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Auszüge aus dem Leben

Don't judge my choices without understanding my reasons
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Trigger Warnung: Prostitution (angedeutet) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Direkte Fortsetzung zum Kapitel “Verantwortung und Unterstützung” Komplett anzeigen

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Verlassen [Logan]

Alter: 8 Jahre
 

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Es war eine lange Nacht für den gerademal 8-Jährigen gewesen. Er hatte den Streit seiner Eltern gehört, hatte gehört wie seine Mutter geweint hatte, wie sie diskutiert und dann wieder geschrien hatte. Doch seinen Vater hatte Logan kaum gehört. Er schien sich wohl heraus zuhalten. 
 

Lora, seine Zwillingsschwester, hatte sich irgendwann zu ihm ins Bett gelegt weil sie Angst gehabt hatte. Mit den Worden "Ich beschütze dich" hatte er sie in den Arm genommen. Irgendwann war sie eingeschlafen, Logan jedoch nicht. 
 

Irgendwann wurde es still im unteren Stockwerk des kleinen Hauses auf der Insel Kuba, seiner Heimat, und Logan wurde ebenfalls müde. Er schwor sich, wach zu bleiben, doch es half nichts. Es war trotz dessen recht früh als er aufwachte, geweckt durch das Knallen einer Tür. Logan schreckte hoch, blickte zu seiner Schwester, doch diese schlief noch seelenruhig. 
 

Wieso hatte die Tür geknallt? Noch ehe er den Gedanken weiter verfolgen konnte, hörte er den röchelnden Motor des kleinen Wagens vor ihrem Haus, gefolgt von den Stimmen seines Vaters und anderer Männer. Schnell sprang Logan aus dem Bett, zog sich schnell eine Hose über die Beine und rannte die Treppe herunter. 
 

"Wo geht er hin? Wann kommt er wieder?"
 

Mehr fragte der Junge nicht, blickte nur zu seiner Mutter die ihn traurig ansah. Es war Antwort genug um die Welt des Jungen völlig zusammenrechen zu lassen. Manisch schüttelte Logan den Kopf, ehe er aus der Tür rannte den Weg zum Hafen entlang. Von Weitem konnte er noch den Wagen sehen, wie dieser davon fuhr. Nein, er konnte sie doch nicht einfach so verlassen!
 

Logan hatte nicht immer gute Erinnerungen an seinen Vater gehabt, er war oft aufgrund seiner Arbeit Wochen lang weg geblieben, er war bei der Marine und musste immer wieder mit diesen auf Reisen gehen, doch er kam immer zurück, seine Mutter hatte es seiner Schwester und ihm bestätigt. Doch nicht heute. Dieser Blick den sie ihm zugeworfen hatte, er sprach Bände. Doch Logan wollte es nicht glauben. 
 

Er rannte, als würde sein Leben davon abhängen. Strähnen seines schwarzen Schopfes hingen ihm wild im Gesicht als er den Hafen erreichte. Er sah sich suchend um, erkannte dann ein Schiff der Marine und seinen Vater an der Rehling. Wieder schüttelte er den Kopf und rannte zu dem Schiff, doch es war zu spät - das Schiff legte bereits ab. 
 

Logan sah auf dieses und biss sie auf die Lippe um die aufkeimenden Tränen zu unterdrücken. Er nahm einen Stein vom Boden und warf ihm dem Schiff nach, doch der Stein erreichte dieses nicht einmal annähernd. 
 

"Ich hasse dich!", schrie er dem Schiff hinterher, konnte erkennen wie sein Vater noch an Deck stand, mit dem Rücken zu ihm, doch er drehte sich nicht herum. Der Junge ballte die Hände zu Fäusten bis seine Knöchel weiß hervor traten. Es war ihm egal. 
 

Früher hatte er immer davon geträumt, irgendwann bei der Marine zu sein, mit seinem Vater zusammen zu arbeiten. Doch diesen Wunsch verwarf er gerade, wie sämtliche Bewunderung für diesen Mann. 
 

Nein, er würde nicht einer dieser Gesetzeshüter werden. Er würde Pirat werden. Und er würde dafür Sorgen dass er über die Grenzen Kubas bekannt wurde.
 

Er hatte sie verlassen, einfach so. Niemals würde er diesen Verrat vergessen...

Traum [Daniel]

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Veränderungen [Daniel]

Alter: 9 Jahre

Song zum Kapitel: Ashes Remain - Change my life

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Mit einem unschönen Klopfen im Ohr wurde Daniel wach. Er öffnete blinzelnd die Augen und sah sich um, er war alleine in seinem Zimmer, nur unter der Tür schien ein schwacher Schein Licht herein. Langsam setzte sich der Junge auf und zog die Augenbrauen zusammen, was war das für ein Klopfen? Doch dann hörte er die Türklingel, immer und immer wieder.
 

Wo war sein Vater? Wollte er die Tür nicht öffnen?
 

Doch Sekunden nachdem Daniel diese Gedanken hatte, hörte er die schlurfenden Schritte aus dem Schlafzimmer – er wusste noch immer genau wo die Zimmer lagen – und den Mann fluchen. „Ja ja ich komm doch! Was soll der Scheiß?!“
 

Daniel schlang die Decke um seine Schultern. Er hatte kaum mehr Kleidung die ihm passte nur noch wenig Unterwäsche und ein paar Shirts die ehemals seinem Vater gehörten. Diese gingen dem Jungen zumindest bis zu den Oberschenkeln, fast den Knien und reichten auch aus.
 

Er hatte es nie aufgegeben mit seiner verstorbenen Mutter zu sprechen. Er drückte den Teddy den er schon immer hatte an seine Brust und sah abwechselnd zu Tür und zur Kühltruhe. Sein Vater mochte es nicht wenn er mit ihr sprach. Sagte immer er sein verrückt, zu nichts zu gebrauchen und dass er ihn lieber auch umgebracht hätte.
 

Doch Daniel wusste dass sein Vater dies nicht tun würde. Noch nicht zumindest. Was in ein paar Jahren der Fall wäre... Daniel hoffte einfach dass es schnell gehen würde. Was hatte er denn schon von seinem Leben? Richtig, nichts.
 

Auf einmal hörte der Junge weitere Stimmen. Er verstand nicht viel, sie waren leiser als das Geschrei seines Vaters. „Ich bezahl die verdammte Rechnung schon noch! Hätten ja nicht gleich die Polizei mitbringen müssen! Aber bitte, sehen Sie sich um, ich hab nichts von Wert!“ Anschließend war ein paar Minuten Ruhe.
 

Daniel hörte Schritte und wieder eine fremde Stimme, diesmal jedoch vor der Tür zu seinem Zimmer. „Mr. Pawell, was ist in diesem Zimmer?“ Es war eine Männerstimme, Daniel kannte sie nicht. „Das geht Sie einen Scheiß an, das Zimmer ist leer.“ Daniel zog die Augenbrauen zusammen, was war denn da draußen los?
 

„Wenn es leer ist, dann macht es ja nichts wenn ich rein sehe.“ Daniel rückte zur Wand und drückte sich gegen diese, sah wie jemand die Türklinke drückte, doch die Tür war doch verschlossen! „Den Schlüssel Mr. Pawell, sonst muss ich den Herren hier von der Polizei sagen er muss die Tür aufbrechen.“
 

Daniel verstand nichts von dem was dort vor sich ging. Wieso wollte jemand hier rein? Wollten sie ihm weh tun wie sein Vater? Oder ihm vielleicht sogar helfen? Doch selbst wenn... das würde nie klappen... sein Vater würde es verhindern, wieso sollte er sich also Hoffnungen machen...
 

„Hab ich nicht mehr. Deswegen ist es ja auch leer Sie Klugscheißer!“ Das war wieder sein Vater, dann hörte Daniel abermals Schritte. „Dann würde ich Sie bitten.“ „Das wagen Sie nicht!“ Das war wieder sein Vater, um was ging es denn nun wieder?
 

Auf einmal gab es einen Rums an der Tür und Daniel zuckte heftig zusammen. „Ich hab gesagt Sie sollen von dieser scheiß Tür weg gehen!“ Der Junge zuckte zusammen als er hörte wie sein Vater schrie, doch anscheinend hatten die Fremden alles unter Kontrolle, denn dann hörte er ihn nicht mehr... „Solche Fälle gibt es immer wieder, wir haben ihn nach Draußen gebracht“, hörte Daniel eine zweite fremde Stimme. Dann wieder ein Rumsen an der Tür.
 

Und auf einmal war es blendend Hell im Zimmer und Daniel musste die Arme vor sein Gesicht nehmen um sich zu schützen.
 

„Was zum...!“ Wieder der zweite Fremde.
 

Langsam wagte Daniel es, seine Arme herunter zu nehmen. Er blinzelte mehrmals um sich an das Licht zu gewöhnen. In der Tür standen ein Mann im Anzug und ein Polizist. Der Polizist stand halb im Zimmer und hatte wohl die Tür aufgebrochen.
 

Vorsichtig ging dieser Polizist nun auf den zusammengesunkenen Jungen zu. „Hey.. Kleiner... bist du verletzt?“ Doch Daniel sah ihn nur misstrauisch an und antwortete nicht, er hatte sowieso kaum gesprochen. Der Polizist drehte sich zu seinem Begleiter um. „Gehen Sie zu meinem Kollegen, der soll einen Krankenwagen rufen, wer weiß was hier passiert ist.“
 

Wieder sah der Polizist zu Daniel, ehe er zwei Meter vor ihm in die Hocke ging. „Wie heißt du denn mein Junge? Ich bin Mike, na komm, ich bring dich hier weg, wo ist denn deine Mama?“ Diese Frage lies Daniel zu der Kühltruhe sehen und Mike irritierte diese Reaktion. Doch er stand auf und ging zu dieser herüber, öffnete sie und erschrak. Sofort schloss er die Truhe wieder und hielt seine Hand vor die Nase und Mund. „Heilige...“
 

Er drehte sich weg von Daniel und nahm sein Funkgerät, funkte seinen Kollegen an. „Zu dem Krankenwagen brauchen wir auch einen Leichenwagen... dieser Pawell der hier wohnt... seine Frau und sein Kind sind doch vor ein paar Jahren verschwunden... ich hab beide gefunden“, sagte er in das Gerät und wandte sich wieder Daniel zu. „Der Junge scheint verstört aber nicht verletzt... hol noch einen Psychologen. Die Frau... ich weiß nicht ob er sie umgebracht hat oder nicht, aber sie ist hier, in einer Kühltruhe.“
 

Mike steckte das kleine Gerät weg und kam nun langsam wieder auf Daniel zu, doch dieser war nicht der Ansicht diesen Mann nahe an sich heran lassen zu wollen. „Hey, ganz ruhig... Ich tu dir nichts, na komm, dass war dein Vater oder? Ich lasse nicht zu dass er dir was tut okay? Ich bring dich hier raus...“
 

Daniel war aufgestanden und in eine Ecke des Zimmers geflüchtet. „Und Mama?“, fragte er mit kratziger Stimme nach die Mike stehen bleiben lies. Er sah geschockt zu Daniel, doch schnell wurden seine Züge wieder weicher. „Ja, auch deine Mama bringen wir hier weg... komm, wir holen dir erst Mal was anständiges zum anziehen und du bekommst was zu essen...“
 

Es dauerte mehr als 60 Minuten und sehr viel Geduld bis Daniel sich von Mike an der Hand nach draußen führen lies. Dort wartete bereits ein Krankenwagen auf die beiden.
 

Dies sollte der Anfang eines neuen Lebens für Daniel werden. Doch selbst die übrige Familie, die Schwester seines Vaters mit ihrem Mann und ihren Kindern, wollten den Jungen nicht aufnehmen. Nachdem er durch zwei Vermittlungen immer wieder zurück gekommen war, wurde Daniel in einem Heim untergebracht.
 

Für die Zeit nach seiner Befreiung war Mike ein Gesprächspartner für ihn, der sich sehr um den Jungen sorgte. Bis er ein Jahr später in einem Supermark während eines Überfalls niedergeschossen wurde. Er war als Zivilist dort und hatte Daniel etwas Süßes holen wollen, weil er diesen an diesem Tag besuchen wollte.
 

Seit jenem Tag hielt sich Daniel von Menschen fern, wollte niemanden mehr an sich heran lassen. Einzig sein Psychologe fand einen gewissen Draht zu ihm. Doch alle anderen stieß er permanent von sich, wollte niemanden mehr in Gefahr bringen – denn seiner Meinung nach war er Schuld an allem Unglück dass den Menschen in seiner Umgebung passierte.  

Kleiner Sonnenschein [Richard]

Alter: 22 Jahre

Song zum Kapitel: /
 

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„Na komm, sag „Papa“ Emily!“
 

Richard saß vor seiner kleinen einjährigen Tochter und versuchte seit einer geschlagenen Stunde ihr das Wort Papa zu entlocken. Doch alles was das kleine Mädchen vor sich her brabbelte war Mama. Und von dieser wollte der Mann eigentlich nichts wissen.
 

Auch wenn Tanja die Mutter seiner Tochter war, er würde ihr nie vergessen, wie sie ihn über den Tisch gezogen hatte. Ihm die große Liebe vorspielen, dass sie doch nur ihn wollte, dass sie so gerne heiraten wollte, mit ihm eine Familie. Er hatte einfach mitgespielt, hatte gedacht sie auch zu lieben. Hatte sie geheiratet. Wenig später eröffnete sie ihm dass sie bereits schwanger war. Von ihm – natürlich.
 

Nur zwei Monate später hatte sie ihn über Nacht verlassen. Alles was sie hinterlassen hatte war ein zerrissenes Foto. Und dann folgte das Chaos. Sie hatte ihm einen Anwalt an den Hals gehetzt, der ihm allerhand Dinge vorgeworfen hatte – dass er sie zur Prostitution gezwungen hatte.
 

Wenn man hiervon absah... ja, Richard führte das Bordell unter den wachsamen Augen seines Ziehvater weiter, dass diesem gehört hatte, er sich aber zur Ruhe setzen wollte. Und ja, Tanja war eine Prostituierte gewesen. Aber freiwillig! Nie hatte Richard irgendjemanden gezwungen. Aber natürlich hatte er eingelenkt, hatte Unterhalt gezahlt, dafür dass sie seine Frau war.

Und danach für seine Tochter.
 

Zu Anfang hatte er nichts mehr von diesem Kind wissen wollen. Er hatte es gehasst, immerhin fesselte es ihn an die Frau die ihm das erste Mal das Herz gebrochen hatte. Doch auch das änderte sich. Als er das kleine Bündel sah, welches ihn mit großen Augen angesehen hatte – war es um den gestandenen Mann geschehen. Er hatte sich auf den ersten Blick verliebt.
 

Und seitdem versuchte er so viel Zeit mit seiner Tochter zu verbringen, wie es ihm erlaubt war. Und wie er es zeitlich organisieren konnte.

Und heute war wieder einer dieser Tage. Es war Samstag an dem Wochenende wo er seine Tochter bei sich haben durfte. Und nun saß er hier auf dem Boden. Die kleine Emily vor ihm auf ihrer Krabbeldecke und sah ihn wieder aus diesen großen Augen an.
 

Seufzend lehnte sich Richard gegen die Couch in seinem Rücken. „Das kann doch nicht so schwer sein dir das beizubringen.. na komm schon Emily, Pa-Pa.“ Hoffnungsvoll sah er zu dem Mädchen, doch alles andere schien sie mehr zu interessieren.
 

Aber trotz dessen dass er manchmal nicht sicher war ob er wirklich ein geeigneter Vater war, ob er wirklich bereit war für ein Kind, liebte er seine Tochter über alles. Sie war einfach sein kleiner persönlicher Sonnenschein.  

Would it matter [Daniel]

Trigger Warnung: Selbstverletzendes Verhalten, Suizidgedanken

Alter: 14 Jahre

Song zum Kapitel: Sia – Breath me / Skillet – Would it matter / Papa Roach – Last Resort
 

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Laut erklang das Tropfen des Wasserhahns in seinen Ohren. Langsam drehte Daniel seinen Kopf zum Ursprung des Geräuschs. Er saß auf dem Badewannenrand, konnte von seinem Platz aus direkt hinaus in den Flur sehen. Er war momentan wieder in einer Pflegefamilie. Es war seine letzte Chance auf ein familiäres Leben hatten die Leute vom Jugendamt ihm gesagt. Und er solle sich benehmen. Nichts anstellen, nicht rebellieren. Unausgesprochen hieß dies schlicht und einfach, er sollte nicht komisch, nicht anders sein.

Langsam stand er auf und ging herüber zum Waschbecken. Er erkannte die letzten Spuren des Blutes dass er mit dem Wasser hatte wegspülen wollen. Er legte die Hand auf den Hahn und drehte auf, ließ die letzten Überreste seiner Tat verschwinden. Zumindest die, die andere finden würden.

Unbewusst fuhr er sich über den Unterarm. Er hatte sich bandagiert, damit man es nicht sofort sah dass er sich die feinen Striche abermals aufgekratzt hatte. Aus einem nervösen Tick heraus hatte er damit irgendwann angefangen seine Arme aufzukratzen. Immer und immer wieder. Narben blieben zurück, aber das war genau das was Daniel wollte. Die Narben und vor allem die Schmerzen holten ihn aus seiner Trance, seiner Leere. Zeigten ihm dass er wahrhaftig lebte.
 

Mit schlurfenden Schritten begab sich der Teenager in sein Zimmer. Wie lange es dieses wohl noch sein würde? Er war seit zwei Monaten hier. Doch Zuhause fühlte er sich nicht. Es gab kein Zuhause für ihn, sein Zuhause war er selbst. Und dieses war brüchig.

Daniels Blick ging zur Uhr. Es war halb zwei, sein Pflegevater würde gleich nach Hause kommen. Er arbeitete nur halbtags, holte danach seine kleine Tochter Rika ab und kam nach Hause. Daniel verstand sich nicht mit ihm, er hasste es wenn man ihm den Vater spielte. Mit dem kleinen Mädchen kam er relativ gut klar, sie war gerade drei geworden. Daniel spielte ab und zu mit ihr, wenn seine Pflegemutter sagte „Na wie wäre es wenn du mit deiner Schwester spielst?“ … doch war es richtig das zu sagen? Seine Schwester? Waren das hier seine Mutter und sein Vater? Daniel konnte nüchtern behaupten, nein.

Sie gaben sich Mühe, das wusste er, doch er wollte keine Familie, niemanden der ihm nahestand. Er stürzte sie doch sowieso nur ins Verderben. Doch was hatte er anderes tun können? Das Jugendamt versuchte ihn nun seit mehr als fünf Jahren unterzubringen. Mehr als genügend Familien hatten sich an ihm versucht – und waren gescheitert. Er war eben ein Problemkind, wie man ihm immer wieder sagte. Niemand kam auf längere Zeit mit ihm zurecht. Mit seinen Problemen, seinem Auftreten oder seiner Art. An irgendetwas scheiterte es immer.

Er war nun 14, vor drei Tagen geworden, dies hier war die letzte Familie die ihn aufnehmen würde. Das hatte man ihm schon prophezeit. Er würde wieder ins Heim gehen und dort bleiben bis er alt genug war alleine zu leben. Wenn man ihn fragte, war er das allemal. Aber was machte er sich vor, man entschied über sein Leben. So war es schon immer und so würde es immer sein.

In der Schule war er immer der Außenseiter. Er wurde gemieden, aber es war nicht schlimm, er bereute nicht dass er sich nur schwarz kleidete und somit als „Gothic“ oder „Emo“ oder sonstirgendetwas betitelt wurde. Es war ihm egal, Hauptsache man lies ihn in Ruhe...
 

Daniel legte sich auf sein Bett und sah sich im Zimmer um, es war das alte Gästezimmer der Familie gewesen. Es gab nicht viel persönliches, sein einziger Besitz waren seine Kleider und nun ein MP3-Player den er zum Geburtstag bekommen hatte. Seine jetzige Pflegefamilie war zwar nicht reich, doch sie waren noch weniger arm und so hatten sie ihm am Anfang einige neue Klamotten und ein paar andere Kleinigkeiten gekauft. Ein kleiner Fernseher war auch dabei gewesen.

Daniel verbrachte die meiste Zeit in seinem Zimmer, hörte Musik und zeichnete. Er liebte es zu zeichnen, verbrachte damit wohl mehr Zeit als mit allem anderen. Er zeichnete das, was in ihm vorging. Und manchmal zeichnete er auch einfach die Menschen in seiner Umgebung. Er hatte schon oft die kleine Rika gezeichnet. Mit ihren blonden Locken und den großen blauen Augen und diesem unschuldigen Blick. Sie war noch so jung.. so unschuldig... Und Daniel schmerzte der Gedanke dass er nicht viel älter gewesen war als seine Mutter gestorben war. Er dachte immer noch oft an sie, liebte sie immer noch wie früher. Doch hasste er sie auch irgendwie. Sie hatte ihn allein gelassen, sie wollte ihn beschützen und hatte ihn in die Hölle gebracht... es war verzwickt. Er liebte und hasste sie gleichermaßen.

Unbewusste kratzte er über seinen langen Ärmel.
 

Manchmal fragte Daniel sich was passieren würde, wenn er fort wäre. Wenn er sich einfach das Leben nehmen würde. Schon oft stand er davor, hatte sich auf Bahngleise gestellt und war wieder weg gerannt als er den Zug gehört hatte. Saß auf dem Geländer einer Brücke – manchmal unter ihm ein Fluss, dann eine Autobahn – und kletterte doch wieder auf den sicheren Boden. Er hatte sich auch einmal überlegt sich einfach die Arme aufzukratzen bis es nicht mehr aufhörte zu bluten. Nein, das stimmte nicht. Er hatte es bereits einmal getan. Danach wurde ihm Zwangstherapie in der Klinik verschrieben. Nach einem Jahr war er wieder draußen. Er besuchte immer noch wöchentlich seinen Psychologen der ihm seit damals zur Seite stand, doch es machte alles nicht besser.

Was würde sein wenn er starb? Gab es überhaupt jemanden der um ihn trauern würde?
 

Würde es überhaupt jemanden kümmern ob er lebte oder starb?
 

Bei diesen Gedanken zupfte Daniel wieder die Bandagen von seinem Arm und betrachtete diesen. Leuchtend rot war seine Haut an den Stellen. Sie war wund, es schmerzte, die Kratzer waren jedoch nur oberflächig.
 

Doch tief in ihm spürte er Wunden die nicht so leicht heilen würden, wahrscheinlich nie. Und irgendwann... würde er an diesen Wunden zerbrechen.

Einsam [Henry]

Alter: 15 Jahre
 

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„Henry, hörst du mir zu?!“
 

Henry hob den Kopf und sah zu seinem Vater, Friedrich von Weißenstein, der mit einem grimmigen Blick an seinem Schreibtisch saß und seinen Sohn fixierte. Henry schluckte und senkte den Blick, er wusste wie sehr sein Vater es hasste wenn er nicht zuhörte oder unaufmerksam war. Aber er war zu sehr in Gedanken seit seine Mutter sie einfach ohne ein Wort verlassen hatte. Henry hasste sie dafür. Wieso war sie einfach gegangen? Sie hatte sie beide, ihren Sohn und ihren Mann, einfach im Stich gelassen. Friedrich hatte ihm gesagt sie hatte ihm Geld gestohlen und ihn verlassen. Und das war erst wenige Tage her.
 

Doch sein Vater sah nicht ein dass er eine Pause von seiner Ausbildung brauchte. Und diese war seine Privatschule und nachmittags in der Firma seines Vaters aushelfen. Henry war erst 15 und würde manchmal viel lieber mit seinen Freunden auf Partys gehen und einfach mal ausspannen... doch sein Vater ließ es nicht zu. Er trimmte seinen Sohn bereits seit fast drei Jahren darauf ein Firmenchef zu werden. Nicht dass Henry dies nicht wollte – er wollte es sogar sehr! - aber es war anstrengend...
 

Seine Freunde sah er nur noch in der Schule – wenn er denn nicht Privatunterricht zuhause bekam. Und selbst da fühlte er sich alleine.
 

„Entschuldigung Sir“, sagte er daher gehorsam und hob den Blick wieder.
 

Friedrich seufzte und sah auf die Uhr. „Geh nach Hause, lass dich von Gerhard abholen“, war alles was der ältere Mann sagte, ehe er sich seinem Computer widmete und anfing zu arbeiten. Eigentlich hatte er vorgehabt seinem Sohn einige neue Dinge zu erklären, doch heute war dies wohl unmöglich.
 

„Ja Sir“, sagte der Teenager nur und erhob sich. Geschickt knöpfte er sich das Jacket wieder zu und hob seine Tasche vom Boden. „Bist du zum Abendessen zuhause?“, fragte er dann doch noch nach einem kurzen Zögern.
 

Friedrich wandte den Blick nicht vom Bildschirm ab während er antwortete. „Nein. Wir sehen uns morgen.“
 

Henry nickte nur leicht und ging aus dem Büro seines Vaters. Als er die Tür geschlossen hatte atmete erst einmal tief durch. Viktoria, die Sekretärin seines Vaters, sah zu ihm und lächelte ihm gut zu. „Ist er wieder schlecht gelaunt?“, fragte sie dann nur liebevoll und Henry setzte sich vor ihrem Schreibtisch auf einen der bereitstehenden Stühle. „Ja... ich bin einfach nicht ganz bei der Sache... aber Sie wissen ja wie er ist...“, sagte der junge von Weißenstein und seufzte. Viktoria war eine schon etwas in die Jahre gekommene Frau, doch sehr sehr nett – und sie hatte den Sohn ihres Chefs in ihr Herz geschlossen.
 

„Na komm, zieh nicht so ein Gesicht, alles wird besser, es kann doch nur gut werden“, meinte sie mit einem Lächeln und ihre warme Art lies auch Henry lächeln. „Ja, danke... könnten Sie Gerhard für mich anrufen? Er soll mich abholen.“ Gerhard war der Chauffeur der Familie von Weißenstein. „Natürlich mein Junge, für dich doch immer“, zwinkerte sie ihm zu. „Ihnen einen schönen Feierabend noch Viktoria“, meinte Henry nur, ehe er wieder aufstand und Richtung Fahrstuhl ging.
 

Auf dem Weg nach Unten dachte Henry wieder über sein Leben nach. Er liebte seinen Vater und wollte auch nichts anderes außer in die Firma einzusteigen. Und er wollte seinen Vater stolz machen. Doch dies hing eben mit seiner Leistung zusammen.
 

Aber seit seine Mutter weg war, war Friedrich unausstehlich schlecht gelaunt. Nichts schien die Laune des Mannes zu heben. Weder wenn sein Sohn ihm voller Stolz mitteilte dass er einen Preis für den besten Schüler seiner Schule bekommen hatte, noch wenn er einen Millionengewinn erzielte. Alles blieb gleich.
 

Und Henry versuchte es trotzdem immer wieder. Er gab sich noch mehr Mühe in der Schule, schnitt weiterhin als Klassenbester ab und versuchte auch in der Firma einwandfrei zu arbeiten. Doch es war nicht einfach...
 

Und auch wenn Henry schon immer sehr an seinem Vater gehangen hatte und nur negative Gefühle für seine Mutter übrig hatte... wünschte er sich gerade nichts mehr als dass seine Mutter wieder da wäre und ihn einfach in den Arm nahm.
 

Er fühlte sich einsam und verlassen.  

Der erste Schritt [Logan]

Alter: 12 Jahre
 

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Mit einer innerlichen Zufriedenheit sah Logan auf das Blut auf seinen Händen. Er hatte soeben einen Mann mit einem Messer erstochen. Auf Geheiß seines vielleicht baldigen Captains Javier. Dieser stand einige Meter hinter ihm, an eine Wand der kleinen, dunklen Gasse gelehnt, mit verschränkten Armen und sah zu ihm.
 

Mit einem Grinsen drehte sich Logan zu ihm herum. „Und?!“, fragte der 12-Jährige zu dem rothaarigen Piraten und sah diesen erwartungsvoll an.
 

Eigentlich hatte Javier nicht gedacht dass der Junge wirklich so weit gehen würde. Doch er hatte ohne Wenn und Aber den Befehl durchgeführt. Ohne Skrupel. Javier hatte schon als er ihn das erste Mal gesehen hatte – als er dreist und frech einfach auf sein Schiff gekommen war – gesehen dass in diesem Jungen viel mehr steckte als andere vielleicht sahen.
 

Ohne sich etwas anmerken zu lassen stieß sich Javier von der Wand ab und ging an Logan vorbei auf den am Boden liegenden Mann zu. Hier in Kuba würde es nicht so sehr auffallen wenn einfach jemand umkam. Vor allem nicht wenn er sich mit Piraten angelegt hatte. Und dieser Mann hatte die Geduld Javiers eindeutig zu lange strapaziert.
 

Der Rothaarige lies sich neben dem Toten in die Hocke gleiten und durchsuchte dessen Taschen. Als er gefunden hatte was er gesucht hatte – seine Geldbörse – erhob er sich wieder. Javier zog die Scheine aus dem Geldbeutel und schmiss diesen anschließend wieder auf den Toten. Die Scheine steckte er sich einfach in die Hosentasche.
 

Neben ihm platzte Logan fast vor Anspannung. Er hatte bereits einmal versucht auf einem Piratenschiff anzuheuern. Diese hatten ihm versprochen, ihn mitzunehmen – und dieses Versprechen dann doch gebrochen, weil er ihrer Ansicht nach zu jung gewesen war. Das war vor einem Jahr. Nun war er älter, er hatte an seiner Statur gearbeitet, hatte sich fit gehalten. Er hatte an seinen diebischen Fähigkeiten gefeilt. Und dann hatte er es bei einer anderen Crew versucht. Javiers Crew.
 

Diese, oder eher Javier selbst, hatte ihm eine Aufgabe gegeben, die ihn dazu berechtigen sollte Mitglied seiner Crew zu werden. Ein Mord an einem Mann der ihnen Geld schuldete. Logan hatte ohne zu zögern akzeptiert.
 

Vorsichtshalber war Javier mitgekommen, hatte den Mann in die Gasse gedrängt und dann Logan das Ruder überlassen. Dieser hatte mit einem Messer dass er seiner Mutter gestohlen hatte nicht lange gezögert und hatte es diesem nach einem kurzen Handgerangel in die Seite gestoßen. Logan selbst hatte Schmerzen in seiner linken Gesichtshälfte, da hatte der andere ihn mit der Faust getroffen. Doch es war dem Jungen egal. Er hatte die Aufgabe bestanden. Und Javier würde ihn mitnehmen!
 

Javier selbst sah nun zu Logan und schwieg. Wortlos nahm er dem Jungen das Messer aus den Händen und betrachtete es. „Ein einfaches Küchenmesser“, stellte er nüchtern fest. Logan zog die Augenbrauen zusammen und verstand nicht was der andere ihm damit sagen wollte.
 

Der Pirat grinste mit einem Mal und wandte den Blick wieder dem Jungen zu. „Einfach, aber effektiv! Bin gespannt was du mit einer richtigen Waffe anrichten kannst!“, erklärte er dann nur. „Wir legen morgen Früh ab, am besten du packst deine Sachen und kommst gleich heute noch aufs Schiff. Ich kümmer mich hier um den Rest. Los, bevor ichs mir anders überlege Junge!“
 

Und Logans Herz setzte einen Schlag aus, ehe es anfing zu rasen. Javier war zufrieden. Er würde ihn mitnehmen. Er nickte mit dem breitesten Grinsen dass er zustande bringen konnte und wischte sich kurz die Hände an seiner Hose ab, ehe er Richtung Hauptstraße ging. „Danke! Ich beeile mich!“, rief er dem anderen noch zu, ehe er sich auf den Weg nach Hause machte.
 

Logan achtete darauf dass weder seine Schwester noch seine Mutter mitbekamen wie er ins Haus kam, sich schnell eine Tasche schnappte und seine Sachen hineinstopfte und schnell wie er gekommen war, wieder verschwand.
 

Alles was er hinterließ war ein kleiner Zettel auf dem Kopfkissen seiner Schwester.
 

Ich wollte mich nicht verabschieden,

aber wenn ich zurück komme bin ich ein Pirat!

Logan

Die erste große Liebe [Megan]

Alter: 12 Jahre
 

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Mit gerunzelter Stirn stand Megan vor dem Spiegel. Sie betrachtete sich von allen Seiten und ließ dann ein Seufzen über ihre Lippen gleiten. Es war zum verrückt werden! Von sich selbst genervt, kniff sie sich mit Zeigefinger und Daumen in die Seite.
 

Angewidert zog sie das Top wieder über ihre Hüfte und warf sich auf ihr Bett. Sie empfand sich nicht als dick - was sie auch nicht war, ganz im Gegenteil - aber wenn es nach ihr selbst gehen würde, würde hier und da schon noch etwas weniger sein und sie besser aussehen. Megan empfand ihre Oberschenkel zu dick, ihre Hüfte zu breit und mit viel zu viel “Babyspeck”, wie ihre Mutter es nannte, gesegnet. Das einzige, was Megan an ihrem Körper mochte, waren ihre langen Beine und der flache Bauch.
 

Auf dem Bauch liegend griff die Teenagerin missmutig nach ihrem Handy wischte einmal darüber, um die Sperre aufzuheben.
 

Mit schnellen Fingern öffnete sie die App und seufzte auf, als sie erkannte, dass [style type="italic"]er[/style] ihr noch immer nicht geantwortet hatte. War er etwa schon genervt von ihr? Megan biss sich auf ihre Unterlippe und überlegte. Er war online gewesen, das hatte sie gesehen. Aber er antwortete ihr nun schon seit gestern Abend nicht mehr. Gut, es war erst kurz nach Mittag, an einem Samstag, aber trotzdem!
 

Megan hatte ihn auf einer Party ihrer besten Freundin kennengelernt. Er war vier Jahre älter als sie, ein Freund des großen Bruders ihrer besten Freundin, und sah so verdammt gut aus! Und außerdem hatte er dieses Bad-Boy-Image, auf das Megan so verdammt abfuhr. Er hatte sie angesprochen und schnell waren die Handynummern ausgetauscht. Das war jetzt drei Wochen her. Sie hatten täglich miteinander geschrieben und Tag für Tag schwärmte Megan mehr für ihn.
 

Aber jetzt antwortete er einfach nicht mehr.
 

Einer Eingebung folgend setzte sich Megan auf und entledigte sich ihres Tops. Sie betrachtete ihren Busen und seufzte abermals frustriert auf. Wieso waren ihre Brüste nur so klein? Gut, sie hatte ein ordentliches A-Körbchen oder ein kleines B, aber wieso nicht mehr? Ihre Freundinnen hatten teilweise so viel mehr zu bieten, als sie selbst, sodass sie nur bedingt die Aufmerksamkeit der Männerwelt auf sich zog.
 

“Das wird schon klappen”, sprach Megan sich selbst zu und stand auf. Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und fing an, ihre Oberweite mit Make-Up zu betonen, damit sie größer wirkte. Hier und da etwas heller, an anderen Stellen dunkler um mehr Schatten und damit auch mehr Fülle darzustellen. Zufrieden besah sich Megan das Ergebnis. Ja, damit konnte sie leben.
 

Lächelnd legte sich Megan auf ihr Bett, entledigte sich schnell ihrer Unterwäsche und positionierte die Bettdecke so, dass gerade so ihr Schambereich bedeckt war. Ihre linke Hand legte Megan auf ihren bloßen Busen und umfasste ihn sachte, wobei sie mit ihrem Zeigefinger neckisch ihren Nippel antippte, während sie ihren anderen Arm ausstreckte und mit dem Smartphone ein Foto machte.
 

Schnell nahm sie sich das Telefon wieder näher an ihr Gesicht und betrachtete das Foto. Ganz zufrieden war sie nicht mit dem Ergebnis, also folgten noch einige andere Fotos.
 

Als endlich das perfekte Bild entstanden war, wurde dieses mit einem Filter überzogen und anschließend mit den Worten ‘Vielleicht bringt dich das ja zum reden…” und einem heftig klopfenden Herzen verschickt. Sie schämte sich nicht, sich so zu zeigen. Ein Foto zu verschicken war aber etwas anders. Die Aufregung beflügelte Megan und ließ sie die Tat nicht bereuen. Schon öfter hatte sie Bilder an ihn verschickt, in denen sie in BH und Tanga für ihn posiert hatte, nur nie vollkommen nackt.
 

Ihre Freundinnen hätten sich das sicherlich nicht getraut! Grinsend zog Megan sich wieder ihren Slip und das Top an und setzte sich an das Kopfende des Bettes, lehnte sich dabei an die Wand und wartete gespannt. Jetzt würde er ihr sicher antworten!
 

Sie behielt Recht. Nur knapp fünf Minuten später bekam sie eine Nachricht von ihrem Freund. Sie hatten nie festgelegt, dass sie zusammen waren, aber Megan ging davon aus.
 

‘Wow, du bist so heiß Babe… lass uns heute Abend bei mir treffen. Ich führe dich aus und danach zeige ich dir mal wie verrückt du mich machst… Ich weiß, dass du noch nicht wolltest, aber Baby, ich will es endlich mit dir tun… sorry, dass ich dir nicht geantwortet habe, dafür entschuldige ich mich heute Abend richtig bei dir. Du wirst es nicht bereuen, dann schreist du meinen Namen die ganze Nacht!’
 

Grinsend biss Megan sich auf die Unterlippe kicherte. Sollte sie es wagen? Noch hatte sie diesen Schritt nicht gewagt. Aber sie vertraute ihm. Erst vor kurzem hatte sie mit ihren Freundinnen darüber gesprochen. Keine von ihnen hatte bereits ihr erstes Mal erlebt.
 

Und überhaupt, hatte sie eine andere Wahl? Konnte sie ihn ablehnen, wenn sie nicht wollte? Würde er sich dann nicht woanders holen, wonach es ihm verlangte? Sie wollte ihn nicht verlieren.
 

Am Abend machte sich Megan mit klopfendem Herzen auf dem Weg. Sie hatte ihren Eltern erzählt, sie würde bei einer Freundin, Jenny, schlafen. Noch während sie auf dem Weg zu ihm war, stellte sie in Frage, ob das die richtige Entscheidung wäre. Doch sie wollte, dass er bei ihr blieb, also musste sie über ihren Schatten springen.

Not my life [Joana]

Mit zitternden Fingern stand Joana in der kleinen Wohnung und sah aus dem Fenster. Es war mitten in der Nacht, doch schlafen konnte sie nicht. Im Bett hinter ihr lag ihr Freund, Jayson, und schlief seelenruhig. Joana wusste, dass es nicht kalt in der Wohnung war, aber trotzdem fror sie unheimlich. Als würde sich die Kälte von innen nach außen fressen.
 

Die Decke um ihre Schultern geschlungen schritt die junge Frau aus dem Schlafzimmer. Mit gemischten Gefühlen wanderte sie durch die Wohnung, setzte sich schließlich im Wohnzimmer auf die Couch und sah vor sich her.
 

Sie war einfach nur unglücklich mit ihrem Leben. Sie hatte einen Partner, den sie zwar liebte, aber irgendetwas fehlte ihr in dieser Beziehung. Dazu hatte sie weder einen Job, noch einen annehmbaren Schulabschluss. Sie war ja nicht dumm, aber in der Schulzeit war ihr so vieles wichtiger gewesen als lernen.
 

Und dann war da noch das Baby.
 

Seit vier Monaten war Joana Mutter eines kleinen Jungen, doch sie fühlte sich nicht als solche. Die Zeugung dieses Kindes war ein Unfall gewesen. Nach einer langen Partynacht hatten sie einfach das Kondom vergessen. Als Joana es bemerkt hatte, war es bereits zu spät gewesen.
 

Jayson hatte sich gefreut, zumindest nach dem ersten Schock. Sie selbst hingegen war während der ganzen Schwangerschaft nicht überzeugt gewesen, dass sie eine Mutter sein wollte. Sie konnte es sich nicht vorstellen. Und außerdem wollte sie nicht tagein tagaus nur Hausfrau sein. Jeden Tag Windeln wechseln, putzen, kochen; Das war nicht ihre Welt. Und irgendwann würde sie vielleicht ein weiteres Mal schwanger werden und der Kreis von neuem beginnen.
 

Sie wollte Dinge erleben, Risiken eingehen, die Welt sehen, geliebt werden!
 

Doch selbst das war wohl zu viel verlangt. Seit der Mitte ihrer Schwangerschaft hatten sie keinen Sex mehr gehabt und Joana war jemand, der sich gerne dieser Beschäftigung hingab. Selbst nach der Geburt hatte sich nichts geändert, egal wie oft sie es versucht hatte. Jayson hatte immer abgeblockt.
 

Immer wieder hatte sie abgewogen, hatte sich Lösungen überlegt. Aber es änderte sich nichts. Es gab einfach keinen anderen Weg.
 

Mit einem Rascheln ließ Joana die Decke auf die Couch gleiten und stand wieder auf. Sie konnte und wollte so nicht mehr. Und wenn sie wieder glücklich sein wollte, blieb ihr nur eines übrig: Gehen.
 

Mit leisen Schritten bewegte sich Joana durch die Wohnung, griff sich einen Koffer und fing an, ihre liebsten Sachen einzupacken. Schnell hatte sie das Wichtigste aus der ganzen Wohnung beisammen und verstaute alles in dem Koffer und einer Sporttasche. Kleidung, Schuhe, Kosmetika, ihre Wertsachen und etwas Geld. Keinerlei Andenken, etwa Fotos, würde sie mitnehmen. Sie würde neu anfangen, da brauchte sie nicht all zu viel. Und ein Neuanfang sollte ohne irgendwelche Altlasten passieren.
 

Noch während sie die Sachen verstaute, kamen Glücksgefühle in ihr hoch. Genau solche, die sie seit Langem vermisst hatte. Endlich würde sie diesem Teufelskreis entkommen!
 

Das Herz schlug ihr bis zum Hals und ein Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus, während sie sich anzog und ihre Handtasche packte. Ohne ein Gefühl der Traurigkeit zu empfinden, legte sie die Schlüssel zur Wohnung auf den Tisch, ebenso wie den silbernen Ring, den sie am Finger trug. Ja, sie hatten heiraten wollen, doch wenn Joana jetzt schon unglücklich war, würde eine Ehe sie ebenso nicht glücklich machen.
 

Schnell zog sie sich Jacke und Schuhe an und nahm ihr Gepäck. Joana sah noch einmal ins Schlafzimmer und lächelte. Er würde jemand anderen finden, da war sie sich sicher. Ihr Blick glitt zu dem kleinen Kinderbett. Ja, das war die beste Entscheidung. Das hier war nicht ihr Leben.
 

Vorsichtig schloss die junge Frau die Tür hinter sich und es fühlte sich an wie eine Wiedergeburt. Sie würde sich ein neues Leben aufbauen. Es würde Zeit brauchen, das wusste sie, und auch auf Tiefen machte sie sich gefasst. Aber wenn man neu anfangen wollte, dann musste man Risiken eingehen.
 

Die kalte Novemberluft blies Joana ins Gesicht, als sie aus dem Haus trat. Ohne zurückzublicken machte sie sich auf den Weg zum Bahnhof. Sie würde den nächsten Schnellzug nehmen, egal wohin er führen würde.
 

Abenteuerlust packte Joana, als sie das Ticket kaufte und in den Zug stieg. Kein Blick zurück, keine Traurigkeit und vor allem keine Reue.

Schicksalsschlag [Jonas]

Die wenigen Wochen nach dem verheerenden Unfall in Jonas’ Leben verliefen unglaublich schnell.
 

Seine Mutter war mit ihm und seiner Zwillingsschwester Jennifer von der Schule nach Hause gefahren. Jonas verstand nicht, was genau passiert war. Er wusste nur, dass es auf einmal einen lauten Knall gegeben hatte - anschließend hatte sich das Auto mehrmals überschlagen. Dann folgte Schwärze. Erst grelles Licht und mehrere Stimmen um ihn herum, ließen ihn aus seiner Trance erwachen.
 

Aus Filmen wusste Jonas, dass er im Krankenhaus war. Er lag auf einer fahrbaren Trage und hatte eine Atemmaske auf seinem Gesicht. Alles schmerzte. Kein Stück seines kleinen Körpers tat nicht weh. Und ohne, dass er es wollte, driftete er wieder ab. Einzelne Worte blieben ihm selbst jetzt im Kopf.
 

“... seine Mutter … zu spät … Jennifer auch nicht … armer Junge … “
 

Erst nach mehreren Tagen wachte Jonas wieder auf. Sein Bein war fixiert und ein dicker Verband war um seinen Oberkörper geschlungen. Sein Kiefer schmerzte und als er die Hand hob und tastete, spürte er auch in seinem Gesicht Pflaster.
 

Sein Vater kam nicht. Jonas wusste, ohne groß darüber nachzudenken, dass seine Schwester, sowie seine Mutter, diesen Unfall nicht überlebt hatten. Niemand musste es ihm sagen. Vor seinem inneren Auge konnte er Bilder sehen, an die er sich nicht klar erinnern konnte.
 

Der Wagen, seitlich auf der Straße liegend, seine Mutter, leblos, halb im, halb aus dem Seitenfenster und somit teilweise vom Auto eingequetscht. Seine Schwester war nicht mehr im Auto. Sie lag einige Meter weiter auf der Straße, ihre Beine unmenschlich verdreht.
 

Diese Bilder, diese… Erinnerungen verfolgten ihn, vor allem Nachts. Manchmal war er so weit, dass eine Krankenschwester ihm Beruhigungsmittel verabreichen musste. Sonst hätte er nicht aufgehört zu schreien.
 

Tagsüber lag der Junge einfach da und sah teilnahmslos in den kleinen Fernseher an seinem Bett. Auch wenn seine liebste Serie lief, schaffte er es nicht, sich aufzurappeln und ihr wirklich zu folgen. Die Krankenschwester verfolgte das Ganze mit tiefer Sorge.
 

Selbst nach über einer Woche erschien sein Vater noch nicht. Jonas kümmerte sich nicht darum. Sein Vater mochte ihn nicht, das war kein Geheimnis. Er hatte seine Schwester geliebt. Jonas hatte sie aber auch beneidet. Im Gegensatz zu ihm, war sie der Schatz ihres Vaters gewesen. Jonas wusste nicht einmal, wieso.
 

Seine Mutter war anders gewesen. Sie hatte sie gleich behandelt. Immer, wenn er daran dachte, dass sie nicht mehr da war, stiegen ihm Tränen in die Augen. Aber er traute sich erst dann zu weinen, wenn er Abends alleine im Zimmer war. Seine Mutter war nicht mehr da um ihn zu trösten, also durfte er nicht weinen. Immer konnte er es nicht zurückhalten.
 

Nach drei Wochen durfte er nach Hause. Das war das erste Mal, dass Jonas ihn, seinen Vater, seit dem Unfall sah. Unliebsam, so wie er eben war, füllte er die Formulare aus - und überging dabei bewusst die Kommentare und Fragen der Krankenschwester, warum er erst jetzt hier auftauchte. Die Autofahrt verlief ebenso stumm und selbst, als Jonas hinter seinem Vater die Wohnung betrat, bekam der Junge keinerlei Aufmerksamkeit.
 

Der Geruch von Alkohol stieg Jonas in die Nase, nicht wissend, dass er diesen Geruch in den nächsten Jahren besser kennenlernen würde, als alles andere.

Verantwortung und Unterstützung [Henry]

Als Henry aus dem Fenster der Limousine sah, kam ihm nur der Gedanke, wie passend doch das Wetter war. Es regnete und er kam gerade vom Friedhof. Mit einem Seufzen lehnte er seinen Kopf gegen die Kopfstütze und schloss die Augen.
 

“Alles in Ordnung, Herr von Weißenstein? Soll ich einen Umweg fahren?”, erklang eine Stimme von vorne.
 

Henry öffnete die Augen und sah zu seinem Chauffeur. “Nein, alles in Ordnung. Fahren Sie weiter.”
 

Seit drei Tagen war Henry fast ununterbrochen auf den Beinen. Die wenige Zeit, die er schlief, war meistens dann, wenn er im Auto saß und irgendwo hingefahren wurde. Manchmal machte sein Chauffeur absichtlich Umwege, damit Henry ein paar Minuten länger Zeit hatte, Ruhe zu finden.
 

Heute, vor nicht gerade einmal einer Stunde, hatte er seinen Vater zu Grabe getragen. Friedrich von Weißenstein war im Alter von 58 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben. Und gerade jetzt war der Sohn dieses großen Geschäftsmannes heillos überfordert mit allem, das auf ihn zukam. Seit dem Tod seines Vaters vor nicht einmal einer Woche war das große Chaos in der Firma ausgebrochen. Die Partner sprangen ab, aus Sorge, dieser ‘Grünschnabel ohne Ahnung’ würde die Firma zu Grunde richten.
 

Schnaubend betrachtete Henry die Regentropfen auf der Fensterscheibe. Als ob er das Andenken seines Vaters so beschmutzen würde. Er wurde seit Jahren auf diesen Moment vorbereitet.
 

Und doch machte Henry sich Sorgen, ob er dem wirklich gewachsen war. Er sollte ein Imperium leiten. Nicht nur ein kleines Geschäft, nein, durch seine Hände würden Millionen und Milliarden fließen und tausende Jobs hingen mit seinem Erfolg zusammen. Würde Henry scheitern, würden Familien plötzlich ohne Einkommen dastehen. Die Verantwortung, die plötzlich auf seinen Schultern lastete, erdrückte ihn fast. Ein Kloß bildete sich in Henrys Hals und schnell hatte er das Fenster etwas herunterfahren lassen, damit ihm frische Luft ins Gesicht preschen konnte.
 

Nach einigen Atemzügen verschwand der Druck auf seinen Lungen wieder und Henry schloss das Fenster. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er noch zwei Stunden Zeit hatte, ehe er die Gedenkfeier eröffnen sollte. Als einziger verbliebener Verwandter war es an ihm, alles zu organisieren, die Beerdigung zu managen und auch jede Beileidsbekundung ertragen.
 

“Wir sind da.”
 

Henry schreckte auf und sag sich desorientiert um. Sie standen bereits in der Tiefgarage des Hauptsitzes der Weißenstein Industries. Müde rieb sich Henry über die Augen. “Ich bin eingenickt…Wie lange stehen wir schon hier?”
 

“Eine gute Stunde”, wurde dem jungen Geschäftsmann erklärt, was ihn zum schmunzeln brachte.
 

“Ich danke Ihnen , Gerhard.”
 

Auch wenn Henry sich immer noch gerädert fühlte, stieg er entschlossen aus dem Auto und verabschiedete sich fürs erste von seinem Chauffeur. Nachdem Henry die Garage verlassen hatte, wurde ihm mit einem Nicken bereits die Tür geöffnet. Er wurde erwartet. Die Sekretärin seines Vaters - nein, nun war sie seine - empfing ihn.
 

“Henry, ich weiß dass du viel zu tun hast, aber für diese Verträge brauche ich dringend deine Unterschrift.” Viktoria war bereits vor Jahren immer nett zu ihm gewesen und als er dann als neuer Vorsitzender und Geschäftsführer eintrat, hatte er ihr verboten, ihn nun mit ‘Herr von Weißenstein’ anzusprechen, da sie es seit Jahren nicht tat. Er empfand es als nicht richtig.
 

Ohne wirklich darauf zu achten, was genau er unterschrieb, setzte Henry seine Unterschrift, während sie mit dem Fahrstuhl in die oberen Etagen fuhren.
 

“Sehr gut. Komm her, wie siehst du denn aus?!” Viktoria fing an, an seiner Krawatte herumzunesteln und seine Frisur zu richten. “Du solltest eigentlich alt genug sein, mal ordentlich auszusehen, meinst du nicht?” Sie nahm seine Hände und drückte sie kurz. “Du schaffst das. Keiner wäre dem so gewachsen wie du.” Henry lächelte ihr dankbar zu. Es tat gut, dies zu hören.
 

“Ich gebe mir Mühe, das Imperium, dass meine Familie aufgebaut hat, nicht untergehen zu lassen.” Entschlossen trat Henry aus dem Fahrstuhl. Er wollte dieser Verantwortung gerecht werden, auch wenn er sein eigenes Wohl dabei hinten anstellen musste.

Feuer gegen Feuer [Megan]

Es war ein warmer Sommertag, als Megan ihren Freund besuchte. Sie wollte ihn überraschen und hatte sich deswegen auch nicht angekündigt. Nachdem sie seine Mutter begrüßt hatte, ging sie zu seinem Zimmer.
 

Irgendetwas war komisch.
 

Vor der Tür blieb sie stehen und lauschte. Aus dem Zimmer drangen Geräusche, die dort nichts zu suchen hatten! Abermals erklang das Stöhnen einer Frau. Megan war es genug. Wütend riss sie die Tür auf. Kyle, ihr Freund, kniete zwischen gespreizten Beinen eines Mädchens und hatte seinen Kopf auf dessen Brüste gesenkt.
 

“Du Arschloch!”
 

Durch den plötzlichen Ausruf fuhr Kyle herum und seine Augen weiteten sich erschrocken, als er sich der Situation bewusst wurde. Dass er gerade dabei war seine Freundin zu betrügen und diese in der offenen Tür stand und ihn wütend ansah… Gedanklich ärgerte er sich darüber, die Tür nicht abgeschlossen zu haben.
 

“Megan… ähm, ich…” Er wollte zu irgendeiner Ausrede ausholen, doch Megan wandte sich schon um. Wütend stürmte sie aus der Wohnung ihres nunmehrigen Ex-Freundes. Dieser Mistkerl hatte sie wirklich betrogen! Schon wieder! Es war bereits das dritte Mal und nun wollte Megan es ihm heimzahlen. Sie würde es ihm gleich tun. Feuer bekämpfte man mit Feuer!
 

Und sie wusste genau wie. Wenn Kyle es darauf anlegte, würde sie ihm schon zeigen, dass sie jeden haben konnte und nicht auf ihn angewiesen war. Sie würde gleich mit seinem besten Freund Sam anfangen. Immerhin wusste Megan, dass er schon eine ganze Weile auf sie stand.
 

Schnell holte Megan ihr Telefon aus ihrer Tasche und tippte eine kurze Nachricht.
 

‘Ich brauche dich! Kyle ist ein Arsch!’ Das war alles, was sie schrieb. Sie sendete die Nachricht ab. Wie erwartet kam noch wenigen Minuten die Antwort. Sie könne gerne vorbeikommen, wenn sie jemanden zum Reden brauche. Megan schnaubte. Sie würde sicherlich nicht nur mit ihm reden.
 

Nun etwas besser gestimmt, machte sich der Teenager auf dem Weg zu ihrem Ziel. Dort angekommen folgte das normale Geplänkel. Megan ließ sich ausführlich darüber aus, was für ein Idiot Kyle doch sei.
 

Mittlerweile hatte Megan weniger Probleme, ihren Körper zu akzeptieren. Sie mochte ihre gewachsenen Kurven und brachte diese mit tiefen Ausschnitten und kurzen Röcken oder Hosen zur Geltung. Genau das half ihr jetzt. Immer wieder sah Sam auf ihre Oberweite und als sich Megan dann auf sein Bett warf und ihr Rock, der bis knapp über die Knie ging, nach oben rutschte, konnte sie ihn schwer schlucken sehen. Dann dauerte es nicht lange, ehe er sich neben sie legte.
 

Megan rollte sich auf die Seite und sah zu Sam hoch. Schnell rückte sie gegen den anderen Körper und umarmte ihn.
 

“Ich brauch das jetzt einfach…”, flüsterte sie noch, ehe sie eine Hand in seinen Nacken legte, ihn nach unten zog und küsste. Da war ein Zögern, aber als Megan sich auf den Rücken rollte und ihn mit sich zog, war es schon verschwunden.
 

Schnell war da eine Hand an ihrem Oberschenkel, die den Rock noch höher schob. Sie wollte nicht untätig sein und legte ohne große Umschweife ihre Hand auf seine Mitte. Der Kuss wurde immer leidenschaftlicher.
 

Sam löste sich von ihr und sah auf sie herab. “Bist du dir sicher?”
 

Megan lächelte und schob seine Hand nun zwischen ihre Beine. “Ich bin mir verdammt sicher.” Damit hatte sie ihn.
 

Eine Stunde später verließ Megan das Haus. Sie war zufrieden mit ihrer Tat, würde ihm schon zeigen, dass sie alle haben konnte und sicher nicht auf ihn angewiesen war. Sie war definitiv kein unschuldiges Ding, das sich nicht zu wehren wusste. Angriff war eben die beste Verteidigung.

Vaterfigur [Richard]

Als wäre es das Normalste, das es auf der Welt gibt, schlenderte der Teenager auf die Tür des Gebäudes zu, dessen rot erleuchtete Fenster die eindeutige Absicht erkennen ließen. Und für ihn selbst war es selbstverständlich, diesen Laden, dieses Bordell zu betreten. Auch mit gerade einmal 15 Jahren.
 

Es war kurz nach 18 Uhr und das Geschäft war schon seit den Mittagsstunden geöffnet. Richard schritt die drei Stufen zur Tür hinauf und öffnete sie. Dann durchschritt er den Vorhang, der das Innere des Gebäudes vor neugierigen Blicken schützte. Sofort sah ein Mann, der neben dem Eingang auf einem Hocker saß, auf.
 

“Ach du bist es. Dachte schon, es will schon wieder so ein kleiner Bengel rein…”
 

Richard grinste. “Jeden anderen hättest du aber auch rausgeworfen.” Er gab dem Türsteher höflich die Hand, dann ging er durch den Vorbereich, direkt zur Bar.
 

Der Barkeeper war gerade dabei, einen Kunden zu bedienen. Richard ließ sich auf einem der Hocker nieder und sah durch den Raum. Im hinteren Bereich sah man ein paar gemütliche Sofas, auf denen vereinzelt Kunden saßen und sich mit ein paar der weiblichen Angestellten unterhielten - oder sich von diesen verführen ließen.
 

Rechts führte eine Tür zu den verschiedenen Zimmern, in denen sich die Frauen mit ihren Kunden zurückzogen, wenn es an die… Dienstleistung ging. Eine Tür neben der Bar führte zu den Mitarbeiterräumen: Umkleide und Dusche, Lagerraum, Aufenthaltsraum und Büro des Chefs. Richard würde nicht dort warten, bis man Zeit für ihn hatte. Er blieb lieber hier an der Bar.
 

Wie aufs Stichwort erschien der Barkeeper vor ihm.
 

“Na Richard, du auch wieder hier?” Ein Glas mit Cola wurde ihm hingestellt.
 

“Du könntest mir auch mal was Anständiges geben. Ich würde auch zahlen, ehrlich!” Richard verzog etwas beleidigt das Gesicht.
 

“Nein nein nein, dann bekomm ich Ärger vom Boss, weißt du doch.”
 

Richard verdrehte die Augen. “Spaßbremse”, murmelte er vor sich her und griff nach dem kühlen Glas. Nachdem er einen Schluck genommen hatte, stellte er das Glas wieder ab und betrachtete seinen Gegenüber abwartend. Da keine weitere Aussage folgte, seufzte Richard genervt auf.
 

“Man, Jayson! Du weißt, was ich wissen will! Also, kann ich zu ihm oder ist er beschäftigt?”
 

Die Ungeduld brachte den Barkeeper zum Lachen. “Ich zieh dich nur gerne auf. Außerdem hast du nicht gefragt, zu wem du willst.”
 

Wieder ein Augenrollen des Teenagers. “Ich weiß, wann sie arbeitet. Nur nicht, wann ihr Boss es tut. Also?”
 

Jayson schmunzelte noch einmal und deutete mit einem Kopfnicken zur Mitarbeitertür. “Geh schon, er hat sich verschanzt und will arbeiten, aber dich lässt er doch immer rein.”
 

Mit seinem Glas in der Hand erhob Richard sich von der Bar. Er bedankte sich bei Mike, dann schritt er durch die Tür mit der Aufschrift ‘Zutritt nur für Mitarbeiter’.
 

Das typisch rote Licht verschwand und ein weißer Flur erstreckte sich vor Richard. Kurz warf er einen Blick in den kleinen Aufenthaltsraum und winkte den beiden Frauen zu, die sich dort auf einer Couch tummelten.
 

Schließlich war er an seinem Ziel angekommen und klopfte gegen die Tür. Kurz danach hörte er die vertraute Stimme, die ihn hereinrief.
 

Der Teenager öffnete die Tür und sah zu dem Mann hinter dem Schreibtisch. Dieser hob seinen Kopf und fing sofort an zu lächeln.
 

“Richard mein Kleiner, was machst du denn hier? Willst du deine Mutter abholen?” Er erhob sich, um den Jungen kurz in den Arm zu nehmen.
 

“Nein deswegen bin ich nicht hier. Darf ich dich nicht mal einfach so besuchen, Ben?” Richard ließ sich auf eine kleine Couch an der Wand fallen.
 

Ben, der eigentlich Benjamin hieß, setzte sich mit einem Schmunzeln neben den Teenager und sah ihn auffordernd an. “Du kommst aber kaum her, ohne dass du irgendeinen Grund hast. Also, raus mit der Sprache.”
 

Kurz zögerte Richard, dann zog er aus seinem Rucksack einen Hefter.
 

Ben nickte wissend. “Gib her. Ich schaus mir mal an. Mathe oder?”
 

Richard nickte nur und überreichte dem Mann seine Hausaufgaben.
 

Immer, wenn er Probleme in der Schule hatte, kam er zu Ben. Er kannte ihn bereits, seit er klein war und für ihn war Ben wie ein großer Bruder. Oder eher wie ein Vater. Richard kannte seinen eigenen nicht einmal. Seine Mutter hatte ihm den Namen nie verraten, auch wenn er ihr übel nahm, dass sie ihn verheimlichte. Auf Ben aber konnte er sich verlassen, egal in welcher Situation.

Auch nur ein Sohn [Henry]

Entschlossen trat Henry aus dem Fahrstuhl, Viktoria folgte ihm. Sie lächelte stolz. Aus dem kleinen Jungen, den sie, seit er zur Schule ging, kannte, war mittlerweile ein ansehnlicher junger Mann geworden. Würde Friedrich noch leben, würde er sicher auch auf seine Art Stolz für seinen Sohn empfinden. Sie hoffte es zumindest.
 

Nach wenigen Schritten blieb Viktoria bei der großen Glastür stehen und lächelte Henry noch einmal kurz zu. Ab hier musste er den Weg alleine gehen.
 

Henry atmete noch einmal tief durch, ehe er sich in den großen Saal begab, in dem die Trauerfeier stattfinden würde. Als die ersten Personen ihn bemerkten, hagelte es Mitleidsbekundungen. Höflich hörte Henry jeden der Anwesenden an, schüttelte Hände und bedankte sich für ihre Worte.
 

Es war für ihn überraschend einfach, diese oberflächlichen Gespräche zu führen. Er tat das, was man von ihm erwartete und musste sich auch nicht allzu lange mit einer Person befassen, ehe er auch schon zur nächsten ging.
 

Schließlich war es soweit. Henry verabschiedete sich mit einem Händedruck von einem Geschäftspartner der Firma und machte sich auf den Weg zu der kleinen Bühne. Auch wenn er diese Rede immer und immer wieder gedanklich durchgegangen war, fühlte es sich komisch und befremdlich an, nun vor diesem ganzen Menschen zu sprechen. Er hatte keine Angst davor, die hatte er nie gehabt. Aber hier ging es nicht um die Vorstellung eines neuen Geschäftsmodells, sondern um eine Person. Um seinen Vater.
 

Henry stellte sich an den Pult und das Licht wurde gedimmt. Sofort waren alle Augen auf ihn gerichtet. Er atmete tief durch.
 

“Guten Abend, meine werten Gäste. Ich freue mich, dass Sie so zahlreich hier erschienen sind, auch wenn der Anlass kein geringerer als eine Trauerfeier zu Ehren meines Vaters, Friedrich von Weißenstein, ist.”
 

Henry pausierte. Hinter ihm wurde ein Portrait seines Vaters an die Wand projiziert. Er blickte kurz auf das Bild, ehe er seinen Blick wieder über die Gäste wandern ließ.
 

“Sein Ableben kam für uns alle sehr plötzlich. Und für ihn am allermeisten. Sie alle kannten ihn sicher ebenso gut, um mir zuzustimmen, dass ein anderes Ende ihn sicher nicht von seiner Leidenschaft, in dieser Firma zu arbeiten, sie groß zu machen, getrennt hätte. Und er hätte sich noch Jahre mehr gewünscht. Aber wer würde das nicht? Ich könnte Ihnen allen so viel von ihm erzählen, aber ich belasse es bei dem Wesentlichsten. Er war ein großartiger Mensch, der für seine Arbeit gelebt und so viel Zeit in diese Firma gesteckt hatte, dass ich ihn, als sein Sohn, schon seltener gesehen habe als seine Sekretärin.”
 

Henry zwang sich zu einem Lächeln, auch wenn es ihm mit jedem weiteren Wort schwerer fiel.
 

“Aber genau das machte ihn aus. Es gibt niemanden hier im Raum, der genauso viel Engagement oder Ehrgeiz besitzt wie er. Er hatte diese Firma mit seinem Vater zusammen gegründet und gemeinsam haben sie erreicht, dass Weißenstein Industries in aller Welt einen guten Namen hat. Niemand hätte gedacht, dass ein einfacher Ingenieur, wie es mein Großvater gewesen war, und sein Sohn es schaffen würden, eine Firma aufzubauen, die mittlerweile mehrere Millionen in einem Monat erwirtschaftet. Und nun stehe ich hier vor Ihnen allen und dieser großartige und erfolgreiche Mensch ist nicht mehr hier, um uns seine Geschichte zu erzählen. Aber ich hoffe, dass ich es schaffen werde, ihm gerecht zu werden und in seine Fußstapfen zu treten. Ich danke jedem einzelnen von Ihnen für Ihr Beileid, aber sehen Sie bitte von irgendwelchen Geschenken ab. Spenden Sie doch lieber an unser gemeinnütziges Projekt. Alles, was Sie darüber wissen müssen, erfahren Sie hier links an dem Stand. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend und bedienen Sie sich gerne an dem ausgiebigen Buffet. Ich danke Ihnen nochmals sehr für Ihr Kommen.”
 

Ein Klatschen erfüllte den Raum. Ohne hektisch zu wirken, schritt der junge Mann von der Bühne, flüchtete dann durch die nächste Tür. Dass es sich hierbei um einen Lagerraum handelte, war ihm egal. Der Kloß in seinem Hals schien einfach nicht verschwinden zu wollen. Schwer atmend ließ sich Henry auf einem der Stühle sinken, die hier und da noch herumstanden, und vergrub seine Hände in den Haaren.
 

Eine Welle an Emotionen, die er bisher erfolgreich unter Kontrolle gehalten hatte, schwappte in ihm hoch. Tränen stiegen dem jungen Mann in die Augen. Er konnte sie nicht aufhalten. Aus der Brusttasche zog er ein kleines Tuch hervor und drückte es sich gegen die Augen. Was für ein jämmerliches Bild er doch gerade abgeben musste. Verzweifelt lachte er auf.
 

Nur ein Mal wollte er genau so trauern, wie es Kinder um ihre verstorbenen Eltern taten.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ewig her, dass ich was hochgeladen hatte, aber ich hab einfach vergessen, dass hier noch ein paar Kapitel fehlen ^^" Komplett anzeigen

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