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Stille Nacht, heilige Nacht

Adventskalenderstory
von

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...alles schläft, einsam wacht...

1. Dezember - Hope (Hoffnung)
 


 

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hope || alles schläft, einsam wacht

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Laut knallte die Tür hinter dem kleinen Jungen zu, ließ ihn in trostloser Einsamkeit zurück. Laute Schritte und ein verärgertes Murmeln zeigten dem Jungen, dass seine Mutter schon wieder auf den Weg nach unten war.

Er fürchtete sich vor der Dunkelheit, aber er wagte es nicht, das Licht einzuschalten - er wusste, dass sie einen Zauber über sein Zimmer gelegt hatte, der ihn kontrollieren sollte.

Von stummen Schluchzern geschüttelt, rutschte er langsam an der Tür hinunter, sackte auf den Boden und umschlang seine knochigen Knie fest mit seinen dünnen Ärmchen.

Seine erhitzte Wange, die ein dunkelroter Handabdruck zierte, legte er auf sein rechtes Knie.

Heute war der erste Dezember und unten feierte seine Familie den ersten Advent mit einem großen Essen, vielen Gästen und einer - in Harrys Augen - einsam brennenden Kerze mitten auf dem großen Tisch.

Nur er, das ewig ungeliebte und ungewollte Kind, musste hier oben in tiefster Dunkelheit in seinem Zimmer verharren und den süßen Klängen lauschen, die von unten zu ihm hinaufdrangen; das Gelächter, das Klirren des Bestecks, die lauten Gespräche.

Er kniff seine Augen fest zusammen, in der kläglichen Hoffnung, dass ihm die Dunkelheit dann nicht so schlimm erscheinen würde, und atmete tief durch.
 

Er musste eingeschlafen sein, denn das Nächste, was er wahrnahm, war ein lautes Klopfen direkt hinter ihm und die unterwürfige Stimme seines Vaters. 

Harry blinzelte müde und zuckte erschrocken zusammen, als ihn immer noch Dunkelheit umgab, als er die Augen geöffnet hatte.

Ein neuerliches Klopfen erschütterte die Tür, an der lehnte und er fuhr noch erschrockener zusammen, sprang rasch auf und stolperte ein paar Schritte zurück.

"Junge, mach die Tür auf!", drang die harte Stimme seines Patenonkels durch die Tür und ließ in Harry noch mehr Angst und Unverständnis aufsteigen - Angst vor dem Mann, Unverständnis, weil er die Tür öffnen sollte und sie nicht einfach eingetreten wurde, wie es sonst üblich war.

Langsam schlich Harry näher und griff vorsichtig nach der Türklinke. Noch ein paar Sekunden lauschte er mit leicht schief gelegtem Kopf, aber es waren keine Geräusche mehr zu hören.

Das Erste, was Harry sah, als er sich dazu durchgerungen hatte, die Tür doch zu öffnen, war ein langer, schwarzer Umhang, der definitiv sehr wertvoll war.

"Hallo, Kleiner", sagte eine erschreckend sanfte Stimme, und als langsam den Blick nach oben wandte, sah er die roten Augen, die ihn seit frühster Kindheit in Tausenden Geschichten begleitet hatten.

"Hallo", sagte er leise.
 

Harry wusste, dass er hier unwillkommen war und seine Eltern ihn viel lieber oben in seinem dunklen Zimmer gewusst hätten. Er wusste, dass er sich nur wegen dem Wunsch des hohen Lords hier unten befand.

Aber er wusste nicht, warum der Lord ihn hier haben wollte.

Lily Potter knallte mit nur schwer unterdrückter Wut einen gefüllten Teller vor seine Nase und zischte ein leises "Essen" - sie hasste es, wenn sich jemand in ihre Erziehung einmischte.

Harry nickte brav, griff mit zitternden Fingern nach der Gabel und wich dem hasserfüllten Blick seiner Mutter krampfhaft aus, während er eine Mohrrübe aufspießte.

"Na, na, Lily", erklang seine sanfte Stimme hinter ihm und Harry ließ seine Gabel erschrocken wieder auf den Teller fallen. "Was gibt es denn für einen Grund, so hart mit deinem Kind umzugehen?"

Nun sah Harry doch auf und war beinahe überrascht, als er das ausdruckslose Gesicht seiner Mutter sah - er hätte mit tiefem, kaum verhohlenen Hass gerechnet. Aber offenbar besaß dieser Lord wirklich so viel Macht, dass selbst seine Mutter kuschte.

"Verzeihung, Lord", sagte sie, wartete auf sein Nicken und ging dann wieder fort - und ließ ihn mit dem Lord allein, wie Harry schlagartig bewusst wurde.

Das Sofa gab neben ihm ein wenig nach, und als Harry durch seine Haare nach oben blinzelte, sah er den Lord entspannt zurückgelehnt neben ihm sitzen und ihn augenscheinlich beobachtend. 

Harry schluckte trocken.

"Es ist lange her, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe", sagte er Lord sanft. "Wie alt bist du jetzt gleich?"

"Sechs", antwortete Harry leise, während er darüber nachdachte, wann der Lord ihn schon einmal gesehen haben könnte.

"Sechs schon...", murmelte der Lord und Harry meinte, in seinen Augen einen noch tieferen Rotton aufblitzen zu sehen. "Dann ist es noch länger her, als ich gedacht hätte; als ich dich das letzte Mal sah, warst du gerade mal drei Monate alt"

Unsicher sah Harry zu dem älteren Mann hinauf - wie sollte er darauf reagieren? Was wurde von ihm erwartet? Durfte er eigentlich mit einem so mächtigen Mann, wie dem hohen Lord, reden?

Doch dann lächelte der Lord, steckte die Hand aus und strich leicht über seine langen Haare, anstatt ihn zu schlagen und nickte zu seinem vollen Teller. 

"Ess etwas, Harry", forderte er sanft und Harry entspannte sich etwas, weil der Lord so anderes war, als seine Mutter und ihn vielleicht nicht wegen jedem kleinen Vergehen so hart bestrafen würde, wie sie es normalerweise tat.

... nur das traute hochheilige paar ...

2. Dezember - Gray (Grau)
 


 

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gray || nur das traute hochheilige paar

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Am Abend musste er wieder in sein Zimmer zurück, in die vertraute Dunkelheit und die bekannten Schrecken der Nacht.

Harry hasste die Dunkelheit, die Ungewissheit, ob sich nicht noch jemand im Zimmer befand oder ob er wirklich alleine war ...

Bei jedem, kleinen Geräusch zuckte er zusammen, und versuchte sich krampfhaft einzureden, dass nur der Wind um die Dächer pfiff, während Bilder von grausamen Monstern vor seinem inneren Augen auftauchen, die in der Dunkelheit langsam auf ihn zuschlichen, mit spitzen Messern und Dolchen in der Hand, um ihn auf Geheiß seiner Mutter zu töten...

Nach Luft ringend fuhr Harry in die Höhe, starrte angestrengt in die undurchdringliche Finsternis und wünschte sich, er hätte irgendeine Möglichkeit an Licht zu kommen; irgendeine, die seine Mutter nicht sofort bemerken und ihn dafür bestrafen würde...

Harry wollte nicht wieder in das ´Höllenzimmer´, wie er es insgeheim nannte, wo seine Eltern verschiedene Stöcke aufbewahrten, um ihn damit bestrafen zu können.

Nein, Harry hatte nicht das Verlangen danach, dort öfter seine Zeit zu verbringen, als unbedingt notwendig - da malte er sich lieber die Monster aus, die in der Dunkelheit auf ihn warteten.
 

"Was tust du eigentlich nachts?", fragte eine gebieterische Stimme und Harry verkrampfte sich leicht.

"Ich wette etwas Verbotenes", rief ein Mädchen und kicherte schrill.

"Vielleicht", sagte die erste Stimme, packte Harry am Arm und riss ihn hart zu sich herum, "sollten wir deinen Eltern mal von deinen nächtlichen Tätigkeiten erzählen"

"Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen", erwiderte Harry mit höflicher Zurückhaltung, und sah den vornehmen Jungen an, der ihm den Arm zerquetschte.

Draco Malfoy, Todessersohn - erstgeborener Todessersohn.

Es war Harry von seiner Mutter und auch Dracos Vater befohlen worden, Draco zu siezen und er hatte zu tun, was Draco von ihm wollte - Draco hatte sogar die Macht, ihn in den Höllenraum zu führen und zuzusehen, wie seine Eltern ihn mit allen Stöcken seiner Wahl schlugen. Zu jeder Zeit. Ohne Begründung. Und das tat er gerne - Harry war für eine tolle Möglichkeit den Ärger über seine Eltern herauszulassen, ohne, dass diese etwas dagegen sagen konnten.

Harry war das zweite Kind seiner Familie und schon allein damit eine riesige Schande - Todesser bekamen normalerweise nur Kinder, um ihrem Lord neue Rekruten zu sichern, und dafür reichte eines mehr als genug. Für mehr, als ein Kind, hatte der Lord keine Verwendung.

Der Lord war nicht ungerecht zu den Zweitgeborenen Kindern; es waren meist ihre Eltern, die sie einfach dafür hassten, keinen Nutzen für ihren Lord zu haben. Als Zweitgeborenes musste man schon besondere Fähigkeiten mitbringen, wenn man kein Leben in der Hölle wollte. Oder vielleicht liebevolle Eltern - aber welche Todesser waren schon liebevoll?

Draco Malfoy lächelte kalt. "Das brauchst du auch nicht"
 

"Leg dich hin", früher hatte es Harry erschreckt, welch eine perverse Freude in Dracos Stimme lag, wenn er diesen Befehl gab - und ganz, ganz früher hatte es ihn sogar zum Weinen gebracht. Aber Harry hatte vor langer Zeit aufgehört, während diesen Phasen zu weinen - das tat er danach, wenn niemand ihn sehen konnte.

Gehorsam legte Harry seinen Oberkörper auf den hölzernen Tisch, streckte seine Arme von sich, krallte seine Fingernägel ins Holz und stellte seine Beine breitbeinig auf.

Diesmal wurde Draco nicht gefragt, welches Bestrafungsinstrument es werden sollte - seine Mutter hatte wohl gerade keine Geduld dafür.

Aber Harry kannte diesen Raum besser, als sein eigenes Zimmer - er konnte anhand ihrer Schritte ablesen, wo sie hinging und welchen Stock sie sich genommen hatte.

Es war ein selten benutzter - ein einfacher, aus weißem Holz; einen, den man mit etwas Glück am Straßenrand finden könnte. Harry entspannte sich etwas - sie hätte tausendmal schlimmere wählen können, wie die mit den scharfen Riemen oder dem spitz zulaufenden Ende.

Er hörte, wie sich seitlich hinter ihn stellte und spürte das Holz auf seinem nackten Po.

"Draco?", fragte seine Mutter.

"15", schlug Draco begierig vor und Harry wusste, dass er sich vorgebeugt hatte, um besser sehen zu können. Manchmal, wenn Harry seinen Vorsatz brach und darüber nachdachte, verstand er einfach nicht, warum Draco jedes Mal so reagierte - passierte hier wirklich noch etwas, dass er noch nicht gesehen hatte?

Dann holte seine Mutter aus, das Holz schlug hart auf seinen Hintern - und seine laute Stimme durchzuckte den Raum und brachte Harry dazu, erschrocken zusammenzuzucken.
 

Was danach wirklich passiert war, wusste Harry nicht mehr so genau - nur an die entsetze Stimme seiner Mutter konnte er sich genau erinnern; er meinte aber auch zu wissen, dass Draco sofort aus dem Raum geflohen war.

Und was er noch ganz sicher wusste: Das ausgerechnet der hohe Lord, den es am wenigsten kümmern sollte, wenn seine Mutter ihn wegen nichts bestrafte, ihn gerettet hatte.

Und er konnte sich an das Gefühl von Hoffnung erinnern, als er sich plötzlich in den Armen des Lords wiedergefunden hatte, der in nach oben in sein Zimmer getragen hatte und den ganzen Abend bei ihm geblieben und durch seine Haare gestreichelt hatte.

... holder knab` im lockigen haar ...

3. Dezember - Blanket (Decke) 
 


 

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blanket || holder knab´ im lockigen haar

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Nachdenklich betrachtete Harry die kleine Nachtlampe, die auf einem hölzernen Nachtischen stand. Nicht nur, dass sie eingeschaltet war, obwohl es draußen schon dunkel schien und er allein im Zimmer war - nein, sie war Harry auch noch völlig unbekannt. Er konnte mit absoluter Sicherheit sagen, dass er eine solche Lampe noch nie in ihrem Haus gesehen hatte - allerdings war es ihm auch nur bei den wenigsten Räumen erlaubt, diese zu betreten und die Lampen darin anzusehen.

Und dann wurde Harry schlagartig bewusst, dass er Schmerzen haben sollte. Und dort keine waren. 

Abrupt fuhr Harry in die Höhe und schaute sich unruhig im Zimmer um - er hatte es tatsächlich noch nie gesehen - und suchte nach einem Hinweis, wo er sich befinden könnte.

Als sein Blick aus dem Fenster fiel, bestätigte sich sein Verdacht - es war bereits tiefe Nacht.

Schon wieder.

Die Tage gingen viel zu schnell vorüber, fand Harry, und die Nächte dauerten viel zu lange - erst recht jetzt, in der Winterzeit.

"Harry?", eine ruhige Stimme, doch Harry schrie erschrocken auf, wollte sich umdrehen, verhedderte sich in der Decke und knallte im nächsten Augenblick hart auf den Boden.

Kleine Sternchen tanzten vor seinen Augen; Harry versuchte, sie hektisch wegzublinzeln und stemmte sich auf einem Arm in die Höhe - solange er nicht wusste, wer da den unbekannten Raum betreten hatte, würde er nicht schutz- und hilflos auf dem Boden liegen bleiben.

Eine feingliederige Hand schob sich in sein verschwommenes Sichtfeld. 

"Hast du dir wehgetan?", fragte eine männliche Stimme sanft, und als Harry langsam noch oben sah, erkannte er verschwommen eine lange, schwarze Robe, schwarzes, leicht lockiges Haar, stechend rote Augen und ein schmales Gesicht - der hohe Lord.

Schnell rappelte Harry sich auf, vergaß dabei ganz die angebotene Hand und musste wieder mit schwarzen Sternchen kämpfen - vielleicht war er doch härter mit dem Hinterkopf aufgeprallt, als er gedacht hatte.

"Leg dich am besten wieder hin", sagte die ruhige Stimme des Lords und Harry beeilte sich, der Aufforderung schnell nachzukommen - allerdings nicht, ohne den Lord aus dem Blick zu lassen.

Erst als er wieder im Bett lag, der Lord sich auf die Bettkante setzte und vorsichtig die Decke wieder über seinen Körper zog, wurde Harry klar, wo er sich eigentlich gerade befand.

Wenn der hohe Lord nicht mit Sicherheit sehr sauer auf ihn werden würde, wäre Harry sofort wieder in die Höhe gefahren und aus dem Bett gefallen.

Der Raum, den Lily und James Potter für ihn zur Verfügung gestellt hatten, war beinahe kahl und die einzige Schlafmöglichkeit war eine alte Matratze, die auf dem Boden vor sich hingammelte - Harry konnte sich nicht daran erinnern schon mal in einem Bett gelegen zu haben.

Und er hätte auch nicht erwartet, dass es sich so gut anfühlen würde; wie weich eine vernünftige Matratze sein würde, wie schön sich der glatte Stoff eines Bettlakens auf der Haut anfühlen würde, wie warm eine Bettdecke war oder wie bequem ein richtiges Kissen - es war so neu, unbekannt und dabei so wunderschön für Harry und er war so gefangen in den plötzlichen, neuen Erfahrungen, dass er nicht einmal den stechenden Blick des hohen Lords bemerkte.

"Harry?", erst als seine Stimme einen beinahe scharfen Unterton angenommen hatte, sah Harry erschrocken auf. "Wo bist du denn mit deinen Gedanken?"

"E-entschuldigung", flüsterte Harry schnell und sah nach unten auf seine Hände. 

Trotzdem nahm er die Hand, die langsam auf ihn zukam genau wahr - er kannte das schließlich schon. Er hatte immer sofort zu reagieren, wenn ein Erwachsener etwas von ihm wollte, sonst setzte es Schläge - immer. Und für jemanden, wie den hohen Lord, würde nichts anderes gelten.

Und dennoch konnte Harry nicht anders, als leicht zusammenzucken, sich ein wenig zu ducken, seine Augen zusammenzukneifen und seinen Körper so klein wie möglich zu machen.

Und so sah Harry auch nicht, wie für ein paar Sekunden Unsicherheit in den Augen des Lords aufflackerte, bevor er seine Hand ruhig auf Harrys Kopf legte und sanft durch seine Haare streichelte.

"Ist schon gut, Harry", sagte er leise und betrachtete das verängstigt scheinende Kind. "Ist doch gut..."

Vorsichtig blinzelte Harry nach oben, vollkommen überrascht, dass der Lord ihn nicht einfach an den Haaren gepackt, hochgezogen und dann geschlagen hatte - jeder Mensch, den Harry kannte, hätte das getan. 
 

~~~~oOoOoOoOoOoO~~~~
 

Nachdenklich sah Tom auf das junge, zerbrechliche Kind hinab.

Es hatte nicht lange gedauert, bis es eingeschlafen war, obwohl es beinahe vierundzwanzig Stunden bewusstlos in dem Zimmer gelegen hatte, dass Tom so lange bezog, wie er bei den Potters zu Besuch war.

Er wusste, dass Harrys lange Bewusstlosigkeit nicht davon kam, dass Lily ihn geschlagen hatte - die Szene in dem Kellerraum hatte mehr wie Rutine gewirkt, als wie etwas, dass Harry so lange in die Bewusstlosigkeit schicken könnte.

Zauber hatten diese Vermutung bestätigt - der Grund für Harrys Ohnmacht war komplette Schlaflosigkeit über mehrere Wochen hinweg.

Harrys Körper musste den ganzen Schlaf so schnell wie möglich nachholen und dann einen regelmäßigen Schlafrhythmus annehmen, sonst würde er immer und immer wieder zusammenklappen.

Tom streichelte kurz vorsichtig über die kleine Hand, die auf der Bettdecke lag.

Dann stand er seufzend auf, warf einen kurzen Blick auf die noch brennende Lampe und beschloss dann, sie anzulassen - wenn Harry wieder aufwachen würde, würde er sich vielleicht nicht wieder so erschrecken, wenn er sofort erkennen würde, wo er sich befand.

In der Tür blieb Tom noch einmal stehen und sah zu dem kleinen Kind zurück, dass in ihm das unbändige Bedürfnis hervorrief, ihn zu beschützen - koste es, was es wolle.

Tom konnte sich nicht erklären, woher diese Faszination, die Harry auf ihn ausübte, kam; sie war immer da gewesen, seit er Harry als kleines Baby gesehen und dieser mit seinen strahlend grünen Augen zu ihm hochgeblinzelt hatte.

Schon damals war er für Tom das niedlichste Kind auf der ganzen Welt gewesen, obwohl Tom eine Menge Kinder kannte und normalerweise nichts mit Babys anfangen konnte - Harry war einfach zu niedlich gewesen. Von dem kleinen, flaumigen Haarschopf auf seinem Kopf, über diese großen, grünen Augen, bis zu den niedlichen, kleinen Füßchen und Händchen - ein Traumkind.

Und wenn Tom Harry heute ansah, hatte sich kaum etwas geändert, abgesehen davon, dass er größer geworden war - er war immer noch das niedlichste und süßeste Kind, dass Tom jemals gesehen hatte.

... schlafe in himmlischer ruh ...

4. Dezember - Snow (Schnee) 
 


 

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snow || schlafe in himmlischer ruh

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Leise schlich Harry durch die Gänge, streng darauf bedacht, kein Geräusch von sich zu geben - es war gerade einmal sechs Uhr morgens, und er wollte sich die Bestrafung seiner Eltern gar nicht vorstellen, sollten sie in jetzt hier erwischen.

Auch der hohe Lord würde wohl enttäuscht sein; Harry glaubte nicht, dass dieser sein Verhalten gutheißen würde - zumal er sich immer noch krank und erschöpft fühlte, mit ziemlicher Sicherheit Fieber bekommen hatte und ein leichter Schwindel durch seinen Kopf raste, wenn er diesen zu schnell bewegte.

Aber - es hatte geschneit. Heftig geschneit; als Harry aus dem Fenster gesehen hatte, war der gesamte Garten von einer zentimeterdicken Schneeschicht bedeckt gewesen. Harry war sich nicht ganz sicher, ob der gesamte Schnee in dieser Nacht gefallen war oder auch in den vielen Stunden zuvor, in denen er bewusstlos das Bett des hohen Lords beansprucht hatte - aber es war ihm auch egal.

Er liebte den Schnee, die schönen weißen Flocken, die langsam vom Himmel hinabsegelten - und er würde jetzt hinausgehen, egal, wie dreckig es ihm ging, bevor Lily ihn wieder im Haus einsperren und sein Zimmerfester verhängen würde, damit er den Schnee nicht einmal ansehen konnte.

Er würde jetzt einfach eine Stunde draußen im Schnee verbringen, dann wieder hineinkommen und in das Zimmer des Lords schleichen - niemand würde bemerken, dass er fort gewesen war.

Hoffte er.
 

Harry musste einen Freudenschrei unterdrücken, als er die schwere Holztür aufgestemmt hatte und ihm sofort kleine, weiße Flocken entgegenflogen.

Stattdessen begannen seine Augen hell zu leuchten und er quetschte sich rasch durch den dünnen Spalt und ließ die Tür langsam wieder hinter sich zufallen.

Seine Hand klammerte sich an das Geländer, als er die Stufen zum Garten hinunterging - hier war es meist sehr glatt und Harry konnte sich noch immer sehr gut an den ersten Winter erinnern, als er sich hinausgeschlichen hatte und auf den Treppenstufen ausgerutscht war und damit das gesamte Haus geweckt hatte. 

Manchmal meinte er die Schmerzen immer noch zu spüren, wenn er über die dünnen Narben strich, die er von diesem Tag zurückbehalten hatte.

Doch daran wollte er jetzt nicht denken, genauso wenig wie an die Kälte, die ihn Zittern ließ - kein Wunder, wenn man nur im dünnen Schlafanzug, ohne Schuhe, Schal, Mütze oder Handschuhe nach draußen in den Schnee ging.

Langsam steckte Harry seine Zehen in den eisigen Schnee, fröstelte leicht, und sprang dann mit einem kleinen Satz von der obersten Stufe mitten in das weiße Pulver hinein.

Er lächelte, kniete sich hin und steckte auch seine Hände in den Schnee, genoss die flockige Konsistenz.

Dann stand er auf, ging ein paar Schritte weiter - und ließ sich dann einfach nach hinten in den Schnee fallen, mit ausgestreckten Armen und schloss entspannt seine Augen.

Es fühlte sich erstaunlich gut an, bemerkte er, während er seine Arme und Beine wie bei einem Schneeengel bewegte, trotz der eisigen Kälte.

Harry war schließlich Schlimmeres gewöhnt.
 

"Wo bist du denn gewesen?", fragte eine beinahe entsetzte Stimme, als Harry vorsichtig die schwere Holztür, die ihn von der Außenwelt trennte, hinter sich zuzog.

Er erstarrte mit den Fingern noch an der Türklinge und versuchte die Stimme zuzuordnen, um herauszufinden, was wohl die beste Reaktion wäre - aber sein Kopf war wie leer.

Wenn seine Mutter nun herausfinden würde, dass er verbotenerweise draußen gewesen war ... 

Wenn sie genauso sauer sein würde, wie letztes Mal ...

Vor Harrys innerem Auge tauchten schon die vielen Bestrafungsinstrumente auf, die seine Mutter das letzte Mal verwendet hatte.

"Harry, hey, Kleiner...", flüsterte eine sanfte Stimme direkt hinter ihm und Harry versteifte sich noch ein wenig mehr, als eine Hand nach seinem Arm griff, und ihn zu der unbekannten Person herumzog.

"Hey, du musst atmen - Harry, hörst du - atmen!", aus reinem Instinkt schnappte Harry nach Luft, als eine große Hand auf seinen Rücken schlug.

"Ich bins doch nur, Harry", flüsterte die Gestalt und dann erkannte Harry die Stimme endlich und sein Blickfeld wurde langsam wieder klar und war nicht mehr trüb vor Panik.

"Peter?", flüsterte er leise.

"Ja, ja, ich bins", murmelte die vertraute Stimme Peter Pettigrews und Harry schoss nach vorne und warf sich in seine Arme.

"Peter", murmelte er in einer unendlichen Mantra. "Du bist hier, du bist wirklich hier..."

"Hab ich dir doch versprochen", sagte der pummelige Mann, schlang seine Arme um Harrys schmalen Körper und hob ihn vorsichtig hoch. "Wohin solls gehen? Ich hab gehört, du schläfst nicht mehr in deinem Zimmer?"

"Der hohe Lord hat mich in sein Zimmer gebracht, ja", murmelte Harry, und als Peter nur ein kleines, unverständliches Geräusch von sich gab, fiel im schlagartig wieder ein, was Peter ihm einmal von dem Lord erzählt hatte - das dieser ihn gezwungen hatte, Todesser zu werden, seine Gefolgsleute oft gequälte und folterte, wie seine Mutter es mit ihm tat - aber ohne Stöcke; nur mit gemeinen Zaubern - und er kein Mann war, dem man vertrauen sollte, weil er nur so lange nett war, bis man sich ihm hingegeben und sein Leben für ihn aufgegeben hatte.

Harry zuckte zusammen. "Bist du sauer?"

"Was? Nein - warum sollte ich denn sauer sein?", fragte Peter und trug ihn die vielen Treppenstufen hinauf, die zum Zimmer des Lords führen würden.

"Du magst den Lord doch nicht"

"Wenn er dir wehtut, sagst du mir bescheid, versprochen?", verlangte Peter statt einer Antwort und Harry nickte schnell.

"Gut - schlaf ein wenig", murmelte Peter, streichelte über Harrys Rücken. Und jetzt, wo Peter es ausgesprochen hatte, bemerkte Harry erst, wie erschöpft er eigentlich war.

Nur Sekunden, nachdem er seine Augen geschlossen hatte, war er in einen unruhigen Schlaf gefallen, begleitet von Peters schaukelnden Schritten und der pummeligen Hand, die ihn sanft streichelte.

... schlafe in himmlischer ruh

5. Dezember - Surprise (Überraschung) 
 


 

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surprise || schlafe in himmlischer ruh

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Als Peter die Tür zum Zimmer des Lords öffnete, den schlafenden Harry auf dem Arm, war der Lord schon wach und stand gemeinsam mit Lily und James Potter am Fenster, der Tür den Rücken zugewandt.

Peter schluckte trocken und murmelte geistesanwesend einen Zauberspruch, der den Schnee von Harrys Kleidung verschwinden ließ. Wenn sie Glück hatten, standen Lily und James noch nicht lang genug am Fenster, um Harry draußen gesehen zu haben.

"Lily? James? Mylord?", machte Peter auf sich aufmerksam.

"Ah, Peter", flüsterte sein Lord, drehte sich zu ihm herum, durchbohrte ihn mit roten Augen. Peter senkte leicht den Blick und bemerkte trotzdem genau, wie der Blick Voldemorts zu Harry wanderte und an ihm hängen blieb, seltsam nachdenklich und - beinahe begierig, wie Peter erschrocken feststellen musste.

Irgendetwas an Harry hatte Voldemorts Aufmerksamkeit erregt; seine volle Aufmerksamkeit. Und selbst Peter, der als einer der unvertrauenswürdigesten Todesser galt und dementsprechend seinen Platz in den ganz untersten Rängen hatte, kannte den Lord gut genug, um zu wissen, dass dieser Harry nicht in Ruhe lassen würde, bis seine Neugierde befriedigt war.

"Und den jungen Harry hast du auch gleich mitgebracht - wundervoll, wir haben schon begonnen, uns Sorgen um ihn zu machen"

Peter bezweifelte, dass Lily und James sich Sorgen um ihr jüngstes Kind gemacht hatten - das der Lord das getan hatte, war noch um einiges wahrscheinlicher.

Peter beschloss, alles auf eine Karte zu setzen.

"Ich habe Harry heute Morgen, als ich angekommen bin, mit zu mir genommen", antwortete er auf die unausgesprochene Frage.

"Und er ist mit dir gekommen?", fragte Lily trügerisch sanft. Jeder wusste, dass es Harry verboten war, Zeit mit ihm zu verbringen - so, wie alles, was Harry glücklich machen könnte, verboten war.

"Er war noch am Schlafen", sagte Peter. "Er ist erst in meinen Räumen wieder aufgewacht"

Lilys Augen verengten sich. "Wem willst du das eigentlich erzählen, Peter? Dieses nichtsnutzige Ding - dieses Ding, dass nie hören kann und jede, absolut jede Regel willentlich brechen muss - dieses Ding, soll nicht sofort freudig aufgesprungen sein, als du ihm angeboten hast, sich mir mal wieder zu widersetzten?"

Lily trat zornig nach vorne und selbst Peter musste bei ihrem Blick den Drang unterdrücken, an die nächste Wand zurückzuweichen. Wie Harry es ertrug diesem Blick tagtäglich ausgesetzt zu sein, würde ihm immer ein Rätsel bleiben.

Voldemorts Hand legte sich auf Lily Arm. "Aber, aber, meine Liebe. Es gibt doch keinen Grund, gleich so wütend zu werden - die Hauptsache ist doch, dass dein Kind wieder aufgetaucht ist, nicht wahr?"

Es lag etwas drohendes in Voldemorts Stimme und Peter konnte genau sehen, wie eine Vielzahl von Emotionen über Lilys Gesicht huschten - von Unverständnis, über Hass, bis zu Resignation.

"Sehr wohl, Mylord", sagte sie gepresst und stürmte aus dem Raum; James folgte ihr schweigend.

Als die Tür laut hinter ihnen zugeknallt und Harry im Schlaf zusammengezuckt war, sah Peter langsam wieder zu seinem Lord.

Dieser machte eine einladende Kopfbewegung zu seinem Bett, seinen Blick fest auf Harry gerichtet.

Und da kam Peter zum ersten Mal der Gedanke, dass es für Harry nicht nur Nachteile haben könnte, die volle Aufmerksamkeit des Lords zu besitzen.
 

Aber auch Lord Voldemort konnte nicht mehr tun, als Harry ein wenig Zeit zu erkaufen - Lily war noch immer Harrys Mutter und sie hatte jedes Recht ihr Kind zu bestrafen, wenn sie es für angemessen hielt.

Sie glaubte Peters Geschichte nicht. Nicht ein Wort davon - woher hätte er wissen sollen, dass Harry sich im Zimmer des Lords befand und nicht in seinem eigenen, wie sonst üblich?

Aber sie hatte keine Beweise. Und normalerweise brauchte sie auch keine, um Harry zu bestrafen; sie musste sich nicht rechtfertigen. Vor niemandem.

Aber Lily war klug - in Hogwarts hatte sie als Jahrgangsbeste abgeschnitten - und sie hatte das Interesse des Lords an ihrem jüngsten Kind sehr wohl bemerkt, auch, wenn sie keine Ahnung hatte, woher es kommen könnte.

Ihr ältestes Kind, ihre geliebte Tochter - auf ihr sollte die Aufmerksamkeit des Lords liegen! Sie würde seine neue Todesserin werden; die treuste und beste, die der Lord jemals in seine Reihen haben durfte.

Nicht Harry. Harry hatte in seinem Zimmer zu verschimmeln, während ihre Tochter von alles und jedem umgarnt wurde!

Und trotzdem - das Interesse des Lords an ihrem Sohn war unbestreitbar und weil Lily nun einmal nicht dumm war, würde sie darauf reagieren.

Sie würde ihre Bestrafungen nicht einstellen - soweit kommt es noch! - aber sie würde sie milder gestalten, solange der Lord im Haus war und diese offensichtliche Abneigung gegenüber körperlicher Züchtigung an den Tag legte.

Nein, Lily hatte kein Problem damit, in nächster Zeit auf Bestrafungen durch Rohrstöcke oder Peitschen zu verzichten - das konnte sie nachholen. Jedes einzelne Vergehen, dass Harry sich leisten würde, solange der Lord im Haus war, würde doppelt und dreifach vergeltet werden - sobald Voldemort das Interesse an Harry verloren hatte.

Lily konnte eine sehr geduldige Frau sein.
 

Harrys Po brannte, als er sich langsam auf die am Boden liegende Matratze in seinem Zimmer sinken ließ.

Es tat nicht so weh, wie Harry es erwartet hatte und auch die Art, wie seine Mutter ihn bestraft hatte, war eine beinahe vollkommen neue Erfahrung für ihn gewesen.

Nur ganz, ganz schwach meinte Harry sich daran erinnern zu können, als kleines Kind so von seiner Mutter bestraft worden zu sein.

Trotz der geringeren Schmerzen war die neue Bestrafungsart seiner Mutter beinahe noch grausamer, als die bekannte.

Die Demütigung, von ihr übers Knie gelegt zu werden und zwanzig Schläge auf den nackten Po zu bekommen, während sich einer ihrer Arme fest um seinen Oberkörper geschlungen hatte, damit er sich nicht herauswinden konnte, war um einiges schlimmer, als wie wenn er auf zwei Beinen stand und sich selbstständig an dem Tisch festhalten konnte - Harry hätte nicht gedacht, dass es so einen großen Unterschied für ihn machen würde.

Leicht zitternd ließ er sich nach hinten sinken, klaubte nach der dünnen, löchrigen Decke, zog sie über seinen Körper und schloss erschöpft die Augen, obwohl es draußen noch hell war und er noch nichts zum Abendbrot gehabt hatte.

So bekam er auch gar nicht mit, wie sich die Tür zu seinem Zimmer leise öffnete und eine schmale Gestalt durch den Türspalt schob, kurz stehen blieb und ihn intensiv betrachtete.

Erst, als eine Hand sanft durch sein Haar streichelte, zuckte Harry zusammen und riss die Augen auf.

Auf den ersten Blick erkannte Harry den hohen Lord nicht, so ungewöhnlich war es, ihn ohne die lange Robe zu sehen. Harry hatte sich den mächtigsten Mann der Zaubererwelt nie mit einfacher Muggelkleidung vorstellen können - es überraschte ihn, wie gut diese Kleidung zu dem Mann zu passen schien.

"Na?", flüsterte der sanft. "Jetzt schon am Schlafen?"

Harry wusste nicht, was er sagen sollte und beobachtete stumm, wie der Lord sich neben ihm auf die Matratze setzte.

Der Mann seufzte. "Hat sie dir wehgetan? Deine Mutter?", fragte er dann und seine blutroten Augen schienen Schatten zu werfen und direkt in sein Innerstes sehen zu wollen, die Gefühle wieder hervorzukramen, die Harry vor langer Zeit vergessen hatte.

Harry wandte den Blick ab. "Ja"

Voldemorts Hand zupfte an ein paar seiner Haarsträhnen, drehte sie um seinen Finger und zwirbelte sie leicht.

"Sehr dolle?", hackte er nach. "Möchtest du einen Ani-Schmerz-Trank haben?"

Harry schüttelte den Kopf.

"Bist du müde? Soll ich dich wieder alleine lassen?"

Wieder schüttelte Harry den Kopf, zögerlicher diesmal. Er war nicht müde und er wollte nicht, dass der Lord ging; er mochte seine Anwesenheit, auch, wenn da eine kleine Stimme, die erstaunlicherweise genau wie Peter klang, ihn ermahnte, diesem Mann nicht vertrauen zu dürfen.

Es hatte wenige Menschen in Harrys Leben gegeben, die mit ihm gesprochen hatten. Lily, James, Sirius, Remus - sie alle hatten ihn angeschrien, wenn er etwas verkehrt gemacht hatte, aber wirklich mit ihm geredet hatte bisher nur Peter.

Und die Stimme des Lords hatte einen schönen, sanften, verführerischen Klang - sie schien Harry zu umspülen, gefangen zu nehmen, in den Bann zu ziehen.

Harry wollte niemals aufhören, dieser Stimme zu lauschen - erstrecht nicht, wenn sie zu ihm sprach und sich Sorgen um ihn zu machen schien.

Aber - Harry konnte nicht aus den Augen verlieren, wer dieser Mann mit der wundervollen Stimme war. Denn, auch wenn er jetzt einfache Muggelkleidung trug, es war der hohe Lord und als mächtigster Mann der Welt hatte er mit Sicherheit besseres zu tun, als auf dem Boden neben einem kleinen, ungewollten Kind zu sitzen und sich mit ihm zu unterhalten - zumal es nicht einmal wirklich eine Antwort auf die gestellten Fragen gab.

Harry biss sich auf die Unterlippe.

"Hast du eigentlich schon deine Schuhe geputzt?", wollte er Lord von ihm wissen und legte sanft eine Hand unter Harrys Kinn, um sein Gesicht anzuheben.

"Nein", flüsterte er leise.

"Möchtest du denn keine Geschenke vom Nikolaus haben, Harry?", fragte er Lord und betrachtete ihn intensiv. "Der bringt doch nur den Kindern, die saubere Schuhe vor die Tür stellen, Geschenke?"

Harry nickte vorsichtig und der Lord ließ sein Kinn los. "Aber Mutter hat gesagt, dass er unnützen Kindern keine Geschenke bringt, egal, wie sauber ihre Schuhe sind. Deswegen müsse ich das gar nicht erst versuchen"

"Kein Kind ist unnütz", murmelte der Lord und nahm vorsichtig Harrys Hand in seine. "Oder kannst du in die Zukunft sehen?"

Harry schüttelte unsicher den Kopf.

"Woher weißt du dann, dass du nicht später ein ganz berühmter Zauberer sein wirst? Ein berühmter Tränkemeister? Oder Lehrer? Oder Quidditschstar?"

Harry schaute mit riesigen Augen zu dem Lord hinauf. 

Der Mann lächelte. "Lass uns deine Schuhe putzen, ja? Ich bin mir sicher, der Nikolaus wird etwas für dich hineinlegen."

"Ja?", fragte Harry leise, noch immer mit großen Augen zu dem mächtigen Mann aufschauend.

"Ganz bestimmt"

stille nacht, heilige nacht ...

6. Dezember - Scarf (Schal) 
 


 

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scarf || stille nacht, heilige nacht

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Bei der Vorstellung, dass er Lord Recht haben könnte und der Nikolaus tatsächlich kommen und ihm Geschenke bringen könnte, fiel es Harry in dieser Nacht sehr schwer zu schlafen.

Er konnte sich nur an sehr wenige Begebenheiten erinnern, an denen er Geschenke bekommen hatte – seine Eltern hatten sich noch nie die Mühe gemacht, etwas für ihn zu kaufen, dass nicht absolut lebensnotwendig war und selbst dann wurde darauf geachtet, nur das nötigste und billigste zu besorgen.

Peter hatte ihm manchmal Geschenke mitgebracht, wenn er Geburtstag hatte oder auch an Weihnachten, aber sie hatten immer vorsichtig sein müssen, damit Lily sie nicht erwischte und Harry wusste, wie sehr Peter dieses Risiko verabscheute. 

Zu sagen, dass Harry am nächsten Morgen – der bei ihm schon um fünf Uhr anfing – aufgeregt gewesen wäre, war eine deutliche Untertreibung.

Er drückte die Türklinke langsam nach unten, im Kopf die Worte des Lords wie eine Mantra wiederholend, um sich selbst Zuspruch zu schenken.

„Warum sollte dir der Nikolaus denn nichts bringen? Er weiß bestimmt, was für ein liebes Kind du bist.“- „Wenn du die Schuhe nicht einmal richtig vor die Tür gestellt hast, Harry, woher hätte der Nikolaus wissen sollen, dass hier noch ein anderes Kind lebt? Er muss in einer Nacht die ganze Welt umrunden- er hat keine Zeit, das nachzuprüfen. Aber ich mir sicher, es tut ihm leid – und, wer weiß, vielleicht bekommst du noch mehr Geschenke, als Wiedergutmachung.“ 

Irgendwann hatte Harry sogar angefangen den Worten des Lords zu glauben, obwohl er nicht glaubte, ein liebes Kind zu sein – seine Mutter müsste nicht so streng mit ihm sein, wenn er lieb wäre.

Aber vielleicht – ganz vielleicht – dachte der Nikolaus ja anders und brachte ihm ein bisschen Schokolade und Bonbons, so wie sie seine Schwester jedes Jahr von ihm erhielt.

Harrys Tür schwang auf und als das Kind langsam seinen Blick nach unten zu den geputzen Stiefeln wandte, stieß es einen kleinen, freundigen, unterdrückten Schrei aus und ließ sich auf die Knie fallen.

Seine Stiefel quollen vor Geschenken beinahe über und sogar neben ihnen waren ein paar Dinge gestapelt - Harry hatte noch nie in seinem Leben so viele Geschenke an einem Nikolaustag gesehen; selbst eine Schwester bekam normalerweise nur so viel, wie auch in ihre Schuhe passte.

Mit zitternden Fingern streichelte Harry über den Stoff seiner ausgefranzten und kaputten Schuhe und konnte kaum fassen, dass er tatsächlich so viel Glück haben konnte und der Nikolaus nicht bemerkt hatte, dass er eines dieser unnützen Kinder war, die keine Geschenke verdienten.

Vorsichtig griff Harry in seine Schlafanzughose und zog die Taschenlampe daraus hervor, die der Lord ihm lächelnd gereicht hatte, als es immer dunkler und Harry immer unruhiger und ängstlicher geworden war.

„Fürchtest du dich vor der Dunkelheit, Harry?“, hatte er gefragt und ihn mit den roten Augen durchbohrt, bis Harry keine andere Möglichkeit gesehen hatte, als zögerlich zu nicken. Der Lord hatte ihm die Taschenlampe – Harry hatte keine Ahnung, wo er die auf einmal hergehabt hatte – in die Hand gedrückt. „Nimm die – wenn du vorne auf den Knopf drückst, wird sie wie bei einem Lumoszauber brennen und dich vor der Dunkelheit beschützen.“ 

Der Lord hatte sanft über Harrys Haare gestreichelt und ihn alle Gedanken daran, wieso der Lord Muggelsachen besaß, vergessen lassen.

Jetzt drückte Harry behutsam auf den Knopf und zuckte bei dem hellen Licht etwas zusammen – er hatte die gesamte Nacht über der Versuchung wiederstanden, sie einzuschalten, weil er Angst hatte, dass sie leergehen würde, wenn er sie zu lange anließ.

In dem hellen Licht sahen die Geschenke noch mehr und noch eindrucksvoller aus und Harry legte langsam die Taschenlampe auf den Boden und drehte sie so, dass ihr Lichtkegel direkt auf seine Schuhe zeigte.

Er krabbelte langsam näher, beinahe unfähig zu begreifen, dass das alles tatsächlich für ihn sein sollte. Ein kleines Kind, dass noch nie zuvor richtige Geschenke bekommen hatte – dieses Kind, dass von niemandem gewollt wurde, von seiner Mutter sogar gehasst – für dieses Kind sollten all diese Geschenke sein?!

Wieder einmal war Harry so sehr in seinen Gedanken gefangen, dass er die geschmeidige Gestalt des Lords erst bemerkte, als sie direkt neben ihm auf dem Boden kniete.

„Das ist nicht nur zum angucken da, Harry, weißt du – das ist zum auspacken gedacht“, der Lord klang auf sanfte Art belustigt, während er über Harrys Arm streichelte.

Seine Anwesenheit stempelte Harry sofort als Zufall ab – der Lord musste einfach besseres zu tun haben, als um fünf Uhr morgens neben ihm auf dem Boden zu sitzen und ihm zu sagen, er solle seine Geschenke nicht nur ansehen, sondern auch anfassen. Harry würde vor Glück sterben, wenn es anders wäre.

Die Hand des Lord legte sich auf seinen Rücken und drückte ihn ein wenig nach vorne. „Na los, Harry.“

Harry streckte einer seiner zitternden Hände aus, aber sie blieb in der Luft direkt über dem Stiefel schweben. Der Blick des Kindes wanderte langsam zu dem Mann, der neben ihm auf dem harten Boden saß.

„Ist das wirklich für mich?“, fragte er leise.

„Ja“, sagte der Lord sanft und bewegte seine Hand in sanften Kreisen über Harrys Rücken. „Alles deins.“

Und dann senkte Harry vorsichtig seine Hand und zog den Schuh zu sich heran und fing an, dass er erste Mal in seinem Leben Geschenke auszupacken.
 

Tom beobachtete, wie das junge Kind eine Süßigkeit nach der anderen aus seinen Schuhen zog, jedes einzelne ein paar Sekunden fassungslos in der Hand hielt und mit leuchtenden Augen betrachtete, bevor er es behutsam zur Seite legte, als habe er Angst, etwas kaputt zu machen.

Irgendwann hatte Tom sich gefragt, wie lange das alles dauern sollte, aber inzwischen war ihm selbst das egal – saßen sie halt schon eine Stunde auf dem dreckigen Boden und das Kind war mit dem zweiten Stiefel immer noch nicht fertig.

Harrys strahlende Augen machten das wieder wett; Tom hätte nicht gedacht, dass es so schön sein würde, den Kleinen glücklich zu sehen.

Er hatte gewusst, dass er es nicht bereuen würde, für Harry diese Sachen zu besorgen und einmal Nikolaus zu spielen – er musste nur aufpassen, dass das keiner seiner Todesser mitbekam; es könnte ganz schön an seinem Ruf als böser, gefährlicher Lord kratzen, wenn herauskam, dass er für kleine Kinder den Nikolaus spielte.

Tom sah überrascht auf, als Harry seinen zweiten Schuh vorsichtig zur Seite schob und offenbar auch damit fertig geworden war.

Er sah zu dem kleinen Kind hinunter, blickte in die großen, faszinierend grünen Augen und deutete lächelnd auf die am Boden liegenden, mehr materiellen Sachen, die nicht mehr in die Schuhe gepasst hatten.

„Das noch und dann hast du´s geschafft“, grinste er leicht. „Dann kannst du anfangen, Schokolade in dich reinzustopfen, bis Weihnachten ist, und du noch mehr bekommst.“

Das ließ Harrys Augen noch größer werden.

„Glaubst du wirklich, ich bekomme auch etwas zu Weihnachten?“, fragte der Junge und sah ihn mit so großen, süßen Augen an, dass Tom gar nicht anderes konnte, als versichernd zu nicken.

„Wenn der Nikolaus nun mitbekommen hat, dass hier noch ein Kind wohnt, wird er es mit Sicherheit auch dem Weihnachtsmann erzählen – und dann wird der dir auch ganz viele Geschenke bringen“, versprach er Harry sanft, beobachtete, wie das pure Glück in seinen Augen aufleuchtete, bevor er sich mit einem breiten Lächeln daran machte, seine restlichen Geschenke anzusehen.

Tom seufzte stumm und dachte, dass er sich jetzt eigentlich gleich einen roten Anzug mit Bommelmütze besorgen könnte, wenn das hier so weiterging.

Dann schnappte sein Blick zu dem kleinen Kind und er fing an, sich zu fragen, welche Geschenke ihm wohl gefallen könnten – nicht, dass es auch nur den Hauch einer Chance gab, dass Harry sich über ein Geschenk nicht freuen würde, aber Tom wollte ihm lieber die Dinge besorgen, die er sich wirklich wünschte und ihn damit vielleicht noch ein bisschen glücklicher machen.

Aber eigentlich brauchte er sich darum ja keine Sorgen machen; er würde Harry mit Sicherheit dazu bekommen, einen Wunschzettel zu schreiben.

„Wow“, flüsterte Harry und als Tom zu ihm sah, ließ der Junge den besten und weichesten Schal, den er auf die Schnelle hatte bekommen können, durch seine kleinen Finger gleiten.

Tom lächelte, beugte sich nach vorne, zog ihn aus den winzigen Fingern und legte ihn um Harrys Hals, sanft über seine Wange streichelnd. 

„Wenn du dich das nächste Mal herausschleichen möchtest“, flüsterte er dem Kind verschwörerisch zu „solltest du dich lieber wärmer anziehen, vor allem, wenn du dich in Schnee wälzen möchtest.“

Harrys Augen weiteten sich beinahe entsetzt und sein kleiner Körper verkrampfte sich ein wenig. „Bitte – es tut mir leid,  – es kommt ganz bestimmt nicht wieder vor – es tut mir leid –nicht Mama sagen, bitte nicht Mama sagen – ich tue alles, bitte…“

Tom hob das Kind sanft hoch und setzt es auf seinen Schoß, beruhigend durch seine Haare und über seinen Rücken streichelnd. 

„Ist schon gut, Harry, ich werd es nicht deiner Mutter sagen – versprochen“, murmelte er leise. „Hab keine Angst; du brauchst keine Angst vor mir zu haben, Kleiner...“

Er spürte wie Harry vorsichtig seine kleinen Finger in den Stoff seines Pullovers grub und sich an ihm festhielt. „Keine Angst – ich werde auch nicht zulassen, dass Lily dich für solche Dinge bestraft.“

„A- aber“, stammelte Harry, sein Gesicht an Toms Brust pressend. „Ich hab die Regeln missachtet und - “

„Harry“, er drückte das Kind behutsam ein paar Zentimeter von sich fort und umschloss sein kleines Gesicht bestimmend mit seinen Händen, hob es an, damit es ihm in die Augen sehen musste. „Die Regeln deiner Mutter sind dumm. Und das, was sie mit dir tut, ist falsch.“

Unverständliche grüne Augen sahen ihn an. „W-was?“

Er zog Harry wieder nah zu sich. „Sie hat kein Recht, dir so wehzutun. Du hast nie etwas so falsch gemacht, als das es ihre Strafe gerechtfertigt hätte, und du bist genauso viel Wert, wie deine Schwester es ist.“

„A-aber Mama sagte, du würdest mich nicht brauchen und deshalb sei ich unnütz und ungewollt und - “

„Harry“, unterbrach er sanft. „Sie hat Unrecht, okay? Du bist mindestens so viel Wert wie sie, wenn nicht sogar noch mehr – und wenn du mein Kind wärst, Harry, wäre ich so stolz auf dich und ich würde dich so sehr lieben…“

Harry schluchzte auf und Tom schwieg und drückte ihn stattdessen sanft an sich.

... die der welt heil gebracht ...

7. Dezember - Dream (Traum) 
 


 

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dream || die der welt heil gebracht

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"Und warum hat er mehr als ich??!", kreischte Caroline schon beinahe, die geballten Fäuste in die Hüfte gestemmt, und funkelte ihre Mutter wütend an. "Ich will das auch alles haben!"

Lily hob beschwichtigend die Hände, lächelte ihre Tochter beruhigend an und wandte sich dann Harry zu, der wie ein Häufchen Elend auf dem Boden des Salons saß und mit großen Augen zu seiner Mutter und seiner Schwester hinaufstarrte.

"Woher hast du diese Dinge?", fragte Lily mühsam beherrscht und deutete auf den kleinen Haufen Süßigkeiten auf dem Tisch. 

"Vom Nikolaus", flüsterte Harry und wich Lilys stechendem Blick aus.

"Vom Nikolaus?!", wiederholte Caroline, warf ihrer Mutter einen entsetzten Blick zu. "Vom Nikolaus sagt der!"

Lily seufzte.

"Du bist so ein Baby", zischte Caroline und trat ein paar Schritte auf ihren kleinen Bruder zu. "Ein kleines, nutzloses Baby, das es nicht wert ist, zu leben und nichts als eine Platzverschwendung ist - eine lügende Platzverschwendung!"

Harry versuchte an die Worte des Lords zu denken; das er sehr wohl etwas wert wäre, beinahe noch mehr als Caroline; das seine Mutter falsch lag, mit dem, was sie tat; das der Lord ihn lieb haben würde, wenn er sein Kind wäre ...

Aber es verblasste. Es verblasste, wurde unbedeutend, unter dem hasserfüllten Blicken seiner Mutter und seiner Schwester, ihren lieblosen, vernichtenden Worten - Harry konnte gar nicht anders, als zu Carolines Worten nicken zu wollen.

"Sag mir, wo diese Dinge her hast, Harry", befahl Lily und legte beruhigend eine Hand auf Carolines Arm. "Hast du sie gestohlen?"

Harry betrachtete Lilys Hand, die so sanft auf dem Arm seiner Schwester lag; die Hand, die ihn nie berührt hatte, außer, um ihn zu schlagen.

Langsam sah Harry wieder auf. Es musste einen Grund geben, warum Lily ihn hasste und Caroline liebte - und dieser Grund konnte nur bei ihm liegen. 

"Nein", flüsterte er. "Ich habe nichts gestohlen - das hat mir der Nikolaus gebracht."

Bevor Caroline wieder anfangen konnte zu schreien, ging Lily einen Schritt nach vorne, packte ihn hart an den Schultern und zog ihn auf die Füße. Ihre Hände packten den Bund seiner dünnen Hose und riss sie zu seinen Knöcheln.

Harry schloss seine Augen, wusste, dass seine Mutter ihn gleich packen und für etwas bestrafen würde, dass er nicht getan hatte - es kam nur noch darauf an, in welcher Art und Weise.
 

Mit einem leisen Schrei fuhr Harry in die Höhe, vollkommen verschwitzt und mit heftig schlagendem Herz, Angst raste durch seine gesamten Nerven. 

Er brauchte ein paar Sekunden, bis er bemerkte, dass er auf seiner Matratze in seinem Zimmer lag und geträumt hatte - einen realen Traum. Einen sehr realen Traum - einen Traum, der sich gestern genau so im Salon der Potters abgespielt hatte.

"Harry?", fragte eine besorgte Stimme, und als er erschrocken aufsah, sah er Peter am Fenster sehen, die dicken Vorhänge in der Hand, die er offenbar gerade aufgezogen hatte - das plötzliche, grelle Licht musste ihn geweckt haben.

"J-ja?", flüsterte er.

"Ist alles in Ordnung?", Peter machte ein paar Schritte auf ihn zu, streckte leicht die Hand aus. 

Harry wandte den Blick ab und nickte. "Alles bestens", murmelte er und ließ sich von der Matratze auf den kalten Boden rollen - ein weiter Weg war es schließlich nicht.

"Beeil dich lieber etwas", meinte Peter; die Besorgnis war nicht aus seiner Stimme gewichen, aber er akzeptierte Harrys Abfuhr. "Der Lord möchte dich in seinen Räumen sehen."

Harry sah langsam auf. "Jetzt?"

"Ja", sagte Peter, ging in die Hocke, nahm Harrys Hände in seine und zog in sanft an die Füße. "Jetzt."

Harry runzelte leicht die Stirn, fühlte sich versucht zu fragen, ob er denn wirklich musste - und schwieg, wie immer, wenn er diese Gedanken hatte, die er ganz sicher nicht haben sollte.

Stattdessen nickte er, zog sich den Schlafpullover über den Kopf und versprach, sich zu beeilen.
 

"Setz dich hin, Harry", rief der Lord aus dem Nebenzimmer und Harry ging langsam zu der kleinen Sitzecke und ließ sich steif auf die Kante des grünen Sofas fallen.

Er faltete seine Hände im Schoß und sah stur nach unten; seine Gedanken rasten.

Vielleicht war das, was er fühlte falsch. Nein, es war ziemlich sicher falsch - der Lord ist nett zu ihm gewesen, hat ihn im Arm gehalten, ihn in seinem Bett schlafen lassen, seine Schuhe mit ihm geputzt. Es war definitiv falsch, so zu fühlen.

Aber Harry konnte einfach nicht aufhören - bis Mitternacht hatte er in seinem Bett gelegen, und verzweifelt versucht, seine Gefühle auszulöschen oder zumindest zu ändern - aber nichts. Absolut kein Ergebnis.

Früher war er besser darin gewesen.

"Möchtest du auch was?", fragte der Lord und Harry zuckte zusammen, weil der Mann so plötzlich vor ihm stand. Er schüttelte den Kopf, ohne hinzusehen.

Der Lord drückte ihm eine Schüssel in die Hand und Harry hielt sie aus reinem Instinkt fest - sie sah wertvoll aus und Harry wollte nicht dafür verantwortlich sein, dass sie kaputt ging.

Die Schüssel fühlte sich warm an und in ihr lagen gebrannte Mandeln, so, wie sie Caroline immer an Weihnachten aß. Harry hatte schon immer mal wissen wollen, wie diese kleinen Dinger schmeckten; einmal hatte er sogar darüber nachgedacht, seiner Schwester eines zu stehlen und nur der Gedanke an die heftige Bestrafung hatte in davor abgehalten.

Er nahm keine.

"Nimm eine", murmelte der Lord und setzte sich auf den Sessel ihm gegenüber.

Harry schüttelte den Kopf.

"Hast du so was schonmal gegessen?", fragte der Mann weiter.

Harry schüttelte den Kopf.

"Probier doch mal."

Harry schüttelte den Kopf.

Aus den Augenwinkeln sah er, wie der Lord auf seinem Sessel ein wenig nach vorne rutschte und seine Hände nach ihm ausstreckte. Sanfte Finger hoben sein Gesicht an und zwangen ihn, dem Lord in die Augen zu sehen.

"Was ist los?", fragte er leise und streichelte mit dem Daumen eine Haarsträhne aus Harrys Gesicht.

"Nichts", erwiderte der.

Der Lord runzelte die Stirn. "Wirklich? Nichts passiert, dass ich wissen sollte?"

Harry schüttelte den Kopf. 

"Es ist okay, weißt du?", flüsterte der Lord, löste eine Hand von seinem Gesicht und nahm streichelte seinen Arm hinunter. "Du kannst mir ruhig sagen, was dich bedrückt."

"Es ist nichts", murmelte Harry versprechend und versuchte das schlechte Gefühl zu ignorieren, das ihn bei dieser Lüge sofort überkam. "Wirklich nicht."

Der Lord ließ ihn los und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Harry starrte wieder nach unten auf seine Hände, die noch immer die warme Schüssel hielten.

Sie schwiegen und Harry spürte den stechenden Blick des Lords auf sich; die roten Augen durchbohrten ihn, versuchten seine Zurückgezogenheit zu verstehen.

Harry lenkte seine Gedanken schnell in andere Bahnen, konzentrierte sich nur auf die hellorgange Farbe der Glasschüssel in seinen Händen, als er sich daran erinnerte, dass er Lord angeblich Legilimentik beherrscht und vielleicht versuchen könnte, Harrys Gedanken zu lesen.

"Harry?"

Harry sah auf und war über das besorgte Flimmern in den Augen des Lords beinahe überrascht, obwohl er es in den letzten Tagen des Öfteren gesehen hatte.

"Ja?"

"Ich muss morgen nach Hogsmeade gehen", sagte er Lord sanft. "Wenn du irgendetwas brauchst oder haben möchtest, sag mir das, ja?"

Die Augen des Kindes weiteten sich und es starrte den Lord an, als wäre er eine Erscheinung; offenbar unfähig, die Worte des Mannes zu begreifen.

Er lehnte sich wieder nach vorne, nahm Harry vorsichtig die Schüssel aus der Hand und stellte sie neben ihn auf das Sofa. Dann streichelte über Harrys kalte Finger.

"Wünsch dir was von mir, Harry", bat er sanft und lächelte leicht über Harrys Gesichtsausdruck.

"A-aber", stammelte Harry erschrocken. "Ich weiß doch gar nicht -"

Der Lord legte den Kopf schräg. "Also, wenn du nicht weißt, was du brauchen könntest, kannst du morgen auch einfach mitkommen - aber, dann erwarte ich ganz viele Wünsche von dir."

Harrys Augen wurden noch ein wenig größer und der Lord tippte grinsend auf seine Nase. "Schau nicht, wie ein verschrecktes Reh!"

Harry öffnete den Mund und schloss in unverrichteter Dinge wieder.

"Magst du mitkommen?", fragte der Mann, streichelte über Harrys Handrücken.

Betäubt nickte das Kind, immer noch mit ganz großen Augen, und genoss die warmen, sanften Hände.

Der Lord lächelte und beugte sich noch ein wenig mehr nach vorne, um Harry auf die Stirn zu küssen. "Wunderbar."

Dann löste er seine Arme von dem kleinen Geschöpf und streckte sie einladend aus. Harry folgte sofort und kam auf seinen Schoß gekrabbelt, schlang seine dünnen Ärmchen um Toms Hals und kuschelte sich an ihn, während Tom sanfte Kreise auf Harrys Rücken malte

... aus des himmels goldenen höhen ...

8. Dezember - Wish (Wunsch) 
 


 

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wish || aus des himmels goldenen höhen

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Aufgeregt saß Harry auf dem Bett des Lords, schwang mit seinen Beinen und wartete ungeduldig darauf, dass der Mann endlich seine Robe fertig angezogen hatte.

"Nicht so ungeduldig, Harry", schmunzelte der Mann, kniete sich vor das Kind und hielt seine Beine fest. "Wir werden schon genug Zeit haben."

"Ich bin noch nie in Hogsmeade gewesen", sagte Harry und lächelte den Lord strahlend an. "Wie ist es dort?"

Der Lord beugte sich nach vorne, legte leicht seine Arme um Harrys Taille; der kühle Stoff von seiner Robe streichelte über Harrys Wange. "Du wirst schon sehen, Kleiner."

Harrys Strahlen verringerte sich nicht; er schlang seine dünnen Ärmchen um Toms Hals. Der Griff um seine Taille verstärkte sich, der Lord hob ihn hoch, hielt ihn kurz fest, und setzte ihn dann auf dem Boden ab.

"Hast du eine Jacke? Es ist kalt draußen", fragte der Lord, seine dünne, teils kaputte Kleidung kritisch betrachend.

Harry runzelte die Stirn und zupfte an dem dünnen Stoff, der um seine Schultern hing - zwei Nummern zu groß, mottenzerfressen, und viel zu dünn für den eisigen Winter.

Der Lord seufzte und griff nach Harrys Hand. "Okay, komm mit", murmelte er und zog ihn sanft hinter sich her. "Aber wenigstens wissen wir jetzt schon mal, wo wir anfangen können, für dich einzukaufen."

Harry errötete und lief schnell mit dem Lord mit, der ihn in das ominöse Nebenzimmer führte.

Der Raum war nicht so groß, wie Harry gedacht hätte - und er bestand nur aus Kleidung. Kleiderständer, Reihe um Reihe, volle Bügel bedeckten jeden Zentimeter.

"Dann wollen wir mal sehen", sagte der Lord und drehte Harry einmal im Kreis. 
 

Eine Stunde später hüpfte Harry an der Hand des Lords durch Hogsmeades Straßen.

Er trug eine schöne, weiche Robe, die in einem schönen dunkelblau gehalten war und auf seinen schüchternen Wunsch sogar kleine, goldene Sterne zur Schau trug.

Trotz Verkleinerungszauber war sie ihm ein wenig zu groß; seine kleinen Händchen verschwanden in den Ärmeln, und das Ende der Robe schliff ein wenig auf dem Boden.

Sie hatten sich entschieden, zuerst die Dinge zu kaufen, die der Lord brauchte; es war ohnehin nicht viel und sie würden sich Harrys Bedürfnissen entspannter widmen können, wenn sie danach nichts mehr zu tun hätten.

"Was ist das für ein Laden?", fragte Harry mit kindlich großen Augen, als der Lord ihn in das schäbigste Geschäft der ganzen Gasse zog.

"Zaubertränkeladen", seufzte der Lord. "Meine Anhänger sind nämlich zu faul, ihre Sachen selbst zu kaufen - das muss ich selbst machen, wenn ich will, dass irgendetwas vernünftig läuft."

Harry schaute groß zu dem mächtigen Mann hinauf und versuchte sich vorzustellen, wie irgendjemand die Frechheit besitzen konnte, den Mann zum einkaufen zu schicken.

Dann viel ihm ein, dass sie das selbe gleich für ihn tun würden, und er schaute errötend zu Boden.

"Warte hier kurz, ja?", fragte der Lord sanft. "Ich gehe kurz mit dem Ladenbesitzer reden."

Harry nickte brav und ließ folgsam die warme Hand des Lords los.
 

Das erste Ziel, dass der Lord für Harrys Einkäufe ansteuerte, war ein Bekleidungsladen, namens Besenknechts Sonntagsstaat.

Hier fragte er Harry nicht einmal, was er denn haben wollte; er befahl der Verkäuferin einfach, eine komplette Garnitur für Harry zusammenzusuchen, sowohl Zaubererkleidung, als auch Muggelkleidung.

Harry sah jetzt schon ohnmächtig vor Überwältigung aus. "Aber das ist doch viel zu viel", flüsterte er dem Lord zu, während drei Verkäufer durch den Laden wuselten, um die Kleidung zusammenzustellen.

"Du wirst auch dafür bezahlen müssen", nickte der Lord, und lächelte bei Harrys erschrockenem Blick. "Du musst das nämlich alles anprobieren, bevor es gekauft wird."

Harrys Augen wurden noch größer und dann kam schon die erste Verkäuferin, nahm ihm am Arm und zwischerte fröhlich: "Komm, komm, mein Kind", führte ihn zu einer kleiner Anprobe, drückte ihm die ersten Sachen in die Hand und befahl, sie anzuprobieren. 

Insgesamt musste Harry drei Stunden in diesem Laden verbringen, verschiedene Kleidung anprobieren und sie dann dem Lord präsentieren, bis der Mann entschied, dass es fürs Erste genug sein würde.

Harrys Füße taten weh und seine Augen fühlten sich so schwer an, dass er nur schwach protestieren konnte, als er den hohen Preis, den der Lord für ihn bezahlen musste, wahrnahm.

Als Harry beinahe über die Türschwelle des Ladens gestolpert wäre, verkleinerte der Lord die vielen Tüten und hob das Kind auf seinen Arm.

"Pause?", fragte er sanft und streichelte über Harrys Rücken.

Das Kind nickte entkräftet und so steuerte der Lord das Gasthaus Drei Besen an.

Der Laden war wie immer gut besucht und völlig verräuchert; aber der Lord war bekannt und so dauerte es nicht lange, wie eine verängstigt aussehende Kellnerin angehuscht kam und nach der Bestellung fragte.

Als Harry nicht großartig reagierte, sondern nur mit halbgeschlossenen Augen zusammengesackt in seinem Stuhl saß, bestellt der Lord Kürbissaft und Fish&Chips für den Jungen und ein einfaches Glas Butterbier für sich.

Es dauerte keine zehn Minuten, bis das Essen auf dem Tisch stand und Tom konnte nicht umhin zu bemerken, wie nützlich es manchmal sein konnte, einer der gefürchtetsten Menschen Englands zu sein.

"Ess, Harry", bat er und das Kind griff nach seiner Gabel, spießte ein paar Pommes auf und steckte sie genüsslich in seinen Mund.

Tom kam der Gedanke, dass Harry so etwas vielleicht noch nie gegessen hatte und wieder fühlte er das unbändigte Bedürfnis, Lily ein paar Stunden lang zu foltern.

"Also", murmelte er und nippte an seinem Butterbier. "Kleidung für dich haben wir - um was möchtest du dich als Nächstes kümmern?"

"W-was brauche ich denn?", fragt Harry schüchtern, blinzelte unter seinen schwarzen Haaren zu ihm hinauf und lächelte süß.

"Süßigkeiten hast du fürs Erste genug?", fragte er lächelnd zurück. Harry nickte schnell und mit großen Augen.

"Okay - irgendetwas zum spielen?", fragte er Lord und runzelte dann die Stirn. "Hast du überhaupt irgendwelche Spielsachen?"

Harry schüttelte den Kopf.

"Okay - aber dafür gehen wir in die Muggelwelt; die haben da bessere Sachen und mehr Auswahl", bestimmte der Lord. "Und vielleicht sollten wir dir auch Möbel besorgen und -"

"Möbel?", unterbrach Harry geschockt klingend. "Aber, Lord, das ist doch viel zu teuer und zu viel -"

"Harry", sagte er sanft und beugte sich ein wenig nach vorne. "Zumindest ein vernünftiges Bett brauchst du. Ich werde nicht mit ansehen, wie du jede Nacht beinahe auf dem Boden schläfst."

Harry schien nach Worten zu ringen und der Lord streckte seine Hand aus, streichelte Harry das Haar aus den Augen. "Und sag nicht Lord zu mir - Tom reicht vollkommen."
 

Am Abend fiel Harry halb tot in das Bett des Lords, weil sein neues erst noch bestellt und aufgebaut werden musste und der Mann nicht zulassen wollte, dass Harry sich in seinem Zimmer auf die kaputte Matratze legte.

Er konnte nicht aufhören zu lächeln, obwohl sie Lily auf dem Weg in das Zimmer begegnet waren, und diese ihm eine heftige Ohrfeige verpasst hatte, weil sie ihre Wut nicht hatte beherrschen können.

Das schlechte, beißende Gefühl des Verrats war beinahe sofort wieder in ihm hochgekocht; er konnte nichts dagegen tun, auch, wenn er sich nach dem, was der Lord heute für ihn getan hatte, furchtbar schlecht dabei fühlte.

"Ist alles in Ordnung, Harry?", fragte der Lord, als er zu seinem Bett kam, um ihn vernünftig zuzudecken. "Du siehst schon wieder so traurig aus."

Harry schüttelte den Kopf. "Es ist nichts."

"Ist es wegen deiner Mutter?", fragte er sanft und zupfte die Decke zurecht.

"Nein", selbst in seinen Ohren klang seine Stimme dumpf und schwach. Der Lord streichelte über seine Wange und lächelte beruhigend.

"Okay, du musst es mir nicht sagen", flüsterte Tom sanft und Harry fühlte sich sofort noch schlechter, weil er kein Recht hatte, sich von diesem Mann verraten zu fühlen.

"Schlaf, Kind", flüsterte Tom und stand auf, um das Sofa zum Schlafen zu beziehen.

Harry fiel auf, dass der das kleine Nachtischlämpchen angelassen hatte und lächelte schwach darüber, dass der Lord immer noch von seiner Furcht vor der Dunkelheit wusste und sie nicht ignorierte.

... uns der gnade fülle lasst sehn ...

9. Dezember - Book (Buch) 
 


 

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book || uns der gnade fülle lasst sehn

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Was deine Mutter tut, ist falsch, Harry.

Harte, kalte Augen starrten auf ihn hinunter; hasserfüllt, verachtend. Unbarmherzige Hände griffen nach ihm, zerrten ihm die Kleider vom Leibe, entblößen seine hässlichen Narben.

Kaltes Lachen erfüllte den Raum und Harry wollte schreien, um sich schlagen - aber sein Patenonkel hielt ihn fest, verdrehte ihm die Hände auf dem Rücken und presste die andere Hand hart auf seinen Mund.

Sie hat kein Recht, dir so wehzutun. Niemand hat das.

Seine Mutter steht im Hintergrund, ein grausames Lächeln auf den Lippen; Remus Lupin direkt vor ihm mit leicht verzerrten Zügen und bernsteinfarbenen Augen. Morgen ist Vollmond.

Auch sein Vater befindet sich irgendwo im Raum, Alice und Frank Longbottom ebenso.

Remus holt zum ersten Schlag aus und ein lautes Klatschen hallt durch den Raum - Harry will schreien, aber Sirius Hand presst sich noch fester auf seinen Mund.

Es ist nicht deine Schuld, Harry. Du hast nichts falsch gemacht.

Sie lachen und es tut weh und Harry möchte verstehen, warum. Er hat nichts falsch gemacht, er weiß das - der Lord wollte ihn mitnehmen, hat es ihm angeboten und das ist nicht seine Schuld.

Aber eigentlich weiß er, dass das gar nicht der wirklich wahre Grund ist, warum sich diese Ansammlung im elterlichen Schlafzimmer gebildet hat - sie findet immer statt, einen Tag vor Vollmond.

Ihn zu schlagen beruhigt Remus und lässt ihn den Vollmond entspannter empfangen; Lily und James sind gerne bereit, ihrem Sohn dafür ein paar quälende Stunden zu schenken.

Du bist nicht weniger Wert als die anderen. Mindestens so viel wie deine Schwester - wenn nicht noch mehr.

Caroline ist nicht hier; Lily möchte nicht, dass sie an diesen Bestrafungen teilnimmt und sieht, was für grausame Menschen ihre Paten sein können. Harry wünschte sich, er wüsste es auch nicht.

Remus Hände schlagen auf seinen Körper ein, immer zielsicher auf die Stellen, an denen es Harry am meisten wehtut. Die Stellen, an denen seine Narben zu dicken Wülsten verlaufen und auf die neueren Narben, die noch entzündet sind. Auf die Stellen, die manchmal sogar wehtun, wenn Harry sich zu lange bewegt oder zu geradesteht.

Wenn du mein Kind wärst - ich würde ich dich so sehr lieben, Harry ...

Alice und Frank tuscheln leise; sie sind nur hier, weil Lily sie darum gebeten hat. Um die Sache noch demütigender für Harry zu machen.

Sie interessieren sich nicht für ihn; sie haben ein Kind. Ein einziges, ihr erstgeborener Sohn Neville. Und Harry weiß genau, dass Alice darauf achtet, nicht noch einmal schwanger zu werden - Harry ist das beste Beispiel dafür, wie unwürdig und unnütz zweitgeborene Kinder sind.

Ein abschließender Schlag seitens Remus - Harry merkt es daran, dass dieser noch viel härter ist, als die zuvor und ihm noch mehr Tränen in die Augen treibt.

Sirius hebt an den Handgelenken hoch - es tut weh; Harry hat das Gefühl, der Mann wolle ihm die Knochen brechen - und lässt ihn dann einfach auf den Boden fallen.

Die Leute, seine Familie, lacht bei seinem kläglichen Wimmern.

Ich werde auf dich aufpassen, Harry. Ich werde nicht zulassen, dass sie dir solche Dinge antun.

Sie gehen an ihm vorbei, treten ihm noch einmal in die Rippen und lassen ihn hier allein, blutend, liegen.

Harry rollt sich unter Schmerzen zu einem kleinen Ball zusammen, schlingt die Arme um seine Knie.

"Aber wenn du mich beschützen willst", murmelt er dumpf. "Warum bist du dann nicht hier? Warum lässt du mich immer dann allein, wenn ich dich brauche?"

Harry bereut sofort, diese Worte auch nur gedacht zu haben, als der eisige Stachel der Schuld durch seinen Körper fährt.

Der Lord hat viel für ihn getan; hat ihn im Arm gehalten, getröstet, neue Kleidung und neues Spielzeug gekauft, ihn in seinem Bett schlafen lassen und war netter, als jeder Mensch in seinem bisherigen Leben.

Wie konnte Harry mehr von ihm verlangen? Wie konnte Harry auch nur daran denken, dass der Lord ihn vor seiner Familie beschützen müsse?

Er war für den Mann genauso unbrauchbar, wie für seine Familie und er konnte froh sein, dass er ihm überhaupt eines Blickes gewürdigt hatte.

Ungewollt. Unnütz. Last. Freak.

Harry weinte.
 

"Also", murmelte der Lord ihm gegenüber und hielt einen großen Katalog in der Hand. "Also."

Irgendwie hatte Harry den Eindruck, dass der Mann die Zeitschrift verkehrt herum hielt; aber er dachte, dass der mächtigste Mann der Welt bestimmt wusste, wie man Kataloge liest.

"Hast du irgendeine Vorstellung?", fragte Tom.

Harry schüttelte den Kopf. 

Der Lord seufzte, senkte den Katalog und blickte Harry stirnrunzelnd an. "Wenn ich dir das Ding jetzt in die Hand drückte und dir sage, du sollst dir die Möbel heraussuchen, die dir gefallen, würdest du es nicht tun, oder?"

Harry schüttelte den Kopf.

"Wundervoll", murmelte der Mann und legte den Katalog aufgeschlagen zwischen sie.

Harry blinzelte, als er bemerkte, dass der Lord ihn doch falsch herum gehalten haben musste und biss sich fest auf die Unterlippe, um nicht zu lachen.

"Was ist los?", fragte der Mann lauernd, weil er eben doch sehr aufmerksam war und es bemerkte, wenn sie jemand über ihn lustig machte.

"Du - du hast den falsch herum gehalten", kicherte Harry fröhlich und befürchtete seltsamerweise nicht, wegen dieser Frechheit geschlagen zu werden.

Tatsächlich lehnte sich der Lord nur stöhnend zurück und legte einen Arm über die Augen.

"Blätter einfach diesen Katalog durch und schrei, wenn dir etwas gefällt", sagte Tom und klang dabei wieder so seltsam zärtlich, als würde er ihn tatsächlich lieb haben.

Harry lächelte, nahm den Katalog auf seinen Schoß und dachte daran, den Lord beim Wort zu nehmen.
 

"Okay", sagte der Lord ein paar langweiligen Stunden später. "Okay - wir haben ein Bett, zwei Kommoden, einen Kleiderschrank, ein Sofa. Brauchst du noch was?"

Harry schüttelte den Kopf, konnte ein Lächeln nicht verhindern. Der Lord wirkte heute wirklich etwas verwirrt auf ihn.

"Hast du eigentlich Bücher, Harry?"

Wieder schüttelte Harry den Kopf.

"Okay - dann bestellen wir dir auch einen Bücherschrank und bei Flourish&Blotts ein paar Tausend Bücher -"

"Tausend?", unterbrach Harry keuchend, und konnte sich nicht vorstellen, jemals in seinem Leben so viele Bücher lesen zu können, selbst, wenn er jeden Tag daran sitzen würde.

"Okay - 500 reichen fürs erste auch", bestimmte der Lord, lächelte schwach und streichelte über Harrys Haare.

Irgendwie bekam Harry den Eindruck, dass dem Lord Bücher und lesen sehr wichtig waren, als er sich den ernsten Gesichtsausdruck besah, und beschloss, sich wirklich jeden Tag dadran zu setzten.

In seinem bisherigen Leben hatte Harry gerade einmal ein Buch gelesen und er wusste nicht wirklich, ob er das lesen mögen würde.

"Mit etwas Glück sind die Eulen schnell genug und das Zeug kommt übermorgen an", erklärte der Lord ihm. "Solange schläfst du weiter bei mir, okay?"

Harry nickte zögerlich, auch, wenn er sich unwohl dabei fühlte, dem Lord für zwei weitere Nächte das Bett wegzunehmen.

"Danke", flüsterte er und sah mit seinen grünen Augen und diesem süßen Lächeln zu dem Lord auf. 

Tom schlang einen Arm um Harrys Schultern und drückte ihn sanft an sich.

... uns der gnade fülle lasst sehn

10. Dezember - Ice (Eis) 
 


 

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ice || uns der gnade fülle lasst sehn

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Und dann passierte das, worauf Tom die ganzen letzten Tage über gewartet hatte. Lily - James und Sirius im Schlepptau - fing ihn auf einem Gang ab und bat mit gepresster Stimme um ein privates Gespräch.

Dass es um den kleinen Harry gehen würde, war ihm natürlich sofort klar - was sonst sollte Lily so aus Fassung bringen, dass sie selbst ihren Lord beinahe ins Gesicht schrie?

Er brachte Lily ihn den Salon.

"Mylord", fing sie an, einen beruhigenden Atemzug nehmend. "Ich weiß ihre Anwesenheit in unserem Haus sehr zu schätzen - und doch haben wir ein paar Fragen bezüglich unseres Sohnes an Sie."

"Harry", flüsterte Tom, lächelte leicht gefährlich und konnte doch nicht verhindern, dass ein kleiner Teil seiner Gefühle für das winzige Kind in diesem einen Wort mitschwang.

"Richtig, Lord, ich -"

"Nein, nein, Lily", unterbrach er rasch. "Du musst dich nicht erklären - mir ist durchaus klar, dass mein Interesse an dem Jungen dir nicht gefällt."

Lily wurde leicht blass und wagte es doch, zu nicken. "Ich habe meine Tochter Caroline für sie ausgebildet, mein Lord", flüsterte sie. "Ich habe ihr alles beigebracht, was sie als zukünftige Todesserin wissen muss - Etikette, Benehmen, Politik, die magische Gesellschaft -"

"Das mag ganz wundervoll sein, Lily", sprach er sanft. "Jedoch hege ich keinerlei Interesse daran, Caroline später Todesserin werden zu lassen."

Der pure Hass und die unendliche Wut, die Sekunden später in Lilys Augen aufblitze, überraschte Tom beinahe - er hätte eigentlich nicht erwartet, so direkt damit konfrontiert zu werden.

Lily senkte den Blick, versuchte ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen. "Warum Harry? Was hat dieses Kind, was meine Caroline nicht hat?"

Ein paar Sekunden dachte Tom darüber nach, wo er denn da anfangen sollte, aber dann beschloss er, dass Lily das selber wissen sollte.

"Sag du es mir - du bist seine Mutter", forderte er, wissend, dass sie es nicht können würde.

"Dieses Kind macht nichts als Probleme - ich hätte es schon vor seiner Geburt töten sollen und -"

Weiter kam Lily nicht, als der erste Cruciatus sie traf. Schreiend sank sie zu Boden, wand sich hin und her, kreische und bettelte um Gnade.

Tom hielt den Fluch beinahe eine Minute lang aufrecht, bevor er seinen Zauberstab senkte, nach vorne trat und Lilys Kopf an den langen, roten Haaren nach oben riss.

"Jetzt hör mir gut zu, Weib", zischte er, näher an Parsel als jemals zuvor. Lilys weinende Augen starrten ihn erschrocken an. "Wenn ich noch einmal bemerken sollte, dass du Harry verletzt, foltere ich dich, bis du in die Sankt Mungos Klinik eingewiesen werden kannst. Und wenn Harry mir jemals erzählen sollte, dass du ihm wehtust, bist du tot."

Damit ließ er sie zurück auf den Boden sacken und rauschte mit wehenden Roben aus dem Raum.
 

Als er den heftigen Schneesturm bemerkte, der ums Haus pfiff und alles in der Umgebung in ein weißes Wunderland verwandelte, beschloss Tom, draußen nach Harry zu suchen.

So sehr, wie der Junge Schnee liebte, konnte Tom sich nicht vorstellen, dass er dieses Schneetreiben verpassen würde, zumal er ihm ausdrücklich erlaubt hatte, jederzeit nach draußen zu gehen, solange er sich vorher warm anzog.

Tatsächlich saß Harry auf den steinernen Treppenstufen, den Kopf leicht in den Nacken gelegt und mit geschlossenen Augen.

Tom seufzte stumm, trat unbemerkt vor das junge Kind.

"Ich sagte, du sollst dich warm anziehen, wenn du nach draußen verschwindest, Harry", murmelte er leicht strafend, griff nach dem Reisverschluss von Harrys Jacke und zog ihn rasch hoch.

Harry war erschrocken zusammengezuckt und senkte jetzt betroffen den Blick, aber Tom sah, dass er lächelte.

"Entschuldigung", sagte er sanft.

Tom sah sich kurz auf dem Grundstück der Potters um, bis er einen zugefrorenen See bemerkte.

"Bist du schon einmal Schlittschuh gefahren, Harry?", fragte er lächelnd und genoss die großen, grünen Augen, die sich sofort auf ihn richteten.
 

"Aber das ist viel zu rutschig", kicherte Harry und glitt an seiner Hand haltlos über den See. 

Tom hatte ihnen Schlittschuhe herbeigezaubert und Harry dann einfach zur Mitte des Sees getragen, damit er nicht nur am Rande sitzen blieb.

Früher, als Tom noch Teenager gewesen war, war er jeden Winter in Hogwarts Schlittschuh gelaufen; das mochte jetzt eine Weile her sein, aber er war sich sicher, dass er noch wusste, wie es funktionieren würde.

Er hielt Harrys Hand fest.

"Ich will alleine versuchen", forderte Harry dann und zog an seiner Hand, um sie aus Toms Griff zu winden.

"Aber es ist zu rutschig, ja?", fragte der lächelnd und ließ Harrys Hand los, blieb aber natürlich in der Nähe, um aufzupassen.

Langsam und vorsichtig ließ Harry erst das eine Bein und dann das andere nach vorne rutschen, um so schleichend vorwärtszukommen.

"Gehts?", fragte Tom und legte doch leicht eine Hand auf Harrys Rücken, um ihn zu stützen.

Harry nickte, sichtlich stolz, dass er es schaffte, irgendwie allein über das Eis zu rutschen. Er schaute mit leuchtend grünen Augen zu ihm hinauf und achtete ein paar Sekunden nicht auf seine Füße.

Knall - Und schon saß Harry auf seinem Hintern. Rasch beugte sich Tom vor und streckte seine Hände nach Harry aus, um ihm wieder auf die Beine zu helfen.

"Bist du okay?", fragte er sanft und war doch überrascht, als Harry anfing zu lachen und seine Arme hochstreckte, um auf den Arm genommen zu werden.

"Noch mal!", rief er begeistert mit roten Wangen. "Das ist lustig!"
 

Am Abend waren sie vollkommen durchgefroren und Tom wusste schon jetzt, dass er morgen furchtbaren Muskelkater haben würde, aber das glückliche Strahlen auf Harrys Gesichte machte das wieder wett.

Sie saßen gemeinsam auf Toms Bett und waren gerade mit dem Abendessen fertig geworden.

"Danke, Lord", murmelte Harry. "Das war der schönste Tag meines Lebens."

Tom lächelte, streichelte durch Harrys Haare. "Du sollst mich Tom nennen, weißt du noch?", fragte er sanft.

"Richtig - Tom", das Wort kam noch zögerlich über Harrys Lippen, aber Tom war froh, ihn dazu gebracht zu haben, es auszusprechen.

"Schlaf", schlug er sanft vor, hob die Decke von seinem Bett, um Harry zu erlauben, darunter zu krabbeln.

Harry folgte sofort und kuschelte sich tief in die weichen Laken. Trotzdem schloss er seine Augen noch nicht, sondern sah groß zu Tom auf.

"Und was machen wir morgen?"

Tom lachte. "Hast du was vor?"

"Schlittschuh fahren!", schlug das Kind begeistert vor und streckte leicht die Hände in die Luft. 

Tom grinste und beugte sich vor, um Harry richtig zuzudecken. "Wenn du das unbedingt möchtest, Harry", wisperte er sanft.

"Das wird lustig", prophezeite Harry und kuschelte sich tiefer in seine Kissen.

"Ganz bestimmt", flüsterte Tom versprechend und streichelte über Harrys Haare.

stille nacht, heilige nacht

11. Dezember - Together (Zusammen) 
 


 

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together || stille nacht, heilige nacht

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Nur mit größter Mühe und vielen mehr oder weniger überzeugenden Argumenten schaffte es Tom am nächsten Morgen Harry davon abzuhalten, wieder Schlittschuh fahren zu gehen.

Als sich das zu anfangs nur schlechte Wetter in einen regelrechten Schneesturm ausbreitete, gab Harry jedoch Ruhe. Er schien zu wissen, wie gefährlich so etwas sein konnte, und Tom war sich nicht sicher, ob er wissen wollte, woher.

"Gehen wir wann anders Schlittschuh fahren?", fragte Harry groß, während er auf dem Fensterbrett in Toms Zimmer stand und nach draußen starrte.

"Wenn das Wetter wieder besser wird", versprach Tom schnell, Harry nicht unglücklich machen wollend.

Harry nickte und presste seine Hand an die eisige Fensterscheibe. "Es ist so kalt", murmelte er nachdenklich.

"Dann komm da runter", forderte Tom grinsend. "Bevor du dich noch erkältest."

Harry warf ihm über die Schulter einen verwirrten Blick zu, folgte aber trotzdem und kletterte langsam von dem Fensterbrett hinunter. "Ich werde nicht krank", erklärte er dabei. "Ich werde nie krank."

Tom trat lächelnd zu ihm und hob ihn auch. "Natürlich nicht", wisperte er leicht. Harry vergrub sein Gesicht in Toms Shirt. 

Vor seinem Schrank setzte Tom Harry sanft ab und legte eine Hand in seinen Rücken. "Und jetzt zieh dich an - und dann runter, frühstücken", befahl er lächelnd.
 

Wie jeden Morgen war die Atmosphäre am Frühstückstisch furchtbar angespannt. 

Harry saß neben Tom und starrte stur auf seinen Teller, gefüllt mit Eiern, Speck, gebräunten Toast mit Marmelade und kleinen Würstchen. Tom befahl ihm jeden Morgen, soviel zu essen, weil er wohl zu dünn wäre.

Früher hatte Harry immer nur ein trockenes Brot essen dürfen; umso wundervoller kam ihm jetzt der Geschmack vor, den er jeden Tag auf seiner Zunge spüren durfte.

Caroline und Lily erdolchten ihn mit Blicken, während James, Sirius und Remus versuchten, sich zurückzuhalten.

Tom saß ruhig neben ihm und drückte unter dem Tisch seine Hand, wenn er doch mal versehentlich aufsah und den Blicken seiner Mutter oder seiner Schwester begegnete.

Und doch hatte Harry das Gefühl, dass sich etwas geändert hatte. Irgendetwas an Lilys bohrenden Blick war anderes geworden und auch James, Sirius und Remus starrten öfter hasserfüllt zu ihm hinüber, als es sonst üblich war.

Ein kurzer, verstohlener Blick zu Caroline bestätigte seinen Verdacht. Stirnrunzelnd ließ das Mädchen seinen Blick zwischen ihren Eltern wandern, schien eine Veränderung in ihrem Verhalten zu bemerken - und doch nicht zu wissen, woher diese stammen könnte.

Harry sah schnell zu Tom hinauf, der Lily warnende Blicke sandte. Aber, als er zu ihm hochblickte, sah der Mann zu ihm hinunter und streichelte eine störende Haarsträhne aus seinem Gesicht.

"Alles in Ordnung, Harry?", fragte Tom. Harry nickte und ließ seinen Blick zwischen Tom, Lily und James wanderten. Die Unsicherheit stand deutlich in seinen grünen Augen geschrieben.

"Iss, Kleiner", sagte Tom sanft und streichelte über seine Finger. "Es ist okay."

Harrys Körper war noch immer angespannt und er ließ Lily nicht aus den Augen, aber er vertraute Toms Worten genug, zumindest weiter zu essen.

"Was hast du heute vor, Lily?", fragte Tom und Harry hörte doch kurz auf zu essen; die Kälte in Toms Stimme kam für Harry vollkommen unvorbereitet. Tom drückte wieder seine Hand.

"Ich werde heute Carolines Geburtstagsfeier vorbereiten müssen, Mylord", erklärte Lily steif. "Es sei denn, sie benötigen meine Dienste ...?"

"Du hast Geburtstag?", wandte sich Tom zu Caroline.

Harry bekam große Augen und ließ seine Gabel scheppernd auf seinen Teller fallen. 

Was, wenn Tom Caroline lieber haben würde? Wenn er genauso wie Lily denken würde? Wenn er wieder unwichtig werden würde?

Caroline schien seinen entsetzen Blick zu bemerken und lächelte kurz gehässig. "Ja, Mylord", sagte sie dann sanft, höflich. "Morgen schon."

"Ich nehme dann mal an", sagte Tom und blickte wieder zu Lily. "Das niemand ein Problem haben wird, wenn ich Harry für den Rest des Tages entführe?"

Eisige Stille, ein tödlicher Blick von seiner Schwester. Es dauerte ein paar Sekunden, bis Lily fähig war, steif zu nicken.

"Tom?", wisperte Harry in die Stille hinein und schaute zu dem Mann hinauf, der für ihn zur Familie geworden war.

"Iss, Harry", sagte der nur und drückte ihm die Gabel wieder in die Hand. "Du wirst schon sehen"
 

Harrys Verwirrung und Überraschung nahm nicht ab, als Tom ihn nach dem Frühstück in die Küche führte.

"Was tun wir?", fragte er neugierig, aber Tom hob ihn nur hoch und setzte ihn auf dem Tresen ab. 

Die Hauselfen waren schon verschwunden; Tom hatte sie unter lautem Protest fort geschickt, weil er die Küche nur für sie beide haben wollte.

"Tom?", fragte er wieder, leicht quenglig klingend.

"Sekunde, Sekunde", lächelte der Mann. "Nur Geduld."

Mit Magie holte er Schüsseln, eine Kuchenrolle, Plätzchenausstecher in allen Formen und Farben, mehrere Backbleche und Kuchengitter. Außerdem flogen Eier, Mehl, Butter, Zucker, Nüsse, Mandeln, Zimt, Marzipan und Nugat herbei.

"Was tun wir?", wiederholte Harry und schaute mit riesigen Augen auf die vielen Utensilien.

"Plätzchen backen", erwiderte Tom und warf Harry einen belustigten Blick zu. "Auf Muggelart."

"Warum machst du so viel auf Muggelart?", konnte Harry nicht verhindern zu fragen.

"Das tue ich normalerweise nicht", erwiderte Tom und ließ den Großteil der Utensilien an den Rand schweben, drückte Harry eine große Schüssel in die Hand. "Allerdings sind Weihnachtstraditionen bei den Muggeln viel schöner - man muss ja nicht alles mit Magie machen."

"Ich hab das aber noch nie gemacht", erklärte Harry und schaute auf die Schüssel hinunter, sich fragend, was er nun damit tun sollte.

Tom nickte. "Ich zeig es dir."

Harry sah zu, wie Tom zuerst Mehl, Zucker, kalte Butter und eine Prise Salz in seine Schüssel gab, dann geschickt seine Eier aufschlug und die glibberige Flüssigkeit langsam dazulaufen ließ. Durch einen leichten Schwung seines Zauberstabes fing die Mischung an, sich selbst zu verrühren.

Dann bot er Harry eine Hand an, um ihm vom Tresen zu helfen. Harry krabbelte hinunter und stellte sich auf den beschworenen Hocker, um leichter an seine Schüssel zu kommen.

Zuerst gab ihm Tom die richtige Menge Mehl, die Harry schnell in die Schüssel fallen ließ. Er kicherte über die mehlige Wolke, die sofort aufstieg.

"Magst du mit Schokolade machen?", fragte Tom sanft und sah ihn belustigt an. Harry nickte begeistert und Tom gab ihm einen großen Löffel, voll mit Kakaopulver.

Dann musste er die Butter und den Zucker hinzufügen, bevor Tom das Ei übernahm, weil Harry sich das nicht alleine zutraute.

Und natürlich musste auch sein Teig verrührt werden; allerdings beschwor Tom für ihn einen elektronischen Schneebesen, den er in den Zutaten-Mischmasch halten sollte, um einen vernünftigen Teig zu bekommen.

Und obwohl Harry zuerst zusammenzuckte, als Tom das Ding einschaltete und es laut in seiner Hand vibrieren begann, beobachtete er interessiert, wie kleine Mehlwolken aufstiegen und die vielen Zutaten zu einer bräunlichen Masse wurden.

Manchmal hielt Harry den Schneebesen zu hoch und ein wenig Teig spritzte aus der Schüssel empor, aber weil Tom nicht schimpfte, lachte Harry nur darüber.

Harry strahlte, als Tom ihm den Schneebesen wieder aus der Hand nahm und in das Waschbecken legte. 

"Das macht Spaß", verkündete er und sah freudig zu Tom hinauf. 

"Ich nehme dann an, dass du nicht eine Stunde warten willst, bis der Teig abgekühlt ist?", erwiderte der Mann grinsend und strich ein wenig Mehl von seinem Pullover.

"Muss das denn sein?", fragte Harry sofort leicht quenglig. "Ich würd so gerne weitermachen"

Tom schwang wieder seinen Zauberstab und sprach einen starken Kühlungszauber; er würde genügen und genau das selbe Ergebnis haben, wie eine Stunde ihm Kühlschrank.

Harry lachte erfreut auf und schlang leicht seine dünnen Ärmchen um Tom, machte den Mann ganz weiß und voll mit Mehl.

Tom schüttelte grinsend den Kopf und küsste Harrys Haarschopf, bevor er ihm eine Küchenrolle in die Hand gab.

"Damit den Teig ausrollen, dann mit den Förmchen die Plätzchen stechen", erklärte er Harry das weitere Vorgehen. "Und nebenbei ruhig ein wenig von dem Teig naschen - der ist echt lecker"

Harry löste sich mit großen Augen von Tom, steckte einen Finger in die Schüssel zu dem jetzt beinahe harten Teig und probierte dann vorsichtig. Der Geschmack war unglaublich - Harry konnte sich gar nicht vorstellen, wie gut die Plätzchen später schmecken mussten, wenn der Teig schon so gut war.

Er tauchte seine Finger wieder hinunter, nahm diesmal mehr und schloss genüsslich die Augen.

"Aber nicht vergessen, auch damit zu backen", grinste Tom belustigt und Harry holte seufzend den Teig aus der Schüssel, um ihn auf den Tresen zu legen. Gerade, als Tom sich seinem eigenen Teig zuwandte, steckte Harry noch einen Finger Teig in den Mund.

... wo sich heut alle macht ...

12. Dezember - Birthday (Geburtstag) 
 


 

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birthday || wo sich heut alle macht

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Tom konnte sich vorstellen, wie Harrys Geburtstage aussahen - wie jeder andere verdammte Tag auch. Oder vielleicht noch ein wenig liebloser.

Als der am Morgen des zwölften Dezember den Salon betrat und die vielen Girlanden, Luftballons, Wimpelketten, Kerzen und das viele Konfetti im gesamten Raum verteilt sah, weiteten sich seine Augen vor Schock. Auf dem Tisch stapelten sich duzente Geschenke - große, kleine, in grünem Papier, in silbernem Papier. 

Die mehrstöckige Torte, die das ganze Bild abrundete, stand in der Mitte der Geschenke, umrandet von Geburtstagkarten.

Alles glitzerte.

Tom drehte sich um, verließ den Raum und beschloss, bei den Hauselfen Frühstück zu bestellen; das wollte er weder sich noch Harry zumuten.

"Tom?", fragte Harrys gedämpfte Stimme aus den Tiefen seiner Bettlacken und schwarzes, verwuscheltes Haar tauchte auf.

"Bleib liegen", lächelte Tom. "Wir essen heute hier."

Erleichtert sank Harry zurück, froh, noch nicht aufstehen zu müssen. "Warum?", fragte er trotzdem.

"Weil ich das ganze Glitzerzeug im Salon nicht länger als ein paar Sekunden aushalte", sagte Tom trocken und setzte sich zu Harry auf das Bett. "Ich will nicht erblinden."

Harry kicherte. "Es sieht grauenvoll aus, oder?"

"Mmmh", stimmte Tom zu. "Ich frage mich, warum Lily so dekoriert - gefallen Kinder so viel Schrott auf einem Haufen?"

"Ich hasse es", kicherte Harry fröhlich. "Aber Caroline mag es, glaube ich."

"Grässlich", murmelte Tom und dann tauchte schon die Hauselfe mit ihrem Frühstück auf. "Wenn du Geburtstag hast, werde ich es mit Sicherheit besser hinkriegen als Lily - obwohl Lily Erfahrung haben sollte, und ich es das erste Mal tun werde ..."

Harry setzte sich auf und schaute ihn mit großen Augen an. Tom drückte ihm seinen Teller mit Essen in die Hand und grinste.

"A- an meinem Geburtstag?", flüsterte er stotternd und Tom gab ihm auch eine Gabel.

"Ja", stimmte Tom zu. "Ich kenne kein anderes Kind, für das ich so ein Theater mitmachen würde."

Harry starrte einfach weiter und bestätigte mit seinem fassungslosen Blick Toms Vermutung - Harry hatte noch nie wirklich seinen Geburtstag gefeiert.

"Jetzt iss", verlangte Tom und deutete auf Harrys Teller. Beinahe mechanisch nahm das Kind die Gabel fester in die Hand und spießte ein Würstchen auf.

"Danke", nuschelte er dann um die Gabel herum und Tom schüttelte lächelnd den Kopf.
 

Sie konnten sich nicht ewig davor drücken in den Salon zu gehen; früher hatte Harry das auch versucht, aber Lily und James bestanden darauf, dass beim Geschenkeauspacken jeder anwesend war.

Vielleicht, um Harry noch einmal zu zeigen, wie viel besser Caroline es hatte. Vielleicht auch einfach, weil es ihnen eine perfide Freude bereitete, Harry unglücklich zu wissen.

Aber als ihr Lord Harry auf seinen Schoß hob, dämpfte das ihre Freunde erheblich; Harry konnte Lilys Hand zucken sehen und lehnte sich näher an Tom heran, der beschützend seine Arme um ihn geschlungen hatte.

Auch Caroline sah weniger glücklich und strahlend aus, als in all den Jahren zuvor; sie warf ihm ständig wütende Blicke zu. Harry wusste, dass sie es hasste, dass sie Aufmerksamkeit des Lords beinahe nur auf ihm lag und er sie vollkommen ignorierte.

Wie jedes Jahr zählte Harry zuerst einmal durch, wie viele Geschenke Caroline diesmal bekommen hatte. Letztes Jahr waren es fünfundzwanzig gewesen - und dieses Jahr zählte er achtundzwanzig. 

Er war jedes Jahr aufs neue überrascht, wie James und Lily es schaffen können, so viele Geschenke zu füllen und dabei einige riesengroß werden zu lassen.

Langsam fing Caroline an, ihre Geschenke zu öffnen. In dem ersten Paket fanden sich stapelweise Bücher, die sich achtlos zur Seite legte, während Harry unauffällig versuchte, einen Blick auf die Titel zu erhaschen.

"Irgendetwas mit >Wie verdreht man Jungs den Kopf< oder so", flüsterte Tom ihm zu und Harry runzelte die Stirn, sich fragend, ob Caroline so etwas wirklich nötig hatte.

Sie sah beinahe aus, wie das perfekte Abbild ihrer Mutter; lange, rote Haare, zierliche Statur, feines Gesicht und smaragdgrüne Augen. Und soweit er wusste, waren die Jungen seiner Mutter haufenweise hinterhergerannt.

Als sich in Carolines nächstem Geschenk ein starker Liebestrank fand, dachte Harry, dass er irgendetwas falsch verstanden haben musste.

Ein neuer Besen, ein neuer Zauberstab, Ketten, Armbänder, Ohrringe, Nackellack, Kleidung, Roben, Bücher, Tränke, kleine, weiche Kuscheltiere - immer mehr stapelte sich auf dem Tisch, und als Caroline das letzte Geschenk ausgepackt hatte, hatte Harry schon lange den Überblick verloren.

Kurz beobachtete Harry seine Schwester gespannt, aber auch dieses Jahr kam kein Wort des Dankes über ihre Lippen. Stattdessen nahm sie eine kleine Schokoladenkugel und steckte sie in ihrem Mund.

Tom seufzte, legte seine Hände auf Harrys Taille und stellte ihn wieder auf die Füße. "Ich denke, wir können dann gehen, Harry."

Lily nickte und Caroline erdolchte ihn wieder mit Blicken, weil die Aufmerksamkeit des Lords schon wieder nur auf ihn gerichtet war.

Harry lächelte und nahm Toms Hand.
 

"Furchtbares Mädchen", beschloss Tom und reichte Harry die Dose mit den gestern gebackenen Keksen. "Verwöhntes Gör."

Harry nahm sich ein schokoladen Plätzchen mit viel Zuckerguss und Streusel. "Hast du gerade meine Schwester beleidigt?", fragte er und biss einmal davon ab.

"Ganz genau", stimmte Tom zu und griff selbst nach einem. Harry sah strahlend zu ihm auf. "Das gefällt dir, nicht wahr?", fügte er hinzu.

Harry nickte heftig und leckte sich die Krümel von den Fingern. "Sehr gut sogar."

Tom hob Harry richtig auf das Bett hinauf, damit dieser sich gegen ihn lehnen konnte. Die Dose mit den Plätzchen stand zwischen ihnen.

"Willst ein paar weitere nützliche Muggelsachen kennenlernen?", fragte er Harry nachdenklich und streichelte ihm die Haare aus der Stirn.

"Klar", kaute Harry und klaubte die Decke über seinen Körper, weil es so langsam auch mit magischer Heizung kalt wurde.

Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich eine große, schwarze Gerätschaft auf dem gegenüberliegenden Schrank auf mit blickenden Knöpfen und Schaltern.

Harry legte leicht den Kopf schräg und starrte das Ding an.

"Hast du schon einmal von einem Fernseher gehört?", fragte Tom und drückte auf ein längliches Gerät mit noch mehr Knöpfen, die alle mit komischen Zeichen und Zahlen bemalt waren.

Harry schüttelte den Kopf und beobachtete überrascht, wie der schwarze Apparat erst zu flimmern begann, bevor er ein paar lustig aussehende Menschen zeigte.

"Interessant", murmelte Harry und schaute zu, wie die kleinen Menschen über den Bildschirm rannten, und fragte sich, ob sie wohl versuchten, einen Weg aus dem Ding hinauszufinden.

Tom lächelte und drückte auf einen der Knöpfe; sofort änderte sich das Bild und zeigte eine Frau, die an einem langen Tisch saß, mit ein paar Zettel in der Hand, hinter ihr eine große Karte. Sie redete und weil Harry keine anderen Menschen auf dem Flimmerding sehen konnte, fragte er sich, ob sie wohl Selbstgespräche führte.

Wieder drückte Tom auf einen Knopf und diesmal tauchten ganz seltsame Dinger auf - Menschen, die irgendwie keine Menschen waren. Sie sahen ein wenig wie gemalt und ausgeschnitten aus; ihre Körper ganz platt und nur mit Strichen als Mensch zu identifizieren.

"Das ist ja seltsam", sagte Harry zu schaute zu Tom hinauf. "Warum leben denn da Zeichnungen? Ich dachte, das kommt von den Muggeln?"

"Das tut es auch", sagte Tom grinsend und legte das längliche Ding weg. 

"Wie können Muggel Zeichnungen lebendig machen?", fragte Harry verwirrt. "Sie haben doch keine Magie!"

"Sie leben nicht", erklärte Tom. "Das ist nur ein Film, nichts Echtes."

Das verstand Harry auch nicht wirklich, aber er wandte sich wieder dem Flimmerding zu und schaute zu, wie ein paar der Zeichenmännchen schreiend im Kreis rannten und sinnlose Dinge brüllten.

"Das gucken Muggelkinder", fügte Tom hinzu und Harry runzelte noch tiefer die Stirn, die seltsamen Nicht-Menschchen nach einem Sinn beobachtend.

... väterlicher liebe ergoß ...

13. Dezember - Cold (Kälte / Erkältung) 
 


 

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cold || väterlicher liebe ergoß

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Als Harry am nächsten Morgen und nach endlosen Stunden vor der Flimmerkiste aufwachte, fühlte er sich schlecht. Sehr schlecht sogar.

Stöhnend drehte er sich auf den Bauch und presste sein erhitztes Gesicht in die Kissen, kniff die Augen zusammen.

Sein Hals kratzte unangenehm und das vorsichtige Schlucken sandte Schmerzwellen durch seinen Körper. Trotzdem schloss er müde seine Augen, sich so unglaublich erschöpft fühlend, und hoffte, dass er noch ein paar Stunden würde schlafen können, bevor Tom ihn zum Frühstück bringen würde. Er hatte keine Kraft den Kopf zu heben und nach der Uhrzeit zu schauen.

Gefühlte fünf Minuten später rüttelte eine sanfte Hand an seiner Schulter und Toms leise Stimme bat ihn, aufzustehen.

Schwach versuchte Harry den Kopf zu heben, aber der sofortige Schwindel und die Kopfschmerzen ließen ihn stöhnend zurücksinken. 

"Nur ein bisschen", murmelte er und schniefte leise. 

Toms Hand begann, auf seinem Rücken hoch- und runter zu streicheln. "Na, komm Harry - es ist schon nach neun Uhr."

"Fünf Minuten", bat Harry heiser und hustete, als sein Hals erneut zu kratzen begann.

"Harry?", fragte Tom vorsichtig und Harry meinte, Besorgnis in seiner Stimme erkennen zu können. "Geht´s dir nicht gut?"

Harry schüttelte den Kopf und presste sein Gesicht noch tiefer in sein Kissen, als würde dann wieder Nacht werden, die Schmerzen verschwinden und Tom noch nicht an seinem Bett sitzen.

"Dreh dich um", bat Tom leise. Harry bewegte sich nicht. "Du musst auch nicht aufstehen, Harry. Dreh dich einfach um", fügte er noch hinzu.

Widerwillig drehte Harry sich auf den Rücken und hoffte einfach, dass er wirklich noch nicht aufstehen musste.

Toms Finger strichen vorsichtig über seine Stirn und langsam seine Wangen hinunter. Harry reckte sich den kühlen Fingern vorsichtig entgegen.

"Du bist ganz heiß", flüsterte Tom und klang jetzt eindeutig besorgt. "Hast du Schmerzen?"

Harry nickte vorsichtig und sah Tom verschleiert an. "Mein Hals", krächzte er.

"Okay ... - schlaf noch ein wenig, ja?", murmelte Tom sanft. "Dann geht´s dir bestimmt wieder besser."

Erleichtert schloss Harry die Augen, kuschelte sich fröstelnd tiefer in die warme Decke, ignorierte die brennenden Halsschmerzen.
 

Als Harry ein paar Stunden später wieder erwachte, tat sein Hals noch mehr weh und ein Hungergefühl machte sich bemerkbar.

"Tom?", fragte er flüsternd in den Raum, nicht wissend, ob der noch hier war und hoffend, sich nicht aufsetzen zu müssen. 

"Na?", tauchte Toms Stimme sofort neben ihm auf und sanfte Finger streichelten über seine Stirn. "Wie geht´s dir jetzt?"

"Nicht besser", murmelte Harry und schniefte. "Es tut immer noch weh..."

"Lizzy!", rief Tom in den Raum hinein und sofort erschien eine kleine Hauselfe und verneigte sich unterwürfig vor dem mächtigen Lord.

"Was kann Lizzy für den Master tun?", fragte sie mit heller, aufgeregter Stimme.

"Bring mir bitte eine warme Suppe für Harry", gab er knapp Kund. Lizzy nickte aufgeregt und mit schlackernden Ohren, bevor sie apparierte um das gewünschte zu holen.

Tom setzte sich neben ihm aufs Bett. "Denkst du, du kannst dich hinsetzten, Harry?", fragte er sanft und hielt ihm zur Hilfe eine Hand hin.

Müde griff Harry danach und ließ sich in eine sitzende Position ziehen, erleichtert die Augen schließend, als Tom ihn dazu brachte sich gegen einen Kissenhaufen zu lehnen.

"Ach Harry", seufzte Tom und streckte sich ebenfalls auf seinem Bett aus.

"Warum tut mein Hals so weh?", fragte Harry mit kindlich großen Augen und deutete mit einer Hand wage auf seinen Hals.

"Du bist erkältet", erwiderte Tom und nahm Harrys Hand in seine. 

"Ich bin nicht krank!", protestierte Harry, verzog das Gesicht vor Schmerz und fuhr leiserer fort. "Ich bin nie krank!"

Tom warf ihm einen belustigten Blick zu. "Jeder wird krank. Vor allem, wenn man sich nur im Schlafanzug im Schnee herumtreibt oder ein paar Stunden draußen mit offener Jacke herumsitzt."

Harry schniefte unglücklich, aber bevor er etwas zu seiner Verteidigung sagen konnte, tauchte Lizzy wieder auf, einen Teller Hühnersuppe in den Händen.

Tom nahm ihn ihr ab, bedankte sich und die Hauselfe verschwand glücklich wieder.

"Iss", befahl Tom Harry und stellte den Teller auf seine Knie. "Die Halsschmerzen werden dann besser werden."

Schnell griff Harry nach dem gereichten Löffel und begann das unbekannte Gesöff in sich hinein zu löffeln.
 

"Willst du noch ein wenig schlafen?", fragte Tom, als Harry aufgegessen hatte und der leere Teller von Lizzy abgeholt worden war.

Harry schüttelte den Kopf. "Ich bin nicht mehr müde", behauptete er.

"Und was willst du dann tun?", fragte Tom lächelnd und zog die Decke enger um Harrys Körper.

"Ich weiß nicht", murmelte Harry und lehnte sich fröstelnd an Tom, genoss die kühlen Finger, die über seine Stirn strichen.

"Fernsehn? Lesen?", schlug Tom vor.

"Lesen", beschloss Harry, weil er das Prinzip mit der Flimmerkiste immer noch nicht richtig verstanden hatte und Bücher sicherlich um einiges unkomplizierter waren.

"Willst du selber lesen?", fragte Tom weiter. "Oder soll ich dir was vorlesen?"

Harrys Augen wurden sofort wieder riesengroß und er starrte Tom an wie eine Erscheinung. "Vorlesen?", wiederholte er ungläubig.

Lily hatte ihm bestimmt nie vorgelesen, dachte Tom, selbst als er noch ganz klein war; die Zeit, in der jedes Kind etwas vorgelesen bekam.

"Okay dann vorlesen", beschloss Tom und grinste, als Harrys Augen noch größer wurden.

Kurz dachte Tom nach, bevor er ein neues, blaues Buch herbeirief, dass den lustigen Namen Rumpax Rabuzack zaubert Weihnachten trug.

Dann legte er einen Arm um Harrys Schultern und brachte ihn sanft dazu, sich gegen seine Schulter zu lehnen.

"Rumpax Rabuzack schnaufte. So schwer hatte er sich den Rucksack auf seinem Rücken nicht vorgestellt. Erschöpft wischte der Zauberer sich ein paar Schweißperlen von der Stirn. Das dicke Winterfutter seines Umhangs gab ihm das Gefühl, in einem Backofen zu stecken"*, las Tom mit sanfter, melodischer Stimme. Harry hing wie gebannt an seinen Lippen. "Und dazu noch dieses verflixt schwere Ding! Wie blöd von ihm, dass er den Rucksack nicht einfach aus dem Wald nach Hause gezaubert hatte. Das wäre kinderleicht gewesen, immerhin stand Rabuzack kurz vor der letzten Zauberprüfung ..."*
 


 

* - Auszug aus dem Buch "Rumpax Rabuzack zaubert Weihnachten" von Barbara Rose

... und als bruder huldvoll unschloß ...

14. Dezember - Wish (Wunsch) 
 


 

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wish || und als bruder huldvoll umschloß

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„Mylord?“, fragte eine piepsige Stimme und als Harry unter Mühen den Kopf hob und zur Tür sah, bemerkte er seine große Schwester ängstlich am Türrahmen geklammert stehen.

„Er ist gerade nicht da“, sagte Harry und bemerkte mit grimmiger Befriedigung, wie sie zusammenzuckte und ihre Augen immer größer und ungläubiger wurden.

„Was tust du da?“, fragte sie aufkeuchend und ging ein paar Schritte auf das Bett zu, in dem er lag. 

„Ausruhen“, murmelte Harry und fragte sich entfernt, wann er angefangen hatte, so mit seiner Schwester zu reden. Vor ein paar Wochen hatte er sich doch nicht einmal getraut einen vagen Blick in ihre Richtung zu werfen …

Sie schien genauso fassungslos und rannte beinahe um das Bett herum auf ihn zu, um ihn hart am Arm zu packen. „Hast du sie nicht mehr alle?“, zischte sie. „Was denkst du, was das werden soll?“

„Tom sagt, ich soll gesund werden“, erklärte er, als wäre es das offensichtlichste auf der Welt.

Caroline drückte seinen Arm noch fester zusammen.“Tom?“

Harry schluckte. „Ja.“

Sie ließ ihn los und trat einen Schritt zurück. „Hör mal gut zu, du Missgeburt“, zischte sie. „Ich habe keine Ahnung, was der Lord von dir will – aber du solltest dir mal nicht zu viel darauf einbilden.“

„Ach?“, fragte Harry gespielt spöttisch, während er sich einfach nur wünschte, Tom würde gleich wieder hier auftauchen.

„Ich bin das erstgeborene Kind. Ich bin für ihn ausgebildet worden“, fauchte sie und ballte ihre Hände zu Fäusten. „Ich werde seine Todesserin werden.“

„Darüber solltest du vielleicht noch einmal mit deiner Mutter sprechen, Caroline“, Harry lächelte, als seine Schwester unter der kalten Stimme des Lords zusammenzuckte.“Sie scheint dir da ein paar Dinge vorzuenthalten.“

Er tauchte direkt hinter ihr auf und berührte ihre Schulter. Harry biss sich auf die Unterlippe und beobachtete, wie Caroline unterwürfig den Kopf senkte. „Sehr wohl, Mylord“, flüsterte sie.

„Sie hat dich gesucht“, erklärte er dem Lord leise und dachte, dass er sich noch nie so demütig verhalten hatte. Oder jemals Mylord gesagt hatte.

Und er fragte sich, ob das etwas war, was insgeheim von ihm erwartet worden war. Harry nagte noch heftiger an seiner Unterlippe.

Über Carolines Schulter und ohne, dass sie das wahrnehmen konnte, lächelte Tom Harry beruhigend an.

„Was ist denn so wichtig, dass du meinst in meine Räume kommen zu müssen?“, fragte er Caroline kalt und drückte seine Finger etwas fester in ihre Schulter. Harry fragte sich, ob er ihr wohl wehtat.

„Es sind Eulen für Sie gekommen“, erklärte Caroline schnell. „Mit verkleinerten Paketen für Sie. Mum dachte, dass es das Beste wäre, wenn ich Ihnen Bescheid gebe.“

„Vielen Dank, Caroline“, sagte Tom, löste seine Hände von ihr und schubste sie in Richtung Tür. „Ich kümmere mich später darum.“

Caroline nickte und verließ mit einem letzen wütenden Blick auf Harry den Raum.
 

„Hat sie dir etwas getan?“, fragte Tom besorgt und setzte sich neben sein Sorgenkind auf das Bett. 

Harry schüttelte den Kopf.

Tom seufzte und beschloss, ihm vorerst zu glauben –zumal keine Verletzungen zu sehen waren – und legte eine Hand auf Harrys Stirn. „Immer noch heiß“, stellte er sorgenvoll fest, obwohl es ihn nicht überraschen sollte. „Hoffentlich bist du bis Weihnachten wieder gesund…“

Harrys Augen weiteten sich. „Ganz bestimmt“, fiepte er. „Ich bin Weihnachten ganz bestimmt wieder gesund … Oder?“

Tom lächelte und streichelte durch Harrys Haare. „Du hast noch zehn Tage, um gesund zu werden“, wisperte er dem Kind zu. „Und wenn du sagst, du wirst normalerweise nicht krank, müsstest du das doch schaffen?“

Harry nickte fest und mit großen, fiebernden Augen. „Das schaff ich.“

„Gut“, grinste Tom und musste aufpassen, nicht zu lachen. Manchmal war Harry einfach verboten niedlich. „Hast du dir inzwischen überlegt, was du dir zu Weihnachten wünschen willst?“

Harry gab einen erschrockenen Laut von sich und starrte zu Tom nach oben. „Mir wünschen?“, wiederholte er.“Ich soll mir was wünschen?“

„Sicher“, sagte Tom und drehte Harrys weiche Haarsträhnen in der Hand.“Woher soll der Weihnachtsmann sonst wissen, was er dir bringen soll?“

„U-und wie wünscht man sich was?“, fragte Harry nach ein paar Sekunden fassungslosem Starren. 

„Du schreibst einen Wunschzettel“, erklärte Tom und versuchte Harry nicht zu zeigen, wie entsetzt er darüber war, dass Harry solch gewöhnliche Dinge nicht wusste. „Und den holen die Elfen des Weihnachtsmanns dann ab.“

Harry nagte an seiner Unterlippe. „Was soll ich mir denn wünschen?“, fragte er unsicher.

„Was auch immer du haben willst“, sagte Tom sanft. „Du kannst dir alles wünschen, was du willst – vielleicht kann der Weihnachtsmann nicht jeden einzelnen Wunsch erfüllen, aber wünschen kannst du dir alles.“

„A-alles?“, piepste Harry und starrte Tom noch immer fassungslos an. 

„Ja“, versicherte er und stand auf. „Ich hol dir einen Zettel, ja?“

Ohne eine Antwort abzuwarten, ging Tom zu seinem Schreibtisch und kramte einen relativ großen Zettel und ein paar Stifte hervor. 

Harry setzte sich vorsichtig auf und lehnte sich gegen den Kissenhaufen, den Tom hinter ihm errichtet hatte, damit er es bequemer hatte.

Mit leicht zitternden Finger und einem unsicherem Blick nahm Harry die Dinge, die Tom ihm hinhielt an und legte sie auf seine angezogenen Knie.

Wie es mittlerweile bei ihnen üblich war, streckte Tom sich neben ihm aus und legte die Decke über sie beide. „Hast du denn eine Idee, was du dir wünschen könntest?“, fragte er Harry sanft.

Der schüttelte wieder den Kopf und drehte den Bleistift zwischen seinen Fingern hin-und her. „Nein, gar nicht.“

„Keine Wünsche?“, fragte Tom stirnrunzelnd. „Überhaupt nichts?“

Harry sah schüchtern zu ihm hinauf. „Seit du hier bist, nicht mehr.“, erklärte er mit einem süßen Lächeln.  Toms Mund öffnete und schloss, bevor er sich vorbeugte und Harry gerührt auf die Stirn küsste.

„Wenn du bleibst, hab ich keine Wünsche“, murmelte Harry und kuschelte sich leicht an Tom, der sofort seine Arme um den Körper des Kindes schlang.

„Denk materiell“, flüsterte Tom. „Irgendwelche Spielsachen, die du mal haben wolltest…“

Harry zuckte leicht mit den Schultern. „Darüber hab ich mir nie viele Gedanken gemacht“, erklärte er beinahe entschuldigend. „Ich habe ja sowieso nie etwas bekommen …“

Tom legte nachdenklich den Kopf schräg und sah Harry von der Seite an. „Hast du eigentlich einen Zauberstab?“, fragte er sanft.

Harry schüttelte den Kopf und Tom tippte auf das Papier.“Das wäre dann doch schon mal etwas, dass du dir wünschen könntest.“

„A-aber das ist doch viel zu teuer“, wisperte Harry erschrocken und dachte an die hohen Preise, die er im Zauberstabladen gesehen hatte.

„Harry“, seufzte Tom und legte einen Finger unter Harrys Kinn, zwang das Kind, ihn anzusehen. „Das spielt keine Rolle, okay? Es ist vollkommen egal, wie viel es kostet.“

Nach einem letzten versichernden Blick setzte Harry den Stift auf den Zettel und schrieb in schönster Schönschrift Zauberstab.

... und als bruder huldvoll umschloß

15. Dezember - Star (Stern) 
 


 

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star || und als bruder huldvoll umschloß

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Leise krabbelte Harry aus dem Bett und schlich auf bloßen Sohlen zum Schreibtisch, wo Tom seinen Wunschzettel für den Weihnachtsmann hingelegt hatte.

Leicht nervös warf er einen Blick über die Schulter zum Sofa, auf dem Tom zurzeit schlief, und atmete erleichtert aus, als Tom immer noch friedvoll zu schlafen schien.

Er wusste, Tom würde nicht sauer sein, wenn er doch aufwachen würde; höchstens besorgt, weil er krank und ohne Socken über den kalten Boden lief, aber er würde fragen, was Harry denn vorhätte zu tun und darauf wollte und konnte er ihm keine Antwort geben.

Vorsichtig griff Harry nach dem Umschlag, öffnete ihn vorsichtig und zog langsam den beschriebenen Zettel daraus hervor.
 

Lieber Weihnachtsmann,

Tom sagte mir, dass es okay wäre, mir von dir etwas zu Weihnachten zu wünschen und weil er als hoher Lord bestimmt immer recht hat, soll ich dir jetzt diesen Wunschzettel schreiben.

Tom hat auch gesagt, dass du mir noch nie etwas zu Weihnachten geschenkt hast, weil du gar nicht wusstest, dass ich hier wohne oder was ich mir denn wünsche würde. Er hat auch gesagt, dass du dich deswegen bestimmt schlecht fühlst.

Ich würde dir nun gerne sagen, dass du dich nicht schlecht fühlen oder mir Geschenke bringen musst; es ist okay für mich, nichts zu bekommen.

Außerdem habe ich eigentlich keine Wünsche mehr, seit Tom hier ist; Mama tut mir kaum noch weh, Caroline lässt mich in Ruhe und Papa, Sirius und Remus halten sich ebenfalls zurück.

Es geht mir gut, wie noch nie, aber weil Tom sagt, ich solle mir trotzdem was wünschen, schreibe ich dir jetzt doch diesen Wunschzettel.

(Aber ich bin wunschlos glücklich, also musst du mir wirklich nichts schenken, ja?)
 

- Zauberstab

- Besen

- Teddybär

- Spielzeug-Hogwartszug

- Kinderbücher (oder auch ein Buch...)

- Armbanduhr
 

Tom sagt, ich soll mir noch mehr wünschen, aber ich weiß wirklich nicht was, und die Dinge sind ja schon so teuer - Tom sagt zwar auch, dass das egal ist, aber so ganz glauben, kann ich ihm das nicht.

Dein Harry 
 

Harry errötete leicht, als er sich den Brief noch einmal durchlas; seiner Meinung nach, waren das viel zu viele Wünsche, während Tom felsenfest überzeugt war, dass Harry viel zu wenig geschrieben hatte.

Am liebsten hätte er zwei, drei Punkte wieder weggestrichen, damit er nicht so unverschämt erscheinen würde, aber stattdessen nahm er mit zitternden Fingern wieder den Bleistift in die Hand und setzt noch einen Punkt unter die restlichen Wünsche.
 

- für immer bei Tom bleiben dürfen
 

Dann legte Harry den Bleistift schnell zurück, faltete seinen Wunschzettel in der Mitte, schob in wieder in den Umschlag zurück, schloss diesen und huschte in sein Bett zurück, bevor Tom wach werden würde.
 

"Wow", flüsterte Harry und schaute sich in seinem ehemaligen Zimmer um. Es war kaum wiederzuerkennen; die ganzen neuen Möbel und die Farbe, mit der die Hauselfen auf Toms Befehl die Wände gestrichen hatten, ließen das Zimmer ganz anderes wirken.

Es war immer noch klein; viel kleiner, als zum Beispiel Carolines, aber Harry fand es wunderschön.

Blassblaue Wände mit vereinzelnden weißen Flächen, die wie kleine Schäfchenwolken aussahen, ein dunkelblauer Teppich, mit vielen, kleinen Sternen bedruckt, hölzerne Möbel, gefüllt mit Büchern und Spielsachen. Ein weißes Bett stand gegenüber der Tür und unter dem Fenster mit gelber, weich aussehender Bettwäsche.

"Wow", wiederholte Harry und hörte Tom leise lachen. "Das sieht so anderes aus", erklärte Harry dem Mann und schaute zu ihm hinauf.

"Ich weiß", sagte Tom sanft und streichelte durch Harrys schwarze Haare. "Denkst du, du kannst dir daran gewöhnen?"

Harry nickte vorsichtig und sah unsicher zu Tom hinauf. Der Gedanke, wieder hier schlafen zu müssen, gefiel ihm nicht, egal, wie schön das Zimmer jetzt aussah. Seine Mutter konnte jederzeit hierher kommen und mit ihm machen, was immer sie wollte, ohne, dass Tom in der Nähe war, um ihn beschützen zu können.

Toms Zimmer hatte ihm Sicherheit versprochen und dieser Raum symbolisierte Schmerz und Hass, egal, wie verändert er aussah. 

Natürlich hatte Harry gewusst, dass er nicht für immer in Toms Zimmer bleiben konnte. Tom wollte auch irgendwann wieder in einem richtigen Bett schlafen und nicht immer nur auf dem Sofa. Und Harry war schließlich auch kein Baby mehr, das nicht alleine in einem Zimmer schlafen konnte.

Und trotzdem - trotzdem mochte Harry den Gedanken hier bleiben zu müssen überhaupt nicht.

Was, wenn Tom ihn vergessen würde? Was, wenn er jetzt wieder unwichtig werden würde, wenn Tom ihn nicht jeden Tag sah? Was, wenn er wieder vollkommen allein sein würde mit seiner Mutter und diesen grauenvollen Schmerzen?

Als könnte Tom seine Angst spüren, schloss er vorsichtig die Zimmertür hinter ihnen und zog Harry an der Hand zu seinem neuen Bett. Dort angekommen hob er Harry sanft auf seinen Schoß und streichelte über seinen Rücken.

"Harry ...", Toms Stimme stockte und er hielt inne, als würde er überlegen, was er sagen sollte. "Du kannst ruhig noch bei mir bleiben, weißt du? Zumindest bist du wieder richtig gesund bist."

Tom Finger streichelten über seine erhitze Stirn. "Dein Fieber ist zwar gesunken, aber noch nicht ganz weg - du kannst ruhig noch ein paar Tage in meinem Zimmer schlafen, wenn du magst ..."

"Wirklich?", unterbrach Harry Toms leicht stockende Stimme. "Ich darf weiter bei dir schlafen?"

Tom nickte. "Wenn du magst."

Ein paar Sekunden starrte Harry Tom mit einer Mischung aus Erleichterung, Überraschung und Entsetzen an, bevor er beide Arme um Tom Hals schlang und in einer ewigen Mantra "Ja, ja, ja", murmelte.

Tom erwiderte die Umarmung sanft und wirkte beinahe erleichtert, während er durch Harrys Haare streichelte.

stille nacht, heilige nacht ...

16. Dezember - Fireplace (Kamin) 
 


 

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fireplace || stille nacht, heilige nacht

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Tom warf noch einen kurzen, absichernden Blick auf sein altes Bett, um sicherzugehen, dass Harry auch wirklich schlief, bevor er sich dessen Wunschzettel schnappte und den Raum verließ.

Er wollte es nicht riskieren, dass Harry aufwachen und ihn mit seinem Wunschzettel erwischen würde; Tom mochte den Gedanken, dass Harry noch an den Weihnachtsmann glaubte, viel zu sehr.

Allerdings war es inzwischen auch ziemlich spät; in acht Tagen war schließlich schon Weihnachten und Tom wollte dafür sorgen, dass dann auch alle Geschenke für Harry bereit sein würden, auch, wenn er dafür schon um fünf Uhr morgens aufstehen musste. 

Mit einem dichten Stillezauber um sich herum apparierte Tom in das alte Haus seines toten Vaters - hier würde ihn niemand finden und er konnte sich in Ruhe Harrys Wünschen widmen. Den ausgesprochenen und den nicht ausgesprochenen.

Das Wunschzettel schreiben war ein ganz schöner Kampf gewesen; Tom hatte Harry bei jeder einzelnen Sache versprechen müssen, dass es bestimmt nicht zu viel und zu teuer wäre und der Weihnachtsmann auch bestimmt nicht wütend auf ihn werden würde, wegen den "vielen" Wünschen.

Und dann hatte Harry auch noch steif und fest behauptet, gar keine Wünsche zu haben - irgendwann war Tom dazu übergegangen wahllos irgendwelche Dinge vorzuschlagen, die ihm gerade in den Kopf kamen. Ein paar hatte Harry aufgeschrieben, wenn er einen Nutzen in den Dingen erkennen konnte und manche nicht, wenn er sie für zu teuer hielt. Und genauso wirkte Harrys Wunschzettel auch - vollkommen wahrlos und ohne Sinn zusammengestellt.

Letztlich standen - soweit Tom wusste - nur sechs Dinge auf Harrys Wunschzettel - erbärmlich wenig für ein junges Kind, wie Harry es war.

Tom wollte gar nicht wissen, was Caroline sich alles zu Weihnachten gewünscht hatte.

Seufzend setzte sich Tom auf das alte, verstaubte Ehebett seines Vaters und seiner Stiefmutter, bevor er vorsichtig Harrys Umschlag öffnete.

Ein leichtes Lächeln bildete sich auf Toms Gesicht, während er Harrys Brief noch einmal durchlas. Er konnte gar nicht beschreiben, wie niedlich er es fand, dass Harry den Weihnachtsmann davon zu überzeugen versuchte, ihm nichts schenken zu müssen und das er diesen Brief auch nur schrieb, weil Tom es ihm gesagt hatte.

Sein Blick blieb bei dem letzten und nachträglich hinzugefügten Wunsch hängen.

- für immer bei Tom bleiben dürfen

Tom schluckte, als sein Mund sich plötzlich staubtrocken anfühlte, und starrte beinahe paralysiert auf die sauber geschriebenen Worte.

Er hatte Kinder nie leiden können. Kinder waren für ihn immer nervtötende, sabernde Kreaturen gewesen, die nichts anderes als Blödsinn und Schreiern im Kopf hatten. 

Er hatte nur schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht; es fing schon damals im Waisenhaus an, als alle anderen Kinder ihn wegen seiner Andersartigkeit gehasst, verspottet und geschlagen hatten. In Hogwarts war es kaum anderes gewesen - als ein Slytherin ohne nachweisbare, reinblütige Familie hatte er es sehr schwer gehabt, egal, wie sehr er sich in der Schule angestrengt und wie viele gute Noten er bekommen hatte.

Nein, mit Kindern konnte er wahrhaftig nichts anfangen. Und jeder wusste das - jeder einzelne Todesser und deshalb hatte sich dieser Wahn nach den Erstgeborenen entwickelt. Jeder verheiratete Todesser wollte ihm einen Nachfahren präsentieren können, mit denen er seine Reihen weiter auffüllen konnte und wegen seiner kaum versteckten Abneigung gegen Kinder versuchte jedes Ehepaar nur einen Nachfolger haben.

Damit ihr Lord sich nur mit einem Kind herumschlagen musste. Damit der Lord nicht unzufrieden wegen zu vielen Kindern werden würde.

Bisher hatte Tom das nie gestört - im Gegenteil, es hatte ihm regelrecht gefallen. Nur ein nerviges, schreiendes Kind in jedem Haus und pro Familie mehr in seinen Reihen.

Um die Zweitgeborenen hatte er sich schlicht nie gekümmert. Es hatte ihn nicht interessiert, was aus den Kindern seiner Anhänger wurden, ob sie gut behandelt worden oder nicht. Im Grunde hatte er es einfach angenommen.

Lily. Wenn er Caroline gesehen hatte, war sie das typische, nervige Bild eines Kindes gewesen: laut, fordernd, verwöhnt, gierig. Von Harry hatte er nie etwas zu sehen bekommen, aber er hatte nicht angenommen, dass zwischen den Geschwistern so ein großer Unterschied liegen würde. Er hatte nicht angenommen, dass Lily, die bei Caroline doch so eine liebevolle Mutter war, in der Lage sein könnte, ihr jüngstes Kind zu misshandeln.

Tom seufzte und schaute wieder auf Harrys Wunschzettel.

- für immer bei Tom bleiben dürfen

Er mochte keine Kinder. Und er wollte auch keine Kinder haben, sich um irgendwelche kleinen Bälger kümmern.

Aber Harry - Harry war etwas Besonderes. Harry war kein Kind wie die anderen; er war nicht laut, nervtötend, verwöhnt.

Er war ein liebes, stilles, zurückhaltendes Kind, ohne große Wünsche; ein Kind, dass man sogar zu seinem Glück zwingen musste. Und Tom ... mochte ihn. Mochte ihn sehr.

"Lizzy!", rief er befehlend und hörte sofort einen lauten Knall neben sich. Seine Augen waren fest auf Harrys letzten Wunsch gerichtet. "Du musst etwas für mich besorgen ..."
 

"Was ist los?", murmelte Tom und legte eine Hand auf Harrys Stirn. Sie schien wärmer geworden zu sein.

"Mir ist kalt", erklärte das Kind bibbernd, seine Zähne schlugen leicht aufeinander. "Und ich kann nicht aufhören zu zittern..."

Ein paar Sekunden starrte Tom das kleine, hilflose, hilfsbedürftige Kind an, bevor er warm lächelte und die Hände nach ihm ausstreckte. "Komm her."

Harry griff bibbernd nach seinen Händen und ließ sich in eine sitzende Position ziehen. Schweigend legte Tom seine Arme um Harrys Taille und hob ich hoch, trug ihn dort hinüber, wo der kleine Kamin stand.

Mit einem Schlenker seines Zauberstabs entzündete sich ein kleines Feuer und Tom setzte Harry sanft auf dem Sessel ab, der am nähersten an der Wärmequelle stand. Mit einem weiteren Schlenker kam eine weiche, wärmespendende Decke angeflogen, die Tom schnell um Harry herum drapierte.

"Besser?", fragte er sanft.

Harry nickte und schaute mit großen Augen das prasselnde Feuer an. "Mir ist nie aufgefallen, dass hier ein Kamin steht ...", wisperte er nachdenklich.

Tom schüttelte grinsend den Kopf und streichelte die Haare aus Harrys Stirn. "Der ist kaum zu übersehen, Harry."

Harry errötete schlagartig und zog leicht den Kopf ein, Tom ein süßes Lächeln schenkend.

Immer noch breit grinsend stand Tom auf und setzte sich auf die Kante von Harrys Sessel. "Soll ich dir vorlesen?", fragte er abrupt sanft.

Harry zögerte nur ein paar Sekunden, bevor er beigeistert nickte. "Das, das du auch letztes Mal gelesen hast? Von dort, wo du aufgehört hast?", fragte er kindlich und schaute flehendlich zu Tom hinauf.

Tom nickte und rief das Weihnachtsbuch für Kinder herbei, schlug es an der gegenzeichneten Stelle auf.

"Fast zur gleichen Zeit, ein paar Schlösser weiter, saß der böse Zauberer Bardulf schon seit den frühen Morgenstunden in seinem Studienzimmer und überlegte mal wieder, wie er Rabuzack aus dem Weg räumen könnte. Zumindest so lange, bis die Prüfung der Oberzauberer vorbei war. Viel Zeit blieb nicht.",* fing Tom leise an zu lesen. Irgendwie genoss er es, Harrys volle Aufmerksamkeit zu besitzen, die großen, begeisterten Augen auf sich zu spüren. "Am vierten Sonntag im Advent musste sich der neue Oberzauberer auf einer außergewöhnlichen Weihnachtsfeier der Zauberwelt vorstellen. Die Aufgaben dazu wurden erst kurz vorher verteilt, deshalb konnte man sich auch nicht vorbereiten..."*
 


 

* Auszug aus dem Buch Rumpax Rabuzack zaubert Weihnachten

(Entschuldigung; ich find das Buch soo niedlich - ich musste noch mal eine kleine Textpassage davon einbringen ...)

... lange schon uns bedacht ...

17. Dezember - Love (Liebe)
 


 

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love || lange schon uns bedacht

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Erst, als Peter in Toms Räumen auftauchte, fiel Harry auf, wie lange er den Mann nicht mehr gesehen hatte. Und wie angespannt er aussah, mit den tiefen Augenringen und dem strengen Zug um seinen Mund.

"Peter?", wisperte Harry und schaute über die Lehne des Sessels, auf dem er saß. Tom hatte ihm den Kamin angemacht, bevor er gegangen war und ihm eine weiche Decke gebracht; Harry hatte den gesamten Vormittag dort mit einem Buch verbracht und darauf gewartet, dass Tom bald wieder käme.

Peter jetzt hier zu sehen, überraschte ihn beinahe genauso sehr, wie dessen angespannte Haltung und die zusammengekniffenen Augen.

"Harry", sagte Peter und starrte ihn mit einem Blick an, der James erschreckend ähnlich sah. Harry zuckte zusammen und machte sich automatisch kleiner.

"P-peter?", hauchte er. "Ist etwas nicht in Ordnung?"

Noch ein paar Sekunden länger starrte Peter ihn an, dann ließ er seinen Blick durch das Zimmer schweifen. "Hübsch", kommentierte er. "Ich hab gehört, du schläfst jetzt sogar hier?"

"Ja", sagte Harry und beobachtete jeder von Peters Regungen. "Tom hat es mir erlaubt."

"Tom? Jetzt nennst du den Lord schon beim Vornamen?", fragte Peter und Harry gefiel der gepresste, wütende Klang in seiner Stimme überhaupt nicht.

"Er hat gesagt, ich solle das tun", erklärte Harry unsicher und beobachtete, wie Peter sich langsam aus dem Türrahmen löste, die Tür hinter sich schloss und auf ihn zukam.

Er entspannte sich sichtlich, als Peter sich nur auf den Sessel ihm gegenüber fallen ließ und nicht seiner unübersichtlichen Wut nachgab. Vorsichtig ließ sich Harry wieder in eine sitzende Position fallen und schaute den Mann vor sich blinzelnd an.

"Du magst ihn, nicht wahr, Harry?", fragte Peter. "Hast ihn gerne den großen, mächtigen Lord?"

Harry mochte die Art und Weise, wie Peter über Tom sprach, gar nicht. Tom hatte es nicht verdient, dass jemand so abfällig über ihn sprach, wie Peter es gerade tat.

"Hör auf", verlangte Harry. "Er ist furchtbar nett zu mir."

Peter schnaubte. "Er hasst Kinder, Harry. Und du bist ein Kind."     

"Das ist nicht wahr!", fauchte Harry. "Er hasst keine Kinder - und mich hasst er auch nicht. Er hat selbst gesagt, dass er mich mag."

"Und du glaubst ihm", sagte Peter spöttisch. "Wie das dumme, naive Kind, dass du bist."

Harry wich entsetzt vor ihm zurück. "Ich ... W- warum sagst du so etwas?", flüsterte Harry, sich merkwürdig verraten fühlend. Peter war doch immer lieb zu ihm gewesen, hatte ihm geholfen, wenn er Probleme hatte - warum konnte er ihm sein Glück jetzt nicht mehr gönnen? Warum war er so sauer auf Harry?

"Weil ich recht habe", schnaubte Peter und kreuzte seine Beine. "Du bist ein Kind und der Lord hasst Kinder. Jeder weiß das, Harry. Absolut jeder."

Harry schüttelte den Kopf.

"Deshalb gibt es auch die Erstgeborenen-Regel. Damit der Lord sich nicht mit zu vielen Kindern abgeben muss, wo er sie doch alle hasst."

Kurz flackerte Schmerz in Harrys Augen auf. "Er hasst mich nicht, Peter", erklärte er dennoch fest. "Ich weiß das."

"Du meinst, du glaubst Dinge zu wissen, die sich eigentlich nur in deinem Kopf abspielen", verbesserte Peter.

Harry spürte, wie seine Augen zu brennen begannen, und blinzelte heftig. "Hör auf", flüsterte er.

"Du willst das nicht hören, richtig?", fragte Peter und seine Stimme wurde beinahe wieder sanft. "Ich kenne das - ich wollte früher auch nicht hören, wenn jemand versucht hat, mich vor dem Lord zu warnen."

Harry blinzelte hektischer und senkte den Kopf, während er ein protestierendes Geräusch von sich gab.

"Du bedeutest ihm nichts, Harry. Er möchte dich als Todesser - vielleicht glaubt er, dass du ein großes Magieprotenzial hast oder besonders intelligent bist - und nichts mehr. An dir liegt ihm nichts."

"Das ist nicht wahr", wisperte Harry und konnte nicht länger verhindern, dass die ersten Tränen seine Wangen hinabliefen. Er hoffte nur, dass Peter es nicht sehen würde.

"Er wird so lange nett sein, bis du seinem kleinen Orden beigetreten bist und dann in der Ecke liegen lassen, wie ein benutztes Spielzeug, dass man hervorholen kann, wenn seine Dienste von Nöten sind", fuhr Peter unbarmherzig fort. "Ich kenne das; glaub mir."

"Es ist etwas anderes", versuchte Harry verzweifelt, Peter zu erklären. "Er will mich nicht als Todesser."

"Harry, Harry, Harry", sagte Peter und schüttelte belustigt den Kopf. "Weißt du denn gar nicht, dass Caroline keine Todesserin mehr werden darf? Dass der Lord sie nicht länger in seinen Reihen haben will?"

"Was?", fragte Harry erschrocken und sein Kopf ruckte nach oben, bis er sich daran erinnerte, dass seine Wangen tränennass waren und er ihn schnell wieder senkte.

Er hörte, wie Peter sich nach vorne lehnte, und spürte ihm nächsten Augenblick Hände, die seine fest umschlossen. "Harry - ich möchte dir nicht wehtun, Kleiner", hörte er Peter sanft sagen. "Ich möchte dich nur beschützen. Vor einem riesigen Fehler bewahren."

"Du musst mich nicht beschützen", sagte Harry. "Nicht vor Tom. Vielleicht vor anderen Menschen, aber nicht vor Tom."

Peter seufzte. "Du wirst von ihm verletzt werden, wenn du dich weiter an ihn hängst."

Wut kochte in Harry hoch, sein Kopf ruckte nach oben und er vergaß, dass Peter seine Tränen eigentlich nicht sehen sollte. "Und was soll ich deiner Meinung nach tun?", schrie er beinahe. "Soll ich zurück zu meiner Mum kriechen und mich von ihr wegen nichts verprügeln lassen? Soll ich zurück und als Puffer für Remus dienen, wenn wieder Vollmond ist? Ist es das?"

"Harry", murmelte Peter und seufzte. "Natürlich nicht."

"Und was dann?", fauchte Harry. "Etwas anderes gibt es nicht - und Tom mag mich, verdammt! Ich weiß, dass er mich nicht hasst. Ich weiß, dass ich für ihn mehr bin, als ein Spielzeug!"

"Harry ..."

"Nein!", schnappte Harry und fragte sich entfernt, seit wann er sich so gehen ließ, wenn er wütend wurde. "Er tut alles für mich - alles, Peter. Er hat mein Zimmer neu errichten lassen, hat mir ein Bett besorgt, neue Kleidung, Spielzug. Er lässt mich in seinem Bett schlafen und schläft meinetwegen auf der Couch, er liest mir vor, er bäckt mit mir, er nimmt mich zu einkaufen mit  - er tut alles, Peter!"

Peter starrte ihn an, als sei er verrückt geworden und Harry sank schweratmend und immer noch weinend in den Sessel zurück. "Alles, Peter. Er kümmert sich um mich, wenn ich krank bin, und bleibt fast die ganze Zeit bei mir, er beschützt mich vor Mum und Dad, er ist sogar mit mir Schlittschuh gefahren und -"

"Harry", sagte eine sanfte Stimme hinter ihm. "Es reicht. Ich glaube, er hat verstanden."

Erschrocken drehte Harry sich um und sah Tom in der Tür stehen, die Arme vor der Brust verschränkt und mit einem seltsamen Leuchten in den Augen. "Tom", flüsterte Harry. "W-wie lange ...?"

"Lang genug", antwortete Tom und kam langsam zu ihm hinüber, setzte sich auf die Armlehne seines Sessel und reichte ihm stumm ein Taschentuch. "Hör auf zu weinen, ja? Es ist doch alles gut."

Harry lächelte und nahm ihm das Taschentuch ab, genoss das bekannte Gefühl von Toms Hand in seinen Haaren. Manchmal hatte Harry den Eindruck, dass Tom seine Haare sehr mochte, weil er sie so oft berührte; aber er hatte nichts dagegen. 

"L-lord", wisperte Peter und sank erschrocken zurück. "I-ich ..."

"Schweig", zischte Tom. "Zu dir komme ich später."

Peter schluckte. 

"Geh jetzt", fügte Tom hinzu und machte eine wegwerfende Handbewegung Richtung Tür. 

Harry beobachtete stumm, wie Peter sich aufrappelte und schnell zur Tür eilte; sein Körper machte einen noch angespannteren Eindruck als zuvor und plötzlich empfand Harry Besorgnis.

"Tom?", fragte er leise und wartete, bis die Aufmerksamkeit des Mannes ihm galt. "Tu ihm nicht weh, ja?"

Tom runzelte leicht die Stirn. "Magst du ihn, Harry?"

Kurz biss Harry sich auf die Unterlippe, dachte an die Szene gerade und dann an die all die Jahre zuvor, in denen Peter für ihn da gewesen war. "Ja."

"Okay", murmelte Tom und Harry hatte den Eindruck, dass er nicht besonders glücklich darüber war. "Und Harry?"

"Ja?", fragte Harry leise und spürte sanfte Hände, die sein Gesicht umfassten und es vorsichtig anhoben, bis er Tom in die Augen sehen musste. "Nichts von dem, was Peter gesagt hat, ist wahr, okay? Ich hasse dich nicht, ich möchte dich bestimmt nicht benutzten und ich werde dir niemals wehtun."

"Ich weiß", flüsterte Harry und sah schüchtern zu ihm hinauf. "Das hab ich ihm ja auch gesagt."

"Gut", murmelte Tom und zog Harry auf seinen Schoß, schlang seine Arme um den schmalen Körper.

...als der herr vom grimme befreit ...

18. Dezember - Movie (Film)
 


 

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lmovie || als der herr vom grimme befreit

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"Tom?", fragte Harry leise und starrte auf den dunklen Bildschirm des Muggel-Flimmer-Dings.

"Ja?", murmelte Tom und drückte den großen, roten Knopf auf der Fernbedienung. Fasziniert beobachtete Harry, wie der Bildschirm sofort zu flackern begann.

"H-hast du ... ich meine ... was ist jetzt mit Peter?", flüsterte Harry unsicher und lugte durch seine schwarzen Haarsträhnen zu seinem Ersatz-Vater nach oben.

"Ob ich schon mit ihm ... gesprochen habe?", fragte Tom zurück und niemandem entging das kurze Zögern vor dem Wort ´gesprochen´.

"Ja", erwiderte Harry und beobachtete, wie Tom die Fernbedienung zur Seite legte und einen Film mit einem süßen, kleinen Roboter, namens Wall-E, laufen ließ.

"Ja, hab ich."

"Ist er - hast du ... ihm sehr dolle wehgetan?", fragt Harry leise und wünschte sich irgendwie, Tom würde nicht die ganze Zeit starr nach vorne blicken, sondern auch zu ihm schauen.

"Nein, Harry", seufzte der Mann und Harry entspannte sich, als seine warme Hand in Harrys Haare glitt. "Du hast gesagt du magst ihn, und ich möchte niemanden verletzten, der dir etwas bedeutet."

"Danke", seufzte Harry erleichtert, lehnte sich an Tom und schaute eine Weile dem niedlichen Roboter zu, der auf dem Bildschirm sein Unwesen trieb.

"Tom?", fragte Harry dann wieder leise.

"Ja?", murmelte Tom.

"Peter hatte unrecht mit dem, was er gesagt hat, richtig?", fragte Harry und spürte überrascht, wie sich Toms lockerer Griff um seine Schultern verstärkte.

"Er hatte unrecht", bestätigte Tom leise. "Ich tue dir nicht weh, ich werde dich nicht ausnutzen und du bedeutest mir eine Menge."

"Und - das andere?", fragte Harry.

"Das andere?", wiederholte Tom und runzelte die Stirn.

"Hast du ihm wehgetan?", fragte Harry. "Peter, meine ich. Hast du ihn gezwungen, Todesser zu werden? Obwohl er es nicht wollte?"

Tom atmete tief durch. "Ja."

Harry schwieg ein paar Sekunden. "Warum?"

"Harry, Kleiner, das ist nicht so einfach -", fing Tom an.

"Bitte", unterbrach Harry schnell. "Ich möchte das wissen. Bitte."

Wieder atmete Tom tief durch. "Ich habe damals Todesser gebraucht, Harry", fing er langsam an; seine Hand streichelte noch immer durch Harrys schwarze Haare. "Damals war noch Dumbeldore in aller Munde und jeder stand auf seiner Seite, hat dem geglaubt, was er gesagt hat. Deine Eltern, Sirius und Remus haben nur ein paar Gespräche benötigt, bis sie bereit waren sich mir - freiwillig - anzuschließen. Peter hat damals mehr Dumbeldore geglaubt, und als bekannt wurde, dass Lily und James für mich arbeiteten, wurde er losgeschickt, um zu spionieren. Das Spiel hielt natürlich nicht lange, aber er hatte Informationen bekommen."

Tom hielt kurz inne und warf einen Blick zu Harry, der ihm stirnrunzelnd zuhörte. "Er weigerte sich den unbrechbaren Schwur oder andere Bänne abzulegen, um zu gewährleisten, dass keine Information zu Dumbledore gelangen würde. Ich hätte ihn töten können, Harry, weil er bei mir spioniert hat, aber wegen seinem eigentlich recht engen Verhältnis zu deinen Eltern beschloss ich, ihn in meinen Reihen aufzunehmen. Es ist nicht so, dass ich nicht gewusst hätte, das ihm das nicht gefallen würde. Er stand jahrelang hinter Dumbledore und war plötzlich gezwungen, vor seinem Feind auf die Knie zu fallen. Natürlich hasst er mich."

Harry kuschelte sich näher an Tom und legte seine dünnen Ärmchen um Toms Taille. "Das ist aber nicht deine Schuld", erklärte er fest. "Er hätte nicht bei dir spionieren dürfen. Und er hat kein Recht, so böse auf dich zu sein."

"Später", fuhr Tom mit seiner Geschichte fort und streichelte lächelnd über Harrys Rücken. "Später ist er ins Hauptquartier von Dumbledores Orden zurückgekehrt, weil er hoffte, sich dort von meinem Einfluss befreien zu können. Statt in freudig und erleichtert zu empfangen, wie er gehofft hatte, versuchten sie ihn umzubringen, weil er nun ein Todesser war und - ihrer Meinung nach - alle Todesser den Tod verdient hatten."

Tom hielt kurz inne und sah zu dem jungen Kind hinunter, das seine Finger verkrampft in Toms Pullover gekrallt hatte. "Unter diesen Menschen, waren außerdem seine Eltern", ergänzte er dann leise und spürte Harrys geschockte Augen auf sich. "Er hat jedes Recht mich zu hassen, Harry, Liebling. Wegen mir musste er all seine Ideale aufgeben, mit dem Gedanken leben, dass seine Eltern ihn umbringen wollten. Und Harry - sieh mal - ich bin nicht nett zu meinen Untergebenen; wenn sie nicht das tun, was ich ihnen befehle oder es verkehrt machen, dann tue ich ihnen weh. In diesem Krieg ist es zu wichtig, dass meine Pläne funktionieren, als dass ich nett sein könnte."

Harry nickte an seiner Brust. "Du kannst trotzdem nichts dafür", wisperte er. "Du kannst doch nicht für die Taten von Peters Eltern verantwortlich gemacht werden."

Tom lächelte und strich schweigend über Harrys Rücken. 

"Tom?", fragte Harry nach ein paar Minuten weiteren Schweigens, in denen beide beobachteten, wie Wall-E eine Art Sonnenbad nahm, um seine Batterien aufzuladen.

"Ja?"

"Möchtest du, dass ich Todesser werde?", fragte Harry unsicher. "Wenn Caroline keine werden soll?"

Toms Hand, die unablässig ihre Kreise auf Harrys Rücken gemalt hatte, erstarrte. "Nein", sagte er fest. "Nein, du wirst kein Todesser. Niemals."

"Warum?", wisperte Harry. "Soll doch Caroline -"

"Harry", unterbrach Tom und zog sich ein wenig zurück, zwang das Kind mit sanften Berührungen, ihn anzusehen. "Caroline wird keine Todesserin, weil sie es nicht verdient, dass sie bekommen, was sie möchte, nach dem, was sie dir angetan hat. Du wirst kein Todesser, weil ich nicht zulasse, dass du in diesen Krieg mit hineingezogen und verletzt wirst."

Harry runzelte die Stirn. "Wer -?"

"Niemand", erklärte Tom sanft. "Ich habe viele Todesser; es wird kein Problem geben, wenn aus deiner Familie kein neuer Rekrut aufgenommen wird. Es ist okay."

"U-und wenn ich Todesser werden will?", fragte Harry und starrte in Toms rote, glühende Augen. "Darf ich trotzdem nicht?"

"Warum solltest du das wollen?", fragte Tom und runzelte die Stirn. 

"I- ich will bei dir bleiben", wisperte Harry. "Ich will nicht wieder allein sein, mit Mama und Papa und Caroline. Wenn ich Todesser werden, dann darf ich doch bestimmt bei dir bleiben und-"

"Harry", unterbrach Tom, seufzte und kniff kurz seine Augen zusammen. "Du brauchst kein Todesser zu werden, um bei mir zu bleiben. Ich werde dich auch so lieb haben."

"Wirklich?", fragte Harry mit großen, strahlend grünen Augen.

"Ja", sagte Tom sanft. "Ich werde dich kein Todesser werden lassen, weil ich dich in Sicherheit wissen möchte und nicht mitten in einen Krieg involviert. Als Todesser kommt man einfach nicht drum herum, irgendwann zu kämpfen, und ich möchte das bei dir um jeden Preis verhindern."

Harry lächelte süß und schaute wieder zum Fernseher. "kay", murmelte er sanft.

Wieder schwiegen sie für ein paar Minuten und sahen Wall-E zu; Harry bemerkte, dass er keine Ahnung hatte, was da gerade auf dem Bildschirm passierte.

"Tom?", fragte er also leise.

"Jaa, Harry?", wisperte Tom leicht belustigt klingend. "Was ist denn noch?"

"Weißt du, warum Peter gestern so sauer auf mich war?", fragte Harry sachte. "Ist es wirklich nur, weil ich so viel Zeit mit dir verbringe?"

"Das wird zum großen Teil mit hineingespielt haben", sagte Tom vorsichtig.

Interessiert sah Harry auf. "Und der andere Teil?"

Tom seufzte. "Ich hab Peter die letzten Tage beobachtet, wollte wissen, wie sein Verhältnis zu deinen Eltern ist, wo du ihn doch zu sehr zu mögen scheinst und er sie für dich beschwindelt", erklärte Tom. "Und dabei ist mir aufgefallen, dass dein Peter in letzter Zeit Miss Travers ziemlich viel Aufmerksamkeit schenkt."

Harry runzelte die Stirn. "Was heißt das?"

"Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dein Peter hat sich verliebt", erklärte Tom leise und beobachtete, wie Harrys Augen zu leuchten begannen.

"Was?", quietschte er. "Woher weißt du das?"

Tom schnaubte. "Bei den eindeutigen Blicken, der er dem Mädchen zuwirft ..."

Harry Hand krallte sich in seinen Arm, als er aufgeregt nach Luft schnappte. "Wer ist sie? Wie sieht sie aus? Kenne ich sie?", fragte er aufgeregt. "Glaubst du, sie ist auch in Peter verliebt? Hat er deswegen so schlechte Laune?"

"Harry, langsam", grinste Tom und schüttelte den Kopf. "Eine Frage nach der anderen."

Harry schaute strahlend zu ihm hinauf.

"Also, ich denke nicht, dass du sie kennst", fing Tom leise an. "Sie ist noch nicht sehr lange Todesserin und, soweit ich weiß, noch nie in eurem Manor gewesen. Wie sie aussieht ... naja, schwarze, lange Haare, braue Augen, klein ..."

"Und", unterbrach Harry ungeduldig. "Glaubst du, sie könnte auch in Peter verliebt sein?"

"Ich weiß nicht, Harry."

Harry starrte ihn mit großen Augen an. "Wir müssen das herausfinden", murmelte er dann leise. "Und die beiden dann verkuppeln."

"Ich bin mir nicht sicher, ob ich da mitmachen möchte", warf Tom belustigt ein. "Peter wird es für eine dumme Verschwörung halten, wenn ich meine Hände im Spiel habe."

Harry verschränkte beleidigt seine Arme. "Dann mach ich es eben allein", erklärte er gespielt eingeschnappt, während seine Augen hell leuchteten.

"Mach das", grinste Tom und zog Harry wieder näher zu sich heran. "Allerdings solltest du zuerst mit Peter reden, um zu sehen, ob ich recht habe und dann sehen, dass du in Kontakt mir Miss Travers kommst."

Harry nickte und schien in Gedanken schon ein paar Pläne zu entwickeln. 

Ein paar Minuten herrschte Ruhe, nur der Fernseher gab Geräusche von sich.

Dann: "Toom?"

"Ja, Harry?"

"Warum sieht der Roboter eigentlich so traurig aus?", fragte Harry kindlich und starrte auf den Fernseher.

Tom seufzte tief. "Du hast keine Ahnung, worum es in diesem Film geht, richtig?"

"Keine Ahnung", bestätigte Harry lächelnd.

"Sind denn noch irgendwelche Fragen offen?", wollte Tom wissen. "Irgendetwas das du unbedingt wissen willst?"

Harry dachte kurz nach, bevor er den Kopf schüttelte. "Im Moment nicht, nein."

"Okay", murmelte Tom und griff nach der Fernbedienung. "Also zurück auf Anfang."

Harry beobachtete, wie Tom den Film zurückspulte und ihn von vorne laufen ließ, überrascht, was Muggeltechnik alles so konnte.

Zehn Minuten herrschte Stille und Harrys Konzentration lag ganz bei dem kleinen, süßen Roboter.

Dann: "Duuh, Tom?"

"Verdammt, Harry!", rief Tom aus und legte sich einen Arm über die Augen. "Du sagtest doch, keine Fragen mehr!"

Harrys helles Lachen schallte durch den Raum.

... in der väter urgrauer zeit ...

19. Dezember - Ball-Grown (Ballkleid)
 


 

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ball-grown || in der väter urgrauer zeit

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"Peter?", fragte Harry und lugte durch den schmalen Spalt der offenen Tür in Peters Räume. "Bist du da?"

"Ja", kam eine dumpfe Stimme aus dem Kissenberg in Peters Bett. "Wer ist da?"

Harry runzelte die Stirn - es war schließlich schon zehn Uhr - und antwortete: "Harry."

Sofort flogen ein paar Kissen aus dem weichen Bett; so schnell setzte Peter sich auf, um ihn ansehen zu können. "Harry?"

Zögerlich betrat Harry den Raum und flitzte dann rasch zu Peters Bett, ließ sich neben dem Mann auf die Kissen fallen. "Ja, ich."

"Harry ...", murmelte Peter mit stockender Stimme.

Harry schaute nach unten auf seine verschlungenen Hände. "Du machst dir Sorgen um mich, nicht wahr?", fragte er leise.

Peter nickte. "Natürlich - du ... du bist doch mein kleiner Harry ..."

Harry lächelte über diese Bezeichnung - ganz, ganz früher, als Harry gerade angefangen hatte, laufen zu lernen, hatte Peter ihn immer so zu sich gerufen.

Mein kleiner Harry. Mein kleiner Prinz.

"Du musst dir keine Sorgen machen", versprach Harry und griff nach Peters warmen Händen. "Ich hab mit To - dem Lord gesprochen und er hat gesagt, ich soll gar kein Todesser werden. Zu gefährlich, hat er gesagt."

"So? Hat er das?", fragte Peter und Harry konnte Verwirrung aus seiner Stimme hören, Unglauben.

"Ja", murmelte Harry und kuschelte sich leicht an den Mann. "Er hat mich lieb. Vielleicht mag er sonst keine Kinder, aber mich hat er lieb, Peter."

Peter seufzte und legte seine Arme um Harrys Schultern. "Sei einfach vorsichtig, okay, Harry?"

Harry nickte und biss sich auf die Unterlippe, sich fragend, wie er zum nächsten Thema kommen sollte.

Versuch, diskret zu sein, Harry. Das wird es einfacher machenhatte Tom gesagt. Harry kam der Gedanke, dass er hätte fragen sollen, was diskret eigentlich bedeutet.

"Bist du verliebt, Peter?"

Peter verschluckte sich prompt an seiner eigenen Spucke und brach in einen krampfhaften Hustenanfall aus. "W-was?", keuchte er fassungslos.

Das war wohl nicht diskret, dachte Harry und grinste. "Ob du verliebt bist, Peter - du weißt schon, Mädchen und so."

"W-wie kommst du denn darauf?", keuchte Peter immer noch von stummen Hustern geschüttelt.

"Nur so", sagte Harry und zuckte mit den Schultern. "Ich bin einfach neugierig."

Peter warf ihm einen fassungslosen Blick zu. "Der Lord verändert dich, Harry. Früher hättest du solche Fragen nie gestellt."

Harry errötete und klammerte sich an Peters Arm. "Verrats mir doch einfach!", bettelte er. "Bitte, bitte, bitte!"

"Nein, Harry, ich bin nicht verliebt", erklärte Peter und Harry beobachtete fasziniert, wie die Röte in Peters Wangen kroch und er seinem Blick krampfhaft auswich, wie sich seine Hände in die Bettdecke krallten.

Er lügt, wusste Harry mit Sicherheit. "Ich habe Sirius und Dad über ein Mädchen reden hören, dass Tom ... ähm ich meine der Lord zu unserem Weihnachtsball eingeladen haben soll. Miss Travers, glaube ich", erklärte Harry, Peter genau beobachtend. "Sie soll sehr hübsch sein, weißt du?"

"Sie ist eingeladen?", fragte Peter mit höherer Stimme als üblich, bevor er sich räusperte und Harrys Blick wieder auswich. "Das ist ... schön für sie. Aber was hat das mit mir zu tun?"

"Nichts", murmelte Harry und lehnte sich lächelnd zurück. Peters Reaktion war eindeutig genug gewesen - jetzt musste er nur noch Miss Travers kennenlernen und sie ausfragen.

Harry hoffte, dass Tom ihm dabei helfen würde.
 

Es war erstaunlich einfach, Tom zu überreden, ihm zu helfen - ein "Bitte, bitte", ein trauriger Blick und ein süßes Lächeln und Tom war bereit, alles zu tun, um ihm zu helfen.

Harry lächelte. Das musste er sich merken.

"Miss Travers?", fragte Tom mit eisiger Höflichkeit und betrat den kleinen Speisesaal, eine Hand auf Harrys Rücken und ihn sanft vor sich herschiebend. 

Die Köpfe aller Anwesenden ruckten sofort hoch; Lily, James, Sirius und Remus starrten sofort hasserfüllt auf ihn hinunter, Alice und Frank Longbottom murmelten ihnen beruhigende Worte zu und der Rest wirkte einfach über seine Anwesenheit verwirrt. Und darüber, dass der Lord ihn so nah bei sich behielt.

Harry schenkte ihnen allen ein strahlendes Lächeln.

"Ja, Mylord?", fragte eine klein gewachsene Frau und Harry richtete sofort seine volle Aufmerksamkeit auf sie. Sie war tatsächlich hübsch mit ihrem feinen Gesicht, ihren langen, schwarzen Haaren, ihrer zierlichen, schlanken Statur und ihrem seidenen Gewand.

"Ich wünsche deine Anwesenheit in meinen Gemächern, Miss Travers", erklärte Tom kalt. "Fünf Minuten."

Harry runzelte leicht die Stirn, die Art, wie Tom mit Peters neuer Freundin sprach, gefiel ihm irgendwie nicht. "Toom!", warf er also ein. "Das ist nicht sehr nett!"

Tom starrte zu ihm hinunter. "Was?"

"Du solltest netter zu ihr sein", beharrte Harry und schaute zu Tom nach oben. "Sie hat dir doch nichts getan."

Leises Gekicher drang an Harrys Ohren, während Lily ein scharfes "Harry!" zischte und Tom doch seltsam hoffnungsvoll ansah, als würde sie glauben, er würde ihn jetzt hassen, weil er die Frechheit besessen hatte, Tom solche Dinge vorzuhalten.

Tom schüttelte fassungslos den Kopf. "Harry - ich bin ein Lord. Ein böser, mächtiger Lord", sagte er, als müsse er einem kleinen Kind einen besonders schwierigen Sachverhalt erklären. "Da ist man nicht nett."

"Aber zu mir bist du doch nett!", meinte Harry verwirrt. Noch mehr Gelächter.

"Ach, sei still", murmelte Tom, verstärkte den Druck auf seinem Rücken und führte in wieder aus dem Raum hinaus. "Fünf Minuten!", rief er über die Schulter zu Miss Travers zurück, bevor er sich wieder ihm zuwandte. "Also, Harry, hör mal zu - ich bin nicht nett!"

Harry lachte, befreite sich aus Toms Griff und sprang glücklich vor ihm her, in Richtung Toms Zimmer.
 

"Wann bist du so ... frech geworden?", fragte Tom und schaute ihn mit gerunzelter Stirn an. "Vor ein paar Tagen warst du doch noch ganz anderes!"

Harry hörte auf zu lächelnd und blinzelte zu dem Mann nach oben, plötzlich wieder schüchtern wirkend. "Seit du mir gesagt hast, dass du mich lieb hast", erklärte er sanft.

Tom schaute ihn ein paar Sekunden schweigend an, bevor er sich seufzend neben ihm auf das Sofa fallen ließ. "Also alles meine Schuld?", fragte er gespielt verzweifelt.

Harry grinste. "Ja."

Ein leises Klopfen unterbrach die beiden und Tom bat Miss Travers seufzend hinein. Die schlanke Frau sah ein wenig nervös aus, als sie in Toms Zimmer huschte und mit gesenktem Blick an der Tür stehen blieb.

"Miss Travers - Lily weiß noch nichts von ihrer großen Ehre, aber ich habe beschlossen, dass sie am jährlichen Weihnachtsball der Potters teilnehmen sollten."

Miss Travers sah verwirrt auf. "V-vielen Dank, Mylord."

"Und weil ich klein Harry hier noch für seine Frechheit bestrafen muss", fuhr Tom fort und machte eine vage Handbewegung Richtung Harry. "Wird er dir bei den Vorbereitungen helfen."

"Vorbereitungen?", unterbrach Harry und schaute mit großen Augen zu Tom hinauf. "Was soll ich denn da machen?"

"Du konntest damit anfangen mit Miss Travers nach einem Ballkleid zu suchen", bestimmt Tom und stand grinsend auf. "Viel Spaß, Harry."

Und damit war er verschwunden, ließ Harry mit einer nervösen und verwirrten Miss Travers allein. 

"Miss Travers?", fragte Harry nach ein paar Sekunden Schweigens schüchtern. "Ich bin Harry."

Miss Travers räusperte sich. "Und ich bin Susanne - sag ... sag einfach Sue zu mir, okay?"

Harry nickte und dachte, dass Miss Travers eigentlich eine sehr nette Frau zu sein schien. 

"Meinte - meinte er das ernst? Der Lord?", fragte Sue nervös und knetete ihre Hände. "Dass ich auf den Ball kommen soll? Und das du mir helfen sollst?"

Harry nickte und legte leicht den Kopf schräg, sah die Frau vor sich an. "Warum bist du so nervös?", wollte er sanft wissen.

"I-ich bin noch nicht lange Todesserin, weißt du ...", fing Sue an und schluckte trocken. "Ich weiß noch nicht so recht, wie das alles hier abläuft und auf was ich achten muss ..."

Harry lächelte, sprang auf und griff nach ihrer Hand. "Er kann wirklich ganz nett sein", versprach er lächelnd. "Vor allem, wenn man einfach tut, was er sagt."

"Also gehen wir jetzt Ballkleider suchen?", fragte Sue hilflos und erwiderte den Druck von Harrys Hand.

Harry nickte strahlend. "Wir können in der Muggelwelt gucken gehen - To ... ähm der Lord hat gesagt, die Sachen seien da besser."

Sue gab einen merkwürdig geschockten Ton von sich und ließ sich widerstandslos in die Eingangshalle ziehen.

... in der väter urgrauer zeit

20. Dezember - Christmas Lights (Weihnachtslichter) 
 


 

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christmas lights || in der väter urgrauer zeit

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Nachdenklich saß Harry am Fenster und starrte nach unten in den Garten, auf die dicke Schneeschicht, die alles andere unter sich bedeckte.

"Willst du raus gehen?", fragte Tom vom Schreibtisch aus und beobachtete ihn. Harry schüttelte den Kopf und drehte sich zu Tom um, betrachtete ihn mit merkwürdig intensivem Blick.

"Was?", wollte Tom stirnrunzelnd wissen und legte seine Schreibfeder zur Seite. "Was geht in deinem Kopf vor, Harry?"

Harry sprang leichtfüßig von dem hohen Fensterbrett hinunter und verhedderte sich, unverletzt am Boden angekommen, beinahe in dem langem, weichen Mantel, der um seine Schultern hing. Tom hatte ihn gezwungen das warme, eigentlich viel zu große, Ding zu tragen, weil er Harrys Worten, dass er wieder gesund wäre, nicht geglaubt hatte.

"Willst du gar nicht wissen, wie es gestern gelaufen ist?", platzte es aus Harry heraus und das Kind verschränkte seine dünnen Ärmchen vor der Brust, starrte ihn beleidigt an.

Tom grinste. "Eigentlich nicht wirklich, nein."

Harry schnappte nach Luft. "Willst du nicht?"

Tom lachte und streckte seine Arme nach Harry aus. "Komm her, du kleiner Winzling", forderte er.

Harry huschte schnell zu Tom hinüber und warf sich in die Arme des Mannes, den er insgeheim als seinen neuen Daddy ansah. "Interessiert es dich nicht, ob Sue und Peter ineinander verliebt sind?"

"Sue?", wiederholte Tom.

"Miss Travers", erklärte Harry und schaute blinzelnd zu dem Lord hinauf. "Sie heißt Susanne, aber ich darf sie Sue nennen."

"Ah ja", murmelte Tom und seufzte. "Dass Peter in ... Sue verliebt ist, weiß ich - das hast du mir schon erzählt."

"Und Sue ist es auch!", platzte es ungeduldig aus Harry hinaus. "Ich hab sie nach Peter gefragt und sie hat gesagt, er wäre ein sehr netter und zuvorkommender Mann. Und dann hab ich ihr erzählt, dass er auch auf den Weihnachtsball kommt und sie ist ganz rot geworden und hat mich gefragt, ob er schon eine Freundin hätte. Sie sah sehr glücklich aus, als ich Nein gesagt habe."

Tom fuhr beruhigend durch Harrys Haar. "Das ist doch schön, Kleiner."

Harry biss sich auf die Unterlippe. "Und ... was jetzt?", fragte er unsicher und legte leicht den Kopf schräg, sah Tom hilfesuchend an. "Was machen wir jetzt?"

"Du wolltest sie verkuppeln?", fragte Tom zurück und streichelte über Harrys Arme. 

"Ja", bestätigte das Kind und nickte heftig mit seinem Kopf. "Wenn sie beide ineinander verliebt sind, müssen sie auch glücklich miteinander werden."

Tom nickte grinsend. "Das ist die Logik eines Kindes, ja", murmelte er zu sich selbst, bevor er wieder Harry ansah. "Und wie willst du sie glücklich machen?"

"Ich weiß nicht", erklärte Harry langsam und schaute mit großen Augen zu Tom hinauf. "Hast du eine Idee?"

Tom schüttelte den Kopf. "Ich hab dir doch gesagt, ich will mit deinen Verkupplungsaktionen nichts zu tun haben", erinnerte er Harry und tippte auf seine kleine Nase. Harry kicherte und sah mit strahlenden Augen zu Tom auf.

"Tom, bitte!", fiepte er. "Bitte, bitte, bitte!"

Tom stöhnte. "Harry, verkuppeln gehört nicht in den Aufgabenbereich eines dunklen Lords!"

"Aber", fing Harry an und lehnte sich mit strahlenden Augen vor. "Wenn deine Leute glücklich sind und dich mögen, werden sie viel mehr und bessere Arbeit machen, damit auch du glücklich wirst. Also fällt es doch in deinen Aufgabenbereich!"

Für ein paar Sekunden schaute Tom das Kind auf seinem Schoß ungläubig an, bevor er sanft den Kopf schüttelte. "Warum fällt mir jetzt kein Gegenargument ein?"

Harry lachte. "Weil es keins gibt", erklärte er überzeugt. "Komm schon, bitte, Tom! Nur eine kleine Idee."

Tom seufzte. "Sperr sie in ein Zimmer, verringel die Tür und warte, bis sie sich geküsst haben", schlug er vor. "Das macht man doch so, oder etwa nicht?"

Harry sah nicht sehr begeistert aus. "Das ist voll offensichtlich und sie können die Tür mit Magie bestimmt wieder aufmachen - außerdem ist das doch langweilig", hielt er dagegen.

"Jetzt muss es auch noch interessant sein", stöhnte Tom. "Immer mehr Anforderungen hat das Kind."

Harry kicherte. "Nur etwas ... aufregender, ja? Nur ein bisschen?"

"Wie wäre es ...", Tom hielt inne und dachte kurz nach. "... wenn du irgendwo Mistelzweige aufhängst und sie zwingst, sich unter einen zu stellen? Wäre auch noch weihnachtlich ..."

Harrys Augen begangen zu strahlen. "Perfekt!", quietschte er, beugte sich vor und küsste Tom auf die Wange. 

Ein paar Sekunden herrschte Stille.

Dann: "Toom?"

"Ja, Harry?", seufzte Tom.

"Wie komme ich denn an Mistelzweige?", fragte Harry unschuldig und sah mit großen Augen zu Tom auf.
 

"Das Zimmer sieht kahl aus", murmelte Harry, als er und Tom später in ihrem Bett saßen, den Muggelfernseher gegenüber angeschaltet und die Plätzchen zwischen sich.

"Hmm?"

"Sooo ... - unweihnachtlich", erklärte Harry und sah sich um. "In 4 Tagen ist Weihnachten, Tom, und hier siehts aus wie mitten im ... Frühling!"

"Du übertreibst", erwiderte Tom uns sah sich ebenfalls um. "Draußen liegt Schnee - wenn du am Fenster sitzt ist es sehr wohl weihnachtlich."

Harry verschränkte die Arme. "Kannst du nicht ein paar Lichter machen?", fragte er leise und bittend.

"Lichter?", wiederholte Tom skeptisch. "Was denn für Lichter?"

"Grüne, rote, goldene, blaue - alle Farben!", rief Harry und breitete die Arme aus. "Bis alles ganz weihnachtlich aussieht."

"Streich das rot und ich lass mich vielleicht überreden", erklärte Tom und verschränkte grinsend die Arme hinter seinem Kopf.

Harry kicherte fröhlich. "Okay, keine roten Lichter - aber rote Weihnachtsmänner, ja?"

"Ach, die können wir doch auch grün machen ...", meinte Tom und fing an, nach seinem Zauberstab zu suchen. "Das wäre jetzt nicht das Problem."

Harrys Mund klappte auf, bevor er leicht gegen Toms Arm schlug. "Weihnachtsmänner sind rot, Tom. Sie sind immer rot", sagte er tadelnd. "Du kannst sie nicht einfach grün machen."

Tom seufzte. "Also rote Weihnachtsmänner und bunte Lichter in den Zimmern des dunklen Lords, ja?", fragte er.

"Genau", erklärte Harry und klatschte leicht in die Hände. "Das wird hübsch."

"Kinder ...", murmelte Tom. "Kaum gibt man zu, dass man sie lieb hat, denken sie, die ganze Welt dreht sich nur um sie ..."

"Stimmt ja auch", sagte Harry und sah Tom verblüfft an. "Um dich dreht sie sich bestimmt nicht."

"Frechdachs", bestimmte Tom lächelnd und schwang stumm seinen Zauberstab in der Luft.

Sofort erstrahlte das ganze Zimmer im weihnachtlichen Glanz; brennende Kerzen standen auf dem Fensterbrett und der Kommode, kleine, weihnachtliche Figuren wie Weihnachtsmänner und Rentiere verteilten sich daneben, Lichterketten, die in allen Farben leuchteten, hingen plötzlich von der Decke und an den Wänden. Selbst ein kleiner Weihnachtsbaum, mit hübschen Kugeln, viel Lametta und kleinen Figürchen geschmückt, stand in der Ecke.

"Besser?", fragte Tom nach ein paar Minuten das staunende Kind. 

"Perfekt", wisperte Harry und konnte seine Augen nicht von dem vielen Glitzerzeug abwenden. "Wie Weihnachten."

"Und?", fragte Tom und piekste leicht in Harrys Arm. "Um wen dreht sich jetzt die Welt?"

Harry kicherte. "Um mich natürlich", behauptete der lachend und hob seine Hände in die Luft. "Wenn selbst der böse, mächtige Lord sein Zimmer für mich dekoriert, muss sie sich ja um mich drehen!"

stille nacht, heilige nacht ...

21. Dezember - Plane (Flugzeug) 
 


 

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plane || stille nacht, heilige nacht

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Als Harry der Gedanke kam, dass er doch für Tom eigentlich Weihnachtsgeschenke besorgen müsste, weil der Weihnachtsmann ja bekanntlich nur Kindern Geschenke bringt, war der 21. Dezember.

3 Tage vor Weihnachten.

Keuchend schlug Harry die Augen auf, setzte sich ruckartig hin, warf einen Blick auf den kleinen Wecker - sechs Uhr morgens - und dann zu dem noch schlafenden Tom.

Er brauchte ein Geschenk. 

Jetzt.

Bald.

... Oder zumindest eine Idee für ein Geschenk. An seiner Unterlippe nagend betrachtete Harry seinen Ersatzvater und überlegte, welche Art von Geschenk ihm wohl gefallen könnte.

Früher, als Caroline noch ein kleines Kind gewesen war und sich noch ein wenig für ihre Mitmenschen interessiert hatte, hatte Harry mal beobachten können, wie sie ein krakeliges Bild für Mum und Dad gemalt hatte, als Weihnachtsgeschenk.

Harry wusste nicht, ob Tom sich über so etwas freuen würde - aber was blieb ihm schon anderes übrig? 

Geld hatte er keines und am Heiligen Abend ohne Geschenk für Tom dasitzen, wollte er auf gar keinen Fall - er würde sich wie Caroline vorkommen.

Schaudernd stieg Harry aus dem Bett, das früher dem hohen Lord gehört hatte, und erstarrte, als ihm einfiel, dass er gar keine Malutensilien besaß.

Verdammt.

Nun doch wieder heftig an seiner Unterlippe nagend, huschte er zu Tom hinüber und rüttelte den Mann an der Schulter.

"Tom?", wisperte er. "Tom, wach auf - ich muss dich was fragen. Tom!"

Stöhnend drehte sich Tom um und blinzelte ihn verschlafen an. "Was, Harry?", murmelte er stockend. "Geht die Welt unter?"

Harry blinzelte verwirrt. "Was? Nein, natürlich nicht!", sagte er und fragte sich, ob Tom morgens immer so verrückt war.

"Und warum zur Hölle weckst du mich dann?", murmelte Tom und drehte sich wieder um, als wolle er einfach weiterschlafen, nun, da er wusste, dass die Welt nicht untergehen würde.

Selbstverständlich wollte Harry das nicht so einfach auf sich sitzen lassen und griff nach dem Ärmel von Toms Pyjama, zog einmal fest daran. "Tom!", rief er. "Ich muss dich was fragen!"

"Was?", fauchte Tom schon beinahe aggressiv und tauchte wieder kurz aus den Kissen auf. "Was zur Hölle ist den so wichtig, dass du mich um - wie spät ist es eigentlich?"

"Sechs Uhr", erklärte Harry. "Und ich wollte ..."

"Dass du mich um sechs Uhr morgens wecken musst?!", fuhr Tom fort, unterbrach Harry einfach.

"Das wollte ich doch gerade sagen", sagte Harry beleidigt. "Ich wollte wissen, ob ich zu Peter darf und mit ihm nach Hogsmeade gehen kann."

Ein paar Sekunden starrte Tom ihn an, vollkommen fassungslos, bevor er seinen Kopf in seinem Kissen vergrub. "Ja, Harry, verdammt", drang es genervt aus dem Kissenberg hervor. "Verschwinde und nerv jemand anderen."

"Danke!", strahlte Harry und beschloss, Tom sein ungebührliches Verhalten zu verzeihen. 

"Zieh dir was an", fügte Tom hinzu. "Und komm bloß nicht vor zehn Uhr wieder!"

"Okay", stimmte Harry zu und flitzte in Richtung Bad, um sich fertigzumachen und überlegte, wie er Peter würde dazu überreden können, ihm Geld für Malsachen zu geben.

Und mit ihm nach Hogsmeade zu gehen. Um sechs Uhr morgens.
 

"Warum genau mussten wir gerade jetzt gehen?", fragte Peter zum gefühlten tausendsten Male und trottete verschlafen neben Harry her. "Und nicht nachdem wir ... oh, keine Ahnung, noch fünf Stunden geschlafen haben?"

"Peeter", schimpfte Harry. "Das hab ich dir doch jetzt schon ein paar Mal erklärt. In drei Tagen ist Weihnachten. Und ich brauche Geschenke. Jetzt."

Peter stöhnte. "Was stellst du dir vor?", fragte er dann seufzend und hoffte, diesen Ausflug möglichst schnell hinter sich zu bringen, um wieder in sein warmes, weiches Bett verschwinden zu können.

Sein armes, jetzt verlassenes Bett, das im Manor auf ihn wartete - warm, einladend, weich, voll mit Kissen und Decken ...

"Peter", unterbrach Harrys genervte Stimme seine Träume. "Hörst du mir überhaupt zu?"

"Was? Nein - Entschuldige", murmelte Peter. "Was hast du gesagt?"

Harry seufzte. "Ich sagte, dass ich gerne malen würde", wiederholte Harry und seufzte bei Peters verwirrtem Gesichtsausdruck erneut auf. "Als Weihnachtsgeschenk, Peter! Etwas malen, okay?"

"Ja, ja, sicher", sagte Peter schnell und versuchte sein geliebtes Bett aus seinen Gedanken zu verbannen. "Und ... äh - warum genau sind wir dann hier? Wenn du doch malen und nichts kaufen möchtest?"

"Ich hab keine Malsachen", verkündete Harry strahlend. "Und zum Malen brauche ich nun mal Malsachen - also musst du jetzt mit mir Malsachen kaufen."

"Richtig - Malsachen", wiederholte Peter und fragte sich, wo er möglichst schnell Stifte und Papier herbekommen würde, damit Harry Ruhe gab und er wieder in sein Bett kriechen konnte.

Kritisch sah sich Peter in dem menschenleeren Dorf um. Ob die Geschäfte um diese Uhrzeit überhaupt schon aufhatten ...?
 

Ungeduldig starrte Harry auf die große Wanduhr, die auf dem Weg zu Toms Zimmer im Flur hing.

9:57.

Verdammt.

Noch ganze drei Minuten, bevor er wieder in Toms Zimmer kommen dürfte; drei ganze Minuten, die er warten musste, bevor er endlich anfangen konnte zu malen.

Und nur noch drei Tage, bis Weihnachten war.

Und er musste noch drei ganze Bilder malen - für Tom, für Peter und für Sue!

Harry blinzelte und kicherte dann ein wenig über die vielen Dreien, die ihn derzeit zu verfolgen schienen.

Vielleich sollte drei seine neue Unglückszahl werden.

9:58.

Manoooo!

Nicht nur, dass das Gedankenspiel mit den Dreien verdorben war - zehn Uhr war es immer noch nicht.

Kurz dachte Harry daran, einfach das Zimmer zu betreten, obwohl noch nicht zehn Uhr war, aber die Erinnerung an den ersten Klang in Toms Stimme hielt ihn davon ab.

Zurückblinkend war es vielleicht keine gute Idee gewesen, den Lord um sechs Uhr zu wecken, nur, um zu fragen, ob er mit Peter nach draußen gehen dürfte - er hätte auch einfach einen Zettel schreiben können.

Seufzend sah Harry auf die große Tüte, die er mit seinen kleinen Händen umklammert hielt. Kunstvoll verziert und in schönster Schrift prangten die WorteSchreiberlings Federladen auf dem knisternden Papier.

Als Harry Peter geweckt und ihn mit nach Hogsmeade geschleppt hatte, hatte er gehofft, drei Bögen Papier oder Pergament zu bekommen, vielleicht noch eine Packung Buntstifte.

Stattdessen hatte Peter den gesamten Laden leergekauft - oder zumindest hatte Harry das Gefühl. Acrylfarben, Blöcke, Ölfarben, Pinsel, Tusche und Tinte, Farbstifte, Pastellstifte und Aquarellstifte.

Bei Harrys ungläubigem Blick hatte Peter nur gesagt, dass er schließlich schöne Weihnachtsgeschenke haben wolle - und dann irgendwas von wegen "und wieder in mein Bett" gemurmelt.

Harry hoffte, dass er wirklich schöne Bilder mit den vielen neuen Malsachen hinbekommen würde.

10:04

Und verpasst ...
 

"Was hast du da?", fragte Tom perplex, als Harry die große, doch recht schwere Tüte in ihr Zimmer schleifte.

"Malsachen", erklärte Harry und stellte die knisternde Tüte vorsichtig auf einem Stuhl ab. "Bist du noch sauer?", wollte er dann wissen und drehte sich vorsichtig zu Tom um.

"Nein", seufzte der Mann, bevor er Harry einen strengen Blick schenkte. "Aber - und das merk dir gut, Harry - weck mich nie, nie wieder um sechs Uhr morgens. Vor allem nicht Samstags."

Harry kicherte. "Verstanden."

"Ich hoffe", brummte Tom und nahm noch einen tiefen Schluck von seinem Kaffee. "Was machst du da?", fügte er noch hinzu und beobachtete Harry, wie er seine wertvolle Tüte auspackte und die ganzen verschiedenen Stifte auf dem Tisch verteilte.

"Ich packe aus", erklärte Harry das Offensichtliche.

"Und was soll das da alles sein?", fragte Tom und beäugte die vielen - für ihn vollkommen gleich aussehenden - Utensilien.

"Malsachen", sagte Harry und legte seinen Kopf leicht schräg. "Das sagte ich doch bereits."

"Okay", murmelte Tom und nahm noch einen großzügigen Schluck Kaffee. "Und was hast du mit dem ganzen Zeug vor?"

"Ich mach Weihnachtsgeschenke", erklärte Harry strahlend und nahm  zuletzt den großen Zeichenblock aus der Tüte.

"So, so", sagte Tom und ein leichtes Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln. "Damit kommst du aber früh."

Harry errötete schlagartig. "Ich hab noch drei Tage! Drei ganze Tage!"

Tom schüttelte den Kopf und sah bedauernd in seine nun leere Kaffeetasse, bevor er sie resolut von sich schob. Dieses kleine Kind würde es nicht schaffen, ihn von Kaffee abhängig zu machen. Ganz egal, was es sich auch noch alles leisten würde.

"Und weißt du, was ich draußen gesehen habe?", fuhr das Kind plappernd fort, ohne seine Misere wahrzunehmen. "Ein Flugzeug! Ich hab am Himmel ein Flugzeug gesehen."

Begeisterungsherrschend starrte Harry ihn an, und Tom unterdrückte den Drang, unbedeutend mit den Schultern zu zucken, den Raum zu verlassen und sich neuen Kaffee zu holen. "Was ist daran so toll?", fragte er stattdessen stirnrunzelnd.

Harrys Blick wurde verträumt. "Ich mochte Flugzeuge schon immer", erklärte er sanft. "Früher wollte ich mir mal Carolines Besen klauen und ganz nach oben zu einem Flugzeug fliegen und dann ganz weit wegreisen, bis Mum mich nicht mehr finden kann ..."

Tom beugte sich leicht nach vorne und griff nach den kleinen Händen des Kindes. "Harry?", flüsterte er sanft. "Hör zu - wir fliegen mal mit einem Flugzeug, okay? Wenn es wärmer ist, irgendwann im Sommer, dann können wir gemeinsam in Urlaub fliegen."

Harrys Augen weiteten sich vor Unglauben und Glück. "Wirklich?"

"Ja", bestätigte Tom, bevor er grinste und auf Harrys Nasenspitze tippte. "Wenn du mich nicht wieder um sechs Uhr morgens weckst."

Harrys Augen funkelten. "Und wenn die Welt untergeht?", fragte er beinahe neckisch. "Darf ich dann?"

Grinsend schüttelte Tom den Kopf, stand auf und streichelte liebevoll durch Harrys unordentliche Haare. "Du bist unmöglich, weißt du das?"

Harry nickte und sah lächelnd zu ihm hinauf. "Das hat Peter früher auch immer gesagt."

Tom seufzte und deutete vage auf die vielen Stifte und den großen Block. "Mach deine Weihnachtsgeschenke, Kind."

Harrys Gekicher folgte ihm den ganzen Weg aus dem Zimmer hinaus und Tom ertappte sich dabei, wie seine Gedanken schon wieder in Richtung Kaffee abdrifteten.

... hirten erst kund gemacht ...

22. Dezember - Misteltoe (Mistelzweig) 
 


 

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misteltoe || hirten erst kund gemacht

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"Sue?", fragte Harry und hopste leicht auf und ab. "Sue?"

"Was ist los?", fragte die Frau und drehte sich erschrocken zu dem aufgeregten Kind um; eigentlich wollte sie gerade losgehen und letzte Weihnachtsgeschenke besorgen, als das Kind, ihren Namen schreiend, hinter ihr aufgetaucht war.

"Hast du Umschläge?", fragte Harry hibbelig.

"U-umschläge?", wiederholte Sue und runzelte leicht die Stirn. "Papierumschläge oder ... Umschläge?"

Verwirrt blinzelt hielt Harry in seinem Herumgehopse inne. "Na Umschläge, Sue", sagte er perplex. "Wo man Briefe rein macht."

Sue seufzte und nickte. "Hör zu, Harry - ich wollte jetzt eigentlich noch mal nach Hogsmeade gehen, aber ich kann dir welche mitbringen, okay?"

Harry runzelte die Stirn. "Hast du auch welche hier?", wollte er wissen. "In deinem Zimmer?"

"J-ja, ich denke schon", murmelte Sue.

Harry schnappte erfreut nach Luft. "Dann können wir sie ja jetzt gleich holen und du musst in Hogsmeade keine mehr kaufen!"

"Harry ...", versuchte Sue zu protestieren. "Ich möchte jetzt wirklich los ..."

Ohne auf Sues Worte zu achten, griff Harry nach dem Bund von ihrem Mantel und zog leicht daran. "Bitte, Sue", flehte er und schaute mit riesigen Augen zu der Frau auf. "Bitte, bitte, bitte!"

"Harry ...", sagte Sue und sah sich unruhig um. "Jetzt nicht ..."

"Bitte, bitte, bitte", krähte Harry weiter. "Bitte, ja?"

Sue stöhnte. "Aber nur weil du das neue Lieblingskind des Lords bist", stellte sie klar und folgte Harry den Gang hinunter in Richtung ihres Zimmers. "Und ich keine Probleme möchte", fügte sie hinzu.

Ein paar Sekunden liefen sie schweigend.

"Suue?"

"Ja?"

"Ich bin nicht das neue Lieblingskind vom Lord", erklärte Harry und klang ein wenig beleidigt. "Ich bin das Einzige!"

Sue lächelte und strubbelte durch Harrys weiche Haare. "Natürlich", sagte sie sanft. "Verzeihung."

"Und weißt du, was Tom ... äh der Lord mir erzählt hat?", fragte Harry weiter.

"Nein", murmelte Sue und öffnete die Tür zu ihrem Zimmer, hielt sie für Harry auf, der schnell hineinschlüpfte.

"Er hat gesagt, dass ich dieses Jahr Weihnachtsgeschenke kriege!", rief Harry glücklich aus und hob leicht die Arme in die Luft.

Sue, die schon auf dem Weg zu ihrem Schreibtisch gewesen war, um Harrys vermaledeite Umschläge zu holen, erstarrte und drehte sich dann langsam zu dem Kind um. "Warum ... ähm ...", sie räusperte sich. "Warum ist das so etwas besonderes für dich?"

Harrys Arme fielen schlaff zur Seite und das Leuchten in seinen Augen nahm ab. "Ich hab früher nie Weihnachtsgeschenke bekommen", erklärte er Sue. "T - der Lord sagt, weil der Weihnachtsmann gar nicht wusste, dass ich hier wohne. Aber jetzt weiß er es - ich hab ihm schließlich einen Wunschzettel geschrieben - und bringt mir bestimmt Geschenke."

Sues Augen weiteten sich. "D- du hast noch nie Weihnachtsgeschenke bekommen?", hauchte sie ungläubig und sah auf einmal unnatürlich blass aus. "Noch nie?"

Harry schüttelte den Kopf. "Aber dieses Jahr bekomm ich welche, hat Tom gesagt", fügte er hinzu und lächelte Sue beruhigend an. Sie schien sogar leicht zu schwanken und Harry fing langsam an, sich Sorgen zu machen.

"Sue?"

Sue räusperte und drehte sich wieder um. "Ich bin mir sicher du bekommst Geschenke, Harry", sagte sie fest. "Ganz, ganz viele."

Harry strahlte. "Danke, Sue."

"Hier", murmelte Sue und zog eine Packung bunte Umschläge aus ihrem Schreibtisch hervor. "Das war es, was du wolltest, richtig?"

Harry nickte und nahm die dargebotene Packung an.

"Brauchst du sonst noch etwas?", fragte Sue. "Oder kann ich jetzt endlich gehen?"

Unschuldig sah Harry zu ihr hinauf. "Hast du noch Schleifen? Oder Bänder?", fragte er. "Oder hübsche Aufkleber? Oder Kärtchen? Oder -?"

"Harry!", fuhr Sue dazwischen, ihre Stimme irgendwo zwischen genervt und belustigt. "Mach mal ne Pause!"
 

"Suue!", Merlin nach etwas mehr Geduld bittend, drehte sich Sue um, mit einem festgefrorenen Lächeln auf dem Gesicht und sah dem freudig auf sie zu stürmenden Kind entgegen.

Zum Glück stoppte Harry ein paar Zentimeter vor ihr und rannte nicht direkt in sie hinein - Sue wusste nicht, ob Gebete zu Merlin da noch gereicht hätten.

"Du bist wieder da!", rief er erfreut und beäugte ihre große Einkaufstasche misstrauisch. "Wo bist du gewesen?"

"Einkaufen", stöhnte Sue und wünschte sich, die Eltern dieses Kindes würden auftauchen und es mit sich nehmen; nach einem mehrstündigen Weihnachtseinkauf durch überfüllte Läden und stickige Gassen hatte Sue nicht mehr viel Geduld für ein kleines, überdrehtes Kind übrig.

Dann dachte Sue daran, dass Harry von seinen Eltern noch nie Weihnachtsgeschenke bekommen hatte und dachte, dass der Lord vielleicht die bessere Alternative wäre.

Lily war ihr ohnehin noch nie wirklich sympathisch gewesen und Caroline war eines der furchtbarsten und verwöhntesten Kinder, die Sue je über den Weg gelaufen waren.

Sue sah nach unten, direkt in die strahlend grünen Augen des kleinen Harrys und ihr Lächeln wurde ehrlicher.

Und dann stand aus einem unerfindlichen Grund der Lord mitten im Flur, ein paar Meter von ihr entfernt.

Sofort wich alle Farbe aus Sues Gesicht und ihr Blick wandte sich gen Boden. Sie hatte zu viele Geschichten über Voldemorts grausame Taten gehört, als das sein liebevoller Umgang mit einem kleinen Kind ihr ihre Angst genommen hätte.

"Sue?", hörte sie Harry verwirrt fragen.

"Harry", hob der Lord seine Stimme und sie hörte Harry überrascht nach Luft schnappen. "Peter möchte dich sehen; er hat sich sogar in unserem Zimmer breitgemacht", fuhr der Lord fort und Sue konnte leichten Unmut aus seiner Stimme hören. "Schaffst du ihn bitte von da fort?"

Harry kicherte und griff überraschend nach ihrer Hand. "Kommst du mit, Sue?", fragte er flehentlich.

Sue warf erst einen nervösen Blick auf den Lord, dann einen sehnsüchtigen auf ihre schmerzende Hand, in die sich langsam die Träger der Tasche bohrten. "Warum?", wollte sie leise wissen.

"Du wolltest doch wissen, was ich mit den Umschlägen vorhabe", sagte Harry. "Und da kannst du doch gleich mitkommen."

"Harry, meine Tasche ...", stöhnte Sue, die keine Lust hatte, das schwere Ding durch das halbe Manor zu tragen, nur um zu sehen, was das Kind mit ihren Umschlägen, Schleifen und Bändern veranstaltet hatte.

"Ich kann sie nehmen", mischte sich der Lord wieder ein und Sue konnte aus den Augenwinkeln sehen, wie er fordernd eine Hand in ihre Richtung streckte. "Ich werde sie in dein Zimmer bringen, Miss Travers."

Paralysiert übergab Sue ihre Einkaufstasche in die Hände des Lords. Sofort griff Harry nach ihren nun freien Fingern und zog sie mit sich.

"Und Harry!", rief er Lord hinter ihnen her und Harry hielt kurz inne. "Danach gibst du Ruhe, verstanden?"

"Ja, Mylord", rief Harry kichernd und zog eine erstarrte Sue hinter sich her.

Ein paar Minuten lang liefen sie schweigend, bevor Sue einen merkwürdig geschockten Ton von sich gab, und Harry damit zum zusammenzucken brachte.

"Sue?"

"Trägt da gerade wirklich der Lord - der böse, mächtige Lord Voldemort - meine Tasche?", fragte Sue, gegen Ende immer hysterischer klingend.

"Jaa", sagte Harry und legte leicht den Kopf schräg. "Warum?"

"Er trägt meine Tasche", murmelte Sue nur. "Lord Voldemort trägt meine Tasche ..."
 

Sue wusste nicht, wie Harry das geschafft hatte. Sie hatte keine Ahnung, wie sie in diese Situation gekommen war - nur das das kichernde Kind mit Sicherheit Schuld daran war.

Zurückblickend dachte Sue, dass Harry ihren geschockten Zustand - Lord Voldemort hat meine Tasche getragen! - ausgenutzt haben musste. Was er mit Peter gemacht hatte, konnte sich Sue dagegen nicht vorstellen; und später erschien ihr der Moment zu magisch, zu perfekt, um ihn zu hinterfragen.

Aber im Moment nahm Sue nur den Mistelzweig über ihrem Kopf, den pummeligen Mann vor sich und vielleicht - irgendwo ganz am Rande ihres Bewusstseins - das kichernde, gespannte Kind auf dem Sofa wahr.

Sie schluckte trocken und warf noch einen Blick nach oben, um sicherzustellen, ob sie sich auch wirklich nicht geirrt hatte.

Aber nein, der Mistelzweig hing noch immer über ihrem Kopf, die Magie waberte noch immer um sie herum und ließ sie nicht gehen, bevor sie den Mann vor sich nicht geküsst hatte. Und vor ihr stand noch immer er. Peter Pettigrew.

Sue schluckte erneut.

"A- also", stammelte Peter und starrte sie unruhig an. "Ich- ich denke, wir sollten ..."

"Ja", murmelte Sue und beugte sich ein paar Zentimeter nach vorne, schluckte wieder trocken und konnte sich doch nicht überwinden, den letzten Zentimeter zu überwinden.

Peter ergriff die Initiative und unter Harrys gespanntem Blick trafen sich ihre Lippen zum ersten Mal.

Und dann nahm Sue nur das kleine Feuerwerk war, das plötzlich in ihrem Magen losging.

... durch der engel hallelujah ...

23. Dezember - Calender (Kalender)
 

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calender || durch der engel hallelujah

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Außer Harry und Tom bemerkte niemand, dass Peter und Sue am nächsten Tag nicht im Potter-Manor aufzufinden waren. Und außer den beiden interessierte auch niemanden, was nun mit den beiden passierte.

Am allermeisten interessierte es wohl Harry, der schon den ganzen Tag unruhig in seinem Zimmer umhertigerte und ständig zum Fenster lief, um nach draußen zu starren.

Tom, der das Verhalten seines Schützlings bisher nur stumm verfolgt hatte, fühlte langsam seine spärliche Geduld, die in den letzten Tagen sowieso schon in Mitleid gezogen worden war, verschwinden.

"Harry", schnappte er und hielt das Kind, als es wieder an ihm vorbeirennen wollte, am Arm fest. "Hör auf alle - und vor allem mich - durch dein Herumgerenne verrückt zu machen!"

Ein paar Sekunden starrte Harry Tom stumm an, bevor er den Kopf schräg legte und mit deutlicher Verwirrung in der Stimme sagte: "Aber ich bin nervös."

"Das sieht man", stimmte Tom sanft zu, festigte den Griff um Harrys Arm und zog das Kind kurzerhand auf seinen Schoß, hielt es bestimmt fest. "Du hälst jetzt aber trotzdem still."

Harry seufzte und schlang seine Arme um Toms Hals, legte seinen Kopf auf seine Brust. "Was, wenn es doch nicht funktioniert?", fragte er leise. "Was, wenn sie sich doch nicht so verstehen?"

Tom seufzte und streichelte über Harrys Rücken. "Es wird gut gehen, Harry", versprach er sanft. "Sie haben sich doch schon geküsst - was soll da noch schief gehen?"

"Sue sah sauer aus", wisperte Harry. "Was, wenn ich mich geirrt habe? Was, wenn sie jetzt unglücklich werden? Wegen mir?"

"Harry", seufzte Tom und schob seinen Zeigefinger unter Harrys Kinn, zwang ihn, ihn anzusehen. "Du hast dich nicht geirrt, okay? Wenn sie unglücklich werden, ist das bestimmt nicht deine Schuld."

"Aber wessen denn dann?", murmelte Harry fragend.

"Ihre eigene", erklärte Tom überzeugt. "Du hast alles getan, um sie zusammenzubringen, und wenn sie den Rest jetzt nicht selber schaffen, ist das ihre eigene Schuld."

Harry seufzte. "Ich hoffe, sie werden glücklich", flüsterte er und legte seinen Kopf wieder an Toms Brust, lauschte den ruhigen Herzschlägen. "Sie verdienen das."

"Sie werden bestimmt glücklich", sagte Tom sanft. "Und dann bin ich von noch mehr liebestollen Menschen umgeben, die bald Kinder zeugen wollen - und ich kann nicht einmal vor ihnen fliehen, weil du sie ja auch lieb haben musst."

Harry kicherte sanft und Tom runzelte die Stirn. "Alles voller Liebe ...", murmelte er und stützte sein Kinn vorsichtig auf Harrys weichen Haaren ab.

"Toom?", fiepte Harry und klang schon viel wenig nervös, schon viel glücklicher.

"Ja?"

"Wenn du dich mal verliebst, sagst du mir Bescheid, ja?", kicherte er. "Dann verkluppe ich dich auch."

"Harry", grummelte Tom in dem Versuch streng zu sein. "Wage es niemals, mich verkuppeln zu wollen. Niemals, verstehst du?"

Harry seufzte. "Willst du denn nicht glücklich werden?"

"Ich bin glücklich", erklärte Tom fest. "Ich brauche keine unnötigen Gefühlsduseleien, die meine Arbeit behindern. Das ist Dumbledores Philosophie, nicht meine."

Harry schwieg und kuschelte sich näher an den unnahbaren Lord heran.

Irgendwann, und da war Harry sich absolut sicher, irgendwann würde Tom sich verlieben. Und wenn dieser Tag gekommen wäre, würde Harry für ihn da sein und alle Verkupplungspläne hervorkramen, von denen er in den nächsten Jahren hören würde.

Tom würde schon noch merken, wie toll Liebe sein konnte. Ganz bestimmt.
 

"Und?", schrie Harry und sprang vom Sofa auf, direkt auf Sue und Peter zu. Mit funkelnden Augen nahm er ihre ineinander verschränkten Hände wahr.

"Harry ...", seufzte Sue, ließ Peters Hand los und sackte auf den Boden, schloss ihre Arme um den kleinen Körper. "Du böses, hinterlistiges, wunderbares Goldkind ..."

"Und?", wiederholte Harry, flüsterte es diesmal in Sues Ohr. Die einzige Antwort war ein schwaches Nicken und so brauchte Harry ein paar Sekunden, um die Antwort zu registrieren.

Kaum in seinem kleinen Gehirn angekommen, sprang Harry mit einem freudigen Aufschrei aus Sues Armen, hielt ihre Hand fest und griff auch nach Peters Hand.

"Ihr seid zusammen, ihr seid zusammen, ihr seid zusammen!", rief er fröhlich und schwenkte ihre Hände hin- und her. "Zusammen, zusammen, zusammen!"

Tom seufzte aus dem Hintergrund und Harry führte ein unendliches Lied unbeschwert fort: "Zusammen, ihr seid zusammen, zusammen ...!"
 

Immer noch total hibbelig saß Harry auf seinem Bett, ein dickes Grinsen im Gesicht und beobachtete Tom, der ein paar Zettel zusammenheftete und seine üblichen Lord-Arbeiten zu machen schien.

"Morgen ist Weihnachten!", rief Harry, völlig aus dem Zusammenhang gerissen und brachte Tom dazu, erschrocken zusammenzuzucken.

"Da", fuhr Harry einfach begeistert fort und deutete mit einem Finger hinter Tom, auf den großen Kalender, der heute eine rote 23 zeigte. "Morgen ist Weihnachten!", wiederholte Harry.

"Harry ...", seufzte Tom und legte seine Papiere weg. "Warum bist du heute so ... nervös? Sue und Peter waren doch schon da - was gibt es denn jetzt noch?"

"Morgen ist Weihnachten", murmelte Harry und ließ sich zurück auf sein Bett plumpsen, schloss die Augen. "Weihnachten ..."

Kurze Zeit später hörte er leichte Schritte, die sich seinem Bett näherten und er fing an, leicht zu lächeln, als das Bett neben ihm ein wenig nachgab und sich eine sanfte Hand in seine Haare schlich.

"Harry?", Toms Stimme klang ein wenig wie früher, als sie sich kennengelernt hatten - es fühlten sich wie Jahre an, obwohl nur 4 Wochen vergangen waren. "Wirst du wieder krank?"

"Mir gehts gut", versprach Harry leise, schon wieder viel ruhiger und drehte sich um, um sich an Tom kuscheln zu können, der sofort seine Arme um den Körper des Kindes schlang.

"Was denn dann?", fragte er sanft.

"Ich bin nur aufgeregt wegen morgen - du hast doch gesagt, ich krieg vielleicht Geschenke und ich hab noch nie Geschenke bekommen ..."

Toms Griff um ihn verstärkte sich. "Du kriegst Geschenke, Harry. Versprochen."

Harry lächelte glücklich und schlang seine dünnen Arme um Toms Hals. "Das wäre schön", murmelte er sanft. "Wirklich schön ..."

... tönt es laut bei fern und nah.

24. Dezember - Christmas Eve (Weihnachtsabend)
 

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christmas eve || tönt es laut bei fern und nah

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Der Weihnachtsball der Potters begann wie jedes Jahr um Punkt sechzehn Uhr.

Wie jedes Jahr war der große Salon mit Zaubern so umgestaltet worden, dass man das Gefühl hatte, in einem mittelalterlichen Schloss zu feiern. Der Boden war aus Marmor, die Wände hoch und ein eiserner Kronleuchter hing von der Decke.

Die Mitte des Raums war eindeutig als Tanzfläche zu identifizieren, sanfte Musik schwebte für die Tanzenden durch die Luft.

Am Rande des Geschehens stand ein riesiger, länglicher Holztisch, gefüllt mit traditionellem Weihnachtsessen - Kartoffelsalat, Süßkartoffeln, kandierte Möhren, Appelpie, Plumpudding und ein großer Truthahn.

Neben der Tafel stand ein großer Weihnachtsbaum, mit vielen roten und goldenen Kugeln und Figuren geschmückt, silbernem Lametta und einem großen, gelben Stern auf der Spitze.

Als Harry hinter Sue, Peter und Tom den Saal betrat, stand er als erstes Draco Malfoy gegenüber, der gemeinsam mit seinen Kumpanen den Baum anstarrte, mit eindeutig angewidertem Gesichtsausdruck.

"Ekelhaft ...", sagte er gerade. "Die haben den gesamten Baum in rot und gold geschmückt - Gryffindorfarben. Widerlich."

Die anwesenden Menschen drehten sich zu Draco um, und ließen dann ihren Blick zu dem Weihnachtsbaum schweifen, manche mit einem Stirnrunzeln im Gesicht, andere vollkommen ausdruckslos.

Harry, der nicht vorhatte sich sein Weihnachten von jemandem wie Malfoy kaputtzumachen, trat ein paar Schritte vor.

"Ist dir der silberne Lametta aufgefallen, Malfoy?", fragte er kühl und zog eine Augenbraue nach oben.

Draco drehte sich zu ihm, betrachtete ihn abschätzend. Offensichtlich lagen ihm eine Menge Beleidigungen auf der Zunge, aber die Anwesenheit des dunklen Lords, der schon wieder eine Hand auf Harrys Schulter liegen hatte, hielt ihn davon ab, diese auch auszusprechen.

"Ist dir aufgefallen, dass der gesamte grüne Komponente fehlt?", fragte er stattdessen kühl zurück.

Harry ließ seinen Blick ein paar Mal zwischen Malfoy und dem Baum hin- und her gehen, bevor er seine Ungläubigkeit in Worte fassen konnte. "Der Baum ist grün, du Idiot!"

Ein paar Sekunden herrschte Stille, in der Malfoy den Baum mit großen Augen anstarrte - hatte er tatsächlich nicht bemerkt, dass der Baum grün war? - bevor Sue in haltloses Gekicher verfiel.

Die anderen anwesenden Todesser versuchten sich zu beherrschen, aber manche mussten sich umdrehen, um ihr Lächeln zu verbergen.

Malfoy wirbelte herum und stürmte davon, bestimmt um seinen Vater zu suchen und sich bei ihm zu beschweren. Es hätte Harry nicht weniger kümmern können.

"Das ist genial, Harry", kicherte Sue, als Tom sie sanft weiter führte. "Einfach genial."

Harry sah unschuldig zu ihr hinauf. "Wie kann man denn nicht bemerken, dass ein Baum grün ist?", fragte er sanft. "Ist das überhaupt möglich?"

Sue verfiel wieder in einen haltlosen Kicheranfall, sodass Tom für sie antworten musste. "Es gibt solche Idioten, Harry", sagte er, eindeutig belustigt. "Daran musst du dich gewöhnen - nicht alle können so intelligent sein, wie du."

Harry lachte, hob die Arme und ließ sich von Tom auf einen der Stühle an dem großen Tisch setzten.
 

Harry rutschte ungeduldig auf seinem Stuhl herum, und versuchte Tom mit Blicken dazu zu bringen, endlich das Gespräch mir Lestrange zu beenden.

Das Essen war schon beendet und Tom hatte doch eigentlich nur gesagt, dass er bis zum Beenden des Weihnachtsessens warten sollte, bevor er zum Baum gehen und nach Geschenken suchen durfte. Und das Essen war beendet und Harry durfte trotzdem nicht aufstehen, weil Tom es für interessanter hielt, sich mit Menschen zu unterhalten, die er doch morgen auch sehen würde!

Für die anderen Kinder galt die Regel - warten, bis die Erwachsenen fertig waren - auch, aber sie waren noch lange nicht zu aufgeregt oder ungeduldig wie Harry.

Sicher, sie warfen verstohlene Blicke zum Baum hinüber, aber für sie war es nicht das erste Weihnachtsfest mit Geschenken. Sie kannten das schon.

Plötzlich apparierte ein Hauself in den Saal.

"Renja entschuldigt die Unterbrechung", piepste das kleine Wesen. "Aber die Geschenke für die Kinder sind bereit. Soll Renja sie herbringen?"

Die Köpfe aller Kinder schnappten zu Lily und James, und Harry starrte sie besonders eindringlich an, damit sie ja sagen würden.

Lily seufzte. "In Ordnung, Renja", sagte sie. "Bring sie her."

Wie auf Kommando sprangen alle Kinder auf und rannten zum Baum hinüber, unter dem gleich die Geschenke auftauchen würden. Nur Harry blieb unruhig sitzen und starrte zu Tom hinauf.

"Worauf wartest du, Harry?", fragte der Mann sanft. "Geh hin."

"Harry bekommt keine Geschenke", meldete Lily kühl. "Er nimmt an der Bescherung nicht teil."

Harry biss sich auf die Unterlippe und sah auf seine Hände hinunter. "Harry, geh", sagte Tom sanft, griff nach seinen Händen und drückte sie leicht. "Du bekommst Geschenke. Das hab ich dir doch versprochen."

Hoffnungsvoll sah Harry auf. "Wirklich?", fragte er leise.

"Ja", murmelte Tom lächelnd. "Geh."

Sue, die neben ihm gesessen hatte, stand auf und streckte Harry ihre Hand hin. "Wir gehen zusammen, ja?", fragte sie mit gezwungenem Lächeln. "Ich will auch sehen, was du bekommst."

Harry griff vorsichtig nach der dargebotenen Hand. "Okay."

Mit Lilys stechendem Blick im Rücken ließ sich Harry von Sue zum Baum führen. Inzwischen hatten die Hauselfen für jedes Kind Säcke gebracht, voll mit Geschenken.

An jedem Sack hing ein kleines, hübsch verziertes Kärtchen, auf dem der Name des Kindes stand, für den die Geschenke bestimmt waren. In den letzten sechs Jahren hatte niemals auf einem Harrys Name gestanden.

Ein kleines, blondes Mädchen war wohl dieses Jahr zur "Elfe" erklärt worden - jedes Jahr wurde ein Kind bestimmt, das jeden Sack zu seinem Besitzer brachte, um sicherzustellen, dass auch jede seine rechtmäßigen Geschenke bekam und niemand jemand anderem etwas klauen konnte.

"Pansy Parkinson", las das Mädchen gerade, hob den Sack hoch und brachte ihm besagten Mädchen, das ihn dankend entgegennahm.

"Tracey Davis", war die Nächste, die ihre Geschenke überreicht bekam und sich lächelnd bedankte.

"Adrian Pucey", folgte sofort und auch er bedankte sich strahlend bei dem kleinen Mädchen, bevor er sich mit seinem Sack in zurückzog.

"Charlotte Potter", las die Kleine dann und schien kurz zu stocken, bevor sie den deutlich schwereren Sack hochhob und ihn zu dem rothaarigen Mädchen brachte. Charlotte riss dem Mädchen ihre Geschenke grob aus der Hand, bevor sie sich umdrehte, ohne ein Wort zu sagen.

Das Mädchen starrte ihr beinahe wütend hinterher, bevor sie herumwirbelte und zu den restlichen Geschenk-Säcken zurückging.

"Harry Potter", sagte sie sanft, warf ihm einen vorsichtigen Blick zu und hob den Sack auf ihre schmalen Arme. Als sie langsam auf ihn zuging, krallte sich Harry an Sues Hand, trotz Toms Versprechen vollkommen überwältigt, weil er wirklich Geschenke bekommen würde.

"Danke", wisperte Harry, als das Mädchen seinen Sack vor ihm abstellte. "Vielen Dank."

Das Mädchen lächelte schief und legte den Kopf zur Seite. "Ich glaube, ich kenne dich gar nicht", sagte sie vorsichtig. "Also, wenn ich dich die letzten Jahre übersehen habe, tut mir das leid, aber -"

"Ich bin noch nie auf einem Weihnachtsball gewesen", unterbrach Harry sie sanft. "Du kannst mich gar nicht kennen."

Tausend Fragen blitzten in den Augen des Mädchens auf - warum war er nie zu dem Ball seiner eigenen Familie gekommen? - aber die anderen, ungeduldig werdenden Kinder, unterbrachen sie.

"Luisa!", rief ein größerer Junge. "Mach doch mal weiter - du kannst dich später mit deinem neuen Freund unterhalten."

Luisa lachte und sprang mit einem kurzen Lächeln zu ihm davon, um sich um die restlichen Geschenke zu kümmern.

Sue nahm seine Hand und zog ihn sanft mit, aber Harry warf noch einen kurzen Blick zurück zu dem kleinen Mädchen, dass gerade Blaise Zabini seine Geschenke übergab.

Deinen neuen Freund, hatte der andere Junge gesagt. Und Luisa hatte nicht einmal dagegen protestiert.

Harry hatte noch nie Freunde gehabt und die Vorstellung, sich vielleicht mit diesem, sehr nett scheinenden, Mädchen anfreunden zu können, war beinahe genauso gut, wie der große Sack Geschenke, den Sue für ihn trug.
 

"Und der Lord mag dich wirklich?", fragte Luisa neben ihm und hatte sogar aufgehört ihre Geschenke auszupacken, um ihn anstarren zu können. "Du machst keine Scherze? Ehrlich nicht?"

Harry sah auf, schaute das aufgeweckte Mädchen an und schüttelte den Kopf. "Ich mache keine Scherze", sagte er ehrlich. "Ich darf den Lord beim Vornamen nennen - und er hat mir sogar einmal gesagt, dass er mich lieb hat."

Luisa machte große Augen. "Und ich hab mal gehört, der Lord mag keine Kinder", kicherte sie fröhlich. "Die müssen ihn aber schlecht gekannt haben."

Harry nickte und grinste. Es war ein tolles Gefühl, sich mit einem anderen Kind zu unterhalten - etwas ganz anderes, als immer nur mit Erwachsenen reden zu können.

Harry und Luisa saßen etwas abseits der anderen Kinder, die sich alle in einem kleinen Kreis um den Baum verteilt hatten; Harry hatte sich unwohl gefüllt, so nahe bei den lauten, schreienden Kindern. Luisa hatte sich einfach neben ihn gesetzt und angefangen ihn mit Fragen zu überhäufen - und Harry konnte nicht einmal sagen, dass ihm das nicht gefiel.

Neben den beiden hatten sich schon ein kleiner Stapel von ausgepackten Geschenken gebildet, und auch der Berg von zerrissenem Papier wurde immer größer.

Auf Harrys Seite lagen verschiedene Bücher, ein Besen, hochwertige Zaubertrankzutaten, Kleidung, eine Armbanduhr und jede Menge neues Spielzeug.

Luisa hatte bisher Armbänder, Haarbänder, Parfum, einen Schmuckständer, Kleidung, Schokolade und Hausschuhe bekommen.

Harry fühlte sich glücklicher, als jemals zuvor in seinem Leben.

"Harry?", fragte Luisa und warf ihm einen zögerlichen Blick zu, als wäre sie sich nicht sicher, wie sie ihre nächste Frage formulieren sollte. "Wenn der Lord - naja, wenn er jetzt weggeht - also, wieder in sein Manor zurückkehrt - was wirst du dann machen?"

Harry, der gerade an dem Klebestreifen von seinem nächsten Geschenk gepullt hatte, erstarrte und sah zu dem Mädchen auf, das sich nervös auf die Unterlippe biss. "Ich weiß nicht", murmelte er und senkte den Blick wieder. "Ich weiß es nicht."

Er hörte Luisa tief Luft holen. "Deine Eltern - sie sind nicht ... gut zu dir, oder?", fragte sie leise.

Zuerst wollte Harry das Mädchen anfahren, dass sie das gar nichts anginge und weggehen, sich von Tom in den Arm nehmen lassen. Aber er tat es nicht, weil er wusste, dass Luisa es nicht böse meinte - und sie vielleicht sogar schon so etwas wie eine Freundin war.

"Nein", sagte er einsilbig.

Nach ein paar Sekunden spürte er die Hand des Mädchens, die sich vorsichtig über seine legte und sie hilflos drückte.

"Weißt du, Harry", sagte Luisa leise. "Wenn du wirklich keine Scherze gemacht hast, und der Lord dich ... lieb hat - dann wird er ja vielleicht nicht gehen. Oder vielleicht nimmt er dich ja auch mit. Auf sein Manor."

Harry sah mit einem gezwungenen Lächeln auf. "Ja", sagte er. "Vielleicht."

Luisa zog sich zurück und sie fuhren schweigend fort, ihre Geschenke auszupacken.
 

Kaum, dass das letzte Geschenk geöffnet war, tauchte Tom hinter ihnen auf. "Harry?", fragte er sanft und Luisa zuckte heftig zusammen. "Kann ich mit dir reden?"

Harry sah langsam auf und musste an Luisas vorherige Worte denken.

Was, wenn er mir jetzt sagen will, dass er geht? In sein eigenes Manor zurückkehrt, weil die Weihnachtstage vorüber sind? Was, wenn ich jetzt wieder mit Lily und James allein bleiben muss?

Tom lächelte sanft und streckte seine Hand aus. Zögerlich griff Harry danach, ließ sich von Tom auf die Füße und zu einem kleinen Sofa ziehen.

Luisas Blick folgte ihm, und er hasste das besorgte Schimmern in ihren Augen.

Tom beugte sich leicht nach unten, griff nach Harrys Hüfte und hob das Kind auf seinen Schoß. "Harry", fing er sanft an, und legte wieder einmal einen Finger unter sein Kinn, damit er ihn ansehen musste. "Auch, wenn du schon vom Weihnachtsmann Geschenke bekommen hast, würde ich dir gerne noch etwas geben."

Überraschung blitze in Harrys grünen Augen auf, bevor er protestierend den Mund öffnete. "Aber ich hab doch schon so viel!"

"Ich weiß, ich weiß", murmelte Tom beruhigend und streichelte über seinen Rücken. "Trotzdem."

Harry lehnte sich leicht gegen den Mann und versuchte zu verstehen, warum Tom ihm noch etwas schenken wollte, obwohl er doch schon so viele neue Sachen bekommen hatte.

"Harry, ich möchte, dass du mir jetzt gut zuhörst, ja?", fragte Tom und fuhr fort, als Harry genickt hatte. "Du musst das jetzt nicht annehmen, okay? Wenn du das, was ich dir gleich gebe, nicht möchtest, ist das absolut in Ordnung - ich werde das verstehen. Und ich werde dich auch lieb haben, wenn du Nein sagst."

Harry runzelte tief die Stirn, sah zu dem Mann auf, tausend Fragen im Kopf, von denen nur eine gestellt wurde. "Was ist es?"

"Hast du verstanden?", fragte Tom eindringlich.

Als Harry genickt hatte, zog Tom seinen Zauberstab und rief einen großen, wichtig aussehenden Umschlag mit einem roten Siegel herbei. Er drückte ihn Harry in die Hand, der ihn hilflos drehte, ohne etwas damit anfangen zu können.

"Das sind Adoptionsunterlagen, Harry", sagte Tom sachte. "Wenn du den enthaltenen Zettel unterschreibst, bist du offiziell mein Kind."

Es dauerte ein paar Sekunden, bis diese Eröffnung vollkommen von Harry verarbeitet worden war. "WAS?", quietschte er schrill und laut, und die anwesenden Menschen hielten in ihren Gesprächen inne und starrten sie an.

Tom kümmerte sich nicht darum. "Du musst das nicht tun, Harry", sagte er vorsichtig. "Es ist nur ein ... Angebot. Du kannst Nein sagen."

Harry starrte den Umschlag in seinen Händen an, dann sah er zu Tom auf. "W-willst du das denn?", flüsterte er. "Mich als ... Kind?"

Tom lächelte ihn warm an. "Ich würde dir das nicht vorschlagen, wenn ich es nicht wollen würde, Harry", erklärte er sanft. "Es liegt nur an dir."

Harry Arme schlangen sich um Toms Hals und das wertvolle Papier des Umschlags knitterte ein wenig. "Merlin, ja", murmelte er. "Ja."

Tom erwiderte die Umarmung sanft. "Dann unterschreiben wir beide und du bist mein Kind", wisperte er sanft in Harrys Haar.

Der wundervolle Moment wurde von Lilys schriller Stimme zerstört. "Was geht hier vor?"

Tom sah nicht einmal auf. "Ich werde Harry adoptieren", sagte er kühl.

Sofort schnappten die ersten Menschen nach Luft und fingen an miteinander zu tuscheln, ihnen intensive Blicke schenkend. Harry sah kurz zu Luisa und sie lächelte ihm strahlend zu. Harry lächelte vorsichtig zurück.

"Aber", schnappte Lily nach Luft. "Aber das könnt ihr doch nicht machen, Mylord!"

"Willst du dich mir in den Weg stellen, Lily?", fragte Tom trügerisch sanft.

Lily schloss die Augen; die Erinnerung an den letzten Cruciatus war noch zu deutlich in ihrem Kopf, als das sie sich direkt gegen den dunklen Lord stellen konnte. "Nein, Lord", fauchte sie, alles andere als höflich, bevor sie ihr - bald ehemaliges - Kind mit Blicken erdolchte. "Ich sollte froh sein", sagte sie zu ihm. "Du bist nicht das, was ich mir als Kind gewünscht habe. Eine Schande, nichts weiter bist du."

Mit Toms Präsenz direkt neben ihm, einem Umschlag mit Adoptionspapieren in der Hand und einem euphorischen Glücksgefühl in den Adern, fiel es Harry nicht schwer, seiner grausamen Mutter direkt in die Augen zu sehen. "Du bist auch nicht gerade das, was man als gute Mutter versteht."

Lily schnappte empört nach Luft, und wenn in dem Moment nicht Sirius und James aufgetaucht wären, wäre sie sicherlich auf ihr Kind losgegangen - dunkler Lord hin oder her.

Sue und Peter tauchten auf, schnitten ihm den Blick zu seinen (bald) ehemaligen Eltern ab. Sue schlang sofort ihre Arme um seinen schmalen Körper, hob ihn einfach vom Schoß des Lords und drückte ihn fest an sich.

"Oh, Harry", murmelte sie. "Ich freu mich so für dich ..."

Über Sues Schulter sah Harry zu Peter. Dem Mann standen Zweifel in den Augen, aber sein Lächeln wirkte ehrlich und die Hand, die über sein Haar strich, war sanft.

"Harry!", hörte er da auch schon Luisas helle Stimme. Sue setzte ihn wieder auf dem Boden ab und er fand sich seiner neuen Freundin gegenüber, die das Umarmen einfach fortführte und ihre Arme um ihn schlang.

"Wow", murmelte sie und Harry grinste.

"Ich hab dir gesagt, ich mach keine Scherze", erinnerte er sie und zog sich vorsichtig zurück.

Luisa lächelte. "Wenn du jetzt sein Kind bist, dann wohnst du doch bestimmt bald bei ihm", wisperte sie beinahe verschwörerisch. "Denkst du, ich kann dich da mal besuchen kommen? Im Manor von Lord Voldemort?"

Ihre Augen funkelten fröhlich und Harry sah zu Tom auf, der seufzend nickte. "Wenn ich jetzt Vater bin, muss ich wohl auch den Besuch von anderen Gören ertragen", stöhnte er gespielt und Harry und Luisa lachten.

Tom lächelte und legte leicht seine Hände auf Harrys Schultern.

Harry dachte, dass das Leben von jetzt an bestimmt perfekt werden würde.



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Kommentare zu dieser Fanfic (22)
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Von:  Omama63
2014-05-15T07:57:59+00:00 15.05.2014 09:57
Eine hervorragende FF, mit einem wunderschönen Ende.
Hat mir sehr gut gefallen.
Du scheibst so gut, dass mann so richtig mit Harry mit fühlen kann.
Schade, dass sie schon zu Ende ist. Ich hätte gerne noch gelesen in welches Haus Harry eingeteilt wird, wie er sich mit Draco verträgt und ob er Tom, irgend wann, verkuppelt hat.
Lg
Omama63
Von:  demona1984
2013-12-28T14:20:09+00:00 28.12.2013 15:20
JAAAAAAAAAA!!!!!!!!!

So muss es sein, so ist es richtig. *Applaus*

Ein schönes und krönendes letztes Kapitel, mit einem tollen Ende. Ich hätte es wirklich schade gefunden wenn es an Weihnachten ein Bad-End geben würde. Hach, so ein schönes Ende. Jetzt wird für Harry alles gut denn wer würde sich seinem neuen Papa in den Weg stellen.

Ich danke dir für diese tolle Fanfiktion, so schön war selten ein Advent auch wenn es viel zu schnell vorbei war. Vielen, vielen Dank.

Ganz liebe und begeisterte Grüße
Demona
Von:  demona1984
2013-12-26T13:43:59+00:00 26.12.2013 14:43
Harrys Plan hatte also Erfolg, ich bin begeistert. Ich bin auf den Weihnachtstag gespannt. Ob sich Lily zusammen reißen kann? Wenn wirklich Geschenkte für Harry da sind, und daran zweifel ich nicht, was wird sie dann machen? Hoffentlich nichts Unüberlegtes.

Lg Demona
Von:  demona1984
2013-12-25T14:50:52+00:00 25.12.2013 15:50
Jeah, Auftrag Verkupplung erfüllt! Super gemacht Harry. :)

Aber das Beste ist die Ungläubigkeit" Lord Voldemort trägt meine Tasche" zu genial.

Lg Demona
Von:  demona1984
2013-12-25T14:46:18+00:00 25.12.2013 15:46
So, der böse dunkle Lord ist also ein Morgenmuffel. ;) Jeder Andere hätte diese Aktion wahrscheinlich nicht überlebt aber hey, Harry darf das.

Mal sehen ob sich Tom über sein GEschenk freut.

Lg Demona
Von:  demona1984
2013-12-24T18:01:24+00:00 24.12.2013 19:01
Sehr logische Schlussfolgerung, Harry. ;)

Ein schönes Kapitel, Harry hat Tom voll um den Finger gewickelt und ich hoffe immer noch, dass er nicht alleine bei Lily und James bleiben muss.

Ich wünsche dir ein schönes Weihnachtsfest und ein paar besinnliche Tage.

Lg demona
Von:  demona1984
2013-12-23T20:34:00+00:00 23.12.2013 21:34
Jetzt freue ich mich aber sehr auf den Weihnachtsball. :) Mal sehen ob das zwischen Peter und Sue was wird aber hey, mit Harrys Hilfe kann das doch nur was werden.

Wirklich schade, dass es bald zuende ist.

Lg Demona
Von:  demona1984
2013-12-22T21:04:02+00:00 22.12.2013 22:04
Ja, kleine Kinder und Fragen! Das ist ein nie enden wollendes Thema. ;)

Mal sehen ob sich Harrys Weihnachtswunsch erfüllt, es sind ja nur noch 3 Tage. *rum hibbel* Ich drück so fest die Daumen.

Lg demona
Von:  demona1984
2013-12-20T06:49:11+00:00 20.12.2013 07:49
Armer Peter. :( Er macht sich nur Sorgen um Harry weil er ihn wirklich mag und jetzt wird er dafür bestraft werden. Zumindest bin ich mir ziemlich sicher, dass Tom das nicht auf sich sitzen läßt.

Aber Peters Zweifel sind berechtigt, warum tut Tom das alles? *grübel*

Lg demona
Von:  demona1984
2013-12-18T18:24:01+00:00 18.12.2013 19:24
Ich kenne das Buch nicht aber es klingt ganz niedlich. :)

Hm, Tom hat den Wunsch also gelesen und hat auch darüber nachgedacht. Mal sehen was er sich dazu einfallen läßt.

LG Demona


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