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Bigotry

Love is thicker than Blood
von

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Begegnung

Es war Krieg. Soweit man vom Krieg sprechen konnte.

Normalerweise waren es Länder die gegeneinander kämpften, doch eine Länderaufteilung gab es schon lange nicht mehr. Seitdem Er an der Macht war, war alles nur noch Eins. Nach Hitler hatte Er es nun geschafft: Die alleinige Weltherrschaft. An für sich wäre das vielleicht kein Problem, doch Seine Tyrannei war grenzenlos grausam. Wer für sein Regime war, hatte es gut und nichts zu befürchten, solange er sich Ihm treu unterwarf und ergab. Doch Seine Gegner…

Frey war einer von Ihnen. Ein White Feather, wie sie sich nannten. Die White Feather war eine Art aufständische Revolte gegen die Black Wings, den Lakaien des Tyrannen. Immer wieder trafen diese beiden Gruppierungen in blutigen Auseinandersetzungen aufeinander. Jede Seite mit einem Ziel. Die White Feather wollten den Herrscher stürzen, um wieder Normalität in die Welt zu bringen. Artenselektion sollte endgültig keine Rolle mehr spielen. Doch wer für die Black Wings war, der verherrlichte dies geradezu. Wie auch nicht? Sie gehörten ja selbst zur erlesenen Art: Frei von körperlichen Mäkeln, Religion, eigenem Denken und heterosexuell. Das waren wahrlich nur die ganz groben, aber durchaus die wichtigsten Eigenschaften derer, die unter dem Tyrannen lebten. Seine eigene Zucht. Seine ganz persönlichen Marionetten. Auserkoren, um alles zu töten, was nicht in das Idealbild passt. Sprich alles, was zu eigenem Denken und Handeln in der Lage war.
 

Die letzte Auseinandersetzung lag noch nicht lange zurück. Die Sonne näherte sich dem Horizont und tauchte das Geschehen in ein friedlich makabres Licht. Die Luft war noch getränkt von Blut und Schießpulver. Der Boden gepflastert mit Trümmern und Leichen. Ein wahres Festgelage für Leichenfledderer und Diebe. Sie waren die einzigen, die sich noch um die toten Körper der verschiedenen Bandenmitglieder kümmern würden. Wenn auch nur aus dem Grund, dass sie nach etwas Habhaften sowie Magazinresten und Waffen suchten.

Die Schritte des White waren bedächtig platziert. Er versuchte möglichst auf kein Leichteil zu treten. Hier war er nur, um nach eventuellen Überlebenden zu suchen, auch wenn die Hoffnung nur sehr gering war. Die Trümmerstadt trug ihren Namen nicht ohne Grund. Hier war nichts mehr ganz. Wo man hinsah nur Schutt, Tod und Verderben. Die eigentliche Stadt befand sich unterirdisch. Zumindest hauptsächlich für die Black. Die White versuchten wenigstens noch etwas Leben und Schönheit an diesen Ort zurück zu bringen, doch es war ein mühseliger Kampf.

Seufzend blieb Frey stehen. Hier lebte nichts mehr. Die einzige Seele, die hier noch herumirrte, war seine eigene. Er würde sich wohl zurückziehen müssen, zumal er ein wunderbares Ziel abgeben musste. Die haselnussbraunen Augen des jungen Mannes scannten routiniert die Umgebung. Er war zwar jung, doch keinesfalls ungeübt oder naiv. Seine Sinne waren stets darauf gerichtet etwas wahrzunehmen, was ihm gefährlich werden könnte. So kam es auch, dass er die Gestalt, die sich hinter einem abgebrochenen Kamin eines verrottenden Daches zu verstecken versuchte, bald bemerkte. Freys Körper spannte sich an. Er schob die Kapuze seines Parkers in den Nacken, um eine noch bessere Sicht zu bekommen. Seine fingerfrei behandschuhten Hände ergriffen den Bogen, den er über seiner linken Schulter trug und spannten einen Pfeil auf die Sehne. Mit einer unglaublichen Ruhe visierte er den Schatten an und ließ alsbald den Pfeil von der Sehne schnellen. Dieser sauste durch die Luft und bohrte sich in das Dach direkt neben der Gestalt. Frey hatte nicht direkt treffen wollen. Er wollte vielmehr, dass sich die Gestalt zu erkennen gab. Freund oder Feind, Angriff war oftmals die beste Verteidigung. Und offenbar hatte er den Fremden wirklich auf sich aufmerksam gemacht, denn eine Hünenhafte Gestalt trat aus dem Schatten hervor. Im nächsten Moment blitzte der Lauf eines Maschinengewehrs im letzten schwachen Schein der untergehenden Sonne auf. Also kein Freund. Und bald würde es vollkommen dunkel sein.

Frey machte sich bereit den Geschossen auszuweichen, doch es passierte nichts. Wieso schoss der andere nicht? Traute dieser sich nicht, oder war es ihm unmöglich auf diese Entfernung zu treffen? Vollidiot. Frey schnaubte verächtlich und verlor die Gestalt im nächsten Augenblick aus den Augen. Sofort spannte er sich noch mehr an. Rastlos scannte sein Blick das immer dunkler werdende Schlachtfeld. Nun hoben sich die toten Körper nur noch schemenhaft von anderen Trümmerteilen ab. Um ihn herum war es vollkommen still. So still, dass das fallen einer Stecknadel einen riesen Krach verursacht hätte. Mit Adleraugen suchte er die Dächer und Gässchen ab, um auch die kleinste Regung mitzubekommen. Seine Sinne waren geschärft. Bei der kleinsten Bewegung würde er reagieren, doch den Fremden konnte er nicht mehr ausmachen.

Hochmut kam bekanntlich vor dem Fall und er war definitiv zu hochmütig gewesen, denn im nächsten Augenblick durchschnitt kalter Stahl die Luft und sauste auf ihn zu. Gerade noch im letzten Moment schaffte Frey es die Wurfmesser mit einem Pfeil abzuwehren, der danach hin war. Schnell spannte er einen weiteren auf seinen Bogen und schoss ihn in die Richtung, aus welcher die Messer gekommen waren. Der Feind war aus dem Schatten einer Gasse getreten und griff ihn nun ganz direkt an. Frey versuchte sich neu zu positionieren, zog drei weitere Pfeile aus seinem Köcher und spannte sie auf. Er brauchte nicht lange zum Anvisieren, dann ließ er sie von der Sehne schnellen und nutzte die Gelegenheit sich selbst in Deckung zu bringen. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie zwei seiner Pfeile ins Leere gingen, doch einer traf, was durch ein Ächzen und einen gedämpften Fluch untermalt wurde. In der nächsten Sekunde verbarg er sich selbst hinter einem halb eingestürzten Gemäuer. Er versuchte seinen Atem etwas zu regulieren und schloss dabei seine Augen. In den letzten Jahren hatte er gelernt ganz auf seine Sinne zu vertrauen. Sie ließen ihn nicht so leicht im Stich und hatten ihm schon einige Male den Hintern gerettet, wenn er mal wieder etwas zu voreilig gehandelt hatte. Nun hockte er also mit geschlossenen Augen da und lauschte auf jedes Geräusch, welches der Wind ihm zutrug.

Lange hörte er nichts. Nur das Rauschen des Windes, der durch die Kleidung der Toten strich. "Hey, White! Eins zu null für dich! Aber denk ja nicht, dass du mich nun hast. Dein Pfeil hat mich nur ein wenig gekratzt und den Kampf gewinne ich, so wie meine Bande den Krieg gewinnen wird!"

Es war also ein Black. Dessen dunkle Stimme hallte zu Frey herüber und troff nur so vor Hass, Wut und Mordlust. Doch etwas anderes klang noch mit. Schmerz. Er hatte den anderen also doch stärker verwundet, als dieser zugeben wollte. Umso besser für ihn. Außerdem wusste Frey jetzt auch wieder, wo sich der andere ungefähr aufhielt. So schlecht Frey auch im Umgang mit seinen Worten war, umso besser, beinah schon unschlagbar gut, war er in der Anwendung seiner Sinne. Jahre lang hatte er diese bis zur Perfektion geschult. Sein Können lag im Orten, Zielen und Treffen. Nicht umsonst war er einer der besten Whites, auch wenn man ihn den Stummen nannte. Er zog es vor nicht viel von sich zu geben, denn da gab es etwas, was ihn nicht gerade stark erscheinen ließ. Nur gut, dass man im Krieg eher weniger redete.

Lautlos bewegte Frey sich hinter der Mauer und spähte zu der Richtung, in der sich der andere versteckt halten musste. Erneut scannte er die Umgebung. Es dauerte nicht lange, da wusste er dessen genauen Aufenthaltsort. Ein breites Grinsen bildete sich auf seinen Lippen. Er zählte die Pfeile in seinem Köcher. In diesem waren noch genügend vorhanden, sodass er getrost noch einen opfern konnte. Er beschloss ein kleines Katz-und-Maus-Spiel zu beginnen. Er liebte es seine Feinde erbarmungslos zu jagen. Sie machten es ja nicht anders und sollten ruhig wissen, wie ihre eigene Medizin schmeckte.

Der Wind stand günstig, sodass er ohne Probleme die Abschusslinie anvisieren konnte. Lautlos spannte er einen Pfeil ein und ließ diesen von der Sehne schnellen, der krachend in das Autowrack einschlug, hinter welchem sich der andere verbarg. Dann zog er sich sofort wieder zurück, wartete ab, was kommen würde.

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten und folgte in Form eines Steins, der gegen die Mauer prallte, hinter welcher Frey sich verbarg. Sein Gegner war gut. Ziemlich gut. Er würde sein Versteck ändern müssen, so wie es der andere auch getan hatte, denn hinter dem Autowrack war dieser längst nicht mehr. Vorsichtig sah er sich um. Er musste sich gut positionieren, um einen Vorteil zu bekommen. Dieser Black sollte ihn bloß nicht unterschätzen. Noch einmal änderte Frey sein Versteck und versuchte dann das des anderen auszumachen. Diesmal gestaltete es sich schon als schwieriger. Konzentriert horchte er auf verräterische Geräusche, doch sein Gegner verhielt sich auffallend ruhig. Zerknirscht riskierte er schließlich doch noch einen Blick auf das Trümmerfeld und der Anblick, welcher sich ihm bot, verschlug ihm den Atem.

Zwei Männer traten Hand in Hand auf das Schlachtfeld und begannen die toten Körper zu durchsuchen. Ein schlechterer Zeitpunkt war ihnen sicherlich nicht eingefallen. Und die Weisheit hatten sie zudem auch nicht mit Löffeln gefressen, da sie dumm genug waren ihre Homosexualität öffentlich zu demonstrieren. Selbst wenn sie sich unbeobachtet wähnten, so mussten sie eigentlich wissen, dass es absolut lebensgefährlich war. Hätten sie sich einfach so über die Leichen hergemacht, hätte dies den Black sicherlich nicht gestört, doch in diesem Fall war ihr Abschuss garantiert. Frey blieb nichts anderes übrig. Er musste handeln. Verbissen nagte er an seiner Unterlippe. Vielleicht hatte der Black sie noch nicht entdeckt. Doch diese Hoffnung wurde ihm gleich wieder genommen. Er sah den Lauf des Gewehrs, der zielsicher auf das Pärchen gerichtet war. Nun hatte er keine Wahl mehr. Er musste seine Deckung aufgeben. Schnell spannte er einen Pfeil ein, verließ sein Versteck und rannte hinaus. Den Pfeil schoss er direkt in Richtung der Gewehrmündung und brüllte gleichzeitig: "V-v-verschwindet!!" Vor Schreck starrten die beiden Männer ihn nur fassungslos an.

Wie konnte man nur so dämlich sein? Da half nichts. Er rammte einen der Kerle, worauf beide schnellstens die Flucht ergriffen. Jetzt stand er direkt im Schussfeld des anderen. Nirgendswo war etwas, wohinter er sich verstecken konnte. Schon hörte er eine Salve an Schüssen und im nächsten Moment wurde er getroffen. Die Kugeln brannten in seinem Unterleib. Stöhnend sank Frey zu Boden. Wenigstens hatten es die beiden Trottel geschafft sich in Sicherheit zu bringen. Dass er der Preis dafür war, war für ihn wenig tröstlich.

Frey betastete seinen Unterbauch und spürte, wie sein Blut bereits klebrig durch seinen Parker sickerte. Sein eigener Atem klang laut in seinen Ohren. Er konnte sich nicht rühren, hörte nur wie sich Schritte schleppend näherten. Ein Schatten fiel über ihn und er konnte seinem Gegner nun endlich ins Gesicht sehen. Dieser war ebenfalls verletzt. Blut tropfte von dessen rechter Hand und die Schulter wirkte nass. Nur blöd, dass er ihn nicht gleich tödlich getroffen hatte. Jetzt würde er sterben. Doch er würde nicht betteln. Er beobachtete schweigend wie sich der Lauf der Waffe auf seine Stirn richtete. Der Black schien zu schwanken, doch das konnte auch an seinem eigenen Blutverlust liegen, der Frey die Sicht vernebelte. Er war noch nie jemand gewesen, der einfach kampflos aufgab. Ein letztes Mal mobilisierte er seine Kräfte und trat dem Black die Halbautomatische aus der Hand. Dann siegte der Schmerz, forderte seinen Tribut und die Welt um Frey versank in Finsternis.
 

Jareth war nicht mehr in der Lage rechtzeitig zu reagieren oder gar die Waffe fest genug zu halten. Ungebremst flog diese ihm einfach aus der Hand. Er hatte nun gar kein Gefühl mehr in dem Arm, durch dessen Schulter der Pfeil des Whites gegangen war. Er sah auf den wohl doch noch mit etwas mehr Leben ausgestatteten Körper des Whites herab, jedoch wurde seine Sicht immer schlechter. "Verflucht…", knurrte er, ächzte leise, griff sich mit dem unverletzten Arm an die Stirn und fuhr sich über die Augen. Dann sackten auch schon die Knie unter ihm weg. Hart kam er auf diesen auf. „Ich darf hier nicht verrecken…“, schoss es ihm durch den Kopf. „Nicht jetzt...“ Jareth fiel nun vollends vornüber. Sein Körper fühlte sich taub an und seine Sinne schwanden. "Apophis…", kam es leise über seine Lippen. Dann überfiel auch ihn wohltuende Finsternis.

Bettgeflüster

Für manch einen mochte es an Ironie grenzen, dass ausgerechnet das männliche Pärchen dafür gesorgt hatte, dass die beiden verwundeten Männer in eines der seltenen und gut verborgenen Krankenhäuser gebracht wurden. In solch einem Krankenhaus wurde jeder behandelt, ganz gleich um was für einen Menschen es sich handelte. Natürlich war die Gefahr groß, dass das Regime ein solches Krankenhaus aufdeckte und dem Erdboden gleich machte. Die Verantwortlichen verstanden es jedoch immer sehr gut eine Lösung zu finden dies zu verhindern. Selbst wenn ein Black behandelt wurde - was zwar selten geschah, da es für diese öffentlich zugängliche Häuser gab – war es bisher immer gelungen diese derart in die Irre zu führen, dass sie im Nachhinein nicht mehr den genauen Ort benennen konnten. Nur so war es auch möglich dem Hippokratischen Eid Folge zu leisten, wie sie ihn die Ärzte abgelegt hatten. Nicht die Zugehörigkeit, sondern der Mensch an sich stand im Fokus der Betreuung.

Als Jareth seine Augen wieder öffnete, empfing ihn eine angenehme Dämmerung. Er fühlte sich matt, als wäre er eine lange Zeit sehr krank gewesen. Ein seltsam monotones Piepen drang an seine Ohren. Leises Stimmengewirr aus weiter Ferne sowie Schritte, die herannahten, um sich dann wieder eilig zu entfernen, mischten sich dazu. Es klang, als würden sie über lange Flure hallen. Ganz allmählich wurde sein Geist klarer. Mit der Klarheit kamen auch die Erinnerungen zurück: Der White, dessen Pfeil, die Schwuchteln und dann … Schwärze. Er musste eine ziemlich schwere Wunde davongetragen haben, die einen starken Blutverlust mit sich gezogen hatte.

Müsste er dann nicht tot sein? Allerdings fühlte er sich dafür viel zu gerädert. Überhaupt, er fühlte etwas. Und die Geräusche waren nur allzu irdisch.

Langsam drehte Jareth seinen Kopf und ließ seinen immer klarer werdenden Blick soweit ihm möglich umherschweifen. Bald ahnte, nein, wusste er, wo er sich befinden musste. Er war in irgendeinem Krankenhaus. Nicht in einem, welches eigens für Blacks bestand, sondern eines dieser gottverdammten Samariter-Krankenhäuser, die jeden Abschaum aufnahmen und behandelten, anstatt sie einfach verrecken zu lassen, wie es sich gehören sollte. Folglich hatte keiner der anderen Blacks ihn gefunden, vermutlich nicht einmal gesucht.

Das Piepsen, welches ihm stetig in den Ohren dröhnte, kam von irgendwelchen Apparaten und ging ihm nach kurzer Zeit auf die Nerven. Da er spürte, wie seine Kräfte allmählich zurückkamen, hievte er sich langsam hoch und zuckte kurzerhand zusammen. Der Schmerz, der in seine Schulter schoss, war stechend. Er biss die Zähne zusammen und fasste sich an die verletzte Stelle, spürte den Verband unter seinen Fingern und das dumpfe Pochen in der langsam heilenden Wunde. Betont ruhig durchatmend betrachtete er kurz den Verband, ehe sein Blick durch das Zimmer glitt.

Er war nicht alleine. Links von ihm, nahe dem kleinen Fenster, welches von halb zugezogenen Vorhängen teilweise verdeckt wurde, stand ein weiteres Bett, in welchem jemand lag. Angestrengt musterte er ihn, konnte jedoch nichts weiter erkennen, da die beschränkten Lichtverhältnisse dafür nicht ausreichend waren.

Jareth zuckte kurz mit den Schultern und bereute dies sogleich, als erneut ein stechender Schmerz durch seine verbundene Schulter jagte. Stöhnend kniff er seine Augen zu und wartete, bis der Schmerz verklungen war, ehe er sie wieder langsam öffnete. In diesem Moment wurde ihm klar, dass er hier nicht länger bleiben konnte.

Also schlug er die Decke zurück und rutschte bedächtig von der Bettkante. Seine nackten Füße berührten den Linoleumboden und Jareth erkannte, dass er so, wie er in dem Bett gelegen hatte, nicht einfach aus dem Gebäude herausspazieren konnte. Er trug nur das obligatorische Patientenhemd, weiter nichts.

Na super… Wo waren bloß seine Klamotten?

Noch etwas wackelig auf den Beinen wankte er auf die Schrankwand zu und begann darin nach seiner Kleidung zu suchen. Es dauerte nicht lange, dann fand er sie schon und zog sie hervor. Nun konnte er auch sehen, welchen Schaden der Pfeil angerichtet haben musste. Mantel und Shirt waren ziemlich durchlöchert und Jareth nahm an, dass unter den Verbänden eine ordentliche Narbe darauf wartete festwachsen zu dürfen. Immerhin lebte er noch. Eine Narbe mehr machte da nichts aus, denn unter seinen Tattoos, die er auf seinem Körper verteilt trug, versteckte er eine Menge davon. Die Ärzte in seinem Quartier würden sich schon weiter um die Wunde kümmern.

So schlüpfte Jareth langsam in seine versteiften Sachen, bedacht darauf keine unnötigen Bewegungen zu machen, die weitere Schmerzen hervorriefen.

Erleichtert atmete Jareth auf, als er schließlich wieder in seinen eigenen Klamotten steckte. Es war nicht gerade angenehm in den blutgetränkten Sachen, aber er hatte ja nichts anderes zur Hand und das Blut war immerhin angetrocknet.

Wie lange er wohl in diesem Krankenhaus gelegen hatte? Spätestens im Quartier würde er es erfahren.
 

Frey hatte weniger Glück gehabt. Als man ihn in das Krankenhaus eingeliefert hatte, war sein Zustand derart fatal gewesen, dass man ihn direkt in den OP weitergeleitet hatte. Dort hatte man ihm unter einer langwierigen Prozedur die Kugeln aus den Eingeweiden entfernt. Bei den Verletzungen und dem enormen Blutverlust hatte Frey unheimliches Glück, dass er wohl keine bleibenden Schäden davontragen würde.

Da zurzeit ein großer Engpass an Betten herrschte, hatte man den frisch Operierten zu Jareth ins Zimmer gelegt. Versorgt mit einer durchlaufenden Blutkonserve sowie einer gehörigen Portion Morphin, lag er nun bei seinem Feind, der ihn ohne Mühe würde töten können. Doch noch war Frey nicht erkannt worden.

Allmählich ließ die Wirkung der Narkose nach und Frey dämmerte in einen Wachzustand. Das Erste, was er spürte, war sein zitternder Körper. Ihm war unheimlich kalt, was wohl am Blutverlust liegen musste. Nur schwer konnte er seine Augenlider heben, die immer wieder zufallen wollte. Es kostete ihn ungeheuer viel Kraft, doch sein innerer Drang wach zu werden und zu sehen, wo er war, war stärker. Nach einigen Anläufen schaffte er es schließlich die Augen offen zu halten.

Er lebte.

Eigentlich hatte er damit nicht wirklich gerechnet. Der Tod auf dem Schlachtfeld wäre ihm viel einleuchtender gewesen, als in einem Krankenhaus aufzuwachen. Und er musste sich in einem befinden. Dieses monotone Piepsen neben ihm war ein ziemlich deutlicher Hinweis. Um die endgültige Bestätigung zu erhalten, drehte er seinen Kopf schwerfällig in die Richtung des Geräusches und blickte auf einen Monitor, der seine Herzschläge aufzeichnete. Er war also wirklich in einem Krankenhaus. Doch wie war er hier hergekommen?

Frey schloss die Augen, um sich auf das Vergangene zu konzentrieren. Schüsse… Ein Pärchen… und dann war da dieser Black über ihm gewesen.

Sein Kopf schmerzte, als würde eine Dampflok lautstark pfeifend in ihm umherfahren. Seine Antwort darauf war ein schmerzhaftes Stöhnen.

Im nächsten Augenblick hörte er ein Rascheln. Mehr aus Reflex als aus Neugier wandte er seinen Blick in die Richtung und stockte. Er war nicht alleine im Zimmer. Gut, das alleine war jetzt kein Schock, sondern viel mehr die Tatsache mit wem er auf einem Zimmer lag. Es war der Black, der nun langsam auf ihn zutrat, vor ihm stehen blieb und ihn musterte. Frey blieb nichts anderes übrig, als der Situation auszuharren. Er konnte sich kaum bewegen, weswegen die Fluchtmöglichkeiten miserabler Natur waren. Ihm blieb nur zu hoffen, dass sein Gegenüber ihn nicht erkannte. Allerdings konnte er es bei diesem arbeiten sehen. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis dieser sein Gesicht mit einigen Bildern aus seiner Erinnerung übereinbringen konnte. Und als schließlich die Erkenntnis über dessen Gesicht huschte, wer da vor ihm lag, konnte Frey sein letztes Stündlein schlagen hören.

Im nächsten Augenblick schoss ein Arm hervor und deren Hand klemmte sich unter Freys Kinn, drückte zunächst noch leicht den Hals ab. Doch alleine das reichte schon, um innere Panik in Frey aufsteigen zu lassen. Seine Augen weiteten sich ein wenig und er versuchte vergeblich mehr Luft zu bekommen.

„Du bist es. Du bist dieser gottverdammte White.“, hörte er den anderen knurren, ehe dieser fester zugriff. Frey schwanden die Sinne. Wieso um alles in der Welt hatte man ihn mit diesem Psychopathen auf ein Zimmer gelegt? Das war doch nichts weiter als verzögerter Mord!

Gerade als er glaubte das zeitliche zu segnen, wurde der Griff um seine Kehle etwas gelockert. Begierig atmete er ein und ließ die Luft in seine ausgedörrten Lungen strömen. Matt sah er den Black an, der sich nun über ihn beugte. Er konnte dessen Atem auf seinem Gesicht spüren. Frey schlug das Herz bis zum Hals, was man auch am unregelmäßigen Piepsen des Monitors hören konnte. Vielleicht würde das ja irgendjemanden alarmieren und man würde diesen Irren von hier wegbringen. Doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen hörte er den Anderen mit rauer Stimme hauchig Fragen: „Warst du vor einem Jahr bei dem Kampf in den westlichen Ruinen der alten Stadt? Warst du bei diesem feigen Hinterhalt dabei?“

Freys Lider flatterten. Er versuchte sich zu entsinnen. Ein Kampf? Ein Hinterhalt vor einem Jahr? Bilder von einer blutigen Schlacht mit ungeheuer vielen Verlusten strömten auf ihn ein.

Noch ehe er etwas sagen konnte, drückte die Hand des Blacks seine Kehle erneut unerbittlich zu. Frey versuchte sich vergeblich zu befreien. Schwach legte er seine Hände um das kräftige Handgelenk des anderen und versuchte diesen wegzudrücken. Vergeblich. Ihm wurde schummerig vor Augen. „B-b-bitte...“, krächzte er flehend. Er wollte nicht sterben. Noch nicht. Vor allem nicht hier und jetzt, wo ihm doch ein Weiterleben gewährt worden war.
 

Jareth sah sofort, dass der andere zu schwach war, um großartig Gegenwehr zu leisten. Er erkannte es an dessen Blick, spürte es an der schwachen Gegenwehr und an dem viel zu leichten Griff um sein Handgelenk. Es war an sich ein leichtes Spiel und manch einer hätte es durchaus hier und jetzt beendet, doch Jareth war keinesfalls fertig mit dem White. Dieser hatte ihm nicht geantwortet, sondern nur kläglich gestottert. Jareth entsann sich, dass er dessen Stimme schon einmal vernommen hatte, als dieser versucht hatte die Schwuchteln zu retten. Das war ihm ja auch geglückt. Da hatte der Bastard auch gestottert. Ein White mit Sprachfehler also. Warum auch nicht? Dies war keineswegs der weiteren Gedanken darum wert, denn er wollte Antworten haben. Er brauchte sie, hatte schon zu lange nach ihnen gesucht. Jetzt bekam er die Möglichkeit dazu und er würde sie sicherlich nicht unausgeschöpft lassen.

Erneut lockerte sich sein Griff und er hörte, wie der White rasselnd und gierig die Luft einsog.

„Du hast mir nicht geantwortet, White! Warst du damals dabei? Sag es mir!“, forderte er den anderen auf. Er wollte endlich weiterkommen auf seiner Suche nach Vergeltung. Dieses jämmerliche Würstchen könnte ihm eventuell dabei helfen. Vielleicht wusste dieser etwas. Vielleicht wusste dieser verdammte Homofreund, wer Apophis getötet hatte. Und selbst wenn nicht, so könnte er ihm immer noch einen kleinen Hinweis geben, oder sonst wie von Nutzen sein.

Er war es langsam einfach Leid. Er wollte endlich wissen, wann er denjenigen vor Augen haben würde, dem seine Suche galt. Er wollte wissen, wann er ihn töten konnte, wann er seine gottverdammte Rache bekommen würde.

Noch einmal drückte Jareth fester zu, ehe er mit einem Ruck und den Worten: „Sag es! Die Luft dazu hast du nun.“, abließ.

Er konnte sehen, wie der andere versuchte sich zusammenzureißen. Doch er sah noch etwas. Er sah den Widerwille zu reden, der in den Augen des White aufglomm. Und da war noch etwas. War es Scham? Er würde es zumindest so interpretieren.

Schließlich bekam Jareth seine Antwort mit einem einfachen „Ja.“.

Dieser White war also dabei gewesen. Er war bei diesem feigen Hinterhalt dabei gewesen! Wut kochte in ihm hoch, flackerte in seinen Augen. Er stand kurz davor etwas Unüberlegtes zu tun, doch er musste sich zusammenreißen, denn er brauchte mehr Antworten, so viel mehr Informationen.

Langsam ließ er sich auf den Rand des Krankenbettes nieder, fixierte den anderen dabei weiterhin.

„Wer hat damals den Befehl geführt? Wer hat als erstes von euch geschossen?“ Wer hat meinem Bruder eine Kugel durch den Kopf gejagt? Diese Frage schoss Jareth zwar durch den Kopf, doch sie blieb dort allein versiegelt. Er wusste, dass Apophis als Erster gefallen war, getroffen durch eine Kugel aus dem Hinterhalt. Er selbst war damals nicht dabei gewesen. Apophis hatte es ihm untersagt. Die wenigen Überlebenden hatten es zu berichten gewusst. Nach Apophis Fall war Chaos ausgebrochen. Keiner hätte erwartet, dass sein Bruder so schnell fallen würde, dass er überhaupt fallen würde. Dieser Kampf war mit großen Verlusten auf ihrer Seite verbunden gewesen. Und den Größten musste er verschmerzen.

„Sag mir, welches feige Schwein als erstes geschossen hat. Wie heißt er? Lebt er noch? Wenn du es weißt und es mir sagst, werde ich dich für heute verschonen." Das war ein gewagtes Versprechen, welches Jareth selbst in Schwierigkeiten bringen konnte, aber für ihn zählte nur den zu finden, der seinen Bruder auf dem Gewissen hatte.

Der Gesichtsausdruck des White änderte sich. Er wurde härter und verschlossener. Die Todesangst war verschwunden, was Jareth sicher geändert hätte, wären ihm die Antworten auf seine Fragen nicht wichtiger.

„Ich w-w-w-w-weiß es n-n-ni-n-nicht.“, kam es von ihm, gefolgt von einem: „Ich k-k-k-ka-k-kann dir a-a-a-aber s-s-s-sagen, we-w-wer etw-w-etwas w-w-weiß und ob die-di-dieser n-n--no-noch lebt.“

Irgendwie war das Gestotter dieses White ja amüsant. Allerdings war Jareth nicht zum Lachen zumute. Schon lange nicht mehr. Schon seit einem Jahr nicht mehr.

Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Sein Blick ruhte forschend auf dem Gesicht des anderen. Dieser wäre dumm jetzt zu lügen. Es sei denn ihm wäre sein Leben nichts wert. Allerdings glaubte Jareth nicht, dass weder das Eine noch das Andere auf sein Gegenüber zutraf.

„Dann schieß los. Wer weiß etwas darüber? Wie lautet dessen Name und wo finde ich ihn?" Jareths Stimme war kühl und ausdruckslos. Er fühlte sich seinem Ziel nun etwas näher und riet dem anderen innerlich ihn nur nicht zu belügen. Dessen Gesicht würde er nämlich nicht mehr vergessen. Und sollte sich sein Gequatsche als erstunken und erlogen herausstellen, dann würde er ihn finden und töten. Und das sicherlich nicht durch einen gezielten Kopfschuss. Nein. Dann würde der andere leiden.

„Red schon!“, fuhr er ihn drohend an. Er wollte es endlich wissen. Er musste es wissen und dann aus diesem jämmerlichen Kasten verschwinden.

Der Blick des White war eiskalt, als dieser sagte: „D-d-denkst d-d-du w-w-wirk- wirklich, dass ich d-d-dir erzähle, w-w-was ich w-w-weiß? D-da-dazu be-be-bed-bedarf es m-m-m-mehr, als D-drohungen.“

Jareth schnaubte verächtlich. „Du bist nun wirklich nicht in der Lage mir eine Antwort zu verweigern oder du bezahlst deinen Sturkopf mit dem Leben. Wenn du es mir es nicht erzählst, dann wird sich ein anderer finden. Oder ich finde ihn auf eigene Faust. Meinst du wirklich, dass ein Toter mehr auf meinem Weg an mein Ziel mich stören würde? Ein White weniger, der meint sich gegen uns auflehnen und die Minderwertigen schützen zu müssen." Seine Stimmung war wieder geladen. Er wandte sich dem anderen wieder mehr zu und seine Hand suchte erneut dessen Hals. „Glaub ja nicht, dass ich nur drohe! So viel solltest du doch über uns wissen, dass wir nicht nur drohen, sondern auch Taten sprechen lassen. Ich kenne gewiss keine Skrupel einen ans Bett gefesselten zu eliminieren. Ist mir doch nur zu bewusst, dass du uns sonst bald wieder nur Schwierigkeiten zu machen gedenkst. Du wärst dann einfach ein Problem weniger. Und nun rück schon raus mit der Sprache. Oder sag einfach, wenn dir nichts an deinem Leben liegt. Dann beende ich das hier sofort…“

Das schien zu wirken. Anscheinend war ihm das eigene Leben doch etwas Wert, denn der White sagte: „W-w-w-wenn ich d-d-dir s-s-sage, w-w-was du w-w-wi-wissen wi-wi-willst, dann l-l-lässt d-d-du m-m-m-m-mich am L-l-leb-leben.“ Jareths Hand wurde nun wieder umfassen und er konnte spüren, dass der Überlebensinstinkt dem anderen neue Kräfte verlieh. „M-m-me-mein L-l-leb-leben, ge-ge-gegen Inf-inf-f-fo-inform-m-mationen.“

Auf die Dauer war das Gestotter dieses White nervig und vor allem anstrengend. Aber Jareth unterdrückte jeden Ausbruch in diese Richtung. Dann musste er sich eben auch etwas mehr konzentrieren. Eine Kleinigkeit.

„Du scheinst ein miserabler Zuhörer zu sein, obwohl dir eigentlich wohl kaum was anderes übrig bleibt als zuzuhören. Ich sagte dir schon, dass ich dich für heute verschone, wenn du mir sagst, was ich wissen will. Aber gut, dann noch einmal: Ich verschone dich, wenn du mir die von mir verlangten Informationen gibst.“

Kurz beugte sich Jareth tief hinab, bis seine Lippen dicht am Ohr des White lagen und er wisperte: „Aber wenn du mich verarschst, dann suche ich dich und ich werde dich finden. Und dann blüht dir mehr als nur der Tod!“ Jareth hatte einen Unterton in der Stimme, der verriet, dass es ihm mehr als ernst war. Und auch der Andere schien den Ernst der Lage zu begreifen, was ein verräterisches trockenes Schlucken bewies. Zufrieden zog Jareth sich zurück und meinte: „Der Deal steht. Überleg dir gut, was du mir jetzt erzählst. Also? Erzähl mir, was ich wissen möchte. Und wenn du Glück hast, dann sehen wir uns danach nicht sobald wieder.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Salatgurke
2015-01-12T22:01:47+00:00 12.01.2015 23:01
Aaaaah
voll cooool!
Schreib weiter!
Der Anfang ist echt gut! ^^


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