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Dead Hunter

Wir holen jeden
von

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Die Kirche

„Wir waren also in der Kirche, mit reichlich Verspätung, weil mein großer Bruder genauso viel Bock hatte, wie ich, er putzte seine Zähne zu langsam, war da zu langsam und so weiter. Meine Mutter regte sich hervorragend auf. Ich musste Grinsen, Stan zwinkerte mir zu und machte eiskalt weiter. Mum wetterte immer weiter, schrie und tobte, doch all das half nichts. Dad war ruhig, sagte keinen Ton.

Man muss es sich einmal vorgestellt haben. Haus, auf zwei Etagen. Also Erdgeschoss und 1 Stock. Stan und ich schlafen oben, Mum und Dad unten. Zwei Badezimmer unseres ist aber größer, ein Grund für Mum immer nach oben zu kommen. Stan schlenderte den Flur rauf und runter, seine braunen Haare sind meiner Mum zu lang, sie will sie immer abschneiden, aber er winkt sie ab, sagt das er bald aufs College gehen würde, da trägt man das so. Naja irgendwann kommen also Mum und Dad hoch, sehen ihn in Shirt und Short auf dem Flur stehen, wie er sich die Zähne putzt und das Geschrei geht los. Dad redet auf Mum ein, Mum auf Stan und Stan zwinkert mir immer wieder zu. Das war kurz vor meinem sechzehnten. Etwa ein Jahr ist es hier, denke ich. Ich habe das Gefühl für Zeit verloren.
 

Okay zurück zum Thema. Irgendwann kommen wir also los, zur Kirche auf die nur meine Eltern Lust haben. Stan und ich sitzen hinten in unserem Ford, altes Modell, grau und braun. Diese typische Familienkutsche, die was hermachen soll, aber eigentlich fürn Arsch ist. Während der Fahrt höre ich Musik, und Stan spielt mit seinem Handy rum, schreibt seiner Freundin oder so. Keine Ahnung. Sein Lächeln werde ich nicht vergessen.
 

Woran ich mich als nächstes erinnere ist, dass wir in der Kirche sitzen. Ich erzählte Stan, wie unsagbar hart diese Bänke seien und er grinste einfach nur. Warum zur Hölle hat er so viel gegrinst? Ob er wusste was passieren würde? Ich schweife erneut ab. Ich muss mich zusammenreißen! Also der Pater erzählt, dass Gott kein Monster sei und so einen Scheiß. Er allen Sündern Gnade gewährt. Ich überlege mir dann immer, was es Heute zu essen geben wird. Immerhin dauert die Fahrt nach Hause eine ¾ Stunde. Dann das Schlussgebet und eigentlich ist es dann auch immer vorbei. Aber an diesem Sonntag war dem nicht so. Es klopfte an der Tür, was eigentlich nie jemand tat. Erst einmal dann zweimal, bis ein Trommeln daraus wurde. Einer dieser Spinner, ein Messdiener, lief zu den Türen. Stan und ich schauten uns an. Stand hielt meine Hand und zog mich aus der Bank raus. Er sagte irgendwas in einem viel zu hastigen Ton. Draußen krachte es dann laut. Eine Sirene erlosch, die vorher noch wild aufgeheult hatte. Ich drehte den Kopf zur Tür. Irgendwie hatte ich ein schlechtes Gefühl. Mein Herz raste und ich hatte das Gefühl in so einem miesen Horrorstreifen zu sein. Meine Mutter sprach mich mit einem scharfen Ton an, verlangte von mir, dass ich mich wieder auf die Bank setzte, bis die Messe vorbei sei, doch meine Kehle schnürte sich zu. Eigentlich wollte ich ‚Halt!’ schreien, doch es kam nicht. Dieser Messdiener drehte sich um, zum Pater, der ihm einen Wink gab die Türen endlich zu öffnen, damit Ruhe einkehre und er seinen dummen und frommen Schafen wieder Lügen erzählen konnte. Der Typ, man sah ihm an, dass ihm unwohl war. Er dachte sicherlich auch daran das Weite zu suchen, statt diese Tür zu öffnen. Seine Finger schlossen sich um den Griff, der schweren Tür. Er zog sie auf und vor ihm standen Männer und Frauen, die von jetzt auf gleich ruhig waren und ihn anschauten. Der Messdiener war scheinbar beruhigt, ich dachte bloß, hau ab. Das war wie in einem Horrorfilm. Es gibt Geräusche und die Blondine geht, obwohl sie Angst hat und sich eigentlich schon denken kann, was gleich passiert, trotzdem hin. Ehm, Hallooo. Nein, dann geht man nicht dahin, sondern sucht die andere Seite. Okay, also er dreht sich um zum Pater und ruft ihm zu. Aber sein Satz kommt nur halb an. Einer der Zombies vor ihm hat sich in seinen Hals verbissen und ihn zu Boden geworfen. Drei oder vier stürzen sich auch auf ihn und blockieren damit für einen langen Atemzug die Tür. Eine Flügeltür, durch die ganz geöffnet vier Personen passen. Es war aber nur halb offen, sodass nicht mehr als zwei passten. Das Geschrei in den letzten Reihen ging los, alte Damen und andere seltsame Gestalten, die soweit hinten saßen. Die Zombies nahmen sich die zur Brust. Wir saßen dank meiner Mum weit Vorne, dritte oder vierte Reihe, sodass man nicht einmal einschlafen konnte. Auf jeden fall stürmten sie dann zu Massen herein. Stan riss mich mit sich nach vorne zum Altar. Es gab immer zwei Türen, zur linken und rechten, also eine 50/50 Chance. Stan machte es sich leicht und folgte dem Pater. Ich blieb stehen und half unseren Eltern, aber sie kamen nicht so schnell hinterher, weil andere über den Hauptgang rannten und alles und jeden umstießen. Panik eben. Ich wusste, dass es Zombies waren, aber ich hatte nicht geglaubt, dass die Filme irgendwann mal zur Realität werden.
 

SHIT, der Akku ist bald leer. Ich muss mich etwas beeilen.

Wo war ich. Ahja, also diese Zombies kamen auf uns zu, schneller als ich es je geglaubt hatte. Es stürzten sich immer zwei auf einen Menschen und begannen an ihm zu fressen. Die Schreie, sie sind noch immer in meinem Ohr. Vergessen werde ich sie so schnell nicht. Halten einen nachts gut wach. Mum schrie, dass ich gehen sollte, dass sie nachkommen würden. Sie warf mir den Autoschlüssel zu. Er landete auf dem Boden hinter mir. Ich drehte mich um, sah meinen Bruder, der schrie, ich sollte mich beeilen. Ich grabschte nach den Schlüsseln und rannte. Sie stolperte auf die Tür zu genauso wie einige andere. Ich zog das Tempo an, wollte lieber zwischen den anderen sein, als die Letzte. Ich hörte einen Schrei, so laut und deutlich dass er noch Heute im Wind zu hören ist. Ich drehte mich um. Meine Mum wurde von drei Zombies gepackt, sie wehrte sich, mein Vater versuchte ihr zu helfen und riss einen von den Beinen. Dann gingen sie in der Menge unter. Stan schrie meinen Namen und ich drehte mich wieder zu ihm. Es wirkte alles wie im Zeitraffer. Meine Beine setzten sich in Bewegung und dann flitzte sich weiter auf die Tür zu. Fünf Schritte noch. Die Tür war blockiert, alle hatten sich durch die Tür geworfen, Stan wurde zurück gedrängt. Ich wusste ich würde nicht durchkommen und sah zurück. Ein Großteil der Zombies war mit fressen beschäftigt und die letzten kamen den Hauptgang hoch geschlurft, genau auf uns zu.

Ich atmete schwer ein. Versuchte nachzudenken, aber die Panik war eben größer. Man redet es sich schön, aber wenn es dann wirklich passiert ist man ganz schnell klein. Ich schaute noch mal zur Tür und zum Haupttor. Es war lebensmüde, aber besser als Fast Food zu sein. Ich nahm die Beine in die Hand und rannte links an den Bänken vorbei an der Wand. Einige die Begriffen hatten, dass bei der Tür kein durchkommen war machten das gleiche. Ich war nicht mehr so fit wie früher. Scheiß Sport. Da rannte ich also in meiner eigenen Zombie Apokalypse und hoffte, dass gleich der Wecker schellen würde um mich zum Kirchengang zu wecken.

Drei Typen vor mir in den Dreißigern glaube ich, waren vor mir, wie eine Wand. Aber der erste ganz rechts Außen wurde von den Füßen gefegt. Ein Zombie ohne Beine, verkrüppelt, da die Beine fehlten hatte ihn am Fußgelenk gepackt. Er schrie seinen Freunden zu, doch die liefen einfach weiter. Ich folgte ihnen. Als nächstes verabschiedete sich der Typ in der Mitte, allerdings unfreiwillig. Sein Freund stieß ihn in die Arme von drei Zombies, als sie auf das Tor zu liefen. Ich muss gestehen, deshalb hielt ich Abstand. Aber auch der letzte wurde geschnappt als wir das Eingangstor erreicht hatten. Sie kamen die Treppen rauf. Ich glitschte unter dem Geländer vorbei, fiel etwas einen Meter und fünfzig, landete auf dem Rasen der Kirche. Sie wollte mir erst nach, aber der Typ vor ihnen war näher dran. Er schrie, dass ich ihm helfen solle, aber mich hatte die Panik fest im Griff.

Ich rannte zum Parkplatz und suchte unser Auto. Ich fand es relativ weit am Ende, ein Typ machte sich daran zu schaffen, doch es ging eben nicht auf. Das war das gute an dem Ford, unverwüstlich. Als ich näher kam erkannte ich Stan. Ich rief seinen Namen, er drehte sich um und winkte mich rasch zu sich ran. Ich rannte was das Zeug hielt, drückte ihm die Schlüssel in die Hand und flitzte auf die Beifahrerseite. Stan sperrte auf und ich stieg ein, knallte die Tür zu und drückte den Knopf runter. Ich weiß, ziemlich dämlich, weil Zombies ja auch so gut Türen offnen können. Aber es war eben so. Mein Bruder startete den Motor und legte den Rückwärtsgang ein, setzte zurück und schaltete. Dann sah ich sie, Mum und Dad das letzte Mal. Sie kamen zur Seitentür heraus, teilweise blutüberströmt. Ich sagte Stan, dass dort Mum und Dad sein, es war mir schon klar, dass sie nicht mehr sie waren. Aber es waren eben meine Mum und mein Dad. Stan sagte mir, dass ich nach vorne schauen solle, doch ich konnte meinen Blick nicht von ihnen lassen. Sah mit an, wie sie ihre Zähne in das Fleisch anderer gruben, es herausrissen und genüsslich verspeisten. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Ich hatte nicht einmal versucht ihnen zu helfen, sie zu retten. Ich weiß, dass ich dann auch tot wäre, aber ich habe es einfach nicht versucht. Obwohl ich so viel über Zombies wusste. Stan gab Gas und die Kirche wurde kleiner. Er schaute in den Rückspiegel, sagte nichts, kein Grinsen mehr. Die Fahrt war still, bis ich das Radio einschaltete. Verschiedene Sender spielten immer das gleiche ab, das eine Seuche ausgetreten sei und man in den Häusern bleiben sollte. Das es dort sicher sei und die Polizei sich um alles kümmere. Andere rauschten bloß. Stan schaltete es ab. Wir sagten nichts, wie auch, stand wir beide unter Schock. Irgendwann sagte Stan nur noch, dass wir wenig Zeit hätten unser Zeug zusammenpacken sollten, alles in den Ford schmeißen und verschwinden würden. Ich stimmte ihm zu. Wir fuhren Heim
 

Okay mein Akku nun leer, dass ist Videolog 1, etwa ein Jahr nach der Seuche. Ich glaube jedenfalls, dass es ein Jahr her ist. Wir haben wieder Sommer. Mhm, mein Name ist Samantha Helen Blair, ich bin 17 Jahre alt und bin gerade in Wisconsin. Wer immer auch das sieht. Gebt nicht auf! Oh man theatralisch...!“

Greengarden Road 42

Es war ein verfluchter Tag. Wir hatten alles zusammen gepackt, was wir daheim finden konnten, alles was nützlich war und dann meinte Stan, dass wir einfach verschwinden, nicht bleiben sollten. Es war wirklich ein schlimmer Tag. Wir mussten mitansehen wie sie übereinander herfielen, und es genossen. Es war noch immer der Sonntag, eigentlich war alles ruhig, ich bat ihn zu bleiben, dass vielleicht noch andere aus unserer Familie kommen würden, doch Stan war wie weggetreten. Reagierte kaum darauf was ich sagte. Er hatte einen Plan in seinem Kopf, den wollte er einfach umsetzen. Unser Haus war abseits von allem, wären wir da geblieben, puhh wer weiß was dann auf uns zugekommen wäre. Ich meine wir sind nicht selbstständig, oder so, wir mussten auch immer in die Stadt, wenn wir Lebensmittel brauchten, meine ich. Jedenfalls wollte er gleich auf dem Sonntag weg, doch ich bat ihn zu warten.
 

Gut für uns, denn ich rief unsere Tante an. Sie nahm den Hörer ab, wir unterhielten uns und ich sagte ihr was passiert war. Sie dachte ich erzählte ein Märchen. Ich fragte sie, ob wir kommen dürften, ob es bei ihnen sicherer war, als hier. Sie war auch einverstanden. Gut für uns, dachte ich. Aber dann wurde es erst richtig schlimm. Tante Janet sagte, dass sie ein Poltern an der Tür gehört hatte, etwas, was sie eben nur kontrollieren wollte. Ich bat sie inständig nicht die Tür zu öffnen, egal wer es war, ihn nicht ins Haus zu lassen. Naja Pech für uns war das, dass unsere Tante keine Kinder hatte, daher noch nie etwas von Zombies gehört hatte. Sie legte den Hörer zur Seite, so klang es zumindest für mich. Ich konnte ihre Schritte hören, wie sie immer leiser wurden.
 

Dann war Ruhe. Ein paar Minuten Später war sie wieder am Hörer und lachte herzhaft. Ich werde nie ihr Lachen vergessen. Es war so schön. Oh man. Okay, also wir unterhalten uns nochmal weiter, und Tante Janet meinte, da wären wohl nur Kinder oder sowas gewesen. Dann hörte ich das Poltern auch, deutlicher, hektischer. Es war ein Hämmern an der Tür und ich musste Schlucken. Erst dachte ich, dass es das Knistern, der Telefonleitung war. Hier draußen ist die nicht so sonderlich toll, so wie das Internet. Naja sie wurde nun strenger, böse konnte man sagen. Ich hörte es an ihrer Stimme. „Warte noch einen Moment Liebes. Heute ist hier auch etwas los.“, hatte sie gesagt, dann hörte ich erneut ihre Schritte, weg vom Hörer, wie sie die Tür öffnete und dann panische Stimmen. Sie redeten so schnell, dass ich nichts verstand. Aber die Stimme kannte ich. Es war unser Onkel. Janet kam zurück ans Telefon, sie war durcheinander, deutlich und sagte, dass wir nicht kommen sollten. Dass das Gleiche wohl auch bei ihnen passieren würde.
 

Ich muss dazu sagen, dass unsere Tante etwa 2 Stunden von uns weg wohnt, weiter Richtung Westen. Ich schluckte schwer, als ich die Worte hörte. Dann riss Stan mir den Hörer aus der Hand. „Wir haben keine Wahl. Sie sind in der Nähe unseres Hauses.“, sprach er kühl, donnerte den Hörer in die Vorrichtung und riss mich am Handgelenk raus. Ich sah sie auf unser Haus zu wanken. Es waren nur ein paar, aber irgendwie auch so viele, dass es mir vorkam, als wären es Hunderte. Wir rannten zum Auto, der Ford war vollgestopft. Stan hatte die ganze Zeit gepackt, nicht darauf gewartet was ich sagte. Er ließ den Motor an und legte den Rückwärtsgang ein. Der Motor jaulte auf und lenkte die Aufmerksamkeit auf den Ford. Sie humpelten zu uns rüber, ihre Arme, waren auf uns gerichtet. Ich schrie meinen Bruder panisch an, er solle endlich aufs Gas drücken. Minuten später waren wir dann weg vom Haus, sahen es im Rückspiegel kleiner werden. Mir war kalt, glaube ich. Ich zitterte am ganzen Leib, mein Bruder war ebenso weiß. Wir fuhren zu unserer Tante Janet.
 

„Wo wohnt sie? Die Straße?“, fragte er dann nach einer Weile. „Ehm, warte. Es war was mit 42 und Green.“, es war einfach so, glaube ich, ein paar Worte. Während der Fahrt zu ihr, puzzelten wir die Daten zusammen. „Greengarden Road, 42?!“, fragte er dann einfach, als wüsste er es schon die ganze Zeit. Ich nickte ihm zu und nach zwei Stunden Fahrt erreichten wir auch das Nest. Stan hielt den Ford etwa zwei Meilen vor der Stadt an und blickte zu mir rüber. „Ich denke nicht, dass wir da einfach so reinfahren können.“, brummte er und ich wurde nervös auf meinem Sitz. „Was willst du damit sagen? Das wir laufen sollen?“, fragte ich ihn darauf hin, ich weiß noch wie mir der schweiß lief. Ich hatte Panik. Stan nickte nur und kramte dann hinter den Sitzen rum. Er drückte mir Helen, seinen Baseballschläger in die Hand. Gab mir Tipps. „Immer schön auf den Kopf.“, brummte er und öffnete dann einfach die Fahrertür. Ich fragte ihn, ob wir nicht einfach alles plattfahren könnten, dass wir, das sicher hin bekämen mit dem Auto. Er zeigte mir den Vogel und fragte mich, ob ich noch nie etwas über Zombies gelesen hätte. Das Lärm sie anzog und sowas. Klar Stan! Ich habe diese Bücher verschlungen! Aber gebracht haben sie mir nicht viel in der Realität. Man muss Mut haben, dass schreibt aber keines der Bücher. Dass die Überwindung riesig ist, und vor allem schwer. Wir liefen also auf das Nest zu, hatten den Ford geparkt, mit Ästen abgedeckt, sodass er nicht einfach zu sehen war. Dann liefen wir auf die Siedlung zu. Es war noch taghell, gut für uns.

Stan und ich schlichen uns durch die Gärten, beobachteten viel, weil es wichtig war und näherten uns immer mehr der Straße, dem Haus unserer Tante. Wir sahen sie hinter den weißgestrichenen Lattenzäunen im Garten sitzen. Wir sahen wie sie sich an den Leichen der ehemaligen satt fraßen. Ekel war das erste was mich durchfuhr. Das weiß ich noch, weil ich auf meine Chucks gekotzt habe. Die waren erst neu, danke du verfluchte Apokalypse. Jedenfalls begegneten wir ziemlich lange keinem dieser Viecher. Sie waren noch mit dem Fressen beschäftigt und würden dann hoffentlich bald abhauen, aber diese Survivals Guides, sprachen immer von dem Gegenteil. Dass sie nie weiter liefen als 50 Meilen, vielleicht auch einmal 100. Aber die Mehrheit, verblieb immer in ihrem Bereich. Man solle Siedlungen, Städte und sowas meiden, weil diese Pissnelken wissen, dass man früher oder später dahin kommen muss, wegen Essbarem. Die Zäune boten guten Sichtschutz und wir waren leise. Dann erreichten wir das Haus von Tante Janet und schauten uns die Gegend sehr genau an. Es war ruhig. Wir kletterten über den Zaun und gingen zur Terrassentür. Wir klopften an, und sahen unsere Tante an einem der oberen Fenster. Sie rannte runter, riss die Tür auf und zog uns rein. Der Teppich im Wohnzimmer war voller Blut und eine Leiche, scheinbar einer von denen lag da rum. „Jack hat ihn getötet. Einfach so.“, stieß sie hektisch auf. Sie hatte geweint, dass sah man. Ihre Augen waren rot. Stan fragte nach dem Verbleib von Jack. Es brauchte nicht lange und er kam von selbst um die Ecke. „Wir haben uns oben versteckt, waren leise, so wie du gesagt hattest Samantha.“, erklärte er ruhig und sah den Blick von Stan. „Ich hab nichts. Kontrollier mich wenn du willst.“, brummte er gereizt und zeigte dann auch schon seinen Körper. Wir gingen alle nach oben, zogen die Vorhänge von der Terrasse zu, auch alle anderen im Untergeschoss. Stan und Jack saßen an der Treppe, hielten Wache. Tante Janet lag im Bett, geschockt und ich wusch mir das Gesicht im Bad.
 

Das war also unser vorläufiges Versteck, die Greengarden Road 42. Es sollte sich zeigen, dass es bedeuten klüger war, dort zu sein, als sonst wo.

Die neuen Nachbarn

„Ich muss sagen, das war ein verdammt harter Tag. Wir waren da ein gesperrt, nicht nur das, diese Dinger, Zombies, Beißer, what ever, es sah aus als wären sie auf der Suche. Suche nach Futter. Es war seltsam zu wissen, was passieren würde, dass sie die Häuser absuchten, versuchen würden, reinzukommen. Ich habe meinem Onkel gesagt, was passieren könnte, sogar würde, aber er glaubte, dass diese „Krankheit“ einfach wieder verschwinden würde. Selbst mein Bruder glaubte mir, zur Abwechslung mal. Ich war die einzige, die wusste, was passieren würde, die einzige die wusste, dass diese Dinger immer Hunger hatten, immer Jagd machten. Die Schreie von denen da draußen, sie waren so furchtbar laut, so unglaublich laut. In der Vergangenheit habe ich über solche Filme gelacht, scheiß Kunstblut, scheiß Ketchup. Es war kein Ketchup, keine Kunst. Es war echt, es roch widerlich, mir wurde von dem metallischen Geruch schlecht, musste ein paar Mal kotzen. War echt scheiße, mehr noch, richtig abartig. Wir hingen also in diesem Haus fest. Ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie auf den Trichter kamen, das vielleicht auch noch etwas in diesem Haus zu finden war. Solange Menschen draußen waren, die gefressen werden konnten, hatten wir unsere Ruhe, doch wie lange würde das sein? Genau, ein Scheiß kurze Zeit nur. Wir hatten uns ja noch oben verzogen, mein Tante konnte es ja nicht lassen, musste durch die Vorhänge spicken, sehen was da draußen passierte, wie Zombies den lieben Nachbarn die Bauchdecke aufrissen, ihre Därme herausrissen und verspeisten. Wie andere sich über das Gesicht hermachten, in die Nase, Wangen oder Armen bissen, dass Fleisch heraus rissen. Die schreie waren wie gesagt einfach abartig, sicher der Gestank auf, von verwesendem Fleisch, von den Därmen, dessen Inhalt, der überall lag. Schlimmer als jeder Haufen von einer scheiß Kuh! Tantchen wurde für ihre Neugier bestraft, sie musste kotzen, das Problem war, dass das Bad unten war. Ergo kotzte sie einfach die gesamte Treppe voll. Aber hey, etwas Sicherheit bot ihre Kotze ja, schließlich würden zumindest die Lebenden darauf ausrutschen. Ein kleiner Trost in Anbetracht dessen was draußen abging.
 

Ich erinnere mich, dass es mir vorkam, als würden die Stunden stehen, nicht vergehen. Als stünde alles still, und wir mussten zusehen, wie alles zusammenbrach, jede Millisekunde, jeden abgefuckten Augenblick. Zusehen, wie jeder Tropfen Blut aus den Wunden der gebissenen sickerte. Es war wie ein Zeitraffer und ich hatte das Gefühl alles in der dritten Person zu sehen, so wie jetzt, drüber zu schweben und zu denken, „Was für ein geiler Film.“, doch dem war irgendwie nicht so. Es hämmerte wie wild an der Haustür, Schreie folgten. Es waren glaube ich die Nachbarn unsere Tante, keine Ahnung welche, irgendwelche eben. Sie wollten reingelassen werden, schrien um Hilfe. Mein Onkel, lief runter, ich und mein Bruder folgten ihm, knallten die Tür gerade noch rechtzeitig. Blut quoll unter der Tür hervor, die Rufe erstickten. Unser Onkel fluchte, brüllte, riss die Tür auf, rannte diesen Biestern in die Arme, meine Tante folgte. Wir konnten nicht glauben, was wir da sahen. Ich meine es ist ja nicht so, dass man durch die ganzen Filme nicht wüsste was da kommt, doch wenn man es dann selbst sieht, wie die Finger sich in das noch warme Fleisch deiner Tante bohrt, die Eckzähne Löcher in die Arme stanzen, während mein Onkel wildfuchtelnd diese Dinger versucht von ihr loszubekommen. Die Nachbarn hatten sich mittlerweile ins Haus verirrt, während mein Onkel dem vorerst letzten einen Tritt gab, dieser taumelte zurück, fiel und lag ein paar Sekunden. Zeit genug für meinen Onkel, unsere Tante ins Haus zu bringen. Sie heulte, jämmerlich, die Schmerzen mussten groß sein, zumindest stell ich es mir so vor, wenn ein Handteller großer Fetzen deiner Haut fehlte. Die Haustür knallte zu und es waren Sekunden der Ruhe. Die Nachbarn bedankten sich bei unserem Onkel, der nur verwirrt an seiner Frau rumknotete. Ich schaute zu meinem Bruder, er ahnte schon was ich dachte, schüttelte den Kopf. Ich sollte den Mund halten?! Hatte der eine Ahnung. Ich setzte mich auf die Treppe, schaute auf die Gruppe. Mein Onkel, mein Bruder und ich waren die einzigen, die nicht gebissen worden waren, die anderen schon. Ich erinnere mich noch daran, der helle Teppich im Eingangsbereich, der Stolz meiner Tante. Jetzt war er voller Blut, das der Nachbarn und ihres. Ich war nervös, immerhin wusste ich, dass diese Dinger Blut riechen konnten, egal ob eine beschissene Tür dazwischen war oder nicht. Ein erster leiser, dumpfer Aufprall verriet, dass der Eine es geschafft hatte, wieder aufzustehen. Im Augenwinkel sah ich eine Bewegung. Mein Kopf drehte sich wie in Zeitlupe zur Terrassentür. Ungelenke Bewegungen zogen mich in den Bann. Sie hatten es durch die vermaledeite Gartentür geschafft. Mein Arm ging wie von selbst hoch, deutete auf die Gestalten. Die Nachbarn stießen einen Schrei aus und nun hielten die Gestalten einen Moment inne, nur um gleich auf das Glas zuzustürzen. Sie hämmerten gegen die Türen und Fenster, sowohl von Vorn, als auch von Hinten. Es war ein unglaublicher Lärm und ich fühlte mich, wie ein Grillhähnchen, dass aufgespießt werden sollte. Meine Tante schrie, spitz und hell, als die Scheiben nachgaben und diese Dinger ins Haus kamen. Mein Bruder und ich rannten nach oben, sperrten uns im Badezimmer ein. Wie schoben schwere Kommoden und Schränke vor die Tür und kauerten uns in eine Ecke.

Wir warteten, Sekunden wurden zu Minuten, Minuten zu Stunden, zumindest kam es uns so vor. Es war eine Ewigkeit schon stilltoten still. Mein Bruder bewegte sich, entspannte die Muskeln, nur ein kleines Bisschen. Dann hörten wir Schritte, sie schlurften nicht, aber da waren wir uns auch noch nicht so sicher. Ich sog die Luft ein, mein Bruder tat es mir gleich, wir horchten, und ich wünschte mir zu dem Zeitpunkt, dass mein Herz nicht so unsagbar laut schlagen würde. Dann war einen Moment Ruhe, ehe ein leises scharren an der Tür uns sagte, was passiert war. Ich blickte meinen Bruder panisch an, er mich auch, legte meinen Kopf auf seine Schulter und tätschelte mich. Es war der schlimmste Moment, an den ich mich erinnern kann, zumindest zu diesem Zeitpunkt. Ich hatte jegliche Hoffnung verloren, unsere Tante und Onkel waren auch sowas, sowas wie die draußen. Mein Blick glitt zum Fenster, ich zog die Vorhänge zur Seite, schielte raus, wir waren glücklicherweise im oberen Stockwerk. Ich sah, wie die Meute auf wehrlose da draußen zu schlurfte, sich an ihnen nährte. Mir war schlecht, als dann aber vage die Stimme unseres Onkels zu hören war, ein Flüsterton. Er hatte an der Tür gekratzt um zu wissen, ob wir da drinnen waren. Eine unglaubliche Erleichterung hatte sich in uns breitgemacht. Wir schoben die Kommoden hastig beiseite, den Schrank, versuchten wenig Krach zu machen, mir liefen sogar ein paar Tränen runter. Hätte ich gewusst, was mich nach alledem erwartet, ich glaube ich hätte mich doch durch das Fenster stürzen sollen. Stan und ich öffneten die Tür und sahen unseren Onkel. Blut überströmt, der metallische Geruch des Blutes, trieb Stan dazu zu würgen. Ich schaute meinen Onkel an, sah, dass die Treppe etwas hochkroch, aus dem Augenwinkel. Einer ihrer Nachbarn, vermute ich. Mein Onkel hatte keine Worte mehr, sein Blick war leer, nicht glasig, er wirkte wie eine Maschine. Seine Bewegungen waren abgehackt, steif und er schaute uns einfach an. Als ich zur Treppe sah, erkannte ich, dass es nicht ein Nachbar war, was ich mir gewünscht hätte, es war unsere Tante, seine Frau. Sie lief nicht, Kroch, ich sah erst später warum. Die Beine waren abgenagt, dann kamen noch mehr und mir liefen wieder Tränen über das Gesicht. Mein Onkel fing an zu reden, alles wirkte wie in Zeitlupe. Meine Tante zog sich den Flur entlang, ihre Nägel bohrten sich in den Teppich, brachen unter der Last ihres Körpers ab. Sie mahlte mit den Zähnen, ließ sie immer wieder auf einander fallen. Eine Blutspur folgte ihr. Die anderen beiden, konnten Laufen, sahen aber nicht ganz so gut aus. In Hals und Arme wurden sie gebissen. Mein Onkel stand noch immer steif da, redete nicht, schaute uns nur an, Stan ergriff meinen Arm, stieß mich ins Bad und befahl mir die Kommode vor die Tür zu tun. Ich wollte das nicht, aber ich fiel zu Boden, mein Kopf prallte an die Wanne und ich sah alles ziemlich verschwommen. Schemen, wie die Tür zufiel, mein Körper erhob sich einfach, und machte das was verlangt wurde. Dann saß ich an der Wand, die Tür war fest verschlossen, da würde keiner reinkommen. Das nächste woran ich mich erinnere war, dass ich wieder aufwachte, es war dunkel und es hämmerte an der Tür. Nicht panisch, nicht hilfesuchend, so wie ich es erwartet hatte. Fordernd und unstetig. Gurgelnde Geräusche, dumpfe Laute. Ich war noch zu benommen und meine Augen müssen wieder zugefallen sein, denn das nächste Mal als ich aufwachte war es wieder hell. Die Sonne schien mir ins Gesicht, als wäre es ein freudiger Tag. Als ich mich aufsetzte, brummte mein Schädel und ich hatte vollkommen verdrängt, warum ich im Bad war. Ich ging zum Spiegelschrank und stopfte mir einige Aspirin in den Hals, befühlte meinen Kopf erneut. Eine satte Beule, da hatte Stan volle Arbeit geleistet. Dann fiel es mir wieder ein. Stan, mein Onkel, die Hölle auf Erden und ich alleine im Bad. Ich schaute mich um, panisch, ich sah das Blut und überlegte. Die Beule. Es war ein Tag vergangen und ich wusste nicht, was hinter der Tür auf mich wartete. Ich ging zum Fenster, schaute raus. Es waren nur noch wenige auf den Straßen, weiter weg konnte ich eine Horde sehen, sie standen um einen Baum, ihre Arme nach oben gestreckt. Wieso? Wieso dieser Baum? Ich musste genauer hinschauen, bis ich sah, dass dort kleine Kinder hinauf geklettert waren. Sie mussten weinen, zumindest waren ihre Köpfe rot. Ich zog den Vorhang wieder zu, setzte mich in die Wanne und umschlang meine Knie. Ich legte meinen Kopf auf die Knie, wiegte meinen Körper.

Das Haus war so ruhig, aber das sollte nicht heißen. Horrorfilme lehrten uns schon immer, dass man dann mit dem schlimmsten rechnen sollte. Mein Magen knurrte, ich hatte nicht gegessen, nicht mehr seit dem wir das Auto verlassen hatten. Das war zwei Tage her, jetzt wo es ruhig war verlangte mein Körper nach fester Nahrung und außer ein paar Aspirin und Wasser hatte er noch nicht viel bekommen. Ich schaute mich um, typisch ein Bad eben, Handtücher und alles, Wasser, aber nicht mehr. Ich trank leise aus dem Hahn, ließ das Wasser direkt in meinen Mund laufen.

Die Hitze des Tages stieg mit dem Aufstieg der Sonne und irgendwann war ich gezwungen das Fenster aufzumachen. Ich konnte diese Kinder hören, wenn der Wind in meine Richtung wehte. Es war schrecklich und ich hätte vielleicht sogar versucht ihnen zu helfen, wenn ich nicht selbst eine Gefangene gewesen wäre. Ich schaute immer wieder raus und dann blickt ich zu den anderen Häusern, stellte mir vor, wer da so wohnte, was sie beruflich gemacht hatten. Etwas erhaschte meine Aufmerksamkeit. Ich schaute in das Bad des Nachbarn, das mir genau gegenüberlag. Das Fenster wurde geöffnet. Ein Mann winkte mir zu, deutete aber mit dem Schweigefinger auf den Lippen keinen Ton zu machen. Ich wusste noch, dass ich versteift nickte und fragte ihn mit Handzeichen, ob noch wer im Haus bei mir lebte. Er zuckte mit den Achseln, mehrmals. Dann trat er zurück, eine Frau erschien und bat mich still zu sein. Ich nickte erneut. Dann sah ich etwas in ihrem Garten. Es war der Mann. Sie war nervös, dass wusste ich. Wollten die mich etwa retten? Scheinbar, er lief durch die hinteren Gärten, verdeckt von den Zäunen wurde er nicht gesehen. Dann hörte ich hektische Schritte im Haus. Ich wusste, dass er eine Brechstange bei sich hatte. Einige dumpfe Geräusche, dann leises Klopfen an meiner Tür. „Hey bist du da drin?“, hauchte eine männliche Stimme, deutlich außer Atem. Ich horchte, bejahte dann aber. „Gibt es noch mehr?“, fragte er ruhig und schaute sich scheinbar um. „Ja meinen Onkel und meinen Bruder.“, hauchte ich und wollte nicht wissen, ob er sie mit seiner Brechstange getötet hatte. „Mach die Tür auf, schnell.“, brummte er und verschwand dann von der Tür. Ich machte hektisch, was er wollte. Als ich die Tür aufriss war es immer noch ruhig. Er drückte mir einen Rucksack in die Hand. „Pack alles ein, was du findest, wir hauen hier ab.“, sprach er ernst. „Mein Bruder, Onkel?“, fragte ich mit erstickter Stimme. Er legte mir eine Hand auf die Schulter, schüttelte den Kopf. „Ich hab niemanden gesehen. Die Tür stand offen, letzte Nacht ist ein Wagen aus der Garage verschwunden, hat ziemlichen Lärm gemacht, allerdings sind dadurch die Straßen leerer geworden. Volvo, ziemlich alt.“, sprach er ruhig und suchte unten alles zusammen. „Pass auf, wir haben nicht viel Zeit. Ich kann verstehen, wenn du geschockt bist, aber willst du leben oder sterben?“, fragte er ruhig und ging dann zur Treppe. Ich drückte die Tränen weg, schluckte, und schüttelte einfach alles ab. Ich stopfte Klamotten und die Sachen aus dem Bad in die Tasche, Essen, Nudeln und so ein Zeug. Dann waren wir im Wohnzimmer. Überall war Blut. Ich war wie angewurzelt. An der Wand prangte unser Familienfoto, von Dad`s 50zigsten. Ich schnappte es mir und folgte dann dem Typen mit der Brechstange. Wir rannten hinüber zum Haus von ihnen. Alles war dunkel und völlig verrammelt. Meine Augen brauchten einen Moment, dann kam die Frau runter, die beiden waren scheinbar Mitte dreißig. Sie umarmte ihn erleichtert, erst da fielen mir die anderen auf. Ich war überrascht. Selbst die alte Hexe Mrs. Grey war hier. „Samantha?“, stieß eine Frauenstimme meinen Namen aus. Als ich mich umdrehte, war es die beste Freundin meiner Tante, meine Patentante. Sie umarmte mich und ich war so perplex, dass ich nichts anderes wusste, als das gleiche zu tun. Ich weiß auch nicht wieso, aber sämtliche Anspannung fiel ab, als ich den schweren Geruch des Parfums roch, der dem unserer Mutter so ähnlich war. Ich fing an zu Heulen, wie ein Schlosshund und sie presste mich fest an ihre Brust, einerseits hatte ich das Gefühl zu ersticken, andererseits war ich so unendlich dankbar.

Dann wurde es still, als sich Schatten der Tür näherten. Ich verstand erst nicht, als ich aufblickte erkannte ich aber, dass es weitere Nachbarn waren, die sich zusammenrotteten. Ich schaute Sue an, die Freundin meiner Tante. Sie wischte meine Tränen weg, als wäre es vollkommen normal. „Ist alles okay. Die gehören zu uns.“, erklärte sie ruhig und streichelte mich noch einige Male ehe ich mich beruhigt hatte. Als ich mich umschaute, fragend blickte, klärte mich Sue auf. Der Typ der mich gerettet hatte war ein Navy Seal, der gerade Landgang hatte, Urlaub. Seine Frau war schwanger, das erste Kind. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Leute zu retten. Ich schaute ihn an, danke ihm mit schwachen Worten, er nickte einfach nur. Es waren locker Zehn Personen hier, die alle sehr ruhig bleiben mussten. Jedes Mal wenn Schatten an den Fenstern entlang zogen, entstand eine angespannte Stille. Dann war es wieder ruhig. Andrew hieß der Typ und alle nannten ihn Andy. Mein Onkel und Stan waren abgehauen, hatten so viel Lärm gemacht, dass ihnen so viele von den Zombies gefolgt waren, dass die Straßen teilweise betreten werden konnten. „Okay Nachbarn, Freund, Familie. Wir wollen verschwinden, wir warten nicht mehr lange. Bis zum Mittag etwa. Je heißer es ist, desto weniger sind auf den Straßen.“, erklärte Andy und die Leute hörten wirklich zu. „Wichtig. Nehmt Messer, oder andere Sachen und stecht sie in den Kopf. Sie müssen nah rankommen, ich weiß, aber das ist eure einzige Möglichkeit sie vollständig zu töten.“, erklärte er ruhig. Ich schaute zu Andy, dem Anführer der Gruppe. „Was ist mit den Kindern?“, fragte ich dann und alle drehten sich zu mir um. Andy blickte mich verständnislos an. Erst da erkannte ich meinen Fehler. Die meisten konnten den Baum nicht gesehen haben, weil sie noch hinter der Kurve gelebt hatten und sie nicht, weil ein anderes Haus ihnen im Weg stand. „Die Große Weide am Ausgang der Stadt. Dort sind Kinder drauf, zwei vielleicht drei.“, sprach ich ruhig und deutete die Richtung an. „Als ich vorhin geschaut habe waren es 5 oder 6 von den Zombies. Ich weiß nicht wie viele es jetzt sind.“, erklärte ich ernst und schaute Andy an. Er überlegte und seufzte, seine Frau betrachtete ihn mit einem eindringlichen Blick. „Bist du sicher?“, fragte er und schaute mich so kalt und ernst an, wie man es aus Militärfilmen gewohnt war. Ich nickte. „Gut, sie müssen dennoch bis zum Mittag durchhalten.“, sprach er ernst und verbot Sue gleich den Mund. „Jeder hat sein Auto in der Nähe? So wie ich es wollte?“, fragte er nach und alle nickten. „Wer fährt den Bus?“, fragte er und blickte dann zur Hand die hochschnellte. Ein Fremder, ich kannte ihn nicht. „Du hast ein Dachfenster?“, hakte Andy nach. Ein erneutes Nicken. „Gut, wir machen es so. Sollten die Kinder noch Leben, wenn wir vorbeifahren, werden die voranfahrenden Wagen, die Zombies überfahren, nicht stehen bleiben, du hast nicht viel Zeit, also hab das Dachfenster schon einmal auf. Du Sam wirst durch das Fenster krabbeln, wir Männer sind zu breit. Fang die Kinder auf, zieh sie ins Auto und dann weiter. Wir können nicht stehen bleiben, nur ein paar Minuten, bis die anderen spitz kriegen, was los ist. Meine Frage, traust du dir das zu?“, fragte er mich direkt, seltsamerweise nickte ich, als wäre das vollkommen okay. Dann stand der Plan und alles andere wurde vorbereitet. Ich saß nur in einer Ecke und starrte auf das Bild, das Bild das meine Familie zeigte, es war erst vier Wochen alt. Das sind also die Nachbarn meiner Tante und meines Onkels. Die mich im Stich gelassen haben.

Stunden später war es dann soweit, soweit das der Aufbruch schön förmlich einen packte. Die Anspannung glich dem Griff einer Würgeschlange, drückte einem immer ein Bisschen mehr die Luft aus der Lunge. Ich weiß nicht wieso, aber das alles kam mir seltsam vor, seltsam vertraut. Ich weiß, dass das verrückt klingt, und ja auch das Zombiespiele einem nicht helfen, wenn so etwas wirklich passiert, aber jetzt im Moment, hatte ich das Gefühl kein Nerd zu sein, sondern wissend. Naja die Situation war aber sehr merkwürdig. Als es soweit war, dachte ich nicht mehr daran, dass ich viel lieber zu Hause in meinem Zimmer sitzen würde, sondern nur, dass ich so weit weg wollte, wie es mir nur irgend möglich war.

Mr. Bär

Mr. Bär

Es war also so weit, wir wollten diese Kinder retten. Ich erinnere mich, dass es sehr hektisch war, die Hitze war schon so unvorstellbar, aber zum Mittag, die pure Hölle. Wir hatten alles gepackt, Sue hatte mir zum Abschied, der eigentlich nicht von Dauer sein sollte, auf die Stirn geküsst. Ich wischte mir die Stelle trocken und schaute mir das Ganze an. Die Hektik, die Männer, die als Vorhut dienten, standen an der Tür, beobachtete schon seit etwa zehn Minuten den Hauseingang. Ich weiß nicht was sie hatten, doch sie zögerten. Erst als Andy um die Ecke kam, uns nochmals einschärfte nicht stehen zu bleiben, sondern immer weiter zu gehen, beruhigte sich die Gruppe und die Anspannung erreichte ein erträgliches Maß. Ich hatte meinen Rucksack, das Bild meiner Familie hatte ich in der Brustinnentasche meiner Weste und wartete auf das Zeichen. Andy ging voran, wartete nochmals auf den Sturm, der nicht kommen wollte. Ein leises klickendes Geräusch verriet uns anderen, dass die Haustür geöffnet worden war. „Seid leise und schnell.“, zischte es von Vorne, dann gingen wir. Die Hitze war draußen noch drückender, es roch nach heißem Asphalt und aufgeheizten Steinen. Die Menschen um mich teilten sich auf, ich folgte dem fremden paar, die selbst schon zwei Kinder bei sich hatten. Der Vater trug den kleinen Jungen, an seine Brust gepresst, damit er nicht zu hören war. Seine Frau öffnete so leise die Tür und langsam, dass ich dachte, man würde uns erwischen. Dann war ich auch schon im Auto.
 

Die Wagen vor uns fuhren los und der dicke Van brauchte einen Moment, bis er sich in Bewegung gesetzt hatte. Dann ging alles recht schnell, die Fahrt zum Baum war keine fünf Minuten lang, immerhin konnte ich ihn ja vom Haus aus sehen. Ich hörte polternde Geräusche, als die ersten Wagen über die Toten fuhren, sie übermangelten. Die Mutter der Kinder befahl ihnen die Augen und Ohren zu zumachen und ein Lied zu summen. Ich fühlte mich völlig fehl am Platz. Das Dachfenster war bereits auf und der Vater schaute immer wieder nervös durch den Rückspiegel zu mir. „Schaffst du das wirklich?“, fragte er mich einige Male, jedes Mal nickte ich. Dann sah ich den Baum, schaute nach oben. Es waren zwei Mädchen, blond. Es passierte vollkommen automatisch. Wir hatten schließlich nur wenig Zeit. Ich entstieg dem Van über das Dachfenster und schaute sie an. „Springt. Wir nehmen euch mit.“, rief ich. Sie schüttelten den Kopf. Riefen immer wieder, dass sie zu ihrer Mami wollten. Was sollte ich in dem Moment tun? Lügen, eine Option. „Wir bringen euch zu eurer Mami.“, rief ich und hielt die Arme offen. „Springt schon.“, rief ich etwas angespannter. Noch waren keine weiteren Zombie da, doch das würde nicht lange dauern, dass wusste ich. Die Männer stiegen aus, töteten die, die unter den Wagen hervor krochen. Das eine Mädchen war deutlich älter. „Du kannst uns nicht zu unserer Mom bringen. Die liegt da.“, sprach das Mädchen kalt. Sie war vielleicht elf oder zwölf. Ich schaute sie kühl an. „Willst du leben, oder sterben.“, schrie ich sie dann an und bemerkte eine Hand an meinem Knöchel. Ich schaute panisch runter, entdeckte dann aber, dass es die Mutter der Kinder war, die mich zurück in den Van holte. „Komm runter.“, brummte sie und ich verschwand wieder im dunklen Van. Sie kroch rauf, ziemlich ungelenk und deutlich zu dick für das schmale Fenster. Sie redete und es kam mir zu lang vor, deutlich zu lang. Andy fuchtelte mit den Armen und der Mann herrschte seine Frau an. „Wir fahren jetzt. Dann haben sie Pech!“, rief er zu ihr hoch. Seine Frau blaffte zurück, die Panik und der Stress waren ihr anzusehen. Ich blickte zum Heckfenster raus und ein satter Kloß bildete sich in meiner Kehle. Die andere Hälfte der Stadt hatte uns bemerkt, war auf dem Weg zu uns. Und wir hatten ihnen ein Happy Meal präsentiert. Oder Sardinen in Dosen. Sie waren schneller als ich erwartet hatte, die Mutter redete wild auf die Kinder ein, doch das half nicht. Der Mann zog seine Frau ins Auto, sie heulte und die beiden stritten. Ich versuchte ein letztes Mal die Kinder davon zu überzeugen. „Siehst du die da?“, fragte ich die Ältere und deutete auf die Horde die schnell näher kam. Sie nickte ungläubig. „Die werden euch essen. Willst du dabei zusehen, wie deine Schwester gefressen wird? Spring, sonst werden wir ohne euch fahren!“, herrschte ich das Mädchen an. Sie brauchte nicht mehr lange überlegen, denn dann wäre ihre Zeit verstrichen. Sie schaute mich an, ich hielt meine Arme offen und fing ihre kleinere Schwester auf, die schrie. Es wurden noch mehr von ihnen alarmiert, nun strömten sie aus den Häuser und Seitengassen. Das kleine Mädchen topfte ich in den Van, sie schrie die ganze Zeit nur „Mr. Bär, Mr. Bär.“. Ich verstand nicht was sie wollte, ihre Schwester dafür schon. Sie suchte auf dem Baum nach etwas, dann fiel ihr Blick nach unten, danach auf mich. Es war ein rosafarbener Plüschteddy, ziemlich abgeranzt, der etwas weiter weg vom Baum lag, im hohen Gras. „Nein!“, schrie ich doch sie war schneller. Sie kletterte vom Baum runter und ich sah zu, wie sie diesen beschissenen Plüschbären holte. Mittlerweile war das Zeitfenster so eng, dass ich das Gefühl hatte mich übergeben zu müssen. Sie hatte diesen Bären und rannte auf den Van zu. Sie stolperte über ihre eigenen Füße und ich schluckte. Panik stieg in mir auf, wollte ich dabei zu sehen, wie ein kleines Mädchen aufgefressen wurde, oder wollte ich helfen und dass Risiko eingehen selbst gebissen zu werden.
 

Ich sah in meiner Fantasie beide Szenarien ablaufen, in beiden wurde es blutig. Doch nicht davon trat ein. Andy hatte sich zum Van durchgeschlagen, mit zwei weiteren Männern. Sie töteten einige und drückten mir das Mädchen in den Arm, ehe sie verschwanden. Ich zog das Mädchen in den Van, und wir schlossen gerade noch rechtzeitig das Dachfenster. Einige hatten den Van erreicht, schlug mit der flachen Hand auf die Scheiben, mahlten mit ihren Zähnen knirschend auf einander und schauten uns gierig an. Ich hechelte, vor Stress, Panik und atmete erst tief durch, als der Van fuhr und fuhr. All das für ein scheiß Stofftier. Das kleinere Mädchen war auf dem Schoß von der Mutter, sie wiegte sie und ich drückte ihr diesen hässlichen rosafarbenen Teddy ins Gesicht. Ich setzte mich auf, blickte zu den anderen. „Hast du Durst?“, fragte die Mutter ruhig und die Schwestern nickten beide. Sie tranken gierig zwei Wasserflaschen aus und ich seufzte. Ich knallte meinen Kopf gegen die Wand des Vans und schloss die Augen. Die Fahrt war ruhig und als wir die Stadt einige Kilometer hinter uns gelassen hatten, sicher sein konnten, dass keine Menschen zu sehen waren hielten wir am Straßenrand. Ich stieg aus, mit meinem Rucksack und ging nach vorn, zur Spitze des Konvois. Da bei Sue alle Plätze im Wagen bereits belegt waren überlegte ich, ob ich bei Andy mitfahren konnte. Er hatte zwar noch die alte Hexe im Wagen, doch die war mir lieber als vier schreiende Kinder. Da Andy sich mit einigen beriet, wie sie nun am besten fahren sollten, einen Platz fanden, der sicher war, gesellte ich mich zu dessen Frau. Ich erklärte ihr den Sachverhalt, sie lächelte und lud mich in den Wagen ein. Dann blieb ich neben ihr stehen und beobachtete die ganze Szene, aber ebenso auch die Umgebung. „Ich heiße im übrigen Helen.“, sprach Andys Frau und lächelte mich an. „Ich bin Samantha, kurz Sam. Danke, dass ich bei euch mitfahren kann.“, sprach ich ruhig und sie nickte. Ich war wirklich dankbar. Als ich die Umgebung weiter beobachtete, sogar auf das Wagendach kletterte zu dem Gepäck wurde ich angeschaut, als wäre ich von einem anderen Stern. „Was machst du da?“, fragte Helen deutlich verwirrt und Andy schaute auf, als er die Stimme seiner Frau hörte. „etwas sehr kluges mein Schatz. Sie hält Wache.“, antwortete er für mich und ich nickte. Helen schüttelte verständnislos den Kopf und ging zu den anderen. Einige andere taten es mir gleich, vorrangig die Frauen. Es war zwar ruhig, doch wusste ich, dass Zombies sich bewegen würden, wenn es nichts mehr zu fressen gab.



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  NeunMephistopheles
2014-05-17T15:23:57+00:00 17.05.2014 17:23
Schöne Story. Ich bin mal gespannt, wie es weitergeht =)


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