz. „Ich fühle mich irgendwie unwohl. Wäre es okay, wenn ich heute daheim bleiben könnte? Mir ist irgendwie schlecht, aber das wird sicher morgen wieder okay sein.“

„Meinetwegen, aber ruh dich bitte aus. Übt ihr eigentlich mittlerweile wieder?“ fragte sie und Umi verneinte.

„Wir haben eine Pause eingelegt, bis das nächste Love Live! beginnt.“

„Es war auch echt schade, dass ihr es nicht geschafft habt. Wenigstens konnte eure Schule gerettet werden und das ist doch das Wichtigste. Beim nächsten Mal schafft ihr es sicher.“

„Ja. Ganz bestimmt.“ antwortete Umi, während ihre Mutter den Raum verließ. Diese ging in der Zwischenzeit in der Schule anrufen und Umi kroch kurz aus dem Bett, um ihr Handy zu holen. Danach legte sie sich wieder hin und schlief ein wenig. Nach einer Weile vibrierte ihr Handy allerdings wieder und eine Nachricht von Honoka wurde angezeigt.

„Alles okay bei dir? In der Schule heißt es, du wärst krank. Soll ich dich mit den anderen zusammen besuchen kommen?“

Ein leichtes Lächeln war auf Umis Gesicht zu erkennen.

„Es ist nichts Schlimmes. Ich brauch nur ein wenig Ruhe, morgen werde ich wieder in der Schule sein. Bitte schreibt für mich mit und kopiert die Arbeitsblätter für mich. Das wäre es schon.“ antwortete diese und schickte die Nachricht danach ab.

„Okay, dann ist ja gut.“ antwortete Honoka und Umi war froh darüber, dass sie sich Sorgen um sie gemacht hatte. Bald würde alles wieder gut sein und wenn jetzt etwas passieren würde, wäre sie nicht mehr im Kreis der Verdächtigen. Wer es dann letztlich wirklich gewesen war, wäre ihr sogar sehr egal gewesen. Solange das alles vorbei war, war alles gut.
 

Einige Stunden vergingen, Umi wachte irgendwann auf und sah, dass man ihr etwas zu Essen hingestellt hatte, während sie geschlafen hatte. Nach dem Essen schrieb sie noch eine Weile an einem Song und war langsam wieder dabei, ihren Kopf von den Erlebnissen des letzten Tages zu erholen. Es hatte sich ja auch keiner mehr gemeldet und anscheinend war es gar nicht so wichtig, immerhin hatte man ihren Eltern ja auch nichts gesagt. Nächste Woche könnte das alles wieder vergessen sein und sie konnten wieder mit dem Training anfangen. Das war eigentlich eine recht gute Idee. Diese konnte sie später bei Eri anbringen, welche sicher nichts dagegen hatte. Umso eher sie mit dem Training anfingen, umso besser würde das Endergebnis aussehen. Sie hatten immerhin genug Zeit mit ihrer Pause vertrödelt und noch mehr hätte ihnen eh nur geschadet. So hatte Honoka auch weniger Zeit, die sie mit anderen Dingen vertrödeln konnte. In diesem Moment klingelte ihr Telefon und sie schreckte zusammen, als sie den Klingelton ihres Handys hörte. Wer konnte das sein und wieso gerade um diese Uhrzeit? Gerade am Mittag waren sie doch alle noch im Unterricht oder vielleicht sogar in der Mittagspause. Was konnte so wichtig sein, dass man sie jetzt anrief. Ihr Display zeigte die Nummer von Eri an und Umi ging ruhig ans Telefon.

„Hallo?“ sagte sie und auf der anderen Seite der Leitung war eine panische Eri zu hören.

„Umi, ich bin‘s, Eri. Hier ist etwas total Schreckliches passiert und ich fand es richtig, dir direkt Bescheid zu sagen, ehe du es von anderen erfährst.“

„Was ist denn los?“ fragte Umi, noch etwas gefasst.

„Honoka … wurde auf dem Schulgelände niedergeschlagen und liegt im Krankenhaus.“

Die Sorgen, die ich mir wegen dir mache

Honoka wurde auf dem Schulgelände niedergeschlagen. Doch wer war das gewesen? Da Umi Daheim gewesen war, konnte sie nicht verdächtigt werden. Hatte es jemand auf sie abgesehen? Oder war es vielleicht doch dieser wahnsinnige Entführer? Umi machte sich selbst Vorwürfe, da sie nicht in der Schule gewesen war und auf Honoka aufpassen konnte. Das alles wäre sicher nicht passiert, wenn sie dagewesen wäre. Verzweifelt lag sie im Bett und überlegte, was sie nun tun sollte. Die Wand würde ihr auch keine guten Antworten geben. Irgendwann stand sie auf und rief dann bei Honokas Familie an. Es war mittlerweile fünfzehn Uhr.

„Guten Tag, Frau Kousaka. Ich bin es, Umi. Es tut mir leid, dass ich Sie störe. Ich weiß, Sie haben viel zu tun … aber ...“ Umi wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Honokas Eltern arbeiteten in einem Laden für japanische Süßigkeiten und Honoka selbst half auch oft im Laden mit. Umi mochte die Süßigkeiten, die sie verkauften. Manchmal kaufte sie sich einen kleinen Vorrat für Daheim und bekam auch hier und da mal Rabatt, da sie eine von Honokas Freunden war.

„Schon in Ordnung, Umi-chan.“ sprach Honokas Mutter am anderen Ende der Leitung. „Du hast sicher mitbekommen, was mit Honoka passiert ist. Wir können uns selbst nicht erklären, wie das passiert ist. Die Polizei konnte bis jetzt keinen Täter ausfindig machen. Doch sie hatte auf jeden Fall Glück, da sie schnell gefunden wurde.“

Umi hörte aufmerksam zu, war allerdings nervös und wollte unbedingt wissen, wie es ihrer Freundin ging.

„In welchem Krankenhaus liegt Honoka und … wie geht es ihr im Moment?“ fragte sie nun und kaute nervös auf ihrer Lippe herum.

„Sie liegt im Kanda Surugadai-Krankenhaus. Aber sie hatte wahnsinniges Glück, das es nicht schlimmer ist. Zwei Platzwunden und eine starke Gehirnerschütterung, weshalb sie nächste Woche wieder entlassen werden könnte. Ich denke, dass du sie ruhig besuchen kannst. Mein Mann und Yukiho sind vorhin zu ihr gefahren, aber sie sollten wohl bald zurück kommen.“

Umi atmete auf. Da hatte Honoka ja wirklich Glück gehabt. Doch wer machte so etwas Krankes? Sie bedankte sich noch einmal bei Honokas Mutter und entschloss sich, zu ihrer Freundin zu gehen. Auf dem Weg zur Haustür, kam sie ihrer Mutter entgegen. Diese war sichtlich erfreut, dass es Umi besser ging. Doch sie wunderte sich auch, wohin ihre Tochter wollte.
 

„Umi, wo willst du hin? Ist irgendwas passiert?“ fragte ihre Mutter.

„Honoka wurde von diesem kranken Menschen niedergeschlagen. Deshalb liegt sie im Krankenhaus und ich will sie besuchen gehen.“ erklärte sie ihrer Mutter, welche sich sichtlich Sorgen machte.

„Oh Gott … aber geht es dir wirklich schon besser? Heute morgen sahst du nicht gut aus.“ stellte sie fest.

„Es geht mir schon deutlich besser, die Ruhe hat mir geholfen, aber … Mama? Darf ich dich etwas fragen?“ sprach sie, mit etwas Nervosität in der Stimme.

„Was hast du denn?“

„Warum hast du mich nicht auf die Sache mit der Polizei angesprochen? Die haben dich doch informiert, oder?“ fragte Umi.

Ihre Mutter lächelte und sprach: „So etwas würdest du niemals tun, das weiß ich. Deshalb habe ich dich auch nicht verdächtigt oder darauf angesprochen. Ich wollte dich nicht unter Druck setzen.“

Umi, die etwas gerührt war, wollte noch etwas sagen, war aber dennoch wegen Honoka in Eile.

„Hab vielen Dank, Mama. Es tut mir leid, wirklich. Ich werde Honoka fragen, was genau passiert ist und ob sie sich noch an den Täter erinnert. Bis dann.“

Die verabschiedenden Worte fielen eher wenig aus, aber in ihrer Eile musste sich Umi nun mal sputen. Sie fuhr mit der erst möglichen Straßenbahn in Richtung Krankenhaus und war nach 20 Minuten da. Die anderen waren noch nicht bei ihr gewesen, da sie im Moment wohl etwas beschäftigt waren. Umi wollte sich eigentlich noch bei den anderen erkundigen, vergaß das aber schnell und wollte nur noch zu Honoka. Nach dem sie sich informiert hatte, in welchem Zimmer ihre beste Freundin lag, fuhr sie mit dem Fahrstuhl in den 3. Stock und fand das Zimmer auch recht schnell. Dieses Krankenhaus war ein helles, freundlich wirkendes Krankenhaus und sehr modern eingerichtet. Zumindest fühlte sich Umi nicht unbedingt unwohl, hier zu sein. So einen Standard hatten die meisten Krankenhäuser nicht. Als sie vor der richtigen Tür stand, zögerte sie kurz zu klopfen. Sie hätte es sich niemals verziehen, wenn Honoka irgendwas passiert wäre.
 

Honoka konnte wirklich schlimm sein. Sie war faul, lernte nicht gern für die Schule und konnte Umi echt auf die Nerven gehen. Doch das war nicht der Grund, warum sie Honoka so sehr mochte. Sie war immer optimistisch, hatte ein Lächeln auf den Lippen, permanente gute Laune und liebte ihre Freunde sehr. Das mochte Umi an ihrer besten Freundin so sehr, auch wenn sie sich oft unmöglich erscheinende Ziele in den Kopf setzte und dafür auch Risiken einging. Nichts konnte sie stopppen und das hatte Umi irgendwann dazu bewegt, bei µ's mitzumachen. Die Sorgen, die sich Umi damals gemacht hatte, was µ's anging, ähnelten ein wenig den jetzigen Sorgen, die sie hatte. Was wäre gewesen, wenn sie gescheitert wären? Die Schule wäre geschlossen worden und ihr Ziel wäre nicht erreicht gewesen. Doch ganz abseits davon, machte sie sich nun noch mehr Sorgen. Nicht um µ's, sondern um Honoka selbst. Nie hatte sie solche Angst um ihre Freundin gehabt und so wurde Umi bewusst, wie wichtig sie ihr eigentlich war. Nun klopfte sie an die Tür und wartete darauf, dass ihr jemand das Zeichen zum reinkommen gab.

„Herein.“ hörte sie eine bekannte Stimme sagen. Umi öffnete die Tür und fand sich in einem Einzelzimmer wieder und verstand im ersten Moment nicht ganz, warum. Honoka war doch eigentlich nichts Schlimmes zugestoßen, also warum? Diese saß ruhig in ihrem Bett und lächelte leicht, als sie Umi sah. Sie hatte weiße Kleidung an, war mit einer weißen Decke zu gedeckt und hatte den Fernseher im Zimmer an. Ob sie wohl gerade irgendeine Sendung gesehen hatte? Zumindest war nun der Ton des Fernsehers leise und gab keinen Laut von sich. Ihr Kopf war verbunden und Honoka sah auch nicht unbedingt gut aus. Sie war nach wie vor blass, aber sie schien zumindest da zu sein.

„Umi-chan, schön dass du mich besuchen kommst. Mein Vater und meine Schwester sind vor ein paar Minuten gegangen. Die anderen waren noch nicht da, aber es ist so schön dich zu sehen.“ rief sie begeistert, aber nicht so fröhlich wie sonst. Schnell setzte sich Umi zu ihrer Freundin ans Bett und wollte zumindest für sie da sein. Alles würde gut werden, zumindest musste sie daran glauben.

„Geht es dir etwas besser, Honoka? Eri-senpai hat mich heute Mittag angerufen und als ich davon gehört habe, war ich unglaublich besorgt.“ sprach Umi und Honoka schien sich ein wenig schuldig zu fühlen.

„Es tut mir leid, Umi-chan. Ich wollte dir keine Sorgen bereiten, immerhin ging es dir ja nicht gut. Deshalb warst du sogar nicht in der Schule.“ sagte Honoka etwas enttäuscht von sich selbst, doch Umi war das recht egal.

„Das ist doch egal, Honoka. Mir war nur ein wenig schlecht und mir ging es nicht gut. Aber dir geht es um einiges schlimmer.“ erklärte Umi, doch Honoka lächelte nur traurig.

„Es ist schon okay. Mir ist doch nichts schlimmes passiert. In einer Woche bin ich wieder draußen, keine Sorge. Mir geht es bald wieder besser und dann können wir direkt weiter trainieren.“

Umi machte das ganze ein wenig sauer, weshalb sie nun aus der Haut fuhr.

„Darum geht es nicht, Honoka. Du wurdest auf dem Schulgelände niedergeschlagen und der Täter ist nach wie vor auf freiem Fuß. Nichts ist okay, dieser Typ muss auf jeden Fall gefasst werden!“

Honoka schaute schuldbewusst aus dem Fenster und dachte nach. Wusste sie etwa etwas, das sie ihrer Freundin verheimlichte?

„Ja, ich weiß, Umi-chan. Aber ich weiß nicht, wer das war. Ich hab die Person nicht gesehen, weil sie von hinten kam. Und als ich zusammen gebrochen bin, habe ich auch nichts mitbekommen. Irgendwie würde ich ja auch gern wissen, wer das war, aber … ich erinnere mich einfach an nichts dergleichen.“ sagte Honoka und Umi seufzte.
 

Zumindest war Honoka im Krankenhaus sicher und diese Person würde sie sicher nicht noch einmal verletzen wollen. Doch nun fiel Umi ein gewisses Muster in den Taten des Täters auf. Am Anfang waren es nur irgendwelche Schülerinnen der Schule gewesen. Dann waren es Mädchen, die direkt µ's Fans waren und später direkte Fans von Umi. Hatte dieser Täter direkt auf sie abgesehen? Einige Dinge sprachen dafür und auch die Tatsache, das Honoka so niedergeschlagen wurde, tat dem Verdacht nichts ab. Doch da sie sich an nichts erinnerte, würde die Suche nach dem Täter nicht unbedingt einfacher werden. Es war schon komisch, das es keinen einzigen Hinweis auf diesen gab. Weder eine Spur, noch sonst etwas. Gerade deswegen war sie wohl die Erste gewesen, die verdächtigt wurde. Gerade weil die Opfer irgendwas mit ihr zu tun hatten. Doch die anderen waren auch noch nicht verdächtigt worden, sondern lediglich sie. Vielleicht wusste die Polizei ja schon etwas und hatte verdeckt noch einen anderen Täter im Blick. Jedes der Opfer stand irgendwie mit ihr in Verbindung, da sie diese irgendwie vom sehen kannte. Vielleicht wollte da jemand Kontakt mit ihr aufnehmen und ihr so sein Interesse an ihr zeigen. Doch welche Person würde so etwas tun? Umi fiel weiß Gott niemand ein, der in dieses Muster, in diese Verhaltensweise passte. Bei µ's gab es auch niemanden, der so etwas tun würde. War es am Ende noch eine Mitschülerin aus ihrer Klasse? Die Polizei konnte so erst einmal ausschließen, dass es Umi war, da sie an diesem Tag Daheim gewesen war. Auch Honoka fiel raus, da sie immerhin angegriffen wurde. Wer um alles in der Welt, würde so etwas tun?

„Ich verstehe. Wenn du dich an nichts erinnerst, bringt es auch nichts, weiter darauf rum zu hacken. War die Polizei schon hier?“ fragte sie nun wieder besorgt, worauf Honoka kurz nickte.

„Vor vielleicht einer Stunde. Ihre Fragen waren erdrückend, aber ich konnte ja nichts wissen. Sie haben es zur Kenntnis genommen und das war's. Mehr war nicht drin.“ sprach sie und Umi wusste zumindest, das sie sich in Acht nehmen musste.
 

„Mach dir keinen Kopf, Umi-chan. Alles wird gut, da bin ich mir sicher.“ sagte sie nun noch und Umi versuchte zumindest daran zu glauben, auch wenn es schwierig war.

„Okay. Ich werde alles tun, um heraus zu finden, wer dir das angetan hat.“ versprach Umi und Honoka nickte.

„Tu das, Umi-chan. Und … schreib für mich in der Schule mit, ja? Ich will nicht zu viel verpassen.“

Die beiden sprachen noch ein paar Minuten und auch so lachten sie sogar gemeinsam. Aber in so einer Situation zu lachen, wirkte für Umi falsch. Sie fühlte sich nicht wohl dabei und es fühlte sich einfach falsch an, im Moment glücklich zu lachen. Umi hätte sogar die Chance gehabt, Honoka ihre Gefühl zu gestehen. Immerhin waren die beiden allein gewesen und auch so wäre niemand herein geplatzt, der die Szene gestört hätte.

„Ich komme morgen wieder vorbei. Die Anderen kommen sicher auch noch, denke ich mal. Bis dann, ja?“ verabschiedete sich Umi und Honoka bedankte sich noch mal bei ihr und sagte auch noch verabschiedende Worte. So verließ Umi das Zimmer und ging in Richtung Ausgang. Doch dann wurde sie auf dem Gang von einer bekannten Person überrascht. Sie schreckte zusammen, als sie die Person sah. Doch es handelte sich lediglich um Eri-senpai, die wohl gerade zu Honoka wollte.

„Eri-senpai, du willst zu Honoka, oder?“ fragte Umi, worauf Eri nickte.

„Richtig. Die anderen haben mir ein paar Sachen für sie mitgegeben und ich habe ihr Blumen gekauft. Ist sie im Moment wach?“ fragte sie.

„Ja, sie ist im Moment noch wach. Ihr geht es auch relativ gut, aber … sie erinnert sich nicht an denjenigen, der ihr das angetan hat.“ erklärte Umi enttäuscht, doch ihre ältere Mitschülerin tröstete sie.

„Das ist nicht deine Schuld. Du warst zu der Zeit nicht in der Schule und bist damit unschuldig. Mach dir keine Vorwürfe, immerhin wurde sie sehr schnell gefunden.“ sprach sie tröstend, doch Umi beschäftigte noch eine andere Sache.

„Als ihr Honoka gefunden habt … wer hat sie gefunden?“ fragte Umi und Eri überlegte für einen kurzen Moment.

„Ich weiß nicht genau, wenn ich so überlege. Man hat sie einfach ohne Bewusstsein gefunden und dann ins Krankenhaus gebracht. Wer das war, kann ich dir leider nicht sagen. Tut mir leid.“

In diesem Moment spürte Umi einen Schmerz in ihrem Kopf, der auf starke Kopfschmerzen hinwies. Sie hätte wohl doch nicht direkt ins Krankenhaus stürmen sollen. Dadurch dass es ihr seelisch nicht gut ging, hatte wohl auch ihre Gesundheit zu leiden. Sie fasste sich an den Kopf und Eri schaute besorgt zu ihr.

„Geht es dir gut, Umi? Du wirkst immer noch so blass. Soll ich dich nach Hause begleiten?“ fragte Eri doch Umi lehnte ab. Sie wollte nur noch so schnell wie möglich nach Hause und niemandem mehr Sorgen bereiten. Dort konnte sie sich ausruhen und auch morgen wieder zur Schule gehen. Dann würde ihr Alltag wieder so sein, wie er normalerweise war. Alles würde gut werden, immerhin hatte das Honoka zu ihr gesagt.

„Alles okay, mir geht es gut. Mach dir keine Sorgen um mich, ich komme schon klar. Ich gehe einfach eher ins Bett und dann passt das schon. Ich kann nicht noch einen Tag Schule verpassen.“ erklärte Umi. Immerhin war Honoka im Krankenhaus und irgendwer musste Notizen, Arbeitsblätter und andere Dinge für sie mitschreiben. Sie hatte es ihr versprochen und Umi wollte dieses Versprechen unbedingt halten. Nicht nur, weil sie Honoka liebte, sondern auch so. Immerhin war diese auch noch ihre Freundin und Honoka würde das auch für sie tun, selbst wenn sie es nicht unbedingt gründlich tun würde. Wahrscheinlich hatte Kotori die heutigen Themen und Tafelbilder für sie mitgeschrieben. Diese hatte sie ihr sicher schon in den Briefkasten getan oder würde ihr diese heute noch bringen. Nachdenklich lief Umi nach Hause und war schon fast bei der Straßenbahn angekommen. In Gedanken versunken, achtete sie nicht auf vorne oder hinten und ließ alles um sich herum einfach geschehen. Es machte keinen Unterschied und ihr ging es auch nicht unbedingt gut.
 

Wenn sie Daheim ankommen würde, kamen ihr sicher Ideen für neue Songs oder anderes und sie würde die Kopfschmerzen sicher gleich wieder vergessen haben. Ein beruhigender Gedanke, den sie sich in diesem Moment einfach einbildete. Doch kurz vor der Straßenbahnstation, an einer kleinen Gasse, geschah es. Sie hatte nicht richtig aufgepasst, nicht wirklich auf ihre Umgebung geachtet. Irgendwas hatte sie einfach so umgehauen und wirklich kommen sehen hatte es Umi auch nicht. Diese Person war gezielt hinter ihr her gewesen, doch Zeit für diesen Gedanken hatte sie nicht. Ein Verbrechen aus Eifersucht, auf Honoka? Vielleicht war der Anschlag auf Honoka sogar ein gescheiterter Mordversuch gewesen. Doch diese Person hatte nun auch Umi einfach so bewusstlos geschlagen. Zumindest war diese Person geübt darin und hatte wohl Erfahrungen mit solchen Dingen. Wie lange sie bewusstlos gewesen war, wusste Umi nicht. In ihrer Situation brachte es auch nicht unbedingt viel, die Uhrzeit zu kennen. Irgendwann erwachte sie, in einem dunklen Raum mit schwacher Beleuchtung. Sie war gefesselt und ihr Mund war mit einem Tuch zu gebunden. So konnte sie nicht richtig sprechen, aber wenigstens atmen. Wie war sie nur hier her gekommen? Nach schnellerer Feststellung bemerkte sie, das die Wände in diesem Raum rund waren. So befanden sich um sie einige Bilder, die sie im ersten Moment gar nicht erkannte. Sie sah etwas verschwommen, konnte nicht wirklich alles gut erkennen. Doch nach ein paar Sekunden erkannte sie, wer auf den ganzen Fotos abgebildet war. Es war sie selbst.
 

Fotos aus dem Bogenschützenclub, wie sie bei Wettbewerben und Trainingsstunden teilgenommen hatte. Fotos aus dem Unterricht, aus ihrer Freizeit. Manchmal waren es auch nur einfache Bilder, auf denen sie einfach nur so allein fotografiert wurde. Umi wusste nicht ganz, wo gerade diese Fotos herkamen. Sie kannte diese Bilder nicht, hatte sie noch nie zuvor gesehen. Doch es waren auch Fotos von ihren Auftritten dabei, zum Beispiel der in Akihabara im Maid Café. Oder der erste Auftritt, bei dem sie Start Dash!! gesungen hatten. Doch wie kam diese Person an diese Fotos? War es vielleicht ein Stalker, der sie Tag ein, Tag aus verfolgte und Fotos von ihr schoss? Umi war von diesem Anblick schockiert und suchte mit den Augen nach einem Fluchtort, um aus diesem Raum zu verschwinden. Wie konnte sie so schnell es ging aus diesem Raum verschwinden? Immerhin wusste sie ja nicht einmal, wo sie war. Allein am Geruch des Raumes konnte sie auch nicht fest stellen, wo sie war. Es war ein weiblicher, schöner Geruch. Doch, woher kannte sie diesen? Er kam ihr so vertraut vor. Die Tür des Raumes stand offen und zumindest konnte sie einen kleinen Spalt von draußen bemerken. Allerdings reichte es nur für ein paar Lichtstrahlen, die wohl durch eine Lampe erzeugt wurden. Nach ein paar Minuten konnte Umi dann zumindest eine Stimme vernehmen, die ihr sehr bekannt vorkam. Sie sang irgendein Lied, dass sie allerdings nicht kannte.
 

„Hör' auf so nett zu mir zu sein

Eine Lüge, es ist alles eine Lüge!

Nur, wegen deiner Nettigkeit

Verfalle ich mehr und mehr meiner Liebe zu dir

Ich bin immer an deiner Seite

Aber, … wir sind nur Freunde?

Wenn ich noch weiter meine Gefühle verberge, zerspringt mein Herz
 

Grausam, wie du nur mit mir herum spieltst

Mein Herz klopft jedes Mal so wild; wie lange wird es noch dauern bis du es merkst?

Es tut so weh dich an zu sehen, während ich diese Gefühle in mir trage

Lange halte ich es nicht mehr aus

Bald sind es zu viele und die Worte "Ich liebe dich" werden aus meinem Mund fließen
 

Hör' auf so nett zu mir zu sein

Eine Lüge, es ist alles eine Lüge!

Nur, wegen deiner Nettigkeit

Verfalle ich mehr und mehr meiner Liebe zu dir

Ich bin immer an deiner Seite

Aber, … wir sind nur Freunde?

Wenn ich noch weiter meine Gefühle verberge, zerspringt mein Herz“
 

Während Umi dem Gesang dieser Stimme lauschte, fiel ihr langsam ein, wer diese Person war. Diese hohe Stimme war nur einer Person zu zuteilen, die sie kannte. Diese Person war immer bei ihr, wenn sie mit Honoka zusammen war. Es war immer so gewesen, aber gerade sie? Umi wollte ihren Ohren nicht glauben, doch als sich die Tür öffnete, bewahrheitete sich ihr Verdacht nur um so mehr. Die Augen, in die blickte, waren die von Kotori. Sie hatte all diese Entführungen zu verantworten und war auch diejenige, die sie entführt hatte. Ihr Grinsen und ihr irrer Blick waren etwas, das Umi an ihr noch nie so gesehen hatte. Aber warum hatte sie auch nicht so weit gedacht? Gerade sie, die tagtäglich bei ihr war, wäre die einzige Tatverdächtige gewesen. Aber gerade weil die beiden sich so lange kannten und Umi ihr so etwas nicht zu traute, hatte sie davon abgesehen. Sie wollte einfach nicht glauben, dass ihre beste Freundin so etwas tat. Immerhin wusste sie von ihren Gefühlen zu Honoka, aber sie hatte es trotzdem getan.

„Umi-chan, ich bin wieder da.“ rief sie und Umi jagte es einen eiskalten Schauer über den Rücken. Das konnte doch alles nur ein schlechter Alptraum sein.

Drei Worte, die ich endlich sagen kann

Nach all den merkwürdigen Vorfällen war es Kotori gewesen, die all diese Mädchen entführt hatte. Umi hatte das alles nicht kommen sehen und nicht geahnt, das Kotori so etwas Schreckliches tun würde. Es passte einfach nicht zu ihr, aber irgendwann schien sie angefangen zu haben, sich zu verändern. Umi, Kotori und Honoka waren beste Freunde gewesen und das schon seit ihren Kindertagen. Sie waren immer zusammen und halfen einander, so gut es ging. Honoka war die lebendige Seele, Umi die eher zurückhaltende und Kotori das liebe Mädchen, das sich um alle kümmerte. Was hatte sie nur dazu gebracht, so etwas zu tun?
 

„Umi-chan, ich bin wieder da.“, rief Kotori nun, als sie in den dunklen Raum kam. Wollte sie Umi irgendwas zeigen? Immerhin hatte sie Umi die Augen nicht verbunden und lediglich gefesselt und dafür gesorgt, dass sie nicht sprechen konnte. Umi wunderte sich nun, da sie diesen Raum nicht kannte. Sie war öfter bei Kotori daheim gewesen, doch dieses Zimmer war ihr völlig fremd. Das Zimmer ihrer Freundin war weitaus freundlicher gestaltet, als dieser Raum.
 

Nun kam Kotori auf sie zu, die bis gerade eben vor der Tür gestanden hatte. Trotz ihres irren Blickes lächelte sie fast wie immer, doch war es auch echt? Was hatte sie vor?
 

„Umi-chan.“, wiederholte Kotori, als sie auf Umi zukam. Diese bekam es so langsam mit der Angst zu tun und wusste nicht, was sie tun sollte. Kotori stand nun direkt vor ihr und berührte mit ihrem Zeigefinger ihre rechten Knöchel. Diese Berührung war langsam und sanft, doch so langsam wusste Umi, worauf sie hinaus wollte. Sie schreckte zusammen, wollte eigentlich schreien. Vielleicht war ja irgendjemand im Haus, der sie hören konnte. Wo war eigentlich Kotoris Mutter? Sie war zwar Schulleiterin und viel beschäftigt, aber es war ja spät am Abend. War Kotori vielleicht ganz allein im Haus?
 

„Was fühlst du für mich? Kotori möchte, dass du ihr alles erzählst.“, sprach Kotori mit einem langsamen, verrückten Unterton. War es auf das Lied bezogen, welches sie gesungen hatte? Außerdem sprach sie in der dritten Person von sich selbst, was sie nur tat, wenn sie niedlich wirken wollte. Kotori war sehr nah an Umi und zog ihr nun die Bedeckung ihres Mundes hinunter. Erwartete Kotori wirklich, dass sie ihr etwas erzählen sollte? Die beiden waren Freunde und mehr war da für Umi auch nicht. Sie empfand etwas für Honoka und das wusste Kotori eigentlich auch. Doch diese hatte Honoka wohl gerade absichtlich niedergeschlagen, da sie eifersüchtig auf diese war.
 

„Warum hast du das alles getan? Warum hast du all diese Mädchen entführt und dann auch noch Honoka niedergeschlagen? Was soll das alles?“, fragte sie verzweifelt, doch Kotori schien das eher positiv als negativ aufzufassen.
 

„Hach, Umi-chan. Kotori hat sich schon gedacht, dass du sie nicht verstehst. Aber es ist sehr einfach, glaub mir. Ich liebe dich, Umi-chan. Doch du hast meine Gefühle die ganze Zeit nicht bemerkt und warst trotzdem so freundlich zu mir. Deshalb habe ich beschlossen, alle anderen auszulöschen, die dich mögen. Nur so wird Umi-chan Kotori endlich bemerken. Du sollst Kotori gehören. Deswegen habe ich beschlossen, alle Mädchen zu eliminieren, die irgendwas von dir wollen.“, erklärte Kotori, doch Umi war sprachlos.
 

Solche Gefühle hatte Kotori für Umi empfunden? Seit wann war das so? Umi verstand die Welt nicht mehr.
 

„Aber du hättest es mir doch ganz normal sagen können. Dafür hättest du doch nicht diese Mädchen entführen und auch noch Honoka niederschlagen müssen. Ich hätte dir zugehört und dir auch eine Antwort gegeben …“, antwortete Umi, mit einem traurigen Unterton. Sie war ziemlich enttäuscht, doch Kotori hatte wohl keinen anderen Ausweg gesehen.
 

„Pah.“ Dieses kurze Wort klang auf einmal so wütend. So kannte Umi ihre beste Freundin gar nicht. War Kotori jemals so wütend und sauer gewesen? Sie konnte sich zumindest nicht erinnern. Immer war sie ruhig geblieben, hatte Umi-chan sogar beruhigt, wenn irgendwas war. Doch … war das die Kotori, die Umi kannte? „Du hast doch die ganze Zeit an Honoka-chan geklebt. Honoka hier, Honoka da. Du hast nur noch von ihr geschwärmt, warst verliebt in sie und hast Kotori gar nicht wahrgenommen. Ich hasse diese blöde Kuh, weil sie dich mir wegnehmen will. Warum kannst du so etwas nicht für Kotori fühlen?“
 

Für einen kurzen Moment erkannte Umi ihre beste Freundin wieder. Sie war verzweifelt, wusste nicht, was sie tun sollte.
 

„Kotori, ich …“ fing Umi an, doch Kotori unterbrach sie. „Warum, sag es mir Umi-chan? Warum fühlst du so etwas für Honoka-chan und nicht für mich? Kotori hat all diese Mädchen entführt und in den Keller eingesperrt. Selbst meine Mutter hat nichts mitbekommen und es war der perfekte Plan, dir endlich meine Gefühle zu gestehen. Ich habe mich immer um dich bemüht, war für dich da, wenn es dir schlecht ging. Warum fühlst du so etwas für Honoka-chan, über die du dich ständig nur aufregst?“
 

Kotori war mittlerweile in Tränen ausgebrochen, doch es änderte nicht viel.
 

Eigentlich war Kotoris Frage nicht mal unberechtigt. Warum war das wohl so? Umi wusste selbst nicht genau, warum und wieso. Es war einfach so. Die Gefühle die sie hatte waren für Honoka und nicht für Kotori. Sie war einfach nur eine sehr gute Freundin für sie – mehr aber auch nicht. Selbst wenn Kotori sie anflehte, sich noch mehr bemühte – letztlich war sie kriminell geworden. Und auch das änderte nichts daran, was Umi fühlte. Kotori wollte Gewissheit über das, was Umi fühlte. Doch konnte sie mit der Wahrheit auch leben? In diesem Zustand sicher nicht, doch es brachte auch nichts, sie anzulügen.
 

„Ich weiß selbst nicht wieso, aber es ist nun mal so. Ich kann nicht von heut auf morgen meine Gefühle ändern und das habe ich auch nicht vor. Kotori … du bist meine beste Freundin. Ich habe dich sehr gern, aber mehr fühle ich nicht für dich. Bitte hör auf damit. Du stürzt dich hier nur in etwas Kriminelles und auch so … wenn das alles rauskommt, ist µ‘s am Ende. Dann können wir nicht mehr auftreten und unser Ziel können wir vergessen.“, erklärte Umi, doch Kotori wollte das nicht hören.
 

„Ich soll meine Gefühle einfach so vergessen? Das kann ich nicht. Selbst wenn µ‘s damit am Ende wäre … ich möchte bei dir sein, immer an deiner Seite sein. Warum verstehst du das nicht, Umi-chan? Warum?“, bettelte Kotori fragend, doch Umi schüttelte den Kopf.
 

„Doch, ich verstehe es. Kotori, ich möchte dir nicht wehtun. Ich möchte nur, dass wir weiterhin als Freunde zusammen sein können. Deshalb ist es wichtig, dass du damit aufhörst. Tu es bitte für mich, selbst wenn ich deine Gefühle nicht erwidere. Wir haben doch noch unser ganzes Leben vor uns und Honoka fühlt sicher nicht das selbe für mich. Wenn ich es ihr gestanden habe, kannst du immer noch bei mir sein und vielleicht fange ich ja dann an, etwas für dich zu fühlen. Klingt diese Vorstellung nicht schön?“ fragte Umi und Kotori war ganz ruhig. Sie hatte nach wie vor Tränen in den Augen, fing wieder an zu weinen.
 

„Aber … das wird alles niemals so passieren.“, sprach sie enttäuscht und Umi verstand nicht wirklich. Was meinte sie damit? Es war doch gut möglich, dass es so kommen würde. Warum verstand Kotori das nicht.
 

„Selbst wenn …“, fuhr sie fort. „… Kotori möchte jetzt mit dir zusammen sein und nicht erst irgendwann. Honoka schaut dich immer so lieb an … deshalb habe ich sie doch niedergeschlagen.“
 

Warum war sie auf einmal so feindlich auf Honoka zu sprechen? Sie waren doch beste Freunde, hatten sich immer so gut verstanden. War es wirklich nur, weil Kotori neidisch auf sie war?
 

„Bitte, Kotori. Bind mich los, ich möchte dir irgendwie helfen. Ich weiß, dass es nicht einfach ist. Aber … ich möchte nicht, dass du weg gesperrt wirst. Ich will dich nicht gemeinsam mit den anderen im Gefängnis besuchen. Nein … ich will das wir als µ‘s gewinnen. Ich will dir doch nichts Böses.“, erklärte Umi, doch Kotori schaute nach wie vor traurig.
 

Zumindest hatte sie diesen irren Blick nicht mehr drauf und das war ganz beruhigend. Kotori hatte Umi damit ziemliche Angst gemacht und … Umi wollte nie wieder erleben, dass Kotori so wütend war.
 

„Gehst du dann mit mir zur Polizei? Die sperren mich doch weg …“, grübelte sie, doch Umi wollte Kotori eine neue Hoffnung geben.
 

„Wenn du dich stellst und ihnen erklärst, warum … lassen sie dich auf Bewährung frei und du musst vielleicht zum Psychologen, aber so können wir wenigstens weiter machen. Dann wird alles gut, glaub mir. Das passt nicht zu dir und du weißt das auch. Entschuldige dich einfach bei diesen Mädchen und dann sehen wir weiter. Bitte …“, bat Umi und erwartete erst gar keine positive Antwort von Kotori. Doch dann passierte ein kleines Wunder.
 

„Okay, … bleiben wir trotzdem Freunde? Selbst, nach dem ich so etwas Schreckliches getan habe?“, fragte Kotori, mit schuldbewusstem Unterton.
 

„Ja, bleiben wir. Bind mich bitte los, okay?“, sagte Umi nun und Kotori befreite sie von den Fesseln.
 

Noch an diesem Abend stellte sich Kotori der Polizei und die Geiseln in ihrem Keller wurden alle frei gelassen. Umi blieb die ganze Zeit bei ihr und durfte erst am frühen Morgen das Revier verlassen. Mit welcher Strafe Kotori letztlich bestraft wurde, wusste keiner. Doch es war gut, dass sie von sich aus gestanden hatte. Andernfalls wäre sie sicher auf andere Weise aufgeflogen. Ihre Mutter hatte merkwürdiger Weise nichts mitbekommen, aber wahrscheinlich hatte sich Kotori irgendwelche Ausreden ausgedacht, damit diese nicht in den Keller ihres Hauses geht. Zumindest schien sie überrascht zu sein, als dann die Polizei vor ihrer Tür stand. Was Kotori mit den Opfern gemacht hatte, blieb eher das Geheimnis zwischen ihr und den Mädchen, die sie entführt hatte. Diese konnte zumindest endlich nach Hause zurückkehren und bald wieder zur Schule. Umi war nur froh, das dies endlich vorbei war. Sie wurde an diesem Tag von der Schule befreit und die anderen bekamen es direkt von Kotori erzählt. Wie wohl deren Reaktion war?
 

Zumindest sprach sie niemand direkt darauf an, als sie wieder in der Schule aufgetaucht war. So war also der Verdacht auf sie abgefallen, aber die Schüler ihrer Klasse fragten sich dennoch, wer es gewesen war. Umi hoffte nur, das sich die Gerichtverhandlung um diesen Fall noch ordentlich ziehen würde. Diese hatte auf der Polizeiwache dringend darum gebeten, Kotori nicht an die Öffentlichkeit zu bringen. So hatten sie wenigstens noch eine Chance, am Love Live! teilzunehmen. Nach etwas mehr als einer Woche wurde dann auch Honoka aus dem Krankenhaus entlassen, welcher es endlich besser ging. Umi und Kotori waren jeden Tag bei ihr um sie zu besuchen. Kotori hatte ihr sogar gestanden, dass sie diejenige gewesen war, welche sie niedergeschlagen hatte. Honoka wirkte im ersten Moment geschockt, doch dann bekam sie alles erklärt und verzieh ihrer Kindheitsfreundin. Natürlich belastete es ihre Freundschaft irgendwo, doch sie versuchten nicht mehr daran zu denken. Honoka versprach, auch niemanden etwas davon zu erzählen, da auch sie weiter am Love Live! teilnehmen wollte. Seit dieser Sache beobachtete Umi Honoka auch etwas genauer. Hatte Kotori vielleicht Recht gehabt?
 

So trafen sich die beiden eines Schultages allein, nach dem Unterricht und Umi war bereit, Honoka ihre Gefühle zu gestehen. Sie war unglaublich nervös und wusste nicht, damit umzugehen. Wie sollte sie es nur richtig anstellen? Immerhin wollte sie Honoka auch nicht bedrängen, doch hatte Kotori ihr vielleicht etwas erzählt? Als sie Honoka genau erklärte, warum sie diese zusammengeschlagen hatte, war Umi nicht dabei gewesen. Seit dem lächelte Honoka sie ständig so freundlich an, wenn sie diese sah. So stand Umi also hinter ihr und wollte es ihr endlich sagen.
 

„Honoka … sag, hat dir Kotori irgendwas erzählt?“, fragte sie und Honoka reagierte verwirrt.
 

„Ähm … nicht das ich wüsste. Worum geht es denn?“, gab sie fragend zurück und Umi hatte freie Bahn. Es war endlich soweit. Sie versuchte ihre Angst zu unterdrücken und sagte es einfach.
 

„Ich liebe dich, Honoka. Lass mich immer an deiner Seite sein.“, rief sie, etwas zu laut, aber es war raus.
 

Honoka drehte sich um und lächelte sie an. „Ich dich auch, Umi-chan.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Die Liedübersetzung stammt von Shima (@ShimapanChannel) und basiert auf dem Song Unbalanced Love (Printeps Song). Vielen Dank dafür. ^^ Komplett anzeigen

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