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Bloody Snow

von

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Gefangene

Ein plötzlicher Schmerz in meinem Kopf ließ mich aufwachen. Mit einem schmerzvollen Stöhnen rieb ich über meine Stirn und öffnete langsam meine verklebten Augen. Wie lange ich wohl geschlafen hatte? Als mich das Licht zu sehr blendete, kniff ich die Augen wieder zu und drehte mich auf die andere Seite. Erst da wurde mir bewusst, wie weich mein Untergrund war und dass eine Decke über mir lag.

„Auch endlich wach?“

Ruckartig schnellten meine Lider nach oben. Diese Stimme! Das ist doch.... Einen Wimpernschlag später saß ich senkrecht im Bett und starrte ungläubig den Mann an, der gemütlich in einem Sessel saß und mich – seinen Kopf auf eine Hand gestützt – mit gelangweiltem Blick betrachtete.

„Sesshomaru?“, brachte ich nur über die Lippen, doch als er eine Augenbraue hob, verflüchtigte sich das Blackout in meinem Hirn allmählich wieder und ich dachte an den Kampf zwischen ihm und Inuyasha zurück. Dann fiel mir was anderes wieder ein.

„Wo sind die Rosen? Und wo bin ich?“ Als ich an mir runter sah, erblickte ich lauter Bandagen um meinen Körper gewickelt und das Einzige was ich trug, war ein leichter geöffneter Kimono. Misstrauisch sah ich den Dämon an. „Und wer hat mich verarztet?“

„Du bist wahrlich nicht auf den Mund gefallen, aber das ist ja nicht das erste Mal, dass ich das bemerke.“ Er stand auf und ging zum Fenster. „Was deine Fragen betrifft – die Rose ist hier“, er deutete auf den Tisch neben sich, wo tatsächlich die Rose in einer Vase stand. Aber es war nur die weiße. Als ich ansetzte, ihn zu fragen, fuhr er mir dazwischen. „Die rote besitzt mein Bruder. Nachdem nun die Woche des Blutmondes sein Ende fand, gehen die Geschenke wieder an dessen Besitzer zurück, solang sie nicht verbrannt wurden. Das hat dir Totosai wohl nicht gesagt“, stellte mit arrogantem Ton fest. Er war wieder ganz der alte, so viel stand fest.

„Und was ist nun mit den anderen Fragen?“, drängte ich.

Sein Blick schweifte zu mir. „Du befindest dich in meinem Schloss und ein Heiler hat deine Wunden versorgt.“

Ich nickte. „Und warum hast du mich hergebracht?“

Plötzlich kam er näher, worauf ich leicht zusammen zuckte, da ich diese Reaktion nicht erwartet hatte. „Hätte ich dich besser liegen lassen und meinem Bruder überlassen sollen, der nicht die richtigen Heilmittel besitzt und du dadurch nur länger Schmerzen gehabt hättest?“

Erstaunt schluckte ich die patzige Antwort wieder runter. Heißt das, er wollte mir nur helfen? Ich verstand ihn einfach nicht. Als ich ihm erneut ansah, bemerkte ich, dass er immer noch auf eine Antwort meinerseits wartete. Leise seufzte ich.

"Nein, ich bin froh, dass du mir das erspart hast und deshalb will ich mich auch bei dir bedanken." Ich hielt es für das Beste, ihm ein wenig entgegen zu kommen, um hier ganz schnell wieder raus zu kommen. Jetzt, wo der Bann gebrochen war, würde er sicherlich auch froh sein, mich so schnell wie möglich wieder loszuwerden. Vermutlich hatte er mich nur hergebracht, weil er zu dieser Zeit noch unter Einfluss des Bannes stand. Ich fackelte nicht lange, schlug die Decke beiseite, stand auf und hielt mir den Kimono zu, während ich auf die Tür zu ging. Doch bevor ich nach dem Türknauf greifen konnte, schob sich Sesshomaru dazwischen und versperrte mir somit den Weg. Irritiert sah ich zu ihm auf.

"Warum hältst du mich auf? Ich bin dir dankbar, dass du mich hast heilen lassen, aber du willst doch sicher, dass ich verschwinde, oder nicht? Und ich tue dir hiermit diesen Gefallen", sagte ich ruhig. Ich wusste schließlich, dass er mich nicht leiden konnte und dadurch, dass er mir auch noch gezwungenermaßen näher gekommen ist, als er vermutlich wollte, hasste er mich mit Sicherheit noch mehr. Auch wenn ich eigentlich nicht wirklich was dafür konnte. Aber das war egal. Tatsache war, dass er mich trotz meiner Worte nicht vorbei ließ.

"Glaubst du wirklich, ich lasse dich so einfach gehen ohne Gegenleistung?", fragte er kühl.

"Gegenleistung? Für was denn bitteschön?"

"Dafür, dass ich deine Wunden verarzten ließ. Hätte ich dich nicht so schnell wie möglich behandeln lassen, wärst du vermutlich schon tot, denn mein Gift hatte sich bereits tief in dein Fleisch gefressen, als ich dich herbrachte."

"Aber ich habe dich nicht darum gebeten", fauchte ich wütend.

"Das ist mir egal. Als ich dich gerettet habe, war das noch wegen dem Bann, aber jetzt bin ich wieder bei vollem Bewusstsein und ich lasse dich nicht gehen, ehe du nicht deine Gegenleistung erbracht hast", entgegnete er arrogant. Dabei saß ich für eine Millisekunde einen seiner Mundwinkel zucken. Machte er sich über mich lustig?

"Soll das ein schlechter Scherz sein?"

"Sehe ich aus, als würde ich scherzen?", fragte er bedrohlich.

Für die Millisekunde, in der sein Mundwinkel gezuckt hatte, ja, aber nun... definitiv nein, stellte ich frustriert fest. Aber statt zu antworten, schüttelte ich bloß den Kopf.

"Und was willst du?" So etwas Schlimmes würde es wohl nicht sein. Schließlich war es ja Sesshomaru.

"Du wirst meine Konkubine", gab er emotionslos von sich.

Achso, wenn es nur das ist. Ich wusste ja, dass er nichts Schlimmes sagen wü... Sekunde, wie war das?

"Entschuldige, könntest du das nochmal wiederholen? Ich habe nicht richtig verstanden?"

"Du hast schon richtig verstanden."

Mit jeder Sekunde, die verging, wurden meine Augen größer. Nichts Schlimmes also, ja?, hörte ich eine leise Stimme in mir zwitschern.

"Ich soll was? Hast du sie noch alle, ich..." Abrupt hielt ich inne, als ich das Grinsen sah, welches sich auf seine Züge geschlichen hatte. Langsam fiel bei mir der Groschen.

"Du lügst", stelle ich mit beherrschter Ruhe fest. Sein Grinsen wurde daraufhin breiter, ein überheblicher Ausdruck trat auf sein Gesicht.

Glaubst du wirklich, ich lasse mich dazu herab, mit einer Menschenfrau das Bett zu teilen? Noch dazu einer Miko."

Diese Worte lösten etwas in mir aus, das schneller war, als mein Hirn. "Ts, falls du es vergisst, hattest du das aber", grinste ich triumphierend zurück, doch ein Blick reichte, um das wütende Funkeln in seinen Augen zu sehen und ehe ich mich versah, befand ich mich wieder auf dem Bett, über mir Sesshomaru. Seine Augen färbten sich zwar nicht rot, aber dafür wurden seine schlitzförmigen Pupillen schmäler. Scheinbar hatte ich einen wunden Punkt getroffen.

"Das lag lediglich daran, weil eine gewisse Miko so dumm sein musste, gerade in dieser Nacht durch den Wald zu laufen. Wenn du nicht über die Welt der Dämonen bescheid weißt, solltest du ihr nicht zu nahe kommen. Das Selbe gilt für Inuyasha.", knurrte er. Ich vermutete, er meinte beispielsweise die Situation, als Inuyasha damals zum ersten Mal die Kontrolle über sein Dämonenblut verlor. "Hat man dir nicht beigebracht, dass man sich vor Dämonen hüten sollte?"

"Bevor ich in dieser Zeit gelandet war, wusste ich nicht mal, dass es sie gibt", entgegnete ich. Ich konnte mir den provozierenden Tonfall nicht verkneifen, er regte mich viel zu sehr auf. Doch er ging nicht weiter darauf ein, richtete sich nur wieder auf, drehte sich um und ging in Richtung Tür. Ohne sich zu mir zu drehen, meinte er: "Du bleibst eine Woche hier. Wenn ich dir einen Befehl gebe, wirst du diesen ohne Widerworte ausführen. Tust du es nicht, werde ich nicht zögern und dir die Schmerzen wieder zurückgeben, die du erlebt hast. Und mein erster Befehl lautet: Verlasse nicht dieses Zimmer, bis ich es dir ausdrücklich erlaube." Ich kam nicht dazu, auch nur irgendwas darauf zu erwidern, da er, kaum nachdem er zu Ende gesprochen hatte, die Tür aufriss und hinter sich wieder zufallen ließ. Hätte die Tür ein Schloss gehabt, hätte er sicherlich auch noch zugesperrt. Aber möglicherweise wollte er mich ja gerade deshalb auf dir Probe stellen. Ärgerlich verengten sich meine Augen. Unglaublich, was er da eben von mir verlangt hatte. Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen. Ich sollte also eine Woche bleiben, ja? Na schön, dann würde ich das halt, aber dass ich auf jeden seiner Befehle hörte, konnte er sich abschminken. Ich wusste, ich spielte mit dem Feuer und bei ihm war es durchaus möglich, mich zu verbrennen, aber jetzt wo Inuyasha nicht da war und er nicht mehr unter dem Bann stand, wollte ich zu gern wissen, wie er wirklich ist. Denn das Verhalten vorhin hatte mich auf diese Idee gebracht. Auch wenn er sich arrogant verhielt, so war er trotzdem irgendwie anders. Ich wusste zwar noch nicht, was so anders war, aber genau das wollte ich ja herausfinden. Außerdem glaubte ich, dass an dieser Persönlichkeit, die er mir damals gezeigt hatte, auch etwas Wahres dran sein musste. Mein Blick schweifte zur weißen Rose, auf die ich wenig später zu ging. Ich hatte den Entschluss gefasst, erst mal bis Mitternacht zu warten, dann aus dem Zimmer zu schleichen und mich umzusehen. Mal sehen, wie das ablaufen würde. Und mal sehen, wie lange ich überleben würde. Ich schluckte und schloss kurz die Augen.

An alle Kamis, die mich jetzt hören können: Steht mir bei!, betete ich und hoffte inständig, dass ich nicht ins Messer laufen würde. Aber einfach brav hierbleiben, kam für mich noch weniger infrage. Ich würde es also wagen.

Die Nacht ist gefährlich

Wie geplant, blieb ich im Zimmer und dies stellte sich auch als gute Entscheidung heraus, da am Nachmittag eine Dienerin herein kam, um mir etwas zu essen zu bringen. Sie verschwendete nicht viel Zeit, klopfte nicht einmal an, sondern ging schnurstracks zum Nachtisch, stellte ein Tablett mit Obst und einem Stück Brot ab und ging wieder hinaus, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Im selben Moment fragte ich mich, ob Rin wohl auch so behandelt wurde.

Als die Nacht hereinbrach, schritt ich langsam zur Tür, legte mein Ohr darauf und lauschte. Kein Mucks, aber das war bei Dämonen auch nicht weiter verwunderlich. Aber auch Auren konnte ich nicht in der Nähe spüren. So öffnete ich leise die Tür und schlüpfte rasch hinaus, bevor ich sie wieder hinter mir schloss. Mein Zimmer befand sich in der Mitte eines langen breiten Ganges, welcher nur wenige Kerzen an der Wand montiert hatte und mir somit auch wenig Licht spendete.

Was täte ich nicht alles für eine Taschenlampe, ging es mir durch den Kopf. Aber welche Richtung sollte ich nun nehmen? Nach kurzem Überlegen entschied ich mich schließlich für rechts. Jeder Schritt, den ich machte, klang für mich ohrenbetäubend, obwohl ich nur ganz langsam einen Fuß vor den anderen setzte. In mir kam der Gedanke hoch, ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war, aus dem Zimmer zu gehen, aber einen Rückzug gab es für mich nun auch nicht mehr. Also atmete ich nochmal tief durch, bevor ich durch die Dunkelheit drang. Sobald ich wieder ins Licht des Kerzenscheins trat, fühlte ich mich sicherer, aber dieses Gefühl ließ nach, als ich einen Moment später etwas hörte. Einen Schritt direkt hinter mir. Seltsamerweise wusste ich sofort, dass es nicht Sesshomaru war. Abrupt drehte ich mich um und erblickte eine hohe dunkle Gestalt. Ich erkannte die Person nicht sofort, da sie direkt vor dem Kerzenlicht stand, doch als sich meine Augen daran gewöhnten… war ich auch nicht schlauer. Es war ein hochgewachsener Mann, dessen Rüstung mich vermuten ließ, dass es sich um eine Wache handelte.

„Du bist doch das Menschenmädchen, welches Sesshomaru-sama mitgebracht hat.“

„Ähm… ja“, antwortete ich unsicher. Noch war mir nicht klar, was nun passieren würde.

„Du solltest in dein Zimmer zurückgehen. Selbst in einem Schloss kann bei Nacht etwas passieren. Komm, ich bringe dich zurück.“ Mit diesen Worten legte er sanft seine Hand auf meinen Rücken, um mich zum Gehen zu bewegen. Ich folgte seinem Rat, doch auf halbem Weg wurde mir bewusst, dass wir eine völlig andere Richtung einschlugen, welche gar nicht zu meinem Zimmer führte. Als mein Blick zu seinem Gesicht hochwanderte, konnte ich ein Grinsen erkennen. Ein beunruhigendes Gefühl erfasste mich, weshalb ich ruckartig von ihm zurückwich.

„Ich glaube, ich werde selbst zu meinem Zimmer zurück finden. Trotzdem Vielen Dank.“ Ich verbeugte mich rasch und ergriff die Flucht. Zumindest hatte ich das vor, nur dummerweise wurde ich im selben Moment, in dem ich einen Schritt tat, am Oberarm gepackt und ehe ich reagieren konnte, wurde ich in eine dunkle Kammer geworfen. Gerade noch rechtzeitig fing ich mich ab, um nicht allzu schmerzhaft zu landen und da bemerkte ich auch die anderen Männer, welche mich anstarrten. In dem fahlen Licht, das durchs kleine Fenster drang konnte ich ihre Rüstungen sehen und ich wusste sofort, dass es sich auch bei diesen Männern ebenfalls um Wachen handelte. Ein Schauer überlief mich, als ich die gierigen Blicke sah. Misstrauisch wich ich zurück. Die würden doch nicht etwa das machen, was ich dachte, oder?

„Freut euch Männer, unser verehrter Lord hat Frischfleisch mitgebracht. Und da Sesshomaru-sama kein Wort zu diesem Mädchen von sich gab, könnt ihr euch die ganze Nacht mit ihr vergnügen“, erklang die Stimme der Wache, die mich herbrachte.

Frischfleisch? Vergnügen?, schoss es mir entsetzt durch den Kopf, das konnte doch nur ein schlechter Witz sein. Aber das war es nicht, denn binnen eines Wimpernschlags stürzte sich einer der Männer auf mich, griff nach meinen Händen und hielt sie über meinem Kopf mit einer Hand zusammen, während seine andere nach meiner Kleidung griff, welche ja nur aus einem mickrigen Kimono bestand, und riss sie mir mit einem Ruck vom Leib. Ich schrie so laut auf, wie ich nur konnte, aber als mir plötzlich der Mund zu gehalten wurde und ich mehrere Hände auf meinem Körper spürte, kniff ich angsterfüllt die Augen zusammen. Ich war viel zu aufgewühlt, um meine Mikokräfte einzusetzen, schreien konnte ich auch nicht mehr, meine Beine wurde ebenso festgehalten, ich hörte, wie meine Verbände rissen. Diese Szene glich einem Alptraum und nie hätte ich für möglich gehalten, dass so etwas passieren könnte. Während mit langsam die Tränen kamen und trotz allem verbissen versuchte, mich zu wehren, kam mir der Gedanke, ob Sesshomaru mir deshalb das Verlassens des Zimmers verboten hatte. Aber selbst, wenn dem so war, würde es mir nun nichts mehr nützen. Und diese Erkenntnis ließ meinen Widerstand letztendlich erschlaffen.

„Braves Mädchen“, flüsterte einer der Männer. Ein letztes Mal, nur noch ein letztes Mal bäumte ich mich auf, wollte nicht so kampflos aufgeben, aber auch dieses Mal brachte es mir nichts. Doch im nächsten Moment spürte ich einen Luftzug, ich hörte das Aufgehen der Tür und schaute mit glasigem Blick zu der Person, die im Türrahmen stand. Ein lautes Knurren ertönte, ich spürte, wie die Wachen urplötzlich von mir abließen.

„Ihr wagt es?“, hörte ich eine Stimme und könnte schwören, sie käme von Sesshomaru.

„S-Sesshomaru-sama, w-wir dachten nur…“, stammelte einer, doch die Person ließ ihn nicht zu Wort kommen.

„An eurer Stelle würde ich verschwinden, oder…“, ein Knacken ertönte darauf, was mich sehr an das Knacken von Sesshomarus Klaue erinnerte, bevor er jemanden angriff. Ein weiterer Luftzug und plötzlich war es totenstill. Ich blinzelte ein paar Mal, noch immer rannen die Tränen in Strömen über meine Wangen. Ich setzte mich auf und schlang die Arme um meinen Körper, um meine Blöße zu verdecken. Dann wanderte mein Blick langsam nach oben und ungläubig weiteten sich meine Augen, als ich doch tatsächlich Sesshomaru vor mir stehen sah. Sein Blick war wie immer abwertend, jedoch schwang ein leiser Hauch von Wut darin mit. Ich erkannte allerdings nicht, ob sie mir, oder etwas anderem galt. Mit einem Mal schritt er herein und ging an mir vorbei zu einem der Regale. Als er sich mir erneut zuwandte, blitzten für einen Moment seine Augen auf, ehe er mir etwas zuwarf. Ungeschickt fing ich es auf und sofort wurde mir klar, dass es sich um eine Decke handelte. Ich verstand, was er von mir wollte und wickelte mir die Decke um, wie ein Handtuch. Er nickte mir zu und ging wieder hinaus, worauf ich ihm artig folgte. Nochmal wollte ich ihm nicht widersprechen. Der Weg zurück wollte irgendwie gar nicht enden und die drückende Stille machte es kein Stück besser. Erst jetzt fiel mir auf, dass er ebenfalls einen leichten, weißen, locker gebundenen Kimono trug, den er wohl für die Nacht nutzte. Ihn so zu sehen, war irgendwie ungewohnt. Ich ging aus reiner Vorsicht in einigem Abstand hinter ihm, weshalb ich auch glücklicherweise nicht mit ihm zusammen stieß, als wir endlich vor meinem Zimmer ankamen. Er ließ mich zuerst eintreten, folgte mir aber kurz darauf. Ich drehte mich zu ihm um, während ich mich hilflos in meiner Decke festkrallte. Beschämt senkte ich den Kopf.

„Es tut mir leid, dass ich nicht auf dich gehört habe“, flüsterte ich fast lautlos, ging aber davon aus, dass er es gehört haben musste. Dass jemals der Tag kommen würde, an dem ich mich beim Halbbruder Inuyashas entschuldigen würde, hätte ich wohl nie für möglich gehalten. In dem Moment, in dem ich meinen Kopf wieder anhob, um ihm in die Augen zu sehen, ging ein Ruck durch meinen Körper und urplötzlich fand ich mich mit dem Rücken auf dem Bett wieder, über mir Sesshomaru. Das alles ging so schnell, dass ich im Reflex die Decke losgelassen hatte, welche nun nicht mehr so ordentlich auf meinem Körper lag, aber dennoch das Wichtigste verdeckte.

„Das sollte es auch“, knurrte er. „Wenn du nochmal meinen Befehl verweigerst, wirst du es bereuen, Menschenmädchen. Haben wir uns verstanden?“

Ich nickte hastig und dachte, damit wäre die Sache erledigt. Aber wieso kniete er dann noch immer über mir? Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass sich sein Kimono leicht geöffnet hatte und ich nun einen guten Einblick auf seine Brust-und Bauchmuskeln hatte. Mir wurde schlagartig bewusst, dass er im Gegensatz zu Inuyasha, den Körper eines erwachsenen Mannes hatte. Und durch diese idiotische Tatsache, die mir eben klar wurde, schoss mir aus einem mir unerfindlichen Grund die Hitze in den Kopf. Schnell drehte ich den Kopf weg, damit er es nicht sah, aber wie zu erwarten, bemerkte er es natürlich trotzdem. Man konnte dem Herrn des Westens wohl nichts vormachen.

„Tz, typisch Mensch. Ich könnt nicht mal eure Begierde verbergen. Wie armselig.“

Geschockt drehte ich mein Gesicht wieder in seine Richtung, als ich den Spott und die Arroganz aus seiner Stimme hörte. Meine Augen weiteten sich ungläubig, als ich das Grinsen auf seinen Zügen sah. Es war wie ein Faustschlag, den ich nicht auf mir sitzen lassen wollte. Wütend verengten sich meine Augen, während ich mich auf meine Ellbogen stütze, um ihm näher zu kommen.

„Du bist echt ein selbstverliebter Arsch, Sesshomaru. Nur weil du vielleicht gut aussiehst, heißt das noch lange nicht, dass gleich jede mit dir schlafen wolle. Ich zumindest nicht. Und entschuldige, dass ich halt nicht wie ein gewisser Dämon vollkommen emotionslos durchs Leben laufe. Was ist denn so falsch daran, Emotionen zu zeigen, kannst du mir das mal sagen?“, keifte ich. Ein plötzlicher Adrenalin-Schub hatte mich erfasst, weswegen mir erst langsam dämmerte, was ich eben gesagt hatte. Doch war es bereits zu spät. Auch seine Augen verengten sich.

„Schwäche“, sagte er kalt. Wirr schüttelte ich den Kopf.

„Was..?“ Ich hatte den Faden verloren.

„Jemand, der Emotionen zeigt, ist leicht angreifbar. Schwächen sind leicht herauszufinden und weiß man sie erst mal, nutzt man sie liebend gern aus. Solltest du das nicht auch schon erlebt haben?“

Auf diese Worte hin erschienen Bilder vor meinem inneren Auge, welche mir seine Worte bestätigten. Kikyo war Inuyashas Schwäche, hübsche Frauen waren Mirokus Schwäche, Kohaku war Sangos Schwäche und die kleine Rin.. war Sesshomarus Schwäche.

Als mein Blick erneut den Sesshomarus traf, spiegelte sich Wissen in seinen Augen. „Du hast offenbar verstanden“, hauchte er und da wurde mir plötzlich bewusst, wie nah ich ihm war und abermals spürte ich die Röte auf meinen Wangen. Ich wich mit meinem Gesicht zurück, jedoch folgte er mir und ehe ich mich versah trennten uns nur noch wenige Zentimeter. Seine Hand hatte sich auf meinen Hinterkopf gelegt, weswegen ich nicht weiter zurückweichen konnte. Panisch hielt ich den Atem an, als ich mir spielte verrückt, mein Hirn konnte nicht mehr zwischen Traum und Realität unterscheiden und der heiße Atem auf meinen Lippen machte es bei Gott nicht einfacher. Befand ich mich im falschen Film oder ging jeden Moment die Welt unter? Das waren meine letzten Gedanken, bevor….

Peinlich

…bevor er von mir abließ und ich plötzlich wieder auf dem Boden der Tatsachen landete. Ein selbstgefälliges Grinsen lag auf seinen Lippen. Mit einem Mal fiel der Groschen bei mir.

„Du bist eben doch nur ein naives Menschenmädchen“, sagte er überheblich. Dies brachte das Fass zum Überlaufen.

„Und woher willst du wissen, dass ich dich nicht weggestoßen hätte, wenn du mich geküsst hättest?“

Er sah mich einen Moment an und hob eine Augenbraue, als würde er sagen >das glaubst du doch selbst nicht<, und wandte sich dann ab. Er ging auf einen Schrank zu, aus dem er ein weißes Kästchen rausnahm, um sich dann zu mir aufs Bett zu setzen. Irritiert beobachtete ich, wie er das Kästchen öffnete und Verbandzeug hinausnahm. Mit gleichgültigem Blick deutete er mir, die Decke wegzunehmen. Abermals stieg mir die Hitze in den Kopf und anstatt seiner Aufforderung nachzukommen, zog ich die Decke nur fester um mich. Dummerweise hatte ich so stark an mich gepresst, dass sie an den offenen Wunden kleben blieben und ich dies nun zu spüren bekam. Scharf sog ich die Luft ein, was Sesshomaru nur mit einem schadenfrohen Grinsen quittierte. Langsam fragte ich mich wirklich, weiterhin daran zu glauben, dieser Dämon jemals gekannt zu haben. Denn wie es sich herausstellte, war er gänzlich anders. Ob das ein Vorteil war, war allerdings fraglich. Als er Anstalten machte, selbst nach der Decke zu greifen, zuckte ich zusammen und wich zurück. Sein Blick veränderte sich darauf leicht, nur konnte ich nicht ganz deuten, inwiefern.

„Dummer Mensch, wenn du die Wunden nicht wieder behandeln lässt, werden sie nicht richtig verheilen können.“

„Kann mich nicht wieder dein Heiler behandeln?“, fragte ich forsch. Ich hatte wirklich keine Nerven, noch nett mit ihm zu reden. Er verengte leicht die Augen, aber beließ es auch dabei.

„Der musste wegen einem Notfall das Schloss verlassen. Deshalb werde ich dich jetzt behandelst.“ Mit diesen Worten wollte er abermals nach mir greifen, jedoch wich ich wieder zurück. Als sich erneut ein Grinsen auf seine Lippen stahl, fragte er: „Glaubst du etwa, ich wäre an dem Körper eines Menschen interessiert?“

Wieso musste er immer wieder betonen, dass ich ein Mensch war? „Nein, das glaube ich nicht“, gab ich mit zusammengebissenen Zähnen von mir. Abwartend hob er die Augenbraue. Er erwartete wohl, dass ich dann endlich die Decke fallen lassen würde. Ich kniff die Augen zusammen. Das konnte er doch nicht wirklich ernst meinen. Oder? Seine Miene jedoch bewies mir, dass es sehr wohl sein Ernst war. Und mir wurde klar, dass er sein Vorhaben auch nicht abbrechen würde, ganz egal, wie lange ich mich zieren würde. Mit einem langgezogenen Seufzer und zusammengekniffenen Augen ließ ich die Decke langsam sinken, um mir kurz darauf die Arme vor die Brust zu schlagen. Ich öffnete die Augen wieder, aber vermied es, ihm ins Gesicht zu sehen.

„Leg dich hin“, ertönte leise seine Stimme. Ich schluckte, tat aber wie geheißen. Es war mir so unendlich peinlich, dass ich mir wünschte, augenblicklich im Boden zu versinken. Als ich dann das kalte Wasser auf meinen Wunden spürte, zuckte ich unwillkürlich zusammen. Kurz darauf spürte ich das sachte Abtupfen und dann schließlich das Verteilen der Salbe. Dabei berührte er natürlich meine Haut, was mir einen Schauer nach dem anderen bescherte. Ich wusste nicht, ob es nur daran lag, dass dies das erste Mal für mich war, von einem Mann so berührt zu werden, oder ob es noch etwas anderes war. Als er mir schließlich befahl, mich wiederaufzusetzen, folgte ich ohne Widerworte, nahm die Arme aber trotzdem nicht runter. Um mir den Verband umzulegen, musste er mir unweigerlich etwas näher kommen, um den Verband hinter meinem Rücken in die andere Hand zu nehmen. Es kam wohl einer leichten Umarmung gleich. Als ich dann auch noch seinen Atem an meiner Halsbeuge spürte, schnappte ich reflexartig nach Luft. Dummerweise konnte ich in dem Moment nicht das schelmische Grinsen auf seinen Lippen sehen. Doch als er sich wieder von mir entfernte, wagte ich einen Blick in seine Augen. Sein Blick heftete sich konzentriert auf seine Handlungen. Es verblüffte mich, wie sehr er sich Mühe zu geben schien. Oder bildete ich mir dies erneut nur ein? Wie sehr wünschte ich mir, ihn durchschauen zu können.

Diese Nähe fand schnell ein jähes Ende. Der Verband hielt, die Wunden brannten nicht mehr und Sesshomaru erhob sich schweigend, um den nächsten Schritt Richtung Tür zu machen. Mein Kopf ruckte hoch, mein Mund öffnete sich, doch es kam nur ein erstickter Laut heraus. Dieser wurde jedoch von ihm gehört. Mit einer hochgezogenen Augenbraue drehte er sich zu mir um. Ihm nun in die Augen zu sehen schien mir unmöglich, weshalb ich den Kopf wieder senkte und ein leises „Danke“ in die Stille flüsterte. Eine Sekunde später hörte ich, wie die Tür geöffnet und kurz darauf wieder geschlossen wurde. Als hätte ich Stunden lang die Luft angehalten, stieß ich sie mit einem Mal erleichtert hinaus. Diese Spannungen in der Luft waren immer noch deutlich greifbar. Mein Herz raste wie verrückt und ich konnte mir nicht ganz erklären warum. Ich vermutete mal stark, dass es einfach die Nervosität und das Schamgefühl waren, die immer noch tief in meinen Knochen saßen. Aber was, wenn es nicht nur das war? Fragend sah ich in die Richtung der Rose, obwohl ich wusste, dass ich keine Antwort erhalten würde. So gab ich es nach kurzer Zeit auf, wickelte mir die Decke wieder um und versank innerhalb kürzester Zeit im Traumland.

Als ich am nächsten Morgen, mich streckend, der Sonne, die durch die Fenster schien, entgegen blinzelte, bemerkte ich den dunkelgrünen Kimono auf meinem Bett liegen. Anstatt mich zu fragen, wer mir den gebracht hatte, zog ich ihn einfach an. Glücklicherweise hatte mir Mama mal gezeigt, wie man sowas bindet. Der Obi war hellgrün und mit ein paar Ornamenten verziert, aber ansonsten war der Kimono im Großen und Ganzen recht schlicht. Als ich durchs Fenster sah, fiel mir sofort die silberhaarige Person ins Auge, welche an einem Baum saß und die Augen geschlossen hatte. Wenn er die Augen zu hatte, sah er gar nicht so gefährlich aus, aber andererseits war das ja fast bei jedem so. Bei diesem Gedanken musste ich leise kichern und als hätte er das gehört, öffneten sich plötzlich seine Augen und starrten direkt in meine. Ich erschrak so sehr, dass ich zurückwich und ihn somit nicht mehr im Blickfeld hatte. Manchmal konnte er einem schon echt Angst machen. Und als hätte er diesmal meine Gedanken gelesen, öffnete sich die Tür und ratet mal, wer hindurch schritt.

„Wie geht es deinen Wunden?“, fragte er kalt wie eh und jäh. Frustriert seufzte ich auf.

„Soweit fühle ich mich gut, aber wenn du denkst, sie wären schon verheilt, dann irrst du dich.“

Mit einem Mal stand er vor mir und bedachte mich mal wieder mit einem überheblichen Blick. „Glaubst du das wirklich?“

Nun war ich diejenige, die eine Augenbraue hochzog. „Falls du es vergessen haben solltest – und ich glaube kaum, dass du das hast – ich bin ein Mensch und bei mir verheilen Wunden nicht so schnell, wie bei euch Dämonen.“

„Zwing mich nicht dazu, es dir zu beweisen“, meinte er drohend. Ich verstand die Drohung jedoch nicht ganz und hielt in meiner Antwort inne. Dann setzte ich zu einem irritierten „Hä?“ an. Ich meinte, ein Seufzen von ihm zu hören, ehe er plötzlich um mich schritt. Seine Handlungen verliefen so schnell und fließend, dass ich erst gar nicht verstand, was er vorhatte. Aber als der Kimono von meinen Schultern rutschte, riss ich schockiert die Augen auf und schlang abermals die Arme um meinen Körper. Wütend drehte ich den Kopf so weit nach hinten, wie es mir möglich war.

„Was soll das?“, fauchte ich ungehalten. Er antwortete nicht, sondern fuhr lediglich mit einer Kralle durch den Verband. Dies jagte mir unwillkürlich einen Schauer über den Rücken und ich hoffte inständig, dass sich keine Gänsehaut bilden würde.

„Sieh es dir an.“

„Huh?“

„Deine Wunden.“

Ich folgte und sah runter. Und schnappte verblüfft nach Luft. Es war keine einzige Wunde mehr zu sehen. „Aber wie...?“ ich wusste nicht ganz, wie ich mich ausdrücken sollte, doch das war auch nicht nötig, denn Sesshomaru verstand die Frage auch so.

„Mag zwar sein, dass die Heilmittel von euch Mikos stark sind, aber die eines Dämons...“, er spürte, wie er sich zu mir runter beugte und in mein Ohr flüsterte, „...sind besser.“

Das hörte ich zum ersten Mal, aber ich wollte auch nicht weiter nachfragen. Jedoch bedauerte ich im Moment, dass es in der Neuzeit keine Dämonen mehr gab, denn sonst würden wohl solche Wundersalben die Regale der Apotheken schmücken.

„Und was ist das?“ Bei diesen Worten schob er mein Haar beiseite und fuhr mit dem Finger über meinen Nacken, was mich mit einem prickelnden Gefühl aus den Gedanken riss. Erst jetzt fiel mir wieder auf, dass ich splitterfasernackt vor ihm stand. Zwar nur mit dem Rücken, aber das war auch schon schlimm genug. Deshalb kniete ich in einer fließenden Bewegung nieder und legte mir den Kimono wieder um. Nachdem ich dies tat, kam mir seine Frage von vorhin wieder in den Kopf. Und sofort wusste ich, auf was er anspielte. Die Gänsehaut hatte er natürlich bemerkt. Aber diesmal würde ich eisern bleiben. Wütend drehte ich mich zu ihm um.

„Mir war nur kalt. Das und nichts anderes war das“, sagte ich eindringlich und drehte mich wieder weg. Deshalb sah ich abermals nicht, wie seine Augen für einen Moment aufblitzten.

„Wieso bist überhaupt hergekommen? Nur, um meine Wunden zu überprüfen?“

„Sei nicht dumm, Mensch. Ich habe auch noch besseres zu tun.“ Aja, da war er wieder. Der überhebliche Sesshomaru. Wie sehr hatte ich ihn vermisst.

„Ich bin hier, weil dich jemand besuchen wollte.“ Und mit diesen Worten schritt er zur Tür und ehe ich verwirrt die Augenbrauen hochziehen konnte, öffnete sich die Tür und eine lachende Rin fiel mir um den Hals.

Schlimmer geht´s immer

„Sieh mal, Kagome-sama“, rief Rin freudig, was mich schlagartig aus den Gedanken riss, und zeigte mir eine selbstgeflochtene Blumenkette. Ich lächelte sie nur selig an und strich ihr leicht über den Kopf. Doch als sie sich wieder ihren Blumen widmete, erlosch mein Lächeln mit einem Mal wieder. Obwohl ich die Sonne wieder von draußen sehen konnte, obwohl ich Rin sehen konnte, obwohl ich hier an der frischen Luft in einem wunderschönen Schlossgarten saß, schwirrten meine Gedanken die ganze Zeit um andere Dinge. Zum Beispiel um einen gewissen Dämon, welcher sich urplötzlich von seiner großzügigen Seite zeigte. Zuerst verbat er mir, das Zimmer zu verlassen und dann ließ er mich sogar das Schloss verlassen. Nebenbei ließ er mich auch das kleine Mädchen wiedersehen. Ich hatte sofort bemerkt, dass es ihr gut ging. Sogar mehr als gut, sie fühlte sich ganz offensichtlich wohl bei dem Dämon, so seltsam es auch klingen mochte.

Als mein Blick in die Ferne schweifte, bemerkte ich die Person, die uns von einem Fenster im zweiten Stock aus beobachtete. Eigentlich hätte ich es mir ja denken können, aber als ich ihn sah, war ich doch ziemlich überrascht. Sesshomarus Blick war wachsam auf uns gerichtet. Allerdings fragte ich mich, ob er sich um Rin Sorgen machte, oder aufpasste, dass ich nicht das Weite suchte. Was es auch war, es würde mir wohl verborgen bleiben.
 

„Rin“, schallte es über die Wiese und zum ersten Mal, seit ich hier war, sah ich Jaken wieder. Er bedachte mich nur mit einem kurzen verächtlichen Blick, ehe er sich wieder an Rin wandte. Ohne ein Wort von sich zu geben, schien Rin sofort zu verstehen und während sie mir einen entschuldigenden Blick zuwarf, folgte sie ihm. Ich blinzelte nur verwirrt, stand aber nach kurzer Zeit auf und gedachte, auch wieder in mein Zimmer zu gehen. Der Gedanke, nun einfach abzuhauen, kam mir nicht mal für eine Sekunde. Denn das wäre wie Weglaufen vor ihm und das würde ich keinesfalls. Als hätte er mich gehört, stand er plötzlich neben mir, was mich unwillkürlich zusammen zucken ließ. Fragend sah ich zu ihm auf.

„Ich will nur sicher gehen, dass du nicht wegläufst, obwohl dir das sowieso nicht gelingen würde.“

„Na wenn du meinst. Aber ganz abgesehen davon hatte ich das sowieso nicht vor.“ Mit diesen Worten schritt ich vorwärts und merkte, dass er mir nicht folgte. Da kam mir ein Gedanke, weswegen ich inne hielt und mich wieder zu ihm umdrehte.

„Was war das eigentlich gerade mit Rin?“

„Ihr Unterricht fängt an.“

Ein Grinsen stahl sich auf mein Gesicht. Unterricht, huh? Da sah man mal wieder, wie sehr er sich doch um sie kümmerte. Er wollte ganz offensichtlich, dass sie die Bildung erhielt, die sie verdiente. Aber diesen Gedanken würde ich nicht laut aussprechen, zu gut wusste ich, wie er darauf reagieren würde und ich hatte nun wirklich nicht die geringste Lust, ihn zu provozieren. Stattdessen lächelte ich nur sanft und drehte mich abermals um, ohne den verwirrten Ausdruck Sesshomarus zu bemerken.
 

Im selben Moment, in dem ich mich in das weiche Bett kuschelte, ging die Tür auf und Sesshomaru gefolgt von einer Dienerin trat herein. Da es bereits Abend war, hatte auch er wieder nur einen leichten Kimono an. Sofort saß ich senkrecht im Bett.

„Ich habe einen Befehl für dich“, ließ er verlauten und wandte sich für einen Moment an die Dienerin. „Lass ein Kirschblütenbad herrichten.“

„Jawohl“, entgegnete die Dienerin und verneigte sich, nur um im nächsten Augenblick zu verschwinden.

„Danke“, sagte ich, froh, mich endlich wieder waschen und entspannen zu können. Seifenblasen, die in allen möglichen Farben schillerten, stiegen in meinen Gedanken auf. Nur der Gedanke an ein Bad ließ mich schon entspannen.

„Wenn du glauben solltest, dieses Bad ist für dich, dann irrst du dich“, ertönte plötzlich Sesshomarus Stimme und mit einem Schlag zerplatzten alle Seifenblasen und brachten mich wieder in die grausame Realität zurück. Verstört sah ich zu Sesshomaru und runzelte ungläubig die Stirn.

„Für wen dann?“

Er hob eine Augenbraue, als würde er mich fragen >Fragst du mich das ernsthaft?< So entglitt meinen Lippen mir nur ein frustriertes Seufzen.

„Und was ist nun dein Befehl?“ Vor lauter Frust hatte ich den Kopf gesenkt, doch nun, als ich ihn wieder anhob, stachen mir sofort das leichte Grinsen und der überhebliche Blick in die Augen. Langsam, ganz langsam öffnete sich mein Mund immer weiter, genauso wie meine Augen sich weiteten.

„Das kannst du vergessen“, rief ich entrüstet. Ich wollte es nicht glauben, dass tatsächlich DAS sein Befehl sein würde, aber dieser Ausdruck ließ keine andere Möglichkeit zu. Als sich plötzlich seine Augen plötzlich verengten und er auf mich zu schritt, wich ich zurück. Dann, als ich gegen die Kante meines Bettes stieß, gaben meine Knie aus Reflex nach. Ich fand mich auf der weichen Decke wieder, setzte mich aber sofort wieder auf, um weiter zurückweichen zu können, doch das war gar nicht nötig, denn ein Meter vor meinem Bett blieb er stehen und starrte mich an.

„Du weißt, was dir blüht, wenn du meinen Befehl nicht ausführst“, sagte er im Plauderton. Mit einem Mal fragte ich mich, wieso er mich noch gleich hier behielt. Er hatte Diener, er hatte Wachen und bis auf Rin waren allesamt Dämonen. Er wollte nur von mir, dass ich eine Woche blieb und seine Befehle ausführte. Aber wozu das Ganze? Ich verstand den Sinn hinter seiner Anordnung nicht. Was wollte er denn damit bezwecken? Was hatte er davon? Mit diesen Gedanken versank ich in seinen goldenen Seelenspiegeln, starrte nur umso mehr zurück und musste mich wirklich zwingen, endlich den Mund zu öffnen und eine Antwort zu geben.

„Ja“, entgegnete ich tonlos. „Aber warum…“, ich hielt inne. Es fiel mir wieder ein. Er wollte ja eine Gegenleistung. Obwohl mir dies reichlich überzogen vorkam, senkte ich schließlich resigniert die Lider und nickte. Ich würde das hier über die Bühne bringen und ihm beweisen, dass es nicht immer so lief, wie er es vielleicht plante.

„Dann folge mir.“

Ich tat wie geheißen und folgte ihm, bis mir schließlich der erste Hauch von Kirschblüten in die Nase stieg. Wir kamen schnell näher und schon umhüllten uns lauter Dampfschwaden. Davon wurde mir ganz schummrig, weshalb ich erst langsam mitbekam, dass zwei andere Dienerinnen herein kamen und dem Herrn beim Entkleiden halfen. Auch wenn der Dampf mir die meiste Sicht versperrte, drehte ich mich automatisch um. Als mir dann auch noch etwas in die Hand gedrückt wurde und die eiligen Schritte der Diener immer leiser wurden, blinzelte ich verwirrt, während mein Blick auf die Dinge in meinen Händen wanderte. Eine Schüssel mit zerriebenen Kräutern, ein Schwamm und ein Krug heißes Wasser. Wie gerne ich diesen doch einfach über ihm auskippen würde. Aber dann besann ich mich wieder und drehte mich vorsichtig um. Ich erkannte, dass er auf einem kleinen Hocker Platz genommen hatte und scheinbar auf mich wartete. Nur fühlte ich mich in diesem Moment ziemlich bewegungsunfähig. Die Tatsache, dass ich dem verehrten Lord den Rücken schrubben sollte, ließ mich erstarren. Erst, als ich ihn „Wie lange willst du mich noch warten lassen?“ sagen hörte, erwachte ich aus meiner Starre. Tief atmete ich durch und trat dann zu ihm. Er saß halb mit dem Rücken zu mir, weshalb ich zum Glück nicht zu fiel sah, aber dennoch zwang ich meinen Blick auf sein Haar, um ja nicht mehr sehen zu müssen. Ich kniete mich hinter seinem Rücken nieder und vermischte Wasser und Kräuter. Kaede hatte mir mal gezeigt, wie man die Kräuter als Seife sozusagen benutzte und es erfüllte einen erstaunlich guten Zweck. Während ich dies machte, setzte ich leise zu einer Frage an.

„Warum wolltest du, dass ich, ein Mensch, dich wasche? Du hast doch offensichtlich genügend Diener.“

„Mag zwar sein, dass du ein Mensch bist, dennoch ist nicht zu übersehen, dass du auf Hygiene achtest. Deshalb hoffe ich für dich, dass du deine Aufgabe gut machst.“

Na toll, dachte ich frustriert, ein Hoch auf meine Hygiene.

„Aha“, entgegnete ich nur und schnappte mir den Schwamm. Als ich seine Haare zur Seite schob, musste ich feststellen, wie weich sie waren. Ich bemerkte sofort, wie gepflegt sie waren, was mich doch sehr beeindruckte. Aber zuerst musste ich mich dem Rücken widmen, weshalb ich den Schwamm tief in die Schüssel tauchte und schließlich das erste Mal über seinen Rücken strich. Ich versuchte, ihn so wenig wie möglich mit den Händen anzufassen, da ich nicht wusste, wie er reagieren würde. Aber bald wurde mir das zu blöde und ich ging das Risiko ein. Ich wusch ihn so, wie ich auch mich waschen würde, nur dass ich mich lediglich auf seinen Rücken und seine Schultern beschränkte. Zu mehr sah ich mich einfach nicht fähig. Schon bald konnte ich endlich seine Haare in Angriff nehmen, wo mir erneut auffiel, wie schön es war. Es glänzte und verknotete kein bisschen, als ich vorsichtig hindurch fuhr. Vorsichtig strich ich auch seine Stirnfransen nach hinten und fuhr abermals hindurch, wie ich es auch immer bei mir machte. Mehrmals schluckte ich dabei, aus Angst, etwas Falsches zu tun. Ich hatte das Gefühl, jeden Moment durch das dünne Eis zu brechen, auf welchem ich mich bewegte. Trotzdem zwang ich meinen Körper mit aller Macht zur Ruhe.

Als ich mich gedankenverloren auf sein Haar konzentrierte, musste ich mit einem Mal an Inuyasha denken, was mich in meiner Bewegung inne halten ließ. Sesshomaru musste es sofort bemerkt haben, denn als ich aufhörte, hob sich sein Kopf so weit, bis er mir in die Augen sehen konnte und sein Blick war fragend auf meinen gerichtet. So wie er mich in diesen Moment ansah, ließ mein Herz für einen kurzen Augenblick höher schlagen. Ruckartig erwachte ich aus meiner Trance und wich aus Reflex zurück. Dabei stieß ich gegen etwas und entdeckte den Eimer zu meinen Füßen, in dem sich klares Wasser befand. Ich verstand und kippte den Inhalt über Sesshomaru aus. Nachdem jegliche Kräuter von ihm geflossen waren, trat ich auf seine Seite und starrte in die heiße Quelle.

„Kann ich jetzt gehen?“, fragte ich fast flüsternd, während mir die Stirnfransen in die Augen fielen. Plötzlich war es mir einfach zu viel. Ich konnte die Schmach nicht mehr ertragen. Ich wusste, er machte sich nur über mich lustig, aber was sollte ich schon dagegen tun? Ich konnte nur auf das Ende der Woche warten, danach würde er mich ziehen lassen. Doch auf einmal ertönte ein Lachen, worauf ich verwirrt den Kopf drehte. Er lachte. Es war ein tiefes Lachen und trotz des angenehmen Klangs hörte ich immer noch einen überheblichen Unterton.

„Ist das wirklich dein Ernst?“

„Was..?“ Ich verstand nicht was er meinte. Aber von einen auf den anderen Moment griff er nach meinem Arm und zog mich mit einem einzigen Ruck vor seine Füße. Immer noch starrte ich ihm in die Augen und erkannte nun auch wieder ein Grinsen auf seinen Zügen.

„Du solltest meinen gesamten Körper waschen.“ Langsam reichte es. Ich hatte so etwas irgendwie kommen sehen, aber dass er dann doch tatsächlich so weit gehen würde, hätte ich nicht erwartet.

„Wieso tust du mir das an, Sesshomaru? Du weißt selbst, dass du gut aussiehst und hast sicher genügend Frauen, die dir zu Füßen liegen. Wieso willst du mich so demütigen?“ Ich wusste nicht wieso, aber mit einem Mal rann eine einzige Träne meine Wange hinunter. Auch wenn er mich nicht körperlich quälte, fühlte ich mich irgendwie schrecklich.

„Denkst du wirklich das wirklich?“, diese Stimme riss mich abrupt aus meinen Gedanken. Irritiert runzelte ich die Stirn.

„Denkst du wirklich, das ist mein Ziel?“, fragte er abermals und stand, mich mitziehend, auf. In seinem Blick erkannte ich Wut, aber auch noch etwas anderes. Enttäuschung, Trauer? Nein, wohl kaum. Aber es war etwas, was mir unwillkürlich einen Stich gab.

„Du verstehst es einfach nicht“, sagte er noch, bevor er seine Hand hob und mich mit voller Wucht von sich stieß. Es kam mir vor wie in Zeitlupe, als ich sein, für einen Wimpernschlag, schmerzverzerrtes Gesicht sah und dann plötzlich ein lautes Platsch hörte, ehe mich die Panik ergriff. Er hatte mich ins Wasser gestoßen und ich hatte keine Möglichkeit gehabt, die Luft anzuhalten, weswegen sich schnell mein Sichtfeld verfinsterte. In irgendeiner Ecke meines Hirns nahm ich ein weiteres Platschen wahr. Das Wasser bewegte sich unruhig. Meine Sicht wurde immer dunkler und schließlich gab ich den Kampf auf. Ich wusste nicht mehr, ob es Realität war oder ich mich bereits in einem Traum befand. Aber ich spürte etwas auf meinen Lippen. Etwas Weiches. Etwas unendlich Schönes. Etwas Vergängliches. Aber ich wusste weder was es war, noch ob es Realität war und das waren auch meine letzten Gedanken, bevor ich mich dem Nichts hingab.

Meine Schuld

Als ich am nächsten Morgen die Augen aufschlug, bemerkte ich sofort die Kälte, die meine über meine Haut strich. Fröstelnd schlang ich die Decke enger um mich und drehte mich zum Fenster. Ungläubig weiteten sich meine Augen, als ich die weißen Flocken hinab fallen sah.

„Schnee?“, fragte ich mich überrascht, wusste aber natürlich, dass ich keine Antwort bekommen würde.

„Es ist Winter“, ertönte die Stimme jenes Mannes, den ich nun am aller wenigsten sehen wollte. Bei diesem Klang schoss mir mit einem Mal seine letzte Tat durch den Kopf. Wütend setzte ich mich auf und wandte mich ihm zu. Doch bevor ich ein Wort über meine Lippen brachte, fiel mir etwas anderes ein, was mir im Moment wichtiger war. Denn erst jetzt wurde ich mir seiner Antwort gewahr. Verwirrt sah ich aus dem Fenster und dann wieder zu ihm.

„Aber hatten wir gestern nicht noch um die 20°C?“

„Das ändert sich bei uns von einem Tage auf den anderen.“

Das war verständlich, da zu dieser Zeit noch keine industriellen Dinge das Wetter beeinflussten. Jedoch war es das erste Mal, dass ich den Winter in dieser Zeit miterlebte. Da dies nun geklärt war, verengten sich meine Augen blitzschnell.

„Und was willst du noch von mir?“, fauchte ich Sesshomaru an. Ich konnte mich nur noch daran erinnern, beinahe ertrunken zu sein, und natürlich an das davor. Dass er mich nun immer noch nicht in Ruhe ließ, hielt ich wirklich nicht aus. Doch anstatt mir zu antworten, starrte er mich nur an und ganz plötzlich verließ er das Zimmer. Darüber war ich nur heil froh, weshalb ich auch selig vor mich hin lächelte und mich schließlich wieder hinlegte, um noch etwas zu schlafen. Allerdings war mir der Schlaf nicht allzu lange vergönnt. Denn ein plötzlicher Schrei riss mich heraus. Ruckartig fuhr ich hoch und atmete laut aus. Hatte ich mich verhört? Oder handelte sich bei diesem Schrei wirklich um…

Meine Frage wurde mir beantwortet, als erneut ein Schrei ertönte und danach ein Ruf.

„Sesshomaru!!“

Ich verlor keine Zeit, sondern sprang aus dem Bett und eilte schleunigst aus dem Zimmer, auf der Suche nach dem Ausgang. Es kam mir so vor, als müsste ich ewig laufen, aber dann entdeckte ich eine Treppe, die geradewegs zu einem gigantischen Tor führte, welches schwer nach einem Ausgang aussah. Innerhalb weniger Sekunden stand ich davor und stemmte meine Hände dagegen. Schon, als es sich nur einen winzigen Spalt öffnete, blies die Kälte unerbittlich hindurch und ließ meinen gesamten Körper erzittern. Natürlich hatte ich abermals nur den leichten Kimono an, welcher mich nicht im Geringsten vor der Kälte schützte. Trotzdem stur die Zähne zusammen und drückte weiterhin dagegen. Es gelang mir und schließlich trat ich mit nackten Füßen in den kalten Schnee. Ich hatte jetzt bereits das Gefühl, als würden sämtliche Körperteile erfrieren, ich konnte sie schon gar nicht mehr spüren. Aber der Schmerz der Kälte war vergessen in dem Moment, in dem ich ihn sah. Inuyasha. Gerade mal fünf Meter von ihm entfernt stand Sesshomaru. Keiner von ihnen hatte bis jetzt das Schwert gezogen, aber ich spürte, es würde nicht mehr lange dauern, bis ein Kampf entbrannte. Da Sesshomaru mit dem Rücken zu mir stand, schien er mich noch nicht bemerkt zu haben, im Gegensatz zu seinem Halbbruder. Als sein Blick auf mich fiel, bemerkte dies Sesshomaru und wandte drehte sein Gesicht halb zu mir. Seine Augen verengten sich, was für mich hieß, dass er wohl ziemlich sauer war.

„Du hattest deine Chance, Sesshomaru. Jetzt gib sie mir zurück. Du willst doch sowieso nichts von ihr. Also lass sie gehen“, sagte Inuyasha. Es rührte mich, wie sehr er mich scheinbar zurückwollte aber zugleich war ich auch gespannt, was Sesshomaru darauf antworten würde.

„Sie schuldet mir noch etwas.“

Ach ja, genau. Die Gegenleistung, die er von mir wollte.

„Das ist mir egal, ich werde sie mir jetzt zurückholen“, schrie Inuyasha wutentbrannt und zog Tessagia. Auch Sesshomaru fackelte nicht lange und zückte ebenfalls sein Schwert. Wie ich es mir dachte, gingen sie binnen weniger Sekunden aufeinander los, so wie es auch die anderen Male war. Sie kämpften unerbittlich gegeneinander und irgendwann zeigte es sowohl bei Inuyasha als auch bei Sesshomaru Wirkung. Sie beide trugen kleine Wunden davon, die sie jedoch wohl nicht allzu sehr störten. Viel zu sehr waren sie damit beschäftigt, den anderen anzugreifen. Meine Gliedmaßen waren längst nicht mehr zu spüren, der Schmerz aber sehr wohl. Trotzdem wollte ich mich keinen Schritt wegbewegen.

Dann, ganz plötzlich ging alles so schnell und ich realisierte zu spät, was ich damit anrichtete. Als Inuyasha einem Angriff auswich, drehte er Sesshomaru nur für einen winzigen Moment den Rücken zu. Dies nutzte sein Bruder natürlich aus, doch bevor er einen zuschlagen konnte, holte ich tief Luft und schrie.

„Inuyasha, pass auf!!“ Der Hanyou reagierte sofort und holte, während er sich umdrehte, mit Tessaiga aus. Sesshomaru dagegen brachte mein Ruf für einen Moment aus dem Konzept und genau das sollte ihm zum Verhängnis werden. Denn auch Inuyasha zögerte nicht und startete erbarmungslos seine Windnarbe, welche direkt auf Sesshomaru zuraste. Er schaffte es nicht mehr, auszuweichen und es passierte das Selbe wie damals. Nur sah es diesmal nicht danach aus, als würde Tenseiga ihn retten. Meine Augen weiteten sich und mit einem Mal erstarrte ich zur Salzsäule, als Sesshomaru anfing zu schreien. Das Licht der Windnarbe blendete mich zu sehr, als dass ich noch etwas sehen konnte. Aber schnell schwand es dahin und mit ihm fiel auch das Schwert Sesshomarus zu Boden. Gleich darauf folgte er selbst. Es dauerte nur einen Wimpernschlag, bis sich der Schnee unter ihm tief rot färbte. Die Farbe breitete sich immer mehr aus. Er rührte sich nicht. Mein Herz pochte einmal laut, ehe die Außenwelt vor meinen Augen verschwamm und nur noch dumpfe Geräusche zu meinen Ohren drangen. Ich lief immer schneller, obwohl ich mich kaum noch dazu in der Lage fühlte. Aber der Anblick, der sich mir bot, verdrängte den Schmerz vollends. Schließlich kam ich bei meinem Ziel an. Er lag mit dem Bauch auf dem Schnee, die Augen geschlossen. Und er rührte sich keinen Millimeter. Geschockt fiel ich auf die Knie. Ein Ruf ertönte.

„Kagome!“

Mit leeren Augen wandte ich mein Gesicht Inuyasha zu.

„Komm, lass uns gehen. Du musst schnell ins Warme.“

Ich verstand was er meinte, aber als ich die Lippen zu einer Antwort öffnen wollte, kam kein Ton heraus. Stattdessen spürte ich die eisige Spur, die eine Träne auf meiner Wange hinterließ.

„Ich kann nicht gehen“, brachte ich letztendlich beinahe lautlos über die Lippen.

„Was?“, entgegnete er verständnislos.

In dem Moment, in dem ich antworten wollte, unterbrach mich eine kreischende Stimme. Nein, es war nicht nur eine.

„Sesshomaru-sama!!!“, hallte es über die weite Fläche. Erneut erstarrte ich, während sich meine Hände zu Fäusten ballten. Langsam drehte ich mich zu der Stimme und musste feststellen, dass ich mich nicht getäuscht hatte. Mit überraschender Schnelligkeit liefen das kleine Mädchen und der Gnom auf uns zu.

„Sesshomaru-sama“, rief ich Rin nochmals und kniete sich aufgelöst neben ihn, während Jaken uns feindselig anstarrte.

„Was ist passiert? Warst du das etwa, Hanyou?“, rief er wütend aus und fuchtelte wie wild mit seinem Kopfstab herum.

„Ja, und?“

Als Rin das hörte, drehte sie ihr Gesicht ruckartig zu Inuyasha. Tränen liefen ihr in Strömen über die Wangen. Mit jeder weiteren Sekunde, die verging, hatte ich das Gefühl, immer mehr den Boden unter mir zu verlieren.

„Du warst das?“, schrie sie mit ihrer kindlichen Stimme. „Warum? Warum hast du das gemacht? Warum?“, schluchzte sie. Auch Inuyasha ereilte nun das schlechte Gewissen, ich sah es ihm an. Schuldbewusst senkte er den Kopf. Denn auch, wenn er nicht wusste, wieso, war ihm klar, dass Sessomaru diesem Mädchen sehr viel bedeutete. Aber nicht ihn traf die Schuld. Es war zwar sein Angriff, aber nur durch ihren Ruf, konnte Sesshomaru nicht mehr ausweichen. Und diese Erkenntnis ließ sie ruckartig aufstehen.

„Inuyasha, bitte geh.“

„Was?“, fragte er nun ungläubig.

„Dass das passiert ist, ist allein meine Schuld. Ich kann jetzt nicht einfach gehen. Ich kann ihn nicht sterben lassen.“

„Aber...“, setzte er an, aber ich unterbrach ihn.

„Sobald er gesund ist, komme ich zu dir. Versprochen!“

„Er lebt noch“, stellte Jaken plötzlich fest, worauf ich mich blitzschnell zu ihm drehte und wieder niederkniete. Als ich den Dämon genauer betrachtete, bemerkte ich das leichte Heben und Senken seines Rückens.

Zum Glück, dachte ich erleichtert.

„Aber wir müssen schnell handeln, sonst…“, Jaken beendete den Satz nicht, stattdessen kullerten auch ihm Tränen über die Wangen. Aber allein dadurch wusste ich, was er sagen wollte. Dies bestärkte mich nur noch mehr in meinem Vorhaben. Entschlossen richtete ich mich auf und wandte mich an Jaken.

„Jaken, bitte lass die Wachen Sesshomaru in seine Gemächer tragen und alles für eine ärztliche Behandlung herrichten.“

Abrupt stellte er auf trotzig. „Warum sollte ich auf einen Menschen hören?“

„Weil es hier um deinen Meister geht und ich momentan die einzige bin, die über das nötige Wissen verfügt“, entgegnete ich ernst. Dies schien ihn zu überzeugen, denn kaum hatte er genickt, verschwand er schon, um alles in die Wege zu leiten. Binnen einer Minute kamen die Wachen, um den Dämon wegzutragen. Rin folgte ihnen hastig und schließlich drehte ich mich erneut zu Inuyasha.

„Bitte Inuyasha“, meinte ich noch und das schien letztendlich zu wirken. Er nickte knapp und mit einem „Pass auf dich auf“ sprang er davon. Und ich machte mich daran, schleunigst ins Schloss zu kommen. Erstens um mich aufzuwärmen und zweitens um Sesshomaru wieder gesund zu pflegen. Denn das war ich ihm in vielerlei Hinsicht schuldig.

Wen liebe ich?

Als ich in Sesshomarus Gemächern ankam, war schon alles vorbereitet. Niemand war mehr da abgesehen von einer einzigen Person. Rin. So zusammengekauert, wie sie da saß, sah sie unheimlich einsam aus und mich packte mit einem Mal erneut das schlechte Gewissen. Als sie mich bemerkte, wurde ihr Blick um eine Spur trauriger. Langsam kam sie auf mich zu.

„Kagome-sama, was meintest du damit, dass es deine Schuld ist?“

Ich senkte den Kopf, so dass meine Haare meine Augen verbargen. Dann kniete ich mich zu ihr runter und blickte sie an. Sie sah mich verständnislos an, ihre Augen waren vom Weinen ganz rot. Das gab mir den Rest. Verzweifelt schlug ich mir die Hände vor´s Gesicht. Die Tränen flossen nun haltlos über meine Wangen.

„Es tut mir so leid, Rin-chan“, schluchzte ich. „Es war keine Absicht. Ich hatte Angst um Inuyasha und habe durch meinen Warnruf Sesshomaru aus dem Konzept gebracht. Hätte ich nicht geschrien, wäre das nicht passiert. Es tut mir so furchtbar leid.“ Ich fühlte mich schrecklich, die Tränen wollten einfach nicht nachlassen. Doch plötzlich spürte ich eine Hand auf meinem Kopf. Verwundert sah ich auf. Rin lächelte mich schwach an.

„Du hast es doch gemacht, weil du dir um Inuyasha Sorgen gemacht hast. Und wie du schon sagtest, war es keine Absicht. Ich bin dir nicht böse, Kagome-sama.“

„Rin-chan“, flüsterte ich. Sie nickte aufmunternd.

„Aber bitte mach Sesshomaru-sama wieder gesund.“

Nun war ich diejenige, welche entschlossen nickte. „Dann warte bitte draußen. Ich verspreche dir, Sesshomaru zu heilen.“

Sie folgte meiner Anweisung und lief eiligst aus dem Raum. Und ich wandte mich nun dem Dämon zu. Seine Augen waren geschlossen, was mich schlussfolgern ließ, dass er noch bewusstlos war. Erleichtert atmete ich aus, denn das würde mir unnötige Ärgernisse ersparen. So machte ich mich daran, ihn vorsichtig von seiner Rüstung und den Schwertern zu befreien. Nachdem dies geschafft war, wanderte meine Hand zu seinem Haori, um auch diesen zu öffnen, doch bevor ich ihn berühren konnte, griff eine Hand nach meinem Handgelenk. Erschrocken sah ich auf und starrte direkt in die goldenen Augen Sesshomarus, welche mich feindselig musterten.

„Was denkst du, tust du da?“, fragte er knurrend. Obwohl es ihm so schlecht ging, konnte er einem immer noch ohne Probleme Angst machen. Aber damit schreckte er mich nun nicht ab. Entschlossen sah ich ihn an.

„Wonach, denkst du, sieht es aus?“, fragte ich zurück. „Du magst zwar ein Dämon sein, aber du bist noch lange kein Gott. Wenn ich deine Wunden also nicht behandle, gehst du möglicherweise drauf.“ Ich hoffte inständig, dass würde ihn überzeugen, denn uns blieb nicht ewig Zeit. Ich musste schnell handeln. Er schickte mir noch einen drohenden Blick, schloss dann jedoch die Augen und legte seinen Kopf wieder auf das Kissen. Ich nahm das als sein Einverständnis und begann hastig damit, seinen Haori zu öffnen. Dummerweise kam ich nicht drum herum, ihn nochmal anzusprechen.

„Sesshomaru, setz dich bitte auf!“ Mehr sagte ich nicht, er musste wissen, wieso ich das von ihm verlangte. Zu meiner großen Überraschung tat er wie geheißen und richtete sich auf. Ich nutzte die Chance und zog ihm schnell den Haori aus. Dann schnappte ich nach dem nassen Lappen, setzte mich hinter ihn und wischte über seinen Rücken. Die Situation erinnerte mich unweigerlich an das Waschen von letztens zurück, was mir unweigerlich die Röte in die Wangen trieb. Aber ich ließ mich nicht abbringen, sondern machte wie gehabt weiter.

„Warum tust du das? Warum nutzt du nicht die Chance und läufst zu meinem Halbbruder?“, ertönte schwach seine Stimme.

„Denkst du wirklich so von mir? Etwa weil ich ein Mensch bin? Dann will ich dir sagen, du liegst falsch. Wie könnte ich dich jetzt, wo du – auch noch durch meine Schuld – so zugerichtet wurdest, alleine lassen? Und ganz abgesehen davon, will ich Rin nicht ihre einzige Bezugsperson nehmen.“

Es herrschte eine Weile Stille, dann erklang erneut seine Stimme. „Heißt das, du sorgst dich um mich, Kagome?“ Ich hörte deutlich den belustigten Unterton, was meine Wangen rot werden ließ. Einerseits vor Scham, andererseits vor Wut. Trotz seiner Verletzungen konnte er immer noch große Reden schwingen. Aber dann bemerkte ich, dass er mich zum ersten Mal bei meinem Namen genannt hatte. Ich zog es jedoch vor, nicht weiter darauf einzugehen.

„Und was, wenn es so wäre?“, fragte ich ernst, doch darauf bekam ich keine Antwort mehr. Ich ließ es sein, nachzubohren und widmete mich wieder seinen Wunden.

Als ich dann vor ihm saß und über seine Brust wischte, knurrte er auf. Natürlich, schließlich wurde er dort frontal getroffen. Nach einiger Zeit hatte ich zwar das ganze Blut weggewischt, doch dafür fiel mir etwas anderes auf. Auch wenn er momentan ruhig aussah, sagte sein Körper etwas anderes. Frustriert pustete ich die Luft aus.

„Sesshomaru, wenn du deine Muskeln nicht entspannst, kann das übrige Blut nicht abfließen. Und das muss aber passieren, sonst kann sich deine Wunde nicht richtig schließen. Das weißt du doch sicher selbst am besten.“ Auch wenn er mich sicher hörte, änderte sich seine Haltung kein Stück. Aber er musste sich dringend entspannen. Nur wie konnte ich ihn dazu bringen? Als ich ihn genauer betrachtete, fiel mir Inuyasha wieder ein. Und mit diesem Gedanken kam ich auf einen Hund. Stimmt, er war trotz allem zur Hälfte Hund. Vielleicht konnte ich das ja für mich nutzen. Mir fiel sogar schon etwas ein, es fragte sich jedoch, ob er das einfach so mit sich machen lassen würde. Aber eine andere Möglichkeit sah ich nicht, also wagte ich es. Langsam hob ich die Hand und wanderte mit dieser zu seinem Ohr. Lautlos atmete ich nochmal tief durch, ehe ich vorsichtig damit begann, ihn hinter dem Ohr zu kraulen. Hunde mochten so was schließlich. Abrupt riss er die Augen auf und ich dachte schon, mein letztes Stündlein hat geschlagen, doch es kam ganz anders. Ehe ich mich versah, griff er nach meinem Arm und zog mich zu ihm, um dann seine Lippen besitzergreifend auf meine zu legen. Erstaunt riss ich nun die Augen auf und starrte in seine geschlossenen. So wenig ich es glauben konnte, dieser Kuss hatte etwas Verzweifeltes an sich. Als würde er sich mit aller Macht an mich klammern wollen. Aber war das denn überhaupt möglich? Egal was es nun war, ich konnte mich einfach nicht von ihm lösen, weshalb ich letztendlich den Kuss erwiderte. Und schon schlang er seine Arme um mich, so als hätte er vor, mich nie wieder loszulassen. Ohne ihm in die Augen sehen zu müssen, spürte ich das erste Mal die Einsamkeit, die von ihm ausging. Irgendwie ja verständlich, wenn man schon so lange lebte. Plötzlich löste er sich von mir und ließ den Kopf auf meine Schulter fallen. Wie selbstverständlich legte ich meine Hand auf seinen Kopf.

„Du wirst mich wohl erst später weiter versorgen können“, murmelte er in mein Haar. Verwirrt hob ich die Augenbrauen und wollte ihn fragen, warum, aber in dem Moment hörte ich ein Räuspern. Bei mir stellten sich sämtliche Haare auf und langsam drehte ich den Kopf zur Tür. Jaken stand dort und bedachte mich mit einem feindseligen Blick. Ich blinzelte überrumpelt und stand dann blitzschnell auf.

„Jaken, was willst du?“, ertönte Sesshomarus Stimme, in der ich einen leicht genervten Unterton erkannte. Kam es mir nur so vor, oder zeigte er plötzlich mehr Gefühle? Ich war mir nicht ganz sicher, was aber auch mit dem eben Geschehenen zusammen hängen könnte.

„Es geht um den Fürst der südlichen Ländereien.“ Schlagartig verengten sich Sesshomarus Augen und er sah zu mir.

„Kagome.“ So wie er meinen Namen aussprach, verstand ich sofort, weshalb ich nickte und an Jaken, dem die Kinnlade derweil runtergefallen war, vorbei ging. Auf dem Weg in mein Zimmer gingen mir die Ereignisse von eben nicht mehr aus dem Kopf. Unbewusst leckte ich mir über die Lippen und spürte die Hitze in meine Wangen steigen, als ich an seine Zärtlichkeit zurück dachte. Aber was hatte das nun eigentlich zu bedeuten? Was war ich für ihn? Ach, warum musste das alles nur bloß immer so kompliziert sein?

Als ich endlich in meinem Zimmer ankam, mich auf mein Bett warf und die Augen schloss, dachte ich, wenigstens für diesen Moment, meine Ruhe zu haben. Aber auch dieses Mal wurde es mir nicht vergönnt. Denn kurz, nachdem ich den Kopf seitlich auf meine Arme gebettet hatte, spürte ich einen Pieckser an meiner Wange und klatschte wie aus Reflex mit der Hand auf diese. Ein leises schmerzvolles Jaulen war zu hören, dann trat Stille ein. Verwirrt sah ich zur Seite und erblickte Myouga, welcher platt wie eine Flunder auf der Decke lag. Sachte hob ich den Floh auf meine Hand.

„Myouga, was machst du denn hier? Und wie bist du hergekommen?“ Er reagierte sofort auf meine Frage und sprang auf.

„Ich bin im Auftrag von Totosai hier. Ich soll dir sagen, wie du dich für einen entscheiden kannst.“

„Und wie?“

„Du musst demjenigen lediglich deine Liebe gestehen. Und er muss diese erwidern. Tut er es nicht, wird die Rose, die er dir geschenkt hat, verwelken. Erwidert er jedoch deine Gefühle, wird die Rose so schön aussehen, als wäre sie eben erst erblüht.“

Ich hatte dem Ganzen still gelauscht, doch mein zuversichtliches Lächeln gefror mit jedem weiteren Wort, das er von sich gab. Ich sollte demjenigen also meine Liebe gestehen. Und was, wenn ich die falsche Entscheidung traf? Aber hey, ich hatte ja genügend Zeit, um das zu entscheiden. Schließlich hatte ich dieses Mal kein Limit oder sowas.

„Ach, und bevor ich es vergesse, du musst deine Entscheidung bis morgen getroffen haben“, sagte Myouga und sorgte damit, dass auch meine letzte Hoffnung flöten ging.

„Warum bis morgen?“, fragte ich entrüstet. Ich hatte nicht einmal die Chance, Inuyasha zu sehen. Der Flohgeist schüttelte missbilligend den Kopf.

„Liegt das nicht auf der Hand? Euch verbindet immer noch ein festes Band, welches nur durchtrennt werden kann, wenn du eine Entscheidung triffst. Und sowas kann schließlich nicht ewig dauern. Und denk mal an Inuyasha und Sesshomaru, die haben es sicher auch nicht leicht, wenn sie ständig darauf warten müssen, dass du dich endlich für einen von ihnen entscheidest. Obwohl ich mir das bei Sesshomaru ja irgendwie nicht vorstellen kann“, fügte er noch hinzu, was mich leicht zusammen schrecken ließ. Ob er da wirklich recht hatte?

„Myouga, ich glaube, ich habe meine Entscheidung bereits getroffen“, flüsterte ich. Wie gesagt, ich glaubte es.
 

Nach einiger Zeit folgte ihr Sesshomaru, um sie wieder zu sich zu holen, bis er schließlich vor ihrer Zimmertür stehen blieb. Seine Hand legte sich auf den Türgriff, als er Myougas Stimme hörte.

„Bist du sicher, dass du ihn liebst?“

Er hielt inne und lauschte. Dieser lästige Flohgeist war bei ihr. Aber was wollte er?

„Ich fühle mich zu ihm hingezogen. Ich weiß nicht, ob es die richtige Entscheidung ist, aber trotzdem werde ich es Inuyasha sagen“, entgegnete Kagome, was ihn unweigerlich erstarren ließ. Für einen winzigen Moment senkte er den Kopf, nur um dann mit einem kalten Ausdruck im Gesicht die Tür zu öffnen und Kagome in Grund und Boden zu starren.
 

Heftig zuckte ich zusammen, als sich plötzlich die Tür öffnete und ich einem Paar goldener Augen begegnete. Ich wollte lächeln, doch die nächsten Worte erschütterten mich so sehr, dass ich es mir sofort anders überlegte.

„Wir sind quitt. Verlasse also sofort das Anwesen.“ Mit diesen Worten ging er auch schon wieder. Erst langsam sicherten die Worte zu mir durch, doch als ich verstand, sprang ich mit einem Mal auf und rannte ihm nach.

„Warte Sesshomaru! Warum lässt du mich plötzlich gehen? Die Woche ist doch noch gar nicht um. Außerdem wollte ich noch…“, Während ich lief und gleichzeitig redete griff ich nach seinem Arm, um ihn zu mir zu drehen. Doch als ich in sein Gesicht sah, blieben mir die Worte im Halse stecken.

„Ihr Menschen seid wirklich alle gleich. Ich hoffe, du hattest deinen Spaß.“ Seine Augen zeigten für diesen kurzen Augenblick unendlichen Schmerz, bevor wieder die Kälte an erster Stelle trat. Während er sich umdrehte, sagte er noch: „Verschwinde! Ich will dich hier nicht mehr sehen.“

Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, meine Knie wurden weich, aber ich zwang mich mit all meiner Kraft, standhaft zu bleiben. Und so drehte ich um und lief blindlings zum Ausgang, ohne mir etwas Wärmeres anzuziehen. So bekam ich natürlich nicht mit, wie Sesshomaru indes mit den Zähnen knirschte und er seine Hände zu Fäusten ballte.

Tränen bildeten sich in meinen Augen, ich verstand nicht, was plötzlich los war. Eben noch hatte er mich geküsst und nun das. Dabei wollte ich…

Ich hörte gar nicht mehr Myougas Stimme, die mir nachrief, sondern stürmte weiter die Treppe runter und stieß mit einem Ruck das Tor auf.

Ich wollte doch…

Eisige Kälte wehte mir abermals entgegen, aber das machte mir nichts aus. Alles was ich wollte, war hier raus.

Ich wollte…

Ich lief und lief, aber nach circa dreißig Metern knickte ich schließlich doch ein. Es schmerzte, dieses stetige Stechen in meiner Brust ließ mich mehr und mehr Tränen vergießen, bis ich schließlich ein Schluchzen nicht mehr unterdrücken konnte. Der Schnee um mich herum und der kalte Wind sorgten innerhalb kürzester Zeit dafür, dass ich kaum noch ein Körperteil spürte.

Dabei wollte ich dir doch noch sagen…

„Ich liebe di…“, obwohl ich nur flüsterte, brach meine Stimme vollends. Und während ich unter Schluchzern wieder aufstand und wankend weiter ging, erblühte die weiße Rose in meinem ehemaligen Zimmer zu neuer Schönheit.

Ich wusste nicht, wie lange ich gegangen bin – vermutlich war ich nicht weit gekommen – aber meine Beine vermochten einfach nicht mehr, mich weiter zu tragen, weshalb ich letztendlich müde zusammenbrach und binnen Sekunden in einem tiefen Schlaf versank.

Die Wahrheit

Das Knistern des Feuers ließ mich langsam wieder aufwachen. Verwirrt hob ich den Kopf und sah mich um. Ich dachte eigentlich, mich das nächste Mal, wenn ich aufwachen würde, im Jenseits wieder zu finden, doch dem war scheinbar nicht so. Mein Blick schweifte weiter, bis er plötzlich an etwas hängen blieb, was mich heftig zusammen zucken ließ. Gar nicht weit entfernt saß Inuyasha, welcher offenbar friedlich vor sich hin schlummerte. Doch als ich mich aufsetzte, schlug er auf einmal die Augen auf und starrte mich an.

„Du bist endlich wach.“ Und dann sprang er auf mich zu und legte wie selbstverständlich die Stirn an meine. „Dein Fieber ist auch gesunken“, stellte er erleichtert fest.

Ich hatte also Fieber, ging es mir durch den Kopf, naja, nicht weiter verwunderlich.

„Inuyasha, hast du..?“ mich gerettet, wollte ich fragen, aber eigentlich war es doch offensichtlich, oder nicht? Trotzdem wusste ich im ersten Moment nichts anderes, was ich hätte sagen können. Viel zu verwundert war ich darüber, noch zu leben. Aber mit der Verwunderung kam auch die Erinnerung. Und mit der Erinnerung kam der Schmerz. Es war so ein plötzlicher, unvorhergesehener Schmerz, dass ich die Träne, die über meine Wange kullerte, nicht zurückhalten konnte. Inuyasha reagierte sofort, denn ehe ich mich versah, lag ich in seinen Armen. Doch so schnell, wie er das tat, hielt er mich auch wieder von sich weg und sah mir ernst in die Augen.

„Was hat er dir angetan?“

Ich schüttelte wie wild den Kopf, da mir im Moment die Kraft zum Reden fehlte. Ich war noch immer ganz durcheinander, mir kam alles so surreal vor. Ich kniff die Augen zusammen und schon wurde ich wieder fest umarmt.

„Was ist nur bloß passiert, Kagome?“, flüsterte er. „Aber egal, was es ist, du bist jetzt bei mir und ich werde immer bei dir bleiben.“ Die Entschlossenheit war deutlich aus seiner Stimme heraus zu hören, aber als ich diese Worte vernahm, musste ich an mir halten, nicht noch mehr Tränen zu vergießen. Schmerzhaft verzog ich das Gesicht, was er natürlich nicht sehen konnte, und vergrub es dann in seiner Schulter. Seit ich denken konnte, wollte ich diese Worte von ihm hören. Jetzt lag auch der Bann nicht mehr auf ihm. Aber nun… liebte ich jemand anderen. Und wieder wurde meine Liebe nicht erwidert. Auch wenn ich kein Stück begriff, wie ich für diesen Dämon Gefühle entwickeln konnte, seine Art, seine Kälte, und das was noch dahinter steckt, all das faszinierte mich und zog mich schließlich in seinen ganz eigenen Bann. Aber ich hielt es nicht mehr aus, diese ständigen Abweisungen, den Schmerz, ich wollte geliebt werden und die Person, in dessen Armen ich mich gerade befand, schien mich ganz offensichtlich zu lieben. Ich war es endgültig leid und deshalb würde ich nun darauf hoffen, mich erneut in Inuyasha verlieben zu können. Ich glaubte fest daran, denn noch immer empfand ich eine gewisse Zuneigung. Und mit diesen Gedanken schloss ich wieder die Augen.
 

Unruhig ging Sesshomaru durchs Schloss und wollte sich nicht eingestehen, vielleicht die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Aber sie entschied sich letztendlich doch für seinen Bruder. Er hatte es sich von Anfang an gedacht. Er hatte nicht geplant, dass es so kommt. Er wollte das Gefühl ergründen, dass ihn seit dem Ende des Banns nicht losgelassen hatte. Deshalb behielt er sie bei sich. Nur aus diesem Grund. Aber mit jedem Tag wurde dieses verdammt Gefühl stärker und er merkte zu spät, was es bedeutete, als dass er sich noch davon hätte lösen können. Letztendlich gewährte er ihr einen Einblick in sein Herz und erhielt sogleich die Strafe. Menschen konnte man halt nicht trauen. Sie hatte seine Schwäche schamlos ausgenutzt und ihn bloß gestellt. So etwas durfte ihm nicht noch einmal passieren. Mit diesen Gedanken setzte er wieder seine kalte Maske auf und schritt langsam zu ihrem Zimmer. Er wollte die Rose holen, denn nun konnte er sie endlich verbrennen. Doch als er in den Raum trat, überfiel ihn sofort der Flohgeist.

„Sesshomaru-sama, da seid ihr ja. Wo ist Kagome? Sie ist euch doch nach gelaufen?“

„Sie ist weg.“

Verwirrt runzelte Myouga die Stirn. „Warum? Was ist passiert?“

„Ich habe sie weggeschickt. Und du solltest jetzt auch gehen“, sagte er mit einem kalten Blick und wandte sich ab.

Ängstlich wich der Flohgeist zurück und fing an zu stottern. „A-Aber warum? Sie hat ihnen doch ihre Liebe gestanden?“

Ruckartig fuhr der Dämon herum und zog die Augenbrauen hoch. „Was hast du gesagt?“
 

"Wo sind Sango und Miroku?", stellte ich nun doch die Frage, welche mir schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte. Darauf löste sich der Hanyou von mir.

"Sie sind bei Kaede. Ich sagte ihnen, ich würde dich suchen und erst mit dir wieder kommen."

Dieses Aussage ließ mich leicht erröten, aber binnen einer Sekunde rief ich mich zur Besinnung. "Inuyasha, ich...", fing ich an, brach aber mitten drunter wieder ab. Was wollte ich sagen? Meine Liebe gestehen? Seine ablehnen? Ich war mir nicht sicher. Vor den wenigen Minuten, in denen ich mich noch in seinen Armen befand, dachte ich, mich nochmal in ihn verlieben zu können. Aber mit einem Mal schwand diese Hoffnung auf ein Minimum zurück und machte der Realität Platz. Mir fiel etwas auf. Seit ich wieder hier war, hatte er mir noch nicht die Liebe gestanden. Hatte es nichts weiter zu bedeuten? Würde dies noch kommen, oder...

Ich wollte mir nicht ausmalen, was andere Möglichkeiten wären, aber der Zweifel verankerte sich tief in meinem Herzen und damit auch das Misstrauen. Vorerst würde ich aber kein Wort darüber verlieren. Ich wollte es gar nicht herausfinden. Im Moment wollte ich einfach nur Ruhe. Ruhe zum Nachdenken. Ich überlegte, einfach wieder nach Hause zu gehen, das wäre vielleicht das Beste, was ich tun konnte. Aber irgendetwas hielt mich hier. Ich wollte einfach nicht weg. Denn egal, wie sehr ich mir auch einredete, dass Sesshomaru nichts für mich empfand, konnte ich die kleine Hoffnung nicht unterdrücken. Und genau deshalb wollte ich in dieser Zeit bleiben und auf ihn warten. Egal, wie vergeblich es auch sein mochte, ich konnte einfach nicht anders. Dieser Gedanke zauberte ein schwaches Lächeln auf mein Gesicht. Das war es also, was Sesshomaru wohl als erbärmlich bezeichnen würde.

"Schlaf noch etwas. Du siehst müde aus", sagte Inuyasha sanft und ich tat wie geheißen.
 

"Hat sie das etwa nicht?" Überrumpelt starrte Myouga den Dämon an. "Aber wie..?" Sein Blick wanderte zur Rose und dann wieder zu Sesshomaru zurück.

Der Daiyokai währenddessen war seinem Blick gefolgt und sah nun das, wegen dem eigentlich hergekommen war. Mit gerunzelter Stirn schritt er auf die Rose zu, welche anders aussah, als er sie das letzte Mal gesehen hatte. So lebendig, als hätte man sie eben erst gepflückt. Auffordernd sah er zum Flohgeist, welcher sofort verstand und sich räusperte.

"Das ist die Wirkung von Kagomes Liebe. Ich verstehe das allerdings nicht, da dies automatisch heißen müsste, Ihr liebt sie auch. Aber das ist ja vollkommen unmöglich.", winkte der Floh ab und sah dabei den Blick des Dämons nicht. Denn dieser starrte fassungslos ins Leere und fragte sich zugleich, warum er das schnelle Klopfen seines Herzens so deutlich hörte. Geradezu schmerzhaft pochte es in seiner Brust, während ein Bild Kagomes vor seinem inneren Auge erschien.

"Ich habe sie ja gewarnt." Bedächtig schüttelte Myouga den Kopf. "Warum hat sie nicht auf mich gehört?", fragte er sich selbst.

"Wie meinst du das?", fragte der Dämon, als er das hörte.
 

Mitten in der Nacht wachte ich nochmal auf, irgendetwas hatte mich geweckt. Als ich mich umsah, konnte ich Inuyasha nirgendwo erblicken, weshalb ich mich schließlich auf wackligen Beinen auf die Suche nach ihm machte, wobei ich ja schon eine leise Ahnung hatte. Aber ich versuchte sie, so gute es ging zu verdrängen. Weit musste ich jedoch nicht gehen, denn schon nach kurzer Zeit sah ich ein Leuchten in der Nähe. Und dieses Leuchten kam von Seelenfängern. Es war so, wie ich befürchtet hatte. Kikyo. Sie lehnte an einem Baum und bedachte Inuyasha mit einem ihrer leeren Blicke. Er hingegen stand ihr ruhig gegenüber.

"Kikyo, wie lange willst du noch so weiter machen?"

"So lange, bis du mich ins Jenseits begleitest, Inuyasha. Tu nicht so, als wüsstest du das nicht."

Ich verstand nicht ganz den Sinn von ihrem Gespräch, auch wenn mir das Thema bekannt vorkam, aber dieses Mal schien es irgendwie in eine andere Richtung zu gehen.

"Ich hatte dir doch schon gesagt, dass ich Kagome liebe."

Bei diesen Worten wurde mir warm ums Herz, besonders, weil er es zum ersten Mal zu Kikyo gesagt hatte. Aber die Miko ihm gegenüber verzog daraufhin arrogant das Gesicht.

"Das denkst du vielleicht, aber sie ist auch nur meine Wiedergeburt."

"Nein, das ist sie nicht", rief er wütend. "Selbst, wenn du noch leben würdest, würde ihr Charakter sich von deinem gänzlich unterscheiden. Ihr seht euch vielleicht ähnlich, aber das ist auch schon alles."

Diese Aussage hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Und genau deshalb zog ich mich auch wieder leise zurück, denn nun vertraute ich ihm. Er schien mich wirklich zu lieben. Doch gerade, als ich ihnen den Rücken zuwandte, zog Kikyo Inuyasha zu sich und küsste ihn, was er nach einigen Sekunden Starre, schließlich erwiderte. Und damit begann von ein auf den anderen Moment die rote Rose, welche irgendwo in der Nähe lag, zu verwelken und zu Staub zu zerfallen, um dann vom eiskalten Wind in alle Himmelsrichtungen getragen zu werden und niemals das Mädchen erfahren zu lassen, was wirklich passiert war.
 

Der letzte Bann war gebrochen,

die Liebe ausgesprochen.
 

"Sie wollte euch ihre Liebe gestehen, aber davor wollte sie Inuyasha noch sagen, dass sie sich für euch entschieden hat. Aber ich habe ihr davon abgeraten, da Ihr sie sicher abweisen würdet."

Mit einem Mal wurde Sesshomaru klar, welch dummen Fehler er begangen hatte. Er hatte sie zu Unrecht beschuldigt und fortgeschickt und nun... wo war sie nun? Er wusste, dass sie sofort verschwunden war und das in der leichten Kleidung. Für einen Menschen im Winter der sichere Tod. Es sei denn, jemand hätte sie rechtzeitig gefunden und wenn dies der Fall wäre, fiel ihm nur eine einzige Person dafür ein.

"Sesshomaru-sama, wo wollt Ihr hin?", rief Myouga ihm noch nach, als er plötzlich wie von der Tarantel gestochen aus dem Zimmer raste.
 

Aber wer weiß schon, ob die Liebe zueinander findet,

wenn die Hoffnung mit jedem Atemzug weiter schwindet.

Was empfindet er?

Ich setzte mich lächelnd wieder zurück an meinen Platz und wartete darauf, dass Inuyasha wieder zurück kam, doch statt ihm trat jemand ganz anderes durchs Dickicht. Freudig stand lief ich Sango in die Arme, als ich sie und die anderen erblickte.

„Was macht ihr denn hier?“, fragte ich aufgeregt. Ich hatte sie so lange nicht mehr gesehen, dass es mir wie eine Ewigkeit vorkam.

„Als Inuyasha nicht wiederkam, haben wir uns langsam Sorgen gemacht und dachten deshalb, wir sehen selbst mal nach dir“, entgegnete Sango, während mir Shippo weinend in die Arme sprang. Auch Miroku begrüßte mich mit einer kurzen Verbeugung und nach einiger Zeit des Redens tauschten Sango und Miroku plötzlich nervöse Blicke aus. Natürlich blieb mir dies nicht verborgen.

„Ähm… was ist denn los?“, fragte ich an die beiden gewandt. Sango war es, die antwortete.

„Kagome, ich schätze, du hast dich für Inuyasha entschieden, nicht wahr?“, fragte sie. Für einen Moment schwankte meine Stimmung in Trauer um, riss mich aber dann zusammen.

„Eigentlich nicht“, gestand ich und sie horchten auf. „Aber ich wurde abgewiesen und Inuyasha scheint mich wirklich zu lieben, deshalb will ich versuchen, mit ihm glücklich zu werden. Darauf folgte erneut ein nervöser Blick, dann herrschte Stille und schließlich ergriff Shippo das Wort.

„Kagome, wir wollen dich wirklich nicht verletzen, aber…“

„du scheinst es nicht zu wissen. Und wir wollen dich nicht im Unklaren darüber lassen“, beendete Sango den Satz. Verwirrt sah ich von einem zum anderen.

„Was meint ihr?“

„Inuyasha liebt nicht nur dich“, sagte Miroku und wandte seinen Blick ab. Augenblicklich wurde ich hellhörig.

„Was..?“ Das konnte nicht sein, ich habe doch eben gehört, dass er mich, und zwar nur mich liebt.

„Wir haben es gesehen, bevor er gegangen ist, um dich zu holen. Er war bei Kikyo.“ Sango hielt einen Moment inne, sie starrte immer noch auf den Boden und redete nach kurzer Zeit weiter. „Möglicherweise hast du recht und er liebt dich wirklich, aber so lange Kikyo am Leben ist, wird sie an erster Stelle bei ihm stehen. Und wir wollten, dass du das weißt, bevor du deine endgültige Entscheidung fällst.“

Mit einem Mal fühlte es sich an, als würde der Boden unter meinen Füßen verschwinden, als würde sich ein gigantisches schwarzes Loch auftun, welches mich jeden Moment zu verschlingen drohte. Nein, nicht schon wieder. So ungern ich ihnen glauben wollte, ich zweifelte keinen einzigen Augenblick an ihren Worten, auch wenn mir die Szene vor wenigen Minuten etwas anderes zeigte. Vielleicht war ich zu naiv und verzweifelt, um zu sehen, was er wirklich für mich empfand.

„Was macht ihr denn hier?“, ertönte plötzlich Inuyashas Stimme. „Ich dachte, ihr würdet warten, bis ich wieder zurück bin.“ Sie schwiegen darauf und senkten nur noch mehr den Kopf. Obwohl ich traurig hätte sein müssen, war ich es nicht. Im Gegenteil, ich fühlte mich seltsam ernüchtert. Und das war wohl das Ausschlaggebende für meine nächste Reaktion.

„Schaut nicht so traurig drein, es ist in Ordnung“, meinte ich an Sango und die anderen gewandt. Sie sahen verwundert auf. „Ich bin euch dankbar, dass ihr mir das erzählt habt. Denn jetzt weiß ich, dass ich keineswegs die falsche Entscheidung getroffen hatte.“ Mit diesen Worten ging ich auf Inuyasha zu.

„Inuyasha“, begann ich. „Ich habe mich entschieden. Ich weiß, über welche Rose ich mich mehr gefreut habe. Die Augen des Hanyous blitzten freudig auf, aber er blieb still und horchte weiter meinen Worten. Doch die nächsten würden ihm wohl nicht gefallen.

„Du bist so hitzköpfig, aber auch liebenswürdig und warmherzig, auch wenn du es niemals zugeben würdest. Deine Liebe ist sicherlich tief, aber dein Herz schlägt nicht für mich, sondern für jemand anderen. Und genauso geht es mir auch. Ich liebe dich nicht mehr.“ Die letzten Worte kamen mir nur noch leise über die Lippen, aber ich war sicher, dass er es trotzdem deutlich gehört hatte. Als ich aufsah, zuckten seine Ohren und sanken dann plötzlich mit einem Mal herab.

„Warum sagst du das?“, fragte er.

„Weil es so ist, das weiß ich. Und ganz tief in dir drin weißt du es auch. Also geh zu ihr, Inuyasha. Glaub mir, ich bin dir nicht böse.“ Kaum hatte ich die letzten Worte ausgesprochen, befand ich mich abermals in einer festen Umarmung. Ich konnte nur ein geflüstertes „Danke“ hören, ehe er sich wieder von mir löste und blitzschnell verschwand. Ich blinzelte verwirrt, zuckte aber dann die Schultern und wandte mich um. Meine Freunde sahen mich verständnislos und leicht fragend an.

„Es geht mir gut. Wirklich. Geht ihr schon mal zurück ins Dorf, ich komme später nach.“

Sie wechselten einen kurzen Blick, nickten aber schließlich und gingen. Bevor sie sich jedoch vollends aus dem Staub machten, ließ mir Sango noch einen wärmeren Kimono da. Ich dankte ihr und zog ihn mir rasch über. Das Lächeln, welches ich von einigen Minuten noch aufgesetzt hatte, verschwand ruckartig und machte trister Verzweiflung Platz. Ich schluckte hart und versuchte dadurch, den Kloß, welcher sich darin gebildet hatte, herunter zu schlucken, aber es wollte nicht gelingen. Stattdessen rannen mir langsam immer mehr Tränen über die Wangen. Versteht mich nicht falsch, ich bereute nicht, Inuyasha dies gesagt zu haben. Eigentlich hatte ich es doch von Anfang an vor, aber nun, wo ich tatsächlich alleine war, machte sich die Einsamkeit in mir breit und machte mir abermals bewusst, dass ich abgewiesen wurde. Ich seufzte deprimiert und ging in die entgegengesetzte Richtung meiner Freunde. Der Schnee flog wieder heftiger herum und erschwert mir somit die Sicht. Ich fragte mich ja, wie es nur bloß dazu kommen konnte, dass mich Sesshomaru so mir nichts dir nichts rauswarf. Aber ein richtiger Grund fiel mir nicht ein, wobei ich mir auch nicht vorstellen konnte, dass er mich grundlos wegschickte, so jemand war er doch nicht, oder? Zumindest glaubte ich das. Erneut entwich mir ein frustrierter Seufzer.

„Was habe ich denn nur bloß falsch gemacht?“, fragte ich mich.

„Gar nichts“, ertönte plötzlich eine Stimme. Verwundert sah ich auf und musste sicher gehen, ob ich richtig gehört hatte. Tatsächlich. Ein paar Meter von mir entfernt stand niemand anderes als besagter Dämon. Er musterte mich kühl und schritt dann auf mich zu.

„Das, was ich dir jetzt sage, werde ich nur ein einziges Mal sagen, also hör gut zu.“ Mit diesen Worten blieb er schließlich vor mir stehen und einem Ruck packte er mich am Handgelenk und zog mich zu sich. Verwirrt, wie ich war, ließ ich mich natürlich vollkommen in seine Arme sinken, spitzte aber folgsam die Ohren. Ich spürte, wie er sich zu meinem Ohr beugte und nur so leise sprach, dass ich es gerade noch verstand.

„Es tut mir leid.“ Als ich diese Worte vernahm, dachte ich, mein Herz würde geradezu davon schmelzen. Denn es war nicht nur das erste Mal, dass er sich entschuldigte, nein, sein Tonfall klang auch komplett anders. Er klang reuevoll, aber vor allem ehrlich. Ehrlicher als ich es bei Inuyasha je erlebt hatte, aber vielleicht lag das auch nur daran, dass ich es von ihm zum ersten Mal hörte.

„Ich verstehe nicht“, entgegnete ich verständnislos und starrte über seine Schulter in das dichte Geäst. „Warum entschuldigst du dich?“

„Weil ich dir Unrecht getan habe. Ich dachte, du hättest dich für Inuyasha entschieden. Und dazu habe ich dich auch noch tief verletzt. In dem Fall bin ich wohl nicht besser, als mein Bruder.“ Der bittere Unterton war deutlich heraus zu hören.

Hörte ich gerade tatsächlich richtig? Sesshomaru verglich sich mit Inuyasha. Langsam wurde es eindeutig zu viel.

„Verzeih mir“, flüsterte er, bevor ich die Hand hob und über sein Haar strich.

„Es ist okay“, flüsterte ich zurück. „Es ist alles okay. Ich verzeihe dir.“ Ich verstand, was er meinte. Als ich damals mit Myouga sprach, hatte er nur die Hälfte gehört und mich somit komplett falsch verstanden. Was ich allerdings ja nicht wissen konnte, war, dass er scheinbar doch mehr für mich empfand, als ich glaubte. Und nun? Wie sah es nun aus?

„Sesshomaru“, fing ich leise an. „Was empfindest du für mich?“ Er entfernte sich plötzlich von mir und sah mich ernst an. Weg war die Arroganz und Überheblichkeit, es war schlichtweg purer Ernst.

„Lass es mich dir zeigen“, sagte er sanft und fügte noch hinzu: „Schließ die Augen.“

Ich tat wie geheißen und spürte kurz darauf seine Lippen auf meinen. Bei dieser Zärtlichkeit erinnerte ich mich an das weiche Gefühl auf meinen Lippen zurück, welches ich damals bei meinem `Beinahe ertrinken´ verspürt hatte. Nun wusste ich endlich, woher es kam. Diese Erinnerung ließ mich leicht lächeln, was Sesshomaru scheinbar auffiel, denn er löste sich wieder von mir und sah mich fragend an. Auf jeden Fall wusste ich nun genau, was er für mich empfand. Ich schüttelte lächelnd den Kopf um ihm zu signalisieren, dass es nicht wichtig wäre und schmiss mich im nächsten Moment voller Freude um seinen Hals. Er erstarrte darauf für einen Moment, scheinbar war er sowas nicht gewöhnt, aber das wunderte mich auch nicht. Schließlich legte er aber doch die Arme um mich und allein durch diese winzige Geste, die doch eigentlich nicht so besonders war, welche man doch eigentlich auch zwischen Freunden austauschte, allein dadurch wusste ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Endlich.
 

_____________________________
 

Nur zur Info. Für alle, denen diese Geschichte gefallen hat, wird es ziemlich sicher noch eine kleine Fortsetzung geben, die Bloody Butterfly heißt. Mit diesen Worten verabschiede ich mich^^



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Kommentare zu dieser Fanfic (13)
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Von:  Yuna_musume_satan
2019-04-03T08:40:27+00:00 03.04.2019 10:40
Hammer geile Story habe mir alle Teile bis hier hin durchgelesen und bis auf Naraku ( das hat mich etwas überrascht) passten alle Charaktere wunderbar vor allen wie du sie beschrieben hast einfach Klasse
Von:  Biancacojocaru
2014-07-29T21:02:40+00:00 29.07.2014 23:02
Uff die Geschichte wird immer besser ☺️😊
Antwort von:  Hikari217
02.08.2014 17:33
Das freut mich^^
Von:  Salada
2014-04-04T08:57:05+00:00 04.04.2014 10:57
Super super tolle Geschichte bitte schreib noch eine ja???
Vor allem fand ich es schön das sesshoumaru nicht verändert wurden ist.....er bleibt eben ein eisklotz ;-)
Antwort von:  Hikari217
04.04.2014 18:29
Meinst du eine neue Geschichte mit einer neuen Handlung oder eine Fortsetzung? Geplant habe ich bei dem nämlich noch eine kleine Fortsetzung um zu sehen, wie diese Beziehung nun aussieht und ob sie allem standhalten kann. Bin schon eifrig am Schreiben, wird aber noch ne Weile dauern. Was neue Geschichten angeht, hab ich auch immer wieder Ideen. Ich werde auch bald eine Geschichte mit KagoxNaru starten, aber das ist ja nicht jedermanns Sache. Allerdings werde ich sicher wieder auch Geschichten mit SessxKago schreiben. Ideen hab ich ja schon. Oh und ich hab auch schon eine fertig, fällt mir ein. Auf fanfiction.de ist sie schon, aber hier werde ich sie auch hochladen. Sie heißt "Die Liebe kennt keine Grenzen" Hoffe sie gefällt dir.
Ja, darauf lege ich ebenfalls immer sehr viel Wert wenn ich lese, deshalb gebe ich mir größte Mühe, ihn im Original darzustellen, auch wenn das manchmal nicht so einfach ist^^
Von:  truedream
2014-03-06T05:54:59+00:00 06.03.2014 06:54
Ich finde deine Geschichte richtig Klasse. Und ich frei mich das sess und Lago doch noch zusammen kamen. Frei mich wenn die Fortsetzung erscheint.
Antwort von:  Hikari217
08.03.2014 17:26
Danke fürs Kommentar. Freut mich, dass sie dir gefällt. Kann noch nicht genau sagen, wann die Fortsetzung kommt, aber lange wird es denk ich nicht dauern.
lg Hikari217
Von:  Fanta
2014-03-05T13:56:01+00:00 05.03.2014 14:56
YAAAAAY! Eine fortsetzung von dem, was ich so toll finde ♡
Das kapitel ist superrrrrr, vorallem die letzten absätze, wo kagome auf sesshomaru trifft, gefallen mir besonders. Freue mich auf die fortaetzung ♡
Antwort von:  Hikari217
05.03.2014 17:35
hihi,jep. Normalerweise mache ich sowas nicht so, aber diesmal ist mir noch was gutes dazu eingefallen:)
Freut mich total, dass es dir so gut gefallen hat. Na dann^^ Lange wird es, denk ich eh nicht dauern.
lg
Antwort von:  Fanta
05.03.2014 17:41
Kannst du mir dann eine ENS schreiben, wenn sie freigeschaltet wurde??
Antwort von:  Hikari217
08.03.2014 17:10
Ja, okay, mach ich^^
Von:  Fanta
2014-02-26T14:46:44+00:00 26.02.2014 15:46
Nene, Kikyo und Inuyasha... geht nicht :(
Kagome so zu hintergehen, wie armselig. Der einzige vernünftige ist...
ok, mir fällt keiner ein. Sesshomaru hat sie fortgeschickt, Inuyasha sie betrogen, Myoga einen falschen Rat gegeben und Kikyo wollte sich nicht geschlagen geben. Mal sehen, wie es weiter geht.

Deine Fanta
Antwort von:  Hikari217
26.02.2014 17:03
Hast vollkommen recht *nick*
Kagome ist umgeben von lauter UnvernünftigenxD
Aber das wird schon noch. Irgendwann muss ja jemand vernünftig werden, ne;D
lg
Antwort von:  Fanta
27.02.2014 15:34
Isso ;D
Und dann machen alle mit aus gruppenzwang.. schön wärs....
Naja, manche schaffen es und manche sind halt zu blöd dafür :D
Von:  Fanta
2014-02-18T12:48:45+00:00 18.02.2014 13:48
Also als erstes dachte ich mir so 'Ne, neh?'
Sie fühlt sich zu Sesshomaru hingezogen und dann will sie wieder zu Inuyasha... jetzt habe ich mich wieder von diesem Schock erholt ;D
Jaja, ich möchte auch eine weiße Rose haben ^-^
Freue mich auf jeden fall auf die Fortsetzung. *fieber*

Deine Fanta
Antwort von:  Hikari217
18.02.2014 15:43
Hihi, dann habe ich ja den gewollten Schock verursachtxD
*eine weiße Rose reich* da haste^^
Bin schon eilig am Nachdenken, aber noch nicht am schreiben-.-'
Von:  Fanta
2014-02-16T10:26:37+00:00 16.02.2014 11:26
Bitte mach schnell weiter, ich will wissen wie es weitergeht :D
Antwort von:  Hikari217
16.02.2014 22:28
it´s easy, wollte es gerade hochladen und das mach ich jetzt auch^^
lg
Von:  ilay2007
2014-02-08T21:24:31+00:00 08.02.2014 22:24
Einfach nur gut kann man nicht genug von deiner story bekommen .
Freue.mich schon auf neues :)
Antwort von:  Hikari217
10.02.2014 11:49
Tja, was soll ich darauf noch sagen? *grins wie ein Honigkuchenpferd*
Ich glaube das sagt alles;)
lg
Von:  Cyera
2014-02-06T21:17:11+00:00 06.02.2014 22:17
das kap id gut^^
tja, hätte sie nur mal gehört :D
bin mal gespannt wie es weiter geht :P
und vorallem wann xD
Antwort von:  Hikari217
07.02.2014 13:56
Danke:)
Stimmt, aber du kennst unsere Kago ja;D
Ich lade, wenn ich nicht vergesse jeden Tag ein kap hoch, aber auf fanfiction.de ist es schon weiter. Wenn du also willst, schau mal dort vorbei.
lg


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