Zum Inhalt der Seite

Kyou Kara Kōkōsei

Ein Engel erobert die Schule
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Huhu,
diese FF ist zwar schon etwas älter (2 Jahre xD), dennoch möchte ich sie euch nicht vorenthalten :3 Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog

Seit Monaten ließ sich der doppelschwarze Dämonenkönig nicht mehr in Shin Makoku blicken. Während Wolfram vor dem Tempel des Einzigartigen wartete, stand sein Beschluss fest – er wollte Yuri zurückholen. Der Schulmeister zerrte heftig an seinem Arm und versuchte ihn mit aller Kraft zurückzuhalten.

„Eure Majestät, bitte geht nicht. Lasst euer Reich nicht im Stich. Bedenkt diese unzumutbare Reise und welche Gefahren sie birgt. Was ist, wenn euch noch etwas zustößt? Ich als euer treuer Berater würde mir solch ein Vergehen niemals verzeihen können.“

„Günther, lassen sie mich los! Sie wollen doch ebenso, dass Yuri zurückkehrt!“

Mit einem von Tränen umfluteten Gesicht und gequollenen Augen blickte Lord von Kleist den blonden Engel an. Der Anblick dieser beiden Schönlinge hätte jedes Frauenherz zum Schmelzen gebracht – der zu tiefst besorgte junge Mann und der blonde Engel, dessen smaragdgrünen Augen Verzweiflung und Standhaftigkeit zugleich ausstrahlten.

„Außerdem ist die Erde viel friedlicher als unser Dämonenreich. Mir kann nichts passieren.“

„Euer Reich braucht euch, Majestät“, schluchzte Günther.

„Gwendal kümmert sich um alles, solange ich weg bin.“

Langsam ließ der Schulmeister den adelsblauen Ärmel des Jünglings los. Auch er hielt diese schreckliche Zeit ohne den edlen Doppelschwarzen nicht mehr aus. Conrad, der die ganze Zeit über stumm daneben stand, legte eine Hand auf Günthers Schulter und blieb mit ihm auf den Treppen des Tempels zurück, als Wolfram diesen langsam aber sicher betrat.

„Wir werden auf dich warten, Wolf. Und bring Yuri sicher zurück“, rief ihm Conrad zu.

„Ohne Yuri werde ich nicht zurückkehren.“ Nach diesen Abschiedsworten heulte sich Lord von Kleist ausgiebig an Graf Wellers Schulter aus.

„Shinou, ich weiß, dass du hier irgendwo steckst!“, rief Wolfram schallend durch die Gänge.

„Redet man so mit dem Einzigartigen?“

„Ich weiß genau, dass du hier bist! Außerdem schuldest du mir noch was“

„Ist ja gut, bin schon da. Was schulde ich dir überhaupt?“ Ein junger Mann in einem königlichen Gewand und mit verblüffender Ähnlichkeit zu Wolfram trat anmutig aus seinem Geheimversteck hervor.

„Hast du schon vergessen? Damals mit Anissinas Erfindung?“ Wolfram verschränkte die Arme und durchstach Shinou mit einem prüfenden Blick. Dieser wusste sehr wohl Bescheid und lächelte nur verlegen.

„Willst du immer noch zur Erde? Ich hab doch gesagt, dass meine Kräfte nicht dazu ausreichen.“

„Du Lügner!“

„Wie redest du denn mit mir? Ich hab jetzt wirklich Besseres zu tun“ Der ehemalige Dämonenkönig wollte sich gerade aus dem Staub machen, doch Wolfram trat auf seinen langen Umhang, sodass dieser stehen blieb.

„Dich kann man auch nicht mehr umstimmen?“ Lord von Bielefeld schüttelte entschlossen den Kopf.

„Wie wäre es, wenn wir uns stattdessen bei einer Tasse Tee aussprechen?“

„Vergiss es! Du kannst mich mit deinem Blättersaft nicht umstimmen“, keifte Wolfram.

Seit Tagen stürmte der Jüngling regelmäßig in den Tempel des Einzigartigen und bat Shinou, ihn zur Erde zu bringen. Dieser jedoch wies ihn jedes Mal ab mit der Erklärung, er sei nicht mehr fähig dazu, obwohl er Wolframs Beweggründe nur zu gut verstand.

„Du bist dir immer noch sicher?“, fragte er leise. Seine Stimme klang ernster als zuvor und er war es leid, den neuen König ständig aufs Neue abzuweisen.

„Mehr als sicher“, erklärte ihm Wolfram entschlossen, „Ich liebe Yuri und es gibt niemanden, der ihn ersetzen kann.“

Miko Shibuya – besser bekannt als Jennifer - kochte gerade ihr berühmtes Curry, als sie plötzlich ein Platschen hörte, das ohne Zweifel aus dem Badezimmer tönte. Dieses Geräusch war ihr so vertraut, seit ihr Sohn damals täglich aus dem Dämonenreich zurückkehrte, dass sie sofort die Treppen hinaufstürmte und freudig den blonden Dämon empfing.

„Wolf-chan, ich wusste, dass du Yu-chan bald besuchen würdest. Lass dich drücken! Du bist ja ganz nass. Warte, Jennifer holt dir ein Handtuch und kleidet dich neu ein. Obwohl du in der blauen Uniform einfach entzückend aussiehst. Wie ein junger Prinz, der du natürlich auch bist.“

Nachdem Miko den Verlobten ihres Sohnes kräftig drückte, sodass dieser nach Luft rang, reichte sie ihm ein Handtuch und stürmte in Yuris leeres Zimmer. Kaum zurück, fing sie auch wieder an ununterbrochen zu quasseln: „Schade, dass Yu-chan gerade ein Baseballspiel hat. Ich verstehe nicht, was daran so toll ist; ein Mädchen würde viel mehr Zeit mit seiner Mutter verbringen. Du wirst natürlich hier übernachten, sehe ich das richtig? Yu-chan wird sich so sehr freuen, wenn du ihn morgen früh begrüßt. Sieh nur, was ich dir mitgebracht habe. Yu-chan zieht es nie an, dabei würde er so süß darin aussehen. Aber ich wette, dir steht es mindestens genauso gut. Hab ich schon erzählt, dass ich gerade Curry koche? Setz dich gleich in die Küche, wenn du dich umgezogen hast, ja?“

„Ja, Mama. Gib mir drei Minuten.“
 

Baseball war einfach unglaublich. Unsere Mannschaft war gerade kurz davor, Junjourmeister zu werden unter meiner Führung. Yuri Shibuya, ich muss schon sagen: ich bin stolz auf dich! Wir brauchten nur noch einen Strike und der Sieg gehörte uns. Unser bester Pitcher stand gerade auf dem Spielfeld – alles, was ich in meiner Position als Catcher tun musste, war seine Bälle zu fangen. Die gegnerische Mannschaft spielte in der absoluten Unterklasse und hatte keine Chance gegen uns. Ein sauberer Wurf und der Ball flog geradewegs am Gegner vorbei, als plötzlich eine vertraute Stimme aus dem Publikum an mein Ohr drang.

„Hey Shibuya! Viel Glück! Pass auf, der Ball!“

Zu spät. Bevor ich den Helm absetzte und meinen Kopf rieb, bekam ich die geballte Kraft des Pitchers zu spüren. Ich wusste, dass Baseballs hart sind, aber der hier zwang mich tatsächlich in die Knie. Wenn wir wegen Muratas Jubelrufe verlieren, dann werfe ich einen Medizinball nach ihm.

„Shibuya, alles okay?“

„Schnell, holt Hilfe!“

Einzelne Wortklumpen hörte ich aus dem hysterischem Geschrei heraus und Murata, wie er mehrmals meinen Namen rief. Dies war einer dieser Momente, in denen ich vor allem Gisela vermisste.

„Shibuya! Shibuya!“

Wieso bekam ich Muratas Stimme nicht aus dem Kopf?

„Shibuya, bist du wach?“

„Uahhhhh!“

Was machte er an meinem Bett? Moment mal! Wieso lag ich plötzlich in einem weißen Krankenbett? Ich stand doch eben noch auf dem Feld.

„Shibuya, schrei nicht so! Ganz ruhig!“

„Bist du jetzt mein Vater!? Du Idiot, wegen dir haben wir verloren!“

„Ich war nicht derjenige, der den Ball gegen den Kopf bekam.“

Seufzend lehnte ich mich zurück in mein krankenhausweißes Kopfkissen.

„Aua, mein Kopf.“

„Der Arzt sagte, es ist nur eine leichte Gehirnerschütterung, aber sie wollen dich heute Nacht noch hierbehalten. Keine Sorge, ich sagte Miko, dass du bei mir übernachtest.“

Wenigstens zu etwas war Murata gut. Meine überbesorgte Mutter hätte sich zu viele Gedanken gemacht, wenn sie das erfahren hätte.

„Haben wir wirklich verloren?“, fragte ich leise murrend.

„Tut mir leid, Shibuya, aber euer Gegner hat ´nen Homerun gemacht, während du zu Boden fallen musstest und hat schließlich knapp gewonnen“, grinste er mich an.

Das war’s für dich, Murata! Mir egal, ob du die Seele des Doppelschwarzen Weisen in dir trägst, ich mach dich fertig. Nachdem ich mich ausgeruht hab.
 

Da musste man schon die Nacht auf einem wackligen Klappergestell verbringen, jetzt wird man auch noch gezwungen, gleich am darauffolgenden Tag zur Schule zu gehen. Mein Kopf brummte wie tausend Bärenbienen. Dazu kam, dass uns heute früh ein neuer Mitschüler angekündigt wurde – Europäer, wenn man den Gerüchten Glauben schenken durfte. Dann war jetzt schon klar, dass die Mädels bei dem Schlange stehen würden. Yuri Shibuya, du hast diese Woche nur Pech. Wie soll dich je ein Mädchen beachten, wenn jetzt ein westlicher Blondschopf dir die Luft zum Atmen nimmt – oder besser gesagt, die Frauen abfängt.

Als ich ins Klassenzimmer schlurfte, stand er auch schon vorn neben der Lehrerin. Wie ich es mir gedacht hatte – einer dieser Schönlinge, bei dem sogar die Jungs Schlange stehen würden. Vom weiten erinnerte er mich an Wolfram. Seine helle, durchscheinende Haut, die tiefgrünen klaren Augen, seine goldblonden Haare, sogar der engelsgleiche Gesichtsausdruck glich seinem. Verdammte Scheiße! DAS WAR WOLFRAM! Was machte er auf der Erde? Wo hat er plötzlich die Kraft für die Reise herbekommen? Das heißt ja, dass ich auch wieder zurück könnte. Schließlich war ich der Dämonenkönig mit der heiligen Seele und nicht er. Ich fragte mich wirklich, was die anderen ohne mich machten. Vor allem vermisste ich meine geliebte Tochter Greta und meinen besten Freund Conrad. Wenn Wolfram zur Erde reiste, dann kam Conrad sicher mit. Ich konnte es kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen, sicher wartete er bereits sehnsüchtig auf mich und schickte Wolfram vor um mir beizubringen, dass ich nicht ausrasten sollte, falls Dämonen wieder bei mir hausten.

Wie vorauszuahnen setzte er sich neben mich und strahlte mich mit dem anmutigsten Lächeln an, das es gab. Bitte Wolfram, so eine engelsgleiche Ausstrahlung am frühen Morgen verkraftete ich nicht.

„Wo ist Conrad?“, fragte ich wissbegierig. Sein Blick verfinsterte sich und der hübsche Prinz verwandelte sich wieder in den zornigen Dämon. Ehe ich mich versah, schnappte er seine Tasche und setzte sich zwei Tische hinter mich neben einem Mädchen, das einen schrillen Quietscher von sich gab und wahrscheinlich gerade einen Herzstillstand erlitt, weil der schöne Junge den Platz neben ihr einnahm.

Ich fragte mich, wie er mit dem Unterricht zurechtkam. Im Dämonenreich war die Schule sicher ganz anders gestaltet und selbst, wenn sich beide glichen, wäre seine Schulzeit längst vorbei. Niemand konnte sich 83 Jahre lang mathematische Formeln merken. Mein Kopf beispielsweise konnte Vokabeln nicht mal ein halbes Jahr lang behalten. Allerdings glaube ich, dass der Ball gestern Nachmittag sämtlichen Stoff aus meinem Hirn geschleudert hatte.

Sein Gesicht sah auch nach Unterrichtsende wutentbrannt aus und ich beschloss, schnell vorzurennen, bevor er mich vor meinen Mitschülern in die Mangel nahm. Zu Hause wartete sicher Conrad, der mich vor dem zornigen Engel beschützte. Meine Schritte vergrößerten sich, als er mich entdeckte; und verschnellerten sich, als er mir hinterherrannte.

„Wie kannst du es wagen, deinen Verlobten nicht anständig zu begrüßen!“, schrie er mich an und packte mich auch gleich im Schwitzkasten.

„Aua, Wolfram, das tut weh!“, würgte ich.

„Ich will eine ordentliche Begrüßung!“

„Ja, was soll ich denn tun? Dich küssen?“

„Zum Beispiel!“

„Doch nicht vor den anderen!“

Mürrisch ließ er mich los und ging voraus.

„Deins war aber auch keine angenehme Begrüßung“, keuchte ich.

„Eine dir gerechte!“, maulte er, „Bei diesen wunderschönen doppelschwarzen Mädchen, die in deine Klasse gehen, hast du mich sicher schon zigmal betrogen.“

„So ein Schwachsinn, die schauen mich nicht mal an.“

„Gut“, nuschelte er leise. Ich hätte schwören können, eine Art Verzweiflung in seiner Stimme zu hören.

„Ist denn Conrad mitgekommen?“

Autsch! Wieder zerrte er an meinem Kragen und schüttelte mich diesmal heftig durch.

Da mein Vater mal wieder abends arbeitete, saßen wir zu viert am Essenstisch und verzehrten Mutters Curry. Soweit ich das mitbekam, ist die Sache, dass Wolfram jetzt in meine Klasse ging, auf ihren Mist gewachsen.

„Du wirst Yuri doch in keine Schwierigkeiten bringen?“

„Sho-chan!“, empörte sich meine Mutter, „Wolf-chan ist ein anständiger junger Mann.“

„Das bezweifle ich auch nicht, Mutter. Aber hast du schon vergessen, dass immer etwas passiert ist, wenn Yuri zurück ins Dämonenreich reiste?“

„Sho-chan, nenn mich doch endlich Mama.“

Jetzt mischte sich auch noch Wolfram ein.

„Ich weiß ja nicht, wie viel du damals mitgekriegt hast, aber seit Yuri unser König wurde -“

„- Habt ihr ihn immer größeren Gefahren ausgesetzt.“

„-Hat er alle Gefahren aus dem Land geschafft!“, knurrte Wolfram zurück.

„Trotzdem wurde er zigmal gefangen genommen.“

„Und wir haben ihn immer gerettet.“

Jetzt stritten sich die beiden am Essenstisch und ich konnte nichts dagegen tun. Obwohl Shori Recht hatte, musste ich feststellen, dass Wolfram immer wieder passende Argumente fand um meinen Bruder auszuspielen. Letztlich lief alles darauf hinaus, dass der Dämon im Recht stand. Mir blieb wohl nichts anderes übrig, als mit ihm zurückzukehren. Ich fragte mich nur, wie. Meine Kräfte waren seit meinem letzten Besuch in Shin Makoku völlig erschöpft und auch Shinou wär nicht in der Lage, gleich zwei von uns zu befördern.

„Wie lange willst du überhaupt hier bleiben?“, unterbrach ich den Streit. Alle schauten mich verdutzt an, dann sagte Wolfram stolz: „Solange, bis Shinou uns zurückbringt. Er meinte, das könnte noch einige Wochen dauern.“

Wochen? Das bedeutete, dass ich diese unnötigen Diskussionen noch eine ganze Weile erdulden musste. Wieso strafte mich der Einzigartige so sehr?

„Bis dahin werde ich natürlich jeden Moment mit dir teilen. Ist das nicht super? Deine Mama hat mich sogar schon an deiner Schule angemeldet. Euer Stoff ist wirklich einfach.“

„Was?“

„Ja, was du da lernst, ist wirklich das einfachste auf der Welt. Wie lange willst du überhaupt noch dort hingehen? Ich frag mich bloß, an welchen Tagen ihr das Schwerttraining verlegt habt.“

„Es gibt kein Schwerttraining“, grummelte ich.

„Kein Schwerttraining? Höchst seltsam.“

„Wir wissen beide, dass das auf der Erde nicht nötig ist. Hier schlendert nicht einfach so irgendein mysteriöser Straßenkämpfer umher und fordert dich zum Duell raus. Wenn du Kampftraining willst, dann geh auf eine Ninjaschule.“

„Klasse Idee! Wir werden natürlich in dieselbe Klasse gehen. Wo liegt hier die nächste Kampfschule?“

„Nirgends!“

„Vielleicht kann deine Mama uns dort anmelden. Solch ein Training kannst du allemal gebrauchen. Natürlich werde ich dir dabei helfen, schließlich hast du einiges nachzuholen.“

„Yu-chan schwingt das Schwert? Wie niedlich!“, wunderte meine Mutter.

Ich gab‘s auf. Wenn es nach den beiden ginge, würde ich kurzer Zeit zum Ninja ausgebildet werden – einem schwertkämpfenden Ninja. Oder ein Samurai, das wär cool. Die schwingen die schärfsten Klingen, die es in Japan gibt.
 

Wie Wolfram bereits ankündigte, teilte er alles mit mir. Genauso auch mein Bett. Als ich die Decke hochhob, blickte mich ein Engel im rüschenverziertem Nachthemd an.

„Yuri, willst du weiter blöd rumstehen oder kommst du endlich ins Bett?“

„Dann mach mir gefälligst Platz da.“

„Hier ist genug Platz, also stell dich nicht so an!“

Wolfram lag genau mittig, sodass es mir unmöglich war, mich weit genug wegzulegen.

„Ich will mich aber nicht an dich rankuscheln.“

„Wieso nicht? Wir sind verlobt.“

Er grinste mich verführerisch an. Bestimmt hatte er wieder schmutzige Gedanken. Trotzig legte ich mich hin und kroch so nah an die Bettkante wie möglich. Schließlich war ich es von früher gewöhnt, dass er neben mir schlief, aber das Dämonenkönigbett war dreimal so groß wie dieses hier.
 

Der nächste Tag war nicht viel besser als der vorige. Diesmal setzte sich Wolfram neben mich. Es war unglaublich, wie enthusiastisch er dem Unterricht folgte. Jetzt melde dich nicht ständig, sonst merkt der Lehrer noch, dass ich fast penne! Einen Vorteil hatte es allerdings: Seit Wolfram in den Pausen nicht von mir wich, bemerkten die Mädels auch mich. Ich war der coole Freund, den alle beneideten, weil er mit dem neuen gutaussehenden Jungen abhing. Nur einen Moment blickte ich weg und eine Traube von Oberschülerinnen scharrte sich um den Dämonenengel und bombardierte ihn mit Komplimenten und Fragen über seinen Singlestatus.

„Hast du eine Freundin?“

„Nein, ich bin verlobt.“

Ein langes Seufzen trat aus der Menge. Scheiße, was erzählte er da? Wolfram war doch kein so guter Frauenfänger wie ich anfangs dachte. Als er gefragt wurde, mit wem, zeigte er stolz auf meine Wenigkeit.

„Was, mit Shibuya?“, meinte eines der Mädchen im abtrünnigen Ton.

Oh mein Gott, ich glaub’s nicht! Sie kannte meinen Namen! Wie hieß sie überhaupt?

„Nein, nein, nein! Halt, hört nicht auf ihn!“, stotterte ich heftig und drängte mich zwischen den Mädchen zu Wolfram hindurch. „Er ähm ... er hat immer noch einige Schwierigkeiten mit Japanisch. Eigentlich meinte er … wir sind befreundet. Genau! Wir sind nicht verlobt, sondern befreundet. Das wolltest du doch sagen, Wolfram?“

„Ich kenne sehr wohl den Unterschied zwischen verlobt und befreundet! Oder hast du schon vergessen, dass du mir einen Antrag gemacht hast?“ Ich fragte mich, was gerade schlimmer war – Wolframs zorniger Blick oder die Tatsache, dass ich nach dem, was er da sagte, wohl nie mehr ein Mädchen abbekommen würde? Zum Glück wurde das leise Getuschel um uns herum durch die Schulglocke beendet. Zurück blieb kein Vorteil Shibuya, sondern ein verzweifelter Nachteil Harajuku.
 

Nach diesem erniedrigenden Vormittag brauchte ich etwas, das mich wieder aufbaute – Baseball. Kaum trat ich einen Fuß vors Haus, hörte ich die glasklare Stimme eines Wiener Chorknaben: „Wo willst du hin? Und was soll diese alberne Kappe?“

„Das ist keine Kappe, sondern ein Schutzhelm!“

„Ändert nichts daran, dass du albern damit aussiehst. Aber wenn du lieber wie ein Waschlappen aussehen willst, bitte. Setz ihn auf.“

„Nenn mich nicht ständig Waschlappen!“, knurrte ich.

„Das hast du dir selbst zuzuschreiben.“

„Mach’s gut, ich gehe!“

„Warte, ich komme mit.“

Ich seufzte, als Wolfram mir wieder an den Fersen ging.

„Kannst du dich nicht allein beschäftigen?“

Verdammt, Wolfram! Jetzt schau nicht so! Mir blieb nichts anderes übrig, als ihn mitzunehmen. „Aber wird dir nicht gefallen“, warnte ich ihn vor.

Wie ich es mir dachte: er saß gelangweilt am Zaun und rief mir immer wieder zu, ihm sei langweilig oder Baseball wäre sinnlos bis mir der Kragen platzte, ich Wolfram aufs Spielfeld zerrte, dem Batter seinen Schläger entriss und ihn dem Prinzen in die Hand drückte.

„Du willst wissen, was ich die ganze Zeit so treibe? Hier, ich spiele Baseball!“ Er starrte mich verdutzt an, als hätte ich ihm etwas Widerliches gegeben. „Du sollst keine Löcher in die Luft gucken, sondern so fest du kannst den Ball wegschlagen, wenn er sich dir nähert.“

„Das ist so sinnlos.“

„Das hast du schon oft genug gesagt.“ Ich verdrehte die Augen. „Tu einfach so, als würde mich der Ball angreifen und du hast ein Schwert in der Hand, mit dem du mich beschützt.“

„Wird gemacht.“

Der Junge würde einen guten Batter abgeben, kaum zeigte ich ihm, wie er sich richtig positionierte, besaß er die perfekte Haltung. Ganz abgesehen von seinem kräftigen Schlag, als der Ball direkt auf ihn zuraste – dieser landete nämlich in hohem Bogen über den Zaun und prallte irgendwo auf der Straße auf. Ich zweifelte gerade daran, ob es etwas gab, das dieser Dämonenengel nicht konnte. Nicht nur, dass er besser aussah und beliebter war als ich, jetzt spielte er auch noch besser Baseball – meine Minderwertigkeitskomplexe stiegen mit jeder Sekunde weiter. Zum Glück waren keine Mädchen in Sicht, die hätten – na toll, es waren welche da. Hinter dem Zaun, wo zuvor Wolfram saß, standen drei japanische Mittelschülerinnen und gaben verliebte Seufzer von sich, als Wolfram den Ball schlug. Konnten diese verdammten Mädels endlich aufhören, meinen Verlobten anzuhimmeln!?

„Yuri, du hast mir nie erzählt, wie vielfältig eure schulischen Aktivitäten sind.“ Während ich versuchte zu schlafen, saß Wolfram mit einer kleinen Tischlampe an meinem Schreibtisch und bastelte sich einen eigenen Stundenplan zurecht.

„Du bist schon zwei Tage hier. Warum fängst du jetzt erst an, dir einen Plan zu erstellen?“

„Weil ich anfangs noch nicht wusste, welche tollen Kurse mir entgehen. Du belegst ja wirklich nur das Nötigste. Sieh mal, ich hab auch deinen ein wenig aufgefrischt. Du hattest enorm viele Pausen drin, die hab ich mit sinnvolleren Tätigkeiten gefüllt.“

Genervt erhob ich mich vom Kissen und blinzelte gegen die Lampe.

„Du musst schon herkommen. Von da hinten siehst du nichts.“

„Komm du doch her.“

Das ließ Wolfram sich nicht zweimal sagen. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht stand er auf und hielt mir sein Werk direkt vor die Nase.

„Sieh mal, das ist mein Stundenplan, und der rechte ist deiner.“

„Die sehen beide gleich aus.“

„Toll nicht?“, strahlte er. „Wir werden jeden Kurs gemeinsam belegen.“

„Aber … Aber ... was soll ich denn im Kunstkurs? Ich kann überhaupt nicht zeichnen“, stammelte ich.

„Wenn du nicht malen willst, kannst du auch die Farben mixen oder mir Modell stehen.“

Entgeistert riss ich Wolfram einen Zettel aus der Hand.

„Und was soll das hier? Ich werde Donnerstagnachmittag wohl kaum meine Zeit mit singen verschwenden. Da hab ich Baseball!“

„Deine Mama meint auch, der Chor wäre ein viel besserer Zeitvertreib als dein sinnloses Ballspiel.“

„Ich find das, was du hier machst, ist eine riesen Zeitverschwendung. Ich bin müde und will schlafen. Also mach das Licht aus und komm endlich ins Bett. Und dass ich mit dir im Unterricht singe, kannst du knicken.“

„Bin schon fertig, mach nicht gleich so ‘nen Aufstand.“
 

Und ehe ich mich versah, saß ich im Kunstunterricht mit Wolfram. Solange mich niemand zwang, die Buntstifte zu schwingen, konnte ich mit leben.

„Wolfram-kun, würdest du ein Porträt von mir zeichnen?“

„Und von mir bitte auch?“

„Eine nach der anderen.“ Wolfram nahm einen Kohlestift und begann schwungvolle Linien auf das Papier zu zeichnen. Als ich dem Möchtegernkünstler über die Schulter schaute, traute ich meinen Augen nicht.

„Wieso gibst du dir bei den Mädels Mühe, aber bei mir nicht!?“

„Ich gebe mir bei jedem gleich viel Mühe“, behauptete er selbstverständlich, während er fleißig weiterzeichnete. „Ich habe bloß meinen Zeichenstil etwas verbessert, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten.“

„Dann will ich aber auch ein neues Porträt.“

„Dann musst du dich hinten anstellen.“

„Hey, ich hab ja wohl Vorrang bei dir, ja?“

Wolfram verdrehte die Augen. „Wenn wir zuhause sind, kriegt auch mein lieber Verlobter sein neues Porträt.“

Mein Gesicht lief rot, als der Dämonenprinz mich obendrein noch verschmitzt anlächelte.

„S-sag das nicht ständig.“

„Stehst du etwa nicht dazu?“

„Darum geht es gar nicht! Du kannst das nicht ständig vor den anderen wiederholen“, raunte ich. „Das ist bei uns nicht üblich, dass zwei Minderjährige verlobt sind.“

„Wie du meinst.“ Wolfram zuckte die Schultern und setzte sein Werk fort.
 

Das war so unfair! Wolfram gab sich stets Mühe, wenn er porträtierte, außer bei mir. Eine schöne Art, seine Liebe auszudrücken!

„Yuri, wackle nicht so! Und dann wunderst du dich, warum auch meine Zeichnungen verwackelt sind.

„Da bin ich aber mal gespannt. Bis jetzt sahen alle Porträts von mir gleich aus.“

„Dieses hier nicht, weil es das Beste sein wird, was ich je gezeichnet hab.“ Ich bemühte mich still auf dem Stuhl sitzen zu bleiben, während Wolfram mit einem Zeichenblock und Bleistift vor mir saß. Nach über einer Stunde fiel es aber ziemlich schwer, ruhig zu bleiben. Wie lange hatte er noch vor, zu kritzeln? Wenn das kein Meisterwerk wird, kann er was erleben. Umsonst wollte ich meine Zeit nämlich nicht verschwenden.

„So, fertig!“

„Zeig her!“

„Es ist gut geworden, gib es zu“, lobte der Dämon sich selbst. Zugegeben, es sah wesentlich besser aus als seine bisherigen Versuche – sogar besser als die aus dem Kunstunterricht. Nur eine Kleinigkeit störte mich.

„Was ist das in meiner Hand?“

„Eine Zitrone. Die ist symbolisch gedacht.“

„Ja, weiß schon. Aber warum zum Teufel malst du mich mit einer Zitrone in der Hand!?“

„Weil sie ein Zeichen deiner königlichen Seele ist?“

„Die radierst du sofort wieder weg!“

„Nö.“

„Gib es mir!“

Grinsend floh Wolfram auf mein Bett und hielt seinen Zeichenblock nach hinten. Ich sprang ihm hinterher und musste natürlich genau auf ihn drauf knallen. Und warum waren ausgerechnet jetzt meine Arme zu kurz – verzweifelt griff ich immer ins Leere bei dem Versuch, den Block zu erhaschen.

„Jetzt gib schon her! Oder radier‘ einfach die olle Zitrone weg.“

„Geht nicht, das verschmiert nur.“

Plötzlich krachte meine Zimmertür zu.

„Oh, Verzeihung, ich wollte nicht stören.“

„Mutter?“

„Mama?“

Wolfram und ich zogen das gleiche lange Gesicht, als wären wir auf frischer Tat ertappt worden. Ausgerechnet jetzt musste meine Mutter in mein Zimmer kommen. Zum Glück hat sie mich nicht mit der Zitrone in der Hand gesehen, das Gerangel auf dem Bett war schon schlimm genug. Verzweifelt vergrub ich den Kopf in der Decke neben meinem Verlobten.

„Tut mir leid. Macht, was ihr wollt. Ich bin schon wieder weg.“

Hab ich euch schon erzählt, was mit Wolframs Kunstwerk geschehen ist? Meine Mutter hat es eingerahmt und in die Küche gehängt. Ich hätte ja nichts dagegen, wenn ich kein Obst in der Hand halten würde. Shori warf mir einen finsteren Blick zu, der nur von Spott trotzte.

„Da bist du platt! Von dir macht keiner ein Porträt. Und warum nicht? Weil du nur der König auf der popligen Erde bist, da können die Dämonen nicht so gut zeichnen“, versuchte ich, Wolframs Werk schön zu reden, damit ich einen besseren Eindruck vor meinem großen Bruder machte.

„Und du glaubst, das hast du dir zuzuschreiben, weil du Dämonenkönig bist? Ein sehr treues Volk hast du da, wenn sie dich selbst in deiner Abwesenheit ehren.“

Ich schluckte. Wolfram, der gerade in die Küche kam, verlor jegliche Farbe in seinem rosigen Gesicht.

„Hör mal, ich hab dein Bild verteidigt, also zieh nicht so ein Gesicht“, munterte ich ihn vergebens auf. Als ob Wolfram ein normaler Untergebener wäre! Auch seit seine Mutter zurücktrat blieb er durch und durch ein Prinz – zumindest vom Erscheinen her, obwohl er meine loddrigen Klamotten trug.

„Ich frag mich ehrlich, was die Dämonen in Shin Makoku die ganze Zeit ohne dich gemacht haben.“

„Shori, es reicht!“, rief Wolfram wütend. „Natürlich warten alle sehnsuchtsvoll auf die Rückkehr ihrer Majestät, deswegen bin ich hier. Weil ich Yuri abhole.“

„Oder vielleicht nur aus eigenen Beweggründen?“ Shori lehnte sich gemütlich an den Kühlschrank und verzehrte großkotzig einen Apfel aus dem Obstkorb.

Der Prinz schwieg wieder. Dann hatte mein Bruder Recht und Wolfram wollte mich nur zurückholen, weil er mich vermisste. Wahrscheinlich war es den anderen im Dämonenreich total schnuppe, was ich die ganze Zeit machte, denn von hier aus konnte ich unmöglich ein Reich regieren. Aber wer machte dann meine Arbeit? Gwendal? Oder Wolfram selbst? Er wurde bereits damals von den Zehn Aristokraten als mein Nachfolger bestimmt. In meinem leeren Magen machte sich ein unwohles Gefühl breit und ich verlor jeglichen Appetit auf das Frühstück.

„Wolfram?“

„Hmm?“

„Wer kümmert sich eigentlich um das Reich, solang ich weg bin?“, fragte ich zögerlich.

Wolfram stieß einen leisen, aber niedlichen Seufzer von sich und ging schwermütig aus der Küche.

„Mir ist etwas schlecht, ich esse jetzt lieber nichts.“

„Hey, wo willst du hin?“

„Yuri, lass mich los.“

„Aber ich will wissen, was da drüben los ist? Bin ich überhaupt noch Dämonenkönig?“

Wolfram befreite sich aus meinem Griff und machte sich gleich aus dem Staub, indem er die Treppe hinaufpolterte. Ich hätte schwören können, dass Shori gerade gehässig lachte, aber als ich mich umdrehte, schüttelte er nur verständnislos den Kopf.

„Ist doch logisch, dass du nicht mehr Maoh bist. Im Dämonenreich sind bereits Monate ohne dich verstrichen“, sagte er besonnen. „Außerdem ist es das Beste, wenn du dich in die Angelegenheiten nicht mehr einmischst. Du hast hier ein friedliches Leben mit guten Erfolgschancen, was deine Zukunft angeht, wenn du hartnäckiger für die Schule lernen würdest.“

Ich ließ missmutig den Kopf hängen und starrte auf meine Fußspitzen. „Ich hab auch keinen Hunger.“

„Dann beschwer dich nachher nicht, man hätte dir das Frühstück verweigert.“
 

Wolfram redete weder auf dem Hinweg oder in der Schule mit mir, er machte sogar einen recht angeschlagenen Eindruck, den er versuchte vor mir zu verstecken. Ich traute mich nicht, ihn darauf anzusprechen, das musste bestimmt schwer für ihn sein, seinem Verlobten ins Gesicht zu sagen, dass er kein Dämonenkönig mehr sei.

Erst, als wir allein im Wohnzimmer saßen, polterten mir die Worte aus dem Mund: „Du kannst es mir ruhig sagen. Shori hat schon erzählt, dass ich möglicherweise kein Dämonenkönig mehr bin, was eigentlich nur ziemlich logisch ist, weil ich solange weg war. Aber ich will es von dir hören, du musst doch viel besser wissen, wie es bei euch abgeht.“

Wolfram seufzte und erhob sich vom Sofa, auf das er sich zuvor fläzte. Kaum merklich schüttelte er den Kopf. „Yuri, tut mir schrecklich leid.“

Das war‘s! Er hat es auch noch bestätigt! Ich bin fertig mit der Sache. Trotzig nahm ich den Weg in mein Zimmer ins Visier, als der Dämon mich an der Hand festhielt.

„Gibt es noch etwas, das du mir sagen willst? Sag bloß, die haben alle schon vergessen, wer ich bin“, grummelte ich.

Bevor ich auf noch dümmere Gedanken kam, drückte er mich an sich und legte die Arme um meinen Körper. Irgendwie tat es gerade gut, jemandes Wärme zu spüren.

„Wir alle vermissen dich. Darum bin ich doch hier“, entgegnete er mit sanfter Stimme. Ich schluckte, irgendwie war das gerade zu viel für mich. Unsicher krallte ich mich an Wolframs Jacke fest.

„Möchtest du wissen, wer dich vertreten hat?“

Ich antwortete leise mit „Ja“, schließlich konnte mich nichts mehr aus den Socken hauen. Selbst Günther könnte ich mir jetzt als König vorstellen.

„Dein Verlobter.“

„WAAAAAS?“

Vor Schreck ließ Wolfram mich los.

„Musst du mich gleich so anbrüllen!?“

„Tut mir leid, aber damit hab ich grad nicht gerechnet?“

„Ach, willst du damit sagen, ich wäre nicht fähig ein Königreich zu regieren? Wenn ein Waschlappen wie du das geschafft hat, dann kann ich das schon lange!“

„Nenn mich nicht Waschlappen!“

„Du benimmst dich aber wie einer“, fauchte er.

„Super, und du hast die Arbeit eines Waschlappens aufgenommen, was dich ebenso zu einem macht.“

Wolfram fing plötzlich an zu grinsen. „Und weil das die Arbeit eines Waschlappens ist, wie du so schön sagst, gibt es nur einen, der dem Amt als Dämonenkönig gerecht werden kann.“

In mir machte sich ein schwaches Gefühl von Erleichterung auf, um ehrlich zu sein, habe ich diese Sticheleien von Wolfram sogar vermisst, denn eigentlich meint er es nie böse. Glaub ich zumindest.

„Und?“

„Was und?“

„Na ja, heißt das, du kommst wieder zurück?“

„Wie willst du das überhaupt machen? Wir sind zu zweit.“

Genervt verdrehte er seine hübschen Augen. „Du hast selbst immer noch deine Dämonenkräfte, also wird das kein Problem für dich sein.“

„Die sind aber aufgebraucht. Schon vergessen, du Schlaumeier?“

„Ich sagte doch, du bist und bleibst ein Waschlappen.“

„Jetzt hör endlich auf damit.“ Ich lehnte mich mit verschränkten Armen gegen die geschlossene Wohnzimmertür und sah, wie Wolfram langsam auf mich zukam.

„Aber du bist mein Waschlappen.“ Er küsste mit sanftem Druck meine Wange und ging anschließend hoch in mein Zimmer. Zurück ließ er einen rotangelaufenen Yuri Shibuya, der nicht fähig war, was zu sagen, geschweige denn sich zu bewegen.

Was konnte demütigender sein als ein Mathetest? Genau! Jemanden neben sich sitzen zu haben, der sich darauf auch noch freut. Wieso schrieb Wolfram nicht gleich die gute Note für mich? Ich konnte die viel besser gebrauchen als er. Schließlich braucht er als Dämon keinen Oberschulabschluss. Aber ich muss mir eine stabile Zukunft sichern, meinte Shori. Am besten frag ich, ob wir die Namen auf den Testblättern vertauschen könnten. Oder ich gucke gleich bei ihm ab. Wenn er neben mir sitzen bleiben durfte, war das die beste Idee. Yuri, du weißt dir wirklich immer zu helfen.

„Du, Wolfram?“

„Ja?“

„Moment mal, warum setzt du dich plötzlich woanders hin?“

„Um zu vermeiden, dass ein Waschlappen wie du bei mir abguckt.“

„Ich und abgucken? Jetzt mach aber mal halblang! Das würde ich nie tun. Für wen hältst du mich überhaupt?“

Wolfram grinste. „Hab ich doch gesagt, für einen Waschlappen.“

Innerlich brodelte ich. Die Idee konnte ich mir abschminken. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihn zu bitten, meinen Namen auf seinen Test zu schreiben.

„Wolf, würdest du…“

„Was denn nun? Nein, ich werde nicht für dich schummeln.“

„Aber.. würdest du meinen Namen auf deinen Bogen schreiben?“

„Wieso, hatten wir gestern nicht genügend gelernt?“

„Aber du kannst das viel besser als ich und du brauchst sowieso keine Note“, seufzte ich. „Bitte, nur diesen kleinen Gefallen. Ich hab das einfach nicht richtig verstanden, was im Test drankommt.“

In Gedanken versunken blickte Wolfram Löcher in die Luft.

„Jetzt sag schon!“

„Okay… aber nur, weil du es bist.“

„Danke, du bist der Beste“

Ich drückte Wolfram so fest, dass er mich verblüfft anstarrte, als ich ihn wieder los ließ.

„Dann wirst du meinen Namen und ich deinen Namen schreiben?“

Der immer noch konfus dreinblickende Engel nickte mir zu und setzte sich an den Tisch hinter mir.

Der Mathetest verlief recht gut. Auch Wolfram dürfte sich nicht blamieren, schließlich war sogar ich in der Lage, die meisten Aufgaben sicher zu lösen. Als wir unsere Ergebnisse abgaben, drehte ich mich selbstbewusst um und blickte in das verzweifelte Gesicht des Dämons. Was sollte das denn jetzt bedeuten? Er hat doch nicht den Test verkackt? Sonst kann er doch auch alles! Der kann was erleben!

„Yuri, tut mir leid.“ Anscheinend sah er es mir bereits an, dass ich stinksauer war.

„Ist dir eigentlich klar, dass ich mich auf dich verlassen habe!?“

„Und ist dir klar, dass ich eure komischen Schriftzeichen nicht lesen kann!?“

„Und wieso erzählst du mir das erst jetzt? Wie bist du denn vorher mit dem Unterricht klar gekommen?“

„Ich hab aufgeschrieben, was der Lehrer sagte. Eure verrückten Bücher les ich mir doch nicht durch. Aber ich dachte, die Arbeit würde nur aus Zahlen bestehen. An die Aufgabenstellungen hatte ich gar nicht gedacht.“

Ich gab einen langen Seufzer von mir.

„Aber keine Sorge, ich hab nicht deinen Namen draufgeschrieben. Mir ist nämlich aufgefallen, dass ich den in deiner Sprache auch nicht schreiben kann.“

„Na ganz klasse!“ Ich drehte mich wieder um und stützte den Kopf mit beiden Armen ab. „Das bedeutet, du hast zwei Arbeiten geschrieben und ich keine.“

Yuri Shibuya, das war eine der beschissensten Ideen, die du je hattest. Einen Dämon, der noch nicht mal Japanisch schreiben konnte, deine Arbeiten schreiben zu lassen.
 

Als ich mich in der Hofpause einigermaßen beruhigt hatte, fing die nächste Sorge an – kaum ließ ich Wolfram aus den Augen, wurde er wieder von sämtlichen Oberschülerinnen belagert. So einen hübschen Engel kann man echt nicht allein lassen. Wer weiß, wie viele Verlobte er sich hier hätte angeln können, wenn ich nicht wäre.

Ich bahnte mir einen Weg zu Wolfram und packte ihn am Handgelenk.

„Yuri!“

„Wir gehen woanders hin“, murrte ich.

„Wieso? Ich war gerade in einem Gespräch“, meinte er verwundert, als ich ihn mitzerrte. Hinter uns hörte ich einige verliebte Seufzer.

„Ach, wäre nur ich mit ihm verlobt“, meinte eines der Mädchen, ihre Freundinnen stimmten ihr eifrig zu.

Nichts da! Er ist immer noch mein Verlobter.

„Yuri!“

„Kaum lässt man dich aus den Augen, sonnst du dich im Rampenlicht der ganzen Mädchen“, stöhnte ich.

„Yuri, wir haben nur erzählt. Kein Grund, eifersüchtig zu werden.“

„Ich bin nicht eifersüchtig! Ich merke bloß, dass man hier auf dich aufpassen muss! Sonst lässt du dich noch ganz schnell wegschnappen.“

„Wegschnappen? Von wem?“

„Na von irgendeiner Frau! Du rennst einmal in ihr Netz und dann fesseln sie dich und saugen dich aus, als wärst du ein Insekt.“

Wolfram rümpfte angewidert die Nase.

„Ich hoffe, du wirst dich von denen in Zukunft fernhalten.“

Plötzlich lächelte mich der Dämon an. „Yuri, und wie du eifersüchtig bist.“

„Bin ich überhaupt nicht!“, fauchte ich.

„Oh, doch. Das macht dich noch niedlicher als sonst.“

Die Mädchen hinter uns kicherten und mein Gesicht lief rot an.

„Nenn mich nicht niedlich!“

„Aber das bist du.“ Grinsend nahm der Engel meine Hand und verschwand mit mir hinter dem Schulgebäude, wo wir nicht von anderen begafft oder gar bewundert (wohl eher Wolfram) wurden. Warum kam ich mir gerade vor, als wäre ich in einem Yaoi-Manga? Ach ja, weil Wolfram seine warmen Finger um meine Hand klammerte. Ich zog sie verlegen weg.

„Doch nicht in der Öffentlichkeit“, nuschelte ich.

Wolfram stemmte die Fäuste in die Hüften und plusterte sich auf. „Ich habe nur deine Hand gehalten. Was ist daran falsch? Viele verlobte Pärchen tun das.“

„Aber doch nicht auf einer Schule.“

„Was meinst du, weshalb ich dich hier her gezogen habe?“

„Weil… weil uns hier niemand sieht.“

Er nickte und ließ die Arme wieder neben seinem Körper hängen.

„Wirklich niemand?“

„Ich wollte wieder gutmachen, was mir vorhin passiert ist“, flüsterte er in mein Ohr.

„Ach, der Mathetest? Ist schon vergessen.“

Mathe war noch nie mein Fach, daher wusste ich nicht, was er wieder gut machen wollte. Eine schlechte Note mehr würde in meinem Durchschnitt nicht auffallen, außerdem hatte ich es mir mit meiner blöden Idee selbst eingebrockt.

„Nein, dass ich dich unter den ganzen Mädchen eben ignoriert hab.“

Im Schatten des Gebäudes sah uns niemand, die meisten hielten sich entweder im Flur oder auf dem Schulhof auf, aber ich spürte die kalte Wand, an der ich mit meinem Rücken lehnte, und wie Wolframs Lippen meine zart berührten.

Endlich Wochenende! Murata und ich hatten uns zum Thermalbad verabredet. Nichts war entspannender als ein heißes Bad. Plötzlich klingelte mein Handy, kurz bevor ich mich auf mein Rad schwingen wollte.

„Ja?“

„Shibuya, ich bin‘s.“

„Hey, Murata. Ich bin gerade auf dem Weg zu dir. Was gibt’s?“

„Du, mir ist was dazwischen gekommen“, seufzte er durch das Telefon.

„Was?“

„Ein Mädchen hatte mich nach einem Date gefragt und das fiel gerade auf Samstag. Also hab noch einen schönen Tag, Shibuya.“

Das konnte er mir nicht antun. So ein Arsch! Ließ seinen besten Freund für ein Mädchen sitzen. Halt mal! Welches normale Mädchen würde Murata nach einem Date fragen? Meiner Meinung nach stank die Sache gewaltig. Wo ich auch wieder bei dem ersten Thema war – ich wollte baden gehen. Aber alleine?

Wolfram lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Wohnzimmertür und blickte mich scharf an. „Wer war das?“

„Was denkst du nur schon wieder? Das war Murata.“

„Und was wollte er?“ Sein Blick verfestigte sich immer mehr, beinahe konnte er mir mit seinen Augen einreden, ich hätte was ausgefressen.

„Du weißt genau, dass wir befreundet sind, warum fragst du so blöd? Oder kommt dir wirklich in den Sinn, ich würde mit ihm durchbrennen?“

„Was wollte er?“, fragte der Dämon mit mehr Nachdruck.

„Er hat abgesagt“, seufzte ich.

„Was abgesagt?“

„Wir wollten heut ins Thermalbad.“

Der Dämon verwandelte sich schlagartig wieder in einen Engel, sein Gesicht strahlte plötzlich. „Ich komme mit.“

„Gut … dann … okay“, sagte ich verwundert.

„Aber das ist das letzte Mal, dass du einen Ausflug ohne deinen Verlobten planst.“

„Das hatten Murata und ich aber schon seit Wochen vor.“

„Na und? Dann plant ihr eben neu.“

Ich verdrehte die Augen. „Komm einfach mit.“
 

Hab ich ein Glück, dass Wolfram mitkommen wollte, jetzt konnte ich doch noch ein entspanntes Bad nehmen und musste mich obendrein nicht langweilen. Ich tauchte meinen Körper in das angenehm heiße Wasser und lehnte mich an den Beckenrand. Die Temperatur war genau richtig um zu entspannen. Außer Wolfram, der gerade neben mir Platz nahm, erblickte ich niemanden im Bad. Um diese Uhrzeit war es hier meistens leer, deswegen ging ich zum Baden bevorzugt hier hin.

„Mit den Bädern auf unserem Schloss kann man diese schäbige Pfütze aber nicht vergleichen“, beschwerte sich Wolfram.

„Jetzt mach mal halblang! Du findest in ganz Saitama kein besseres Thermalbad als dieses hier.“

„Wirklich sehr schäbig.“

„Hör mal, auf der Erde bin ich auch nur ein stinknormaler Oberschüler, da kann ich mir keine Privatgemächer mit Luxusbad leisten.“

„Dann muss ich mich wohl dran gewöhnen“, sagte er leise und ließ sich bis zu den Schultern ins warme Bad nieder. Warum grinste er jetzt? Was soll’s mich kümmern? Mich störte eher die Tatsache, dass Murata mit einem Mädchen ausging. Die beiden waren jetzt sicher irgendwo in einem noblen Restaurant fein Essen. Hat Murata überhaupt so viel Kohle? Ich musste ihm letztens das Geld für eine Kugel Eis leihen, also beschäftigten die beiden sich sicher mit einer weniger kostspieligen Tätigkeit. Ganz egal, wo die beiden sich befanden, es war spannender als hier im schäbigen Bad zu hocken. Hey, jetzt denk ich schon wie Wolfram! Hatte er meine Gedanken manipuliert? Es ist alles andere als schäbig! Das Wasser war klar und sauber, besaß die perfekte Temperatur zum Baden und zu dieser Tageszeit störten uns keine Fremden, als würde der Raum uns gehören.

Ich warf einen knappen Blick zu Wolfram, dessen feuchten Haarspitzen im Nacken klebten. Ein Engel im Bade. Kein Wunder, dass bei seinem Anblick das Badehaus wie ein dürftiges Becken aussah. So hübsch wie er konnte nicht mal Muratas neue Freundin sein. Ach Wolf, warum bist du kein Mädchen? Wir sitzen hier im heißen Wasser, keine Menschenseele weit und breit zu sehen – das wäre die perfekte Gelegenheit. Was denke ich nur!? Ich hatte schon dieselben feuchtfröhlichen Gedanken wie er. Los Yuri, spül alles aus deinem Kopf, bevor der Wasserdampf dir völlig das Hirn vernebelt. Ich tauchte komplett unter und wischte mir mit den Fingerspitzen durch die schwarzen Haare. Plötzlich streifte etwas meinen Fuß und ich tauchte blitzartig wieder auf.

„Hör auf, mich zu treten!“

„Ich hab nichts gemacht.“

„Ich hab‘s doch gemerkt!“

Schon wieder! Als ob jemand an meinem Bein zerren würde. Aber wenn das nicht Wolfram war, musste das der Sog in das Dämonenreich sein. Ich schüttelte meinen Fuß aus, bis ich nichts mehr spürte. Vielleicht war es doch nur Einbildung. Nein, schon wieder berührte mich etwas. Verdammt, ich hatte jetzt wirklich keinen Nerv, in die andere Welt zurückgespült zu werden, auch wenn ich die anderen vermisste. Aber ich wollte erst ein entspanntes Bad nehmen. Was würden die anderen bloß denken, wenn ich mit Wolfram gemeinsam splitternackt im Brunnen sitzen würde?

„Yuri, alles okay?“

„Nein, ist es nicht.“ Ich nahm einen weiteren Meter Abstand von Wolfram. Der Sog verschwand nicht. Panisch sprang ich aus dem Becken (ich glaube, mein Verlobter hatte einige Spritzer abgekriegt) und rannte zurück in die Umkleide. Das war’s wohl mit einem entspannenden Bad. Noch einmal konnte ich mich da nicht reinsetzen. Nicht, bevor ich nicht etwas angezogen hatte.

„Murata, du glaubst nicht, was mir gestern passiert ist.“

„In der Tat nicht. Von wo aus rufst du mich denn an?“

„Na, von zuhause. Du weißt doch, dass mein Handy ersoffen ist.“

„Ja, aber warum rufst du mich von da aus an?“

Der hatte vielleicht Nerven! Sonst stellte er sich auch nie so blöd an, wenn wir telefonierten.

„Mann, komm einfach vorbei, dann erklär ich es dir in Ruhe“, entgegnete ich genervt.

„Geht klar, Shibuya.“

Murata schien echt neben der Spur zu sein. Wie würde er dann reagieren, wenn ich ihm erzählte, dass sich meine Dämonenkräfte langsam wieder aktivierten? Der Ärmste hat gestern sicher eine Abfuhr bekommen und weiß jetzt nicht mehr, wo oben und unten ist, dachte ich mir. Anders konnte ich es mir nicht erklären.

Während ich wartete, drang ein dicker Nebelschwall aus der Küche. Vorsichtig tastete ich mich durch die schlechte Sicht an der Wand entlang und blinzelte mit verengten Augenlidern zum Herd, an dem meine Mutter gerade ihr Curry kochte. Neben ihr stand Wolfram in einer Art Kleid oder was auch immer und schnitt auf einem Gemüsebrett noch größere Stückchen als ich sie normalerweise im Curry gewohnt war.

„Wolf, wie siehst’n du aus?“ Obwohl mir beinahe die Spucke wegblieb, konnte ich ein Lachen nicht verkneifen, weil Wolfram in dem Fummel wie ein Mädchen aussah.

„Mama hat mir die Schürze geliehen.“

Irgendwoher kannte ich diese Szene. Die Antwort klopfte gerade an die Tür. Murata.

„Hey Shibuya“, grinste er mich blöd an und trat durch die Tür. „Jetzt erklär mir doch mal, was du hier machst.“

„Bist du auf dem Kopf gefallen? Ich wohne hier.“

Nun gesellte sich auch Wolfram zu uns. Ein Glück hatte er die Schürze abgelegt. „Hey Yuri, du lädst einfach so deine Freunde ein und erzählst mir nichts davon? Ein schöner Verlobter bist du“, blaffte er mich an.

„Ist doch nur Murata.“

„NUR Murata? Danke, Shibuya. Stell dir vor, ich habe auch Gefühle.“

„Jungs, habt ihr schon Hunger? Das Curry ist gleich fertig“, rief meine Mutter aus der Küche.

„Nein!“, schrie ich zurück.

„Ja, gerne!“ Murata zog sich die Schuhe aus und rannte in die Küche.

„Hey warte, wir wollten doch reden!“

„Nach dem Essen, Shibuya.“

Super! Bevor es ernst wurde, schaufelten wir uns also erst die Bäuche mit Curry voll. Seit einer geschlagenen Stunde machte niemand die Anstanden, aufzustehen. Die drei sabbelten nun, ohne mich zu beachten, über Kochen und Kleider. Eigentlich wollte ich über meine Dämonenkräfte reden, aber das schien niemanden zu interessieren. Ich stocherte gelangweilt durch die großen Gemüsestückchen auf meinem Teller.

„Shibuya, was wolltest du mir eigentlich am Telefon erklären?“

Ach, wurden wir nun doch hellhörig!

„Ich hab das Gefühl, dass meine Kräfte langsam wieder zurückkommen.“

Wolfram ließ sofort die Gabel zurück auf den Teller fallen und strahlte mich an. „Yuri, das ist super! Dann können wir endlich wieder zurück.“

Murata machte ein Gesicht, als hätte er das alles schon gewusst. „Und warum seid ihr noch nicht dort?“, fragte er. So klar, dass er

wieder Bescheid wusste!

„Mann, Murata! Du hättest mir das auch früher sagen können.“

Dieser richtete seine Brille und grinste mich an. „Es war nur eine Vermutung von mir.“

Ich verdrehte die Augen. Warum konnte der Große Weise seine Weisheiten nicht mit mir teilen? Aber egal, schon heute würde ich Conrad und die anderen wiedersehen.

Wolfram schob sich eine Gabel voll Curry nach der anderen in den Mund, bis er diese polternd auf den Teller schmiss. „Yuri! Wir müssen aber noch den Mathetest wiederkriegen.“

„Du meinst, du musst deine beiden Tests zurückbekommen. Ich hab ja keinen geschrieben.“

Meine Mutter plusterte sich empört auf. „Yu-chan, hast du etwa den Mathetest geschwänzt? Du hättest doch Sho-chan fragen können, ob er dir beim Lernen hilft. Du kannst nur erfolgreich im Leben sein, wenn du fleißig lernst und auch alle Prüfungen mitschreibst, um dein Können unter Beweis zu stellen …“

Dieser niemals endende Beitrag von Jennifer Yokohama hatte einen miesen Beigeschmack von Shoris Moralpredigten. Murata indes schnappte sich meine sowie Wolframs Hand und zog uns aus der Küche.

„Gehen wir jetzt ins Bad?“

„Nein, Shibuya, du willst doch wissen, wie du im Mathetest abgeschnitten hast“, grinste mir mein bebrillter Freund entgegen.

Wolfram versperrte auch gleich die Badezimmertür, sodass ich genau gegen ihn prallte.

„Aua!“
 

Endlich schmiss ich Murata aus dem Haus, beschloss ich auch gleich, schlafen zu gehen. Ich warf mich bäuchlings auf das ungemachte Bett und stöhnte erleichtert auf, als die weiche Decke unter mir nachgab. Plötzlich sprang Wolfram auf meinen Rücken.

„Yuri, fang nicht ohne mich an.“

„Womit anfangen?“, nuschelte ich in das Kopfkissen.

„Ich hab genau gehört, wie du gestöhnt hast.“

„Das war ein Seufzen der Erleichterung!“

„Du gibst es auch noch zu!“, beschwerte sich der Engel.

Ich versuchte mich halbwegs unter ihm zu drehen und musterte seinen Gesichtsausdruck. Selbst wenn er wütend war, sah er schön aus.

„Wolfram, du erdrückst mich.“

„Wenn dir schlecht ist, hättest du nicht so viel Curry essen dürfen. Aber ich kann es dir nicht verübeln, Mama kocht wirklich super.“

Ich hätte nicht so viel Curry essen sollen? Wer hat sich denn einen Bissen nach dem anderen in den Mund gestopft? Ein Wunder, dass ich keine Kugel auf mir zu sitzen hatte.

Langsam kam er meinem Gesicht näher, während ich mich hinsetzte und ich lehnte meinen Oberkörper solange nach hinten, bis mein Hinterkopf das Kissen berührte.

„Was soll das werden?“, fragte ich zögerlich.

„Na, was wohl“, meinte er lächelnd und hielt genau dann still, als sich unsere Nasenspitzen beinahe berührten.

Ich schluckte und wechselte das Thema. „Morgen sind wir wieder im Dämonenkönigreich.“

Wolfram nickte. Seine smaragdgrünen Augen schimmerten mich immer noch an und ich verstummte sofort wieder. Wenn er ein Mädchen wäre, würde ich mich jetzt den glücklichsten Jungen auf der ganzen Welt nennen. Wer wurde schon von so einem schönen Engel geküsst?

Ich drückte meine Hände gegen seine Brust, um ihn von mir weg zu schubsen, aber er legte seine Lippen bereits auf meine. Verdammt, was hab ich eben noch gedacht? Wenn er mich nur küsste, konnte es mir doch egal sein, ob er männlich oder weiblich war. Sofort ließ der Druck meiner Hände gegen ihn nach und ich vergrub meine Finger in seinem Hemd, bis er sich plötzlich von mir löste.

„Gute Nacht, Yuri.“

Wolfram kuschelte sich jetzt in die Decke und schloss die Augen. Ich grummelte leise. Wie konnte er in genau so einem Moment ans Schlafen denken?



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  CocoYume
2020-08-13T18:19:12+00:00 13.08.2020 20:19
Schade...geht die irgendwann weiter? Sie ist sehr schön geschrieben und ich würde ja gern wissen, wie es weiter geht.
Von:  Shion_Mitoshi
2016-05-15T08:01:49+00:00 15.05.2016 10:01
Super Toll und wie romantisch*.*
Yuuri ist ja wirklich eifersüchtig geworden als Wolfram da bei den ganzen Mädchen stande^^
Ich hoffe das diese ff weiter geht*.*
Mach weiter so^^
Von:  _Genis_
2015-04-23T19:48:13+00:00 23.04.2015 21:48
wieder ein tolles kapi^^
weiter so^^

ich finde besonders den letzten satz süß XD SEIN verlovter uhuuu^^ XD
Antwort von:  JCZoldyck
24.04.2015 18:35
danke :3

Endlich sieht es Yuri mal ein xD
Von:  _Genis_
2015-04-19T13:29:46+00:00 19.04.2015 15:29
wolfi ist sooooooooo süß^^
ganbatte wolfi, hol dir deinen schatz^^
Von:  _Genis_
2015-04-19T13:25:39+00:00 19.04.2015 15:25
schade das das kapitel hier schon vorbei ist v.v
finde es echt gut und nyahh wolframs Reaktionen sind sooo toll <3
Antwort von:  JCZoldyck
19.04.2015 20:37
Die FF ist leider auch nicht sehr lang.. Aber dafür wird es zügige Updates geben^^
Lange wird Yuri ihm nicht widerstehen können, wenn Wolf sich ins Zeug legt :D
Danke für deine Kommentare :3
Von:  PurpleTaiga
2015-04-16T17:48:37+00:00 16.04.2015 19:48
Ach, wie ich die beiden mag :3 Ich bin gespannt, wie es weiter geht ^^
Antwort von:  JCZoldyck
16.04.2015 21:15
Sie sind einfach zu süß zusammen ^.^ Ich hoffe, dir wirds gefallen :o


Zurück