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Blutige Rose

von

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Prolog

„He! Steh auf!“ Ein Tritt in die Rippen begleitete die Aufforderung.
 

Der junge Mann mit den strubbeligen braunen Haaren sprang auf die Füße. Er hatte Mühe, nicht zu schreien, 

während seine Hand instinktiv nach der verletzten Körperstelle griff. „Herr“, preßte er zwischen zusammengebissenen 

Zähnen hervor.
 

„Du schläfst doch nicht etwa während deiner Wache?“ Der Mann ließ sein aufgeschrecktes Gegenüber wie einen Zwerg 

erscheinen. Die Augenbrauen über dem streng geschnittenen Gesicht zogen sich zusammen wie Gewitterwolken.
 

„Nein... Natürlich nicht.“ Die Wache ließ die Hand sinken und senkte den Kopf.  „Ich wollte nur nicht auffallen.“ 

Er blickte vom Dach der Turnhalle hinüber zum Wohngebäude des Internats, wo langsam ein Licht nach dem anderen 

hinter den Fenstern verlöschte. Die tintige Schwärze hatte inzwischen den gesamten Himmel eingenommen. „Ich bin 

mir sicher, daß er es ist. Wir haben ihn gefunden! Hier!“ Er zückte sein Handy, tippte kurz etwas ein und zeigte dann 

seinem Vorgesetzten das Foto.
 

„Hm... Das ist er wirklich! Gut gemacht.“ Der Mann nahm das Handy kurz, studierte das Bild noch einmal gründlich 

und nickte dann zufrieden, bevor er das kleine Gerät zurückgab. „Wirklich und wahrhaftig. Der Meister wird zufrieden sein.“
 

„Ja, wir haben ihn noch vor dem Reckenwehr gefunden. Auch wenn dieses Internat ein seltsamer Ort ist, um sich zu 

verstecken.“
 

"Rekeh-wer", korrigierte der Größere abwesend und zog die Kapuze seiner Robe über seinen fast kahlen Kopf. 

„Du bleibst weiterhin hier. Wir brauchen mehr Informationen. Vielleicht ist das hier nicht nur einfach ein Versteck. 

Wenn er bereits das Opfer gefunden hat, dann...“
 

„Verlaßt Euch auf mich, Herr. Aber...“ Der blaße Jüngling fuhr nervös durch sein Haar „Ich habe Hunger! Die Mädchen hier riechen so appetitlich und...“
 

„Ich werde dir etwas zu essen schicken lassen. Von den Menschen hier läßt du die Finger, Adlerauge. Wir dürfen auf 

keinen Fall auffliegen.“
 

Adlerauge nickte. „Nur hoffentlich nicht schon wieder ein Kaninchen. Die Biester zappeln ganz schön.“ 

Doch da war sein Gesprächspartner schon fort und Adlerauge mußte sich auf dem Dach auf eine lange Nacht einrichten.

Ankunft

Die altmodische Wanduhr tickte laut, nicht mal der rote, dicke Teppich unter seinen Füßen konnte dieses Geräusch mildern.

 Yugi verkniff sich ein Seufzen und riskierte einen Blick aus dem Augenwinkel zu seinen Eltern neben sich, die in genauso 

überstopften Polsterstühlen wie er selbst saßen. Während Yugi die letzte Viertelstunde den Teppich und seine eigenen, dunklen 

Schuhe angesehen hatte, hatten sie angeregt mit dem Schuldirektor geplaudert, dem sie alle drei gegenüber saßen.

Die perfekt geschminkten Lippen seiner Mutter behielten dabei mühelos ihr Lächeln bei, sogar Yugis Vater machte ein freundliches Gesicht... 

nur Yugi war überhaupt nicht nach Fröhlichkeit zumute.

Mißmutig starrte er auf den breiten und bestimmt massiv hölzernen Schreibtisch vor sich, an dem jemand viel zu drechseln gehabt haben 

mußte, so sehr waren die Beine verziert. Geschwungene Tischbeine, mal dick, mal dünn...
 

„...gi. Yugi, bitte sei so nett und antworte.“ 

Yugi zuckte zusammen und hob schuldbewußt den Blick, um dem seiner Mutter zu begegnen. Sie lächelte noch immer, aber er konnte in 

ihren Augen sehen, daß sie nicht glücklich über seine geistige Abwesenheit war.

„Herr Suzumi will wissen, wie dein Stand in Mathematik ist.“
 

Yugi konnte es sich nur mit Mühe verkneifen, den Mund zu verziehen. Er haßte Mathe... leidenschaftlich! Dennoch kratzte er zusammen, 

woran er sich für dieses Schuljahr noch erinnern konnte und trug es leise und höflich vor.
 

„Oh, da bist du der Klasse aber ein ganzes Stück hinterher“, antwortete Herr Suzumi.
 

Wenn das seine Eltern nur beeindrucken würde, Yugi hätte das nur zu gerne als Vorwand genommen, sich schnell wieder zu verabschieden. 

Leider waren sie davon nicht zu beeindrucken. Besonders nicht, weil sein Vater früher auch ein Internat besucht hatte, eines der besten im 

Lande, wie dieser immer betont hatte. Der Hinweis, daß besagte Schule inzwischen hatte schließen müssen, brachte ihn auch nicht davon ab,

von damals zu schwärmen. Und jetzt war er absolut davon überzeugt, daß er Yugi auch etwas zum Schwärmen geben mußte, nach allem, 

was dieses Jahr geschehen war.

Yugi allerdings hatte eine andere Vorstellung davon gehabt, von welcher Schule er später erzählen wollte. Nur daß diese Pläne nun müßig 

waren.
 

„Dann wäre ja alles geklärt.“
 

Damit holte die sonore Stimme seines Vaters Yugi aus seinen Gedanken. Yugi blinzelte zweimal, während seine Eltern sich vor dem Rektor 

leicht verbeugten. Gerade noch rechtzeitig stand er auf, um es ihnen gleich zu tun.
 

„Yugi, ich weiß, du kommst mitten im Schuljahr und dir fällt der Schulwechsel nicht leicht, deshalb nochmal: Du kannst dich immer an mich 

oder die Lehrer oder deinen Erzieher wenden, wenn du Fragen oder Sorgen hast. Herr Isshi ist der Erzieher für die Jungen deiner Klassenstufe 

und Dr. Takano ist unser Schulpsychologe.“ Der Rektor lächelte Yugi milde an und dieser rang sich ein halbherziges Nicken als Antwort ab.
 

Als sie das Büro der Schulleitung verlassen hatten, seufzte Yugi leise: „Endlich...“
 

„Sieh doch nicht ständig drein, als hätte dein letztes Stündlein geschlagen.“ Sein Vater war offenbar genauso genervt wie er selbst. 

„Du weißt genau, daß es nicht anders geht. Außerdem wird das hier ein großer Spaß! In ein paar Wochen spätestens hast du dich hier 

wunderbar eingelebt und neue Freunde gefunden. Du wirst in den Winterferien gar nicht nachhause wollen.“
 

„Ich weiß nicht, was an meinen bisherigen Freunden so schlecht war. Ich vermisse Miho und Honda jetzt schon.“
 

Yugis Mutter stieß ihren Mann vorsorglich leicht mit dem Ellbogen in die Seite, dann nahm sie Yugi in den Arm. „Gar nichts. Sie sind tolle 

Freunde, aber du brauchst auch noch die Aufsicht von Erwachsenen. Deshalb haben wir uns entschieden, dich hierher zu schicken. Hier 

bist du gut untergebracht und in den Ferien kommst du heim und dann kannst du die ganze Zeit mit Miho und Honda verbringen.“ Sie ließ 

ihn wieder los, doch ihr warmes Lächeln blieb. „Schau, wir haben dir extra so ein Netbook mit Internetanschluß geschenkt. Damit kannst du 

mit ihnen chatten, Mails schreiben, telefonieren...“
 

„Danke, Mama. Das ist aber trotzdem nicht dasselbe. Ich verstehe einfach nicht, warum ihr es mir nicht zutraut, mich mit 16 allein um mich zu 

kümmern. Ihr wart doch schon früher immer viel unterwegs.“ Yugi wußte natürlich, was jetzt kam, aber es war ein letzter Versuch, um das 

hier doch noch abzuwenden. Ein allerletzter...
 

Seine Mutter seufzte und sah Yugi traurig an. „Weil früher Großvater immer für dich da war. Doch jetzt... jetzt ist er nicht mehr. Wir können 

dich nicht ganz allein daheim lassen. Wenn es nur um Tage ginge... Aber es geht hier teilweise um Monate. Du bist noch nicht bereit, ganz 

alleine zu leben und dich um alles zu kümmern. Außerdem sollst du dich doch auch auf deine Hobbies und natürlich die Schule konzentrieren 

können.“ 
 

Yugi sah den feuchten Schimmer in den Augen seiner Mutter und bereute es sofort, das Thema aufgebracht zu haben. Sugoroku Muto war ja 

nicht nur Yugis Großvater, sondern auch ihr Vater gewesen, der diesen Sommer gestorben war. „Entschuldige bitte, ich wollte nicht...“
 

Yugis Vater räusperte sich dezent und legte einen Arm um seine Frau. „Es ist gut, Yugi. Wir alle wissen, daß das hier schwer ist. Für uns alle. 

Aber du wirst uns nicht umstimmen. Ich gebe dir aber den guten Rat, das hier als Chance zu sehen, nicht als Ungerechtigkeit.“
 

Yugis Mutter nickte. „Komm, wir holen deinen Koffer, Yugi. Sollen wir dich noch auf dein Zimmer begleiten?“
 

Er schüttelte stumm den Kopf und trottete voran Richtung Ausgang. Gerade konnte er es einfach nicht mehr ertragen, daß auf ihn eingeredet 

wurde, daß ja alles nur zu seinem Besten sei. Aber er fühlte nun mal anders, doch auch wenn seine Eltern es immer wieder sagten, sie 

begriffen es wohl doch nicht. Wie sonst könnten sie ihm noch zwei wichtige Menschen nehmen?

Unbewegt sah er zu, wie sein Vater den Rollkoffer aus dem Kofferraum des Benz wuchtete und nahm sein Gepäck mit einem kurzen Nicken an 

sich.

„Ihr solltet jetzt fahren. Euer Flug...“
 

„Yugi, wir rufen dich so schnell es geht an, versprochen“, meinte seine Mutter.
 

„Denk an die Zeitverschiebung, Mama.“ Trotz allem mußte Yugi schief lächeln, als er daran dachte, wie oft seine Eltern ihn und seinen 

Großvater unbeabsichtigt nachts aus dem Schlaf gerissen hatten.
 

„Natürlich.“ Sein Vater trat zu ihm und wuschelte ihm mit einem Grinsen, das so gar nicht zu seinem dunklen Anzug passen wollte, durchs 

Haar. „Soll ich dir nicht noch mit dem Koffer helfen? Er ist schwer.“
 

Yugi winkte ab. „Das schaffe ich schon. Fahrt, sonst verpaßt ihr wirklich noch euren Flieger.“

Seine Mutter umarmte ihn nochmal fest und sein Vater drückte kurz seine Schultern und wie immer saßen sie wenig später im Auto und fuhren 

winkend davon. Auch Yugi winkte, bis das Auto aus der weiß gekiesten, tadellos geharkten Ausfahrt gefahren war.

Sein Arm sank nach unten und Yugi seufzte. Zum ersten Mal stand bei der Abfahrt sein Großvater nicht neben ihm, einen Arm um seine 

Schultern gelegt, eine Stütze stärker als Stahl.
 

Yugi blickte sich nach einem Moment der Stille und Unbeweglichkeit um. Hinter ihm ragte das Wohnheim auf, vier Fensterreihen glänzten im 

versiegenden Licht der untergehenden Sonne. Das Haus war in einem Pastellrosaton gestrichen, um die Fenster zogen sich verschnörkelte 

Verzierungen in Weiß. Die Schule, die ein Stück weiter den Weg hinunterlag, war im selben Stil gestrichen, nur gab es statt Pastellrosa ein 

kräftiges Rot. Spaliere waren an den Wänden befestigt und rote Rosen hatten diese erklommen. Alles wirkte westlich-romantisch und beruhigend altmodisch. Dahinter konnte Yugi gerade noch die Turnhalle erkennen, ein niedriges, langgezogenes Gebäude in 

strahlendem Weiß, dessen flaches Dach und funktionales Design nicht zu dem seiner Geschwister passen wollte. Dahinter, so nahm Yugi an, 

lagen die Außen-Sportanlagen, aber von hier aus konnte er nur die Wipfel mehrerer hoher Bäume erkennen.
 

Tief einatmend drehte Yugi sich zum Eingang des Wohnheims und zog seinen Koffer hinter sich her. Dummerweise hatte sein Vater recht und 

dieser war wirklich schwer.

Yugi zog den zerknitterten Info-Zettel hervor und stellte fest, daß sein neues Zimmer im ersten Stock war und daß es keinen Fahrstuhl gab. 

Immerhin mußte er nur eine Treppe hochsteigen, die mit einem dunkelroten Läufer ausgelegt war. Yugi seufzte, verfluchte seine Voreiligkeit in 

Gedanken und fing an, den Koffer die Treppe hochzuziehen. Jedes Mal machte es „Pock“, wenn die Räder an die nächste Stufe stießen. 

Yugi hatte es fast nach oben geschafft, als der Koffer sich plötzlich nicht mehr von der Stelle rührte. 

Schnaufend beugte er sich hinunter und warf stirnrunzelnd einen Blick auf die Räder des Wagens. „Oh nein“, murmelte er, als er feststellte, 

daß ein Rad in einer der Metallstangen hängen geblieben war, die den Teppich an die Form der Treppe anpassen sollten. Besagte Stange 

hatte einen häßlich gezackten Bruch in der Mitte und hing auf der Seite noch fest in der Öse, die an die Stufe geschraubt war. Yugi rüttelte an 

seinem Koffer, doch die Stange rührte sich nicht. Als er versuchte, die Stange an der Seite herauszuziehen, mußte er feststellen, daß sie sich 

verkantet hatte dadurch, daß sie durch die Räder nach oben gedrückt wurde.

Ächzend richtete Yugi sich auf und kratzte sich an der Wange, während er sich umsah. Niemand zu sehen hier... Links ging es zu den 

Schülerzimmern, rechts zu Speisesaal und Küche, wie hilfreiche Schilder verrieten. Gerade überlegte Yugi, wo er Hilfe in Form eines Lehrers 

oder Hausmeisters finden könnte (das war leider nicht ausgeschildert), als ein junger Mann in der schwarzen Uniform der obersten Klasse von 

links kam und an der Treppe vorbei nach rechts wollte.

Überrascht drehte er den Kopf, der von einer wilden Mähne weißen Haares umgeben war, die ihm fast bis zum Po hinabging. Während sein 

Körper weiterging, schien sein Kopf nur schwer hinterherzukommen, während Yugi aus überraschten, braunen Augen gemustert wurde.
 

„Ähm, Entschuldigung?“ meinte Yugi und zu seiner Erleichterung blieb der ältere Schüler stehen, wobei dieser ihn weiterhin ansah wie ein Insekt 

unter dem Mikroskop. Es kostete ihm sichtlich Mühe, sich zusammenzureißen.
 

„Was gibt’s denn?“ erkundigte sich der andere und und in seinen Augen blitzte eine Schärfe auf, die Yugi einen kalten Schauer über den 

Rücken laufen ließ. Nur der Bruchteil eines Moments und es war vorbei und Yugi glaubte fast, sich das nur eingebildet zu haben.
 

Er räusperte sich und lächelte verlegen. „Mein Koffer hat sich in einer der Teppichstangen verhakt und ich bekomme ihn nicht mehr los.“ 

Er deutete auf das Problem neben ihm. „Sie wissen nicht zufällig, wo einer der Lehrer ist?“

Der weißhaarige Junge trat näher und besah sich die Bescherung, dann streckte er beide Hände nach dem Koffer aus und hob diesen hoch, 

als würde der nichts wiegen. Yugi klappte der Kinnladen herunter. „Uh... wow!“

Die Stange polterte samt Öse zu Boden und Yugis Gegenüber setzte den Koffer sicher auf dem Treppenabsatz ab.
 

„Keine große Sache“, erwiderte er achselzuckend. „Wie heißt du? Dich hab ich hier noch nie gesehen.“
 

Yugi verneigte sich. „Ich heiße Yugi Muto. Vielen Dank für die Hilfe.“
 

„Ah, Yugi... Seltsamer Name. Ich bin Bakura.“ Erneut winkte dieser ab. „Ich sag dem Hausmeister Bescheid und du solltest deinen Koffer 

wegbringen, es gibt gleich Essen.“
 

„Danke sehr!“ meinte Yugi nochmal und nickte. Er nahm die restlichen Stufen und ergriff seinen Koffer, bevor er zu den Zimmern der Schüler 

ging. Auf seinem Weg hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden, doch als er sich umsah, konnte er niemanden entdecken.

Kopfschüttelnd blickte er auf seinen Zettel. Zimmer 108 war für ihn reserviert. Yugi hielt sich also an der linken Wand mit den geraden 

Zimmernummern, bis er vor 108 ankam. Die Zimmertür war aus poliertem Holz und auf einem kleinen, weißen Schild an der Wand daneben 

stand unter der Nummer in exakten Kanji sein Name.

Yugi zog den Schlüssel hervor, sperrte auf und trat ein. 

Auf dem dunklen Holzboden lag ein dunkelblauer Teppich in der Mitte des Raumes, links davon ein Schrank, rechts ein schmales, aber 

gemütlich aussehendes Bett. An der Stirnwand stand unter einem weißgerahmten Fenster ein Schreibtisch mit Stuhl.

„Immerhin sieht es hier ganz gut aus“, murmelte Yugi zu sich selbst. Er schob den Koffer vor den Schrank und ging dann ans Fenster, von 

dem er auf die Einfahrt und einen Teil des im englischen Stil angelegten Gartens sehen konnte, der das Wohnheim umgab.

Yugi seufzte leise und lehnte seine Stirn gegen das kalte Glas. „Großvater, meinst du, ich werde hier zurechtkommen?“ fragte er wispernd.
 

Ein lauter Glockenschlag ließ ihn zusammenzucken und er blickte hastig auf seine Armbanduhr. Das Abendessen! Yugi erinnerte sich an 

Bakuras Worte und drehte sich vom Fenster weg. Er sollte sich besser beeilen.

Nachdem er die Zimmertür abgeschlossen hatte, ging er den Weg zur Treppe zurück, doch dieses Mal ging er den Weg, den er zuvor Bakura 

hatte einschlagen sehen. Zuerst hörte er es nur wie ein Rauschen aus der Ferne, dann wurde es immer lauter und besser verständlich: 

Das Geschnatter, Geplapper und Gelächter von mehreren hundert Jugendlichen, die froh waren, die Schule für heute hinter sich zu haben.

Yugi drückte eine Glastür auf und fand sich in einem großen Speisesaal wieder. Der Duft von warmem, würzigen Essen ließ ihm das Wasser 

im Munde zusammenlaufen.

Links und rechts standen lange Tische, an denen die Schüler saßen. Dank der Schuluniformen konnte Yugi sofort sehen, daß jeder Tisch 

von einer Gruppe Schüler derselben Klassenstufe eingenommen wurde. 

Yugi, der in seiner Eile völlig vergessen hatte, seine eigene Uniform anzuziehen, zog schnell einige fragende Blicke auf sich, während er 

langsam zu den Tischen mit den grauangezogenen Schülern ging. 
 

„Hey! Hey, du!“ 
 

Yugi erschrak und drehte sich nach der Stimme um und sah, wie ihm einer der Schüler winkte. Unsicher, aber dennoch dankbar, ging er näher. 

„Ähm, hallo. Ich suche meinen Platz...“
 

„Hab ich mir doch gedacht, daß du neu bist“, erwiderte der Rufer, ein Junge mit einer wilden, blonden Mähne und einem schurkischen Grinsen. 

„Setz dich hierher, hier ist noch frei.“ Er deutete auf den Platz neben sich und Yugi nahm die Einladung erleichtert an.
 

„Danke. Ich hoffe, ich störe nicht.“
 

Sowohl der Junge, der ihn eingeladen hatte, als auch die, die in ihrer Nähe saßen, schüttelten den Kopf. 
 

„Der Platz ist frei, schon seit Anfang des Jahres. Ungefähr seit Jonouchi daneben sitzt“, erklärte ein Mädchen, das Yugi gegenübersaß, grinsend.
 

„He!“ empörte sich der Blonde neben Yugi. „Nimm das zurück!“
 

„Stimmt aber!“ erwiderte das Mädchen und streckte Jonouchi die Zunge heraus.
 

Yugi verkniff sich ein Lachen, stattdessen lenkte er seinen Nachbarn lieber ab. „Nochmal danke. Ich hätte sonst nicht gewußt, wohin.“
 

Jonouchi winkte ab. „Wie heißt du?“
 

„Yugi. Yugi Muto. Freut mich, dich kennenzulernen.“
 

„Yugi also. Ich heiße Jonouchi und das da drüben ist die nervige Emi, unsere Klassensprecherin. Du gehst doch auch in die B-Klasse, oder?“
 

„Äh... Ja, ja in die B“, stimmte Yugi zu, nachdem er mental den Staub der Langeweile von dem heutigen Treffen mit dem Rektor geblasen und 

darunter doch tatsächlich Informationen gefunden hatte.
 

„Klasse! Du kannst auch den Sitzplatz in der Klasse neben mir haben“, freute Jonouchi sich.
 

Yugi konnte erstmal nur nicken, denn bevor das Essen begann, richtete der Rektor ein paar Worte an die Schülerschaft. Anscheinend hatte 

irgendwer Medizinbälle aus der Sporthalle entwendet und sie dann auf Baumäste gespießt. Yugi fragte sich, wie sowas überhaupt zu machen 

war, wog schon ein kleiner Medizinball gefühlt mehr als er selbst. 

Nach einer Ermahnung, solchen Unfug in Zukunft sein zu lassen, begann das Abendessen, das aus Nudeln mit verschiedenen Gemüsesoßen 

bestand.
 

„Er ist in Ordnung, aber seine Reden sind öde“, meinte Jonouchi, während er seinen Teller vollschaufelte und die Schüssel voller Nudeln 

danach zu Yugi schob.
 

„Wirklich?“ erkundigte der sich, während er sich auftat.
 

„Ja,“ erklärte Emi und schob ihre schwarze Brille ihre Nase hinauf. „Unser Direktor meint, jeder hätte eine Chance verdient. Manchmal 

auch zwei.“
 

Yugi nickte verstehend. Den Blick, den Emi Jonouchi bei ihrer Erklärung zugeworfen hatte, war ihm nicht entgangen, doch er sagte nichts.

Die ersten Minuten des Essens vergingen in angenehmen Schweigen, durchbrochen höchstens von der Bitte, ob man nicht dieses oder 

jenes bekommen könnte.

Nachdem Yugi satt war, lehnte er sich zurück. Jonouchi vernichtete gerade seine dritte Portion Nudeln.

Ungebeten mußte Yugi daran denken, daß sein Großvater sich immer Sorgen gemacht hatte, Yugi würde zu wenig essen und wenn er mal aß, 

dann zu ungesund. Leider gehörten Hamburger wirklich nicht zu den vitaminreichsten Nahrungsmitteln auf der Welt. Er lächelte traurig, bis 

Jonouchi ihn anstupste.

„He, alles ok? Du kuckst so komisch.“
 

„Jonouchi, du hast das Einfühlungsvermögen eines Walroßes!“ ermahnte Emi diesen. Sie sah lächelnd zu Yugi und meinte: „Du wirst dich 

schnell hier einleben.“
 

„Ähm, ja... sicher“, erwiderte Yugi und zwang sich zu einem halbherzigen Lächeln. Sie dachte also, er hätte Heimweh... und irgendwo stimmte 

das sogar. „Ich mach mir nur etwas Sorgen, ob ich mit dem Stoff her zurechtkomme“, suchte er ein unverfänglicheres Thema.
 

„Dein Tutor bringt dich schon in Schuß“, antwortete Jonouchi und schob seinen Teller von sich.
 

„Tutor?“ Fragend blickte Yugi zwischen seinem Sitznachbarn und Emi hin und her.
 

„Ja. Schüler aus den höheren Klassen, die gute schulische Leistungen erbringen, kümmern sich um Schüler aus unserer Klassenstufe. 

Jeder von uns hat einen Tutor.“ Emi lächelte über ihr Wasserglas Yugi an. „Du bekommst auch einen, also keine Sorge. In wenigen Wochen 

hast du alles aufgeholt, was dir fehlt.“ 
 

„Das klingt ja gut! Muß ich mich dazu irgendwo melden?“ erkundigte Yugi sich. Die Aussicht, seine Mathe-Rückstände aufzuholen, um nicht ganz so kläglich dazustehen, erleichterte ihn etwas.
 

„Nein, er meldet sich bei dir“, erklärte Jonouchi und kippelte leicht. „Mann, wo bleibt der Nachtisch?“ 
 

Emi rollte mit den Augen und Yugi fragte sich, wo Jonouchi das alles ließ. 

Eine Portion süßer Reiskuchen später war er dieser Frage noch immer nicht näher gekommen, aber dafür war er angenehm satt und freute sich 

auf einen ruhigen, schläfrigen Abend. Vielleicht konnte er sogar noch kurze Emails an Miho und Honda schicken. Unwillkürlich lächelte er, 

während er aufstand und Jonouchi zur Tür folgte.

Yugi war nur wenige Schritte gegangen, da legte sich eine Hand auf seine Schulter und hielt ihn zurück.
 

„He, Kleiner! Nicht so schnell!“
 

Yugi verspannte sich automatisch und drehte sich blitzschnell um, wobei er die Hand abschüttelte.
 

„Uh, unentspannt!“ 
 

Verbissen blickte Yugi nach oben und blickte in das Gesicht einer jungen Chinesin. Sie hatte ihr schwarzes Haar in zwei Knoten hochgesteckt 

und betrachtete ihn mit einem herablassenden Blick als sei er etwas, das sie im Begriff war zu kaufen. Ihre perfekt mit rosa Lippenstift 

nachgezogenen Lippen kräuselten sich leicht. „Wirklich sehr ähnlich. Nur viel kleiner und putziger! Das ist doch perfekt, oder?“
 

Kalter Schweiß lief Yugi über den Rücken, als er die Gruppe von Mädchen bemerkte, die hinter der Chinesin standen. Sie waren alle verdammt 

groß... und sie stimmten ihrer Anführerin zu. Langsam wich er nach hinten zurück und versuchte, unbemerkt nach hinten zu sehen. Wie weit 

war es zu der verflixten Tür?
 

„Stehengeblieben!“ Die Chinesin sprang beinahe neben Yugi und packte ihn am Arm. „Wo willst du hin? Wir sind hier noch nicht fertig. 

Du wirst ab heute unser neues Club-Maskottchen sein. Das ist eine Ehre, klar?“
 

Yugi schluckte und spürte, wie ihm das Herz im Kopf trommelte. Er hatte keine Ahnung, was das werden sollte, aber er hatte das dringende 

Bedürfnis, seine schrecklich kurzen Beine in die Hand zu nehmen und zu laufen, daß es nur so staubte.
 

„Laß ihn los, Vivian! Er ist nicht mal einen Tag hier und du stürzt dich schon auf ihn wie der Wolf aufs Lamm.“ 
 

Yugi blickte erleichtert in die Richtung, aus der die entschiedene Mädchenstimme gekommen war. Seine Retterin hatte schulterlanges, braunes 

Haar und blaue Augen, die gerade nur so blitzten, während sie Yugis Angreiferin, diese Vivian, vernichtend anblickte.

Schnell streifte Yugi die Hand eben dieser ab und wich zurück, bis er außerhalb der Reichweite Vivians war.
 

„Misch dich nicht ein, Mazaki“, raunzte Vivian und verzog das Gesicht. „Oder willst du ihn auch für dich?“
 

Yugi blickte zwischen den beiden hin und her und konnte die Blitze zwischen ihnen direkt fühlen. Das Mädchen neben ihm, Mazaki, stöhnte 

schließlich leise und schloß die Augen, während sie kurz den Kopf schüttelte.

„Dein Fanclub ist mir gleich. Aber du kannst doch nicht einfach Leute anspringen und festhalten, damit sie darin mitspielen sollen.“
 

„Es geht dich nichts an!“ Vivians Augen waren nur noch schmale Schlitze.
 

„Solange ich noch Schülersprecherin bin tut es das sehr wohl. Das heißt also, du wirst dich bis zum Ende unserer Zeit hier damit abfinden 

müssen, daß ich dich nicht alles tun lasse, was dir gerade in den Sinn kommt.“ Mazaki verschränkte die Arme vor der Brust und sah die 

Gruppe vor sich streng an.

„Du wirst hier niemanden überfallen oder zwingen, irgendetwas zu tun. Das nächste Mal frag lieber nach, ob jemand überhaupt mitmachen will.“
 

Yugi merkte, wie die Mädchen hinter Vivian sich langsam zurückzogen, schließlich folgte ihnen auch Vivian, wobei sie ihren Blick nicht von 

Mazaki nahm und etwas murmelte, was Yugi nicht verstand, aber er spürte, daß es eine Beleidigung gewesen war.
 

„Puh! Tut mir leid, daß sie dich so überrumpelt hat.“ Mazaki setzte sich auf einen der Stühle und schüttelte den Kopf, als könnte sie das eben 

Geschehene genauso wenig fassen wie Yugi selbst. „Ich hätte sie noch vorher abfangen sollen, aber sie ist so...“
 

„Schnell?“ Dieser Einwurf kam von Jonouchi, der plötzlich neben Yugi stand. Er blickte verächtlich zur Tür. „Was hat Wong jetzt wieder angestellt, 

Anzu?“
 

„Sie wollte deinen neuen Freund zum Club-Maskottchen machen.“
 

„Ehehe! Ich verstehe, wieso, aber...“ Jonouchi schüttelte den Kopf.
 

Yugi hatte sich in der Zwischenzeit wieder gefangen. „Also ich verstehe es nicht. Könntet ihr mir das bitte erklären? Club? Maskottchen? Hä?“ 

Seine Augenbrauen stießen fast an seinen Haaransatz.
 

„Vivian ist die Gründerin und Vorsitzende des offiziellen Atem-Fanclubs an der Schule“, erklärte Mazaki seufzend.
 

„Das Teil ist ein massiver Störfaktor“, fügte Jonouchi hinzu. „Die haben echt nichts anderes im Kopf als Atem hier und Atem da.“
 

„Und wer ist Atem? Und wieso soll ich ihr Maskottchen sein?“ Yugi blickte fragend zwischen Mazaki und Jonouchi hin und her.
 

„Atem ist ein Klassenkamerad von mir und ebenfalls Schülersprecher. Er sieht auch noch gut aus und ist deshalb bei den Mädchen sehr beliebt“, 

antwortete Mazaki.
 

„Oh.“ Yugi fiel dabei auf, daß Mazaki die schwarze Schuluniform der letzten Klasse trug, genauso wie Vivian, wie er sich nun erinnerte. 

„So einen Mädchenschwarm gab es bei uns auch.“
 

Jonouchi lachte. „Jetzt fehlt er ihnen wohl, was?“ Er zwinkerte und Yugi lief hochrot an.
 

„Ich meinte nicht mich!“
 

Mazaki lachte verhalten. „Jungs“, mahnte sie sanft, dann fuhr sie fort: „Du siehst Atem ähnlich, deshalb kamen sie wohl auf diese abstruse 

Idee.“ Dann fiel ihr noch etwas ein und diesmal errötete sie. „Tut mir leid, ich heiße Anzu Mazaki. Und du?“
 

„Yugi Muto. Ich... sehe dem Schulschwarm hier ähnlich?“ Das war so schwer vorstellbar wie Schneemänner im Hochsommer auf dem Marktplatz. 
 

„Ja, nur kleiner und netter“, erklärte Jonouchi grinsend.
 

„Irgendwie kommt mir das bekannt vor...“ Yugi seufzte. „Ich werde ihnen so gut es geht aus dem Weg gehen.“
 

Anzu nickte zustimmend, dann stand sie auf. „Es war sicher ein langer Tag für dich, Yugi. Du willst dich jetzt sicher ausruhen.“
 

„Ja. Ich muß auch noch auspacken“, stimmte Yugi zu.
 

„Komm mit, ich bringe dich zu deinem Zimmer und beschütze dich vor den gruseligen Atem-Fetischisten.“ Jonouchi gab Yugi einen Klaps auf die Schulter und schob ihn dann aus dem Speisesaal. Anzus Lachen verklang bald hinter ihnen. 
 

Yugi mußte lächeln. Vielleicht würde es ja doch nicht so schlecht hier werden...

Der Tutor

Der nächste Tag begann damit, daß Jonouchi Yugi fast die Tür einrannte, um ihn fürs Frühstück abzuholen. Yugi hatte gerade noch Zeit, seine 

Hose zuzuknöpfen, bevor Jonouchi ihn mit sich zog. Die folgenden Stunden verschmolzen zu einem bunten Wirbelsturm neuer Eindrücke: 

Gesichter, Namen, seine neue Klasse, die Lehrer, der veränderte Schulstoff. Yugi schwirrte der Kopf und als er nachmittags zurück in sein Zimmer 

kam, ließ er sich sofort auf sein Bett fallen und vergrub den Kopf im Kissen.

Er atmete mit geschlossenen Augen mehrmals tief ein und aus, bis das Gefühl, daß er nicht mehr hochkommen konnte, langsam nachließ.

Nach vielleicht zehn Minuten rollte Yugi sich auf den Rücken und blinzelte müde in das sonnenbeschienene Zimmer. Sein Blick glitt über die 

Wände, seinen halbgeöffneten Koffer, das Netbook auf dem Schreibtisch, den Teppich mit dem weißen Umschlag vor der Tür...

Umschlag? Ruckartig setzte Yugi sich auf. Tatsächlich! Ein Briefumschlag, leicht verschoben. Jemand hatte ihn wohl unter der Tür 

durchgeschoben.

Yugi gähnte kurz, dann stand er auf und holte sich die unerwartete Post. Der Umschlag war fast quadratisch und in gestochen scharfen Kanji 

stand Yugis Name darauf, sonst nichts.

Neugierig riß Yugi das Papier auf und zog eine dickere Karte hervor, die mit derselben akkuraten Schrift beschrieben war.
 

Willkommen auf Internat Rosenhain, Yugi Muto.

Ich freue mich, daß du Dich unserer Schülerschaft anschließt und hoffe, Du lebst Dich bald bei uns ein. Ich erfuhr vom Direktor, daß Du einen 

Tutor suchst, der dir hilft, hauptsächlich Deine, durch die Versäumnisse Deiner früheren Schule entstandenen, Mathematikprobleme zu lösen.

Ich habe diese Aufgabe übernommen. Komm bitte heute um 16:30 Uhr zu Zimmer 312, dann können wir Deine Probleme besprechen und einen 

adäquaten Nachhilfeplan ausarbeiten. 
 

A.
 

Yugi hatte die Botschaft stirnrunzelnd gelesen. Das als Unterschrift dienende Kürzel stand in starkem Gegensatz zu den ausführlichen Sätzen 

vorher, außerdem war es ein lateinisches A, geschwungen und verziert.

Yugi drehte die Karte sogar noch einmal um, aber das war alles. 16:30 Uhr, heute... Siedendheiß fuhr Yugi der Schreck in die Glieder und hastig 

blickte er zu seinem Wecker. Er spürte, wie sein Gesicht kalt wurde. 16:25 Uhr!  

Yugi fuhr herum und stürzte beinahe auf das Bett, er konnte sich gerade noch abfangen und wieder zurück auf die Füße kommen. Er packte 

seinen Rucksack und schwang diesen auf seinen Rücken, während er in seine Hausschuhe fuhr. 

Er rannte aus dem Zimmer, vergaß beinahe, abzuschließen, und nahm immer zwei Stufen auf der Treppe nach oben - oder eher versuchte er es. 

Seine kurzen Beine und seine Unsportlichkeit in Gedanken verfluchend stolperte er schließlich von der Treppe ins oberste Stockwerk. Nach links!

Er eilte über den Gang und spürte Teppich unter seinen dünnen Schuhsohlen, während er auf jedes Zimmerschild blickte. Da!

Yugi blieb so plötzlich stehen, daß sein Oberkörper nicht mitkam und vorschnellte. Ohne auf den Namen zu achten, klopfte Yugi an und hoffte, 

daß er es noch geschafft hatte... Oder daß er sich nur um ein, zwei Minuten verspätet hatte.
 

Es dauerte einen Moment, bevor die dunkle Holztür zuerst ächzte und sich dann mit einem leisen Quietschen öffnete. Als Yugi des Türöffners 

ansichtig wurde, klappte ihm der Kiefer herunter. Im ersten Moment glaubte er, in einen Spiegel zu sehen, Opfer eines Streichs zu sein, doch dann 

fielen ihm die dunkle Haut seines Gegenübers auf, dessen Größe und lange Beine in schwarzem Leder.

Yugi blinzelte, schluckte zweimal und platzte dann heraus: „Du mußt also dieser Atem sein, der mit dem Fanclub.“ Kaum hatte er das gesagt, lief 

er hochrot an und hätte sich am liebsten selber in den Hintern getreten.

Sein Gegenüber hob eine Augenbraue und musterte Yugi aus violetten Augen.

„Entschuldigung“, wisperte Yugi und zog den Kopf ein. Wann immer er die Klappe nicht hatte halten können, war es immer schlecht für ihn 

geendet.
 

„Ich habe gehört, was passiert ist, Anzu hat es mir berichtet“, erklärte Atem und trat beiseite. Er machte eine einladende Geste und wartete 

geduldig, bis Yugi zögerlich in das Zimmer getreten war. „Ich muß mich entschuldigen. Diese Mädchen haben leider keinerlei Benehmen. 

Hoffentlich entwachsen sie dieses unangemessenen Verhaltens.“
 

Yugi lugte zwischen seinen blonden Strähnen hervor, die denen Atems sehr ähnelten, überhaupt die ganze Frisur. Sie hatten sogar dieselbe 

Augenfarbe und auch wenn Atem größer war als Yugi war er immer noch kleiner als die meisten anderen Schüler, die Yugi gesehen hatte. 

Ansonsten aber unterschieden sie sich. Yugis Gesicht war noch rund von Babyspeck, während Atems scharf und gerade war. Yugi war zierlich 

und unsportlich, Atem hatte breite Schultern und eine breite Brust und sein ärmelloses Hemd ließ angenehm muskulöse Arme sehen. 

Außerdem strahlte Atem eine Selbstsicherheit aus, wie Yugi sie noch nie zuvor begegnet war. Schulschwarm, ganz eindeutig.

Als es ihm endlich gelang, die Augen von Atem abzuwenden, stellte er fest, daß die Schüler der Abschlußklasse wirklich luxuriös wohnten. Das 

Zimmer war ein ganzes Stück größer und ein dreimal so großer Tisch als Yugis eigener nahm die Mitte ein, übersät mit Büchern und Blättern. 

Natürlich! Atem war Tutor, er brauchte mehr Platz.
 

„Gefällt es dir?“ erklang Atems Stimme direkt hinter Yugi und dieser sprang vor Schreck fast einen Meter in die Luft. Er hatte gar nicht gemerkt, 

wie Atem sich bewegt hatte. 
 

„Äh... Ja. Schön groß und luftig.“ Yugi lächelte verlegen. Durchatmen! Atem wollte ihn nicht auffressen, er schien soweit in Ordnung zu sein. 

Er fand seine Fangirls peinlich und hatte sich sogar bei Yugi entschuldigt, dabei war das Geschehen nach dem gestrigen Abendessen überhaupt 

nicht seine Schuld. „Tut mir leid das eben. Manchmal sage ich Dinge...“
 

Atems Augen verengten sich und seine Lippen zuckten. „Ich hätte nicht gedacht, daß es jemanden gibt, der meinen exzentrischen Geschmack 

bezüglich Frisuren teilt. Bakura war gestern sehr aufgebracht deshalb und hat mir alles haarklein erzählt. Ich war froh, als ich die Möglichkeit 

bekam, dein Tutor zu werden. Ich wollte dich treffen.“
 

„Oh...“ Das verblüffte Yugi doch sehr, auch wenn er zugeben mußte, daß seine Gedanken während des Tages auch immer wieder zu der Frage 

geschweift waren, wie der Schulschwarm aussah, daß Yugi ihm ähnlich sah.

Er folgte Atems Handbewegung und setzte sich an den Tisch, öffnete seinen Rucksack und zog seine Mathematik-Sachen hervor.
 

Atem nahm ihm gegenüber platz und zog seinerseits das Mathematikbuch für Yugis Klasse aus einem Stapel Bücher. „Wie ist der Stand deiner 

neuen Klasse?“

Yugi blätterte kurz und zeigte Atem das Kapitel.

„Und der deine?“

Yugi zog eine unangenehm berührte Grimasse und zählte erneut seine kurze Liste auf, was er dieses Jahr gelernt hatte. Oder eher womit der 

Lehrer ihn konfrontiert hatte, um Yugi dann dem Kampf gegen Algebra und Geometrie zu überlassen. Es war nicht schön.

„Du siehst nicht glücklich aus. Mathematik zählt offenbar nicht zu deinen Lieblingsfächern.“
 

Yugi verkniff sich ein humorloses Lachen, statt dessen nickte er seufzend. „Ansonsten komme ich schon zurecht, aber Mathe und Physik sind 

die schlimmsten Stunden der Woche für mich. Und dann noch Hausaufgaben...“

Atem schob sein Buch beiseite, zog ein leeres Blatt Papier vor sich und fing an, Linien zu ziehen. Yugi dachte zuerst, es ginge um Geometrie, 

aber schnell stellte sich heraus, daß Atem einen Plan zeichnete.
 

„Hast du dich schon für einen Club entschieden?“ erkundigte er sich, woraufhin Yugi den Kopf schüttelte. Er hatte den Zettel gestern auf seinen 

Schreibtisch gelegt, ohne ihn zu lesen. 
 

„Ich weiß noch nicht, was ich machen soll.“
 

„Für einen mußt du dich entscheiden und du solltest es bald tun, damit ich einen passenden Nachhilfeplan erstellen kann. Wir werden uns eine 

Weile wohl fast jeden Schultag sehen“, gab Atem zu bedenken.
 

Diese Aussichten waren noch schlimmer als Yugi sie erwartet hatte. Der Schulwechsel war wirklich unbedingt nötig gewesen... Allein der Gedanke, 

täglich noch zusätzlich zu allem anderen Mathe und Physik pauken zu müssen, saugte ihm die Kraft aus allen Gliedern.

Eine kühle Hand auf der seinen riß ihn aus seinen trüben Gedanken.
 

„Du siehst blaß aus, Yugi. Alles in Ordnung?“
 

Yugi wagte es nicht, aufzublicken. Er hatte das dumme Gefühl, daß Atem ihn durchschauen könnte. „Es war ein anstrengender Tag. Und es 

werden wohl noch mehr.“ Er rang sich ein Lächeln ab, was ihn erneut Unmengen an Kraft kostete.
 

„Heute fangen wir nicht mehr an.“ Atem drückte leicht zu, bevor er seine Hand fortzog. „Aber vielleicht kann ich dir noch ein paar andere Fragen 

beantworten. Über die Clubs, die Schule...“
 

Yugi war dankbar über den Themenwechsel und wollte mehr über die Clubs wissen. Wenn er schon in einen eintreten mußte, konnte er es auch 

so schnell wie möglich hinter sich bringen. Die Auswahl war größer als an seiner alten Schule, doch das meiste kam ihm bekannt vor: Diverse 

Sportclubs, Naturwissenschaften, Handwerken und -arbeiten, Kochen.

Die Liste war nicht schlecht, aber Yugi war nicht sportlich, hatte so schon genug zu lernen und war kein großer Bastler oder Koch. Er überlegte 

schon, ob er nicht dem Origami-Club beitreten sollte, wo er sich höchstens am Papier schneiden konnte, als Atem einen Spiele-Club erwähnte. Yugi war sofort ganz Ohr und beugte sich vor. „Spiele? Was für Spiele?“
 

„Brettspiele, Kartenspiele, ab und zu auch Videospiele“, erklärte Atem lächelnd. „Solange die Schule ein Spiel für halbwegs pädagogisch oder 

wenigstens traditionell hält, dürfen wir es spielen.“
 

„Wir? Gehörst du auch zu dem Club?“
 

Atem nickte. „Früher gab es noch getrennte Go-, Schach- und Shogi-Clubs, doch das Interesse an ihnen hatte schon vor meiner Zeit nachgelassen. In meinem ersten Jahr wurden alle Spiele-Clubs zu einem zusammengelegt und der Fokus erweitert. Es wird dir sicher gefallen.“
 

„Ganz sicher. Meinem Großvater gehörte ein kleiner Spieleladen und er hat immer mit mir...“ Yugi spürte, wie sich eine unsichtbare Hand um 

seine Kehle legte, bis er nicht mehr sprechen konnte. Er würgte und fühlte, wie seine Wangen feucht wurden. Beschämt bedeckte er seine 

verräterischen Augen mit den Händen und versuchte, tief durchzuatmen. Es schmerzte und seine Kehle protestierte und er würgte. Dann war 

es plötzlich wieder vorbei und gierig atmete Yugi ein. Er merkte erst jetzt, daß er mit dem Oberkörper auf den Tisch gesunken war und er roch 

Poliermittel. Hustend setzte er sich langsam auf, sich des brennenden Blicks auf seiner Haut nur zu bewußt.
 

„Geht es dir wieder besser?“ erkundigte sich Atem und seine Stimme glitt wie Samt über Yugis gereizte Nerven. 
 

Nach einem Atemzug nickte Yugi. „Tut mir leid, mein Großvater ist diesen Sommer gestorben und...“ Er brach ab. Das wollte Atem sicher nicht 

alles wissen.
 

„Ich trage dich in den Spiele-Club ein, wir treffen uns jeden Dienstag und Donnerstag um 15 Uhr. Meistens spielen wir bis zum Abendessen. Es wird dir sicher gefallen.“ 
 

Erneut war Atems Stimme wie eine warme Decke und Yugi ließ sich einwickeln. Schwach nickte er. „Morgen ist Donnerstag“, murmelte er leise 

zu sich selbst. „Dann sollte ich wohl Hausaufgaben machen...“
 

„Tu das. Und... Mein Beileid zu deinem Verlust.“
 

Yugi nickte dankend, froh, entlassen zu sein und sich zurückziehen zu können. Froh, seine Wunden in der unüberwindlichen Ruhe seines kleinen 

Zimmers lecken zu können, bis er wieder präsentabel war. Und froh, daß er noch aufgeblickt hatte, um die Aufrichtigkeit in Atems Augen zu sehen, 

als sein neuer Tutor ihn zur Tür begleitete.
 

***
 

Mit dem Kopf unter dem Kissen hatte Yugi sich ausgeweint, bis er sich merkwürdig ruhig gefühlt hatte und seine Tränen versiegt waren. Danach 

hatte er  über seinen Großvater, seinen coolen Klon und die Ungerechtigkeiten der Schulzeit meditiert, bis er sich wieder besser gefühlt hatte.

Es war noch etwas Zeit bis zum Abendessen und als er Miho in Skype online entdeckte, schrieb er sie an. Wenig später klingelte sein Netbook 

und nachdem Yugi angenommen hatte, öffnete sich ein Cam-Bild. Miho saß am PC, ihre Haare wie immer ordentlich mit einer gelben Schleife zu einem Zopf zusammengebunden, hinter ihr stand Honda, der 

sich an Mihos Stuhllehne abstützte. Beide winkten, als Yugis Bild sich aufgebaut hatte, und Yugi winkte zurück.
 

„Du siehst müde aus“, stellte Miho mit ihrer sanften, melodischen Stimme fest.
 

„Ich hatte heute viel um die Ohren. Neue Klasse, Nachhilfelehrer, mich für einen Club entscheiden...“ Yugi seufzte. „Und vor meinem 

Nachhilfelehrer wäre ich vorhin beinahe in Tränen ausgebrochen.“
 

„Hört sich echt bescheiden an“, stimmte Honda zu.
 

Miho lächelte aufmunternd. „Es wird sich bestimmt bald bessern.“
 

Yugi bemerkte, daß sie nicht weiter ausführte, was genau sie damit meinte: Das Internat mit all seinen Neuerungen oder die Trauer um seinen 

Großvater. Oder vielleicht auch beides. Yugi lächelte leicht und nickte. 
 

„Wie ist denn dein neuer Nachhilfelehrer? Irgend so ein alter Sack, der selber bei seinen Litaneien einschläft?“ erkundigte Honda sich grinsend 

und fing sich einen empörten Blick Mihos ein.
 

„So kannst du doch keinen Lehrer nennen!“
 

Yugi mußte lachen und spürte, wie sein Herz leichter wurde. „Es ist ein Schüler der Abschlußklasse. Witzigerweise haben wir fast dieselbe Frisur. 

Zuerst dachte ich, er wäre mein Spiegelbild.“
 

„Klingt, als hätte er guten Geschmack“, meinte Miho kichernd. „Und sonst? Ist er nett? Streng?“
 

„Ich denke, er ist nett. Und vielleicht ein bißchen streng, aber ich schätze, das gehört dazu, sonst würden seine Schüler bestimmt nichts lernen.“ 

Yugi lächelte leicht und schob die Infoblätter auf dem Tisch hin und her.
 

„Hauptsache, er behandelt dich gut. Wie sind deine neuen Klassenkameraden?“ setzte Honda die Befragung fort. Yugi erzählte also von Jonouchi, 

Emi, Anzu und Atems verrücktem Fanclub, mehr Leute hatte er bisher ja nicht näher kennengelernt. Danach war Yugi dran, seine Freunde 

daheim ein bißchen zu löchern, doch viel hatte sich seit seiner Abreise wohl nicht getan. Sie sprachen über die letzte Englisch-Arbeit, Hondas Versuch, Geld für die Reparatur seines alten Mofas aufzutreiben und Mihos Idee, einen Buchclub an der Schule zu starten. 

„Ach, ich wäre gerne wieder bei euch! Das wäre sicher witzig, genug Leute in Mihos neuen Club zu bekommen.“
 

„Ja, momentan ist es an der Schule sehr viel erträglicher“, stimmte Honda zu, aber gleichzeitig verlor er sein Lächeln. Miho ging es genauso.
 

„Was meint ihr?“ Yugi hob die Augenbrauen.
 

„Ushio wird wohl dieses Schuljahr nicht mehr kommen“, fing Miho an.
 

„Und nein, es liegt nicht daran, daß er endlich im Knast gelandet ist“, unterbrach Honda sie und kassierte dafür einen leichte Klaps auf sein 

Hinterteil.
 

„Wieso dann? Das Schuljahr ist doch noch längst nicht vorbei.“ Yugi runzelte die Stirn.
 

„Er liegt im Krankenhaus im Koma“, führte Miho ihre unterbrochene Geschichte fort. „Er soll wirklich, wirklich übel zugerichtet worden sein.“
 

„Ja, jemand hat ihn derbe verprügelt. Seine eigene Mutter soll ihn nicht mehr erkannt haben, aber andererseits hat Ushio sich ja auch dauernd 

irgendwo rumgetrieben.“
 

Yugi schauderte. Ushio hatte ihn mehr als einmal in der Mangel gehabt und Yugi hatte gerade wieder das Gefühl, eine riesige Hand würde seine 

Schulter wie ein Schraubstock festhalten. Schweiß rann über Yugis Gesicht und er mußte sich zwingen, zu schlucken, um überhaupt noch etwas 

sagen zu können.

„Das ist nicht schön... Aber wenigstens haben die anderen dann Ruhe vor ihm.“
 

„Stimmt. Dennoch bleibt die Frage, wer es mit einem wie Ushio aufnehmen kann“, gab Honda zu bedenken und rieb sich den Nacken.
 

Yugi nickte. Er konnte nur an ein Wort denken: Monster!
 

Wenig später hatte die Klingel ihn an das baldige Abendessen erinnert und nach einer etwas hastigen Verabschiedung hatte Yugi es tatsächlich 

in normalem Tempo pünktlich in den Speisesaal geschafft. Jonouchi erwartete ihn schon am Tisch und hatte ebenfalls Fragen. „Wo warst du 

heute Nachmittag? Ich hab vorbeigeschaut, aber du warst nicht in deinem Zimmer.“
 

Yugi lächelte verlegen und setzte sich, dann goß er sich erst mal ein Glas Wasser ein. „Bei meinem neuen Tutor. Ich wäre auch noch fast zu spät 

gekommen...“
 

„Oh, das ging aber schnell! Bei mir haben sie fast 'ne Woche gebraucht, einen zu finden. Wen hast du bekommen?“ Jonouchi beugte sich zu Yugi 

hinüber und fegte dabei fast sein Besteck vom Tisch. Yugi hielt es gerade noch auf.
 

„Ironischerweise den Jungen, von dem alle hier sagen, ich sähe ihm ähnlich: Atem.“
 

Jonouchis Augen wurden groß und ihm klappte der Unterkiefer hinunter. „Echt? Ausgerechnet Atem?“
 

„Er scheint ja wirklich beliebt zu sein“, antwortete Yugi und kratzte sich verlegen an der Wange.
 

„Das auch. Aber darum geht’s nicht. Atem hatte bisher nur einen Schützling und nach dem wollte er keinen anderen mehr annehmen.“
 

Yugi sah Jonouchi nachdenklich an. „Er sagte, er hätte von mir gehört und er wollte mich treffen... Aber dazu hätte er auch nicht mein Tutor 

werden müssen.“
 

„Nee, das ist es eben. Aber“, Jonouchi zuckte mit den Schultern, „wer weiß schon, was die so denken?“
 

„Die? Gibt’s noch mehr Atems?“ fragte Yugi lachend nach.
 

„Das nicht“, antwortete Emi, die sich gerade mit einem leisen Ächzen auf ihren Stuhl setzte. „Aber Atems Freunde sind auch recht beliebt, aber 

alle sind etwas... komisch.“
 

„Was meinst du mit komisch?“ Yugi reckte den Kopf, um Atem zu entdecken, doch so sehr er seinen Hals auch verrenkte, er konnte nichts 

sehen. Bevor er frustriert aufstehen konnte, legte Jonouchi eine Hand auf seine Schulter.
 

„Mach dir nicht die Mühe. Die essen nie mit uns zu Abend.“
 

Yugi sah fragend zwischen Emi und Jonouchi hin und her.
 

„Kuck nicht so. Sie haben eine Erlaubnis dafür. Sie kommen alle aus Ägypten und Arabien und so und haben da irgendwelche komischen 

Bräuche.“ Emi wedelte mit der Hand. „Ich weiß auch nicht, was die genau sein sollen, aber die Schule will sich nicht in ihre Kultur einmischen, 

solange sie damit niemandem schaden.“
 

Auch Yugi fiel auf Anhieb keine Tradition ein, die das Abendessen in Gesellschaft verbot. Das wäre eine Frage für seinen Großvater, der in 

jüngeren Jahren oft an Ausgrabungen in Ägypten teilgenommen hatte. Yugi schluckte trocken und war dankbar, als das Essen aufgetragen 

wurde. Zu seiner Freude waren es Hamburger. Während genüßlich in das lecker gebratene Fleisch in einem krossen Brötchen biß, dachte er 

sich, daß er es hier vielleicht doch aushalten konnte. Immerhin hatte er schon einige nette Leute hier kennengelernt und wenn es hier sogar 

richtig gute Hamburger gab... Er blinzelte und versuchte, nicht an die Menschen zu denken, die nicht auch hier waren.
 

***
 

Die nächsten zwei Wochen vergingen so schnell, daß Yugi schwindelte. Irgendwo zwischen Unterricht, Nachhilfe und Hausaufgaben fand er 

sogar Zeit für ein wenig Schlaf. Die einzigen Stunden, wo die Zeit plötzlich langsamer wurde und doch zu schnell verrann, waren während der 

Treffen des Spiele-Clubs. 

Es gab, wie Yugi bald sah, einen harten Kern, der so gut wie immer erschien, und eine Gruppe sich immer wieder abwechselnder Schüler, die 

einen freien Nachmittag mit einem Spiel und in Gesellschaft verbringen wollten.

Atem hatte es so eingerichtet, damit auch die, die noch andere Leidenschaften hatten, sich wenigstens dann und wann dazugesellen konnten.

Auch heute waren mehr als nur die Mitglieder in dem Klassenraum versammelt, der dem Club für seine Treffen zur Verfügung gestellt worden war.

Bei einigen vermutete Yugi aber, daß sie weniger wegen der Spiele hier waren, sonst würden diese zwei Mädchen bestimmt nicht seit einer 

halben Stunde in einer Ecke sitzen, vor sich ein unberührt aufgebautes "Mensch, ärgere dich nicht" und immer wieder kichernd zu Atem blicken, 

wenn sie dachten, dieser würde es nicht bemerken.

Yugi rollte mit den Augen und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Mastermind-Spielbrett vor sich. Sein Mastermind war Anna, ein Mädchen mit einer blonden, kurzgeschnittenen Lockenfrisur und hellblauen Augen. Sie sah 

in die Ecke und schüttelte leicht den Kopf. „Well, die haben auch nichts anderes zu tun, nicht wahr?“
 

„Wie haltet ihr das nur aus?“ fragte Yugi wispernd.
 

„Irgendwann gewöhnt man sich dran. Atem ist nun mal ein gutaussehender Junge, er ist auch sehr... wie sagt man? Polite?“
 

„Höflich.“
 

„Danke. Ja, höflich, zuvorkommend, freundlich...“, führte Anna weiter aus. „Eine gute Partie.“
 

„Dann solltet ihr mein Bankkonto sehen, dann würdet ihr mich für eine perfekte halten.“
 

Yugi sprang fast in die Luft, als Atems Stimme hinter ihm erklang. Das Herz rutschte ihm in die Hose... gleichzeitig trommelte es doch gegen 

seine Rippen.

„Akh!“
 

Anna hatte den Atem angehalten und eine Hand lag über ihrem Mund, doch nachdem ersten Schreck ließ sie die Hand sinken und schob die 

Unterlippe vor. „Ateeeem! Stop doing that! You're going to give people a heart attack.“
 

„Was?“ Yugi hatte Mühe, Annas Maschinengewehrsalve an Worten zu folgen.
 

„Ich soll aufhören, sonst löse ich noch einen Herzinfarkt aus“, antwortete Atem und lächelte Yugi an. „Es ist nicht gut, soviel über andere zu 

tratschen. Ganz gleich, wie lästig sie sein mögen.“ Er blickte kurz in die Kichererbsen-Ecke.
 

Yugi senkte schuldbewußt den Kopf. „Entschuldige... Aber sie stören meine Konzentration.“
 

„Er hat bisher alle fünf Spiele in Rekordzeit gelöst. Ich wünschte, meine gestörte Konzentration wäre so gut.“ Anna seufzte und stand auf. 

„Ich muß mal für kleine Masterminds. Bis gleich.“
 

Yugi und Atem sahen ihr kurz nach, dann nahm Letzterer ihren Platz ein. „Wie wäre eine Runde gegen mich?“ Atem zog das Spielbrett zu sich 

und setzte wieder die Schranke ein, die es Yugi unmöglich machte, die Farbkombination zu sehen, die Atem nun vorgab.
 

„Klar, wieso nicht?“ antwortete Yugi und streckte sich, bis er es knacken hörte. Dann lehnte er sich vor und stützte seinen Kopf auf der Hand 

ab, während er die schlanken, langen Finger Atems beobachtete. 
 

„Langer Tag heute?“ 
 

Yugi blinzelte faul in die fragenden Augen seines Gegenübers und nickte. „Sport gehabt“, war seine kurze Erklärung.
 

„Und dann kannst du Anna doch noch so auf Trab halten.“ Weiße, ebenmäßige Zähne blitzten auf.
 

Auch Yugi lächelte, während er die Schultern zuckte. Dann aber kam ihm wieder ihr Gespräch von eben in den Sinn. „Tut mir leid“, entschuldigte 

er sich erneut und setzte sich wieder gerade hin. „Ich wollte nicht über dich tratschen. Es ist nur... die anderen...“
 

„Bedenken mich mit zuviel Aufmerksamkeit.“ Atem zuckte die Achseln und schob das Spielbrett wieder in die Tischmitte. „Das ist nicht deine 

Schuld.“
 

„Du gehst aber sehr gelassen damit um. Mir... ist es unangenehm, wenn man mich... zu sehr beachtet.“ Yugi biß sich auf die Lippen und steckte 

seine fünf Stöpsel in verschiedenen Farben in die erste Reihe.  
 

„Ich kann nicht ändern, was sie sich einbilden.“ Atem gab mit seinen an, daß Yugi eine richtige Farbe auf dem richtigen Platz, zwei komplett 

falsche und zwei richtige Farben an falscher Stelle hatte.
 

Yugi blickte ihn an und für einen Moment hätte er schwören können, daß etwas Verbittertes in Atems Zügen lag. Danach war Atems Miene 

wieder völlig glatt. Nicht zum ersten Mal stellte Yugi sich die Frage, was in Atems Kopf vorging. 

„Natürlich“, stimmte er schließlich zu und setzte seine nächste Reihe Stöpsel. Als er aufsah, blickte Atem mehr als überrascht auf die zweite 

Reihe, dann hob er langsam die kleine Sichtschranke. Yugi hatte beim zweiten Versuch die Kombination erraten.

„He, das war Glück“, meinte Yugi eilig mit einem verlegenen Lächeln.
 

Atem lachte auf. „Wer weiß? Glückwunsch.“
 

Wider besseren Wissens ließ Yugi das Lob zu, den Blick gesenkt, mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. „Nochmal?“
 

Und so spielten sie weiter. Bei der vierten Runde saugte Yugi konzentriert an seiner Unterlippe, wie immer, wenn er sich mit einem komplizierten 

Problem konfrontiert sah. Atem lächelte wölfisch.

Gerade streckte Yugi seine Hand nach einem gelben Stöpsel aus, der in der rötlichen Spätnachmittagssonne orange leuchtete, als ein 

markerschütternder Schrei seine Konzentration durchschnitt. Yugis Hand zuckte zurück und sein Körper spannte sich an, während sein Herz 

versuchte, eilig durch seinen Hals zu entkommen. 

Atem derweil war aufgesprungen, die Augenbrauen zusammengezogen und die Lippen zusammengepreßt starrte er zur Tür, als könnte er 

Kraft seiner Gedanken allein hindurchsehen.

Für einen Moment war alles so still, daß man eine Stecknadel hätte hören können.

Plötzlich kam Bewegung in die Masse an Jugendlichen im Raum. Sie drängten zur Türe. Auch Yugi folgte ihnen mit einem miesen Gefühl unter 

dem Bauchnabel. Überall waren Stimmen, Fragen flogen durch die Luft, dann ertönte ein weiterer Schrei, spitz, voller Angst. Die Gruppe hielt inne.

Yugi drängte sich vor, das vage Gefühl von Unheil wurde stärker. Er bekam fast einen Ellenbogen ins Gesicht. Dann war er in der ersten Reihe.

„Anna!“
 

Sie lehnte sitzend an der Wand. Ihr zerfetzter Blusenkragen war rot, das Rot breitete sich immer weiter aus, fraß das Weiß unbarmherzig. 

Ihre Augenlider flatterten, ihre weißen Lippen zitterten. 
 

Yugi verkrampfte das Herz in der Brust. Der gierige Blick eines Raubtiers bohrte sich in seinen Rücken. Keuchend fuhr er herum... und stieß 

gegen Atem.

Dieser sah fassungslos auf Anna, dann zog er sein Handy hervor und wählte. Mit abgehackter Stimme gab er die nötigen Informationen durch.

Zitternd drehte Yugi sich wieder um. Einige der älteren Schüler hatten Anna auf den Boden gelegt und leisteten Erste Hilfe. Selbst von seinem 

Standpunkt aus sah Yugi die roten Stellen an Annas Unterarmen, die wirkten, als hätte ein Schraubstock sie zusammengepreßt. 

Das Bedürfnis, etwas zu tun, wurde so übermächtig, daß er einfach loslief. Er rannte, so schnell ihn seine kurzen Beine tragen konnten, bis er 

beinahe einen Lehrer, den er nicht kannte, über den Haufen lief. Bevor dieser Yugi ermahnen konnte, erzählte der keuchend und mit Mühe, was 

er gesehen hatte. Zu zweit eilten sie zu Anna zurück und der Lehrer übernahm das Kommando, zur sichtlichen Erleichterung der Jugendlichen.

Yugi sank auf den Boden in einer Ecke, so sehr zitterten seine Beine. Ob von dem Schrecken oder der Anstrengung konnte er selbst nicht 

sagen. Dort blieb er, bis der Notarzt und der Krankenwagen kamen und Sirenen und das blau-rote Licht, das über die weißen Wände huschte, ihn ebenso aus dem Flur vertrieb wie die anderen.

Während Yugi, nur von seinem Instinkt geleitet, zurück auf sein Zimmer ging, hatte er erneut das Gefühl, beobachtet zu werden. Sofort wurde 

er schneller und er hielt erst an, als er die fest verschlossene Tür zwischen sich und der Welt da draußen wußte.

Wimmernd sank er aufs Bett und zog das Kissen über den Kopf.

Mahlzeit

Yugi wurde durch ein sanftes Klopfen geweckt. Stöhnend rollte er aus dem Bett und rieb sich seine schmerzenden Augen und klebrigen 

Wangen. Als er aufstand, bemerkte er, daß er in seiner Kleidung eingeschlafen war. Verwirrt taumelte er zur Tür und schloß auf. 

Dahinter begrüßte ihn ein besorgtes Paar blauer Augen.

„Anzu?“ Seine Stimme klang selbst in seinen Ohren schwach und kaputt.
 

„Yugi!“ Sofort beugte sie sich zu ihm und legte ihre warmen Hände auf seine klammen Wangen. „Geht es dir gut?“
 

Er nickte langsam, bis der Nebel sein Gehirn verlassen hatte, dann erinnerte er sich, was geschehen war. „Anna! Wie geht es ihr?“
 

Anzu lächelte schief. „Sie kommt wieder in Ordnung, haben die Ärzte gesagt.“ Mit sanftem, doch bestimmten Griff schob sie Yugi auf 

dessen Bett zurück. „Ich sollte dich für das verspätete Abendessen abholen, aber ich glaube, du solltest hier bleiben. Es wird dir dann 

etwas aus der Küche geschickt.“
 

Abendessen? Yugi blickte zur Uhr und stellte fest, daß es schon nach 23 Uhr war. Er lachte schwach. „Verspätet ist gut, sonst ist doch 

schon Lichtaus für uns „Kleine“.“
 

„Vorhin hatte keiner mehr so rechten Hunger, außerdem waren sie alle damit beschäftigt, zu erörtern, welches Tier Anna angefallen 

haben mag.“
 

„Ein Tier?“ Das unheilvolle Gefühl war mit Macht zurück. Yugi umarmte sich selbst. „Aber... gibt es denn hier überhaupt eines, das einen 

Menschen angreifen würde? Und wie kommt es in die Schule?“ Aber etwas hatte Yugi gefühlt.
 

„Ich weiß es auch nicht. Die Ärzte haben nur mit den Lehrern und dem Rektor gesprochen. Nur unsere lieben Pappenheimer meinen, 

sie wüßten mal wieder alles besser.“ Anzu seufzte. „Ich sollte besser wieder gehen.“
 

Yugi sah sich um, dann sprang er auf. „Ich komme mit! Gerade... kann ich nicht allein sein.“
 

Anzu sah ihn lange ein, ihr Gesicht unlesbar, dann nickte sie. „Aber vorher solltest du dich umziehen... und dich etwas herrichten“, 

meinte sie sanft. Sie blieb vor Yugis Zimmertür und dann vor der Tür des Gemeinschaftsbads stehen, während Yugi sich so schnell 

es ging wieder vorzeigbar machte.

Er war ihr dankbar, daß sie seinen Wunsch akzeptierte.

Gemeinsam machten sie sich dann auf den Weg zum Speisesaal. Kaum hatte Yugi dessen Vorraum betreten, hörte er schon ein 

Summen wie von einem aufgeregten Bienenschwarm... und Jonouchis Stimme.
 

„Paß auf, wo du hinläufst, du reicher Pinkel!“
 

„Ich gebe immer auf meine Umgebung acht, im Gegensatz zu dir, Jonouchi.“ 
 

Yugi hätte die hochgewachsene Gestalt mit den eisblauen Augen gar nicht zu sehen brauchen, der ätzende Tonfall sagte ihm 

bereits, daß es sich um Seto Kaiba handelte. Inzwischen wußte Yugi drei Dinge über diesen: Er war ein Freund Atems, über mehrere 

Ecken mit dem Leiter der Kaiba-Corporation verwandt und er und Jonouchi konnten sich, aus Gründen, die der Himmel allein wissen mochte, auf den Tod nicht ausstehen.
 

„Jungs, es reicht! Rein da!“ Anzu deutete mit entschiedener Miene zur Tür. 
 

Jonouchi wollte noch etwas sagen, blickte Anzu dann an und klappte den Mund wieder zu. Kaiba verzog mißbilligend die Lippen, 

doch er sagte nichts weiter und stelzte in den Speisesaal.
 

Kaum war Kaiba außer Sicht, setzte Jonouchi erneut an: „Aber er hat...“ 
 

„Nicht heute, Jonouchi. Bitte. Geh einfach essen und tu mir den Gefallen und gib etwas auf Yugi acht.“ Anzu wirkte auf einmal sehr erschöpft.
 

Jonouchi sah zuerst sie schuldbewußt an, dann Yugi und zuckte leicht zusammen. Yugi lächelte schief und doch wußte er, daß er aussah 

wie durchgekaut und ausgespuckt, wenn auch nicht mehr ganz so furchtbar wie vorhin. 
 

„Is' okay. Du brauchst aber auch was zwischen die Kiefer.“
 

Anzu nickte, dann traten sie ein. Während sie zu den Tischen ihrer Klasse ging, fanden Jonouchi und Yugi sich an ihrem Tisch ein. Es 

war nicht so laut wie sonst, doch die Dringlichkeit, mit der die Mädchen und Jungen sich unterhielten, machte das sehr leicht wett. Die 

Luft schien Yugi drückend.
 

„He, he, Muto.“ Ein anderer Junge aus Yugis Klasse beugte sich quer über den Tisch. „Du warst doch dabei, als sie gefunden wurde. 

Was war los?“
 

Yugi hob den Kopf und die reine Neugier schien ihm aus den Augen des Fragers entgegen. Er dachte an Annas lebloses Gesicht, das 

Rot an ihrem Hals und das Gefühl, etwas Gieriges würde sie, ihn, alle beobachten. Er schauderte sichtlich und wandte das Gesicht ab.
 

„Jetzt komm schon! Die Lehrer wollen nichts sagen und... Aua!“
 

Ein Rumpeln unterbrach das Geschehen und dann Jonouchis Stimme: „Oh, entschuldige bitte, du Klatschtante! War das dein Schienbein?“
 

Yugis Mundwinkel zuckten, während er ein leises Schimpfen und wenig zurückhaltendes Lachen hörte. Schließlich setzte er sich besser hin. 

Sein Magen grummelte und das duftende Brot vor ihm machte es nicht besser. Hoffentlich ging es Anzu inzwischen auch besser. Sie mußte 

einen verdammt langen Tag gehabt haben. Mit etwas Mühe konnte Yugi ihren braunen Schopf ausmachen... und gleich daneben sah 

er Atem, Bakura und Kaiba. Offenbar hatten die drei heute mit ihrer Tradition gebrochen. Yugi konnte ihre Gesichter nicht genau erkennen 

und so blieb ihm ihr Gemütszustand leider verborgen. Doch da beugte Atem sich zu Anzu hinüber und schien ihr etwas zuzuflüstern. 

Sie nickte und Yugi hatte den Eindruck, daß sie sich entspannte.
 

Er wandte sich wieder seinem Tisch zu und während er an seinem Brot kaute, hörte er, was die anderen inzwischen erfahren hatten... oder 

sich ausgedacht haben mußten. Von riesigen Blutpfützen und zerrissenem Fleisch war da die Rede und davon, daß Anna wiederbelebt hatte 

werden müssen und, oh, daß sie den Namen ihres Mörders mit Blut an die Wand geschrieben hatte.

Es war so dermaßen lächerlich und überzogen, daß Yugi keine Kraft fand, sich vor diesem Unsinn noch zu ekeln. Er stellte auf Durchzug 

und konzentrierte sich lieber auf die heiße Suppe, die wie Balsam für seine geschundenen Nerven war.

Am Ende des Essens, es war schon gleich Mitternacht und der Mond schien bereits in den Speisesaal, erhob der Direktor sich und hob 

eine Hand.

Die Schüler verstummten langsam und alle Blicke wandten sich zum Lehrertisch.
 

„Heute war ein harter, schwerer Tag. Anna wurde schwer verletzt und hat sehr viel Blut verloren. Inzwischen kann ich euch mitteilen, daß 

sie bald wieder gesund sein wird. Das verdanken wir auch dem Eingreifen vieler von euch, die heute geistesgegenwärtig gehandelt haben, 

indem sie Hilfe holten oder Anna Erste Hilfe leisteten. Danke an euch.“
 

Beifall brandete durch den Saal und Jonouchi stieß Yugi, der daraufhin rot anlief, leicht in die Rippen. Yugi fragte sich, wer Jonouchi 

von seinem Lauf erzählt hatte.
 

„Leider wissen wir noch nicht, was genau geschehen ist. Da wir einen Eindringling von außerhalb nicht ausschließen können, bitte ich 

euch alle, besonders aufmerksam zu sein und am besten nicht mehr alleine durch die Schule zu gehen, bis wir Genaueres wissen. Die 

Polizei hat das Schulgebäude durchsucht, aber nichts gefunden.“
 

„Die Polizei war da?“ Überrascht blickte Yugi zu Jonouchi, der verlegen grinsend mit den Schultern zuckte.
 

„Vergessen“, wisperte er.
 

Yugi fragte sich, wie man so etwas vergessen konnte.
 

„Da wir heute alle erst so spät in die Betten kommen, fallen morgen die ersten beiden Schulstunden aus. Ich wünsche euch eine gute 

Nacht. Bitte geht nun in eure Zimmer. “
 

Yugis Geist ergänzte ein unheilschwangeres „und bleibt dort besser.“. Schaudernd stand Yugi auf und ging mit Jonouchi zurück in ihren 

Zimmertrakt. 
 

„Sag mal, war da wirklich soviel Blut?“ erkundigte letzterer sich und sah beim Gehen auf den Boden, als würde dieser gleich anfangen, 

zu bluten.
 

„An ihrem Hals und Hemd waren welches. Aber da war nichts auf dem Boden.“
 

„Hm, komisch. Wenn sie soviel Blut verloren hat...“
 

„...hätte es da sein müssen.“ Yugi blickte sich um, doch nichts Ungewöhnliches fiel ihm ins Auge. Alles schien so normal... Bis auf die 

Frage, was heute Nachmittag wirklich geschehen war.

Krankenbesuch

Auch am nächsten Tag war der Angriff auf Anna noch immer das Gesprächsthema Nummer eins, wenn auch nicht mehr 

so dringlich. Schon nach dem Frühstück hatte der Rektor den versammelten Schülern mitgeteilt, daß Anna schon wieder 

Fortschritte gemacht hatte und daß sie ab heute Nachmittag Besuch empfangen konnte, auch wenn alle angehalten 

wurden, es kurz zu halten.

Wer mit ins Krankenhaus fahren wollte, sollte sich bei Anzu melden, denn im Kleinbus der Schule gab es nur eine begrenzte 

Anzahl an Plätzen.

Kurzentschlossen beeilte sich Yugi nun also, zu Anzu zu kommen. Er hatte das dringende Bedürfnis, sich mit eigenen 

Augen von Annas Wohlergehen zu überzeugen. Anzu erblickte ihn nur, nickte und schon beugte sie sich über einen 

Zettel, eifrig schreibend.

Yugi mußte fast lachen. Er kam neben den anderen Mitfahrern zum stehen und Anzu hob den Kopf. „Das wars! Mehr 

gehen nicht mehr.“
 

„Aber, Anzu...“ Ein Mädchen, das hinter Yugi noch dazu gekommen war, sah diese weinerlich an. „Ich wollte doch auch...“
 

Auch wenn es Yugi schwerfiel, er öffnete schon den Mund, als Anzu erklärte:

„Ich weiß. Aber es gibt nicht mehr als acht Plätze im Wagen. Morgen werden wir wieder fahren. Wenn du willst, schreibe 

ich dich gleich für morgen auf. Die, die heute mitfahren, dürfen morgen nicht nochmal mit“, erklärte Anzu mit einem 

freundlichen Lächeln.
 

Yugi war erleichtert, als das Mädchen schließlich nickte. Er war nun kein enger Freund Annas, während er das Mädchen 

neben sich schon öfters in Annas Gesellschaft gesehen hatte. Dennoch... Der Gedanke an Annas kalkweißes Gesicht 

und gequetschte Arme, das Blut... Er mußte sie einfach sehen, nur ein Wort hören, damit er wirklich wußte, daß alles 

wieder gut werden würde.
 

Anzu hatte ihre Listen eingesteckt und stand auf. „Na kommt. Zeit für den Unterricht. Die Lehrer werden heute sicher 

Milde walten lassen.“
 

Ihre Vorhersage stellte sich als treffend heraus, auch die Lehrer schienen noch etwas abgelenkt. Die Stelle, an der man 

gestern Anna gefunden hatte, war inzwischen schon gesäubert, doch zwischen den Stunden standen immer wieder 

Schüler davor und tuschelten.

Yugi mochte schon gar nicht mehr hinsehen. Er war erst wieder froh, als er am späten Nachmittag zusammen mit Anzu 

und einigen Freunden und Klassenkameraden Annas in dem weißen Kleinbus saß, den ihr Englischlehrer gemütlich über 

die leeren, engen Straßen Richtung der kleinen Stadt fuhr, die dem Internat am nächsten lag.

Als Yugi damals mit seinen Eltern diese Strecke gefahren war, hatte er auf wenig geachtet. Jetzt bemerkte er die 

abgeernteten Felder, einen kleinen Fluß und mehrere Kühe auf einer noch saftig-grünen Weide. Einige Bäume fingen schon an, braun zu werden und ihr Laub abzuwerfen, das knisternd über die Straße 

geweht wurde. Motorengeräusch drang durch das offene Fenster und eine erstaunliche Wärme.
 

Das ländliche Idyll wechselte abrupt in den Trubel der Stadt, sobald sie das Ortsschild passiert hatten. Viele Gebäude 

im westlichen Stil ragten in den Himmel, während traditionell japanische Häuser sich neben sie kauerten wie weiß-braune Riesenkatzen. Menschen drängten über die Straßen, ebenso Autos und Fahrräder. 

Der Geruch der Abgase zwang sie dazu, das Fenster zu schließen, obwohl ihnen dann nur noch wärmer war.

Anzu fächelte sich mit der Mitfahrerliste Luft zu, während Yugi froh war, daß er sich vorhin für ein kurzärmeliges Hemd 

und kurze Hosen entschieden hatte. 

Schließlich bog Mr. Peters von der Straße ab und hinter einer mit Bäumen gesäumten Auffahrt tauchte das Krankenhaus 

auf, ein helles, modernes Gebäude, in dessen Fenstern sich die Sonne so gleißend spiegelte, daß Yugi die Augen 

zusammenkneifen mußte.

Allesamt waren sie erleichtert, als sie aus dem Auto stiegen, das Mr. Peters unter  einem schattigen Baum geparkt hatte.
 

Yugi streckte sich und wischte sich über die Stirn. „Puh!“
 

„Allerdings.“ Anzu kam zu ihm und schirmte ihre Augen gegen die Sonne ab. 
 

„Danke, daß du mich hast mitfahren lassen.“
 

„Atem meinte, ihr hättet gestern so schön gespielt, da dachte ich, daß du sie bestimmt auch gut aufmunterst.“ Sie lächelte.

„Es wären so oder so zuviele für die erste Fuhre gewesen.“
 

Nach einem Moment nickte Yugi. Jetzt war es sowieso schon zu spät, seinen Platz jemand anderem anzubieten. 
 

Mr. Peters führte seine acht Schützlinge in das Krankenhaus. Bevor sie allerdings zu Anna gingen, hielten sie noch bei einem 

kleinen Laden im Erdgeschoß, der vollgestopft war mit Zeitschriften, Büchern, Postkarten, Stofftieren, Getränken und Snacks.

Jeder kaufte eine Kleinigkeit für Anna; Yugi entschied sich für eine kleine Schachtel Pralinen und einen flauschigen 

Schlüsselanhänger in Form eines Kükens.

Danach belegten sie zwei der Fahrstühle, um in den dritten Stock zu gelangen.

Hier waren die Wände nicht mehr weiß, sondern in einem angenehmen Gelb gestrichen. Kleine Bilder mit Blumen oder 

Tieren schmückten die Wände. Dennoch blieben der unterschwellige Geruch nach Medikamenten und Desinfektionsmitteln 

und der Anblick des Klinikpersonals, um Yugi daran zu erinnern, wo er sich befand.
 

Die Gruppe hielt vor Annas Zimmer und Mr. Peters erinnerte sie eindringlich, Anna nicht zu belasten und daß der Besuch 

nicht länger als eine halbe Stunde dauern dürfte. Alle nickten und die Tür ging auf.

Das Zimmer war ebenfalls in freundlichem Gelb gehalten, auf einem Tischchen stand ein großer Strauß Astern. In dem 

einzigen Bett saß Anna gegen die hochgestellte Rückenlehne gelehnt und fing an zu lächeln, als sie alle sah.

„Oh, you shouldn't have!“ Ihre Augen glänzten feucht, als sich die Gruppe um ihr Bett versammelte und jeder ihr sein 

Geschenk überreichte. Sie bedankte sich nacheinander bei allen und Yugi fühlte sich, als hätte sich ein Felsen von seiner 

Brust erhoben. Anna sah viel besser aus als gestern. Noch immer etwas blaß und da waren dicke Verbände an ihren 

Unterarmen, doch sie redete und lachte und ihre Augen strahlten.
 

„Oh, Anna, was ist nur passiert?“ Machiko, Annas beste Freundin, beugte sich besorgt hinunter und strich die Locken zur 

Seite, die Anna widerspenstig ständig ins Gesicht fallen wollten.
 

Anna schüttelte den Kopf und ihr Lächeln wirkte auf einmal steif. „Ich weiß nicht... Ich bin den Gang entlang gegangen 

und plötzlich...“ Sie runzelte die Stirn, bis ihre Augenbrauen fast zusammenstießen. „Da war ein Schatten, aber er hatte 

kein Gesicht.“ Ihre Hand fuhr über ihren nackten Hals. „Ich weiß nicht, was dann passiert ist. Ich weiß erst wieder etwas, 

als wir im Krankenhaus waren. Sie hatten mich an eine Bluttransfusion gehängt und Atem... Er war da und hat mir diese 

Blumen gebracht.“

Einige der Mädchen gaben ein bewunderndes Ah von sich.
 

Mr. Peters mischte sich ein. „Bitte haltet eure Neugierde im Zaum.“
 

„Nein, nein, ich verstehe es ja. Ich wüßte auch gerne, was passiert ist. Atem wollte es doch auch wissen und die Ärzte und 

die Polizei.“ Anna seufzte. „Aber ich weiß nichts mehr. Der Arzt sagt, es könnte der Schock sein. Jedenfalls habe ich echtes 

Glück gehabt.“ Anna hob ihre Locken und gab den Blick auf zwei verschwindend kleine Wunden an ihrem Hals frei. 

„Es heilt schon wieder ab, seht ihr?“
 

Yugi nickte mit den anderen. „Du bist bestimmt bald wieder auf den Beinen.“
 

„Ganz sicher!“ Anna strahlte ihn an. „Es tut auch gar nicht mehr weh, aber sie wollen mich noch hier behalten, um 

sicherzugehen, daß alles in Ordnung ist. Wegen... all... dem Blut.“ Sie schloß kurz die Augen und atmete durch. 

„Meine Arme sind auch bald wieder okay.“
 

„Das ist, denke ich, erst mal genug für einen Tag, Anna“, sagte Mr. Peters ruhig. „Du brauchst noch Ruhe.“
 

„Ja, ich weiß. Danke, daß ihr alle gekommen seid.“ Auf einmal wirkte Anna sehr müde und abgekämpft. Es dauerte eine 

Weile, bis jeder sich verabschiedet und ihr nochmal gute Besserung gewünscht hatte. Sie sah ihnen noch nach, als sie 

das Zimmer verließen, doch Yugi bemerkte, daß sie sichtlich Mühe hatte, die Augen offenzuhalten.
 

Der Ausflug hatte ihm gezeigt, was er sich gewünscht hatte, doch als er später im Bus saß und draußen die friedliche 

Landschaft vorbeizog, schob sich ein anderes Gefühl in seinen Bauch. Eine Art Kratzen und Jucken, das ihm sagte, daß 

es noch nicht vorbei war. Daß da draußen noch immer ein Verbrecher lauerte und daß dieser keine Gnade kannte.

Als sie wieder zurück in der Schule waren, hatte Yugi es eilig, wieder auf sein Zimmer zu kommen und so schnell es ging 

versuchte er, seine Eltern anzurufen. Doch er kam nicht durch... Auch nicht nach dem fünften Versuch. Es war nicht 

ungewöhnlich, daß Yugis Eltern auf ihren Reisen nicht erreichbar waren, doch gerade wußte Yugi niemanden mehr, den er 

sonst hätte anrufen können. Kein Erwachsener, der seine Ängste mit einer ruhigen Stimme zerstreuen und ihm einen Rat 

hätte geben können.

Großvater...

Yugi biß die Zähne zusammen und wischte sich mit dem Arm über die Augen.
 

Plötzlich hörte er wieder das Lärmen des Rasenmähers von schräg gegenüber und der Duft frisch geschnittenen Grases 

stieg ihm in die Nase.

Yugi trat den letzten Karton der Lieferung zusammen, froh, daß er endlich alles ausgepackt hatte. Großvater war oft 

müde in letzter Zeit und auch wenn Yugi ihm gerne half, heute war es wirklich drückend heiß. Alle sagten, es würde 

einer der längsten und heißesten Sommer der letzten Jahre werden.

Yugi mußte ihnen recht geben, als er sich den Schweiß von der Stirn wischte und den Karton dann auf einen Haufen zu 

dem Rest des Verpackungsmülls warf. Das würde er heute Abend rausschaffen, wenn es kühler war.

Zufrieden mit seiner Leistung verließ er das Lager und betrat den kleinen Spieleladen. Großvater saß wie immer, wenn 

kein Kunde da war, hinter dem Tresen und blätterte in der Zeitung.

Yugi rief: „Ich bin fertig! Ich wollte dann noch weg, Miho und Honda... Großvater?“

Ein Zittern erschütterte den breiten Rücken seines Großvaters.

Yugis Magen ballte sich zu einem harten Klumpen zusammen. „Großvater?“

Er umrundete den Tresen, bis er das Gesicht seines Großvaters sehen konnte.

Der Klumpen fiel und riß die Eingeweide mit sich.

Großvater atmete schwer, er hatte sich auf den Tresen gestützt. Mit wirrem Blick sah er auf, seine Lippen zitterten, die 

Lider flatterten. 

Yugi hatte noch nie solch eine Angst auf dem Gesicht seines Großvaters gesehen, noch nie solche Verzweiflung. Er schwankte, 

dann riß er das Telefon an sich und tippte wild 119 ein. Es klingelte einmal, dann war er durch. Yugi hörte sich selbst 

schreien, bis seine Ohren klingelten, dabei nahm er dennoch jeden Atemzug seines Großvaters so überdeutlich war, 

als wäre es sein eigener.

Der Mann am Telefon versuchte, Yugi zu beruhigen, doch der konnte nicht mehr denken oder hören, als sein 

Großvater langsam auf den Tresen sank, das Gesicht verzerrt.

Yugi hatte das Telefon fortgeworfen. Er hatte Großvater auf den Boden gelegt und es mit Erster Hilfe versucht. 

Mund zu Nase, dann Herzmassage, wieder Luft in die Lungen preßen, auf den Brustkorb drücken, immer wieder...

Yugi hatte eine rauhe Kehle und schmerzende Arme, als ein fremder Mann ihn mühelos von seinem Großvater hochhob. 

Yugi hatte geschrien und um sich geschlagen, erst als er die Bahre und den Notarzt gesehen hatte, hatte er sich nicht 

mehr gewehrt. Herzinfarkt... Tod vor Ankunft der Rettungskräfte...
 

Yugi starrte auf sein Handy, das ihm aus den tauben Fingern geglitten war. Es lag auf dem blauen Teppich, blau wie das Meer. Auf dem Meer gab es viele, viele Schiffe. Ra hatte auch ein Schiff, eine Barke. Sie durchfuhr die Welt der Lebenden und 

der Toten. Jede Nacht bekämpften die Männer an Bord Apophis, der die Sonnenbarke verschlingen wollte, und jede Nacht 

wurde der Dämon besiegt. Seth stand am Bug, er hatte die schärfsten Augen und er schoß seine Pfeile mit unnachahmlicher 

Präzision auf das abscheuliche Ungeheuer ab, bis es tot zu Boden fiel.

Die Fahrt der Barke durfte nicht gestört werden, sie brachte die Seelen der Verstorbenen in die Unterwelt, wo die Götter ihre 

Herzen wogen. Die Sünder wurden von Ammit verschlungen, die, die ein gutes Leben geführt hatten, teilten auf ewig ein 

herrliches Leben mit den Göttern und allen, die vor ihnen gegangen waren.

Großvater...
 

Eine Hand senkte sich auf Yugis Schulter und eine Stimme drang von weiter Ferne an sein Ohr. Yugi schrie auf und hechtete 

beiseite, seine Schulter prallte gegen den Bettrahmen. Betäubt vom Schmerz blieb Yugi auf dem Boden sitzen und starrte 

auf Ushio... auf... Ushio?

Yugi blinzelte und erkannte Atem, der sich nun besorgt über ihn beugte.

Sein Schädel ratterte und dann hatte er es wieder. Nachhilfe! Heute Nachmittag!

Er keuchte leise und wandte den Kopf ab, wischte sich mit der nicht schmerzenden Hand über die Augen.

„Es tut mir leid“, wisperte er heiser und verschluckte mühevoll ein Schluchzen.
 

„Nein, nein... Es ist schon gut.“ Atems Stimme war beruhigend und mit sanfter Hand befühlte er Yugis Schulter. „Tut das weh?“
 

„Ein bißchen.“ Yugi fühlte sich gerade so schwach und das gefiel ihm nicht. Schwäche war ein Grund, daß er sooft hatte 

weglaufen müssen. Er haßte Gewalt und Kämpfe und doch schienen sie ihm zu folgen, wohin er auch ging. 

Er ließ sich von Atem aufs Bett setzen und mußte diesen erst mal überzeugen, daß es ihm gut ging und daß er keinen Arzt 

brauchte.
 

„Nun, du scheinst soweit in Ordnung zu sein, aber... Als ich klopfte, hast du nicht geantwortet, also bin ich reingekommen. 

Du sahst schrecklich blaß aus, ich dachte, du wärest...“ Atem hielt inne. „Entschuldige. Ich habe dich erschreckt und gestört, 

das war nicht meine Absicht.“
 

Yugi nickte langsam, als er verstand. Sein Bild mußte Atem unweigerlich an Anna erinnert haben, noch dazu die Gefahr, 

die möglicherweise noch immer dort draußen war... Yugi schauderte sichtlich. Da schien er aber nicht der einzige zu sein. 

Atem neben ihm fühlte sich auch kühl an. „Tut mir leid, daß ich dich erschreckt habe. Ich... habe... nur nachgedacht.“
 

Atem rutschte auf dem Bett hin und her, dann nickte er leicht. „Natürlich. Du warst heute bei Anna, nicht?“
 

„Ja. Es geht ihr schon wieder besser. Du hast ihr wirklich schöne Blumen geschenkt.“ Yugi blickte lächelnd hoch.
 

Atems sonst so ruhiges Gesicht gab auf einmal Verlegenheit preis. „Ich habe die erstbesten genommen. Ich bin kein 

Fachmann für Blumen... oder für Geschenke für Kranke und Verletzte.“
 

Sie sahen sich einen Moment an, dann brach das Gelächter mit Macht aus ihnen hervor. Yugi sackte gegen Atems Seite, 

Atem legte einen Arm um Yugis Schulter. „Du... du... So kommst du mir gar nicht vor“, preßte Yugi zwischen den Lachern 

hervor. „Du bist... immer... so gefaßt!“
 

Atem schüttelte den Kopf. „Stimmt nicht... oder?“
 

Yugi sah in Atems aufgelöstes Gesicht und hielt den Atem an. Vorher hatte er jedem zugestimmt, der Atem als nett und 

attraktiv beschrieb. Aber die Freude in seinen Augen, auf seinem Gesicht, machte Atem plötzlich anziehend und begehrenswert. 

Yugi verschluckte sich an einem Lachen, hustete und eine schlanke Hand klopfte auf seinen Rücken.

„Heute bin ich wohl schwer gefährdet“, meinte er, als er wieder atmen konnte.
 

„Passiert dir das öfter?“
 

„Irgendwie schon. Manche Leute mögen es, mein Unbehagen zu forcieren und mich dabei zu beobachten“, erwiderte Yugi und 

blickte beiseite, sich der noch auf seinem Rücken ruhenden Hand nur zu bewußt.
 

„Was für Idioten!“ Wut schwang in Atems Stimme mit.
 

Die Hand verschwand von seinem Rücken und doch mußte Yugi lächeln. Es gab nicht viele, die sich dafür interessierten.  „Aber hier... Hier gibt es keinen Ushio.“
 

„Also das meintest du vorhin.“ Auf Yugis fragenden Blick hin führte Atem aus: „Das hast du geschrien, als du von mir 

weggesprungen bist: Ushio.“
 

Yugi spürte, wie seine Wangen flammend heiß wurden. Er hatte gar nicht gemerkt, was er da gerufen hatte. „Er ist... 

Er ist sehr gemein. Ich denke, wenn er wirklich gute Freunde hätte, dann wäre er nicht so zu anderen.“
 

„Du urteilst viel zu gut über jemanden, vor dem du solche Angst hast“, meinte Atem.
 

„Ich kann nicht lange nachtragend sein. Was bringt es mir denn auch? Davon ändert sich nichts.“
 

„Weise Worte.“ In Atems Augen lag Anerkennung.
 

„Momentan kann Ushio sowieso niemanden verletzen, er liegt noch immer im Koma.“ Yugi runzelte die Stirn. „Ich kann 

das nicht glauben.“
 

„Hat er sich mit den falschen Leuten angelegt?“
 

„Möglich. Aber selbst wenn... Ushio ist eine Riese! Er ist größer als dein Freund Seto und noch dazu muskelbepackt. 

Er hat Pranken wie ein Bär! Er ist ein Monster und es macht mir Angst, daß da draußen ein noch größeres lauern könnte.“
 

Atem sah seltsam ernst drein. „Wer weiß das schon?“ antwortete er schließlich leise. „Ich weiß, daß ist keine Aufmunterung. 

Immerhin ist auch hier ein Verbrecher unterwegs.“
 

„Du denkst das also auch“, stellte Yugi fest. „Ich hoffe, die Polizei faßt ihn.“ Er rieb sich über die Arme.
 

„Ja, das wäre wirklich gut.“ Dennoch schien Atem es nicht so recht glauben zu können. Er stand geschmeidig auf. 

„Geht es wieder besser?“
 

Yugi nickte. „Dank dir. Du bist mehr als nur nett.“ Er verbiß es sich, noch mehr zu sagen. Er wollte diese aufkeimende 

Freundschaft nicht mit der Heckenschere abschneiden.
 

Atem lachte und erneut strahlten seine Augen so sorglos wie sonst nicht. „Du auch, Yugi. Aber morgen muß ich sicher 

strenger sein, wir haben noch viel zu lernen.“
 

Yugi rollte mit den Augen, dennoch lächelte er. „Erinnere mich nicht.“

Atem schmunzelte, sagte aber nichts mehr. Er hob nur noch eine Hand lässig, bevor er das Zimmer verließ. Yugis Blick 

blieb an Atems Lederhose hängen und dem hübschen Hintern, über den sie sich spannte. Zu Yugis Leidwesen war Atem 

auch schon fort, als er diese Entdeckung gemacht hatte. Aber wie gesagt: Er würde nichts tun, um das hier zu ruinieren. 

Er war Atem gerade viel zu dankbar.

Vorbereitung auf Halloween

Innerhalb weniger Tage schwand die Aufregung um den Angriff auf Anna. Sie kehrte zurück an die Schule, vollbepackt mit den 

Geschenken ihrer Freunde und einer Menge selbstgebackener Plätzchen von ihrer Mutter, die am Tag nach Yugis Besuch 

gekommen und für ein paar Tage in der Stadt geblieben war.

Die Polizei fand nichts weiter und die Sicherheitsvorkehrungen wurden langsam gelockert, während das Wetter von Hitze in 

kaltes Regenwetter umschlug.

Es war spät für den Herbst geworden, doch jetzt fühlte es sich wirklich wie Oktober an. 

Ein neues Thema bewegte die Gemüter der Rosenhain-Bewohner: Das nahende Halloween-Fest.

Die Schule feierte es jedes Jahr. Die Schüler waren aufgerufen, sich am Basteln von passender Dekoration zu versuchen, 

sich Aktivitäten mit Gruselfaktor auszudenken und bei deren Planung und Umsetzung zu helfen. Wie jedes Jahr gab es auch 

einen Kostümwettbewerb.

Yugis Klasse summte vor Aufregung wie ein Bienenschwarm.
 

Yugi wünschte, er hätte die Zeit und Muße oder die Noten, um es sich leisten zu können, über Schminke, Gummispinnen und 

Pappmaché-Grabsteine zu reden und auszutüfteln, mit was man so gruselig sein konnte, um selbst die Abschlußklasse zu erschrecken. 

Handies mit Gruselbildern wurden herumgereicht oder auch mit Kostüm-Inspirationen. Ein Junge schrie lauthals, er würde Freddy Krüger machen, ihm fehle nur eine falsche Glatze.
 

Yugi klappte seufzend sein Mathebuch zu und sah es an, als sei es persönlich für all seine Probleme verantwortlich. Was es 

seiner Meinung aber auch war! Atems Bemühungen schienen irgendwo zwischen Yugis Gehörgang und Gehirn in einem 

schwarzen Loch zu verschwinden, merken konnte er sich das alles beim besten Willen nicht und er konnte noch froh sein, 

bei der heute zurückbekommenen Arbeit wenigstens 40 von 100 Punkten bekommen zu haben.

„Oh, wie ich Mathe hasse“, murmelte er geschlagen und legte den Kopf auf sein Pult.
 

„Yugi!“ Jonouchi stupste ihn an. „Komm schon, das ist doch kein Drama. Das holst du noch locker auf! Freu dich lieber auf 

das Fest, Mann. Es wird endgeil, das sagen alle älteren Schüler.“
 

„Das sagt sich so leicht“, murmelte Yugi in sein Arbeitsheft. “Die müssen nicht jeden Tag zusätzlich Mathe pauken, bis ihnen 

der Schädel raucht.“
 

„Aber Atem ist doch...“
 

„... nett, das stimmt.“ Yugi stemmte sich mühevoll wieder hoch. „Er ist nett und so bemüht und er versucht immer, mir alles 

so einfach wie möglich zu erklären, aber ich begreife es einfach nicht. Jedenfalls nicht genug.“ Er starrte auf die rote Zahl, 

die ihn von der Arbeit höhnisch anlachte. Ihm gefiel es nicht, Atem diese Arbeit zeigen zu müssen, aber der mußte sie in 

Vertretung von Yugis Eltern unterschreiben. Yugi seufzte schwer. Atem sollte nicht denken, daß er schlecht war. Das hier 

war allein Yugis Problem. 
 

„Startschwierigkeiten hat jeder mal. Du solltest dich nicht so verbeißen in diesen Krempel. Außerdem bist du doch in den 

anderen Fächern ganz ordentlich.“
 

„Ich habe in der Erdkunde-Arbeit nicht besser abgeschnitten als hier. Physik wird auch nicht besser, das habe ich schon beim Vergleichen mit den anderen 

bemerkt. Und in Biologie habe ich auch letztens eine schlechte Note kassiert, weil ich vor lauter Mathe nicht mehr dazu 

gekommen bin, für den normalen Unterricht zu lernen. Meine Noten waren vorher schon nicht berauschend, aber wenn 

das so weitergeht, kriege ich Riesenärger mit meinen Eltern. Sie wollen, daß ich mal auf eine wirklich gute Universität gehe.“ 

Yugi blickte niedergeschlagen auf die Mathearbeit, bis er sie langsam unter sein Heft schob, um sie nicht mehr ansehen zu 

müssen. „Ich kriege Kopfweh“, fügte er leise hinzu und preßte kurz die Lider zusammen, um dem Druck hinter seinen Augen 

entgegenzuwirken. Er wurde angestupst und als er ein Auge öffnete, lachte ihm Leatherface von einem Handybildschirm 

entgegen.

„Gah!“

Yugi fiel fast hintenüber vom Stuhl, als er sich vom Tisch zurück drückte, um der Horrorvisage zu entgehen.
 

Jonouchi zuckte selber zusammen und reichte das Handy mit einem verlegenen Grinsen weiter. „He, ganz ruhig. Entspann 

dich und mach bei den Vorbereitungen mit.“
 

„Mit der Punktzahl?“ Yugi quiekte vor Unglauben und dem Schock. „Atem wird mich büffeln lassen, bis ich von Zahlen träume. 

Ich werde keine Zeit haben. Ich habe jetzt schon keine Zeit oder hast du mir nicht zugehört?“
 

„Doch, aber du machst dir zu viele Sorgen.“
 

Yugi verbarg stöhnend das Gesicht in den Händen.
 

„Was meinst du? Was für ein Kostüm würde zu mir passen?“ überlegte Jonouchi laut und lehnte sich zurück, die Arme hinter 

dem Kopf verschränkt. 
 

Mit einem Kopfschütteln blickte Yugi zur Tafel, als das Eintreffen des nächsten Lehrers diese Unterhaltung abbrach. 

Wenigstens war Soziologie erholsam...
 

***

„Es tut mir leid!“ Mit einer tiefen Verbeugung und zusammengekniffenen Augen überreichte Yugi Atem am Nachmittag die 

in den Sand gesetzte Arbeit.
 

„Yugi?“ Atem klang verblüfft, dann fühlte Yugi, wie das Papier aus seiner Hand genommen wurde. „Hm... Oh! Das ist besser, 

als ich erwartet hatte. Du hast gute Fortschritte gemacht.“
 

Yugi blickte überrascht auf. „Was? Aber... 40 Punkte... und Physik... und Bio... Erdkunde... Ich... meine Eltern...“ 
 

Atem blickte zu ihm, hob eine Augenbraue und tippte dem wild gestikulierenden und nach Atem wie Worten ringenden Yugi auf 

die Stirn. „Aus!“ Der blinzelte ihn dümmlich an.

„Laß mal die Luft raus.“

Yugi sackte sichtlich in sich zusammen.

„Und einatmen!“

Yugi folgte, bis er sich nicht mehr fühlte, als würde er gleich ersticken.

„Das hier ist verdammt gut im Vergleich zu deinen Noten früher.“ Atem wischte Yugis Einwände mit einer Handbewegung 

beiseite. „Hier ist das Niveau viel höher als auf deiner alten Schule, vergiß das nicht. Du kannst stolz sein auf das, was du in so 

kurzer Zeit erreicht hast. Mit ein bißchen Spucke holst du bis zu deinem nächsten Jahr noch 20 Punkte mehr raus.“
 

„Nächstes Jahr... 20 Punkte mehr...“, wiederholte Yugi. „Ja, aber, dieses Schuljahr...“
 

„Du schaffst es. Es dauert eben. Manche Dinge sind nicht von jetzt auf gleich möglich“, erklärte Atem und legte Yugi einen 

Arm auf die Schulter, um ihn zum Tisch zu führen. „Du brauchst nur etwas Zeit... und Ruhe! Ich denke, wir sollten unsere 

Stunden reduzieren. Du hast sehr hart gearbeitet und das zu allem anderen zusätzlich.“
 

„Ich verstehe das nicht“, erwiderte Yugi und ließ sich wie eine Puppe auf seinen Stuhl drücken. „Ich habe das Gefühl, 

überhaupt nichts begriffen zu haben. Daß ich nur wie ein... Ding reagiert habe.“ Er strich über seine Stirn. Es schmerzte 

noch immer.
 

„Diese Arbeit sagt etwas anderes.“ Atem setzte sich Yugi gegenüber und unterschrieb sie. „Du hast reagiert, weil du nicht 

mehr über alles nachdenken mußtest. Hier, das stimmt und diese Formel hast du mehrfach richtig angewendet. Und schau, 

hier war es nur ein Zahlendreher, der dich Punkte gekostet hat. Du bist auf dem richtigen Weg. Gib nicht auf, weil dir nicht 

gleich alles in den Schoß fällt.“
 

„Aber sollte ich nicht hart weiterlernen?“
 

„Du bist blaß, Yugi, und im Spiele-Club machst du ständig Fehler bei den einfachsten Dingen. Du stehst zu sehr unter Druck und es tut mir leid, daß ich dazu 

noch beigetragen habe. Natürlich mußt du jeden Tag deine Aufgaben machen, aber du brauchst auch etwas Zeit für dich 

und für Spaß.“ Atem lächelte. „Mach doch bei dem Fest mit! Das bringt dich auf andere Gedanken und dann fällt dir das 

Lernen auch leichter.“
 

Yugi kaute auf seiner Unterlippe, schließlich nickte er, geschlagen. Dennoch fehlte ihm die Lust auf irgendein Fest. „Ich 

werde mir was überlegen.“
 

Seine müde Stimme ließ Atem wieder von der Arbeit aufblicken. „Schulfeste sind nicht deine Sache?“
 

„Naja... Meine Ideen sind nicht so besonders. Aber ich kann ja den anderen bei ihren helfen“, erwiderte Yugi achselzuckend.
 

Atem hob eine Augenbraue. „Nun, ich kann verstehen, wenn du entspannen und deshalb keine großen Überlegungen 

anstellen willst, aber sollte dir doch etwas einfallen, kannst du es ruhig Anzu oder mir mitteilen. Es kann nicht schlimmer 

sein als Monster-Jodeln.“

Auf Yugis ungläubigen Blick hin zuckte Atem mit den Schultern. „Ich habe mir das nicht ausgedacht.“
 

„Monster-Jodeln. Das klingt leicht zu schlagen.“ Yugi mußte grinsen.
 

„Ich bin mir sicher, was auch immer dir einfällt kann nur eine willkommene Ergänzung des Programms sein.“ Atem lehnte 

sich nach hinten und musterte Yugi mit warmen Augen. „Überleg dir was Gutes für dein Kostüm.“
 

Yugi lachte unterdrückt auf. „Ich könnte als Zwerg gehen... oder als Troll im Miniformat.“
 

„Soll ich dir eine Keule besorgen?“
 

„Nein, aber ein Fellhöschen“, blödelte Yugi zurück und sie beide lachten. Wieder verlor Atems Gesicht die so tief verwurzelte 

Ernsthaftigkeit. Yugi wurde die Kehle trocken, er schluckte und befeuchtete dann seine heißen Lippen.
 

Atem hielt inne und seine Augen verengten sich. Auf einmal ging etwas von ihm aus, das Yugi den Atem raubte und ihn mit 

klopfendem Herzen an den Holzstuhl fesselte.

„Du könntest auch als Teufel gehen.“ Atem beugte sich vor. „Du mußt dich wirklich nicht verstecken.“
 

Yugi lief so rot an, daß er glaubte, gleich würde jemand die Feuerwehr rufen. „Ich... verstehe nicht“, brachte er mühsam 

hervor, obwohl in seinem Bauch Schmetterlinge tanzten.
 

Atem lehnte sich zurück, die Intensität versickerte wie Wasser im Erdreich und Yugi fühlte sich auf einmal befreit. 

„Du solltest dein Licht nicht unter den Scheffel stellen. Das ist alles. Jetzt nochmal wegen der Arbeit...“
 

Yugi seufzte und zog sein Matheheft aus dem Ranzen, schlug es auf und fing an, mit Atem die fehlerhaften Aufgaben 

durchzuarbeiten. Das Gefühl von eben verweilte in seinen Gedanken und er wünschte sich, Atem wäre nicht so schnell 

wieder zum Tagesgeschäft übergegangen.
 

***

„Du siehst viel besser aus“, stellte Emi am Wochenende fest. Sie saß schnaufend auf einem riesigen Plakat und malte mit dem 

Pinsel schwarze Linien.

Yugi saß ihr gegenüber und hielt das Papier so glatt wie möglich. Fasziniert beobachtete er Emis Zopfspitzen, die schon 

mit mehreren Farbeimer Bekanntschaft geschlossen hatten und dementsprechend bunt waren, die sich gefährlich nahe 

über dem Papier bewegten.
 

„Hm? Oh... Ja. Atem gibt mir nur noch zweimal die Woche Nachhilfe. Auf einmal habe ich tatsächlich wieder Freizeit.“ 

Yugi lachte leise. Obwohl sie eine ruhige Ecke erwischt hatten, hieß das in der Aula nicht viel. Draußen schüttete es wie 

aus Kübeln und so war die Halle gefüllt mit Schülern die lachend, quiekend und quasselnd Halloween-Dekorationen herstellten. Es roch wie im Baumarkt nach Farbe, Leim und Holz.

Während Emi mit rausgestreckter Zunge anfing, auf ihrer Zeichnung blutige Akzente zu setzen, ließ Yugi den Blick schweifen.

Jonouchi saß rittlings auf einer kleinen Hütte aus Holz und flickte das Dach. Die Hütte war, so hatte Yugi erfahren, schon 

ein paar Jahrzehnte alt und wurde jedes Jahr aufs Neue von den Schülern aus dem Lager hervorgeholt, ausgebessert und 

dann für die Feier ausstaffiert. Gerade groß genug für zwei kniende Jugendliche hatte sie den Spitznamen „Knutschbude“ weg.

Daneben stritten Bakura und Seto sich wegen etwas, das aussah wie ein ersoffenes Faultier aus Dämmwolle. Offenbar waren 

sie sich nicht einig, wie sie ihre Frankenstein-Kreatur gruselig anstatt armselig präsentieren konnten.

Anzu schnitt merkwürdige Formen aus schwarzem und orangem Karton aus, dann klebte sie diese zusammen. Langsam ergab 

sich das Bild eines böse grinsenden Kürbisses.

Atem hockte mit verschränkten Beinen auf einem Tisch und schnitzte etwas in ein großes Holzkreuz.
 

Yugi schmunzelte. Atem sah so konzentriert aus und bei ihm saß jeder Handgriff. Yugi wünschte sich, er wäre auch nur 

halb so geschickt im Heimwerken wie der exotische junge Mann, der eben aufsah und ihm ein strahlendes Lächeln schenkte.

Verwirrt und gelähmt von den weißen, perfekten Zähnen, die in so apartem Gegensatz zu Atems dunkler Haut standen, 

lächelte Yugi zurück.

Ein leises Kichern holte ihn zurück in die Wirklichkeit und er blickte die Verursacherin schmollend an.
 

„Du kriegst sogar richtig Farbe im Gesicht“, führte Emi fort, dann legte sie grinsend den dünnen Pinsel beiseite, um einen 

dickeren zu nehmen und in die rote Farbe zu tauchen. „Du bist eine gute Inspiration für mein Bild.“
 

„Was?“ erkundigte Yugi sich verteidigend. „Ich habe mich nur umgesehen.“
 

„Klar.“ Sie schmunzelte. „Schon eine Idee, was du für das Fest machen willst?“
 

„Ich überlege noch.“
 

„Nicht mal eine Idee für eine Aktivität?“
 

„Vielleicht Monster-Karaoke“, gab Yugi kopfschüttelnd zurück.
 

Emi schnaubte lachend. „Nein. Dir fällt sicher was Besseres ein. Du solltest dir was Richtiges ausdenken, Yugi.“
 

Er senkte den Kopf. Er erinnerte sich nur zu gut, daß seine Ideen für Schulfeste  so gut wie nie Anklang gefunden hatten. 

Vielleicht war es hier anders, aber bei all den Dingen, die die Leute zusammenbastelten und sich ausdachten, um einen 

schrecklichen Tag und eine grauenvolle Nacht zu gestalten, kam Yugi sich einfach nur ideenlos vor. Man mochte über 

Monster-Jodeln ja vortrefflich streiten können, aber es war definitiv kreativ und nichts, was es überall gab.

Als Yugi später müde und farbenbekleckst unter die Dusche stieg, fragte er sich, wieso alle so erpicht darauf waren, daß er 

an dieser Sache nicht nur teilnahm, sondern sie auch mit erdachte.

Ihm fiel Atems Aussage ein, er solle sein Licht nicht unter den Scheffel stellen. Sicher gehörte es zu seiner Aufgabe als 

Tutor, Schüler zu ermutigen und sie einzubinden. Doch dann dachte er an den Moment vor dieser Aussage und wie Atem 

ihn heute angelächelt hatte. Yugis ganzer Leib brannte auf einmal und Yugi mußte das Wasser so kalt einstellen wie möglich.

Nein, es war nicht gut, an sowas zu denken. Er sollte Freundlichkeit nicht mit anderen Dingen verwechseln, das konnte 

nur schiefgehen. Er hatte außerdem bereits genug Dinge, die seine Aufmerksamkeit benötigten. Es war nicht gut, sich sinnlos an eine noch so anziehende Vorstellung zu hängen. Außerdem kannte er Atem viel zu wenig! 
 

Nach dem gefaßten Beschluß kehrte Yugi in sein Zimmer zurück und schlüpfte in saubere Sachen. Er hatte noch etwas Zeit 

bis zum Abendessen, also warf er erst mal einen Blick in Skype, doch niemand war online. Yugi klappte das schwarze 

Netbook zu, lehnte sich zurück und schob einige Gegenstände durch die Gegend, zu faul, um wirklich aufzuräumen. Sein 

kleiner Finger stieß gegen Metall. Aus Gewohnheit zog Yugi das Kästchen zu sich und ließ es aufschnappen. Sein Duel 

Monsters-Deck rutschte auf die Tischplatte. 
 

Yugi fing an, die Karten zu sortieren. Ihm fiel ein, daß er schon eine geraume Weile keine neuen Booster Packs mehr gekauft 

hatte. Er träumte von dem Lager des Kame-Spielladens voller Verführungen: Nicht nur Duel Monsters, sondern auch unzählige andere Spiele. Alles, wovon ein Spielefan 

nur träumen konnte. Pen&Paper-Bücher, die sich aufeinanderstapelten. Brettspiele aus  verschiedenen Jahren, gar Jahrzehnten! Gebraucht, neu, 

Sonderausgaben... Alles nebeneinander. Sammelstatuen, bemalbare Figürchen und soviel Merchandise. Oh, Yugi 

mußte in den Winterferien unbedingt hinein und sich alles ansehen, einatmen, befühlen. Er lächelte leicht. Soviele Spiele 

zu sovielen Themen... auch für draußen und...
 

Und da hatte er eine Idee! Ja! Warum nicht? Sein Blick fiel auf die Karten, alt, aber in gutem Zustand. Großvaters Deck... 

Das Deck, das Yugi als Kind immer bewundert hatte. Und am allermeisten hatte er das Ass des Decks bewundert. Er zog die 

Karte hervor. Der Schwarze Magier! Er schlug Zwerge und zu klein geratene Trolle um Längen!

Vielleicht hatte Atem doch recht und er hatte das nicht nur aus Pflichtgefühl gesagt. Yugi lächelte, klappte sein Notebook auf 

und suchte nach einer Anleitung, um sich in sein Lieblingsmonster zu verwandeln.

Monster

„Wow! Du siehst cool aus.“ Jonouchi betrachtete bewundernd das violette Kostüm. Er und Yugi standen auf dem Flur zu 

ihren Zimmern.
 

Yugi lächelte verlegen. „Es war das Beste, was ich machen konnte.“ Er sah an sich hinunter. Auf die Rüstung an den Beinen 

hatte er verzichten müssen, dafür trug er eine längere Robe. Mit seinen kurzen Beinen hätte es anders einfach zu seltsam 

ausgesehen. Wie ein Schwarzer Magier, der nach dem Waschen eingelaufen war. „Ohne Emis Hilfe würde ich wahrscheinlich 

ganz schrecklich aussehen. Auf die unerwünschte Art.“ Er strich den weichen Stoff glatt, dann nahm er den Koffer neben sich 

auf, ächzte und setzte ihn gleich wieder ab.
 

Jonouchi grinste und schob den schwarzen Hundekopf von seinem blonden Schopf in den Nacken. „Laß mich das machen. 

Puh! Sind da... Steine drin?“
 

„Spielsteine“, antwortete Yugi lachend und nahm seinen grünen Stab auf. „Wir müssen sie nach unten tragen zum Spielfeld.“
 

„Dein Opa war ein echt cooler Kerl... und stark wie zehn Ochsen.“ Jonouchi schleppte den Koffer mit zusammengebissenen 

Zähnen den Gang hinunter zur Treppe. Er schwitzte bereits jetzt in seinem Fell.

Yugi ging ihm voraus und sorgte dafür, daß kein Scherzkeks sie erschrecken konnte. Seit heute morgen war Rosenhain im 

Ausnahmezustand. Selbst für den verkürzten Unterricht heute waren einige schon teilweise oder komplett kostümiert 

erschienen. Yugi hatte heute bereits eine Begegnung mit Freddy Krüger hinter sich, zwei Sadakos (deren Gekicher aber den 

Effekt ruinierte), einer Angela Baker und einem fluchenden Leatherface mit zerbröselter Papp-Kettensäge. 
 

„Das war er. Also cool.“ Yugi spähte um die nächste Ecke, erschreckte sich und erkannte erst dann, daß es nur ein Rudel 

Gummispinnen war, das die Treppe übernommen hatte. Yugi schob sie so beiseite, daß Jonouchi den Koffer unfallfrei die 

Treppe hinunterziehen konnte.
 

„Wer hat dir den eigentlich geschickt?“
 

„Miho hat einen Schlüssel, falls ich etwas von daheim brauchen sollte. Sie hat ihn mir geschickt... mit Hilfe Hondas und des 

Paketboten.“ Yugi fühlte Reue. „Ich hatte nicht bedacht, daß echte Steine soviel wiegen. Vielleicht sollten wir Bakura um Hilfe 

fragen?“
 

„Wieso denn das halbe Hemd?“ Jonouchi mußte auf der Mitte innehalten und sich schnaufend die Arme reiben.
 

„Oh, er ist stark. An meinem ersten Abend hat er einfach so meinen Koffer aufgehoben. Wirklich hoch in die Luft“, erzählte Yugi. 
 

„Wundert mich. Bakura ist echt mies in Sport. Er hält nie die Bälle beim Fußball und meine Oma tritt fester zu.“
 

Yugi zuckte mit den Schultern. „Vielleicht war es auch nur eine Ausnahmeleistung.“
 

Jonouchi nickt. „Das wird’s sein.“ Zusammen mit Yugi, der sich seinen Stab unter den Arm klemmte, stemmte er den Koffer 

hoch und sie schleppten ihn vor die Tür des Wohnheims. Draußen erwartete sie Morticia Addams, die sich beim zweitem 

Hinsehen als Anzu entpuppte. Sie starrte die Jungen entsetzt an, dann rief sie nach Kaiba und nahm Yugi den Stab ab. 

Jonouchi knurrte, aber Yugi war dankbar über jede Hilfe. Und Anzu konnte in dem Kleid gerade mal winzige Schritte machen. 

Mit vereinten Kräften wuchteten die drei Jungen den Koffer zum Spielfeld. Als er endlich stand, wischte Yugi sich den 

Schweiß von der Stirn. 
 

„Ich hätte das Ding zuerst runterschaffen sollen und mich dann umziehen“, meinte er keuchend.
 

„Ein wirklich komplizierter Gedankengang“, warf Kaiba ein und richtete sich auf, um sein braunes, felliges Kostüm gerade zu 

ziehen. Verächtlich blickte er Jonouchi an. „Uh, ein schwarzer Köter, wie gruselig.“
 

„Halt die Klappe! Niemand hat nach deiner Meinung gefragt.“ Jonouchi ballte die Hände zu Fäusten. Sein Gesicht lief noch 

röter an. „Was bist du überhaupt? Rotkäppchens flohverseuchter Fellvorleger?“
 

„Ich bin ein Wolf, du domestiziertes Haustierchen!“ Kaibas Augen verengten sich und seine Lippen kräuselten sich.
 

„Und ich bin der Hund von Baskerville! Schon mal gelesen?“ Jonouchi bleckte die Zähne.
 

„Ja, öfter als du in deinem ganzen Leben überhaupt gelesen hast.“
 

„Was willst du damit andeuten, Harry von den Hendersons?“
 

Yugi seufzte und schüttelte den Kopf. Wenn er eines gelernt hatte, dann daß es absolut sinnlos war, Jonouchi und Kaiba 

zu trennen. Aber immerhin bellten sie nur und das hieß ja, sie würden nicht beißen... Yugi schüttelte erneut den Kopf. 

Woher kamen gerade alle diese Hunde-Vergleiche?
 

„Wie wäre es mit einer Tollwut-Impfung? Du schäumst ja schon!“ spottete Kaiba gerade und Jonouchi sah aus, als würde er dem Größeren gleich an die 

Kehle springen, da legte sich eine weiß behandschuhte Hand auf Jonouchis Schulter.
 

„Seto, Momoko und Kenji brauchen Hilfe beim Aufhängen der Girlanden. Würdest du bitte? Ich bin leider nicht groß genug.“ 

Ein Mann mit weißer Halbmaske trat zwischen die beiden Kontrahenten, als würde all deren Spannung an ihm einfach 

abprallen.

Es dauerte einen Moment, bis Yugi unter dem breitkrempigen Hut Atems Haare sah. Er lachte überrascht auf und Atem 

blickte ihn mit einem kleinen Lächeln an.

Kaiba murmelte etwas Grantiges, dann drehte er um und mit weitausholenden Schritten verschwand er in der Aula, um 

bei den Ballvorbereitungen zu helfen.
 

„Danke“, sagte Yugi. „Sonst hätten sie heute nicht mehr aufgehört.“
 

„Dieser reiche Pinkel legt es doch drauf an!“ empörte Jonouchi sich, aber als er Atem ansah, ging ihm sichtlich die Luft aus.
 

„Ich weiß, Seto ist... schwierig, doch du solltest dich nicht ständig in seine Probleme mit hineinziehen lassen“, mahnte Atem. 
 

„Das sagt sich so leicht...“
 

Yugi nickte mit einem schiefen Lächeln. „Leider wahr. Er ist wirklich sehr anstrengend.“
 

Atem zuckte hilflos mit den Achseln, dann sah er Yugi genauer an. „He, das ist ein tolles Kostüm!“
 

Yugi kratzte sich verlegen an der Wange. „Ach... Du siehst auch sehr gut aus. Der schwarze Umhang, der feine Anzug 

und die Maske... Du bist das Phantom der Oper, richtig?“
 

„Wisse, daß ein Leichnam dich liebt“, zitierte Atem schmunzelnd.
 

Yugi lief feuerrot an. „Ähm... also...“
 

„Jetzt bitte ihn bloß nicht, zu singen. Außer du willst einen Hörsturz bekommen.“ Bakura trug ebenfalls einen schwarzen Anzug, 

allerdings moderner. Sein langes Haar war auf seinem Kopf festgesteckt und eine Art weißer Kapuze baumelte in seinem 

Nacken.

Atem kniff die Lippen zusammen und warf Bakura einen finsteren Blick zu.
 

Yugi versuchte, mit einem Lachen die Stimmung zu retten. „So schlimm ist es bestimmt nicht. Atem hat doch eine schöne 

Stimme.“

Dessen Mundwinkel zuckten und die Finsternis verließ Atems Augen. Bakura schnaufte nur. „Als was gehst du, Bakura?“
 

„Ich? Ich bin Slenderman!“ Bakura zog die weiße Kapuze hoch und über den Kopf. Yugi erkannte, daß es eine Maske war, die 

den ganzen Kopf bedeckte, als sie unter Bakuras Kinn verschwand. Ohne jegliche sichtbaren Gesichtsmerkmale oder -regungen bot der weiße Kopf einen verdammt guten Grund, sich zu fürchten.

Yugi schauderte, Bakura lachte zufrieden.
 

„Geile Sache, Alter“, meinte Jonouchi anerkennend. „Und wo sind die Tentakel?“

Yugi glaubte, Bakura unter der Maske lächeln zu sehen.
 

„Immer da, wo du gerade nicht hinschaust.“
 

Atem derweil hatte den Koffer geöffnet.  „Umwerfend!“ rief er und hob einen der Spielsteine hoch, der einen detailiert 

ausgearbeiteten Drachen aus echtem, hellen Stein darstellte.
 

Yugi strahlte und seine Wangen brannte. „Toll, daß es dir auch gefällt! Ich dachte, sie passen perfekt für Halloween.“
 

Atem packte diverse Monster aus. Neben Drachen gab es Oger, Kobolde, Hexen, Dämoninnen und Vampire. „Das ist ein 

wundervolles Schachspiel, du hast nicht zuviel versprochen.“
 

Yugi kicherte. „Und sie haben noch einen schönen Nebeneffekt. Hast du den Schleim?“
 

„In Mengen“, versprach Atem und grinsend machten sie sich daran, die Geheimkammern der Figuren mit dem grün 

gefärbten Wasser zu befüllen. Jonouchi half ihnen mit einem Gesichtsausdruck, der nichts Gutes verhieß.

Yugi fragte sich, was sein Freund plante.

Und während sie zu dritt über der sauberen Schmutzbrühe hingen und in ihren Kostümen schwitzten, traf es Yugi wie ein 

Hammer. Trotz aller Unkenrufe vor kurzer Zeit hatte er hier Freunde gefunden. Auch wenn er Miho und Honda vermisste, 

er war nicht alleine hier. Yugi lächelte fein. Was für eine Erkenntnis! 

Schließlich richtete Atem sich triumphierend auf. „Das war die letzte. Es ist alles bereit für das erste Spiel.“
 

„Sehr gut. Die Aula ist auch bald fertig.“ Es war Anzu, die Yugi seinen Stock reichte. „Entschuldige... Ich habe ihn 

mitgenommen und ganz vergessen...“
 

„Äh... Schon gut.“ Yugi nahm ihn entgegen. „So hatte ich die Hände frei, also danke.“
 

„Es ist ein riesiges Chaos überall.“ Anzu beugte sich über die Figuren, neugierig, doch Atem zog sie zurück.
 

„Vorsicht, sie spucken!“
 

„Äh, bitte?“
 

„Schleim“, sprang Yugi Atem bei. „Wenn man sie berührt, kann es sein, daß sie losspucken. Man wird ein bißchen 

feucht und die Haut grün, aber sonst...“
 

„Da bin ich ja beruhigt. Hauptsache, man kann alles wieder abwaschen.“
 

Atem nickte, seine Hand lag noch immer auf Anzus Unterarm.
 

Ein Räuspern ließ die ganze Gruppe sich umdrehen. Hinter ihnen stand Vivian mit verkniffenem Gesichtsausdruck, 

die Arme vor der Brust verschränkt.

„Der Punsch ist fertig“, verkündete sie, während sie Anzu mit giftigen Blicken schier erdolchte.
 

„Würd' ich lieber nicht trinken“, murmelte Jonouchi Yugi zu, der leicht nickte.

Vivian trug ein Kleid, das in Farbe und Schnitt Anzus glich, nur daß ihres wesentlich weiter ausgeschnitten war und 

über einen zackigen, hochgestellten Kragen verfügte. Der Silberschmuck, der sich um ihren Hals, ihre Handgelenke 

und Finger schmiegte, zeigte Fledermäuse und Totenköpfe. Als sie den Mund erneut öffnete, erkannte Yugi lange Fangzähne.
 

„Das habe ich gehört!“ Sie hob die Nase, dann sah sie Atem an, als wäre Anzu neben ihm nur Luft. „Ich habe noch 

Tänze für heute Abend frei“, gurrte sie wie ein verliebtes Täubchen. „Also wie wärs? Dir muß doch langweilig sein mit 

diesem Mäuschen. Meine Haare sind natürlich schwarz.“
 

„Was für ein Argument“, entkam es Yugi.
 

Anzu verkniff sich ein Lachen, Atem hingegen gab ihm nach.
 

Finstere Wolken zogen sich auf Vivians Stirn zusammen. „Dich hat keiner nach deiner Meinung gefragt, du billige Kopie!“
 

„Ach, ich dachte, er sei wie ich, nur niedlicher? Ja, Vivian, ich habe davon gehört.“
 

„Wer hat das nicht?“ gab Jonouchi, nie um eine Antwort verlegen, seinen Senf dazu.
 

Vivian machte ein abfälliges Geräusch. „Na, dann viel Spaß mit deiner Tanzmaus! Du wirst es noch bereuen, daß du 

deine Zeit mit der verschwendet hast statt mit einer richtigen Frau.“ Sie sah auf das Spielfeld. „Was für häßliche Teile!“ 

Sie hob einen Fuß.
 

„Warte, nicht!“ rief Yugi, als er ihre Absicht erkannte.

Atem zuckte nicht mal mit der Wimper.
 

Vivian stieß mit dem Fuß gegen eine Hexe. Diese erbebte und mit einem naßen Geräusch spritzte sie direkt in Vivians Gesicht. 

Vivian ließ einen mörderischen Schrei los.

Es dauerte nicht lange, bis sie von einer Traube neugieriger bis besorgter Schüler umringt wurde, die sie zuerst anstarrten und 

dann lachten.

Vivians Augen blitzten, während grüne Tropfen von ihrer Nase in ihren Ausschnitt fielen.

Sie kehrte auf dem Absatz um und hocherhobenen Hauptes rauschte sie  Richtung Wohnheim.
 

Jonouchi heulte vor Lachen, Anzu sah geschockt auf die Figuren und trat einen weiteren Schritt zurück. Atem trug ein böses 

Grinsen zur Schau.

Yugi sah letzteren an, dann schüttelte er den Kopf. „Warum hast du nicht...“
 

„Weil sie es verdient hat“, erwiderte Atem ebenso leise. „Sie hat Anzu, dich und die Spielfiguren beleidigt. Sie sollte endlich 

merken, daß ich keine Lust auf solches Benehmen habe.“
 

„Es war dennoch gemein.“
 

„Nein, gemein wäre es, wenn ich ihr sagen würde, für was für eine unerträgliche, bösherzige Oberzicke ich sie halte, die sich 

mit Genuß durch das Unbehagen anderer profiliert und dieses Unbehagen deshalb forciert.“ Atems Augen blitzten gefährlich.
 

Yugi gewann den Eindruck, daß Atem kein Problem hätte, ihr das zu sagen, aber sich aus irgendeinem Grund zurückhalten 

wollte. Er nickte, wenn auch nicht ganz überzeugt. In einem aber hatte Atem recht: Vivian war nicht viel besser als Ushio.
 

„Ich besorge ein Schild. Ein Warnschild“, erklärte Anzu seufzend.
 

„Für Wong?“ Jonouchi grinste.
 

„Für das Spiel. Ganz gleich, wie sehr Vivian es verdient haben mag, eine Warnung wäre fair gewesen, da hat Yugi recht, 

Atem. Laßt uns jetzt wenigstens die anderen warnen.“ Das letzte sagte Anzu laut genug, daß ihr Publikum es ebenfalls 

hören konnte. Dieses protestierte lachend und bot sich an, zu spielen und dann als lebende Warnschilder zu fungieren.

Es dauerte nicht lange, bis das erste Spiel im Gange war, das Spielfeld eingekreist von lachenden Zuschauern und wenig 

später der ersten, von Schleim triefenden, Spieler.
 

Yugi sah auch eine Weile zu, erklärte einigen die Regeln des Schachspielens und amüsierte sich, bis Emi und Jonouchi 

zurückkamen und ihn unterhakten.

Anzu und Atem waren in der Zwischenzeit zu anderen Problemstellen gerufen worden.

„Komm, laß uns den Friedhof ansehen, den die Abschlußklasse gebaut hat“, sagte Emi
 

„Friedhof? Sie haben einen Friedhof aufgebaut?“ Die Abschlußklasse hatte bisher ihr Projekt geheimgehalten.
 

„Ja, sie wollen uns erschrecken. Aber nicht mit uns!“ Jonouchi streckt die Brust vor. „Also sei kein Angsthase. Wir sind 

doch zu dritt. Wir zeigen's ihnen!“
 

Yugi lächelte schwach. Da war er sich nicht so sicher, aber er wollte seine Freunde nicht hängen lassen. Emi schwang also 

ihren Besen auf die Schulter, dann gingen sie los. Der Friedhof sollte hinter der Turnhalle beginnen, dort lag ein kleines 

Wäldchen, hauptsächlich Tannen, die dem Himmel grün und breit entgegenstrebten, und in der Tat begrüßten sie hinter 

dem modernen Bau schon bald schiefe Grabsteine aus Pappmaché und ein Holzkreuz mit der Aufschrift „Die, die ihr hier 

eintretet, lasset alle Hoffnung fahren“.

Die Bäume warfen dunkle Schatten über die Grabmarkierungen und ließen das Gelände dahinter in Schwärze versinken. 

Dabei war es, wie Yugi mit einem Blick in den Himmel feststellte, noch gar nicht Abend. Doch große, graue Wolken schienen 

von allen Seiten auf das Internat zuzustreben. Yugi lief ein Schauder über den Rücken. Offenbar hatte seine Toleranz 

für Gruseliges in den letzten Monaten mehr abgenommen, als er gedacht hatte.

Emi und Jonouchi neben ihm unterhielten sich aufgeregt, das Zwielicht schien sie nicht zu stören. Yugi fiel erst jetzt auf, 

daß Jonouchis Kostüm grünlich schimmerte, ebenso Emis lackierte Fingernägel. Er schüttelte sich und straffte die Schultern. 

"Gehen wir rein!" meinte er mit falscher Begeisterung. Besser, er brachte das hier schnell hinter sich, je eher, desto besser 

für seine Nerven.
 

Zuerst sahen sie nichts weiter als Bäume und Büsche. Irgendwo krächzte ein Rabe. Yugi hielt sich fest an seinem Stab. 

Das Grün fiel zur Seite und gab den Blick auf eine winzige Hütte frei, deren Tür sich wegen eines leichten Luftzuges leicht 

hin und her bewegte. Yugi erkannte die "Knutschbude" unter Spinnweben und Staub.

Emi und Jonouchi waren verstummt. Zu dritt gingen sie langsam auf die Hütte zu. 

Yugi pochte das Herz im Halse. Wumm! Er sprang fast einen Meter in die Höhe und Schweiß rann plötzlich über seinen 

Rücken. Die Tür war zugefallen. Und aus einem kleinen Fenster beobachteten rotglühende Augen boshaft die drei Besucher.
 

"Jonouchi, was ist da drin?" wisperte Emi, gefangen zwischen Anspannung und Neugier. 
 

"Keine Ahnung. Ich hab das Ding nur repariert, nicht ausstaffiert", erwiderte Jonouchi ebenso leise.

Sie alle drei starrten auf die unbeweglichen Augen und langsam entspannten sie sich. "Das sind nur rote Glühbirnen", 

war er sich schließlich sicher und Yugi nickte langsam. Dennoch hatte keiner das Bedürfnis, es wirklich herauszufinden. 
 

Langsam gingen sie weiter und Yugi stellten sich die Nackenhaare auf, als er ein leises Quietschen hinter sich hörte. 

Schnell sah er über die Schulter. Die Tür stand wieder offen! Saß da vielleicht Atem drin und amüsierte sich über Yugis 

Schreckhaftigkeit?

Einem plötzlichen Impuls folgend streckte Yugi der Hütte die Zunge heraus, dann wollte er eilig seinen Gefährten folgen. 

Aber er konnte sie nicht mehr sehen! Er folgte dem Pfad, doch nirgendwo auch nur ein hellgrüner Schimmer zwischen den 

Bäumen. Er atmete tief durch. Es war nur der kleine Wald hinter der Turnhalle. Wohin Yugi auch ging, er würde wieder 

auf dem Schulgelände herauskommen. Und doch fühlten sich seine Füße wie von Blei beschwert an. Hier gab es nur ein 

paar Leute, die ihn erschrecken wollten, und ein paar Eichhörnchen, die viel mehr Angst vor ihm als er vor ihnen hatte. 

Nichts hier konnte ihm ernsthaft schaden.

Ungebeten trat ihm wieder das Bild Annas, an die Wand gelehnt, vor sein inneres Auge. Außer diesem Tier. 

Yugis Blick huschte von Busch zu Busch, Baum zu Baum. War es nicht schrecklich still hier? Er lauschte angestrengt, doch 

er hörte nicht mal mehr den Raben. Yugi setzte einen Schritt vor den andern, genau abgemessen, als fürchtete er, sonst 

in einen Abgrund zu stürzen.

Und da war es wieder! Boshafte Augen, die ihn verfolgten.

Yugi brach der kalte Schweiß aus und fröstelnd drehte er sich um sich selbst, doch er konnte nichts entdecken. Nichts außer 

dunklen Schatten, die mit langen, knöchernen Fingern nach ihm griffen. 
 

Yugi entglitt sein Stab aus tauben Fingern. Er flüchtete sich in das nächste Gebüsch. Boshafte Hände griffen nach ihm, rissen 

an Kleidung und Haut. Etwas Warmes lief Yugis Gesicht hinunter. Dinge glitten über seinen Körper, unsichtbar und 

unbeschreiblich. 

Yugi standen die Haare zu Berge, er strauchelte - "Nein!" - und stürzte über knarrendes Holz.

Yugis Hände schrammten über den Boden, Schmerz fuhr seine Arme hinauf. Keuchend riß Yugi den Kopf hoch. Die 

Augen waren hier!

Stocksteif lag er in Dreck und Laub, ihm gegenüber, vielleicht drei Meter entfernt, eine gebückte Gestalt mit Augen, 

die wie Feuer brannten. Sie hielt etwas umklammert und als sie sich bewegte, erkannte Yugi Vivians bleiches Gesicht. 

Doch etwas stimmte nicht mit ihrem Hals und Ausschnitt. Alles war so dunkel und wo kam dieses seltsame Tropfgeräusch 

her? Yugis Blick fiel auf den Boden unter Vivian. Auch er war schwarz, eine Schwärze, die sich stetig ausbreitete. 

Kupfergeruch, schwer, feucht, süßlich, kroch wie ein Tier in Yugis Nase und Mund. 

Yugi schwindelte vor Ekel und Angst. Blut!

Mit letzter Kraft stemmte er sich auf die Beine, die Gestalt vor ihm ließ Vivian achtlos fallen; es schmatzte, als sie auf dem feuchten Boden aufkam. Ihr Kopf fiel zur Seite und Yugi sah, daß ein ganzes Stück ihrer Kehle... Es war nicht da!

Yugi trat einen Schritt zurück und sah zu der Gestalt. Diese fixierte ihn lauernd.

Dann öffnete sich ein Loch in ihrem Kopf, langsam, als genieße sie es, Yugis Angst noch zu steigern. Blitzende, weiße Zähne, 

lang und scharf wie die eines Raubtieres, brannten sich in Yugis Seele.
 

Yugi drehte um und rannte los. Er hörte Rascheln hinter sich und es kam immer näher! Kopflos nahm Yugi den nächsten 

Weg und hoffte inbrünstig, der Wald möge sich auftun und ihn zurück in die Sicherheit des Internats entkommen lassen. 

Die Kreatur hinter ihm gab ein grauenhaftes Knurren von sich, Yugi schrie auf. Er gab alles, bis seine Beine schmerzten, 

bis sie taub wurden und sich nicht mehr wie ein Teil von ihm anfühlten. In seinen Ohren hallte das unnatürliche Geräusch 

nach, das ihn zu Höchstleistungen antrieb. Er konnte richtiggehend fühlen, wie die Kreatur immer näher kam, daß sie 

wußte, sie würde gewinnen. Daß sie ihn nur aus reinem Spaß noch jagte. 

Das Entsetzen nahm Yugi die Luft zum Atmen. Er keuchte, er schnappte nach Luft, er prallte gegen etwas Solides und 

ging zu Boden. Verloren!

Schon erwartete er, daß scharfe Zähne sich in seinen Leib bohrten, da spürte er weichen Stoff unter seinen Fingern, 

fühlte menschliche Wärme. Er hob den Kopf und blickte in Anzus überraschtes Gesicht.

"Anzu... wir... Das... Monster...", stammelte Yugi und fiel neben ihr auf den Boden. Hektisch blickte er sich um. Nur 

um nichts anderes als Bäume und einen falschen Altar zu entdecken. "Aber..." Er setzte sich auf, und sah sich noch einmal um.
 

"Yugi, um Himmels willen! Was ist passiert? Du bist verletzt!" Anzu krabbelte neben ihn, ihr Gesicht genauso entsetzt wie 

ihre Stimme. 
 

Yugi sah, daß der schwarze Stoff über ihrer Brust noch dunkler schien, wo er sie berührt hatte. Er hob seine Hände und 

betrachtete das Blut und den Dreck. Den Schmerz nahm er kaum noch wahr. "Entschuldige... Aber da war... Da war eine Gestalt. Und Vivian..."
 

"Was ist mit Vivian?" Atem trat aus dem Wald, in der Hand zwei Wasserflaschen. Seine ehemals weiße Hemdbrust glänzte rot.
 

Yugi starrte ihn an. Wie bei einem Puzzle fielen die Teile an ihren richtigen Platz und ergaben ein Bild. Er stand auf und trat zu 

Atem, dann streckte er anklagend den Zeigefinger unter Atems Nase. "Du!"
 

"Wie, ich?" Atem hob eine Augenbraue.
 

Yugi zitterte vor Wut. Wie konnte es der Kerl wagen, selbst jetzt noch so verdammt gut auszusehen! "Ja! Zuerst diese Schau 

mit Vivian vor allen abziehen und dann im Wald auf irgendwelche Leute warten, um sie mit eurer Horrorfilm-Einlage fast zu Tode zu erschrecken. Das ist nicht witzig!"
 

"Horrorfilm-Einlage?" Atems Gesicht blieb kontrolliert, kein Erkennen war in seinen Augen.
 

"Du weißt schon! Die, wo du ihr die Kehle mit deinen Raubtierzähnen aufreißt und sie in einen See von Blut fallen läßt, 

bevor du denjenigen jagst, der zufällig über euch gestolpert ist." Yugi merkte, wie sein Finger wackelte und ließ ihn sinken.
 

"Yugi, Atem hat nur was zu trinken geholt", erklärte Anzu, die zu ihnen trat. Sie spielte mit der Perücke in ihren Händen. 

"Er war nicht mal fünf Minuten weg."
 

"Ja. Und davor kamen Emi und Jonouchi hier vorbei, sie haben dich gesucht. Ich habe beim Wasser holen Ausschau nach 

dir gehalten, aber dich nicht gesehen."

Atem wirkte auf einmal sorgenvoll.
 

"Dann war es eben einer von den anderen Schülern! Ich weiß, was ich gesehen habe. Es hat mich gejagt." Yugi schlang 

die Arme um seinen dünnen Oberkörper und wandte den Kopf ab. Das, was er gesehen und gefühlt hatte... Eine innere 

Stimme flüsterte ihm zu, daß er es noch so leugnen konnte, aber das war kein Scherz gewesen. Nichts, was ein Mensch 

erdacht hatte. Er erschauderte.

Er zuckte zusammen, als eine Hand sein Kinn sanft anhob. Atem war ihm nahe und Yugi roch etwas Vertrautes. Kupfer? 

Doch da war es schon wieder weg.
 

"Ich werde nachsehen gehen. Yugi, du bleibst hier bei Anzu."

Diese wollte protestieren, doch Atem blickte sie eindringlich an. "Überlaß das mir. Ich bin stärker als du."
 

Anzu schloß ihren Mund, doch ihr Ausdruck war so sorgenvoll wie Atems eben. Sie führte Yugi zu dem Altar. "Setz dich hierhin. 

Du siehst nicht gut aus. Dein Gesicht ist zerkratzt und deine Hände..."
 

Yugi lehnte sich gegen das Gebilde aus Holz und sie öffnete eine der Flaschen, die Atem zurückgelassen hatte, und spülte 

vorsichtig Yugis Handinnenflächen ab.

Yugi biß die Zähne zusammen. Es brannte höllisch!

Langsam begriff er, was er gesehen hatte. Und wenn das kein dummer Streich gewesen war... "Vivian kann doch nicht 

wirklich..."
 

"Sicher geht es ihr gut." Anzus Lächeln wirkte gezwungen. "Nur keine Sorge!"
 

Yugi wünschte sich, er könnte das glauben, aber wie sollte er, wenn Anzu selbst es nicht glaubte? "Sie ist tot, nicht wahr?" 

Er ließ seine Hände sinken, die Wunden nach oben. Die Haut hing in Fetzen und Blut quoll aus einzelnen Stellen.

Das hatte er wohl vorhin gerochen. Ihm wurde kalt. Er war um Haaresbreite seinem sicheren Ende entkommen, das 

wußte er, noch bevor Atem zurückkehrte, ernst und mit zusammengepreßten Lippen. 
 

Atem sprach leise und dennoch schien es im ganzen Wäldchen widerzuhallen: "Sie ist tot."

Getrieben

Yugi wußte nicht mehr, wie Anzu ihn aus dem Wäldchen geführt hatte. Einer der Lehrer war erschienen und hatte Yugi auf 

einen Klappstuhl gesetzt, der wohl deshalb so hieß, weil er so klapprig war. Davon abgesehen bekam Yugi nichts weiter mit. 

Tot, tot, tot...

Atems angestrengte Stimme hallte immer und immer wieder in seinem Schädel nach. 

Eine Decke wurde Yugi um die Schultern gelegt. Irgendjemand verband ihm die Hände und klebte Pflaster in sein Gesicht. 

Yugi ließ es geschehen. Irgendwann trat ein weißgekleideter Mann vor Yugi, doch dieser rührte sich nicht. Sein Kopf wurde 

angehoben, helles Licht schien in seine Augen. "Akute Belastungsreaktion", hörte er eine Stimme von weit her, so dumpf 

war sie. 

Yugi blinzelte, sein Magen rebellierte plötzlich. Yugi beugte sich vor, ein ekelhaftes Geräusch ertönte (War das er?), 

dann brannte Magensäure in seinem Mund und seiner Nase. Es war widerlich!

Eine grün schimmernde, bepelzte Hand reichte ihm einen Becher Wasser.

Yugi trank, wusch seinen Mund, dann spie er es aus. Einmal, zweimal, dreimal... Der Geschmack nach Säure ließ nach, 

der Geruch nach Blut blieb.

Hände versuchten, ihn hochzuziehen, doch Yugi reagierte nicht. Stumm starrte er geradeaus, in den Nachthimmel, der 

voller Wolken hing. Er konnte keinen Stern erkennen. Ein neues Paar Arme schlang sich um Yugi und dieser fühlte sich 

so einfach hochgehoben wie ein Kätzchen. Die Stimme war warm, beruhigend. Yugi schloß die Augen und schmiegte sein 

Gesicht an den Hals seines Trägers.

Er riß sie wieder auf, heftig atmend. Scharfe Zähne, boshafte Augen... Er wimmerte. Die Stimme sprach wieder zu ihm, 

Yugi wurde auf etwas Weichem abgesetzt. Dann zog eine Hand Yugi die verrutschte Kopfbedeckung samt Perücke vom Kopf.

Yugi starrte auf ein blaues Hemd, zerrissene Jeans... Darunter dunkle Haut. Er hob eine Hand und strich über einen kräftigen, 

kühlen Arm.

"Nicht... alleine sein."

Yugi kam seine eigene Stimme fremd vor, kratzig, zerschmettert. Etwas von Krankenschwester erreichte seine 

Gehirnwindungen. Er schüttelte den Kopf und klammerte sich an dem Arm fest.
 

"Gut, ich bleibe. Aber du mußt mich loslassen. In dem Aufzug kannst du nicht schlafen." Die Stimme war plötzlich ganz klar 

und Yugi nickte, während er losließ. Er hob die Arme über den Kopf und wie ein kleines Kind ließ er sich bis auf die 

Unterwäsche ausziehen. Er sank auf sein Bett und wieder wurde eine Decke, diesmal seine eigene, über ihn gelegt. 

Holz glitt über Holz. Yugi sah die Jeansbeine, die vor ihm platznahmen. Er lächelte seltsam beruhigt.

"Schlaf jetzt, Yugi. Ich werde dich beschützen."
 

Yugi blinzelte, er wollte wachbleiben, in seinem Kopf lauerten Dinge, für die er keinen Namen hatte. Doch er konnte nicht. 

Seine Augen schlossen sich, sein Körper entspannte sich und bald fühlte er nicht mal mehr Angst.

Als er die Augen wieder aufschlug, war seine Kehle rauh, als hätte er stundenlang geschrien, sein Herz schlug wie wild gegen 

seine Rippen und sein Gesicht und seine Hände schmerzten. Er konnte sich nicht erinnern, etwas, irgendetwas, geträumt 

zu haben und doch... 

Yugi setzte sich langsam auf. Alles wirkte grau, so alles wäre alle Farbe aus der Umgebung geflossen. Doch ein Blick auf 

die Uhr enthüllte Yugi, daß es bereits später Vormittag war. Als er direkt neben sein Bett sah, prallte er vor Schreck zurück, 

bevor er die im Schatten sitzende Gestalt als Atem erkannte. Dieser hatte sich zurückgelehnt, den Kopf auf die Lehne 

gelegt und schien zu schlafen.

Langsam, keuchend rutschte Yugi aus dem Bett und tastete mit nackten Zehen nach seinen Hausschuhen. Da! Er stand auf, 

schwankte erst eine Sekunde, blinzelte, dann ging er zu seinem Schreibtisch, von dem ihn die Wasserflasche anlächelte.

Er hatte vielleicht zwei Schritte gemacht, da schnappten Atems Augen auf. Yugi öffnete den Mund, die Augen groß. 

Für einen Moment hatte er Rot gesehen. Tiefes, bösartiges Rot.

Er taumelte gegen den Tisch und stützte sich ab.
 

"Yugi? Du bist blaß." Atems besorgte Stimme ließ Yugi aufblicken. Atem war aufgestanden und trat zu ihm, barfuß, wie 

irgendein Teil von Yugis Hirn noch bemerken konnte.
 

"Wasser", murmelte Yugi und tastete nach der Flasche, öffnete sie und trank die Hälfte in einem Zug aus. Sein Mund 

schmeckte besser und seine Kehle schien sich zu beruhigen. "Warst du die ganze Zeit hier?"
 

"Ich hatte es dir versprochen." Atem führte Yugi zu dessen Bett und setzte ihn. Yugi hielt seine Flasche fest. "Wie geht es dir?" 

erkundigte er sich langsam.
 

Yugi schüttelte den Kopf. "Welche Antwort erwartest du?"
 

"Keine gute. Aber die Polizei will dich befragen, so schnell wie möglich."

Allein der Gedanke, seine gestrigen Erlebnisse auch nur im Geiste noch einmal zu durchleben, ließ Yugis Magen sich 

zusammenziehen. Schweiß erschien auf Yugis Stirn.

"Yugi?" Wieder diese Besorgnis...
 

"Ich... Ich will nicht", wisperte Yugi niedergeschlagen und schloß die Augen.
 

"Sie haben darauf bestanden. Ich muß das auch noch über mich ergehen lassen. Yugi, Dr. Takano wird dabei sein. 

Du bist nicht allein." Atem kniete plötzlich vor Yugi und blickte diesem tief in die Augen. "'Du kannst es. Wenn du willst, 

kommen sie hierher."
 

Yugi wollte am liebsten nichts und niemanden mehr sehen. Doch was blieb ihm übrig? Er hatte die Tat gesehen, was er 

erzählte könnte wichtig sein und helfen, denjenigen zu fassen, der Vivian ermordet hatte. Erzitternd schlang er die Arme 

um sich, die Flasche preßte sich an seinen Bauch.

"Was ist mit meinen Eltern?"
 

"Der Direktor versucht noch, sie zu erreichen. Hinterindien ist wohl nicht gerade gut ausgestattet, was Telefone angeht." 

Atem drückte kurz Yugis Hand, dann stand er auf. "Die anderen wollen alle wissen, wie es dir geht."
 

"Muß ja ein großes Kommen und Gehen gewesen sein." Yugi lachte bitter.
 

"Du bist beliebt", erklärte Atem nebenbei, während er Yugi dessen blauen Bademantel reichte. "Die Schulschwester wird sich 

deine Wunden ansehen, sobald du mit der Polizei gesprochen hast. Außer natürlich du willst jetzt..."
 

Yugi schüttelte den Kopf zu Atems hastiger Hinzufügung. "Bringen wir's hinter uns", wisperte er. Danach konnte er sich 

verkriechen und versuchen, sich wieder zu beruhigen.
 

Der Kommissar, ein Mann mit graumeliertem Haar und Haut wie gegerbtes Leder, brachte mit sich den Geruch von 

Zigarettenrauch und den Schulpsychologen. Yugi kannte den zweiten genauso wenig wie den ersten, der sich als 

Kommissar Watanabe vorstellte. 

Im Bett sitzend ließ Yugi einen ganzen Fragenkatalog über sich ergehen und antwortete mit leiser Stimme. 

Atem war gegangen. Er würde auch noch befragt werden. Ob er sich auch so schrecklich fühlte wie Yugi gerade? 

Wahrscheinlich nicht, er war so viel stärker und beherrschter, während Yugi mittendrin in Tränen ausbrach. Der 

Psychologe wollte abbrechen, doch Yugi weigerte sich. Er wollte das hier schaffen, für Vivian und für seine eigene Ruhe.

Yugi erzählte alles, was er gesehen hatte, er sprach von den Augen, den Zähnen, dem Knurren, den Blick stur auf seiner 

Bettdecke. Als er geendet hatte, füllte Schweigen den Raum. Müde hob er den Kopf. Was er in den Gesichtern seiner Zuhörer 

sah, überraschte ihn nicht. 

"Sie glauben mir nicht."
 

"Du hast einen Schock erlitten, Yugi", meinte schließlich Dr. Takano.
 

"Dennoch kann jedes Detail uns helfen, selbst wenn es im Moment unsinnig erscheint", unterbrach Watanabe ihn und 

klappte sein Notizbuch zu.

"Yugi, danke. Das hast du sehr gut gemacht."
 

Der scheute vor der großen Hand zurück, die der Kommissar auf seine Schulter legen wollte. "Der Mörder muß gefaßt 

werden", antwortete Yugi nur und umarmte seine Knie.
 

"Ruh dich aus. Deine Aussage hat mir mehr geholfen, als du glaubst." Watanabe lächelte Yugi schief an und schob ihm 

dann noch eine Visitenkarte zu. "Falls dir noch etwas einfällt, gleich was, ruf mich an."
 

Yugi nahm die Karte, ohne sie anzusehen, dann nickte er. Watanabe ging, doch Takano blieb. Yugi wollte nicht mit ihm 

reden, aber der schien Yugi alles vom Gesicht ablesen zu können. Irgendwann weinte Yugi wie verrückt, sein Schluchzen 

hallte in seinen Ohren und im Zimmer wieder. Seine Brust schmerzte höllisch. Und doch, als Takano ging, fühlte Yugi sich, 

als hätte der ihm einen Stein von der Brust gehoben. 

 

***

Später saß Yugi, ein Tablett mit Essen auf den Knien, auf dem Bett, Emi und Jonouchi davor. Sie erzählten von ihrer 

vergeblichen Suche gestern und daß Jonouchi es geschafft hatte, Kaiba beim Schach zu besiegen.

"Du hättest es sehen müssen! Er hat nur so von Schleim getrieft und dabei mit den Backenzähnen gemahlen..." 

Jonouchi kicherte albern. "Soviel dazu, daß ich nichts drauf habe."
 

"Das ist toll, Jonouchi." Yugi lächelte müde und rührte mit dem Löffel im Grießbrei.
 

"Wir haben die Figuren eingepackt. Sie stehen im Lehrerzimmer, bis du sie abholen kannst", fuhr Emi fort. Ihr Lächeln 

schwankte zwischen unsicher und sorgenvoll.
 

Yugi konnte es ihr nicht verdenken, er wußte selbst nicht, wie er sich fühlen sollte. "Danke." Er nahm noch einen Bissen, 

dann stellte er das Tablett auf den Nachttisch.
 

"Bist du sicher, daß dir das reicht?" fragte Jonouchi ungläubig nach und Yugi mußte kichern.
 

"Ganz sicher." Er lehnte sich gegen die Kissen. "Morgen darf ich wieder aufstehen, hat der Arzt gesagt."
 

"Das ist gut." Emi stand auf und deckte Yugi gut zu. "Du sahst gestern zum fürchten aus."
 

"War ja auch Halloween." Der Witz klang selbst in Yugis Ohren hohl. Er zuckte zusammen, als sein Handy zu vibrieren anfing 

und über den Tisch rutschte wie ein Insekt aus dem Labor eines verrückten Wissenschaftlers.
 

Jonouchi sprang auf und ging ran. "Hier bei Yugi Muto, dem kleinen Zauberlehrling?"
 

Yugi patschte sich an die Stirn. "Jonouchi, bitte."
 

"I-ich? Ich mobbe doch keine Leute!" schrie Jonouchi gerade ins Telefon. "Und wer bist du überhaupt? Dein Name, nicht dein 

Motorrad, du Scherzkeks."
 

"Ist das Honda?" Plötzlich saß Yugi kerzengerade im Bett und streckte Jonouchi die Hand hin.
 

"Der heißt wirklich so?" Jonouchi blinzelte verwirrt, dann reichte er das Handy an Yugi weiter.
 

Der schüttelte den Kopf und drückte das kleine Gerät an sein Ohr. "Honda, hallo. Wie gehts?"
 

"Miho und ich sind in Ordnung. Sag mal, was war das denn für ne Type?"
 

Yugi grinste über Hondas empörten Tonfall. "Jonouchi. Er hat manchmal eine größere Klappe als gut für ihn ist, aber er 

hat das Herz am rechten Fleck."
 

"Sehr treffend", murmelte Emi kichernd und Jonouchi machte ein merkwürdiges Geräusch zwischen Zufriedenheit und Ärger.
 

"Dann bin ich beruhigt, was das betrifft. Wir haben gehört, daß es bei euch an der Schule..." Honda zögerte.
 

"Woher?"
 

"Die Presse. Sind wie die Geier! Aber immerhin konnten wir so mal sehen, wo du jetzt steckst." Hondas Stimme klang 

schwer von Sorgen.
 

"Die Polizei hat mich heute schon befragt", erzählte Yugi. "Sie haben mir wohl nicht geglaubt, aber dieser Kommissar hat 

wenigstens versucht, mich gut dastehen zu lassen."
 

"Wieso befragt die Polizei dich?" 
 

Yugi konnte direkt sehen, wie Honda die Stirn in Falten legte. "Ich hab... zugesehen. Also wie er sie..." Seine Kehle wurde 

eng. Plötzlich sah er wieder die zerfetzte Kehle und in welch seltsamem Winkel ihr Kopf gelegen hatte.
 

"Kumpel, he, Kumpel? Scheiße, Yugi! Was ist das für ein Höllenloch?"
 

Yugi fühlte, wie seine Wangen zum wiederholten Mal an diesem Tag feucht wurden. "Ich weiß es nicht! Und niemand kann 

meine Eltern erreichen." Er schluchzte. "Honda, ich habe Angst! Er hätte mich gestern auch fast erwischt. Ich will nicht sterben!" 

Er keuchte und seine Finger schmerzten, mit solcher Kraft hielt er das Handy umklammert. "Ich will nicht... Ich... ich..."
 

"Yugi, ich komme. Scheißegal, was meine Eltern sagen, ich setze mich in den nächsten Zug."
 

"Aber, Honda..."
 

"Kein Aber! Wer auch immer das war, wenn er dir zu nahe kommt, hau ich ihm das Licht aus." Honda war laut genug, daß 

selbst Emi und Jonouchi es hörten.
 

Letzterer ließ seine Fäuste knacken. "Du sagst es, Mann! Und ich halt ihn für dich fest."
 

"Jonouchi, du bist nach meinem Geschmack", war Hondas begeisterte Antwort.
 

Tatsächlich kam Honda schon am nächsten Tag mit dem Zug. Er brachte Blumen mit, Yugis Lieblingsschokolade, ein Spiel 

und einen langen Brief von Miho. 

Er übernachtete in Yugis Zimmer und Yugi tat es seltsam gut, seinen alten Freund wiederzusehen und mit ihm über alles 

Mögliche zu sprechen.

Jonouchi verstand sich auch sehr gut mit Honda und daß die beiden ihre Nummern tauschten, wunderte Yugi nicht. Atem 

sah ebenfalls noch einmal vorbei. Er wirkte angespannt und müde, doch war er zufrieden, daß Yugi nette Gesellschaft hatte 

und verabschiedete sich bald wieder.

Yugi dachte an seine Erkenntnis zurück, als er schwitzend über den Spielfiguren gesessen hatte, um sie mit grünem Wasser zu 

befüllen. Er hatte Freunde... Und Atem hatte sogar gesagt, Yugi sei beliebt.

Es war ihm schwergefallen, das zu glauben, aber all das hier war ein Beweis, daß seine Freunde bei ihm waren, selbst dann, 

wenn sie Meilen trennten. Das machte es leichter, nachts die Augen zu schließen, leichter über das Geschehene zu sprechen.

Takano kam auch noch und Yugi wußte nicht, wie er mit der ganzen Aufmerksamkeit umgehen sollte, die ihm an einem 

Tag zuteil wurde. Es erleichterte ihn, als der zweite Tag nach Vivians Tod vorbei war und der dritte anbrach. Yugi 

verbrachte die meiste Zeit in seinem Zimmer, es wurde ruhiger. Honda spielte mit ihm sooft Monopoly, bis Yugi das 

Spielgeld schon im Schlaf zählen konnte.

Erst abends, sie waren bei der gefühlten tausendsten Partie, kam eine sich sichtlich unwohl fühlende Schülerin aus Yugis 

Parallelklasse und ließ Yugi wissen, daß Atem ihn sehen wollte.
 

Yugi fuhr sich durch sein Haar, während er langsam durch die leeren Korridore ging und verlassene Treppen hinaufstieg. 

Das Wohnheim war unheimlich still und als Yugi ein lautes Lachen hörte, rutschte ihm unwillkürlich das Herz in die Hose. 

Er atmete durch, als er endlich vor Atems Türe stand und klopfte. Er mußte nicht lange auf das Herein warten.

Atem stand am Fenster, den Rücken zur Tür gewandt, die Hände in den Hosentaschen versenkt.

Yugi trat langsam näher. "Hallo. Was gibt es?" erkundigte er sich leise.
 

Atem wandte sich um und Yugi erschrak, als er Atems verkrampfte, steife Miene sah. Sein Tutor sah aus, als sei er über 

Nacht um Jahre gealtert. Atem deutete auf einen Stuhl, bevor er schließlich die Zähne auseinanderbrachte.

"Hallo, Yugi. Du siehst besser aus. Ich hoffe, du fühlst dich auch besser."
 

"Etwas. Alle kümmern sich um mich. Honda ist ja sogar aus Domino gekommen", erzählte Yugi und ließ sich unsicher auf 

den Stuhl sinken.
 

"Ja, richtig. Dein alter Schulfreund. Bleibt er noch lange?" Atem wirkte, als suchte er krampfhaft nach einem Thema.
 

Yugi glaubte nicht, daß er ihn dafür hergerufen hatte. "Er fährt morgen Vormittag zurück." Atem nickte. "Worüber wolltest du 

mit mir sprechen?"
 

"Ich bin ab heute nicht mehr dein Tutor", eröffnete Atem. Er blickte den zweiten Stuhl an, dann stützte er sich mit den Händen 

auf der Lehne ab. Seine Knöchel schimmerten weiß.
 

Yugi blinzelte. "Was?"
 

"Es hat nichts mit dir zu tun", beeilte Atem sich hinzuzufügen. "Meine... Umstände... erlauben mir keine andere Möglichkeit."
 

"Umstände? Atem, du sprichst in Rätseln." Normalerweise mochte Yugi sie, aber gerade fand er Atems Benehmen verwirrend 

und frustrierend.
 

Atem blickte Yugi schließlich direkt in die Augen und dem machte der Ernst darin fast schon Angst. "Vor dir steht der 

Hauptverdächtige in der Mordermittlung Vivian Wong", erklärte Atem mit plötzlich fester Stimme.
 

Yugis Augen wurden groß. "Das... ist ein Scherz! Ich weiß, ich dachte auch, du wärst es gewesen, aber nur als Streich! 

Nicht als... als..."
 

"Mörder", sprach Atem aus, was Yugi so schwerfiel.
 

Yugi senkte den Kopf. "Was habe ich nur gesagt?"
 

"Du hast damit nichts zu tun. Es ist kein Geheimnis, daß ich Vivian nur schwer ertragen konnte. Und unsere 

Auseinandersetzung nur kurze Zeit vor ihrer Ermordung wurde nicht nur von dir gesehen. Das haben auch viele andere 

und dank des Tratsch-Netzwerks wußte bald die ganze Schule Bescheid, einige Lehrer eingeschlossen." Atem setzte sich mit einer Schwerfälligkeit 

auf den Stuhl, als sei er ein alternder General, der gerade die wichtigste Schlacht seines Lebens verloren hatte.
 

"Aber Anzu sagte, du warst nur fünf Minuten weg", versuchte Yugi zu verstehen, was ihm unbegreiflich schien.
 

"Sie halten sie für voreingenommen in meinem Sinne." Atem schüttelte den Kopf und hob eine Hand. "Laß es, Yugi. Sie haben 

mehr als genug gute Gründe."
 

"Die würde ich aber gerne kennen!" Yugi stand auf und beugte sich, die Fäuste auf den Tisch gestützt, zu Atem. "Wir sind 

doch Freunde. Wenn ich dir helfen kann..."
 

"Das Blut auf meinem Hemd."
 

"Hm? Wie bitte?"
 

"Es war echt."
 

"Was?" Yugi fielen fast die Augen aus den Höhlen. "Du hattest echtes Blut auf den Sachen? Ja, aber, warum?"
 

"Schweineblut", verbesserte Atem. "Es sollte echter aussehen."
 

"Also habe ich mich nicht getäuscht, ich habe Blut an dir gerochen."
 

"Nicht nur du. Aber ich habe mich umgezogen, nachdem Polizei und Notarzt informiert waren." Atem ließ den Kopf leicht sinken.
 

Yugi erinnerte sich dunkel an Atems abgerissene Kleidung. "Aber..."
 

"Und ich habe das Hemd in das Lagerfeuer geworfen", fuhr Atem unbeirrt fort. "Es war zu schmutzig, um es noch zu reinigen. 

Das haben auch mehrere gesehen."
 

"Und jetzt denken sie, du hast was zu verbergen." Yugi plumpste auf den Stuhl zurück und rieb sich stöhnend das Gesicht.
 

Atem nickte. "Ich darf laut Schulleitung nicht mehr Tutor sein und meine Position als Schülersprecher wurde mir auch 

aberkannt. Bis ich entlastet bin."
 

"Und ich dachte, es gilt die Unschuldsvermutung." Von soviel Ungerechtigkeit brannte Yugis Magen.
 

"Die Schüler müssen mir vertrauen können. Und das tun sie nun nicht mehr. Die meisten jedenfalls." Atem sah Yugi an und 

lächelte leicht. "Jetzt habe ich dir viel mehr erzählt, als ich vorhatte. Leider muß ich dir noch zwei Dinge sagen."

Yugi nickte niedergeschlagen. Er ahnte, daß es ihm genauso wenig gefallen würde wie das Gespräch gerade eben.

"Es gibt morgen um 16 Uhr eine Gedenkfeier für Vivian in der Aula. Und, Yugi,..."

Der blickte Atem aufmerksam an. "Halte dich die nächste Zeit von mir fern."

Yugi starrte Atem sprachlos an, dann schüttelte er den Kopf.

"Tu es bitte. Du hast noch nicht gehört, was inzwischen alles über mich an der Schule kursiert. Damit komme ich zurecht, 

aber ich will nicht, daß sie anfangen, auch noch verbal auf dich Dreck zu werfen. Du brauchst Ruhe und du hast es nicht 

verdient, dafür zu leiden, ein gutes Herz zu haben."
 

"I-ich... Atem, ich komme klar!" Yugi sprang auf und umrundete den Tisch, bis er neben Atem stand und diesem eine Hand 

auf die Schulter zu legen. Die Muskeln waren hart. "Ich kann dich doch nicht einfach im Stich lassen, wenn ich weiß, daß du 

Vivian nichts getan hast... außer sie mit falschem Schleim zu bespritzen."
 

Atem lachte kurz auf. "Danke, Yugi." Seine Hand, langfingrig, kräftig, kühl, legte sich auf Yugis kleine, heiße. Wärme erblühte 

wie eine Knospe in Yugis Körper. "Dennoch... Das hier ist nicht dein Kampf. Ich will nicht, daß du da mit reingezogen wirst."
 

"Ich kann meine eigenen Entscheidungen treffen, weißt du?"
 

"Ja. Aber das hier... Wer auch immer das getan hat, er könnte es jederzeit wieder tun."
 

Yugi schüttelte den Kopf. "Das weißt du nicht. Deshalb mußt du mich nicht fortschicken. Außerdem kannst du doch Zeugen 

gebrauchen, sollte noch etwas passieren. Dann hast du ein Alibi."
 

Atem schob Yugi sanft ein Stück zurück und stand auf. Er sah Yugi in die Augen.

"Laß das mal meine Sorge sein. Wichtiger ist, daß du nicht in meine Probleme involviert wirst."
 

"Aber..."
 

Atem hob eine Hand und schüttelte den Kopf. "Yugi, tu mir bitte diesen Gefallen. Sicher wird sich bald alles aufklären. Du 

sollst nur nicht ins Kreuzfeuer geraten."
 

Yugi senkte den Kopf. "Na schön! Wenn du meinst... Du weißt, wo du mich findest." Er drehte sich um und ging zur Tür. Als er 

sie öffnete, hätte er schwören können, ein trauriges Seufzen zu hören, doch als er nochmal zurückblickte, stand Atem noch 

immer am Tisch und starrte ihm hinterher, ausdruckslos. Dann lächelte Atem schief.
 

"Ich weiß. Gib auf dich acht."
 

Atems warme Stimme begleitete Yugi noch bis in sein Zimmer, doch als er Hondas fragenden Blick sah, wurden seine Augen 

feucht. "Er will mich nicht mehr sehen."
 

"Äh... Hab ich was verpaßt?" Honda setzte sich neben Yugi auf das Bett.
 

In Kürze erzählte Yugi, was passiert war, während er um seine Fassung rang, danach schwiegen sie beide eine Weile.
 

"Er mag dich", erklärte Honda schließlich mit fester Stimme. "Er will dein Bestes. Deshalb sollst du wegbleiben."
 

"Aber Freunde..."
 

"... stehen zueinander", beendete Honda nickend. "So wie Atem gerade dir beistehen will, obwohl er selbst genug Probleme 

hat. Ähm, du bist dir ganz sicher, daß...?"
 

"Ja, natürlich!" Verärgert rieb Yugi über seine Augen. Dann sah er Honda an, das Kinn vorgereckt. "Ich werde ihm auch 

beistehen. Ich finde schon was, das er mir nicht verbieten kann."
 

"Du magst ihn auch." Honda grinste.

Nun war es an Yugi, fragend dreinzublicken. "Oh, tu nicht so! Du hast ihn gestern angesehen wie eine göttliche Erscheinung. 

Nicht mal ich bin so blind, daß ich das übersehe."
 

"Ja, gut, er sieht gut aus..."
 

"Und du bürgst für seinen guten Charakter." Honda knuffte Yugi in die Seite.
 

"Wir sind Freunde, nur Freunde. Das mache ich nicht kaputt." Yugi nickte bekräftigend. "Ich werde nicht nochmal eine 

Freundschaft aufs Spiel setzen."
 

"Weil Freundschaft und Liebe sich ja auch immer gegenseitig ausschließen." 
 

"Honda, ich will auch nicht noch einen Spießrutenlauf durchmachen, einer hat mir gereicht. Das ist genug für eine laaange Zeit."
 

Der erwiderte eine Weile nichts mehr, doch sein Blick war mitfühlend. "Du hast es deinen Eltern noch immer nicht gesagt."
 

"Nein. Ich denke nicht, daß ich das kann. Großvater... Er sagte, er würde mich unterstützen dabei. Manchmal weiß ich nicht, 

wie ich ohne ihn noch weitermachen soll." Yugi starrte auf seine dunklen Hausschuhe.

Honda legte einen Arm um ihn und nach einer Weile fühlte Yugi, wie es ihm leichter ums Herz wurde. Er konnte nur hoffen, 

daß es anhielt. 

Gefühl

Die Aula wirkte leer und seltsamerweise verstärkten die in Reihen aufgestellten Stühle den Eindruck noch. Die Sonne war schwach heute und 

der Raum war düster, aller Farbe beraubt. Ein großes Foto von Vivian, geschmückt mit schwarzen Bändern und weißen Blumen, stand neben 

einem kleinen Rednerpult.

Yugi saß am Ende einer Stuhlreihe und zupfte immer wieder an der schwarzen Binde um seinen Oberarm. Ihm war viel zu warm und er hatte 

das Gefühl, an der schweren Luft zu ersticken.

Er wünschte sich, daß Honda noch da wäre, doch sein Freund war wahrscheinlich schon wieder daheim in Domino. Yugi wäre auch am 

liebsten daheim, doch seine Eltern waren noch immer in irgendeinem Teil der Erde unterwegs, in dem Handies keinen Empfang hatten. 

So mußte Yugi bleiben, während andere bereits von deren Eltern heim geholt worden waren. Vorerst, wie der Direktor versichert hatte.

Yugi hörte Schritte hinter sich. Es kostete ihn enorme Mühe, nicht auf der Stelle herumzufahren. Er hörte mehrere Mädchenstimmen und 

entspannte sich langsam wieder. Eine Tür ging auf und frische Luft füllte den Raum. Yugi saugte sie tief in seine Lungen.

"Habt ihr schon gehört?" tuschelte eines der Mädchen hinter ihm. "Atem soll es gewesen sein."
 

Yugi wollte weghören, aber sie saßen so nah, daß er das Gefühl hatte, sie wisperten direkt in sein Ohr.
 

"Ja. Er hat ihr die Kehle herausgerissen", erwiderte eine andere, ihre Stimme zitterte von Angst und Bewunderung. "Er ist ja auch sehr stark, 

habe ich gehört."
 

"Puh! Ich hoffe, sie sperren ihn bald ein. Sowas gehört doch nicht an unsere Schule!"
 

"Ich wußte doch immer, daß mit dem irgendwas nicht stimmt."
 

Yugi schmeckte Bitterkeit in seiner Kehle, sein Magen rumorte. Jemand schob sich neben ihn und drückte ihn, bevor er aufspringen konnte, 

wieder auf seinen Sitz. Jonouchi! 
 

"Hey, Yugi. Sorry, wollte dich nicht warten lassen. Mann, draußen rennt die halbe Schule total aufgescheucht durch die Gegend. Ich dachte, 

daß hier sei ne Trauerfeier und keine Scheiß-Party für Lästerzicken."
 

Yugi hörte empörtes nach Luft schnappen hinter sich. Er mußte lächeln. "Ja, sowas dachte ich auch gerade", murmelte er leiser als Jonouchi. 

Er hörte Stühle hinter sich über den Boden scharren und dann eifriges Fußgetrappel. Yugi merkte, wie seine Finger schmerzten. Er mußte 

sie unbewußt in den Stuhl gekrallt haben. Er ließ los und rieb sich die Hände.
 

"Die spinnen."
 

"Wer genau?"
 

"Alle, die noch da sind", gab Jonouchi zurück. "Haben alle nen Sockenschuß, wenn du mich fragst. Die Lehrer verbarrikadieren sich im 

Lehrerzimmer und die Schüler erzählen die ganze Zeit ihr Märchen vom großen, bösen Atem."
 

"Du glaubst also nicht, was die Polizei sagt?" Yugi blickte seinen Freund an, froh über dessen saloppe Erzählweise, die alles irgendwie 

leichter erscheinen ließ.
 

Jonouchi schüttelte den Kopf, die Arme vor der Brust verschränkt. "Ich weiß nur eines: Vor wenigen Tagen war Atem noch der Schulheld 

und Frauenschwarm und jetzt ist er plötzlich ein Riesenarschloch und angeblich hat's jeder schon lange gewußt. Verdächtigen kann man viel, 

aber das alleine macht noch niemanden schuldig."
 

"Danke." Aufgemuntert lächelte Yugi Jonouchi an. "Es tut gut, zu hören, daß ich nicht allein bin."
 

Die Aula hatte sich in der Zwischenzeit gefüllt. Von seinem Platz aus konnte Yugi Atems wilden Haarschopf mehrere Reihen vor sich entdecken, 

flankiert von Anzu, Kaiba und Bakura, wenn ihn nichts täuschte. Auch wenn Yugi Atems Gesicht nicht sehen konnte, die angespannten 

Schultern Atems sprachen Bände. Wie Atem dieser drückenden Bürde standhalten konnte, war Yugi ein Rätsel. Er selbst würde sich wohl 

im nächsten Mauseloch verkriechen, ganz besonders als er das Gemurmel vernahm, das langsam den gesamten Raum füllte und die Atemluft 

verdrängte. Auch ohne genau zu verstehen, worum es ging, konnte Yugi die Vorwürfe und die Verdächtigungen aus dem Tonfall heraushören.

Stille kehrte erst ein, als der Direktor ans Rednerpult trat. Yugi lauschte dessen Worten über die Vergänglichkeit des Seins, die Tragik eines 

frühen Todes, und doch hätte er am Ende nichts mehr davon wiedergeben können. 

Ihm folgten einige Freunde Vivians. Sie lobten sie, erzählten Anekdoten, brachen in Tränen aus... Und Yugi wußte nur zu gut, wie sie sich 

fühlten. Dennoch hatte er immer wieder das Gefühl, daß sie Atem voller Wut ansahen, daß sie ihn verantwortlich machten. Daß sie einen 

Sündenbock brauchten.

Yugi schloß die Augen, dachte an Vivians leblosen, vernichteten Körper. Es war erschreckend gewesen, doch ein Tod mit Gesicht war leichter 

vorstellbar als der konturlose Schatten, der um ihrer aller Beine kroch, geduldig, wartend, niemals aufgebend.
 

Als die Stunde vorbei war, hielt Yugi es nicht mehr auf seinem Platz. Er mußte hinaus an die frische Luft, fort von wütenden Augen, Tränen und 

seinen eigenen Erinnerungen. Er wußte nicht mal, ob er wegen Vivian oder Großvater traurig war. 

Yugi murmelte Jonouchi eine Entschuldigung zu, dann lief er aus der Halle, hinaus in kühle, klare Luft. Die Sonne war endgültig hinter den 

grauen Wolkenbergen verschwunden. Die Luft schmeckte nach Regen. Wie passend, dachte Yugi. 

Als er sich umblickte, entdeckte er Anzu und Kaiba. Sie standen nicht weit von ihm entfernt unter einem der zahlreichen Bäume des Pausenhofs. 

Sie unterhielten sich, doch Yugi verstand nichts. Als Kaiba schließlich ging, trat Yugi zu Anzu, die sich müde gegen den Baum lehnte. 

Als sie ihn sah, lächelte sie schwach.

"Das war anstrengend", meinte Yugi leise und blickte hinüber zur Aula, die sich nur langsam leerte.
 

"Ja. Sicher noch mehr für dich." Anzu seufzte und zog ihre schwarze Schuluniformjacke vor der Brust zusammen. 
 

"Holen deine Eltern dich nicht heim?" erkundigte sich Yugi und ging nicht weiter auf ihren Kommentar ein. Die Antwort darauf war sowieso klar.
 

"Ich kann die Leute hier nicht im Stich lassen. Jetzt, wo Atem nicht mehr Schülersprecher ist..." Sie runzelte unzufrieden die Stirn. "Kaiba wird 

eine Weile brauchen, um sich das Vertrauen der Schüler zu erarbeiten."
 

"Kaiba? Hältst du das für eine gute Idee?" Yugi dachte an die stetigen Auseinandersetzung zwischen diesem und Jonouchi.
 

"Die Lehrer haben ihn berufen, für die Zwischenzeit. Er hat gute Noten, ist intelligent und kann organisieren. Nur an seinem Charakter muß er 

noch arbeiten." Anzus linker Mundwinkel zuckte.
 

"Leider zu wahr. Aber vielleicht hilft es ihm." Yugi setzte sich auf eine kleine Bank, Anzu folgte ihm.
 

"Keine Ahnung."
 

Für eine Weile schwiegen sie beide und beobachteten das Treiben vor der Aula. Yugi fragte sich, ob Atem schon wieder auf seinem Zimmer war.

"Darf ich dich was fragen?" brach Yugi schließlich die Stille und trat einen runden Kiesel über das Pflaster. Anzu nickte und sah ihn neugierig an. 

"Was hatte Vivian gegen dich? Daß sie von Atem besessen war, das weiß ich, aber warum war sie ständig so gemein zu dir?"
 

Anzu lachte auf. "Oh, sie war eifersüchtig. Weißt du, in unserem ersten Jahr hier waren Atem und ich für eine Weile zusammen. So ungefähr 

einen Monat." Sie lachte erneut, als könnte sie es selbst nicht glauben.
 

Überrascht sah Yugi sie an. "Wow! Ihr zusammen? Dann seid ihr ja danach tolle Freunde geworden. Das schafft nicht jeder."
 

"Der Punkt war, wir waren immer gute Freunde. Aber wir waren ein furchtbares Liebespaar." Über Anzus Gesicht fiel ein Schatten. "Wir beide 

hatten ganz unterschiedliche Vorstellungen vom Leben und was nach der Schule kommt. Wir haben uns oft gestritten. Am Ende haben wir 

beschlossen, daß unsere Freundschaft zu gut ist, um sie mit solchem Unsinn zu ruinieren. Es ist toll, wenn man Freunde sein kann und 

gleichzeitig in Sachen Liebe auf einer Wellenlänge liegt, aber wenn nicht... Dann sollte man seine Prioritäten setzen. Vivian war ab dem ersten 

Schultag in Atem verschossen. Sie hat es nicht besonders gut verwunden, daß er eine Freundin hatte, die nicht sie war... und noch weniger, 

daß wir uns auch nach der Trennung noch gut verstanden haben."
 

"Das erklärt eine Menge." Yugi trat einen zweiten Kiesel. "Ich glaube nicht, daß Atem es war", wechselte er abrupt das Thema. "Aber er will 

nicht, daß ich ihn verteidige. Er will..."
 

"...daß du nicht in seine Angelegenheiten hineingezogen wirst. Ich kenne den Spruch." Anzu lächelte bitter. "Er sorgt sich immer um die, die 

ihm nahe stehen."
 

Yugis Augen wurden größer und er spürte, wie ihm das Herz im Halse schlug. "Ähm... Ich stehe ihm... nahe?"
 

"Nicht?" erkundigte Anzu sich und sie lächelte schelmisch.
 

Yugi fühlte, wie Hitze auf seinen Wangen erblühte. Er sah weg, während seine Finger sich ineinander verschränkten. "Doch, schon. Irgendwie."
 

"Vertrau auf Atem. Er wird das schon klären." Anzu drückte Yugis Schulter, dann stand sie auf. "Tut mir leid, aber ich muß jetzt. Ich muß Kaiba 

einweisen." Sie rollte komisch-verzweifelt mit den Augen und Yugi mußte lachen.
 

"Viel Glück." Er sah ihr noch eine Weile nach. Anzu sagte also, Atem und er, Yugi, ständen sich nahe. Ob sie ähnlich wie Honda dachte? Aber 

Anzu wußte ja nichts über Yugi und sie hatte auch nichts erwähnt, daß Atem sich auf diese Weise für Jungs interessierte. Yugi rieb sich stöhnend 

über die Augen. Atem war ihm ein Rätsel. Das war wohl einer der Gründe, warum Yugi sich so zu ihm hingezogen fühlte. Er stand gerade auf, 

als eine weitere Gruppe aus der Aula kam. Sie diskutierten offenbar angeregt und als sie nahe genug waren, hörte Yugi, worum es ging. Leider.
 

"Daß der sich überhaupt noch aus seinem Zimmer traut. So ein drecksunverschämter Arsch!" rief einer der Jungen und verzog das Gesicht zu 

einer angewiderten Fratze.
 

"Ja. Aber da hockt er und tut so, als sei er unschuldig. Ich wette mit euch, daß er sie gekillt hat, er mochte sie ja auch noch nie", ereiferte sich 

ein Mädchen, das Yugi auf der Feier hatte sprechen sehen. "Er war sich ja immer zu gut für uns."
 

Yugi ballte seine Hände zu Fäusten und drückte diese krampfhaft an seine Seiten. Er mahlte mit den Zähnen, preßte die Lippen zusammen, 

doch all das half nicht zu verhindern, daß es aus ihm herausbrach: "Er hat ihr nichts getan! Und du, du hast doch auch zu diesem Fanclub 

gehört, da hast du dich aber nicht über ihn beschwert. Viel lieber habt ihr über Anzu abgelästert. Ihr seid drecksunverschämt und widerlich! 

Soviel Gemeinheit macht mich krank."
 

Die ertappten Lästerer starrten ihn wie versteinert an. Anna und Emi tauchten hinter ihnen auf. Als die beiden Yugi erkannten, wollten sie zu 

ihm, doch Yugi war schneller. Er drehte auf der Hacke um und stürzte davon. Über den Pausenhof, hinter die Turnhalle. Fast fiel er über 

einen falschen, durchnäßten Grabstein. Er rannte in den Wald, Tiere raschelten im Gehölz. Yugi hielt erst inne, als er beinahe in die 

Knutschbude rannte. Er wußte nicht, was er hier sollte, aber hier waren keine boshaften Stimmen mehr, keine anklagenden Augen.

Yugi erinnerte sich an das rote Glühen aus der Bude. Er dachte an seinen Verfolger mit den brennenden Augen. Yugi drückte die Tür langsam 

auf und spähte hinein. Am Fenster stand ein Gestell mit zwei roten Glühbirnen. Die Kabel liefen ins Leere, die Batterie fehlte offensichtlich.

Yugi mußte leise glucksen. Auf dem Boden lag eine Decke, daneben eine leere Packung Chips.
 

Seltsam beruhigt zog Yugi den Kopf aus der Hütte. Kaum blinzelte er in den grauen Himmel, da spritzten ihm die ersten Wassertropfen ins 

Gesicht. Er fühlte, wie seine Haare schwer wurden und schnell duckte er sich zurück in die Hütte und schloß die Tür. Gerade rechtzeitig, 

denn nun entleerte der Himmel Regen wie aus Kübeln. Yugi war froh, daß Jonouchi das Dach repariert hatte. Es trat kein Tropfen durch und 

Yugi hoffte, das würde so bleiben, bis das Wetter sich beruhigt hatte. 

Er machte es sich auf der Decke bequem und umarmte seinen Oberkörper, während er dem Trommeln der Regentropfen auf dem Häuschen 

lauschte. Frischer Duft, leicht moosig, drang durch die Ritzen und Yugi lehnte sich gegen die Wand. Es war beruhigend und fast schon zu 

entspannend.

Für einige Minuten blickte Yugi an die Decke und dachte an nichts. Dann quietschte die Tür.

Yugi konnte sich nicht mal richtig erschrecken, da sah er schon Atems besorgtes Gesicht. Er machte eine auffordernde Geste und Atem 

schlüpfte hinein.

Yugi keuchte leise und zog die Beine an. Dennoch war es jetzt wirklich eng, dabei waren sie wirklich keine Riesen.

"Was machst du hier?"
 

"Ich habe davon gehört, wie du mich heldenhaft verteidigt hast. Emi und Anna waren ganz erschrocken, als du einfach weggelaufen bist. Ich 

habe sie ins Haus geschickt und habe dich gesucht." Atem lächelte schief, blonde Strähnen klebten an seinen hohen Wangenknochen und 

Wasser tropfte auf seine Schultern.
 

Yugi lächelte und stieß mit seinem Knie gegen Atems. "Ich brauchte dringend frische Luft. Ich konnte mir das alles nicht mehr anhören."
 

"Die Polizei hat mich heute aus dem Unterricht geholt. Es wundert mich, daß du das noch nicht weißt, wo doch sonst offenbar jeder darüber 

spricht." Atem schob verächtlich schnaubend das Lampengestell beiseite und lehnte sich besser ans Fenster.
 

"Das spielt keine Rolle", murmelte Yugi müde und zupfte an seinen Ärmeln. "Sie haben ein Opfer gefunden und sie werden solange 

weitermachen, bis du nicht mal mehr morgens aufstehen willst. Sie werden dir die Lebenskraft aussaugen."
 

Atem hob eine Augenbraue. "Das hört sich in der Tat grausam an." Ein Bein lehnte er gegen Yugis. "Aber meine Zeit hier ist sowieso fast zu 

ende. Ich werde es schon aushalten. Du hingegen hättest dich einfach nur raushalten müssen."
 

"Das ist der falsche Weg." Yugi sah auf und direkt in Atems Augen. Er spürte Hitze in seinem Bauch und auf seinen Wangen. Plötzlich wurde 

ihm das Atmen schwer und er rieb seine schwitzigen Hände an der Jacke ab. "Sag mal, wenn du ein Geheimnis hättest, eins, von dem du 

weißt, daß es auf Ablehnung stößt, daß es dir eine Menge Ärger und Schmerz bringen kann, wenn du es aussprichst... Was, wenn du es 

jemandem sagen willst?"
 

Atem wirkte überrascht. "Hast du so ein Geheimnis, Yugi? Ein so schmerzvolles, daß du es niemandem je sagen kannst?"
 

Yugi nickte zögernd. Verdammt, was machte er hier? "Schmerzvoll genug für mich jedenfalls", präzisierte er und schluckte mühsam. Warum 

mußte Atem ihn so ansehen? Yugis Beine brannten, wo Atem sie berührte.
 

"Nun, das kommt auf die Person an, der du es sagen willst. Wenn du sie gut kennst und weißt, daß sie dich verstehen wird, dann wäre ich 

einfach ehrlich."
 

"Ehrlich..." Yugi zog sich die Kehle zusammen. "Wenn ich ehrlich zu dir wäre, würdest du mich dann wirklich nie wieder sehen wollen?"
 

"Was ist denn das für eine Frage?" Atem rutschte näher und kniete sich vor Yugi.
 

Yugi wurde der Hals nun aus einem anderen Grunde eng. Atem war ihm noch nie so nah gekommen, außer vielleicht, als er Yugi getragen hatte, 

doch da war Yugi zu abgelenkt gewesen, um viel zu bemerken und wieso hatte er früher nicht gesehen, wie perfekt Atems Gesicht war und...

Yugi mußte durchatmen, sein Kopf spielte genauso verrückt wie die Schmetterlinge in seinem Bauch. Wenn er sich nur ein paar Zentimeter 

vorbeugen würde, dann... Er schloß die Augen und biß sich auf die Lippen.

"Nicht", hörte er Atems sanfte Stimme. "Verletz dich nicht selbst."
 

Yugi hätte am liebsten gelacht. So stellte er es sich vor, wenn man etwas genommen hatte. Oder zuviel getrunken. Sein Kopf sackte nach 

vorne, gegen Atems Schulter. Er roch etwas Würziges, etwas Männliches. Vielleicht war es das, was ihm das Gefühl gab, als würde er 

irgendwo auf Wolken schweben?

"Ich mag dich", wisperte er schließlich. "Ich bin schwul."

Yugi ließ die Augen geschlossen. Er wußte, gleich würde der schöne Traum äußerst häßlich enden, aber solange wollte er jeden 

Sekundenbruchteil auskosten und sich alles merken. Atems Geruch, das Gefühl ihrer Nähe, Atems Arme, die ihn umschlangen...
 

Yugi blickte blinzelnd in Atems Gesicht, in dem sich unzählige Emotionen spiegelten. Yugi hatte Atem noch nie so geöffnet gesehen und 

doch fand er kein Stück Ablehnung, Wut, Haß oder Ekel.

Dann beugte Atem sich vor und ihre Lippen berührten sich.

Yugi konnte nicht mehr atmen, seine Lippen kribbelten, die Schmetterlinge in seinem Bauch tanzten Tango. Er schloß die Augen und 

bewegte seine Lippen zärtlich gegen Atems. Sie waren etwas kühl, fester als Yugis und ihr Geschmack erinnerte Yugi an Zimt. Er sank

 auf den Boden, Atem folgte ihm.

Noch ein Kuß, ganz zart, ganz kurz. Yugi erschauderte bis ins Mark vor Vergnügen und Glück. Atems Lippen glitten über Yugis Wange und 

Yugi keuchte unwillkürlich auf. "A-atem!"
 

Der hielt inne und blickte Yugi warm lächelnd tief in die Augen. "Also das ist dein Geheimnis. Ich finde, es ist etwas Wundervolles."
 

Yugi lachte atemlos auf und seine Finger krallten sich in Atems Jacke. "Denkt nicht jeder. Und... Und du..." Erst jetzt sank die Bedeutung 

des eben Geschehenen ein und Yugi fragte verwirrt: "Du magst mich auch? So, meine ich? Das hätte ich nicht gedacht."
 

"Ich habe dir doch schon mal gesagt, du sollst dein Licht nicht unter den Scheffel stellen. Ja, ich mag dich. Mehr als das." 
 

Atem küßte Yugi erneut, diesmal länger.

Yugi fühlte leicht Atems Zunge und spürte, wie er hart wurde. Es hätte ihm unangenehm sein müssen, doch Atem schien sich nicht daran 

zu stören. Seine Lippen brachten Yugis Haut zum glühen, fanden mit Leichtigkeit jeden sensiblen Punkt in Yugis Gesicht und an Yugis Hals, 

bis Yugi mit einem leisen Wimmern nur noch die Sterne sah. Er hatte nie gewußt, wieviele Stellen es gab, die ihm den Atem raubten. 

Oder vielleicht war es Atem.

Yugi lächelte, dennoch war er auch verlegen. "Tut mir leid... Ich wollte nicht..."
 

"Aber ich", murmelte Atem gegen Yugis Ohr. Er strich über Yugis Bauch.
 

Yugi schloß überwältigt die Augen. "Nur... Jetzt brauche ich eine frische Unterhose."
 

"Mit dieser Schuld werde ich leben müssen." Atem küßte Yugi leicht auf die Lippen, dann setzte er sich auf. Er zog Yugi an sich, bis der an 

seiner Brust lehnte. Das Unwetter draußen hatte sichtlich nachgelassen. "Bald können wir hier raus."
 

"Ich will eigentlich nicht", flüsterte Yugi und atmete tief Atems Duft ein. Sie beide waren inzwischen getrocknet. "Ich denke nicht, daß du 

ihnen das sagen willst."
 

"Nein. Nicht, bis mein Name wieder reingewaschen ist. Mit einem möglichen Mörder zusammen zu sein, macht auch dich zu einem 

attraktiven Ziel."
 

Yugi seufzte, doch er nickte. "Ich weiß nur zu gut, was du meinst. Ich habe einmal einen anderen Jungen sehr gern gehabt. Wir waren 

Freunde. Ich dachte, er würde mich verstehen. Nicht unbedingt dasselbe fühlen, aber es verstehen. Ich habs ihm gesagt. Als ich am 

nächsten Morgen wieder in die Schule kam, wurde ich am Eingang mit "Hey, Schwuli!" begrüßt. Ich kannte den anderen noch nicht mal 

und das gehörte noch zu den netten Sachen, die ich mir anhören durfte. Ein ganzes Jahr lang...Ohne meinen Großvater, Miho und Honda 

hätte ich es vielleicht nicht geschafft, das zu überstehen. Dennoch gab es Tage, da..."
 

Atems Lippen schmiegten sich gegen Yugis Schläfe. "Du bist sehr stark."
 

"Wirklich?" Yugi blickte Atem in die Augen. Als Atem nickte, lächelte er. "Fühlt sich aber nicht immer so an."
 

"Du bist hier, oder? Trotz aller Widrigkeiten. Denk mal drüber nach."

Ihre Lippen fanden sich zu einem vorerst letzten, zarten Kuß, als der Regen draußen aufhörte.
 

"Jetzt weiß ich ganz genau, warum die Hütte Knutschbude heißt", stellte Yugi grinsend fest. Atem lachte.

Leichteren Herzens lief Yugi mit Atem zurück zum Wohnheim, doch noch vor dessen Tür trennten sich ihre Wege. Yugi wußte nicht, wie sie 

beide nun in Kontakt bleiben sollten. Atem war ja nicht mehr Yugis Tutor und fürs Erste konnten sie nicht einfach ständig zum anderen 

rennen. Nicht vor dem Rest der Schule, die Atem gerne hinter schwedischen Gardinen gesehen hätte.

Yugi schlurfte ins erste Stockwerk. Wenn er doch nur irgendetwas hätte, was... Wie vom Blitz getroffen blieb er mitten auf dem Gang 

stehen. Aber natürlich! Wie hatte er das nur vergessen können? Wie hatten sie alle das vergessen können?

Weil ein verletztes Mädchen in der Schule und ein totes Mädchen im Wald wohl doch zu unterschiedlich waren. Auch Anna war angegriffen 

worden, auch sie war am Hals verwundet worden. Yugi schoß in sein Zimmer und stieß vor Aufregung fast gegen den Schreibtisch. 

Hektisch durchsuchte er die Papierstapel darauf.

Doch als Anna verletzt worden war, hatte Atem Yugi gegenüber gesessen, in einem Raum mit mehreren anderen Leuten. Er konnte ja 

nicht an zwei Orten gleichzeitig sein.

Wieso war Yugi nur so vernagelt gewesen? Wahrscheinlich weil er bei Anna immer an seinen Großvater hatte denken müssen. Er war so sehr 

mit seinem eigenen Kummer beschäftigt gewesen, daß er die reale Gefahr, hier, an seiner Schule, nicht begriffen hatte. Der konturlose, 

farblose Schatten hatte eine schwarz-rot-weiße Gestalt angenommen. Eine Gestalt, die man packen konnte.

Yugi stieß einen Triumphschrei aus, als er festen Karton zwischen die Finger bekam. Er zog die Visitenkarte hervor, dann nahm er sein 

Handy und tippte Kommissar Watanabes Nummer ein und wählte.

Gejagt

"Sagen Sie mal, hat Ihre Mutter Sie zu oft mit dem Klammerbeutel gepudert? Wieso habe ich die Akte nicht bekommen? Glauben Sie, solche 

Dinge passieren zufällig?" Watanabe klemmte das Handy zwischen Schulter und Wange, um eine Zigarette aus einer ramponierten Schachtel 

zu ziehen. Er steckte sie sich in den Mund, suchte sein Feuerzeug, wurde Yugi ihm gegenüber gewahr und steckte es wieder weg. "Ja. Ja, 

verdammt. Wenn ich zurück auf dem Revier bin, will ich diese Akte sofort haben. Und wenn Ihnen das nochmal passiert, sorge ich dafür, daß 

Sie nicht mal mehr einen Job bei der Müllabfuhr bekommen." Grußlos beendete der Kommissar das Gespräch und lehnte sich zurück. Der 

überstopfte Sessel sah noch genauso aus, wie Yugi ihn in Erinnerung hatte. Er selber saß auf dem zweiten Polstermöbel, Doktor Takano hatte 

wie ein Talkmaster oder ein Schiedsrichter auf dem dritten zwischen ihnen platzgenommen. Der Direktor hatte freundlicherweise sein Zimmer 

zur Verfügung gestellt, damit Yugi mit dem Kommissar sprechen konnte.
 

Mit hoffnungsvollen Augen blickte Yugi Watanabe an. "Sehen Sie? Atem kann es nicht gewesen sein, oder?"
 

"Wenn die Vorfälle miteinander zu tun haben und es sich um einen Einzeltäter handelt, dann kann dein Freund es wirklich nicht gewesen 

sein", stimmte Watanabe zu. "Aber erst muß ich noch mit den anderen reden und mir diese Akte ansehen, die dieser schluderige..." Er schnitt 

sich selbst das Wort ab und preßte die Lippen um die kalte Zigarette zusammen.
 

Yugi senkte leicht den Kopf. Irgendwie hatte er mehr erwartet. "Wenn es mir nur früher eingefallen wäre..."
 

"Du hast es richtig gemacht. Nach so einem Schock kann die Psyche schon mal das Gehirn blockieren. Nicht wahr, Doktor?"
 

"Allerdings", stimmte der zu. "Es hat schon Untersuchungen dazu gegeben, auch Fälle wie diesen hier, wo eine größere Menschengruppe 

auf engstem Raum die genau gleichen Dinge ausblendeten, obwohl sie für Außenstehende klar erkennbar waren."
 

Yugi hatte von diese Dingen keine Ahnung, auch nicht, ob Takano ihn damit nur beruhigen wollte. Dennoch... Er hatte Atem geholfen, 

selbst wenn es nur ein bißchen war. Jetzt konnte er nur abwarten, ob die Polizei neue Spuren fand, Spuren, die Atem entlasteten. 

"Kann ich Ihnen noch irgendwie helfen?"
 

"Noch mehr? Du hast mir geholfen, eine neue Perspektive zu finden." Watanabe lächelte. "Heute habe ich keine Fragen mehr, aber wer 

weiß, was das hier noch ergibt."
 

Takano nickte zustimmend. "Geh hinunter in den Speisesaal, dann bekommst du noch etwas zu essen." Die so kurzfristig angesetzte Befragung 

hatte erneut den nach der Uhr ausgerichteten Internatsalltag torpediert.
 

Yugi stand nickend auf und verabschiedete sich. Draußen saßen Anna und Mr. Peters; der Lehrer sollte wohl helfen, wenn Anna die japanischen 

Wörter ausgingen. Sie lächelten sich an, dann ging Yugi essen. Dieser Tag war besser abgelaufen, als Yugi es sich je erträumt hatte.
 

Doch als er schlafend im Bett lag, legte sich ein Schatten über ihn, raubte ihm die Luft zum Atmen und wisperte von Tod und Vernichtung. In 

seinen Träumen sah Yugi sich selbst in das entsetzte Gesicht, der Körper zerfetzt wie von einem wilden Tier, der Schnee blutrot.

Und eine dunkle Gestalt wandte sich dem Träumer zu und bleckte lange, blutbesudelte Zähne, zeigte einen riesigen, dunkelroten Rachen, 

bereit, Yugi zu verschlingen. Dann sprang sie!
 

Yugi erwachte am nächsten Morgen mit Herzklopfen, als hätte er einen Marathon gelaufen, und rauher Kehle, als hätte er sich die Lunge aus 

dem Leib geschrien. Doch niemand hatte seine Zimmertür eingerannt und ihn wachgeschüttelt, also war Yugi sich sicher, daß er nicht geschrien 

haben konnte. Er blinzelte müde, während sein Körper sich langsam wieder beruhigte. Was für ein grausamer Traum! Vielleicht sollte er doch 

noch mal mit Dr. Takano sprechen. Er wollte seine Freunde nicht noch mehr beunruhigen. 

Langsam stand Yugi auf, nahm seine Duschsachen und ging ins Bad. Zehn Minuten später fühlte er sich erfrischt und der Alptraum erschien 

ihm nicht mehr so real, der Geruch nach Blut war verschwunden. 

Der restliche Morgen war erstaunlich ereignislos. Yugi hörte kaum etwas über Atem, es schien, als hätte die gestrige, späte Befragung ohne 

Erklärung vielen Schülern den Mund verschlossen. Es war nur fraglich, wie lange es anhalten würde.

Später bekam Yugis Klasse einen Physik-Test zurück und Yugi war überrascht, daß er 60 von 100 Punkten bekommen hatte. In dem ganze Chaos der letzten Zeit hatte er nicht mehr 

an den Test gedacht und ehrlich gesagt auch nicht oft ans Lernen.

Er schob das Blatt gerade in seine Mappe, als die Tür ging. Yugi hob den Kopf und sah, wie ein heller Haarschopf sich in das Zimmer streckte, 

als würde der Besitzer sich fürchten, ganz einzutreten.
 

"Entschuldigen Sie, aber mein Zug hatte Verspätung. Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte." 
 

Auf ein Nicken des Lehrers hin trat ein Junge ein, bei dem Yugi zweimal hinsehen mußte. Der Neue hatte lange, weiße Haare, braune Augen und 

wirkte wie eine jüngere Ausgabe von Bakura. Vielleicht Bakuras Bruder? Er trug ein weiß-blau gestreiftes Hemd, graue Hosen und seine Wangen waren gerötet, was im starken Kontrast zu seiner hellen Haut stand.

Nach einer kurzen, etwas verhaltenen Begrüßung durch die Klasse verneigte der Neue sich. "Ich bin Ryou Kamishiro. Es freut mich, euch 

kennenzulernen." 

Als er sich wieder aufrichtete, lächelte er und ein leises Quietschen kam aus mehr als einem Mund... Und nicht alle waren weiblich.

Yugi hob eine Augenbraue, aber beschloß, so zu tun, als hätte er nichts gehört.
 

Jonouchi beugte sich zu ihm rüber. "Nicht noch so einer", wisperte er.
 

"Weißt du, wie Bakuras Nachname ist?" fragte Yugi, was ihn gerade mehr beschäftigte.
 

"Irgendwas Arabisches", antwortete Jonouchi und verstummte, als Ryou sich auf einen leeren Platz zwei Reihen vor ihnen setzte. 
 

Soviel also zu der Bruder-Theorie. Aber Yugi sah ja auch Atem ähnlich (oder umgekehrt) und irgendwo hatte er mal gelesen, daß selbst nicht-verwandte Menschen sich ähnlich sehen konnten, weil Einzigartigkeit keine Fähigkeit zum Überleben war. Oder so ähnlich.

In der nächsten Pause wurde Ryous Tisch belagert. Alle wollten den Neuen kennenlernen.
 

"Was hab ich gesagt? Wie Atem und Co.", stellte Jonouchi fest und biß in seinen Apfel.
 

"Ryou scheint nett zu sein. Außerdem können wir wohl alle eine kleine, gute Abwechslung gebrauchen, die letzte Zeit war ja das Gegenteil." Yugi 

lächelte leicht.
 

"Was war eigentlich mit dem Polizisten gestern?"
 

Er erklärte Jonouchi und auch Emi, die dazu kam, nachdem sie Ryou offiziell begrüßt hatte, was gestern geschehen war. Yugi ließ nur aus, wie 

es um Atem und sich selbst bestellt war. Dafür wäre es auch ohne das ganze Drumherum noch zu früh gewesen. Während die Mädchen lautstark 

versuchten, Ryou für einen Schulrundgang zu gewinnen, lehnte Jonouchi sich nachdenklich zurück.

"An Anna hatte ich nicht gedacht..."
 

"Ich schon. Aber ich dachte auch, die Polizei würde das schon regeln." Emi seufzte. "Ein Fehlschluß."
 

"Nur wegen eines Fehlers", erinnerte Yugi sie. Er blickte aus dem Fenster hinunter in den Pausenhof. Der graue Stein und der graue Himmel 

schienen nacheinander die Arme auszustrecken. Die Bäume waren nur noch schwarze Schemen am Hofrand. Yugi sah sie an, er spürte, wie 

sein Herz schneller klopfte. Es war, als würde ihn aus dem Dunkel der Blätter ein feindseliges Augenpaar beobachten. Yugi näherte sich der 

Scheibe wie in Trance, während er ohne zu blinzeln auf die Bäumen starrte. Rot blitzte auf und Yugi schrie. Er sprang auf, stolperte nach hinten. 

Der Stuhl rammte sich schmerzhaft in seinen Rücken.

Yugi taumelte und wäre wohl in den Tisch seines Hintermanns gekracht, hätte Jonouchi nicht geistesgegenwärtig Yugis Arm gepackt und Yugi 

daran wieder hochgezogen.

Dann war es ganz still im Klassenzimmer. Yugi lief hochrot an, als er die verwirrten und erschrockenen Blicke seiner Klassenkameraden spürte. 

Mit gesenktem Kopf setzte Yugi sich wieder, eine Hand über seinem heftig pochenden Herzen.

Gespräche wurden wieder aufgenommen und die Aufmerksamkeit wurde wieder verlagert, hauptsächlich auf Ryou.
 

"Hey, Kumpel, alles gut?" erkundigte Jonouchi sich. Emi war ans Fenster getreten und sah stirnrunzelnd hinaus.
 

"Ja. Ich dachte, ich hätte was gesehen", murmelte Yugi unangenehm berührt. Als er wieder hinaussah, fiel ihm nichts auf, kein Rot, kein Gefühl, 

genau beobachtet zu werden.
 

"Das liegt sicher nur an diesem furchtbaren Wetter." Emi klang dennoch nicht überzeugt und Yugi hatte nicht den Mut, das anzusprechen. 

Denn er fürchtete, daß es stimmte.
 

Das Wetter war noch immer bedrohlich, als Yugi nachmittags in sein Zimmer zurückkehrte. Diesmal sah Yugi den Umschlag auf dem Boden, 

allerdings war dieser schwarz. Yugi hob ihn auf, öffnete ihn und las. "Ach, nicht doch", murmelte er, als er geendet hatte. Nach einem Schluck 

Wasser trottete Yugi mit seinen Mathe- und Physik-Sachen hinauf in das Stockwerk der Abschlußklasse. Er fand die Tür und klopfte langsam an. Es polterte kurz im Zimmer, dann gab die 

aufschwingende Tür ein breit grinsendes Gesicht frei.
 

"Mann, Muto! Ich bin enttäuscht, daß du dich wegen mir nicht so beeilt hast, wie wegen dem ollen Atem. Komm rein."
 

Yugi folgte der Aufforderung seufzend. Das Zimmer war vom Schnitt und den Möbeln identisch mit Atems, doch während Atem seines immer 

penibel sauber hielt, sah es bei Bakura aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.

Bakura selbst bewegte sich in dem Chaos aus Kleidung, Schulsachen und Müll äußerst geschickt. Er räumte einen Teil des Tisches und einen 

Stuhl frei und hieß Yugi, sich doch zu setzen.

Der folgte mit einem komischen Gefühl in der Magengegend.
 

"Jetzt kuck nicht so! Ich bin auch gut in Mathe. Ist mein Lieblingsfach", verkündete Bakura. 
 

"Natürlich." Yugi versuchte zu lächeln, aber es fühlte sich eher an wie ein Muskelkrampf. "Du müßtest mir eine Arbeit unterschreiben. Physik 

allerdings."
 

"Physik ist auch toll. Zeig mal her!" Bakura nahm die Arbeit, die Yugi ihm reichte, und studierte sie eingehend. "He, hast dich ja schon ganz schön 

gemausert."
 

"Atem ist ein guter Nachhilfelehrer! Ähm... Nichts gegen dich", fügte Yugi eilig hinzu.
 

Bakura winkte ab. "Er ist dennoch ein Trottel."
 

"Was?" Yugi runzelte die Stirn.
 

"Weil er so doof ist und nach nem Mord ein offenbar blutiges Hemd abfackelt. Trottel", führte Bakura aus, der einen Stift nahm und einen 

ausschweifenden Schlenker auf die Arbeit setzte.
 

Yugi senkte den Kopf. Auch wenn es ihm nicht gefiel, Bakura hatte nicht unrecht. "Ich frage mich, was Atem gerade macht", murmelte Yugi 

mehr zu sich selbst.
 

"Keine Ahnung. Wenn ich's wissen sollte, hätte er es mir gesagt." Bakura ließ sich auf einen zweiten Stuhl fallen. "Wollen wir jetzt deine Arbeit 

durchgehen oder willst du mir erzählen, wie toll Atem aussieht?"
 

Yugi biß sich auf die Lippe. "Die Arbeit", antwortete er schließlich. Bakura hatte das zweite sicher nicht ernst gemeint und nur gesagt, weil Atem 

so beliebt war. Aber ob das bei Jungen insgeheim auch so war, daß sie öfter für Atem schwärmten? Yugi riß sich am Riemen und vertiefte sich 

mit Bakura in die Verbesserung des Tests.

Sie waren endlich bei der letzten fehlerbehafteten Aufgabe angelangt, als es kurz an der Tür klopfte und diese gleich danach aufgerissen wurde.

Yugi blickte, aus seiner Konzentration gerissen, hoch. "Atem!" rief er überrascht und erfreut. Der blickte ihn verwirrt an und dann zu Bakura.
 

"Rate mal, wer dem Kleinen hier ab heute den akademischen Arsch rettet", frohlockte Bakura grinsend.
 

Atem verzog das Gesicht. "Seit wann gibst du Nachhilfe?"
 

"Seit heute vor...", Bakura blickte theatralisch auf seine Armbanduhr, "einer halben Stunde. Du mußt mir nicht danken, daß ich ihn übernehme, 

bis deine unglückliche Situation geklärt ist."
 

"Yugi, paß nur auf, daß er dir keinen Mist erzählt." Atem schloß die Tür und schlenderte zum Tisch, um Yugi über die Schulter zu sehen.
 

Yugi hatte Mühe, nicht aufzuspringen und Atem an sich zu drücken. Diese Nähe tat gut, aber sie schmerzte dennoch, denn es war nicht nah 

genug. "Ich gebe schon acht", murmelte er abgelenkt.
 

"Das ist gut." Atems Stimme war warm und Yugi hätte nichts sehnlicher getan, als Bakura rauszuwerfen und wenigstens fünf Minuten mit Atem 

alleine zu sein. "Du hast dich sehr gut gemacht, Yugi, ich bin stolz auf dich", erklärte der schließlich und seine Hand legte sich auf Yugis Schulter.

Yugi glaubte, zu verbrennen.
 

"Und wie gut bin ich?" mischte Bakura sich ein.
 

"Nun ja... Bisher hast du keinen Fehler gemacht."
 

Bakura schnaubte. "Wie gnädig... Also was willst du?"
 

Atems Blick glitt zur Seite und als Yugi ihm folgte, entdeckte er, hinter einem weiteren Haufen Wäsche, einen kleinen Kühlschrank. "Ich wollte 

dich nur mal besuchen", erwiderte Atem schließlich. "Nichts weiter. Dann werde ich euch nicht weiter stören." Er drückte nochmal Yugis Schulter. 

"Wir sehen uns auch bald wieder", versprach er, bevor er ging.
 

Yugi sah ihm nach, stirnrunzelnd und verwirrt. "Das war irgendwie seltsam."
 

"Der ist immer seltsam", winkte Bakura ab. "Zurück an die Arbeit, Kleiner. Ich will auch bald fertig werden."
 

Yugi nickte zustimmend. Doch während er versuchte, Bakuras Erklärungen zu folgen, fragte er sich, wann und wie er und Atem einander 

wiedersehen würden. Sein Herz schlug nur bei dem Gedanken schneller.
 

***
 

Aller Hoffnung zum Trotz vergingen die nächsten zwei Tage ereignislos und träge. Yugi glaubte, die Zeit würde einfach nur kriechen. Nach dem 

Abendessen des zweiten Tages beschloß Yugi, einen Spaziergang hinaus in das Wäldchen zu machen. Er wollte nur kurz zu der Hütte, einfach 

mal schauen, und dann würde er auch gleich wieder zurückgehen. Er würde nicht tiefer in den Wald gehen, er sollte also halbwegs sicher sein. 

Auf dem Weg an der Turnhalle vorbei klingelte sein Handy. Yugi zog es hervor, sah aufs Display und nahm dann an. "Hallo, Miho! Wie gehts?"
 

"Ah, ganz gut. Und dir? Was Neues bei euch?"
 

"Irgendwie liegt über allem eine komische Atmosphäre." Unwillkürlich blickte Yugi hinauf in die Kronen der Bäume, die mit jedem Schritt größer 

wurden. "Noch nichts. Die Polizei ermittelt noch. Ich wünschte, sie würden etwas finden."
 

"Oh..." Miho klang so niedergeschlagen wie Yugi sich fühlte. "Hast du deine Eltern schon erreicht?"
 

"Nein... Ich meine, ich habe eine Meldung von ihnen bekommen, aber sie haben aktuell kaum funktionierendes Telefon oder Internet. Es ist 

etwas schwierig, ihnen alles zu erzählen, wenn die Leitung alle drei Worte zusammenbricht. Ich werds wohl aussitzen müssen." Und auch 

wenn Yugi vor kurzem begeistert gewesen wäre, Rosenhain hinter sich zu lassen, jetzt fühlte er, daß er hier nicht mehr so einfach fortgehen 

konnte. Er hatte hier Freunde und vielleicht hatte er in Atem sogar mehr gefunden.
 

"Das scheint dir ja recht wenig auszumachen", meinte Miho und er stimmte ihr zu. "Dir muß ja was Gutes passiert sein, daß du es an so einem 

blutigen Ort aushältst."
 

Yugi lächelte. "Ja. Ich denke es jedenfalls. Es ist nur gerade kompliziert..."
 

"Ich denke, ich verstehe. Aber du erzählst es mir als Erste, wenn's offiziell wird."
 

"Sowieso. Gibts einen bestimmten Grund, daß du anrufst?"
 

"Ja. Es hört sich vielleicht komisch an, aber... Sei auf der Hut vor Ushio." Ihre Sorge war direkt fühlbar.
 

Yugi hielt inne. Seine Hand schloß sich fester um das kleine Telefon. "Ushio? Ich dachte, er läge noch immer im Koma?"
 

"Bis vorgestern abend", präzisierte Miho. "Meine Mutter kennt doch die seine, weißt du noch? Also Ushios Mutter hat erzählt, daß ihr Sohn aus 

dem Koma aufgewacht ist. Das war zuerst ein Riesenschock, denn dieser Herzmonitor hat plötzlich eine Flatline ausgespuckt, so wie in diesen 

Krankenhausserien. Ja, aber gleich darauf ist Ushio aufgewacht. Der Monitor war wohl irgendwie kaputt oder so. Jedenfalls fing Ushio an, 

sich ganz wahnsinnig zu gebärden. Er soll sogar geknurrt haben, kannst du dir das vorstellen?"

Und ob Yugi das konnte! Seine Fantasie war sehr lebhaft.

"Sie haben ihn dann mit Müh und Not auf die psychiatrische Abteilung geschafft, da ist er schließlich eingeschlafen, nachdem sie ihm 

Beruhigungsmittel gegeben haben. Aber jetzt kommt der wirklich gruselige Teil: Am Morgen war er nicht mehr da. Niemand hat gesehen, 

wie er das Krankenhaus oder überhaupt die Station verlassen hat. Keine Spur! Er ist wie vom Erdboden verschluckt. Und deshalb, Yugi, 

paß bitte auf dich auf."
 

Yugi stand inzwischen vor der Hütte, er hatte plötzlich das Gefühl, als würden die Bäume um ihn immer näher rücken. "Das werde ich. Ich... 

muß jetzt aufhören. Bis bald, Miho." Ohne auf ihre Antwort zu warten drückte er den roten Knopf. Er versuchte, langsam und tief zu atmen. 

Und doch hörte er, wie er wie ein Pekinese hechelte. Ushio war weggelaufen... Niemand wußte, wo er war. 
 

Sei vernünftig, Yugi! Was sollte er hier? Er kennt deine neue Schule doch gar nicht. Du hast das doch eben aus dem Grund geheimgehalten 

vor Typen wie ihm.
 

Yugi stellten sich die Nackenhaare auf. Das Rauschen der Bäume klang bedrohlich, es übertönte alles, jeden Laut! Yugi würde niemanden 

hören, bis es zu spät war, wenn es das nicht schon war. Er spürte etwas, es näherte sich. Yugi sah bereits ein schwarzes Maul, das aufriß, 

Speichel flog, weiße Zähne leuchteten gegen dunkelrotes Fleisch an, das Loch wurde immer größer und obszöner und Yugi konnte ihm nicht 

entfliehen. Es würde ihn verschlingen!
 

Mit einem lauten Schrei fuhr Yugi herum und prallte fast in einen anderen Körper. Nach Luft japsend taumelte er rückwärts und gegen die Hütte. 

"Au!"
 

"Oh, das tut mir leid! Hast du dir was getan? Ich wollte dich nicht erschrecken."
 

Die Stimme war sanft trotz der Aufregung und als Yugi sein Gegenüber anblinzelte, erkannte er Ryou. Ob Bakura schon von seinem Spiegelbild 

wußte? Yugi hätte ihn plötzlich sehr gerne gefragt. Yugi atmete tief durch, fragte sich kurz, wo er sich den Kopf gestoßen hatte und erwiderte: 

"Alles okay. Ich war in Gedanken... Ich hätte nicht hierher kommen sollen."
 

Ryou blickte skeptisch nach oben. "Ja, hier ist es irgendwie unheimlich." Er drehte den Kopf, dann den Körper und Yugi hörte es klackern. 

Es kam aus dem kleinen Rucksack, den Ryou bei sich trug.
 

"Wem sagst du das! Aber was machst du hier draußen?"
 

Ryou sah ihn an, dann lächelte er. "Ich habe Steine gesucht. Ich mag es, sie aufzumachen und darin Kristall oder Fossilien zu finden. Ah, ich 

habe mich noch gar nicht richtig vorgestellt. Ich heiße Ryou Kamishiro. Und du bist Yugi Muto, nicht wahr?"
 

Yugi nickte und sie verneigten sich beide kurz. "Wundert mich, daß du meinen Namen kennst."
 

"Nun, ich habe gehört..." Ryou brach ab und sein weißes Gesicht rötete sich. Leiser, als könnte er ihre Umgebung erschrecken, fuhr er fort: 

"Daß du dieses arme Mädchen gefunden hast."
 

"Oh. Das stimmt", antwortete Yugi. Erneut blickte er hinauf in die Bäume. Was machte er eigentlich hier? Die Antwort war einfach: Er hatte 

nachsehen wollen, ob Atem hier war. Inzwischen kam ihm das reichlich dumm vor, schließlich war Atem letztens ihm hierher gefolgt, nicht 

umgekehrt. "Es war in diesem Wald", klärte er Ryou schließlich auf.
 

Ryou spannte sich an. "Dann war das hier wohl doch keine so gute Idee." Er nahm Yugi an der Schulter und entschlossen richtete er seine 

Schritte zurück. 
 

Yugi mußte ihn begleiten. "Ich weiß auch nicht, warum ich zurückkommen mußte", versuchte er, sein eigenes seltsames Verhalten zu erklären. 

Oder ging es vielleicht doch gar nicht um Atem? Es war schwer zu sagen und zu gerne hätte Yugi jetzt Atem an seiner Seite gewußt. 

Dann wäre alles leichter. Dann müßte er weniger Angst haben. Atem war so voller Selbstvertrauen und ohne Angst, Yugi wußte einfach, 

daß er sich in Atems Armen wohler fühlen würde. So leichten Herzens wie letztens. Doch wenn er an Ushio dachte... Aber was brachte das? 

Ushio konnte nie und nimmer hier sein. Wer auch immer hier sein Unwesen trieb, es war nicht Ushio. Selbst der würde wohl vor Mord 

zurückschrecken. Davon abgesehen paßte es ja schon rein zeitlich nicht zusammen.
 

Ryou schien nicht zu bemerken, wie durcheinander Yugi war. "Die Dunkelheit fasziniert die Menschen. Geistergeschichten, Horrorfilme... 

Der Markt dafür boomt und das schon seit langer Zeit. Oder es ist ein Trauma."
 

Yugi zuckte mit den Achseln. Da war er überfragt. Vielleicht sollte er wirklich mal wieder mit Dr. Takano sprechen. Trauma, das würde es wohl 

sein. Wer bekam von sowas denn kein Trauma? "Bist du mit Bakura verwandt?" erkundigte er sich, um das Gespräch in angenehmere Bahnen 

zu lenken.
 

Ryou zuckte zusammen und mit verengten Augen sah er Yugi an, als wäre dieser eine Bazille unter dem Mikroskop. "Was?"
 

Yugi ging einen Schritt weiter und hob die Hände. Ryou schien wenig erbaut, ja fast schon wütend. Soviel zu angenehmen Themen... "Bakura. 

Einer der älteren Schüler. Ihr seht euch ähnlich. Hat dir das noch keiner gesagt?"
 

"Nicht, daß der Kerl Bakura heißt." Ryou preßte seine Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen. Er ging weiter und Yugi folgte ihm mit etwas 

Abstand.
 

"Tut mir leid", folgte Yugi seinem Bedürfnis, sich zu entschuldigen.
 

Ryou winkte ab, aber sagte nichts. Schweigend kehrten sie zum Wohnheim zurück. Erst als sie ihr Stockwerk erreichten, durchbrach Ryou 

die unangenehme Stille. "Es ist nicht deine Schuld."
 

"Gibt es denn ein Problem?" hakte Yugi vorsichtig nach.  
 

Ryou wandte Yugi das Gesicht zu, lächelnd, dann schüttelte er den Kopf. "Es hat mich überrascht, daß es nicht nur so dahergesagt war von 

diesen Mädchen."
 

"Oh, ach so." Yugi konnte es dennoch nicht glauben, aber Ryou kannte ihn auch gar nicht. Wer erzählte Fremden schon gerne Dinge, die 

offenbar so stark einen Nerv trafen? Yugi hatte Ryou ja auch nichts über Ushio erzählt. Das war etwas, von dem er nicht mal wußte, ob er 

es mit seinen Freunden hier im Internat teilen sollte. Schließlich konnte er sich auch nur etwas einbilden. Wahrscheinlich tauchte Ushio 

morgen irgendwo in Domino auf und dann hätte Yugi völlig unnötig die Pferde scheu gemacht. Die Entscheidung war im Grunde ganz einfach: 

Yugi würde nichts sagen, bis er mehr wußte.
 

Rou derweil nickte. "Ich muß meine Funde verstauen. Entschuldige bitte mein unhöfliches Benehmen eben." Er verneigte sich tief vor Yugi, 

während der abwehrend die Hände hob.
 

"Nein, nein, es muß..."
 

"Nein, mir!" Ryou lief hochrot an, als er sich seiner Lautstärke bewußt wurde.
 

Yugi mußte lachen. "Ich glaube, das bringt uns nicht weiter."
 

Ryou schmunzelte und sein Gesicht entspannte sich. "Du hast recht. Ich freue mich, mit dir in eine Klasse zu gehen. Laß uns gut miteinander 

auskommen."
 

Yugi nickte begeistert. "Sag, hast du schon einen Tutor?"
 

"Ich bin bei Anzu Mazaki. Sie ist auch sehr freundlich."
 

"Das stimmt. Sie sorgt sich wirklich sehr um uns alle." Yugi machte eine Geste, die das Wohnheim umfassen sollte.
 

"Ja. Ich hoffe, sie gibt gut auf sich acht. Ich meine, wenn ein Mädchen verletzt und ein anderes sogar getötet wurde..." Ryou zupfte an seiner 

dünnen Armbanduhr.
 

Yugi nickte nachdenklich. "Ich bin mir sicher, sie..."

Doch weiter kam er nicht. Jemand stieß gegen ihn und Yugi fiel mit seinem Angreifer zu Boden. Er sah Sterne. Das einzige, woran Yugi denken 

konnte, war Ushio. Also versuchte er, sich unter dem schwereren Körper hervorzuwinden, schlagend und tretend.
 

"Aua! Verdammt, Yugi!"

Der erkannte Jonouchis Stimme und blickte auf, als sich das Gewicht von ihm hob. Jonouchi hielt sich stöhnend das Gesicht und als er die Hand 

anhob, konnte Yugi sehen, daß der Bereich um Jonouchis linkes Auge sich zornig rot verfärbte. 

"Mann, du hast vielleicht nen Schwinger."
 

"Oh, ich... Das... Das tut mir leid..." Beschämt blickte Yugi zur Seite.
 

"Geht es?" Ryou beugte sich besorgt über Jonouchi. 
 

"Es tut weh, aber ich hab schon Schlimmeres weggesteckt." Jonouchi zwinkerte mehrmals, dann stand er auf und streckte Yugi die Hand hin. 

"Ich muß dir was zeigen", erklärte er ernst.

Yugi nahm Jonouchis Hand nur zögerlich an, doch sein Freund zog ihn resolut wieder auf die Beine und schleppte ihn mit. Während Yugi 

Entschuldigungen stammelte und seinen Ausraster zu erklären versuchte, wurde Jonouchis Miene immer grimmiger und Yugi bekam es mit der 

Angst zu tun, bis er verstummte.

Schließlich blieb Jonouchi stehen und Yugi erblickte eine Gruppe verstörter Jungen und Herrn Isshi, ihren Erzieher. Sie alle standen vor Yugis 

Tür und Yugi wunderte sich, was der Auflauf sollte. Die anderen Jungen wichen vor ihm zurück und gaben den Weg und den Blick auf die 

Türe frei.
 

Oder eher die zerschmetterte Holzplatte, die nur noch schief an einer ächzenden Angel hing. Holzsplitter bedeckten den Boden. Yugi wurde 

eiskalt und er begann zu zittern... "Was...?"
 

"Ach, du meine Güte!" Ryou, der ihnen offenbar gefolgt war, riß Yugi momentan von dem Anblick los. Er starrte entsetzt auf die eingeschlagene 

Tür. "Es ist doch nicht schon wieder jemand..." Schnell bedeckte er seinen Mund und blickte beiseite.
 

"Nein", antwortete Herr Isshi. "Die Tür wurde zerschlagen, das Bett auch, aber passiert ist niemandem was." Er blickte Yugi ernst an. 

"Zum Glück warst du nicht hier. Ich hatte schon Angst..." Er brach ab, räusperte sich und tupfte sich mit einem Taschentuch über die Stirn.
 

"Es hat plötzlich gekracht", erklärte Jonouchi. "Es klang wie ne Abrißbirne. Ich bin so schnell hergelaufen, wie ich konnte, aber den miesen 

Arsch konnte ich nicht mehr kriegen." Er ballte die Hände zu Fäusten. "Wenn ich den erwische..."
 

Yugi taumelte leicht, dann fing er sich und trat langsam ein. Es war, wie Herr Isshi gesagt hatte. Das Bett war ebenso zerlegt wie die Tür. 

Der Rest war unberührt. Es sah aus, als sei ein höchst launischer Riese durch Yugis Zimmer gestapft und hätte einfach so beschlossen, 

zwei Sachen zu zerschlagen und den Rest nicht. Ein Riese... Ein Monster... Yugi schluckte mühsam und umfaßte mit beiden Armen seinen 

Oberkörper. Das hier war eine Botschaft. 

"Ushio", preßte Yugi über taube Lippen noch hervor, bevor der Boden auf ihn zukam.
 

***
 

Es war so schön weich und angenehm warm. Yugi fühlte sich, als würde er auf einer flauschigen Wolke liegen, die gemächlich über den 

Himmel zog. Mit einem kleinen, zufriedenen Seufzer griff Yugi in die Wolke und zog ein Stück so, daß sein Kopf bequemer lag. Das war schön... 

Nur warum roch es so streng und medizinisch? Stöhnend blinzelte Yugi in gedämpftes Licht.

Neben ihm raschelte es und Jonouchis besorgte Miene erschien von rechts in Yugis Gesichtsfeld.
 

"Yugi?" erkundigte Jonouchi sich leise.
 

Der Angesprochene stöhnte nur.
 

"Ich hole die Schwester." Anzus Stimme, erleichtert und doch rauh.
 

Von links beugte sich Atem über Yugi. "Was machst du nur für Sachen", wisperte er leise.
 

"Wo... Wolke?"
 

"Wie Wolke?" erkundigte Jonouchi sich. Die Stelle, an der Yugi ihn erwischt hatte, wirkte dunkel.
 

Langsam kamen die Geschehnisse von vorhin in Yugis Bewußtsein wieder an die Oberfläche. "Ushio!"
 

"He, das hast du vorhin schon mal gesagt. Wer..."
 

"Das kannst du ihn später fragen, Jonouchi." Eine Frau. Es dauerte einen Moment, bis Yugi die Schulschwester erkannte, die sich nun mit 

ernstem Gesicht über ihn beugte und ihm mit einer kleinen Lampe in die Augen leuchtete.

Yugi mußte sich anstrengen, seine Augen nicht zu tief schweifen zu lassen. Schwul oder nicht, solche Ausschnitte sah er nur selten.

"Sieht gut aus. Wie fühlst du dich?"
 

"Mir war irgendwie komisch..."
 

"Der Kreislauf. Ich habe gehört, was passiert ist." Die Schulschwester richtete sich wieder auf und steckte die Lampe an die Brusttasche ihres 

Kittels. Yugi erinnerte sich dunkel, daß sie Kujaku hieß. "Der Arzt war da, er hat dir was gespritzt, damit du bald wieder auf die Beine kommst."
 

Yugi nickte und setzte sich langsam auf. Ihm tat nichts weh, aber er fühlte sich noch immer sehr merkwürdig. Schwester Kujaku half ihm und Atem 

arrangierte die Kissen so, daß Yugi sich dagegen lehnen konnte.

Jetzt sah er, daß er sich in der Krankenstation befinden mußte. Ihm gegenüber befand sich ein zweites, leeres Bett. Einige Schränke standen an 

den Wänden und unter ein Fenster war ein überladener Schreibtisch gequetscht. Alles war weiß - oder eher gelblich. Vielleicht nur wegen dem 

Licht.
 

"Also wer oder was ist Ushio?" kam Jonouchi endlich dazu, die Frage zu stellen, die ihm auf der Zunge brannte.
 

Atem blickte ihn an, dann Yugi. "Jemand sehr Unangenehmes von Yugis früherer Schule. Aber ich weiß nicht, was er hier wollen sollte." 

Sein aristokratisches Gesicht sah aus, wie aus Stein gemeißelt.
 

"Ich weiß es auch nicht. Ich weiß nur, daß Miho mir vorhin erzählte, er sei aus dem Krankenhaus verschwunden. Ohne daß es jemand bemerkt 

hat." 
 

Atems Kiefer mahlten. "Er ist also aus dem Koma aufgewacht."

Yugi nickte nur.
 

"Und der hat jetzt Yugis Zimmer verwüstet? Ist Domino nicht ein ganzes Stück weg?" Jonouchi kratzte sich am Kopf.
 

Kujaku stemmte resolut die Hände in die Hüften und bedachte die Jungen mit finsterem Blick. "Yugi bleibt heute nacht hier und es wäre wirklich 

gut, wenn er schlafen könnte, ohne daß ihr alles wieder hochbringt. Das ist was für Dr. Takano."
 

"Ich glaube... Ushio ist ein Monster", wisperte Yugi. Seine Hand glitt über das Bett und stieß gegen eine kühle, schlanke, die seine Hand einfach 

nahm und gut festhielt. Yugi sah auf die Decke und hoffte, die anderen würden es nicht bemerken. "Du solltest auch was für deinen Kreislauf tun, 

Atem", sagte er dann.
 

"Äh, wie kommst du darauf?"
 

"Du hast immer so kühle Hände."
 

"Er ist bereits in Behandlung", meinte Kujaku und deutete zur Tür. "Na los! Ihr könnt Yugi morgen nerven, wenn er wieder auf den Beinen ist."
 

Anzu, die sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte, kam zu Yugi und drückte ihn kurz. "Gute Besserung. Schlaf schön."

Yugi nickte und sah zu, wie sie und dann auch Jonouchi das Zimmer verließen. Kujaku blickte Atem mit hochgezogenen Augenbrauen an. 

Der blickte säuerlich zurück, doch auch er gehorchte. Aber erst nach einem kurzen Kuß auf Yugis Lippen. 
 

"Ach ja... Ich wurde entlastet. Die Polzei sagt, es war ein Einzeltäter, damit bin ich raus. Danke dir." Atems Worte waren leise und sanft und 

fast glaubte Yugi, sich verhört zu haben. Doch das Glück in Atems Augen ließ ihn wissen, daß es stimmte. 

Yugi blickte Atem müde nach, mit Kribbeln im Bauch. Für den Moment war die Bedrohung vergessen.
 

Als Yugi am nächsten Morgen aufwachte, saß Anzu an seinem Bett. Sie hatte Ringe unter den Augen und war warm angezogen. "Geht es dir gut?"
 

Sie lachte. "Solche Worte aus deinem Munde? Das sollte eher ich dich fragen."
 

"Wie geht es dir?" Yugi konnte stur sein, wenn es ihm wichtig war.
 

Anzu seufzte und nestelte an einem dunkelblauen Schal. "Ich denke, ich brüte eine Erkältung aus. Zuviel Streß in letzter Zeit."
 

"Du siehst auch recht blaß aus", beobachtete Yugi.
 

"Danke, du ebenfalls." Anzu schmunzelte. "Und jetzt sag, wie es dir geht."
 

"Besser als gestern jedenfalls. Wahrscheinlich hat Schwester Kujaku schon einen Termin für mich mit Dr. Takano ausgemacht." Yugi stopfte das 

Kissen in seinen Nacken, sodaß er besser sehen konnte.
 

"Du solltest die Hilfe für deine Psyche annehmen. Die Polizei sucht derweil den Täter... Oder vielleicht die, wenn dein Einbrecher und der... 

Mörder nicht derselbe sind. Ich hoffe, sie sind nicht dieselbe Person." Anzu schloß die Augen. Yugi gab ihr hageres, erschöpftes Gesicht einen 

Stich ins Herz.
 

"Ich denke, du könntest auch Hilfe gebrauchen."
 

"Meine Eltern sind geschieden. Meine Mutter lebt in New York, mein Vater kann gerade mal für sich selber sorgen. Hier zu bleiben ist für mich 

die beste Lösung." Anzu lächelte wackelig. Sie sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Yugi konnte es ihr nachfühlen.

"Außerdem bin ich wirklich gerne hier und helfe anderen. Aber ich sollte mich wohl mehr auf Seto verlassen. Auch wenn er das 

Einfühlungsvermögen eines toten Stinktiers hat."
 

Yugi mußte trotz allem grinsen. "Sicher werden sie Atem wieder einsetzen, oder?"
 

Anzu schüttelte leicht den Kopf. "Ich weiß es nicht. Der Direktor ist ein gerechter Mann, aber es wurde viel Böses über Atem gesagt in letzter Zeit. 

Wenn sein Ruf sich nicht schnell erholt..."
 

"...erhält er das Vertrauen der Schülerschaft nicht zurück." Yugi seufzte. "Ich wünschte, ich könnte ihm helfen."
 

"Das hast du bereits." Anzu stand auf und nahm Yugis Hand. "Ich hoffe..." Sie brach ab. "Nicht so wichtig. Paß auf dich auf!" Sie nahm ein 

weißes Papiertäschchen, wahrscheinlich war darin etwas gegen Erkältungen, dann ging sie.
 

Yugi blieb allein zurück und fragte sich, wie sie all dem nur solange hatte standhalten können. Als er zum Fenster blickte, sah er, wie weiße 

Flocken hinter der Scheibe herabfielen. Der Winter war angekommen. 

Gefahr

"Du mußt dich nicht sorgen. Wir geben auf dich acht." Atems Versprechen hatte sich als ausufernder herausgestellt, als Yugi es in 

seinen kühnsten Träumen erwartet hätte. Unsicher stand er in Atems Zimmer, beide Hände fest um die Riemen seines Ranzens 

geschlungen, und sah das Bett an, das nun die Wand gegenüber Atems Bett einnahm.
 

"Hältst du es nicht für ein bißchen früh, daß wir zusammenziehen?" brach Yugi das Schweigen und blickte Atem an, der Yugis Koffer 

neben den Schrank schob.
 

Atem sah Yugi an, dann grinste er. "Wieso? Ich hab es dir schließlich auch schon besorgt, Minuten, nachdem wir uns das erste Mal 

geküßt haben."
 

Yugi hatte das Bedürfnis, sich etwas vors Gesicht zu halten, da dieses sich anfühlte, als stünde es in Flammen. Was bitte sollte er 

dagegen noch vorbringen? Er hatte es schließlich genauso gewollt.

"Du hältst nicht viel von einem Schritt nach dem anderen, oder?" Seufzend stellte er seinen Ranzen ab. "Ich kann noch immer nicht 

glauben, daß du dem Rektor die Erlaubnis aus dem Kreuz geleiert hast, daß ich bei dir wohnen darf."
 

"Oh, mir kommen die Schritte durchaus angemessen vor." Atem lehnte sich gegen den Schrank, Arme verschränkt und Beine übereinander 

geschlagen.

Yugi sah lieber weg, denn Atems Kleidung bestand auch heute wieder aus schwarzem, sehr engen Leder und er wollte sich nicht unnötig 

in die Bredouille bringen. Das würde noch früh genug kommen.

"Der Direktor, Dr. Takano, Schwester Kujaku, Herr Isshi... Alle sind der Meinung, daß du vorerst nicht allein bleiben sollst. Du hast zuviel 

durchmachen müssen."
 

"Und jemand könnte es auf mich abgesehen haben", fügte Yugi hinzu und setzte sich auf das Bett.
 

"Ja. Hier bist du sicher."
 

"Außer wer auch immer das war hat keine Angst vor dir."
 

Atem zuckte mit den Achseln. "Ich bin kräftiger als ich aussehe. Überlaß das einfach mir."

Yugi fühlte, wie ernst es Atem war und.nickte. Dann sah er aus dem Fenster. Es schneite noch immer, auch wenn es seit heute Morgen 

nachgelassen hatte. Atem setzte sich neben Yugi.

"Ich mag die Kälte nicht. So schön es im Winter auch oft aussieht."
 

Yugi legte einen Arm um Atem und seinen Kopf auf dessen Schulter. "Bei dir daheim ist es sicher viel wärmer."

Atem nickte. Yugi schloß lächelnd die Augen. Er spürte weiche Lippen auf seiner Stirn. "Ich will nicht, daß dir was passiert", murmelte er.
 

"Ich will nicht, daß dir etwas passiert, Yugi. Du bist zu wichtig." 
 

Tief in Yugis Bauch tanzten die Schmetterlinge eine Quadrille. "Sollte es mich beunruhigen, wie einfach es mit dir ist?"
 

"Die Dinge, die sein sollen, sind oft viel leichter als man glaubt." Diesmal küßte Atem Yugi auf den Mund. Yugi keuchte und schmiegte sich 

an Atems kräftige Brust. Dann öffnete er die Augen.
 

"Versprich mir, daß du vorsichtig bist", bat er.
 

Atem nickte. "Ich verspreche dir, daß mich weder dieser Ushio noch der Mörder bekommt."
 

Yugi spürte, daß es stimmte und doch konnte er sich eines merkwürdigen Gefühls nicht erwehren. Doch dann glitten Atems Lippen über 

seinen Hals und Yugi fand nicht mehr die Willenskraft, darüber nachzudenken. Seine Haut wurde aufs Köstlichste gequält von geschickten 

Lippen und weicher Zunge. Yugis Augen flatterten und er krallte seine Hände in Atems Schultern, während sie zurück aufs Bett fielen.
 

"Yugi..." 
 

Es klang so rauh und animalisch und Yugi wurde hart. Er zog Atem wieder herunter und küßte diesen stürmisch. Flinke Finger glitten zwischen 

Yugis Beine und eine noch flinkere Zunge in Yugis Mund. Yugi schloß die Augen, Blitze schlugen in seinem Bauch ein und dann... Er erzitterte 

heftig, keuchend und stöhnend, müde und überglücklich zugleich. Sein Griff erschlaffte und Atem plumpste neben ihm auf das Bett. Yugi 

schüttelte den Kopf. "Du bist wirklich außergewöhnlich."
 

"Sonst käme ich wohl nie in den Genuß deiner Gunst, mein Lieber." Atem schmiegte sich an Yugi, der die leichte Kühle genoß.
 

"Du liest wohl oft alte Bücher."
 

"Wie kommst du darauf?" Atem strich sich verwirrt einige losen Strähnen aus der Stirn.
 

"Deine Ausdrucksweise ist manchmal so antiquiert. Heutzutage heißt das eher "Sonst fändest du mich nicht so oberaffengeil"." Yugi lachte 

bei Atems angewiderter Miene. "Du hast recht, was du sagst, klingt schöner."
 

"Nicht so schön wie du." Atem lächelte zufrieden, als Yugi darauf keine Antwort mehr einfiel. Der schloß die Augen und atmete langsam durch. 

Er fühlte eine Hand, die über sein Gesicht strich, so erstaunlich sanft...

"Du schlägst dich sehr tapfer."
 

"Du hältst mich nach all dem noch immer für stark? Ich klappe doch ständig zusammen..." Yugi lachte abwertend.
 

"Und stehst immer wieder auf. Zeig mir einen, der bei so einer Belastung nicht ins Schleudern käme." Atem piekste Yugi in die Rippen und 

der mußte sich eingestehen, daß Atem nicht unrecht hatte. "Du solltest nicht so hart mit dir selber sein, mein Lieber."
 

"Ich versuchs", murmelte Yugi und setzte sich auf. Während das Blut wieder in seinen Kopf zurückkehrte, fiel ihm etwas auf und er hielt Atem, 

der gerade aufstehen wollte, an einem der, um dessen Hüften geschlungenen, nietenbesetzten Gürtel fest. "Was ist mit dir?"
 

"Ich tue es schon."
 

"Nein, ich meine... Du hast doch noch nicht... Du bist doch noch nicht..." Yugis Wangen glühten. Argh! Wieso konnte er es nicht aussprechen?
 

Atem küßte ihn erneut. "Solange du noch so stotterst, bist du dafür noch nicht bereit. So! Ich muß nochmal los, Seto wollte mich sprechen. 

Du kannst derweil deine Unterhose wechseln", Atems Augen blitzten schelmisch auf, "und dann zum Abendessen gehen."
 

Yugi hätte zu gerne noch etwas gesagt, aber solange ihm seine Zunge nicht gehorchen wollte, würde das wenig bringen. Also nickte er. 

"Sag mal, was macht ihr immer abends?"
 

"Wir essen auch zu Abend und gedenken unserer Familien. Sie sind weit fort." Atem blickte beiseite und doch konnte Yugi einen Blick auf 

sein trauriges Gesicht erhaschen.
 

"Ich verstehe. Das ist sicher nicht leicht. Aber sie wollen, daß ihr hier eine gute Ausbildung erhaltet." Yugi strich über Atems schmerzhaft 

geraden Rücken.
 

"Ja, das wollen sie. Deshalb dürfen wir sie nicht enttäuschen und versagen."
 

"Ähm, ich weiß, das geht mich nichts an, aber... Wie paßt Kaiba da rein?"
 

"Er hat auch Familie dort. Es ist kompliziert."
 

Yugi konnte sich nicht erinnern, jemals von einem arabischen Zweig der Kaibas gehört zu haben, aber wer wußte schon, was eine solche 

Familie von Industriemagnaten alles vor der Presse geheimhielt. Verübeln konnte Yugi es ihnen nicht. Er und Atem verabschiedeten sich 

vorerst und nachdem Yugi seine Unterhose gewechselt hatte, ging er essen. 

Auch wenn er fühlte, daß einige sich nach ihm die Hälse verrenkten, niemand stellte auch nur eine einzige Frage und als Yugi in Emis und 

Jonouchis furchteinflößend grimmige Gesichter sah, wußte er auch, wieso.

So konnte Yugi selber nach Anzu Ausschau halten. Sie saß neben ihren Freunden und Klassenkameraden und hatte sich warm angezogen, 

doch sie lachte und wirkte entspannter als am Morgen. Die Medikamente halfen ihr offenbar und Yugi wandte sich beruhigt seiner Miso-Suppe zu.
 

Als Yugi satt und müde in Atems Zimmer zurückkehrte, lag sein Freund auf dessen Bett und starrte an die Decke. Als Yugi näher trat, bemerkte 

er Atems verkniffenen Gesichtsausdruck und wußte sofort, daß etwas Unangenehmes vorgefallen war. "Geht es dir gut?" erkundigte er sich leise.
 

"Ja... Nur eine Meinungsverschiedenheit mit Seto und Bakura. Mach dir keine Sorgen." Atem setzte sich auf und dabei fiel ein Buch neben Yugi 

auf den Boden. Hilfsbereit bückte Yugi sich und hob es auf.
 

"Die Geheimnisse der Pharaonen", las er vom Einband ab. "Klingt nach Lektüre für Großvater." Lächelnd reichte er das Buch zurück. 

"Du sagst ständig, ich solle mich nicht sorgen."
 

"Muß ja in deinem hübschen Kopf ankommen." Atem nahm das Buch dankend an, sah es angewidert an und warf es auf den Nachttisch, 

wo es klatschend aufkam. "Das Buch ist Schrott. Die Fotografien sind aber sehr schön."
 

"Das hat Großvater auch oft gesagt..." Yugi setzte sich neben Atem und wippte auf der Matratze. "Worum ging es denn? Also bei eurer 

Meinungsverschiedenheit."
 

Atem rollte mit den Augen. "Bitte, frag nicht. Es ist zu albern, um es zu wiederholen."
 

Yugi schüttelte leicht den Kopf, aber ließ Atem sein kleines Geheimnis. "Anzu scheint es besser zu gehen."
 

"Tatsächlich? Das ist gut." Atem wippte stirnrunzelnd mit. 
 

"Sicher ist sie nur leicht erkältet."
 

Atem hielt inne, sein Gesicht plötzlich so düster, als sei es von Wolken verhangen. "Hoffentlich..."
 

Yugi legte den Kopf schief. "Wie meinst du das?"
 

"Ach, nichts weiter. Die letzten Wochen waren nur verdammt hart. Gerade für Anzu." Atem nahm Yugi in den Arm und rang sich ein Lächeln ab. 

"Hast du noch Hausaufgaben zu machen?"
 

Anderthalb Stunden später und befreit von Hausaufgaben lag Yugi in seinem neuen Bett. Er konnte auf dem anderen Bett im schwachen 

Mondlicht den stillen Hügel ausmachen, der Atem darstellte. Eine seltsame Sicherheit überkam Yugi. Ja, hier würde ihm nichts passieren. 

Er gähnte leise und nestelte seine Bettdecke fast bis zu seiner Nase hoch, dann fielen ihm die Augen zu. Er träumte von braungebrannter 

Haut, zärtlichen Händen und einem strahlend weißen Lächeln und alles gehörte allein Yugi.
 

Der nächste Morgen dämmerte gerade, als Yugi die Augen aufschlug. Im Nachhinein konnte er nicht sagen, was ihn geweckt hatte. 

Sich umsehend sah auch alles noch so aus wie gestern, bis darauf, daß Atem sich freigestrampelt hatte und seinen nackten Rücken 

Yugi präsentierte.

Der grinste, stand leise auf und tapste neben Atems Bett. Seine Zehen fühlten sich schon jetzt kalt an. Vorsichtig nahm Yugi die Decke 

und breitete sie über Atem aus, wobei er dem Impuls widerstand, über Atems kräftige Schultern zu streicheln.

Rotohrig und grinsend schlich sich Yugi wieder in sein Bett. Er zuckte zusammen, als plötzlich ein ekelhaftes Quietschen hinter ihm ertönte. 

Er fuhr herum und erschrak fast zu Tode, als Atem ihn, aufrecht im Bett sitzend, ansah. "Gah!"
 

"Hm? Was machst du denn?" Atem gähnte, dann rieb er sich über die Augen.
 

"N-nichts...", stammelte Yugi verlegen. "Du sahst nur so aus, als würdest du frieren und..."
 

"Oh!" Atem blickte die Decke an, als sähe er sie zum ersten Mal. "Danke."
 

"Nicht, daß du dich auch noch erkältest."

Atem gähnte erneut, warf die Decke von sich und rutschte aus dem Bett. Nur in Pyjamahosen kam er zu Yugi und schlüpfte ohne ein weiteres 

Wort zu diesem unter die Decke. Yugi lächelte und lehnte seinen Kopf gegen Atems Brust. "Dann muß ich dich so aufwärmen", murmelte er, 

während er in Sicherheit versprechende Arme gezogen wurde. Draußen heulte der Wind und Yugi schloß die Augen wieder.
 

Der Morgen begann wie immer mit einer Menge Gerenne und so war es kein Wunder, daß Yugi erst nachmittags, als er seine Hefte für seine 

Nachhilfestunde zusammensuchte, wirklich darüber nachdenken konnte, was frühmorgens geschehen war. Yugi wurde warm ums Herz, als er 

daran dachte, wie er in Atems Armen eingeschlafen war. Wenn die Dinge einfach sind, dann sind sie auch richtig... Mit Atem war es wirklich 

erstaunlich einfach. Dann mußte es ja auch erstaunlich richtig sein, schlußfolgerte Yugi. Mit einem glücklichen Lächeln ging er zu Bakuras 

Zimmer und wollte gerade klopfen, da...
 

"Mischt euch da nicht ein. Das ist mein letztes Wort!"
 

Atem? Yugi blieb wie angewurzelt stehen.
 

"Oh, jetzt verbietest du uns schon den Mund, wenn wir dir die Wahrheit sagen? Was für eine Argumentationsweise." Kaiba klang so ätzend, 

das Yugi in sich zusammensank. "Das kann und wird nicht gut gehen. Du mußt..."
 

"Ich kenne meine Pflichten", blaffte Atem. "Du solltest deine auch kennen."
 

"Auch wenn's mir nicht gefällt, aber der Lange Lulatsch hier hat recht", ertönte nun Bakuras Stimme.
 

Yugi fühlte sich schlecht, einfach stehenzubleiben und zu lauschen, aber er konnte ja jetzt nicht einfach klopfen, oder?
 

"Es ist meine Sache. Ich werde tun, was getan werden muß. Der Rest aber geht nur mich alleine etwas an", fuhr Atem seine Freunde heftig an. 
 

"Leider geht es uns aber nun mal doch etwas a..." Bakura brach ab. Noch bevor Yugi sich wundern konnte, was passiert war, öffnete sich die 

Tür und Bakura starrte ihn mißtrauisch an. "Mein Schüler ist da..."
 

Yugi wäre am liebsten im Boden versunken. "I-ich wollte nicht..."
 

Bakura schnaubte und ließ Yugi hinein. "Wir reden später weiter", wandte er sich an Kaiba und Atem, die Yugi mit derselben fehlenden 

Begeisterung wie Bakura anblickten.
 

"Es tut mir leid. Es war nicht meine Absicht...", versuchte Yugi sich zu entschuldigen, doch die anderen schienen ihn gar nicht richtig 

wahrzunehmen. 
 

Atem, die Zähne zusammengebissen, zischte: "Es ist in der Tat noch nicht das letzte Wort gesprochen." Danach entspannte er sich und trat 

zu Yugi. "Schon gut. Wir waren auch nicht gerade leise."
 

"Ich wußte nicht, was ich machen sollte."
 

"Vergiß es, Kleiner! Ich habe nicht an unsere Stunde gedacht. Außerdem haben wir uns über nichts Wichtiges unterhalten", erklärte Bakura 

mit Nachdruck.
 

Yugi fühlte sich dennoch schuldig, denn so recht glaubte er weder Atem noch Bakura. Wenn es wirklich nicht wichtig wäre, wozu dann diese 

Aufregung? Traurig blickte Yugi Atem nach, doch der sagte nichts mehr. Kaiba ging mit verschränkten Armen hinter ihm hinaus.

Instinktiv duckte Yugi sich über seine Hefte und versuchte, seine Arbeit so leise, schnell und gut wie möglich zu verrichten und Bakuras 

kurze, abgehackte Anweisungen umzusetzen. Erst als sie fertig waren, fühlte Yugi einen Hauch Entspannung. Doch als er seine Hefte 

zusammenpackte, sprach Bakura ihn an. Yugi fiel beinahe vom Stuhl.
 

"He, Vorsicht! Du bist vielleicht angespannt... Du platzt ja gleich."
 

Yugi schluckte hart und atmete tief ein. "Ich wollte keinen Ärger machen."
 

Bakura sah ihn einen Moment an, seine Miene ausdruckslos, dann stand er auf. "Bring das weg und hol deine Jacke. Wir machen einen 

Spaziergang. Dein Hirn braucht ne Lüftung, Kleiner."
 

Yugi konnte das nicht abstreiten, also tauschte er Schulsachen mit Anorak und gemeinsam mit Bakura, der sich einen langen, schwarzen 

Mantel übergeworfen hatte, trat er hinaus in die weiße Landschaft. Dicke Wolken flogen aus Yugis Mund. "Es ist sehr schnell Winter geworden."

Bakura nickte, dann machte er eine auffordernde Geste und zusammen gingen sie los. Unter ihren Stiefeln knirschte es. An der Regenrinne 

des Wohnheims hingen erste Eiszapfen, Schnee lag wie Puderzucker über den Bäumen. Es war, als hätte der Herbst auf Knopfdruck dem 

Winter platzgemacht.
 

"Das vorhin war falsch", fing Bakura schließlich an. "Aber da du das weißt, spar ich's mir, dir das lange vorzuhalten. Klopf oder geh, aber steh 

nicht vor anderer Leute Türen mit Dumbo-Ohren."
 

Yugi senkte den Kopf und nickte verhalten. "Atem ist ein guter Mensch", sagte er schließlich. 
 

Bakura machte ein merkwürdiges Geräusch und blieb stehen. "Du solltest vorsichtiger sein." Auf Yugis fragenden Blick hin führte er aus: 

"Atem ist gewissen Pflichten seiner Familie verbunden und..."
 

Mehr hörte Yugi nicht. Wie hatte er das vergessen können? Gleich wie frei Atem sich benahm, seine Familie war sicher muslimisch. 

Sie würden nie einen Mann an der Seite ihres Sohnes dulden. Vielleicht war Atem sogar schon einem Mädchen in Ägypten versprochen. 

Yugis Herz zog sich schmerzhaft zusammen.
 

"Hey, hörst du mir zu? Kleiner, kuck mich mal an... Scheiße, du bist ja so weiß wie der Schnee!"
 

Yugi hätte am liebsten gelacht. Bakura war auch nicht gerade farbiger. "Er ist verlobt, nicht wahr?" erkundigte er sich, wobei er die Worte 

an dem dicken Kloß in seinem Hals vorbeiquetschen mußte.
 

"Was?" Bakura starrte ihn als, als sei Yugi ein zweiter Kopf gewachsen - aus dem Rücken, mit Streifen auf der Haut und Glitzer im Haar.
 

Yugi starrte zurück, mit ebensolcher Verwirrung. "Wie was?"
 

"Wie du darauf kommst?"
 

"Weil ihr aus Ägypten seid und eure Familien wahrscheinlich muslimisch sind und... Warum bist du so verdammt blaß für einen Ägypter?"
 

Bakura blinzelte, dann warf er den Kopf in den Nacken und lachte herzhaft. "Du bist mir vielleicht einer", sagte er, sobald er sich halbwegs 

beruhigt hatte. "Ich meinte eigentlich nur, daß Atem dir nicht zu sehr ans Herz wachsen sollte. Auch wenn es wohl schon zu spät ist, da er 

das erste Thema ist, das du gerne freiwillig anschneidest. Du weißt noch sehr wenig über ihn. Nur weil ihr gerade zusammen wohnt, kennst 

du ihn noch lange nicht richtig."
 

Yugi senkte den Kopf und starrte auf die Abdrücke, die ihre Schuhe im Schnee hinterlassen hatte. Auch wenn er es nicht mochte, Bakura 

hatte recht. Viel wußte Yugi wirklich nicht über Atem. "Ich mag ihn einfach", flüsterte er. "Darf ich das erst, wenn ich seine gesamte 

Lebensgeschichte auswendig kenne?"
 

"Du weißt genau, was ich meine, Kleiner, du willst nur nicht zugeben, daß ich einen berechtigten Punkt angesprochen habe."
 

Yugi hob die Schultern. Was wußte er über Atem? Daß dieser sehr nett war, verdammt gut aussah, ein Talent hatte, Yugi verrückt zu 

machen, ein guter Nachhilfelehrer war und versuchte, Yugi von Ärger fernzuhalten. "Er hat mir nach Vivians Ermordung geholfen, er blieb 

die ganze Nacht bei mir", erzählte er schließlich seinen Trumpf. "Würde man das für jemanden tun, der einem egal ist?" Er hob den Kopf 

und blickte Bakura entschlossen direkt in die Augen.

"Du hast natürlich recht, ich weiß nicht viel über Atem, aber alles, was ich gesehen habe, sagt mir, daß er ein guter Mensch ist. Nicht perfekt, 

aber gut. Ich will bei ihm sein und wenn er mir genügend vertraut, wird er es mir erzählen, wenn es irgendwo ein Problem gibt." 

Er reckte das Kinn vor. "Es ist nicht deine Aufgabe, uns zu kritisieren."
 

Bakura war ruhig geblieben und hatte Yugi zugehört ohne eine Miene zu verziehen. "Ich habe dich einmal gewarnt, ich werd's nicht wieder tun. 

Wenn du meinst, daß es das ist, was du unbedingt tun willst, tu's. Aber vergiß nicht, daß ich Atem länger kenne als du... und daß er schon

 Anzu abgeschossen hat."
 

"Anzu sagte..."
 

"Sicher nur einen Teil der Wahrheit", schnitt Bakura Yugi das Wort ab. "Sie ist nett, zu nett für einige Wahrheiten. Nur weil sie jetzt Freunde 

sind, heißt das gar nichts, wenn's um dich geht." Offensichtlich genervt drehte er sich weg und starrte in den dunklen Himmel. "Scheiß-Wetter!"
 

Yugi schüttelte den Kopf. Er würde sich nicht von Bakura aus der Ruhe bringen lassen. Ihm kam der Gedanke, daß Kaiba und Bakura Atems 

Beziehung mit ihm, Yugi, nicht guthießen und es deshalb vorhin diese häßliche Szene gegeben hatte. Nur warum? Atem hatte davon 

gesprochen, daß er seine Pflichten nicht vernachlässigen würde, was auch immer das bedeuten mochte. Yugi scharrte im Schnee, 

Bakura hatte sich nicht wieder umgedreht. "Ich werde jetzt gehen. Es gibt wohl nichts mehr zu besprechen. Danke für den Spaziergang." 

Er drehte um, um zurück ins Wohnheim zu gehen. Er mochte keine zwanzig Schritte gemacht haben, als er plötzlich gegen die 

Geländemauer gestoßen wurde. Der Aufprall schlug ihm die Luft aus den Lungen. Hustend und nach Atem ringend sah Yugi hinauf zu 

einem dunkelroten Loch voller scharfer, weißer Zähne. Rote Augen fixierten ihn. Yugi rutschte das Herz in die Hose, sein Körper wurde 

steif. Die weißen Haare leuchteten unheilig in der Nacht. 

Ein Klicken durchbrach die Stille und ein silberner Pistolenlauf legte sich an die Schläfe des Monsters.
 

"Du bist also dieser Bakura." Ryous Stimme schien Yugi viel zu ruhig. "Laß ihn los!"

Monster Reprise

Yugi war an der Mauer herabgesunken und sein Blick sprang zwischen Bakura und Ryou hin und her. Sein Rücken pochte 

schmerzhaft bis in seinen Kopf. Er konnte sehen, wie Ryous Zeigefinger sich um den Abzug krümmte, er konnte sehen, wie 

Bakura sich anspannte.
 

"Sieh hinter mich", knurrte Bakura leise. "Verschwende deine stinkenden Kugeln nicht an mich."
 

Ryous Augen fuhren zur Seite. Sein Gesicht blieb unbewegt. Ruckartig riß er seinen zweiten Arm hoch, indem es auch silbern 

blitzte, und drückte ab. Yugi schrie entsetzt auf und preßte die Hände auf die Ohren, darüber hinweg erklang ein unmenschliches 

Jaulen, voller Schmerz und rasender Wut. Yugi schwindelte, Bakura bleckte die Zähne, aus seinen Augen rannen Tropfen.
 

"Du Arsch", zischte er Ryou zu. "Kannst du nicht aufpassen? Jetzt ist er in den Bäumen."
 

Yugi konnte nichts sehen und er fragte sich, wie Bakura etwas sehen konnte, wenn er seine glühenden Augen auf Yugi gerichtet 

hatte. Er wollte nur noch mit dem Boden verschmelzen, in seinem Zimmer sein, bei Atem sein, irgendwo anders... Sein Kopf 

prallte gegen das rauhe Ziegelwerk hinter sich und der Schmerz ließ ihn wieder hochfahren. Er mußte hier weg! Doch Bakura und 

Ryou versperrten ihm den Weg, während sie sich wütend, doch leise anblafften.

Yugi straffte sich, dann stürzte er unter Ryous erhobenem Arm durch.
 

"Apophis sei verflucht!" Bakuras Stimme war so laut, daß sie von überall her widerzuhallen schien. 
 

"Yugi, nicht!"
 

Yugi prallte zurück, als sich von dem nächsten Baum ein massiger schwarzer Schatten fallen ließ. Er kam mit solcher Wucht auf, 

daß Yugi der Schnee in Gesicht, Mund und Augen flog. Er stolperte nach hinten und verlor fast das Gleichgewicht, während er wie 

verrückt blinzelte. Eine riesenhafte Pranke legte sich auf seine Schulter und Yugi schrie, als sich ein kantiges, grausam verzerrtes 

Gesicht durch den Schneeschleier schob. Trotz der raubtierhaften Fangzähne, der roten Augen und des rasenden Gesichtsausdruck 

wußte Yugi, wer ihn gerade gefangen hatte.

Yugi wand sich, doch Ushios Finger gruben sich schmerzhaft in seine Schulter. Er glaubte, sie müßte ihm brechen, als Ushio ihn näher zog.
 

"Muto..." Die Stimme war rauh wie ein Reibeisen, unbenutzt seit langer Zeit. Eine rote Zunge glitt über spröde Lippen.

Yugi wußte, daß er sterben würde. Das Monster würde ihm die Kehle herausreißen, genauso wie Vivian. Das Monster, dessen Muskeln 

und Sehnen sich anspannten, als es seinen verunstalteten Kopf zu Yugi hinabbeugte. 

Yugi hätte so gerne die Augen geschlossen, aber er fühlte sich wie das Kaninchen vor der Schlange. Gleich würde es vorbei sein... 

Gleich... Großvater...
 

Ein Knall ertönte und Ushio heulte auf. Dunkles Blut rann über sein Gesicht. Yugi schrie erneut auf, aus seiner Starre gerissen. 

Er kratzte über Ushios Hand, doch seine Nägel drangen nicht in die Haut ein. Ushio riß sein Maul auf, Kiefer knackten. Er stieß Yugi 

in den Schnee, dann setzte er zum Sprung an, bereit, Yugi mit Haut und Haaren zu verschlingen.

Yugi hob die Arme vors Gesicht, er hörte ein gräßliches Krachen wie von tausend zerschmetterten Knochen. Er roch Blut und Knoblauch. 

Aber ihn berührte nichts. Yugi ließ die Arme sinken und robbte zurück, bis die dunklen Schemen vor ihm ihre Geschichte preisgaben.

Ushio stand mitten im Schnee, seine massige Gestalt überragte den zweiten Schemen, der sich gegen ihn stemmte. Mit einem 

Brüllen schlug Ushio nach dem zweiten und dieser sprang leichtfüßig beiseite. Die Wolkendecke riß auf und silbernes Licht ergoß sich 

über die Welt. Yugi erkannte Atem, der nun zu einem Sprung ansetzte und den vollkommen unbekleideten Ushio mit beiden Beinen in 

die Brust traf. Ushio mußte zwei Schritte zurückweichen, während Atem saltoschlagend geschmeidig zwischen Ushio und Yugi in der Hocke 

landete.
 

Yugi wollte etwas sagen, doch Atem hob die Hand zur Seite und rief. "Bleibt weg!"

Bakura und Ryou... Yugi fragte sich, wie es ihnen ging. Da blickte Atem über die Schulter und Yugi stockte der Atem, als er dessen Augen 

golden leuchten sah. "Du auch, Yugi", wies Atem an und enthüllte seine grausam langen Fänge.
 

Instinktiv robbte Yugi zurück. Seine Schulter explodierte in Schmerzen und sein Rücken fühlte sich an, als würde er brennen. Vor Yugis 

Augen tanzten rote und goldene Augen, Raubtierzähne, weiß wie Elfenbein, und silberne Pistolen.

Er sackte zur Seite und bitterste Galle stieg ihm bis in die Nase. Er würgte und keuchte, seine Lippen tropften und seine Nase brannte. 

Eine schmale Gestalt kniete sich neben ihn und normale, braune Augen sahen besorgt auf ihn hinab.

Yugi stemmte die Hände gegen den eisigen Boden und kam wieder hoch. Ryou schlang einen Arm um seine Schultern.

Yugis suchender Blick glitt durch den glänzenden Schnee. Endlich fand er Atem, der Ushio gerade mit einem Tritt von unten von den 

Beinen holte. Ushios Geheule drang Yugi durch Mark und Bein, doch er mußte zusehen.

Mußte zusehen, wie Atem Ushio am Arm packte, bis ein lautes Krachen durch die Bäume hallte. Ushios Geheule verwandelte sich in 

Gewimmer. Blut spritzte, als Atem dasselbe mit dem zweiten Arm wiederholte. 
 

"Ich weiß es nicht! Ich weiß gar nichts!" schrie Ushio plötzlich auf. Atem bückte sich herab zu Ushios Ohr, seine Zähne glänzten im Mondlicht. 

Ushio schüttelte den Kopf, zitternd, offenbar unfähig, sich zu bewegen. Atem erhob sich, dann trat er erneut zu. Ushios Rückgrat krachte 

wie ein morscher Ast.
 

Yugi übergab sich wieder. Tränen liefen über sein Gesicht. Sein Geist schrie um Gnade wie auch Ushio vor ihm. Für eine Sekunde glaubte 

Yugi, Atem wäre fertig, als der sich umdrehte, doch dann fuhr er erneut herum, einen abgebrochenen Ast in den hocherhobenen Händen. 

Ushio schrie ein letztes Mal auf, als das Holz durch seinen Rücken fuhr. Blut fraß das Weiß und mit einem Wimpernschlag war Ushio fort. 

Grauer Schnee stob in die Luft, wurde von einer Bö davongetrieben.
 

Yugi glaubte, zu fallen. Da war einfach kein Boden mehr unter seinen Füßen. Seit Großvater gegangen war, war der Fels immer mehr 

abgebröckelt, bis er nichts mehr trug. Ein zweites Paar Arme umschlang ihn und Yugi versuchte, diesem zu entkommen. Er schlug wie 

wild um sich, doch er konnte einfach nichts treffen. Angstvoll sah er zu Ryou und wollte diesen aus tauben Lippen um Hilfe anflehen, doch 

hinter Ryou sprang ein Schatten hoch und packte diesen. Ryou entkam ihm nicht mehr und Bakura drückte ihn an sich.
 

Um Yugi drehte sich die Welt, bis ihn endlich die Dunkelheit gnädig umfing.

In seinem Geist aber tanzten bald die wirren Bilder um ihn wie ein Reigen des Bösen. Bakuras Zähne in Vivians Hals, Atems Hände an 

Annas blaßen, schutzlosen Armen, Ryou mit gezogener Waffe über Großvaters stillem Körper. Und Ushio, mit diesem riesigen Maulloch, 

das direkt auf Yugi zuraste.
 

Mit einem Schrei fuhr Yugi auf. Er zitterte am ganzen Leibe und ihm tat alles weh. Er rang nach Atem und sein Herz, das sich so 

heißglühend anfühlte, schien sich seinen Weg aus Yugis Leib brennen zu wollen.

Yugi fuhr gewaltsam zurück, als eine braungebrannte Gestalt an seinem Fußende erschien. "Bleib weg", wimmerte Yugi. "Du bist ein Monster!"

Vernichtet

Yugi zog die Decke um seinen bebenden Leib. Nur am Rande drang es in sein Bewußtsein, daß sie wieder in Atems Zimmer waren... 

Atem war einen Schritt zurückgetreten, als ob er fürchten müßte, von seinem Freund mit tödlichem Geheimnis angesprungen zu werden. 

Warte, Atems Zimmer? Yugi blinzelte, dann wollte er aus dem Bett rutschen. Seine Beine verwickelten sich in der Decke und Yugi wäre 

beinahe gestürzt, hätte ihn nicht eine bestimmende Hand abgehalten. Entgegen Yugis Vermutung gehörte sie aber zu Kaiba, der ihn 

wenig erbaut ansah.
 

"Bitte sehr, gern geschehen", preßte der hervor.
 

Yugi traf es wie ein Holzhammer. Wenn Atem und Bakura solche Kreaturen waren, dann auch Kaiba. Er kroch zurück und blickte sich um, 

auf der Suche nach einem Ausweg. Er entdeckte Bakura und dort, auf einem Stuhl, saß Ryou. Wieso saß der einfach nur da? Auf den 

zweiten Blick sah Yugi die breiten Ledermanschetten, mit denen Ryous Hand- und Fußgelenke an den Stuhl gefesselt worden waren.

"Was zum Teufel macht ihr da?" Fassungslos blickte Yugi zu Atem.

Der stand mit hochgezogenen Schultern am Tisch, Bakura lachte. Atem hob den Kopf und aus seiner Kehle kam ein Knurren. Ein 

wahrhaftiges, echtes Knurren. Es klang wie das eines Löwen, der sich gleich auf das Lamm stürzen würde.

Yugi sah sich schnell um, ergriff das nächstbeste Ding und warf es mit aller Kraft.
 

"Au!" Atem zuckte zusammen und starrte dann ungläubig auf die Haarbürste zu seinen Füßen, die von seiner Brust abgeprallt war. 

Bakura sackte hinter Ryou zusammen, er klang wie eine geisteskranke Hyäne. Ryous Verblüffung machte einem kleinen Lächeln platz, 

nur Kaiba sah so aus wie immer.
 

"Vielleicht sollten wir ihn auch fesseln", war sein Vorschlag.
 

Atem schüttelte den Kopf und hob die Bürste auf. "Yugi, du hast alles Recht, Angst zu haben. Hör mir bitte dennoch zu."

Yugi blickte daraufhin alle an, als hätten sie den Verstand verloren.
 

Ryou seufzte. "Auch wenn ich weiß, wie du dich fühlst, Yugi, sie werden dir nichts tun. Sie hatten mehr als genug Gelegenheit, während 

du bewußtlos warst, wäre das ihr Ziel gewesen."
 

"Danke, Jäger. Bist vielleicht doch noch zu was zu gebrauchen." Bakura rutschte um Ryous Stuhl herum und setzte sich im Schneidersitz 

daneben.
 

"Das habe ich nicht für euch getan", war Ryous Antwort; sie klang so eisig wie der heulende Wind draußen. Dann lächelte er Yugi an. 
 

Gegen dessen Willen entspannte sein Körper sich. Yugi merkte erst jetzt, wie sehr ihm alles wehtat. Jeder einzelne Muskel schien zu 

protestieren. Yugis Nerven hatten beschlossen, sich an Ryous Worte zu klammern, damit sie nicht noch rissen unter der enormen 

Anspannung. Yugi versuchte, durchzuatmen. "Das... Da draußen... Warum hat Ushio... sich aufgelöst?"
 

"Ist das nicht offensichtlich?" erkundigte Kaiba sich, wobei er weniger ekelhaft als eben klang. Er mahlte mit den Zähnen. "Du hast Atem 

gerade noch ein Monster genannt."
 

"Ihr seid also wirklich keine Menschen?" erkundigte Yugi sich und sein fragender Blick ruhte auf Ryou.
 

"Ich bin einer. Diese drei hingegen sind das, was man gewöhnlich als Vampir oder Nosferatu bezeichnet. Sie ernähren sich vom Blut 

anderer Lebewesen."
 

Yugi hörte das unausgesprochene "bevorzugt menschliches" dennoch. Er sah Atem an, dachte daran, wie dessen Mund und Zunge 

über seinen Hals geglitten waren und er erschauerte. War er um Haaresbreite der Anzapfung entgangen?

Atem schien seine Gedanken zu erraten, denn er hob beide Hände und schüttelte den Kopf. "Ich wollte und will dich nicht beißen! Du 

bist mein Freund..."
 

"Aber... Du trinkst von... von Menschen. Also wie kann ich dein Freund sein und nicht dein Appetithäppchen?" Yugi verschränkte die 

Arme vor der Brust. Ja, er war sauer. Besser sauer als zu Tode verängstigt.
 

"Wir waren auch mal Menschen", antwortete Atem und fuhr sich seufzend durchs Haar. "Niemand von uns hier hat es sich ausgesucht, 

in eine blutsaugende, untote Kreatur verwandelt zu werden." Es klang traurig und so wie Kaiba und Bakura fort sahen, schienen sie 

ähnlich zu fühlen.
 

Yugi sah Atem an, dann fiel ihm etwas ein. "Deshalb also deine Blutdruckprobleme... Und jetzt, wo du es sagst, kann ich mich nicht 

erinnern, jemals deinen Herzschlag wahrgenommen zu haben."
 

"Nun, dein Herz hat auch genug für uns beide geschlagen."
 

Yugis Ohren glühten. Schließlich hatte Atem damit recht. Dennoch... "Lenk jetzt nicht ab. Das hier ist... ist..."
 

"Du hast recht, ich bin ein Monster", war Atems einfache Antwort.
 

"Wir haben dich gewarnt", mischte Bakura sich ein. 
 

"Aber du meintest ja..."
 

"Nicht ablenken!" unterbrach Yugi Kaiba. "Was macht ihr hier? Wart... Wart ihr das mit Anna und Vivian?" 
 

"Ich dachte, das wäre der Vampir draußen gewesen", half Ryou, das Gespräch wieder von der von Yugi gewünschten Spur abzubringen. 

Yugi stöhnte.
 

"Er kann es nicht gewesen sein. Laut Yugi ist er erst vor wenigen Tagen als Vampir erwacht und lag vorher im Koma." Atem blickte 

fragend zu Yugi.
 

"Ja, das... das stimmt. Miho hatte mich angerufen und von seinem Verschwinden erzählt, er... Oh, er muß gestorben sein, also war 

die Flatline keine falsche Anzeige." Yugi kratzte sich an der Wange, als sein Kopf das nächste Rätsel fand und löste. "Und dann ist 

er aufgewacht... Sie haben ihn in die Psychiatrie gebracht."
 

"Sie haben Glück gehabt, daß er kein Massaker im Krankenhaus angerichtet hat." Ryou runzelte die Stirn. "Er war offenbar noch zu 

schwach von der Umwandlung. Auf alle Fälle kann er es dann nicht gewesen sein, auch ihr drei kommt nicht infrage." Auf Yugis fragenden 

Blick hin führte Ryou aus: "Dann würden sie sich nicht die Mühe machen, fast drei Jahre eine Schule zu besuchen und dabei nicht aufzufallen."
 

"Ihr wart das wirklich nicht?" Yugi mußte es noch von Atem hören.
 

Der schüttelte den Kopf. "Wir sind nicht hier, um Menschen zu verletzen oder gar zu töten."
 

"Aber warum seid ihr dann hier? Brauchen Vampire auch eine Schulausbildung?" 
 

"Wir lieben es einfach, Nachhilfestunden zu geben." Bakura grinste, Kaiba verdrehte die Augen.
 

"Wir haben unsere Gründe", erwiderte Atem nach einer kurzen Pause.
 

Ryou legte den Kopf schief. "Ich würde sie gerne kennen. Und der Rat auch."
 

"Rat? Warte, Ryou, was bist du eigentlich? Du kennst solche Wesen wie sie, du schießt sogar auf sie..." Yugi fiel dabei ein, daß 

Bakura Ryou Jäger genannt hatte. "Oh, du bist ein Vampirjäger."
 

"Ja, unser eigener kleiner Professor Van Helsing, mit direktem Draht zu noch mehr Typen mit nach Knoblauch stinkenden Knarren." 

Bakura machte eine abfälliges Geräusch.
 

"Der Rat sorgt dafür, daß die Menschen nicht unter euresgleichen zu leiden haben. Ich bin nur hier, um den zu finden, der Menschen tötet."
 

"Ich bezweifle, daß der Rat uns hier gerne sieht, auch wenn wir nichts getan haben", antwortete Atem müde.
 

"Mein Auftrag lautet, den oder die Vampire zu vernichten, die an dieser Schule eine Gefahr für Menschen darstellen. Ich bin nicht daran

 interessiert, mich mit euch anzulegen. Schon gar nicht mit dir, Atem."
 

"Du weißt also, wer ich bin."
 

"Ich weiß genug. Genug, daß ich Yugi nur raten kann, sich trotz deiner heutigen Freundlichkeit von dir fernzuhalten. Ich werde keinen 

Kampf beginnen, den ich nicht gewinnen kann." Ryou preßte die Lippen zu weißen Strichen zusammen.
 

"Er könnte sich Verstärkung holen." Kaiba musterte Ryou abschätzend. "Also welche Garantie gibst du uns, daß du nicht zum Rat rennst 

und ein paar ältere und erfahrenere Jäger auf den Plan rufst, die kein Problem damit haben, uns zu pfählen oder zu köpfen?"
 

Ryou schrumpfte sichtlich zusammen, als sich nun drei Augenpaare auf ihn richteten, deren Besitzer ihm nicht gerade wohlgesonnen waren. "I-ich..."
 

Yugi konnte das nicht mehr mitansehen. Er schaffte es diesmal unfallfrei aus seinem Bett und lief zu Ryou, um vor diesem Aufstellung zu 

nehmen. Er zitterte, doch solange er seine Arme ausbreiten und noch stehen konnte, würde er nicht weichen. "Ryou ist mein Freund, 

er versteht sicher, daß... daß ich Atem nicht einfach... vergessen kann. Genauso wenig wie ich ihn vergessen kann. Ryou sagte doch, 

daß er nur nach Vivians Mörder sucht, also habt ihr nichts von ihm zu befürchten. Wieso sollte er euch verraten? Ihr könnt ihm sicher 

helfen. Ich meine..." Yugi blickte flehend zu Atem, der überrascht wirkte. "Du bist so stark! Stärker als Ushio. Und dieser andere Vampir 

da draußen hat dir eine Menge Probleme gemacht. Du sagtest, du seist ein Monster, aber ich dachte nie, daß ein Monster so verletzt 

aussehen könnte wie du vorhin, als ich aufgewacht bin und..." Yugi bekam kaum noch Luft, während er mit den Armen ruderte. "Ihr habt 

doch dasselbe Ziel, wenn ihr alle den Vampir da draußen einfangen wollt."
 

"Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Clever, Yugi Muto." Kaiba ließ seine Arme sinken. Er blickte nickend zu Atem. Bakura zuckte 

die Schultern.
 

Atem schloß die Augen. Als er sie wieder öffnete, war seine Überraschung Entschlossenheit gewichen. "Gut. Wir arbeiten zusammen, 

Ryou. Solange bis wir den Verursacher gefunden haben. Danach wirst du wohl sowieso abberufen werden."
 

"Das werde ich wohl." Ryou klang erleichtert und als Yugi über die Schulter sah, konnte er die an ihn gerichtete Dankbarkeit in Ryous 

Augen lesen. "Solange ihr nichts tut, was mein Einschreiten erforderlich macht."
 

Atem trat mit zwei langen Schritten zu Ryou und löste dessen Fesseln. "Wir haben nichts vor, das schlecht für Menschen ist, im Gegenteil."

Yugi blickte weiterhin zu Ryou, der sich seine Gelenke rieb, doch der zuckte nur die Achseln. Gemeinsam richteten sich ihre Augen auf 

Atem, doch der machte keine Anstalten, seine Aussage zu präzisieren. Statt dessen lehnte er sich gegen den Tisch.

"Wir sollten es für heute Abend damit bewenden lassen." Er nickte Kaiba zu.
 

Der zog mit offensichtlichem Widerwillen die zwei silbernen Pistolen Ryous aus seinem weißen Ledermantel und gab sie ihrem rechtmäßigen 

Besitzer zurück. Ryou überprüfte die Waffen mit wenigen, schnellen Handgriffen, dann ließ er sie in einem Halfter unter seinem 

Mantel verschwinden. "Yugi, wenn du heute nacht irgendwo anders schlafen willst..."
 

"Ich denke dran, aber zuerst schuldet mir ein gewisser Jemand noch ein paar Erklärungen." Yugi fixierte Atem entschlossen.
 

"Nun gut..." Ryou sah von einem Vampir zum anderen, während er rückwärts zur Tür ging. Als er diese erreichte, drückte er die Klinke 

hinunter und schlüpfte, weiterhin das Gesicht den Vampiren zugewandt, hindurch.
 

"Ah, war das nicht spaßig?" Bakura stand auf und grinste über Kaibas schmale Lippen und Augen. "Schon gut, schon gut. Wir sind dann 

mal weg." Die beiden verließen dann auch tatsächlich das Zimmer und überließen Yugi und Atem deren Gespräch unter vier Augen.
 

"Also...", begann Yugi, nur um dann wieder abzubrechen. Er setzte sich auf den Stuhl und betrachtete die gepolsterten Manschetten, die 

noch an den Armlehnen hingen.
 

"Ja?" Atem wartete gespannt auf ein weiteres Wort, doch als nichts kam, sackte seine Gestalt etwas zusammen. 
 

Entweder war er ein guter Schauspieler oder es war ihm wirklich sehr wichtig, was Yugi von ihm dachte. Der beschloß, einfach mal 

letzteres anzunehmen. Er räusperte sich und fragte: "Du trinkst also Blut, ja?"
 

Atem nickte. "Tierblut. Es ist nicht so leicht, an menschliches zu kommen, wenn man keine Menschen verletzen will."
 

"Daher also das Schweineblut zu Halloween." Yugi sah auf seine nackten Zehen, die sich in den Teppich gruben.
 

"Ein Unfall beim Trinken. Normalerweise ernähren wir uns immer, während ihr zu Abend eßt, dann können wir Flecken noch schnell 

beseitigen. Aber da es Halloween war..." Atem verzog das Gesicht.
 

"Der Plan ist nicht aufgegangen, was?" Yugi lehnte den Kopf zurück. "Ihr seid also wirklich nette Vampire."
 

"Freiwillige rennen uns nicht gerade die Bude ein", antwortete Atem mit einem Schulterzucken. "Dafür hängen uns Jäger am Hintern, wenn 

wir uns erwischen lassen."
 

"Das... klingt weniger nett, eher zweckmäßig."
 

"Yugi, Vampire sind niemandes Vorstellung von Spaß und Glück. Unsere Anwesenheit bringt Menschen Unglück." Atem sah weg, doch 

nicht bevor Yugi den Schmerz in seinen Augen gesehen hatte. "Selbst wenn wir versuchen, uns anzupassen und nicht aufzufallen, können 

wir niemals ein Teil der menschlichen Gesellschaft sein."
 

"Wenn du das wirklich glauben würdest, dann wären wir wohl nicht zusammen, oder?"
 

Atem schüttelte den Kopf über Yugis hoffnungsvollen Ton. "Ich war... naiv. Und dabei sollte ich es besser wissen, nachdem Anzu..."
 

Yugis Augen weiteten sich. "Warte, Anzu weiß, was du bist?" 
 

"Solche Dinge haben eine häßliche Tendenz, herauszukommen. Wir haben uns danach nur gestritten. Ich wollte nicht, daß sie mit jemandem 

zusammen ist, der ihr keine Zukunft bieten kann."
 

"Haben Vampire denn keine Zukunft?" Yugi stand auf und tapste zu Atem, doch der drehte sich zum Fenster. Sein steinernes Gesicht 

spiegelte sich im Glas.
 

"Wir sind tot, Yugi."
 

"Aber du hast doch auch mit mir..."
 

"Ich wollte... nicht einsam sein." Atems sonst so kräftige Stimme war nur ein Hauch. "Und du bist so liebevoll und gutherzig." Er lehnte die 

Stirn gegen das Glas. Draußen tanzten weiße Flocken.
 

Yugi fühlte tief in sich einen Schmerz. Er trat vor und umarmte Atem von hinten. "Du auch. Ich hätte dich nicht Monster nennen sollen."
 

"Ryou hat wahrscheinlich recht, daß du dich von mir fernhalten solltest. Du weißt noch lange nicht alles."
 

Yugi schloß die Augen und kuschelte sich an Atem. Er dachte an Ushios Schreie. Und doch... Atem hatte ihn verteidigt. Es war vielleicht 

nicht richtig gewesen, aber Atem hatte es versucht. "Dann werde ich es herausfinden müssen, wie bei anderen... bei Menschen auch."
 

"Bist du dir sicher?"
 

"Ja, aber wenn du mir helfen willst..." Yugi löste sich und trat vor Atem. "Dann zeig mir nochmal, was ich vorhin gesehen habe." Er strich 

mit dem Zeigefinger über Atems Lippen.
 

Atem trat ein Stück zurück. "Das würde ich dir nicht raten. Menschen finden meine... animalische Seite erschreckend und abstoßend. 

Eigentlich solltest du vor mir fliehen."
 

"Du wolltest mich beschützen." Yugi sah zur Seite. Seine Augen wurden feucht. "Und was hättest du getan, wenn Ushio ins Wohnheim 

gelaufen wäre?"
 

"Ich dachte, daß du Kämpfe haßt."
 

"Da tu ich auch!" Yugi faßte stirnrunzelnd nach Atems Arm. "Aber er hätte noch mehr Leute verletzt."
 

"Dann willkommen in meiner Welt. Hier gibt es mehr Grau als Schwarz und Weiß." Atem drehte um und ging zur Zimmertür. "Du solltest 

jetzt schlafen. Du denkst nicht klar."
 

"Du... Du hast doch gesagt, wir können zusammen sein..."
 

Atem hielt inne, seine Hand auf der Klinke. "Das war ein Fehler, Yugi. Das wird dir auch noch aufgehen. Vampire und Menschen können 

nicht zusammen sein. Wir sind sehr verschieden." Damit ging er und ließ einen verwirrten und traurigen Yugi zurück.
 

Der ließ sich irgendwann auf sein Bett fallen und obwohl er müde war, fand er keinen Schlaf. Er wälzte sich nur hin und her, genauso wie 

die unzähligen Gedanken in seinem Kopf. Schließlich gab er auf, zog seine Hausschuhe an und stieg hinunter in den ersten Stock. 

Es war schon still und Yugi gab acht, daß ihn kein Erzieher sah. An Ryous Tür hielt er und klopfte zaghaft an.

Es dauerte nicht lange, bis die Türe leise ein Stück geöffnet wurde. Mißtrauische braune Augen lugten hervor, dann beruhigten sie sich 

und Yugi konnte eintreten.
 

"Atem ist wohl kein angenehmer Zimmergenosse mehr." Ryou gähnte. Er trug auch schon einen grauen Schlafanzug.
 

"Ich wollte dich nicht vom Schlafen abhalten." Yugi seufzte. "Er ist gegangen. Er sagte, ich könnte nicht klar denken..."
 

"Recht hat er." Ryou zuckte auch unter Yugis empörten Blick nicht mal mit der Wimper, sondern setzte sich gemütlich aufs Bett. 

"Schließlich weißt du nichts über Vampire. Echte Vampire. Es gibt gute Gründe, warum Menschen und Vampire nicht viel miteinander zu 

tun haben. Der wichtigste ist der, daß Vampire immer auf menschliches Blut aus sind. Das können sie nicht abstellen. Sie sind Raubtiere 

und wir ihre bevorzugte Beute."
 

Yugi ließ sich uneingeladen neben Ryou nieder. Er fühlte sich so leer... "Aber warum sagt Atem dann, daß er mich mag? Und jetzt, da ich 

die Wahrheit kenne, schickt er mich weg? Das macht doch keinen Sinn." 
 

"Ich weiß nicht, was zwischen dir und ihm abläuft, aber Vampire können durchaus Menschen mögen. Sie tun es nur nicht sonderlich 

gerne, da Menschen sterben. Sehr schnell aus der Sicht von Wesen, die die Ewigkeit vor sich haben, wenn man sie nicht gerade 

pfählt oder köpft", erklärte Ryou. Sein Blick war mitleidig. "Hättest du es nicht herausgefunden, hätte er wohl nach seinem Abschluß 

die Distanz zu dir vergrößert, bis ihr euch auseinandergelebt hättet, so wie es oft genug bei Schulfreundschaften vorkommt."
 

Tränen liefen Yugi über die Wangen, als er gezwungen war, diese Möglichkeit zu überdenken. "Er schien mir ehrlich zu sein mit seinen Gefühlen."
 

"Aber auf Dauer tut er dir damit keinen Gefallen. Yugi, er ist unsterblich, er ist sehr, sehr alt, älter als du glaubst. Und er hat heute 

jemanden, den du kennst, vor deinen Augen gefoltert." Ryou preßte die Lippen zusammen. "Nicht, daß ich diese Bastarde nicht auch 

gerne..." Er atmete durch, hart und laut.
 

Yugi öffnete den Mund, um Atem zu verteidigen, doch es kam kein Wort heraus. Frustriert ballte er die Fäuste und preßte sie gegen 

seine Stirn. Verdammt! Warum mußten Ryou und Atem recht haben? Yugi hatte sich so gewünscht... so gehofft... Er schluchzte leise 

und drehte sich von Ryou weg.
 

"Es tut mir leid, Yugi."
 

Doch der hörte nicht mehr zu, sondern stand auf und rannte fast aus dem Zimmer. Nein, er konnte wirklich nicht mehr klar denken. 

Denn nicht nur da draußen, überall lauerten scharfe Fangzähne und Yugi wußte nichts, nichts, gar nichts über den Jungen, 

Mann, was auch immer, der sein Herz höher schlagen ließ, obwohl dieser selbst keinen Herzschlag mehr hatte.

Unsichtbar

Yugi rannte fast Jonouchi die Tür ein und verkroch sich in dessen Zimmer in einer Ecke. Obwohl Jonouchi ihn in sein Bett stecken 

wollte, lehnte Yugi ab. Trotz aller Müdigkeit konnte er nicht schlafen. Er wollte auch nicht darüber reden und zum Glück ließ Jonouchi 

ihn. Yugi wachte irgendwann auf, als ein vorwitziger Sonnenstrahl seine Nase kitzelte. Groggy schob Yugi das Bettzeug beiseite und 

merkte erst da, daß er in Jonouchis Bett lag. "Was...?"
 

"Du bist eingepennt und ich hab dich ins Bett gesteckt", antwortete Jonouchi und gähnte. Yugi mußte es ihm nachmachen.
 

"Aber du..."
 

"Kein Aber. Du hast leichtes Fieber, Yugi." Das war Schwester Kujaku. Yugi fragte sich, wie sie trotz des Wintereinbruchs mit so 

knapper Kleidung herumlaufen konnte. "Hier, trink das." Sie reichte ihm ein Glas Wasser, in dem sich gerade sprudelnd eine weiße 

Tablette auflöste.
 

Yugi nahm das Glas, trank und verzog das Gesicht. Ekelhaft! Doch Kujaku stand neben ihm und beobachtete ihn mit hochgezogenen 

Augenbrauen. Yugi seufzte und leerte das Glas so schnell es ging. Danach schüttelte er sich wie ein Hund. "Bäh!"
 

"Du solltest besser auf dich achten, Yugi." Kujaku sah ihn ernst an. 
 

"Mir ist nur etwas warm. Meine Kehle fühlt sich gut an und meine Nase ist frei", antwortete Yugi, der angestrengt in sich gelauscht hatte, 

um die ihm bekannten Erkältungsanzeichen aufzuspüren.
 

"Dein Kreislauf ist noch immer nicht wieder auf der Höhe. Du solltest es langsamer angehen lassen. Kein Streß, kein Ärger, sonst wirst 

du noch richtig krank."
 

Wie einfach für sie, das zu sagen... Sie wußte ja auch nicht, was an dieser Schule wirklich vorging. Yugi sah beiseite und nickte 

schließlich doch.

Sie ließ ihm noch etwas für sein Fieber da, dann waren Yugi und Jonouchi alleine. Letzterer sah aus, als hätte er auch nicht viel 

letzte Nacht geschlafen.

"Was is' los? Und jetzt keine Ausreden."
 

"Ich... Ich kanns dir nicht sagen", antwortete Yugi mutlos und plötzlich brach er in Tränen aus. Er dürfte es niemandem sagen... 

Niemandem, von dem er Trost erhoffen konnte. 
 

"Hey, hey. Ganz ruhig." Das Bett sank neben Yugi ein und warme, menschliche Arme umschlossen ihn. "Hattest du Streit mit Atem? 

Du warst gestern auch nicht beim Abendessen."
 

Ein Streit... Das paßte wohl kaum auf das, was geschehen war. Yugi schüttelte den Kopf. "Ich hatte Nachhilfestunde. Ich bin danach 

mit Bakura spazieren gegangen und..." Wie sollte er das nur erklären? "Ich kanns nicht sagen. Es geht um Sachen, die... nicht mich betreffen."
 

"Sie machen dich aber trotzdem unglücklich." Jonouchi rutschte so aufs Bett, daß er gegenüber von Yugi im Schneidersitz saß. 

"Komm, du mußt doch irgendwas sagen dürfen?"
 

Yugi spielte mit der Decke und dachte nach. Er wollte so gerne... Aber wie? Vielleicht ging es ja so. "Was würdest du machen, wenn 

du rausfindest, daß jemand etwas anderes ist als es den Anschein hat?"
 

"Ist Bakura insgeheim ein Welpenliebhaber?" Jonouchi grinste, dann wurde er sichtlich ernster. "Ganz ehrlich, viele sind nicht das, 

nach dem sie aussehen. Du kannst ihnen ja nicht an der Nasenspitze ansehen, was für ein Typ Mensch sie sind."
 

"So betrachtet... Aber wenn ich jemanden mag, der tut aber Dinge, die mir wirklich nicht gefallen und die man auch nicht machen sollte... 

Was dann?"
 

Jonouchi dachte kurz nach, die Augen an die Decke gerichtet. "Kommt drauf an, was er tut und warum, oder?"
 

"Er... wollte jemanden beschützen. Aber seine Methoden waren nicht nett."
 

"Nicht nett?" Jonouchi beugte sich vor und stupste Yugi an die Stirn. "Das kann so ziemlich alles heißen."
 

Yugi senkte den Kopf. Seufzend erklärte er: "Also schön. Brutal und gewalttätig. Mehr als es nötig gewesen wäre. Ich mag ihn noch immer... 

Aber ich weiß nicht, ob ich das noch darf." Er rieb sich über sein feuchtes Gesicht. 
 

"Puh!" Jonouchi kratzte sich im Nacken. "Das ist ne gute Frage. Nächste Frage: Denkst du, er würde sowas wieder tun?"
 

"Kann man das ausschließen? Ich wünschte, gestern wäre nicht passiert."
 

"War er auch schon nett zu dir, hat sich um dich gekümmert?"
 

"Ja..."
 

"Dann solltest du mit ihm reden. Der Sache auf den Grund gehen, weißt du? Wenn du ihn noch magst, dann gibts auch einen Grund dafür."
 

"Wirklich?"
 

"Ja. Ich weiß ja nicht, was genau los war, aber ich weiß, daß du ein guter Kumpel bist. Du hast das Herz am rechten Fleck." Jonouchi sah 

sehr verlegen aus und Yugi konnte es ihm nachfühlen. Dennoch war er auch geschmeichelt.
 

"Danke."
 

"Wenn einer rausfindet, wie einer wirklich tickt, dann du."
 

"Sowas ähnliches hat mein Großvater auch mal zu mir gesagt." Yugi lächelte leicht.
 

"Dann hör auf deinen Großvater. Und auf mich. Ich war auch nicht immer nur lieb und nett... Gab mal ne Zeit, da war ich richtig, richtig übel 

drauf." Jonouchi zog die Achseln hoch, doch er fuhr fort: "Ich hab Leute zusammengeschlagen, war in ner Gang... Schließlich wurde ich 

geschnappt. Weißt du, meine kleine Schwester wollte den Sommer zu Besuch kommen. Wir haben uns nur sehr selten gesehen seit der 

Scheidung unserer Erzeuger. Sie kam... auf die Polizeistation. Ich hab sie weinen gesehen und da wußte ich, wenn ich so weitermache, 

dann wird es ein böses Ende nehmen. Shizuka war und ist mein Ein und Alles. Ich wollte nicht, daß sie sieht, was für ein Scheißkerl ich bin."
 

"Du bist auch kein Scheißkerl, Jonouchi", erwiderte Yugi leise.
 

Jonouchi schüttelte den Kopf. "Damals war ich's, glaub's mir, Yugi. Erst ihre Tränen haben mir gezeigt, was ich da mache. Wieviele Menschen 

ich verletze... Da habe ich alles gestanden. Wirklich alles! Sie haben mich deshalb nur in eine Klinik geschickt, um eine Therapie zu 

machen. Mein Alter hat das Sorgerecht für mich verloren... Aber das ist ne andere Geschichte. Ich hab geackert wie blöde, hab jeden 

Test gemacht, hab für die Schule gelernt. Ich wollte, daß ich ein Vorbild für meine Schwester sein kann, so wie früher. Als sie mich 

schließlich wieder rausließen, hat mein Psychologe gesagt, er kenne einen Schulleiter einer sehr vornehmen Privatschule. Einen, der 

Typen wie mir eine zweite Chance gibt. Und so kam ich nach Rosenhain, Yugi." Jonouchi sah gedankenverloren aus.
 

"Ein Teil von dir war immer gut. Du brauchtest nur jemanden, der dir zeigt, daß noch mehr geht." Yugi lächelte, dann umarmte er Jonouchi. 

"Ich glaube, ich habe die Antwort gefunden und das nur wegen dir!"
 

"Ähm, was? Äh, ja, gut." Jonouchi lachte verlegen, dann drückte er Yugi an sich. "Und jetzt wirst du gesund." Yugi konnte nur zustimmen.
 

Abends war Yugis Fieber fast verschwunden und Schwester Kujaku erlaubte ihm, zum Abendessen zu gehen, vorausgesetzt er ginge 

danach bald wieder ins Bett. Was Yugi daran erinnerte, daß seine Sachen noch bei Atem lagen und er Jonouchi nicht noch eine Nacht 

aus dessen Bett fernhalten konnte. So stand Yugi nach dem Essen wieder in Atems Zimmer. Dessen Bewohner war nicht anwesend. 

War er überhaupt zurückgekommen, seit er es verlassen hatte?

Yugi öffnete kurz das Fenster und lüftete. Die frische, kühle Luft tat gut und half Yugi, sich etwas zurechtzulegen, bis Atem hoffentlich 

zurückkehrte. Doch der ließ sich Zeit. Yugi erinnerte sich, daß Atem um diese Zeit... trank. Unwillkürlich schauderte Yugi. Die Vorstellung, 

wie Atem sich ein Glas Blut hinter die Binde kippte, war zu ekelerregend. Yugi wurde schon bei dem Gedanken sehr unwohl.  

Er wäre fast aus dem Fenster gesprungen, als die Tür ging. In dem Versuch, die unschönen Bilder loszuwerden, schüttelte er sich, dann 

schloß er das Fenster.

Atem sah nur leicht überrascht aus.
 

"Ich hatte dich früher zurückerwartet", war seine verhaltene Begrüßung.
 

"Ich mußte das Bett hüten, Anweisung von Schwester Kujaku." Yugi lehnte sich gegen das Fensterbrett und musterte Atem. Der sah müde 

aus, doch auf Yugis Antwort hin, wurden seine Augen scharf.
 

"Was ist geschehen?"
 

"Ich hatte etwas Fieber, aber es ist schon gesunken. Mach dir keine Sorgen." Yugi runzelte die Stirn. Machte Atem sich Sorgen? "Ich soll 

Streß vermeiden."
 

"Dann sollte ich besser wieder gehen." Atem stand schon an der Tür, als Yugi ihn nach kurzem Sprint erreichte und eine Hand auf seinen 

Arm legte.
 

"Du weißt, das wir reden müssen. Wenn nicht, bleibt der Streß. Auch für dich." Yugi ließ die Hand sinken, als Atem sich wieder umgedreht 

hatte und zwei Schritte von der Tür wegmachte. "Du hattest gestern recht: Ich habe nicht klar gedacht. Aber es ist nicht gerade leicht, 

klar zu denken, wenn deine ganze Realität auf den Kopf gestellt wird." 
 

Atem sah Yugi an, seine Augen unlesbar, dann nickte er. "Setzen wir uns. Dann spricht es sich leichter." Während Yugi auf seinem 

Bett platznahm, ging Atem zu seinem Nachtkästchen und wühlte kurz darin herum. Mit einer Packung Kekse setzte er sich auf einen 

Stuhl Yugi gegenüber, dann hielt er diesem das Gebäck hin.
 

Yugi mußte lächeln, als ihm die Absurdität dieses Vorgangs bewußt wurde. Er nahm dankend einen Keks und knabberte daran. 

"Unser Essen könnt ihr zu euch nehmen."
 

Atem nickte. "Es macht uns nur leider nicht satt. Aber es schmeckt." Er nahm sich auch einen Keks. "Und natürlich dürfen wir nicht 

auffallen, indem wir gar nichts zu uns nehmen."
 

Yugi nickte auch. Er atmete tief durch, dann stellte er die Frage, die sich seit seinem Gespräch mit Ryou immer mehr in den Vordergrund 

seines Denkens gedrängt hatte. "Wie alt bist du überhaupt? Ryou meinte, du seist sehr alt... Ich dachte, du seist vielleicht... zweihundert?"
 

Atem hob die Augenbrauen, seine Mundwinkel zuckten. "Das ist noch jung für einen Vampir."

Yugi schluckte seinen Keks und blickte Atem unverwandt an, bis dieser schließlich einknickte. "Dreitausend Jahre."
 

"Bitte?"
 

"Ich bin dreitausend Jahre alt. Oder eher etwas mehr, aber irgendwann zählt man keine einzelnen Jahre mehr."
 

Yugi gingen fast die Augen über. Er konnte sich ja schon bei diesen "Wo stellen Sie sich vor, in fünf Jahren zu sein?"-Fragen nichts vorstellen. Das hier... "D-das ist ein Scherz... Oder?"

Atems Gesicht blieb unverändert, in den Augen blitzte kein Schalk auf. Yugi verzog leicht das Gesicht. "Wirklich? Das ist verdammt lang. 

Ich frage mich nur, woher Ryou das weiß..."
 

"Der Rat wird eine Akte über mich haben. Sie haben immer Akten über Vampire, die sie als gefährlich einstufen." Atem nahm sich noch 

einen Keks.
 

"Bist du denn gefährlich? Ich meine, gefährlich für Leute wie mich?"
 

Atem lachte leise. "Gerade nochmal die Kurve bekommen, was? Nein. Ich habe kein Interesse daran, Menschen zu verletzen. Nicht mehr."
 

"Also hast du dich geändert. Zumindest bist du nicht mehr so gefährlich wie früher."
 

"Das macht meine Taten auch nicht ungeschehen. Und du warst zurecht angewidert von meinem Verhalten gestern. Auch wenn Ushio 

ein Vampir war... und du ihn sowieso nicht leiden konntest." Atem drückte Yugi die Kekspackung in die Hände. 
 

"Er war ein Arschloch. Aber das hat er nicht verdient." Yugi drehte die Verpackung, bevor er sich auch noch einen Keks nahm. 

"Ich verstehe ja, daß ihr ihn so... nicht laufen lassen konntet. Und ob man ihn einsperren kann..." Atem schüttelte den Kopf. "Gut, ich 

verstehe, daß du keine Wahl hattest, wie du ihn aufhältst, auch wenn sie mir nicht gefällt. Aber mußtest du ihm vorher noch die Knochen 

brechen? Er lag doch schon am Boden." Yugi liefen die Tränen über die Wangen. Eigentlich, würde jeder sagen, sollte er froh sein, 

daß Ushio ihn niemals wieder belästigen und verletzen konnte, aber Yugi fühlte nicht so. Ushio war tot... Er würde niemals bereuen, 

sich niemals mehr ändern können.
 

"Ich wollte wissen, ob ihn jemand geschickt hatte. Vampire stecken sehr viel mehr weg als ein Mensch. Deshalb habe ich..." Atem brach 

ab und strich mit einer Hand über Yugis Wangen. "Weine nicht. Er war bereits tot."
 

"Du bist auch tot. Ich würde um dich auch weinen, wärest du... noch töter."
 

Atem nickte langsam, ein Mundwinkel hob sich. "Du wirst nicht aufhören, mich zu mögen, oder?"
 

"Nein. Weil ich es spüren kann..."
 

In Atems Augen spiegelte sich Überraschung wieder und eine Frage.
 

"Daß du ein gutes Herz hast. Du mußt es nur befreien." Yugi legte den Kopf schief, als Atem zu seiner Verwirrung zu lachen begann. "Atem?"
 

Dieser hatte sichtlich Mühe, sich zu beruhigen. Er setzte mehrmals an, etwas zu sagen, aber mußte immer wieder abbrechen, wenn ein 

weiteres Glucksen sich seinen Weg bahnte. Es dauerte, bis Atem wieder ungehindert den Mund öffnen konnte. "Ja, du hast wohl recht. 

Entschuldige...  Es hat mich... nur sehr überrascht. Du bist wirklich bestrebt, das Gute in mir zu sehen."
 

Yugi nickte. "Ich weiß, du sagtest, wir hätten keine Zukunft, aber darf ich da auch mitreden? Wenn ich dich besser kenne? Und dein Volk?"
 

"Mein "Volk"", Atem klang, als spräche er ein obszönes Wort aus, "ist alles andere als kompliziert. Wir dürsten nach Blut, alles andere ist 

diesem Durst untergeordnet. Laß dich nicht dadurch täuschen, daß Bakura, Seto und ich uns so gut beherrschen können, wir hatten ein 

paar tausend Jahre Zeit, um diese Kontrolle zu vervollkommnen. Wie Ushio gestern war, so sind alle Vampire am Anfang. Blutrünstige 

Tötungsmaschinen, nur angetrieben durch ihre Gier nach Blut. Es dauert Jahre, bis wieder so etwas wie Verstand oder Gefühle in ihnen auftreten."
 

"Das hört sich ja schrecklich an!" Yugi fühlte, daß seine Wangen ganz kalt geworden waren. Kein Wunder, daß Ryou so sehr gegen 

eine Mensch-Vampir-Beziehung war... "Kann man denn keinen irgendwie... aufhalten? Ohne sie gleich zu töten?"
 

"Wäre Ushio mein Geschöpf gewesen, wäre er an meine Befehle gebunden gewesen und ich hätte ihm befehlen können, von dir 

abzulassen. Ansonsten ist es sehr schwer, einen Vampir noch aufzuhalten. In der ersten Zeit geht er nur seinen Gelüsten nach. Und diese 

sind normalerweise blutrünstiger Art." 
 

Yugi senkte den Kopf. "Und der Vampir, der noch draußen sein müßte? Denkst du, er ist auch so unkontrollierbar?"
 

Atem schüttelte den Kopf. "Er ist eindeutig älter und kann sich besser kontrollieren. Gut genug, daß er weiß, daß nach Vivian unsere 

Aufmerksamkeit erhöht sein muß. Deshalb hat er sich länger nicht mehr blicken lassen."
 

"Bist du sicher, daß er noch da ist? Und woher sollte er wissen, daß es hier noch andere Vampire gibt?"
 

"Ich spüre seine Präsenz. Du hast sie auch schon wahrgenommen." 
 

Yugi nickte zögerlich. Da war etwas gewesen... Auf dem Baum und nach dem Angriff auf Anna...
 

Atem fuhr derweil fort. "Es gibt verschiedene Fraktionen, geleitet von älteren Vampiren, die ebenso sehr nach Macht wie nach Blut 

dürsten. Einer von ihnen läßt uns offenbar beobachten." Atems Kiefer mahlten, der Blick war düster.
 

"Warum sollten sie das tun?"
 

"Weil dreitausend Jahre alte Vampire nicht gerade in Massen herumlaufen. Je älter, desto mächtiger."
 

"Macht Sinn. Sie wollen also sehen, was ihr so treibt... Ob ihr eine Gefahr für sie darstellt."
 

"Ja." Atem stand seufzend auf. "Du mußt vorsichtig sein, Yugi, deshalb wollte ich auch, daß du nach Möglichkeit in meiner Nähe bleibst."
 

Yugi rutschte vom Bett und trat lächelnd zu Atem. Der wand sich dieses Mal nicht aus Yugis Umarmung. "Also sind wir erst mal Freunde? 

Normale Freunde?"
 

"Ich überlasse es dir. Aber ich fürchte, was du dir wirklich wünschst, kann ich dir nicht geben."
 

"Laß mich dich kennenlernen", murmelte Yugi. Atem widersprach nicht.
 

***
 

Später am Abend, Yugi saß bereits in seinem Pyjama auf dem Bett und spielte eine Runde Kniffel gegen sich selber, klopfte es an der Tür.

Atem, der quer über seinem Bett lag, die Nase in einem ägyptologischen Fachbuch vergraben, hob den Kopf und rief: "Herein!"
 

Anna schob ihren verwuschelten Kopf ins Zimmer, verlegend lächelnd. "Sorry, ihr zwei! Ich wollte dir nur sagen, Atem, daß Anzu es jetzt 

richtig dick erwischt hat. Sie hat sich in ihrem Zimmer verbarrikadiert, weil sie niemanden anstecken will."
 

Yugi kam zu Anna. "Das hört sich böse an. Ich würde sie gerne morgen besuchen."
 

Anna seufzte und schüttelte den Kopf. "Sie will niemanden sehen. Sie sagte, sie sei eine wandelnde Virenschleuder."
 

"Außerdem, Yugi, bist du selber noch angeschlagen", meldete Atem sich zu Wort. "Du solltest wirklich zuerst selbst wieder ganz gesund 

werden, bevor du dich noch mehr Krankheitserregern aussetzt."
 

"Aber Anzu..." Yugi blickte zwischen Anna und Atem hin und her, doch keiner von beiden ließ sich beirren.
 

"Danke, Anna. Ich werde Seto helfen, bis Anzu wieder auf dem Damm ist."
 

"Immer gerne. Schlaft gut, ihr zwei." Lächelnd verließ Anna das Zimmer.
 

Yugi ging zu Atem und setzte sich zu diesem. "Kannst du dich anstecken?"
 

"Äh... Nein?" Atem blinzelte verwirrt.
 

"Dann geh du doch bitte morgen zu ihr. Dich müßte sie dann ja reinlassen, oder?" Yugi legte den Kopf schief und bedachte Atem mit seinem 

patentierten "Bitte-bitte"-Blick.
 

Atem klappte sein Buch zu und setzte sich auf. Er räusperte sich und kratzte sich hinterm Ohr. "Das hätte ich sowieso gemacht..."
 

"Danke!" Yugi strahlte und drückte Atem. Der lächelte schief und legte eine Hand auf Yugis Rücken.
 

"Tut dir das noch weh?"
 

Yugi schüttelte den Kopf. "Nur noch ab und zu. Meine Schulter ist aber grün und blau."
 

"Du wirst bald wieder heil sein."
 

"Euch scheint ja wenig zu verletzen. Also körperlich." Neugierig blickte Yugi Atem in die Augen.
 

"Ja. Und wir heilen auch sehr schnell."
 

"Aber du hast ein Spiegelbild und Kreuze machen dir keine Angst."
 

"Nicht alles, was über uns kursiert, entspricht der Wahrheit. Einiges stimmt aber. Wir verabscheuen Knoblauch... Naja, alles, was stark 

riecht. Unsere Nasen sind viel besser als menschliche."
 

"Uh! Kein Wunder, daß ihr Nudeln immer ohne die Tomaten-Knoblauch-Soße eßt."
 

"Dabei ist sie doch so schön rot, nicht?" witzelte Atem. 
 

Yugi mußte lachen. Solange bis ihm wieder Gläser voller Blut einfielen. "Ich weiß nicht, wie ihr das trinken könnt."
 

"Weil wir danach verlangen. Für uns gibt es nichts Köstlicheres auf dieser Welt. So sehr das dich auch anwidern mag." Atem starrte ins 

Leere, seine rote Zunge glitt über die Lippen.
 

Yugi schauderte. War es Entsetzen oder Lust? Nur langsam verstand er immer mehr, was Ryou und Atem ihm zu erklären versucht 

hatten. "Anzu war wohl auch nicht glücklich."
 

"Sie sagte, sie liebte mich. Ich sagte ihr, daß ich ihr nie das geben kann, was sie will. Vampire sind unfruchtbar und impotent, Yugi. 

Deshalb hast du auch davon nichts bei mir gespürt." Atem stand auf und legte das Buch weg. Er wirkte merkwürdig verloren in diesem 

Raum. Als ob er nicht hierher gehören würde.

Und Yugi wurde klar, daß er das auch nicht tat. Atem war kein Mensch. 
 

"Deshalb die Streits?"
 

"Ich wollte nicht, daß sie all das für mich aufgibt. Ich kann Menschen Vergnügen bereiten, aber..."
 

"Aber du kannst keines finden." Yugis Augen weiteten sich. "Warte mal! Heißt das, du hast dreitausend Jahre lang mit keinem Einzigen 

geschlafen?"
 

"Ich habe dir gesagt, Vampire sind grausam und gemein. Woher kommt das wohl? Es ist furchtbar, etwas zu wollen, aber nicht zu können."
 

Yugi schauderte. "Das ist gruselig. Sag mal, bist du... Jungfrau?"
 

Atem mußte lachen. "Nein. Ich stamme aus einer Zeit und Gegend, wo Jungfräulichkeit wenig wert war. Viele Kinder zu haben hingegen 

schon. Aber ob es das besser macht, wenn man die lange Zeit betrachtet?"
 

"Du stammst also wirklich aus dem alten Ägypten. Dreitausend Jahre... Da herrschten noch die Pharaonen."
 

Atem nickte. "Nicht immer so gut, wie es nötig gewesen wäre. Sie versanken in Prunk und Pracht und verloren aus den Augen, wie es 

den einfachen Menschen wirklich ging. Absolute Macht korrumpiert absolut."
 

Atems bitterer Tonfall erweckte in Yugi den Eindruck, daß Atem sehr gelitten haben mußte unter dem damaligen Herrscher. Vielleicht 

war Atem ein Bauer gewesen oder ein Handwerker... Yugi versuchte, sich vorzustellen, wie es gewesen sein mußte, sich jeden Tag 

abzurackern, während sie im Palast feierten und keine Not oder Sorge kannten. Es war ein quälendes Bild.
 

Atem setzte sich wieder zu Yugi. "Du solltest dir nicht den Kopf zerbrechen wegen alter Geschichten. Ich werde morgen nach Anzu 

sehen und dann werden wir uns einen Plan zurechtlegen, wie wir unseren mysteriösen Angreifer aus seinem Versteck locken können. 

Unsere bisherigen Versuche waren leider erfolglos. Vielleicht kann uns Ryou ja doch helfen. Irgendwie..."
 

Yugi wies Atem nicht daraufhin, daß das nicht gerade überzeugt klang, ganz zu schweigen von überzeugend, aber er fühlte die Müdigkeit 

in seinen Knochen und ein unangenehmes Pochen in seiner lädierten Schulter. So ging er lieber bald zu Bett und während er einschlief, 

glaubte er, ein verzweifeltes Schluchzen zu hören.

Am nächsten Morgen wollte Yugi Atem fragen, ob er etwas gehört hätte, doch als er dessen entschlossen vorgerecktes Kinn sah, 

zerfielen ihm die Worte im Mund. Er beschloß, abzuwarten, ob Atem von sich aus etwas sagte.

Der allerdings war wortkarg und verschwand schon vor dem Frühstück, um nach Anzu zu sehen.
 

Yugi ging also alleine hinunter und setzte sich zu Jonouchi und Emi. Auch wenn er sich besser fühlte, er war wohl auch kein besserer 

Gesprächspartner als Atem. Auch ohne seine Freunde in diesen wahr gewordenen Horrorfilm einweihen zu dürfen, ging ihm zuviel im 

Kopf herum, um wirklich darüber sprechen zu können. Atem hatte gesagt, auch Yugi hätte die Präsenz des feindlichen Vampirs 

gespürt. Er fragte sich, ob es dafür einen besonderen Grund gab. Oder hatte Atem nur geraten? Vampire konnten offenbar die, die sie 

verwandelten, kontrollieren. Sie hatten bessere Sinne als ein Mensch und waren auch stärker und widerstandsfähiger. Außerdem neigten 

sie aufgrund ihrer zur Sexlosigkeit verdammten Existenz zu Gewalt und Brutalität, noch mehr als ohnehin schon.

Ja, Glück und Spaß und Vampire paßten nicht zusammen.
 

Nachdem Yugi versprochen hatte, heute Nachmittag mit Emi und Jonouchi abzuhängen (es war glücklicherweise Samstag), wollte er in 

Atems Zimmer zurück. 

Oben aber traf er auf Ryou und Bakura, die sich auf dem Flur gegenüber standen.

Mit ihren dunklen, langen Mänteln und den grimmigen Mienen sahen sie aus, als würde gleich ein Duell zu Sonnenuntergang stattfinden, 

es fehlte nur noch die passenden Cowboy-Hüte und ein Tumbleweed, der im Hintergrund durchrollte. Yugi hätte sein Deck darauf verwettet, daß Ryou seine Pistolen garantiert 

auch jetzt am Leibe trug. 
 

"Na, wie gehts?" grüßte Yugi so fröhlich wie möglich.
 

"Er will mir nicht aus dem Weg gehen", antwortete Ryou unzusammenhängend.
 

"Tja, was soll ich sagen? Ich kann Lügen eben erschnüffeln. Wie heißt du wirklich?"
 

"Das sollte ich eigentlich dich fragen!" Ryous Augen blitzten gefährlich.
 

"Äh, Leute... Sollten wir das nicht lieber in Atems Zimmer besprechen? Die anderen kommen sicher auch gleich hoch."
 

"Na schön!" erklang es einstimmig, danach sahen sich Bakura und Ryou so wütend an, daß Yugi die Luft zwischen ihnen förmlich knistern hörte.
 

Er öffnete die Tür und scheuchte die beiden Fast-Klone hinein, dann schloß er ächzend die Tür. "Geht euch bitte nicht an die Gurgel", mahnte er seufzend.
 

"Eigentlich eine ausgezeichnete Idee, aber Atem will ja Friedensverhandlung spielen." Bakura starrte auf Ryous Hals und leckte sich langsam 

und überdeutlich die Lippen.
 

"Leg auch nur einen Finger an mich und du kannst dir eine Kugel aus deinem Hirn puhlen", blaffte Ryou, der seinen Kragen hochschlug und 

sich abwandte. Für einen Moment zeigte Ryous Gesicht Ekel und Angst, doch es war so schnell vorbei, daß Yugi es für Einbildung hielt. 
 

"Genug!" 

Alle drehten sich um zum Fenster, auf dessen Brett Atem saß und die Beine baumeln ließ. Seltsamerweise hatte er Schnee im Haar, der nun 

in der Wärme schnell davon schmolz. 

Yugi hatte jetzt keine Zeit, über dieses Rätsel nachzugrübeln. Er wußte nur, daß Atem eben noch nicht dagewesen war. Ob Vampire 

teleportieren konnten?
 

"Ich traue ihm noch weniger als dir, Atem." Ryous bestimmter Blick zu Bakura ließ keinen Zweifel.
 

"Soll mich das jetzt treffen?"
 

"Seto muß ein paar Dinge als Schülersprecher erledigen. Ich schlage vor, wir fangen ohne ihn an." Atem ignorierte den weiteren Streit und 

rutschte vom Fensterbrett. "Also was wissen wir?"
 

"Er hat zwei Mädchen angegriffen", gab Yugi an, froh über die Ablenkung.
 

"Anna hat er als Erstes angegriffen, im Schulgebäude", fuhr Bakura fort.
 

Yugi fiel ein: "Vivian allerdings im Wald. Offenbar wurde er bei Anna gestört, also verlegte er sein Tun nach draußen."
 

"Also kein Frischling mehr, sondern jemand, der schon wieder halbwegs denken kann." Ryou runzelte die Stirn. "Nur wo versteckt er sich?"
 

"Er könnte überall sein. Auf dem Dachboden, im Keller, noch immer im Wald..."
 

"Da dürfte er ganz schön frieren, Atem." Fragend blickte Yugi diesen an, doch Atem schüttelte den Kopf.
 

Ryou erklärte: "Vampire macht Kälte wenig aus. Hitze hingegen..."
 

Yugi dachte an Ushio, den nackten, "Das hatte Yugi niemals sehen wollen"-Ushio, schüttelte sich und nickte dann. "Aber, Atem, du sagtest, du kannst ihn spüren. Und ihr könnt doch gut riechen, oder?"
 

"Wir können nur einen Geruch finden, den wir auch kennen. Unser Gespür sagt uns nur, daß andere Vampire in der Nähe sind, nicht 

aber, wo", erläuterte Atem. "Es flackert auch sehr... Je nachdem wie nah er uns ist."
 

"Wir wissen also nur, daß unser Bösbeißer auf einsame Mädchen losgeht." Bakura grinste. "Ich hätte da so eine Idee!"

Alle blickten ihn abwartend an.

"Wir staffieren Ryou hier als Mädchen aus, dafür müssen wir eh nicht viel tun, und schicken ihn in den Wald." 
 

Bakura frohlockte ob Ryous Gesichtsausdruck, der zwischen überrascht, entsetzt und amüsiert schwankte. Schließlich: "Nein. Ich ziehe 

ganz sicher keine Mädchensachen an. Wüstling!"
 

"Aber du brauchst doch nur ein Kleid und... He, aua!" Bakura zuckte sich den Kopf haltend zurück und starrte verwirrt auf die metallische 

Kugel, die nun harmlos über den Boden rollte. "Was war das denn?"
 

"Eine Knoblauchbombe. Sei froh, daß ich sie nur geworfen und nicht gezündet habe."
 

Atem machte ein abwertendes Geräusch und schüttelte dann den Kopf. "Heb das auf, bitte. Ein Lockvogel kommt nicht in Frage. Ich 

riskiere kein Menschenleben. Nicht mal das eines Jägers."
 

"Er wird bald wieder zuschlagen. Lange kann er sich in dieser Gegend nicht mit Tieren über Wasser halten", hielt Ryou dagegen. "Es 

gab keine anderen Vorfälle in der nächsten Stadt oder der sonstigen Umgebung. Der Vampir befindet sich also hier, das Internat ist sein 

zentraler Operationspunkt."
 

"Also spioniert euch tatsächlich jemand nach, Atem", rutschte es Yugi heraus. Ryou blickte auf, Bakura und Atem schüttelten hastig die Köpfe.
 

"Hm", machte Ryou knapp, aber er fragte nicht nach.
 

"Ich... Ich mach es."

Alle schauten zur Tür. Anzu stand darin, bleich wie der Tod. Sie trat ein und konnte die Tür kaum schließen, ihre Beine zitterten.
 

"Anzu..." Atem war so schnell bei ihr wie ein Augenzwinkern. Er stützte sie. "Anzu, du bist krank und..." Er hielt inne, seine Augen weiteten sich.
 

Sie lächelte gequält und zog den Schal von ihrem Hals. Yugi spürte, wie sein Herz aus seiner Brust brechen wollte, als er die roten, 

ausgefransten Löcher in Anzus Hals sah.
 

"Laß mich gehen. Er wird zu mir kommen." Sie schwankte und Atem hob sie mühelos auf die Arme, um sie auf sein Bett zu legen. 

Yugi lief zu ihr und faßte ihre Hand, die kraftlos in seiner lag.
 

"Das lasse ich nicht zu! Du brauchst sofort einen Krankenwagen."
 

Anzu rang nach Luft, ihre Lippen verzogen sich zu einem gequälten Lächeln. "Bitte, Atem. Meine Zeit... wird knapp. Verschwende sie nicht, 

wenn wir ihn..." Sie hustete.
 

Atem schüttelte den Kopf. "Das kann ich nicht! Ich lasse dich nicht sterben!"
 

Ryou zog gerade sein Handy hervor, da stürzte Bakura sich auf diesen. Yugi schrie auf, da hatte Bakura das kleine Gerät schon an sich gerissen.

"Atem, wieviele noch? Der Krankenwagen erreicht sie niemals noch rechtzeitig. Sie hat recht!"
 

Ryou zitterte, sein Blick flog zwischen Bakura, Atem und Anzu hin und her. Yugi schüttelte den Kopf, doch Atems Kiefer mahlten und sein 

Blick war unstet.
 

"Ihr denkt doch nicht ernsthaft...?"
 

"Yugi, er muß... Dieser Vampir muß mich nachts überfallen haben... Ich habe nichts gesehen und gespürt bis jetzt." Anzus Brustkorb hob und 

senkte sich immer schneller. "Atem..."
 

Atem stand ruckartig kerzengerade. "Ihr alle, raus!" Seine Stimme war wie ein Peitschenhieb und Yugi, Ryou und Bakura zuckten zurück 

wie ein Leib. Ryou nahm schnell Yugi bei der Hand und zog diesen hinaus. Bakura schloß hinter ihnen die Tür.
 

"Das könnt ihr nicht machen", wisperte Yugi entsetzt.
 

"Unglücklicherweise hat dieses verlorene Geschöpf recht." Ryou stand mit gesenktem Kopf im Gang, zitternd wie Espenlaub. "'Es ist ein 

Wunder, daß sie überhaupt gehen konnte." 
 

"Er hat recht."
 

Yugi wollte erneut protestieren, aber Ryou hakte sich bei ihm links unter, Bakura rechts. Zu zweit trugen sie Yugi schon fast in Bakuras 

Zimmer. Sobald sie ihn losgelassen und die Tür geschlossen hatten, wollte Yugi schon wieder hinaus, aber Bakura hielt die Tür mühelos 

mit einer Hand zu, während Yugi sich gegen den Boden stemmte und mit beiden Händen zog. "Ihr könnt doch nicht... Ihr könnt sie nicht 

opfern!" preßte Yugi mühevoll hervor.
 

"Wir tun nur das, was sie will", erwiderte Bakura.
 

Ryou nickte beipflichtend. "Es ist zu spät für sie. Aber wenn wir dank ihr diesen Blutsauger erwischen, wird es keine weiteren Opfer mehr geben."
 

Yugi traten die Tränen in die Augen, dann ließ er sich gegen die Tür sinken. "Aber das ist nicht fair!"
 

"Fair ist vieles nicht." Bakura gab Ryou das Handy zurück, dann legte er eine Hand auf Yugis Schulter. "Es wäre auch nicht fair, noch 

mehr Menschen der Gefahr auszusetzen, oder?"
 

Yugi preßte die Lider zusammen. Ein Schluchzen schüttelte ihn. "Nicht noch mehr Tote... Bitte nicht." Er dachte an Großvaters erstarrtes 

Gesicht, das weiße Tuch, daß ein Sanitäter über diesem ausbreitete.
 

Ryou ging zu Yugi und drehte diesen um, sodaß Yugi in Ryous zitternde Augen sehen konnte. "Wir beenden es. Eines Tages wirst du es 

verstehen."
 

Yugi konnte das nicht glauben. Eher glaubte er noch, daß er aufwachen würde und sich alles nur als ein böser Traum herausstellen 

würde. "Ich will zu Anzu. Ich will dabei sein." Er konnte sie nicht alleine lassen. Allein mit all diesen Leuten, die offenbar nichts daran 

fanden, daß jemand, den sie kannten, bald nicht mehr leben würde.
 

Bakura knurrte. "Wenn's sein muß... Aber du haust ab, wenn einer von uns das sagt. Der Mistkerl wird kommen, um sich seinen letzten 

Schluck zu holen. Du solltest nicht gleich als Dessert bereitstehen."
 

Yugi nickte leicht. Er fühlte sich, als würde er über Wolken gehen, als sie wieder auf den Gang traten und diesem zum Mädchentrakt folgten. 

Die hellen Wände schienen sich an den Ecken aufzulösen wie Farbe im Wasser. Andere kamen ihnen entgegen, aber Yugi sah nur 

noch Schemen, die durch das Wasser glitten, gesichtslos, stumm wie die Fische mit ihren offenen Mündern. 

Dann traten sie durch die nächste Tür und die Welt wurde wieder scharf, als hätte jemand ein Objektiv richtig eingestellt.

Anzu trug ein langes, weißes Nachthemd, das sich kaum von ihrer Haut abhob. Ihr Haar wirkte auf einmal schwarz, genauso ihre Augen. 

Yugi konnte jeden Riß in ihren leicht geöffneten Lippen sehen, schwarze Schluchten in der weißen Haut.

Atem stand neben ihr und legte eine Decke über sie, bunt bezogen, mit kleinen Ballerinen darauf. Yugi mußte an Schwanensee denken 

und sein Magen wurde ein harter Klumpen.
 

"Es ist bald vorbei", wisperte Atem mit einem gequälten Blick zu Anzu, die trotz halb geöffneter Augen nichts mehr wahrzunehmen schien. 

"Er wird bald kommen."
 

Yugi wäre am liebsten davongerannt, aber sein Gedanke daran, wie Anzu sich nun fühlen mußte, zog ihn an ihre Seite. "Du hast... 

Du bist eine tolle Freundin, Anzu. Immer für uns alle da."
 

"Ja, das stimmt. Auch wenn ich dich nur kurz kenne..." Ryou war leise dazugetreten. "Danke, Anzu. Ich weiß dein Opfer zu schätzen."
 

Bakura seufzte. "Wir müssen jetzt raus. Ryou?" 
 

Der sackte leicht zusammen, doch er nahm Yugi an die Hand und zog diesen mit sich auf den Gang. Yugi konnte die Augen nicht von 

Anzu lassen, bis Atem ihnen folgte und die Tür schloß. Das leise Klicken hallte in Yugis Kopf wieder und er mußte die Augen schließen, 

denn alles um ihn herum schien zu schwanken, als stünde er auf einem Schiff auf hoher See.
 

"Yugi, du bleibst vor dieser Tür. Sind die anderen weg?" Atems Frage galt Bakura, der daraufhin nickte. "Gut. Dann sind wir allein auf 

dem Stock."
 

Yugi ließ sich auf den Boden sinken und lehnte sich gegen die Tür gegenüber von Anzus. Atem hatte gesagt, er wäre stark... 

Yugi fühlte sich wie der größte Feigling! Warum hatte er sich nicht angeboten? Er merkte erst, daß er weinte, als Ryou ihm ein 

Taschentuch zusteckte.

Yugi wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war. Die Minuten zogen sich wie Kaugummi und die einzige Unterbrechung des Wartens 

war Kaibas Ankunft. Er wirkte nicht sonderlich überrascht. Yugi stützte die Stirn auf die Knie. Ob der Vampir schon bei Anzu war? 

War sie überhaupt noch am Leben? Yugis Herz zog sich schmerzhaft zusammen und seine Lungen wollten sich nicht so recht mit 

Luft füllen. Was geschah hier nur? 

"Ich... Ich kann das nicht", wisperte er gerade, als Kaiba Anzus Tür aufriß. Schneeflocken stoben durch die Öffnung und Yugi konnte 

sehen... Im Zimmer, da war er, der rote Schlund!
 

"Bleib hier!" Ryous Ruf ging beinahe unter in dem Geknurre der vier Vampire. 
 

Atem war als erster durch die Tür, die anderen folgten ihm. Etwas klirrte, Holz barst. Yugi umklammerte seine Knie mit beiden Armen 

und schloß ganz fest die Augen. Er war auf einer Wiese, es war Sommer, die Sonne strahlte. Yugis Mutter hielt ihm eine Schüssel mit 

dunkelroten Kirschen hin, dunkelrot wie Blut...
 

Yugi riß keuchend die Augen auf. Vor ihm lag das düstere Zimmer, heraus drang kein Ton mehr. Nur wackelig kam Yugi wieder auf die 

Beine und die drei Schritte, bis er im Türrahmen stand, kamen ihm wie dreitausend vor. Sein Herz klopfte hart, als er in das Zwielicht spähte. "A-anzu? Atem?"

Er lauschte mit angehaltenem Atem, heißer Schweiß durchnäßte seinen Hemdrücken, dann fröstelte Yugi. Das Fenster war weit aufgestoßen, 

draußen schneite es noch immer.

Es war nichts zu hören. Hatte niemand sonst gehört, was hier geschehen war?

Yugi tastete sich ins Zimmer bis zum Bett. Die Decke wölbte sich wie ein weicher Hügel in der Mitte. Ein weißer Fuß ragte darunter hervor.

"Anzu?" wisperte Yugi erneut. Sie durfte nicht tot sein, sie durfte nicht! Ganz bestimmt hatte sie sich nur unter der Decke versteckt, so wie 

Yugi früher, wenn die Monster ihn nicht finden sollten.

Yugi atmete mühsam tief durch, dann streckte er eine Hand aus, ganz langsam. Sein Arm wackelte so... Warum wackelte er denn nur so? 

Yugi blinzelte, als salzige Tropfen in seine Augen liefen. Aber es war doch Winter! Das Herz hämmerte in seinem Kopf.

Ganz langsam ergriff Yugi den weichen Stoff, er spürte kalte Flecken darauf. Dann hob er die Ecke hoch, ganz langsam. Plötzlich hielt 

Yugi es nicht mehr aus und er riß die Decke zurück und machte einen Satz nach hinten.

Dann starrte er auf das Bett.
 

Die Löcher in Anzus Hals wirkten riesig, als wollten sie alles einsaugen. Blut hatte Laken und Hemd gefärbt. Ein Arm lag über Anzus Bauch. 

Die freie Hand hatte sich im Krampf in das Kissen gebohrt, Federn quollen hervor. Anzus Augen waren von einer Farbe, die Yugi nicht 

benennen konnte, weit aufgerissen und leer. Ihre Zähne hatten sich in ihre blutige Unterlippe gebohrt.

Anzu sah aus wie eine zerbrochene Puppe, einfach fortgeworfen von einem gelangweilten Kind. 
 

Yugi suchte nach einer Regung, noch so klein oder unwichtig, doch er spürte nur, wie seine weit aufgerissenen Augen schmerzten. 

Ganz langsam trat er wieder ans Bett. Er konnte Anzu nicht so liegen sehen. "Es tut mir so leid. Wäre ich stark und mutig, dann wäre 

dir das nicht passiert."

Ein Teil von Yugis Gehirn widersprach vehement, daß Yugi sowieso nicht viel hätte tun können, doch Yugi ignorierte ihn. Er atmete durch 

und langsam glitt seine Hand über Anzus Stirn und Augen, bis er nicht mehr die furchterregende Leere sehen mußte. Diese alles 

verschlingende Leere...

Yugi schüttelte das Bettzeug auf, dann legte er es über Anzus Körper. Niemand sollte sie so sehen. Alle sollten nur die fröhliche, lebendige, 

hilfsbereite Anzu sehen, nicht... nicht das hier.
 

Yugi setzte sich auf einen Stuhl neben dem Bett. Müde blickte er umher, nahm erst jetzt wahr, daß der große Schreibtisch zerbrochen war... 

und am Boden lag eine weiße Figur, wahrscheinlich eine Ballerina. Sie war entzwei gebrochen.

Schwerfällig stand Yugi auf und hob das gesplitterte Porzellan hoch. Ein scharfer Schmerz schoß durch seinen Daumen und als Yugi 

seine Hand ins Licht hob, sah er den Schnitt an der Kuppe. Yugi legte die Figur auf das Regal, dann richtete er sich ganz auf. Er blickte 

seinen Daumen an und folgte mit den Augen der Spur, die der rote Tropfen über die Haut nahm. Was für eine winzige Verletzung und 

doch quoll gleich Blut hervor... Er versuchte, nicht daran zu denken, was wohl in einem vorging, wenn sich Zähne in den eigenen Hals 

bohrten. So tief... Und dann das Saugen, das einem allen Lebens beraubte, langsam, Schluck für Schluck, Tropfen für Tropfen. Alles 

für eine dieser unnatürlichen Kreaturen.
 

Plötzlich stellten Yugi sich alle Nackenhaare auf und er wirbelte herum, der Blutstropfen flog durch die Luft. Heftig atmend starrte er auf 

die Erscheinung vor sich. Blaue Augen, helle Haut, ein leichtes Lächeln auf den Lippen... "Du... Du lebst!" Yugi lächelte, Tränen traten 

in seine Augen.
 

Anzu hob ihre Hand und starrte auf das frische Rot. 
 

"Anzu?"
 

Wie hypnotisiert hob sie die Hand, eine rosige Zunge schoß hervor und glitt über die besudelte Haut. Ihre Augen blitzten rot und ein 

Grollen kam tief aus ihrer Kehle. Anzus Augen flackerten, dann fokussierten sie Yugi...
 

Und Yugi konnte nur noch den Mund öffnen, als die Kreatur vor ihm zum Sprung ansetzte.

Blutsbande

Messerscharfe Reißzähne flogen auf Yugi zu und der konnte keinen Muskel mehr bewegen. Nicht rennen, nicht schreien, nicht zuschlagen. 

Er würde in einer Minute tot sein!
 

"Halt!"
 

Die Stimme donnerte durch das Zimmer und Anzu krachte auf den Boden, als hätte sie jemand aus der Luft geschlagen. Sie schlitterte über 

das Parkett, bis sie lange Krallen in das Holz bohrte. Kauernd riß sie ihr Maul auf und knurrte.

Yugi wurde eiskalt, als er die pure Bosheit in Anzus Augen sah.
 

"Hatten wir dir nicht gesagt, du sollst bleiben, wo du bist?" Atem stand plötzlich neben Yugi und zog diesen an sich, als Yugis Beine 

nachgaben. "Du Dummkopf! Du könntest tot sein! Warum hörst du nicht auf uns?"

Yugi krallte sich in Atems Hemd, fühlte, wie die Muskeln darunter sich anspannten, als Atem, wieder Anzu anblickend, kommandierte: 

"Beruhige dich. Yugi ist dein Freund. Du willst doch keinen Freund verletzen?"

Anzus Mund klappte zu, die Zähne mahlten, ihre Augen flackerten zwischen rot und blau.
 

"Atem, was hast du getan?" Yugi wußte, was geschehen war. "Warum?"
 

"Das wüßte ich auch gerne!" Kaibas Stimme schnitt durch Atems Schweigen wie ein Messer durch warme Butter. Kaiba landete unter dem 

Fenster und machte dann Platz, damit Bakura, Ryou auf seinem Rücken, auch wieder ins Zimmer steigen konnten.
 

Ryou entdeckte Anzu und sein ganzer Körper drückte Unglauben und Entsetzen aus. Sobald Bakura stand, ließ er los und trat vor, eine 

Pistole auf Anzu gerichtet, die sich beim Anblick der Waffe zusammenkrümmte.
 

"Ich habe sie unter Kontrolle." Atems Augen verengten sich zu Schlitzen.
 

"Das war nicht unsere Abmachung! Wir wollten den gefährlichen Vampir töten und nicht einen anderen an seiner Stelle hier Amok laufen 

lassen!" Ryous Stimme wurde gefährlich hoch.
 

"Meine Abmachung mit Anzu hat nichts mit deinem Geschäft zu tun", antwortete Atem kühl und setzte Yugi auf den Stuhl. Yugi blickte immer 

wieder hinter sich, um Anzu im Auge behalten zu können. Sie sah nicht glücklich aus, so wie sie die Zähne fletschte und sich wand, aber nicht 

von der Stelle kam.
 

"Warum hat sie das gemacht?"
 

"Würdest du unbedingt sterben wollen, Yugi? So jung?" Atem klang müde. 
 

Yugi dachte daran, was Atem ihm erzählt hatte und er konnte nicht begreifen, daß der dennoch einem weiteren Menschen diese Existenz zumutete.
 

"Wie willst du das geheimhalten?" Ryou zitterte am ganzen Leibe. "Das ist Wahnsinn! Du kannst sie nicht jahrelang einsperren."
 

"Überlaß das mir. Ich weiß bereits, wo ich sie unterbringe. Sie wird niemandem etwas tun." Der strenge Tonfall duldete keinen Widerspruch. 

"Wir packen Anzus Sachen und schaffen sie weg. Dann sorgen wir dafür, daß es so aussieht, als hätte ihre Mutter Anzu plötzlich zu sich nach 

New York geholt wegen der letzten Vorfälle."
 

Ryou öffnete mehrmals den Mund, aber brachte keinen Ton hervor. Es war auch so klar, was er von diesem Plan hielt.
 

"Offenbar haben wir keine Wahl." Bakura zuckte die Achseln. "Schätze, wir sollten ihre ne Willkommensparty schmeißen, jetzt, wo sie zu unserer 

Familie gehört."
 

Yugi konnte es nicht mehr mitansehen, wie alle sprachen, aber Anzu auf dem Boden hockte und nicht mitreden durfte, wo es doch um sie ging. 

Er stand auf und ging zu ihr, blieb aber in angemessenem Abstand stehen, sodaß sie ihn nicht packen konnte. "Anzu, was willst du?"

Ihre Augen wurden dunkelrot und ein gieriges Zischen entkam ihrer Kehle. Anzu starrte auf Yugis verletzte Hand.

"Du willst also was trinken, ja?"
 

"Wir sollen sie also auch noch durchfüttern." Kaibas Abneigung war deutlich zu hören. "Es ist jetzt schon knapp." Er zupfte stirnrunzelnd an 

einem Riß in seinem schwarzen Sweater.
 

"Euch ist nichts passiert, oder?" fragte Yugi und blickte alle der Reihe nach an.
 

"Nichts, was nicht schon verheilt ist", war Bakuras Antwort.
 

Ryou schüttelte den Kopf. "Mir geht es gut. Aber Anzu ist eine tickende Zeitbombe. Das könnt ihr nicht ignorieren. Ihr könnt sie nicht 24 Stunden 

am Tag bewachen."

Yugi mußte ihm leider rechtgeben. Schließlich mußten Atem, Bakura und Kaiba zur Schule gehen, in ihre Clubs und ihren Verpflichtungen nachkommen.
 

"Erstmal braucht sie was in den Magen. Yugi hat schon recht." Bakura schlüpfte aus seinem Mantel und warf ihn über den zerborstenen Schreibtisch. 

"Ich hol ihr was und ihr räumt derweil auf."

Und schon war er weg, bevor jemand widersprechen konnte.
 

"Ich verstehe immer noch nicht, wieso du dich mit ihm zu umgeben beschlossen hast", zischte Kaiba mit einem Seitenblick auf Atem.

Der winkte ab und trat zu Anzu, um sie auf die Arme zu heben. Sie entspannte sich, doch ihr Blick klebte förmlich an Yugis Hals. 
 

Yugi schluckte und wich wieder etwas zurück. Sein Magen fühlte sich sehr seltsam an, wenn er daran dachte, was Anzu tun, was sie trinken wollte.
 

"Ihr seid so ein Haufen Idioten." Trotz des erzwungenen leisen Tonfalls der Frauenstimme zuckten alle zusammen, besonders Atem.

Schwester Kujaku stand stirnrunzelnd in der noch offenen Zimmertür und musterte jeden einzelnen eingehend. Sie trat ein und zog die Tür hinter 

sich ins Schloß.
 

Yugi starrte sie an, dieses Mal lag es aber nicht an dem Ausschnitt oder dem viel zu locker geschnürten Korsett, das vorne weiße, makellose 

Haut durchblitzen ließ. Es lag an den roten Augen, die Atem taxierten und dann Anzu, die sich mit einem leisen Wimmern an Atem kuschelte. 

"Noch ein Vampir?" wisperte er ungläubig.
 

"Denkst du, ein paar Schüler könnten sich so frei bewegen wie eine erwachsene Angestellte? Das hier ist kein Bildungsurlaub." Kujaku stapfte an 

Atem vorbei zu Kaiba und bohrte einen manikürten Fingernagel in seine Brust. "Du! Wußtest du davon?"
 

Wütend sah Kaiba zu Atem. "Nein. Ich hätte es auch nicht zugelassen, wenn das in meiner Macht gestanden hätte. Leider hat dein Bruder aber 

seinen Kopf einmal zu oft Ras sengenden Strahlen ausgesetzt."
 

Kujaku ließ knurrend von ihm ab, um erneut Atem in den Genuß ihres unverhohlenen Zorns kommen zu lassen. "Bist du verrückt geworden? 

Wie sollen wir das schaffen?"
 

"Du kannst sie in deiner Wohnung unterbringen, Mai", antwortete Atem ruhig, als bäte er sie nur, ihm den Salzstreuer zu reichen.

Yugi sackte in sich zusammen und aus den Augenwinkeln sah er, daß es Ryou nicht anders ging. 
 

Kujakus Augen verengten sich zu Schlitzen und aus dem ordentlich geschminkten Mund drang ein Knurren, sie beugte sich gefährlich vor. Atem 

aber wich keinen Schritt zurück und sein Blick war so ruhig und stetig, daß Yugi sich fragte, ob sein Freund Nerven aus Stahl hatte. Yugi selbst 

hätte nämlich gerne welche abgehabt.
 

Ruckartig richtete sich Kujaku auf, ihre blonden Locken fielen aus dem Knoten an ihrem Hinterkopf. "Weißt du was, Atem? Wenn du nicht mein 

Bruder wärst, würde ich dich aus dem Fenster werfen. Zeig schon her." Mit einem gottergebenen Seufzer beugte sie sich, nun wieder mit violetten 

Augen, über Anzu. "Das arme Kind! Sie braucht Blut und zwar schnell!"
 

"Bin schon wieder da!" Bakura brachte eine kleine, graue Stofftasche mit. Nachdem er sich versichert hatte, das die Tür geschlossen war, holte er 

mehrere Beutel heraus. 
 

Yugi konnte die Augen nicht von den mit dunkelroter, dickflüssiger Masse gefüllten Konserven nehmen. Langsam spürte er, wie sein Magen sich 

zusammenballte, als wollte der sich vor dieser absonderlichen Nahrung beschützen. Yugi taumelte zurück und stieß dabei gegen Ryou, der ihn an 

den Schultern packte und ohne viel Federlesens aus dem Zimmer schob. 
 

"Glaub mir, das willst du nicht sehen", erklärte er, was Yugi bereits gespürt hatte.

Ryou zog den widerstandslosen Yugi zurück in den Jungentrakt. "Ich bring dich in Atems Zimmer und dann solltest du Wasser trinken."
 

Klares, kühles Wasser... Yugi konnte sich nicht vorstellen, irgendetwas anderes zu trinken. Er wußte nicht, wie Anzu sich offenbar willentlich darauf 

hatte einlassen können. Er wußte nur, daß langsam, aber sicher, alles um ihn herum mehr wie ein Alptraum wirkte als die Realität.

Ryou blieb bei ihm, bis Atem schließlich zurückkehrte, dann verabschiedete er sich.

Atem sah nicht so aus, als wollte er heute noch viel reden. Er setzte sich zu Yugi auf dessen Bett, nahm Yugis Hand in die seine und starrte aus 

dem Fenster.
 

Yugi wußte, daß noch mehr Vampire erscheinen würden. Es war nicht vorbei. Was auch immer diese Mission war, von der Atem versprochen hatte, 

sie zu erfüllen, irgendjemand da draußen wollte nicht, daß es gelang. Solange würde er es aushalten müssen, obwohl er es nicht wollte. Yugi 

klammerte sich an Atem und ließ seinen verzweifelten Tränen freien Lauf. Wer würde als nächstes sterben müssen?
 

Ein Klopfen an der Tür ließ Yugi und Atem auseinander fahren.
 

"Yugi? Wir wollten dich abholen." Jonouchis Stimme klang gedämpft durch das Holz.
 

Hastig wischte sich Yugi mit dem Ärmel über das Gesicht und zog die Nase hoch. "Kommt rein", rief er und versuchte, ein halbwegs glaubhaftes 

Lächeln aufzusetzen. Gemessen an Emis und Jonouchis Mienen aber war ihm dabei kein Glück beschieden.
 

Atem nahm den Stier bei den Hörnern. "Hallo, ihr zwei. Emi und Jonouchi, richtig?" Die beiden nickten und bedachten Yugi dann wieder mit besorgten 

Blicken. "Er ist noch etwas durch den Wind wegen der letzten Tage."
 

"Wem sagst du das, Alter. Habt ihr schon gehört? Anzu wurde Knall auf Fall von ihrer Mutter in die Staaten zurückbeordert."
 

Atem nickte geflissentlich. "Ja, wir haben noch mit ihr gesprochen, bevor sie so hastig abreisen mußte."
 

"Es fällt gerade irgendwie alles auseinander", fügte Yugi hinzu, was ihn beschäftigte, auch wenn seine beiden menschlichen Freunde natürlich 

nicht wußten, was er meinte.
 

Emi setzte sich zu Yugi und drückte ihn kurz. "Ich verstehe dich. Bestimmt weiß die Polizei bald, wer es war. Dann können wir alle aufatmen."
 

Am liebsten hätte Yugi bitter gelacht. Der Mörder war tot, aber das durfte ja niemand wissen. Wie lange würde das Internat also noch durch die Tage 

schleichen, bis der Schatten des Schreckens sich zu lüften begann? Wie lange noch würde Yugi ihm nahestehende Menschen anlügen müssen?

"Hoffentlich", log er schließlich.
 

"Was hast du mit deiner Hand gemacht?" Emi starrte mit leisem Entsetzen auf Yugis Hand, die inzwischen von Schorf klebte.
 

"Oh, ah... Mich geschnitten... an..."
 

"Einem Trinkglas", kam Atem Yugi zu Hilfe. "Ich habe es fallen lassen, Yugi wollte mir helfen... Es sieht zum Glück nur schlimm aus."
 

"Du solltest das verbinden lassen. Und waschen!" Emi blickte sich um, als würde sie erwarten, die benötigten Hilfsmittel sprängen gleich aus allen Ecken.
 

"Das wollte ich gerade tun. Tut mir leid, daß ich unsere Verabredung nicht einhalten kann." Yugi lächelte schwach.
 

Jonouchi verschränkte die Arme hinterm Nacken und schüttelte den Kopf. "Ist in Ordnung. Ich denke, ihr schafft das zu zweit besser, oder?" Er grinste, 

während er zwischen Atem und Yugi hin- und hersah.
 

"Ja, aber..."
 

"Komm, Emi, Atem hat es doch schon unter Kontrolle. Wir stehen sonst nur im Weg rum." Jonouchi grinste noch immer und Yugi hatte das Gefühl, 

als ob er ihr Gespräch über das Mögen gewisser Personen in der Zwischenzeit entschlüsselt hätte.
 

"Entschuldigt bitte. Aber morgen komme ich, versprochen!"
 

Jonouchi nickte. Emi mußte sich nochmal vergewissern, daß Yugi nicht an Blutverlust sterben würde (Eine mehr als bizarre Situation für ihn nach 

dem heutigen Tag), dann war Yugi wieder allein mit Atem, der aus seinem Nachtkästchen tatsächlich eine Packung Pflaster zog.
 

"Kuck nicht so, wir müssen auch mal so tun, als hätten wir uns was getan." Atem setzte sich neben Yugi und nahm dessen Hand in die seine.
 

"Ganz schön kompliziert. Ähm, fehlt da nicht Wasser?"
 

Atem beantwortete diese Frage auf seine Art. Er hob Yugis Hand an die Lippen und leckte kurz darüber. "Wäre doch Verschwendung."
 

"Igitt!" Yugi starrte Atem an, dann mußte er lachen. Verdammt, hier saß er, fühlte sich wie in einer Horrorvision und dann wollte ein Vampir getrocknetes 

Blut von seiner Hand lecken und Yugi fand das auch noch witzig. "Ich glaube... Meine Nerven..."
 

"Du warst tapfer, Yugi. Wenn auch nicht gerade klug." Atems kühle Zunge glitt über Yugis Haut.
 

Yugi sah beiseite. Das Kribbeln in seinem Bauch war echt und gut. "Ich hatte ja auch keine Ahnung... Und was, wenn Anzu aus dem Zimmer gekommen 

wäre? Du warst auch nicht gerade klug."
 

"Touché!" Atem ließ von Yugi ab, dann überklebte er die kleine Wunde mit einem hautfarbenen Pflaster. "Ich hatte auf unsere Schnelligkeit gesetzt. 

Es tut mir leid, daß ich dich so angefahren habe. Ich war in Sorge..." Er hielt inne, während er Yugis versorgte Hand leicht zwischen seine nahm.
 

"Ist schon gut. Wir haben uns beide verschätzt."
 

"Ich mehr als du. Yugi, ich fürchte, es werden noch mehr kommen. Mehr von einer gewissen Gruppe, die uns Ärger bereiten will." Atem blickte aus 

dem Fenster. Es schien, als wollte der Schnee kaum noch einhalten.
 

"Sei einfach ehrlich, Atem. Sie wollen euch töten." Yugi lehnte seinen Kopf gegen Atems angespannte Schulter.
 

"Ja. Sie wollen unsere Mission vereiteln. Ich weiß nicht, wie lange es dauert, bis sie den Verlust ihres Spions bemerken, aber wir sollten damit rechnen, 

daß bereits ein zweiter auf dem Weg ist. Oder daß sie bald zuschlagen werden."
 

Yugi schauderte. "Was, wenn sie im Internat einfallen und..."
 

"So dumm werden sie nicht sein. Nicht, wenn meine Vermutung stimmt, wer den Spion geschickt hat. Sie werden keine Auseinandersetzung mit einem 

Haufen sehr wütender Jäger riskieren wollen. Sie warten darauf, daß wir ihnen eine Möglichkeit zum Zuschlagen geben." Atems Hände verengten sich 

um Yugis. 
 

Yugi schüttelte den Kopf. "Warum wollen sie das? Ist diese Mission wirklich so wichtig?"
 

"Mehr als du es dir vorstellen kannst." Plötzlich stand Atem auf und öffnete seinen Kleiderschrank. Yugi konnte nur sehen, wie er offenbar Kleiderstapel 

anhob, bis er sich zurückzog, eine kleine Schachtel in der Hand. "Ich weiß nicht, was morgen sein wird, Yugi. Deshalb will ich dir das hier jetzt 

schon schenken. Ich hoffe, du erinnerst dich an mich, wenn..."
 

Damit hatte Yugi nun am wenigsten gerechnet. Ein Geschenk... Hatte Atem es ihm zu Weihnachten geben wollen? Ein warmes Gefühl breitete 

sich in Yugis Leib aus, das noch stärker wurde, als er in Atems ernste, doch so warme Augen blickte. Augen, in denen Gefühle und Sehnsüchte 

widergespiegelt wurden. Yugi dachte an Anzus leere Augen und mußte zugeben, daß er, an ihrer Stelle, wohl auch zu sehr am Leben gehangen 

hätte, um es einfach aufzugeben, gleich wie nobel es gewesen wäre. 
 

"Weißt du, deine Gesellschaft ist schon Geschenk genug", antwortete Yugi leise, doch Atem drückte ihm die Schachtel in die Hand.
 

"Ich will ihn dir dennoch schenken. Für den Fall, daß ich dir meine Gesellschaft nicht mehr geben kann."
 

Yugi begriff, auch wenn es ihm nicht gefiel. So öffnete er unter Atems erwartungsvollem Blick das Kästchen. Ihm stockte der Atem, als er des 

Goldrings ansichtig wurde, der auf weißem Samt gebettet lag. Ein kleiner, blauer Stein schmückte die Mitte, darum herum waren diverse Hieroglyphen 

eingraviert, um einige davon war ein dünnes Band geschlungen. Yugi hob überrascht den Blick. "Er ist wunderschön. Vielen Dank, Atem." Kurz 

sah er wieder auf das Schmuckstück. "Das ist keine Nachahmung, oder?"
 

"Nein, es ist ein Original, einer meiner eigenen. Bitte nimm ihn, Yugi." Atem kniete sich vor Yugi, der sich an diverse Liebesfilme erinnert fühlte, und 

steckte den Ring an Yugis Ringfinger. "Paßt ganz genau."
 

Yugi lächelte. "Aber etwas auffällig für den normalen Alltag."
 

"Findest du?"
 

Yugi nickte. "Ja, er ist einzigartig." So etwas konnte sich kein Handwerker oder Bauer leisten. Damit war klar, daß Atem damals zu den besseren 

Schichten gehört hatte. Vielleicht war er Beamter gewesen oder ein hochrangiger Schreiber, vielleicht auch Sohn einer reichen Familie. "Ich danke dir, 

Atem, ich werde ihn immer in Ehren halten. Und dich auch."

Atems Lippen lagen sofort danach auf den seinen und er ließ sich in den Kuß fallen. Lange Finger glitten durch Yugis Haar. Sie trennten sich, sahen 

sich an und küßten sich erneut, die Münder leicht geöffnet, ohne Scheu oder Angst.

Yugi wurde warm bis ins Mark und in diesem Moment schwor er sich, Atem zu beschützen und alles zu tun, damit der diesen Auftrag unbeschadet 

überstand. Er würde sich des Vertrauens und, ja, der Liebe Atems als würdig erweisen.

Saat

Die nächsten Tage vergingen ruhig. Yugi hatte sich Atems Geschenk mit einer stabilen Schnur um den Hals gehängt. So konnte er es 

immer bei sich tragen, ohne Aufsehen zu erregen. Langsam wich das Gefühl der Bedrohung von Rosenhain. Die Schüler lachten wieder 

mehr und sprachen wieder verstärkt über ihre Pläne in der nächsten Zeit. Obwohl es erst November war, waren einige schon ganz 

versessen auf Weihnachten und natürlich Neujahr. Auch Yugi fühlte sich besser, wenn er an die Ferien dachte, denn dann durfte er 

heimfahren, das hatten seine Eltern ihm versprochen. Sollten sie es nicht zurückschaffen, würde Yugi eben alleine daheim sein und die 

Feiertage bei Miho und Honda verbringen. Der Gedanke an das neue Jahr, den Neuanfang, ließ es einfacher erscheinen, daß die Gefahr 

noch nicht durchgestanden war.
 

Nach mehreren Tagen Schnee und Eisregen hatte es aufgeklart und heute strahlte die Sonne über dem Internat. Eiszapfen fingen an zu 

tropfen und die Schneedecke bekam immer mehr Löcher, aus denen Gras und Erdboden wieder ans Tageslicht strebten. Der Schnee funkelte, 

als hätte jemand winzig kleine Diamanten hineingemischt, im Licht.

Yugi hockte mit Jonouchi hinter einer einer kleinen Wand aus Schnee und formte im Akkord Schneebälle. Sein Freund warf sie dafür und 

Yugi konnte immer wieder Aufschreie von ihren Gegnern, zwei Jungen aus der Parallelklasse, hören. Yugi lachte atemlos und drückte 

Jonouchi den nächsten Munitionsnachschub in die Hände. 
 

"Wir ergeben uns!" ertönte es wenig später und Jonouchi sprang auf. "Yeah! Geschafft! Wir sind... Umpf!" Er torkelte zurück, Schnee rieselte 

von seinem Gesicht.
 

Yugi lachte. "Das ist ein alter Trick."
 

"Ach ja?" Jonouchi grinste bedrohlich, dann schnappte er sich die nächsten Schneebälle. "Kommt raus, kämpft wie echte Männer! Haha! 

Katsuya Jonouchi wird der Schneekönig, kniet vor mir nieder."
 

Yugi sackte gegen die Schneefestung und hatte Mühe, nicht laut loszuprusten. Nach einer Weile ergaben sich ihre Gegner schließlich 

wirklich und Yugi hatte Bauchweh. Noch immer kichernd stand er auf und klopfte den Schnee von seinem Skianzug. "Du freust dich jedenfalls 

wie ein Schneekönig", meinte er bei Jonouchis breitem Grinsen.
 

"Darauf kannste wetten, Yugi! Aber ohne meinen getreuen Waffenmeister hätte ich das nie geschafft." Er legte Yugi eine Hand auf die 

Schulter. "Laß uns reingehen und in der Küche eine Heiße Schokolade schnorren."
 

Yugi nickte lächelnd. Während sie zurück zum Wohnheim stapften, schoben sich graue Wolken langsam über den Himmel. "Das gute 

Wetter ist wohl bald wieder vorbei", stellte Yugi seufzend fest.
 

"Kann man nichts machen. Dann müssen wir eben wieder ein paar Spiele auspacken." Jonouchi hatte Gefallen daran gefunden, nachdem 

das Training der Sportclubs nur eingeschränkt aufgrund des Wetters möglich gewesen war.
 

"Atem hat uns bald sicher satt, wenn wir ständig sein Zimmer mit Beschlag belegen", meinte Yugi scherzhaft. Sein Zimmer war noch immer 

nicht repariert, wußte der Geier, wieso es so lange dauerte, eine neue Tür zu setzen. Also saßen Yugi, Jonouchi, Emi und manchmal auch 

Ryou und Bakura in Atems Zimmer, schließlich war es das größte, und spielten, was ihnen einfiel. Atem war kein Spielverderber, er machte 

immer mit, doch Yugi fragte sich, ob sie ihm nicht langsam lästig wurden. Ryou und Bakura stritten sich ständig und Jonouchi grinste jedes 

Mal zweideutig, wenn Yugi und Atem auch nur ein Wort miteinander sprachen. Nicht, daß es nicht schön war, daß Jonouchi so aufgeschlossen 

war, aber er mußte nicht in jedem "Du bist dran." mehr sehen.
 

In der Eingangshalle stand Schwester Kujaku vor einem Kerl in brauner Uniform und kritzelte stirnrunzelnd auf dessen Unterschriftengerät 

herum. "Immer dieser neumodische Kram", murmelte sie, bevor sie dem Paketboten das Gerät zurückgab und dann das große Paket aufheben 

wollte. 

Jonouchi war sofort bei ihr und stemmte es grinsend hoch. "Wohin damit, Schwester?"
 

Kujakus Lippen zuckten. "In meine Wohnung, du großer, starker Held." 
 

Jonouchi nickte, dann fragte er: "Und das ist wo?"
 

Sie lachte und machte eine winkende Geste. "Ich zeig es dir. Sei vorsichtig, das Ding ist schwer!"
 

Darauf hätte auch Yugi getippt. Das Paket war quadratisch, breit und hoch. Äußerst unhandlich und so lief er vor Jonouchi und das Paket 

und schob seine Arme zwischen die seines Freundes unter den Karton. "Ich helfe dir."
 

"Ach, das hätte ich auch so geschafft", gab Jonouchi sich bescheiden... oder angeberisch. Das kam ganz auf den Blickwinkel an. Yugi 

hingegen wollte den ahnungslosen Jounochi dann doch nicht alleine mit einem Vampir lassen, selbst wenn der Atems Schwester war. 

Über diesen Punkt war Yugi sowieso noch nicht hinweg. Eine gewisse Ähnlichkeit war da, aber Mai Kujaku hatte so helle Haut... Yugi 

fiel erneut auf, daß Atem der einzige dunkelhäutige Vampir war, den er bisher gesehen hatte. Hm, und Atem hatte auch als einziger goldene 

Augen gehabt. Oder hatten Yugis eigene ihm einen Streich gespielt? Wie dem auch sei, Mai Kujaku sah er kaum mit den Jungen, schließlich 

mußten sie so tun, als kannten sie sich nicht. Yugi hätte zu gerne gewußt, wie Atem und Mai Vampire geworden waren. Aber er traute sich 

nicht so recht, die Frage zu stellen. Wenn keiner sich sein Schicksal ausgesucht hatte, konnte es nur schlimm gewesen sein.
 

Yugi wurde aus seinen Gedanken gerissen als Mai verkündete, sie seien angekommen. Sie sperrte eine Tür auf und ließ die Jungen eintreten.
 

"Wohin?" erkundigte Jonouchi sich, der dabei versuchte, seine Anstrengung zu überspielen. 
 

"Ah, einfach hier auf den Boden. Ich packe es gleich aus. Danke für eure Hilfe, Jungs." Sie lächelte und zwinkerte ihnen zu.
 

Jonouchi ließ fast das Paket los, während er Mai angrinste. Yugi stemmte sich ächzend dagegen und irgendwie schafften sie es, das Ding 

abzustellen, ohne sich oder dem Paket etwas anzutun.
 

"Puh!" Yugi richtete sich wieder auf. Jetzt war ihm wieder ordentlich warm. Kurz ließ er den Blick schweifen. Sie standen in Mais Wohnzimmer, 

das mit den üblichen Möbeln, inklusive Fernseher, bestückt war. Eine kleine Figur auf einem Regal voller Krimskrams zog Yugis Blick auf sich. 

Neugierig trat er einen Schritt näher und begutachtete die dunkle Keramikfigur, deren Farben langsam verblaßten. Eine Frau und ein Mann 

saßen auf einer Bank, deren Fußteil mit Hieroglyphen beschrieben waren. Zu den Füßen des Ehepaars standen ein Junge und ein Mädchen. 

Yugi hob die Augenbrauen, als er sah, daß beide Kinder, genauso wie der Mann, violette Augen hatten! Waren das etwa...?
 

"He, Yugi! Hör auf, den Nippes anzustarren. Die Heiße Schokolade wartet nicht ewig."
 

Der Angesprochene zuckte ertappt zusammen und drehte sich mit einem schiefen Lächeln um, um zu sehen, daß neben Jonouchi auch Mai 

ihn ansah. Ihr Blick war bewölkt.
 

"Entschuldigung. Mein Großvater war Ägyptologe und ich dachte... Entschuldigung." Yugi kratzte sich an der Wange und Mais Blick wurde sanfter.
 

"Schon gut, du hast es ja nur mit den Augen betrachtet."
 

Jonouchi und Yugi waren bereit zum Gehen, als es laut von nebenan rumpelte. Jonouchi blickte zur Schlafzimmertür und Yugi fühlte, wie ihm 

das Blut aus dem Gesicht wich. Daran hatte er nicht mehr gedacht. Verdammt!

"Na komm! Sonst gibt es nichts mehr für uns", versuchte er mit gespielter Fröhlichkeit seinen Freund abzulenken.
 

"Da war doch was..."
 

"Ach, mir ist wohl wieder dieses dumme Regal von der Wand gefallen. Es will einfach nie halten", erklärte Mai und öffnete die Tür zurück 

zum Gang. "Ich mach das schon!"
 

"Aber ich könnte es Ihnen sicher anbringen. Ich bin ein guter Handwerker! Die Knutschbude habe ich doch auch repariert." 

Jonouchi grinste breit.
 

Yugi verbarg hinter ihm sein Gesicht in einer Hand. Oh nein! Warum mußte Jonouchi ausgerechnet heute anfangen, Mai anzubalzen wie ein 

verliebter Gockel? Sonst benahm er sich doch auch nicht so!
 

"So, hast du das?" Mai lachte. "Ich werde es mir merken, aber ich muß jetzt sowieso zurück ins Krankenzimmer. Wenn ich mal Zeit habe, 

rufe ich dich."
 

Jonouchi fraß ihr die Ablenkung fast aus der Hand und Yugi warf Mai einen dankbaren Blick zu. Sobald sie draußen waren, ließ das 

unangenehme Gefühl nach. Wenn Jonouchi über Anzu gestolpert wäre oder sie aus dem Schlafzimmer gekommen wäre... Yugi wollte sich 

gar nicht vorstellen, auf wieviele Arten das hätte schiefgehen können. Lieber dachte er an das Familienbild in Mais Wohnzimmer. Es war 

wie ein Gruß aus einer anderen Zeit. Auch wenn kleinere Teile offenbar abgebrochen waren (der Kopf und die eine Hand des Vaters sahen 

heller aus als der Rest, als hätte man sie nachträglich mit anderem Ton geflickt.), war die Figur in sehr gutem Zustand. Mai und Atem mußten 

ihre Eltern sehr lieben. Yugi fragte sich, ob sie auch manchmal aufwachten und daran dachten, was gestern Lustiges passiert war und daß 

sie es unbedingt ihren Eltern erzählen mußten. Bis ihnen klar wurde, daß sie nicht mehr da waren.
 

"Du siehst so niedergeschlagen aus, Yugi." Jonouchi war vor diesem stehengeblieben und sah ihn prüfend an.
 

"Manchmal frage ich mich, was Großvater zu einigen Dingen gesagt hätte..."
 

Jonouchi lächelte warm. "Er hätte dir sicher gesagt, daß er unheimlich stolz ist auf dich, weil du dich ausgerechnet mit Leuten wie mir anfreundest."
 

Yugi mußte lächeln. "Großvater sagte immer, ich solle die Vergangenheit nicht höher werten als die Gegenwart."
 

Jonouchi dachte kurz darüber nach, dann nickte er. "Verstehe."
 

"Und jetzt will ich endlich meine Heiße Schokolade." Yugi grinste genauso wie Jonouchi. 
 

*** 
 

Die nächsten Tage wechselten sich Schnee und Sonne ab. Von der weißen Schneepracht blieb bald nicht mehr als dreckiger Matsch übrig. 

Gleichzeitig wurde es noch kälter und Yugi weigerte sich, irgendwohin ohne Schal zu gehen. Atem hielt weiterhin Anzu unter Kontrolle, was 

ihn sichtlich Kraft kostete. Die Linien um seinen Mund vertieften sich und seine Brauen schienen dicht über den Augen festgefroren zu sein. 

Yugi hätte Anzu gerne besucht, aber er spürte, daß er damit weder ihr noch Atem einen Gefallen tun würde. Mai kam sie einmal besuchen, 

um Atem runterzuputzen, woraufhin der noch übellauniger aussah. Daß Jonouchi immer öfter laut von Mai schwärmte, machte es nicht besser.
 

Yugi also versuchte, Atem weiteren unnötigen Streß zu ersparen. Hauptsächlich indem er bei Bakura seine Nachhilfestunden nahm und die 

Spielenachmittage in ihrem Zimmer kürzer und weniger oft abhielt.
 

Eines abends kam Yugi später als sonst zum Duschen, nachdem er einen ewiglangen Aufsatz zuende geschrieben hatte. Es standen ihnen 

noch einige Arbeiten im November bevor und Yugi war nicht der einzige, dem von der Büffelei und der Erwartungen der Lehrer der Kopf 

rauchte. Offenbar dachte jeder, sein Fach sei am wichtigsten. Yugi freute sich schon auf den Dezember, wenn die Last der Schulaufgaben 

sich langsam in die Befreiung der kommenden Feiertage verwandelte. Yugi atmete tief durch, schaltete das Wasser ab und nahm sein 

Handtuch, um sich trocken zu rubbeln. Er war gerade in seinen Bademantel geschlüpft, als er leichte Schritte auf den feuchten Fliesen hörte. 

Wer fing denn jetzt, so kurz vor dem Zapfenstreich, noch das Duschen an?
 

Yugi öffnete die Tür seiner Kabine leicht und sah gegenüber eine schlanke Figur im Bademantel, die Haare unter einer Duschhaube versteckt, 

die ihm den Rücken zukehrte. Der andere Junge öffnete die Kabinentür und hängte das Duschtuch ordentlich über eine Stange, dann 

öffnete er seinen Bademantel. Als dieser über bleiche Schultern glitt, wurden Yugis Augen weit. 

Tiefe Narben zogen sich über den Rücken, die Schatten füllten sie aus, im starken Kontrast zu der Haut darum, die unter dem weißen 

Halogenlicht beinahe zu strahlen schien. Es wirkte wie unzählige Löcher in einem Stoff.

Yugi merkte erst, daß er unwillkürlich nach Luft geschnappt hatte, als der andere Junge herumfuhr, den Bademantel hastig wieder hochziehend.
 

"R-ryou", stammelte Yugi verlegen und kam aus seiner Kabine. "Warum duschst du nicht unten?" Was für eine blöde Frage!
 

Ryou wirkte wütend, aber viel mehr noch verletzt und traurig. "Warum bist du nicht schon im Bett?" gab er zurück und band seinen Frottee-Gürtel zu. Er biß sich auf die Lippen und wich Yugis fragendem Blick aus. "Das geht dich nichts an!"
 

Yugi schreckte zurück, dann senkte er den Kopf. "Ja, aber... Woher hast du solche... Narben?"

Ryou sagte nichts, er starrte Yugi einfach nur an, bis diesem vor Verlegenheit das heiße Blut bis zum Haaransatz stieg. 

"Ich sollte wohl besser gehen", murmelte er und nahm seine Duschsachen.
 

"Du schleichst immer noch um Atem herum." Es war eine Feststellung, keine Frage. "Nach allem, was war. Glaubst du, deine Anwesenheit 

wird das Tier in ihm zähmen können?"
 

Als Yugi aufsah, um sich oder vielleicht auch Atem zu verteidigen, stellte er erschrocken fest, daß Ryou dicke Tränen über die Wangen 

kullerten. "Ryou..."
 

Der wischte sich wütend über das Gesicht. "Was weißt du schon? Weißt du, was es bedeutet, wenn du einen Vampir als Geliebten haben 

willst?" Die letzten Worte klangen schrill und als seien sie eine Travestie sondergleichen. "Irgendwann wirst du genauso sein wie Anzu 

jetzt gerade. Du wirst schreien und um dich schlagen, bis du dich am Blut einer unschuldigen Seele gelabt hast. Du wirst Tod und 

Verderben über die bringen, die du liebst. Jahrelang wirst du nichts sein als ein wildes Tier."
 

"Ryou, bitte beruhige dich." Yugi ließ Shampoo und Duschgel fallen, um Ryous Hand ergreifen zu können. Ryou riß sich los und packte 

Yugi mit beiden Händen an den Schultern und schüttelte ihn.
 

"Es gibt keine Zukunft, wenn du Atem folgst! Keine! Nur den Tod. Bist du so dumm, daß du das nicht begreifst? Atem wird immer so 

aussehen wie jetzt, gleich wieviel Zeit vergeht. Du wirst altern, wirst alt werden und sterben. Glaubst du, Vampire sehen gerne zu, wie 

Menschen dahinwelken wie abgeschnittene Rosen? Entweder wird er dich verlassen und das, bei allen Göttern, wäre das Beste, was dir 

passieren könnte, oder du wirst eine untote, blutsaugende Kreatur. Hör endlich auf, so verdammt naiv und weltfremd zu sein. Du machst 

mich so krank!"
 

"Ryou, bitte hör auf!" rief Yugi verzweifelt und versuchte, sich aus Ryous Griff zu winden. Doch sein Gegenüber war weitaus stärker als 

seine schlanke Statur ahnen ließ. "Du tust mir weh!"
 

"Ich haße schwache Feiglinge wie dich! Ich haße dich", wimmerte Ryou, der plötzlich losließ und gegen die nächste Kabine taumelte. Er 

weinte noch mehr.

Yugi wartete nicht mehr ab, was noch geschehen würde, er packte sein Duschzeug und rannte wie vom Teufel gejagt zurück in sein und 

Atems Zimmer. Dort ließ er sich verstört auf sein Bett sinken. Er spürte Atems fragenden Blick im Rücken, aber er drehte sich nicht um. 

Ryous Worte gingen ihm noch spät in die Nacht hinein im Kopf herum. Übermüdet und verängstigt schlief Yugi schließlich ein.
 

Als er am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich entspannt und sein Herz schlug wieder ruhig. Er lächelte leicht, als er die Augen öffnete 

und sich brauner Haut gegenüber sah. Sacht streichelte er über Atems Brust, die sich ganz warm anfühlte. Hier, in diesem Moment, da 

Atems Lippen seine Stirn berührten, war es so, wie Yugi es sich wünschte. Einfach sie beide und keine blutigen Probleme.

Er kuschelte sich noch näher an Atem. "Wir können wohl nicht voneinander lassen", murmelte er verschlafen.
 

Atem lachte leise. "Nein. Ich wünschte nur, ich könnte dir geben, was du willst."
 

"Doch, das kannst du. Ich wünsche mir nur dich an meiner Seite, solange wie es geht." Auch wenn es schmerzte, aber ein "Bis daß der Tod 

uns scheidet" lag nicht in ihrer Zukunft.
 

"Ich werde mein Bestes geben", versprach Atem und küßte Yugi auf den Mund.
 

Doch auch wenn seine Lippen kribbelten und seine Augen sich schlossen, Yugi gefiel irgendetwas nicht an Atems Aussage. Aber vielleicht 

war er nach der letzten Zeit einfach nur zu kritisch.
 

"Was war gestern los?"
 

Yugi seufzte. "Ryou... Er war sehr eindringlich in seiner Aussage, unsere Beziehung würde mir nicht guttun. Daß ich dumm sei und ahnungslos..." 

Er strich über Atems angenehm muskulösen Rücken. "Vielleicht hat er recht."
 

"Eindringlich? Hat er dir wehgetan?" Atems Gesicht verfinsterte sich wie auf Knopfdruck.
 

"Er hat mich etwas geschüttelt. Aber ehrlich gesagt hat sein Gesicht mir mehr Angst gemacht." Und die Narben... Krater in der sonst so 

makellosen Haut. Yugi suchte instinktiv Zuflucht in Atems Armen. "Ich glaube so langsam, daß nicht das Zusammenkommen das Schwerste 

an einer Beziehung ist. Es ist das Zusammenbleiben."
 

Atem küßte Yugis Stirn. "Du sprichst wahre Worte gelassen aus. Dennoch sollte ich mir Ryou nochmal vorknöpfen! Er hat kein Recht..."
 

Yugi hob die Hand und schüttelte den Kopf. "Nein, aber er schien gestern sehr neben der Spur zu sein." Ganz offensichtlich wollte Ryou 

sein Geheimnis bewahren. Wohl deshalb hatte er eine Dusche gesucht, wo er annahm, daß niemand ihn sehen würde. "Laß ihn am besten. 

Er mag dich so auch schon nicht."
 

"Dann kann ich ja nichts mehr ruinieren." Atem grollte und Yugi wurde klar, daß der wenig darauf gab, ob jemand ihn oder seine Ansichten 

leiden konnte.
 

"Vielleicht doch. Wie gesagt, Ryou war nicht ganz bei sich." Yugi setzte sich auf und Atem stöhnte, als er ihn loslassen mußte. "Und ich 

muß mir heute noch um andere Dinge Gedanken machen. Eine Arbeit in Sozialkunde und ich muß meinen Aufsatz abgeben."

Mit mißmutiger Miene stand Atem auf, damit Yugi aus dem Bett rutschen konnte. Der mußte lachen. "So wie du aussiehst könnte man meinen, 

du siehst mich viel zu wenig."
 

Atem lächelte ebenfalls, aber es erreichte nicht seine Augen. "Ich habe noch nie jemanden wie dich getroffen, Yugi. Und das will etwas 

heißen. Ich will jeden Moment mit dir verbringen, der möglich ist."
 

Yugi lächelte schelmisch. "Das werden wir! Nur leider gibt es noch die Schule."

Atem stöhnte und vergrub sich nochmal in Yugis Bettzeug, bis Yugi ihm die Decke wegzog. Atem packte Yugi um die Hüften und zerrte 

diesen zurück aufs Bett, wo sie sich kitzelten, bis Yugi kaum mehr Luft bekam.

Dann erst ließ Atem von ihm ab, grinsend. Sein Blick fiel auf den kleinen Kalender mit Duel Monsters, den Yugi über seinem Bett aufgehängt 

hatte.
 

"Nur noch neun Tage bis zum dritten", murmelte er.
 

Yugi folgte seinem Blick. "Der dritte Dezember? Was ist da?"
 

Atem rieb sich den Nacken. "Ach, nur die letzte Arbeit vor Weihnachten."

Yugi nickte verstehend, dann zog er Atem nochmal zu sich hinunter, um ihm einen Kuß zu geben, als Aufmunterung.
 

Der Tag verstrich ereignislos, ebenso der nächste. Yugi qualmte der Schädel vom Lernen und den Arbeiten. Seine ganze Klasse stöhnte 

unter der Last der Tests und Jonouchi und Yugi schlossen Wetten ab, wer von ihnen am schlechtesten abgeschnitten hatte.

Die Laune von Atem, Bakura und Seto sank derweil ins Bodenlose. Yugi hörte mehrmals, wie sie sich anblafften und sogar knurrten! Mai 

war nicht viel besser, denn auch sie beschwerte sich wegen Anzu, die sie nur schwer bändigen konnte. Daß Atem schon alles tat, was ihm 

möglich war, machte es nur noch schwerer.
 

Der dritte Tag war äußerst ermüdend gewesen. Yugi hatte nicht nur eine Arbeit, es war auch noch Sport nach dem Mittagessen und alle 

eierten dabei durch die Turnhalle, vollgestopft und müde. Yugi hatte dann noch das Los getroffen, beim Aufräumen zu helfen und als er 

sich anzog, schaffte er es, fast umzufallen bei dem Versuch, seine Hose anzuziehen. Müde und genervt trat er schließlich als letzter aus 

der Turnhalle, schlang seinen roten Schal fester um seinen Hals und ging, die Hände tief in den Jackentaschen, zurück zum Wohnheim, 

wobei er seine Füße durch den Matsch zog wie kleine Schneeräummaschinen. Es hatte heute schon wieder geschneit und die Bäume 

und Büsche sahen aus, als hätte ein verrückter Bäcker sie gründlich mit Puderzucker bestäubt.
 

Mit den Gedanken war er schon bei einer großen Tasse Heißer Schokolade, bevorzugt mit Sahne und Zimt, dazu leckeres Gebäck. 

Allein bei dem Gedanken an Dominosteine und Marzipanbrot lief Yugi das Wasser im Munde zusammen. 

Doch auf einmal, Yugi konnte nicht sagen, wieso, stellten sich ihm die Nackenhaare auf. Er wirbelte herum und sondierte aufmerksam 

seine Umgebung, doch außer zertrampeltem Schnee und einem verunglückten Schneemann sah er nichts. Yugi klang sein eigenes 

Keuchen in den Ohren, während er Schritt für Schritt zurückwich. Er blickte in die Bäume und zuckte zusammen, als etwas Schnee von 

einem Ast rieselte. Aber nichts geschah weiter, niemand sprang aus dem Baum... Yugi dachte an Anzu und erschauerte. Was, wenn sie 

ausgerissen war? Was, wenn...
 

"Du hast ein gutes Gespür. Ich bin beeindruckt." Eine tiefe Stimme schnitt Yugis Gedanken ab. 
 

Yugi sah nach hinten und schalt sich selber, daß er nicht darauf geachtet hatte. Hektisch sah er sich um und sein Blick blieb an einem 

der Kellerfenster des Wohnheims hängen. Etwas Dunkles, dünn wie Papier, schob sich durch den Spalt zwischen Fenster und Rahmen. 

Yugi blinzelte und vor ihm erhob sich die große, massige Gestalt eines dunkelhäutigen Mannes.

Yugi stockte der Atem und er trat zurück, um überhaupt noch etwas vom Gesicht seines Gegenübers erkennen zu können. Eine strenge 

Miene, gelbe Augen und über eine Gesichtshälfte zog sich eine Tätowierung. Hieroglyphen!

Yugi wurde eiskalt und er wich noch weiter zurück. 

"Du bist ein Vampir."
 

"In der Tat." Der Mann verschränkte seine Arme. Er trug eine Art grau-blauer Kutte mit Kapuze, letztere aber hing in seinem Nacken. "Du bist also das Opfer dieser Zeit..."
 

"O-opfer?" Yugi mochte nicht, wie das klang. Oh, hoffentlich konnte Atem diesen Vampir schnell aufspüren... Er zitterte.
 

Der Vampir hingegen stand wie eine Statue im Schnee. "Ich werde dir nichts tun. Im Gegenteil, ich bin gekommen, um dich zu warnen."
 

"Ach ja?" Das konnte Yugi nicht glauben. 
 

"Ja. Verstecke dich am dritten Dezember. Ansonsten wird dich ein furchtbares Schicksal treffen." Der Mann fixierte Yugi eindringlich.
 

Der dritte Dezember? Yugi fiel ein, wie Atem dieses Datum angesprochen hatte... Aber wenn das nur Zufall war? Yugis Magen krampfte sich 

zusammen. "Atem würde mir nie etwas tun!"
 

"So? Du weißt so gut wie gar nichts über ihn. Also wie kommst du zu dieser Schlußfolgerung? Nur weil er die letzten Wochen nett zu dir war? 

Daß er dafür gesorgt hat, daß du bei ihm im Zimmer schlafen darfst? Oder eher mußt? Er hat den Schulleiter beeinflußt, damit du ihm nicht 

mehr entkommen kannst."
 

Yugi schüttelte die ganze Zeit den Kopf. Solche furchtbaren Dinge wollte er nicht hören!
 

"Er war schon immer grausam und Menschenleben haben ihm schon wenig bedeutet, als er selber noch eines lebte", fuhr der Fremde fort.
 

Yugi horchte auf. "Als er lebte?"
 

"Ja. Vor vielen tausend Jahren war er ein tyrannischer König in Ägypten, ein Pharao. Er interessierte sich nicht für sein Volk, während er 

dem Müßiggang und der Grausamkeit frönte. Seine Bosheit ist es, die den Fluch der Untoten über die Menschheit gebracht hat." Der Mann 

kräuselte abfällig die Lippen. "Er ist deiner Zuneigung nicht wert, genauso wie seine Gefolgsleute. Ein Seth-Priester und ein elender Grabräuber, hältst du das für eine angenehme Gesellschaft?"
 

Mit schwirrendem Kopf hatte Yugi zugehört und würgte vor Unglauben hervor: "Ein Pharao?"
 

"Bist du schwer von Begriff?" Der Fremde verengte die Augen zu Schlitzen. "Er ist der Anfang des Bösen. Und wenn du dich ihm nicht 

verweigerst, wird er auch dich unweigerlich mit dem Fluch seiner Dunkelheit beschmutzen. Du kannst noch entfliehen... Oder ihn töten. 

Doch du darfst dich am dritten Dezember nicht in seiner Nähe aufhalten. Es wäre dein sicherer Tod."
 

Yugi starrte den Fremden verängstigt an. Dieser senkte seine Arme, ging leicht in die Knie und machte dann einen riesigen Satz. 

Zurücktaumelnd sah Yugi gerade noch, wie ein verschwommener Blitz in den Bäumen verschwand.

Fliehen oder töten... Grausamer König... Anfang des Bösen... Sicherer Tod...

Schwankend fuhr Yugi sich durchs Gesicht, dann rannte er mit aller Macht zurück ins Wohnheim. Er wollte es nicht glauben und doch fühlte er, 

wie tausend eisige Nadeln in sein Herz drangen. Was, wenn es doch stimmte?
 

***
 

An diesem Abend fand Yugi keine Ruhe. Er konnte sich weder auf seine Schulbücher noch seinen Manga konzentrieren. Die Worte des 

tätowierten Vampirs von vorhin gingen ihm nicht aus dem Kopf. Zum Glück hielt Atem Yugis Ruhelosigkeit für ein Resultat der stressigen 

Prüfungszeit und hielt sich galant zurück, um Yugi nicht abzulenken. 

Als Atem das Zimmer für eine Dusche verließ, klappte Yugi schnell sein Netbook auf und suchte nach altägyptischen Hieroglyphen. Er 

erinnerte sich vage, daß die Pharaonen ihre Namen auf bestimmte Weisen schreiben ließen. Tatsächlich konnte er auf Wikipedia herausfinden, 

daß Geburts- und Thronname des Pharaos in Kartuschen geschrieben wurden. Yugi nestelte den Ring hervor und betrachtete diesen. 

Eine dünne Linie umschloß, wie er sich erinnerte, einige der Schriftzeichen. Davor stand eine Ente oder Gans, über deren Rücken eine 

Scheibe, wahrscheinlich die Sonne, schwebte. Die Gans... Yugi betrachtete die Bilder und er fand das Zeichen auch. Es stand vor dem 

Geburtsnamen eines Pharaos und bedeutete Sa Re, übersetzt Sohn des Ra.

Yugi konnte den kleinen Computer gerade noch schließen, bevor Atem zurückkam. Das Herz hämmerte noch immer gegen seine Rippen 

und nun warf sein Freund ihm auch besorgte Blicke zu.
 

"Ich geh mal kurz unten vor die Tür, ich brauche frische Luft", erklärte Yugi mit einem wackeligen Lächeln, er mußte nicht mal lügen. Atem 

schien dennoch nicht überzeugt, aber er sagte nichts, sondern nickte nur. 

Yugi mußte sich zwingen, nicht aus dem Zimmer zu rennen, sobald er seine Turnschuhe angezogen hatte. Seine Beine fühlten sich steif an 

und er dachte, daß er sicher wie ein Storch im Salat aussah, wie er aus dem Zimmer stakste.

Erst danach rannte er hinunter und vor die Tür, in die Kälte der Nachtluft. Er schnaufte durch und lehnte sich gegen die rauh verputzte 

Wand, während er den weißen Punkten bei ihrem wilden Tanz zusah.
 

Atem war also wirklich ein Pharao gewesen... Konnte es sein, daß er wirklich so schlimm gewesen war, wie der Fremde es heute behauptet 

hatte? Und was war mit dem dritten Dezember? Warum sollte Yugi ein Opfer sein? 

Yugi atmete tief ein, solange bis seine Lungen brannten, sein Herz und sein Kopf aber abgekühlt waren. Man sollte die Vergangenheit nicht 

höher bewerten als die Gegenwart... Nur was, wenn die Vergangenheit sich bis in die Gegenwart erstreckte? Yugi rieb sich durch das 

Gesicht. Er mochte Atem, er fühlte das Gute in diesem. Es konnte nicht einfach nur eine Täuschung sein. 
 

Doch ungebeten kam die Erinnerung an den Streit zurück, den Yugi unabsichtlich belauscht hatte. Atem hatte Verpflichtungen, die er erfüllen 

mußte und würde, auch wenn... wenn das hieße, Yugi etwas anzutun? Was konnte nur diese Pflicht sein, diese Mission, von der er nichts 

wissen durfte? 

Und doch hatte Atem Ryou gesagt, daß er nicht hier sei, um Menschen zu schaden. Aber wenn er Yugi verwandeln wollte? Yugi kroch eine 

Kälte in die Glieder, die nicht aus der Luft, sondern aus seinem Inneren kam. Was, wenn Ryou recht hatte? Wenn Atem es nicht ertragen 

konnte, Yugi älter werden und sterben zu sehen, aber er ihn auch nicht verlassen wollte... 

Yugi umarmte sich selbst. Nein, er wollte nicht sterben, aber er wollte auch nicht wie Anzu sein. Würde Atem ihn überhaupt noch mögen, von 

lieben ganz zu schweigen, wenn Yugi ein gefühlloses Ding war, daß nur daran dachte, sich am Blut unschuldiger und ahnungsloser Menschen 

zu laben?
 

Er konnte es nicht glauben. Nichts schien Sinn zu machen. Vielleicht hatte der Fremde doch nur gelogen? Aber Teile stimmten ja. Nur was 

war Wahrheit und Lüge?

Yugi wußte es nicht, sein Schädel schmerzte und die Kälte ließ ihm Finger und Zehen taub werden. Er ging wieder hinein und biß die Zähne 

zusammen, als die Wärme zurück in seine Glieder fuhr. Es tat weh... Es tat alles so weh!

Pläne

"Also nochmal von Anfang an. Diesmal ohne Gestottere", bat Ryou und schob Yugi eine Tasse Tee hin. Sie saßen in Ryous kleinem Zimmer. 

Auf dem Tisch vor ihnen stapelten sich sauber einige Bücher. Auf dem Regal in der Ecke standen einige Steine, aus deren aufgeschlagenen 

Leibern es funkelte und glitzerte.
 

Yugi schloß seine zitternden Hände um das mit blauen Blüten geschmückte Porzellan. "T-tut m-mir leid..." Er trank einen Schluck, viel zu hastig, und hustete, bevor das Gefühl endlich wieder in seine Lippen zurückkehrte. "Ich wollte wissen, 

was du über Atem weißt. Also über seine Vergangenheit. Ich... habe einen Hinweis gefunden, daß er einmal ein Pharao war." Yugis Stimme 

nahm einen verschwörerischen Tonfall an. "Weißt du darüber etwas?" 
 

"Er hat dir das nicht gesagt?" Auf Yugis Kopfschütteln hin fuhr Ryou fort: "Davon habe ich in der Tat gehört. Aber die Aufzeichnungen von 

damals sind unvollständig. Nicht verwunderlich nach all der Zeit." Ryou trank langsam einen Schluck aus seiner eigenen Tasse. "Du denkst 

jetzt also nicht mehr, daß du Atem alles glauben kannst?"
 

Yugi schwieg, obwohl er gerne protestiert hätte, aber er wußte ja gerade selber nicht, ob er Atem alles glauben konnte. "Ich weiß, daß er kein 

grundschlechter Kerl ist. Aber mir fehlen Teile, um das Bild zur Gänze zu sehen. So wie bei einem Puzzle, weißt du?"
 

Ryou nickte mit einem feinen Lächeln. "Und du hoffst, ich hätte ein paar Puzzleteile."
 

"Stimmt das denn nicht?"
 

"Yugi, ich weiß auch nicht alles. Ich weiß, daß Atem zu den ältesten bekannten Vampiren zählt und daß er eine nicht gerade kleine Zahl an 

Gefolgsleuten und Kindern sein eigen nennt. Vampirkindern", verbesserte Ryou auf Yugis verwirrten Blick hin. "Auch nicht verwunderlich 

nach dreitausend Jahren. Wer Macht hat, zieht die an, die sie suchen."
 

Yugi behielt das im Hinterkopf, doch anderes lag ihm schwerer auf der Seele "Weißt du etwas über seine Zeit als Mensch?"
 

Ryou drehte die Tasse in den Händen, während er stirnrunzelnd in die bernsteinfarbene Flüssigkeit sah. "Es gibt ein paar Erwähnungen 

auf Steintafeln und in Papyri, aber nichts hilfreiches. Er starb, da war er ungefähr zwanzig und rund vier Jahre auf dem Thron. Offenbar war 

seine Regentschaft weder im positiven noch im negativen Sinne sonderlich erwähnenswert. Einer von vielen, heute kaum bekannten Pharaonen, 

die sich einzig durch ihre Mittelmäßigkeit auszeichneten."
 

"Und wenn er doch ein grausamer Pharao war?" Yugi sah in seine eigene Tasse. Sein eigenes Spiegelbild erschreckte ihn. Hatte er in letzter 

Zeit wirklich so schlecht geschlafen? Soviel durchgemacht? Wo kamen all diese Linien um seinen Mund und all die Dunkelheit um seine Augen 

her?
 

"Dann gibt es zumindest bisher keinen Anhaltspunkt dazu." Ryou zuckte mit den Schultern und leerte seine Tasse. "Ich weiß auch nicht, wie 

du darauf kommst... Reicht es nicht, daß Atem ein Vampir ist, der eine lange Zeit nichts als Verwüstung hinterlassen hat, wo auch immer er 

hinging?"
 

"Was, wenn er deshalb so ein schlimmer Vampir war, weil er zuerst ein schlimmer Mensch war?" bohrte Yugi nach und er sah Ryou direkt in 

die Augen.
 

Der schob seine Tasse von einer in die andere Hand. "Wer weiß... Ich schätze, da mußt du ihn selber fragen."
 

Yugi lachte bitter auf. "Ich weiß nicht, ob er mir darauf antworten würde. Würdest du das?"
 

Ryou schüttelte verlegen den Kopf. "Tut mir leid, daß ich dich das letzte Mal so angegangen bin. Das war falsch. Es ist nicht einfach zu 

verstehen, warum man sich von Vampiren fernhalten sollte, wenn man fast nichts über sie weiß."
 

Es war fast schon verwirrend, daß Ryou sich so plötzlich entschuldigte, mit offenem Gesicht und schuldbewußtem Blick. Yugi mußte lächeln. 

"Es ist in Ordnung. Du hast ja nicht unrecht. Ich will auch kein Vampir werden, aber ich mag Atem eben. Das macht es schwierig für mich."
 

Ryou nahm mitfühlend eine Hand Yugis in die seine. "Ich kann das nicht verstehen, aber mir vorstellen. Warum bist du wirklich hier, Yugi? 

Sonst hat dich doch auch nichts dazu gebracht, auf meine Meinung Wert zu legen. Nicht, daß ich wirklich versucht habe, auf dich zuzugehen."
 

Yugi starrte auf den Tisch vor sich, bis die dunkle Maserung vor seinen Augen verschwamm. "Weißt du, ob am dritten Dezember etwas 

geschehen wird?"
 

"Der dritte Dezember?" Die Alarmbereitschaft in Ryous Stimme ließ Yugi aufsehen. Er nickte lauernd. "Hm... Warte mal."

Ryou stand auf und ging zum Bett. Er zog ein Kästchen unter der Matratze hervor, das er mit einem winzigen Schlüssel, den er um den Hals 

trug, öffnete. Daraus zog er ein dünnes, ledergebundenes Buch hervor. Wasserflecken zierten den Einband und lose Notizzettel standen 

zwischen den Deckeln hervor. Ryou blätterte schnell durch die Seiten, wobei der ein oder andere Zettel durch die Luft flog, bis Ryou innehielt.

"Der dritte Dezember... Das ist Rekeh-wer!"
 

"Recken-was?"
 

Ryou mußte lachen. "Im Altägyptischen war Rekeh-wer der Tag, den wir heutzutage als dritten Dezember bezeichnen. Es ist der Todestag Pharao Atems."
 

"Sein Todestag", murmelte Yugi. Also hatte der Tag wirklich eine Bedeutung!
 

"Wie gut, daß ich Atems Profileintrag in letzter Zeit sooft gelesen habe."
 

Yugi nickte abgelenkt. "Danke. Hat der Tag sonst noch eine Bedeutung?"
 

"Hm..." Ryou blätterte nochmal in dem Buch, dann schüttelte er den Kopf. "Nichts, was hier verzeichnet steht. Wieso interessiert dich dieser 

Tag so sehr?"
 

"Hast du jemals was von einem Opfer zu..." Yugi sah ganz genau, wie Ryou sich versteifte und dessen Augen sich verengten.
 

"Wie bitte? Woher weißt du das?"
 

Plötzlich erschien Yugi die Idee, Ryou etwas auszufragen, wie eine sehr, sehr miese. Er schrumpfte auf seinem Stuhl zusammen, während 

Ryou auf ihn zuschritt. "Ein Vampir... Ein unbekannter Vampir hat es mir erzählt! Heute nachmittag. Er... Er hat sich durch eine Ritze im 

Kellerfenster geschoben und... Er sagte, er wollte mich warnen!" Yugi biß sich auf die Lippen. Das hatte er doch gar nicht sagen wollen!
 

"Ein unbekannter Vampir." Ryous Tonfall war flach. "Wie sah er aus?"
 

"Groß, dunkelhäutig... und sein halbes Gesicht war mit einer Tätowierung..."
 

Ryou atmete scharf ein. "Rishid!"
 

Yugi merkte, wie das Buch in Ryous Händen zitterte. "Da weißt du mehr als ich."
 

Ryou schnaubte und drehte sich um. Er schlang die Arme um seinen Oberkörper, die Hände krallten sich in seinen hellen Wollpullover. 

"Er gehört zur Gegenseite, wenn du so willst."
 

"Also einer, der die Mission sabotieren will... Dieses Opfer, richtig?" Yugis Augen bohrten sich in Ryous ungeschützten Rücken.
 

"Yugi, ich weiß nicht, wovon du redest..."
 

Der schüttelte den Kopf, auch wenn Ryou es nicht sehen konnte. "Wenn du nichts davon weißt, wieso fragst du dann mich nach meinen 

Quellen? Du weißt etwas! Warum willst du es mir nicht sagen?" Frustriert stand Yugi auf und umrundete Ryou, bis er in dessen Gesicht 

sehen konnte. Er erschrak, als er die dicken Tränen auf Ryous Wangen entdeckte. "Ryou!"
 

"Ich weiß nicht, was das Opfer sein soll! Ich weiß nur, die einen wollen es durchführen und die anderen verhindern. Aber ich kenne die Details 

nicht! Die Vampire haben uns nie eingeweiht! Sie haben sich nur seit Jahrhunderten wegen des Opfers bekriegt, meist auf Kosten der 

Menschen, weshalb ich ehrlich gesagt nicht glaube, das auch nur einer von ihnen eine gute Faser im Leibe hat."
 

"Dieser Rishid sprach mich als Opfer dieser Zeit an", wisperte Yugi und folgte  dem Bedürfnis, sich nun selber zu umarmen. "Er sagte, ich sollte 

mich am Dritten versteckt halten oder ich würde sterben. Allerdings nicht, warum..."
 

Ryou schluckte, dann wischte er sich mit dem Ärmel übers Gesicht. "Dann werde ich dich verstecken."
 

"Und wenn ich Atem..."
 

"Und wenn er doch nicht so gut ist, wie du glaubst?"
 

Yugi senkte schweigend den Kopf.
 

"Ich denke mir was aus, versprochen! Aber du hältst Atem und den Seinen gegenüber den Mund. Und du solltest versuchen, dir nicht 

anmerken zu lassen, daß dich etwas beschäftigt." Ryous Ton ließ keinen Widerspruch zu.
 

Yugi nickte. Sein Herz fühlte sich an, als würde eine eisige Faust es langsam, aber sicher immer weiter zusammenpressen. Yugi wollte 

nicht, daß Atem böse war... Er wollte einfach nur mit Atem zusammensein! Er war so verzweifelt, er konnte nicht mal mehr weinen.

 

***
 

Die nächsten Tage zogen sich wie Kaugummi. Yugi versuchte, wieder fröhlich zu sein, schließlich waren die Arbeiten vorbei, doch es fiel 

ihm schwer. Der Gedanke an die unmittelbare Zukunft lastete auf ihm wie ein dunkler Stein auf seiner Brust.

Es half nichts, daß er bei jedem Telefonat mit Miho oder Honda interessiert nach Ushios Verbleib fragen mußte. Er konnte ja nicht sagen, 

daß der ein Vampir gewesen und gepfählt worden war, um nun als Staub durch die Weltgeschichte geblasen zu werden.

Also verbrachte Yugi seine Zeit bevorzugt bei Jonouchi. Hier mußte er weder Lügengeschichten über Tote erzählen noch Atems besorgten 

Fragen ausweichen. Dafür aber durfte er sich anhören, wie heiß Mai doch war und was für kurze Röcke sie trotz der sinkenden Temperaturen 

trug... Yugi hatte manchmal das Gefühl, sein Lächeln sei schon seit Stunden festgefroren.
 

Auch heute hatte Jonouchi mal wieder nur ein Thema und Yugi hörte kaum noch zu. Seine Gedanken waren wieder bei Atem. Am liebsten 

hätte Yugi Atem zur Rede gestellt, doch er fand weder den Mut noch die Worte. Von dem merkwürdig flatternden Gefühl im Bauch, wenn er 

nur daran dachte, ganz zu schweigen.
 

"He, Erde an Yugi! Bitte kommen!" Jonouchi winkte vor Yugis Gesicht, bis Yugi blinzelnd aus dem kalten Meer seiner Gedanken und Gefühle 

wieder aufgetaucht war. "Mai scheint dich ja nicht zu interessieren..." Er zwinkerte. "Also was ist mit Atem und dir?"
 

"Äh?" Hilfesuchend blickte Yugi sich um, doch außer dem normalen Chaos in Jonouchis Zimmer fand er nichts, schon gar nichts, was ihm 

helfen konnte. Diese Themenänderung hatte er nicht erwartet. "Tut mir leid... Es geht uns soweit gut."

Jonouchi hob die Augenbrauen und Yugi bekräftigte: "Alles in Ordnung! Wirklich. Ich habe nur nicht so gut geschlafen in letzter Zeit."

Das war noch nicht mal gelogen, so voll wie Yugis Kopf sich fühlte. 
 

"Stimmt, du hast schon keine Ringe mehr unter den Augen, das sind Reifen... von einem LKW!"
 

Yugi lachte trotz der Peinlichkeit. "Jonouchi, ich glaube, ich bin aktuell keine tolle Gesellschaft."
 

Sein Freund machte eine wegwerfende Handbewegung. "Jeder hat mal ne miese Zeit."
 

"Danke", wisperte Yugi mit einem kleinen Lächeln. "Also was wolltest du gerade sagen?"
 

"Daß ich mir Werkzeug vom Hausmeister geliehen habe. Ich werde Mais Regal reparieren." Mit stolzgeschwellter Brust und breit grinsend 

blickte Jonouchi Yugi an.
 

Yugi legte den Kopf schief. "Du willst was?"
 

"Das Regal reparieren, das dauernd runterfällt. Es passiert echt ständig. Jeder, der bei ihr vorbeigeht, kann davon berichten, es mindestens 

einmal gehört zu haben. Also mache ich jetzt Nägel mit Köpfen und schaffe Mai dieses Problem vom Hals." Jonouchi stand auf und zog in der 

Tat einen kleinen Werkzeugkasten unter dem Bett hervor. "Warte nicht auf mich."
 

Eiseskälte war in seine Glieder gekrochen und Yugi konnte sie nur mühevoll bewegen. "Jonouchi, nein!"

Doch der war schon weg. Yugi stolperte fast beim Aufstehen, dann rannte er aus dem Zimmer, doch auch hier: Kein Jonouchi mehr! Was 

sollte er nur tun? Er konnte seinen Freund doch nicht direkt in die Fänge eines Vampirs laufen lassen, selbst wenn dieser Vampir Anzu war!

Zu Mai gehen und sie warnen? Aber Atem war derjenige, auf den Anzu hörte. Yugi atmete tief durch, dann rannte er so schnell es seine 

verdammt zu kurzen Beine erlaubten in den dritten Stock. Er kam schlitternd vor Atems Tür zu stehen und riß diese auf. Atem blickte von 

seinen Hausaufgaben auf, doch seine Überraschung verwandelte sich bei Yugis Miene in Alarmbereitschaft.
 

"Was ist los?"
 

Yugi, froh, daß sein Zimmergenosse direkt zum Punkt kam, preßte hervor: "Jonouchi will in Mais Wohnung! Er denkt, es gäbe dort ein 

schadhaftes Regal. Er weiß ja nicht, daß es Anzu ist und..."
 

"Mai schließt ihre Wohnung immer ab", erwiderte Atem in einem Tonfall, der Yugi wohl beruhigen sollte.
 

Der schüttelte den Kopf. "Ich weiß, daß Jonouchi früher ein paar... krumme Dinger gedreht hat. Ein Schloß bekommt er sicher auf und was dann?"
 

"Der Junge will wohl Ärger", murmelte Atem und stand auf. "Yugi, du bleibst hier!"
 

"Aber..."
 

"Nein! Ich bin schneller ohne dich." 
 

Yugi wurden einige seiner blonden Strähnen ins Gesicht geweht, dann war er allein. Langsam schloß er die Tür, dann seine Augen. 

Hoffentlich schaffte Atem es! Und wieso vertraute er Atem immer noch so sehr, wo er doch nicht mehr wußte, was in drei Tagen sein würde? 

Nur noch drei Tage... 

Unruhig wanderte Yugi auf und ab wie ein Tiger im Käfig. Wo blieb Atem nur? Ging es Jonouchi gut? Hatte er Anzu gesehen, hatte sie 

Jonouchi angegriffen?
 

Yugi fuhr herum, als die Tür ging. Sein Herz klopfte laut, nur um sich im nächsten Moment wieder zu beruhigen. Jonouchi wurde durch 

die Tür geschoben, ihm folgte ein grimmig dreinblickender Atem. "Jonouchi!" Erst jetzt bemerkte Yugi, daß der zitterte. Jonouchi sah sich 

um, als erwartete er, jeden Moment angesprungen zu werden, dann riß er sich von Atem los und stürzte zu Yugi, um diesen an den Schultern 

zu packen.
 

"Gehts dir gut?" Hektisch suchte Jonouchi Yugis Gestalt ab, als erwartete er, das Yugi in der Zwischenzeit angegriffen worden wäre.
 

"Das sollte ich dich fragen." Bestimmt, aber sanft schob Yugi Jonouchi auf einen Stuhl. "Mir gehts gut."
 

Jonouchi bewegte die Lippen, doch es kam kein Ton heraus. Er wischte sich über das verschwitzte Gesicht, das so weiß wie die Wand war. 

Also hatte er Anzu gesehen. "Da... Da war... Scheiße! Es gibt Vampire, Yugi! Und Anzu ist einer!"

Yugi schrak zurück, als Jonouchi plötzlich aufschrie, nur um dann in sich zusammenzusacken und seinen Kopf in seinen Armen zu verbergen. 

Die Hände krallten sich in den blonden Schopf.

"Wußtest du das?" erklang es gedämpft.
 

Yugi starrte auf seine Schuhspitzen, während seine Ohren glühten. "Ja. I-ich wußte Bescheid. Aber auch erst seit kurzem."
 

"Und du und Atem..." Es schüttelte Jonouchi, dann ließ er die Arme sinken. "Sie wollte mir an die Kehle gehen!"
 

"Man bricht eben nicht in anderer Leute Wohnungen ein, gleich wie gut man es meint. Wie kommt man nur auf sowas?" mischte Atem sich 

nun ein. "Wenn Yugi mir nicht Bescheid gesagt hätte..." Er schüttelte den Kopf.

Da sprang Jonouchi auf und stürzte sich mit geballten Fäusten auf Atem. Der duckte sich unter dem ersten Schlag weg, dann packte er 

Jonouchis Arme.
 

Jonouchi fletschte die Zähne. "Was soll der kranke Scheiß? Und was machst du mit Yugi, hä? Saugst ihn wohl aus, was? Kein Wunder, 

daß er immer so fertig aussieht."
 

"Ich habe Yugi noch nie gebissen", zischte Atem und verengte seine Augen zu Schlitzen. "Das würde ich Yugi nie antun! Dafür ist er mir zu 

wichtig."
 

Jonouchi hielt Atems Blick stand, doch er riß sich von seinem Gegner los. "Anzu war dir wohl nicht wichtig genug."
 

"Atem hat weder sie noch mich gebissen. Aber er hat den Vampir getötet, der Anzu angegriffen hat." Yugi blickte flehend zwischen seinen 

Freunden hin und her. "Bitte streitet euch nicht."
 

"Ich weiß nicht, wie du es mit sowas aushältst, Yugi! Er ist ein Monster!" Jonouchi schüttelte den Kopf und sah weg.
 

"Du hast gesagt..."
 

"Zur Hölle damit! Yugi, du bist mein Freund. Und wenn der Kerl es auch nur wagt, einen Finger an dich zu legen, stoß ich ihm einen Pfahl 

durchs Herz, hack ihm den Schädel ab und stopf ihm den Mund mit Knoblauch und Bibelseiten voll."
 

Atems Mundwinkel zuckten. "Knoblauch stinkt zwar ganz fürchterlich, aber ohne Kopf kann ich ihn sowieso nicht mehr riechen. Und Vampire 

fürchten nichts Christliches, außer sie bilden es sich ein."
 

"Pfff! Ich hab Bram Stokers Dracula gelesen. Hey, kuckt mich nicht so an!"
 

"Du solltest nicht alles glauben, was du aus fünfter Hand liest."
 

"Du wandelst aber im Sonnenlicht, so wie im Buch auch."
 

"Ich sagte "nicht alles", nicht, daß Stoker nur fehlerhafte Informationen benutzt hat." 
 

Yugi wollte sein Lachen unterdrücken, aber bei Atem und Jonouchi, die kampfeslustig die Hälse reckten wegen eines Buches, war das nicht 

möglich. Sehr verwirrt blickten seine Freunde ihn an. "Eure Gesichter... und..."

Kichernd wischte Yugi sich über die Augen.

Jonouchi und Atem sahen sich peinlich berührt an und traten zurück, beide nun entspannter.
 

"Okay. Wenn du sagst, Yugi, daß Atem ok ist, dann will ichs mal glauben. Aber wenn er irgendwie anfängt, an dir rumzuknabbern, sag es 

mir. Dann..."
 

Atem schüttelte ungläubig den Kopf, während Yugi Jonouchi versicherte, daß Atem sicher nicht zubeißen würde. Woher Yugi diese Sicherheit 

nahm, konnte er selber nicht sagen. Er mußte endlich herausfinden, was hier wirklich vor sich ging. Er würde Ryous Angebot annehmen, 

zum Schein, und sobald der glaubte, Yugi sei in Sicherheit, würde der Atem folgen und ein für alle Mal all seine Zweifel und Unsicherheiten 

ausräumen. Yugi wollte Atem, aber zuerst wollte er wissen, woran er war.

Erleichtert konnte Yugi jetzt mit einem ehrlichen Lächeln seine Freunde an den Tisch bugsieren. Er hatte noch drei Tage und keine Zeit, sich 

verrückt zu machen. 

Planänderung

"Bist du dir sicher, daß wir hier lang müssen?" Yugi legte die Arme um sich selbst und musterte den dunkelgrauen Stein, vor dem sich mehrere 

dicke Rohre entlangzogen wie metallene Schlangen. Das Licht glitt an ihnen entlang, dann hüllte die Dunkelheit wieder alles ein.
 

"Absolut", antwortete Ryou, der mit einer Taschenlampe vorausging. "Hier findet dich so leicht keiner."
 

"Ich wußte nicht, wie tief und verzweigt der Schulkeller ist..." Stirnrunzelnd betrachtete Yugi, wie Wassertropfen zu Boden fielen. Schnell holte 

er zu Ryou auf.
 

Ryou drehte Yugi den Kopf zu und lächelte. "Ich finde es ideal. Bist du sicher, daß Atem nichts gemerkt hat?"
 

"Todsicher. Er hat noch geschlafen, als ich rausgeschlichen bin." Yugi gähnte. "Zum Glück ist Sonntag... Hoffentlich suchen mich nicht auch 

noch die Leute, vor denen ich mich nicht verstecken muß."
 

"Ich laß mir schon was einfallen", versprach Ryou. Am Ende des langen Ganges, Yugi konnte dennoch das Tropfen noch hören, öffnete er 

eine Tür. Sah aus wie massiver Stahl... Irgendwie beruhigend.

Der Raum dahinter wurde in gelbliches Licht getaucht, sobald Ryou den Schalter betätigte. Yugi blinzelte in die Helligkeit. Ein paar alte 

Sportgeräte, Matten und Decken nahmen den Großteil des Raumes ein. In einer Ecke lehnte verloren ein Fahrrad, dessen ursprüngliche Farbe 

man unter dem Rost nur noch erahnen konnte.
 

"Oh. Es ist ja warm hier." Yugi trat ein.
 

"Deshalb habe ich den Raum auch gewählt. Draußen verlaufen ja die Heizungsrohre. Es ist auch trocken und du kannst es dir halbwegs 

bequem machen."
 

Yugi nickte gähnend. Er fragte sich, wie Ryou um drei Uhr morgens noch so fit sein konnte. Oder war das schon? "Danke sehr. Schaffst du 

es auch wirklich, Atem abzulenken?"
 

"Vertrau mir." Ryou lächelte und Yugi erwiderte es. "Er ist nicht der erste Vampir, den ich auf eine falsche Fährte locke. Ich werde ihn 

beschäftigen und Punkt Mitternacht kannst du wieder aus deinem Versteck kriechen."

Yugi blickte nickend auf seine Armbanduhr. 

Ryou führte ihn dann hinter einen verschrammten Bock. Zwei dicke Matten und ein paar Decken lagen schon bereit, ebenso eine 

Thermoskanne und eine Brotbox. Sogar ein paar Bücher hatte Ryou besorgt. "Ich kann leider nicht ständig nach dir sehen und etwas bringen. 

Das muß reichen."
 

Yugi bedankte sich erneut. "Du hast an alles gedacht, außer an eine Toilette."
 

Ryous Wangen wurden rot. "Naja... Draußen auf dem Gang gibt es ein paar Stellen, wo sowas nicht mal mehr auffällt."
 

Yugi verzog das Gesicht. "Dann werde ich mich noch etwas hinlegen."
 

Ryou nickte und reichte Yugi eine zweite Taschenlampe. Sie war schwer und groß. "Du hast meine Nummer, wenn etwas ist?"
 

"Ja. Danke nochmal für alles. Das vergesse ich dir nie."
 

"Ach was... Ach ja, in der Kanne ist Heiße Schokolade. Ich denke, du kannst gerade etwas zur Entspannung brauchen." Damit ging Ryou 

wieder zur Tür und zog sie hinter sich zu. Sie fiel mit einem zufriedenstellend schweren Geräusch ins Schloß.
 

Yugi hörte wie auf Knopfdruck auf zu lächeln. Jetzt war er alleine und sein Magen rebellierte, daß er Ryou, der sich solche Mühe gegeben 

hatte, so gemein hintergehen wollte. Doch Yugi mußte die Wahrheit herausfinden und das konnte er nicht, wenn er wie eine Ratte in der 

Falle saß. Mit einem leisen Seufzen ließ Yugi sich auf Decken und Matten nieder und schob seine Füße unter eine der grauen Decken. 

Aber noch war es zu früh. Er blickte auf seine Uhr, dann musterte er den fensterlosen Raum. Er mußte aufpassen. Hier unten würde ihn 

kein Licht wecken. Er gähnte ausgedehnt und streckte sich. Etwas trinken klang gut... Danach aber mußte er sich wach halten. Einzuschlafen 

konnte er sich nicht leisten. Yugi schraubte die Plastiktasse von der Thermoskanne ab und füllte sie mit dem süßen Getränk. Sobald er den 

ersten Schluck trank, verzog er leicht das Gesicht. Oh ja, wirklich süß! Ryou hatte es etwas zu gut gemeint, doch Yugis Durst gewann die 

Oberhand und so leerte Yugi die Tasse, wenn auch in kleinen Schlucken.
 

"Puh... Ich hätte mir doch Wasser mitbringen sollen", murmelte Yugi und stellte die Tasse neben sich, dann unterzog er den Bücherstapel 

einer näheren Betrachtung. Keiner der Titel kam ihm bekannt vor, also nahm er sich einfach das mit dem, der ihn am meisten ansprach. 

Doch schon nach drei Seiten war es Yugi zu langweilig und er legte das Buch beiseite. Gähnend stand er auf und ging in dem Raum auf und 

ab. Das sollte die Müdigkeit vertreiben.

Eine Weile ging es besser, doch dann wurde Yugi jeder Schritt schwerer als der vorhergehende. Er blieb stehen, streckte sich und machte ein 

paar Kniebeugen, doch das machte es nicht besser.
 

"Oh je... Vielleicht sollte ich doch ein Nickerchen machen?" überlegte er laut und sah auf seine Uhr. Gerade vier geworden. Vor sieben 

würde Atem sicher nicht aufstehen. Doch Yugi hatte keinen Wecker und er durfte nicht verschlafen. Frustriert rieb er sich die Augen. 

Vielleicht brauchte er nur mehr Adrenalin? Ja, das würde es sein! 
 

Also fing Yugi an, hin- und herzurennen. Er keuchte, sein Herzschlag dröhnte in seinen Ohren und er spürte, wie seine Beine sich in Blei 

verwandelten. Er hielt inne, um kurz durchzuschnaufen, dann machte er Hampelmann-Sprünge, bis er seine Arme kaum noch heben konnte und seine Beine protestierten. Was war nur mit ihm los? Keuchend ließ Yugi sich wieder 

in die Ecke fallen. Ihm war so warm und die Decken waren auch warm, so schön warm... Yugis Lider flatterten. Nur kurz die Augen ausruhen...
 

Ein metallisches Geräusch ließ Yugi hochfahren. Verwirrt sah er sich um. Oh nein! Er mußte eingeschlafen sein. Dennoch fiel es ihm schwer, 

die Augen offenzuhalten. Ein Blick auf die Uhr: Sechs. Das ging ja noch... Doch da hörte er Schritte auf dem Betonboden. Ein heller, wirrer 

Schopf erschien über dem alten Bock. "Ryou? Was machst..." Yugis Stimme erstarb, als eine zweite Gestalt hinter Ryou erschien. Die beiden 

umrundeten den Bock.

Yugi versuchte, auf die Beine zu kommen, doch sie wollten ihm nicht gehorchen. Er war noch immer so müde... Yugi schaffte es nur, die 

Plastiktasse umzuwerfen, da standen die beiden Gestalten vor ihm.

"Atem!?" Yugi konnte es nicht glauben. Sein Herz zog sich reflexartig zusammen.
 

"Es tut mir leid, aber du weißt ja nicht, was alles auf dem Spiel steht." Zu Yugis Überraschung war es Ryou, der nun beiseite sah, die Lippen 

fest aufeinandergepreßt.
 

"Ryou... Was hast du..." Yugis irrender Blick blieb an der Tasse hängen, aus der ein dünner, bräunlicher Faden tropfte. So süß... So süß, 

daß er nichts anderes mehr geschmeckt hatte. "Du hast mich reingelegt." Yugis Stimme war nur noch ein rauhes Flüstern.
 

Atem kniete sich vor Yugi und in seinen warmen, klaren Augen spiegelte sich Yugis Schmerz wieder. Und Reue. "Verzeih mir", wisperte Atem, 

seine Stimme brach. Er mußte sich räuspern. "Du darfst das Ritual auf keinen Fall stören."
 

"Ich... Ich will nicht! Tu mir nichts!" flehte Yugi mit feuchten Wangen. Sein Herz schrie nach Atem, während sein Verstand die Flucht forderte. 

Doch Yugis lahmgelegter Körper gab keinem Impuls nach. Yugi schluchzte. "Warum?"
 

Atem sah weg, seine Händen ballten sich. "Wir müssen ihn rausbringen", sprach er Ryou an. Die Entschlossenheit war ein verwirrender 

Kontrast zu der Verachtung. 
 

"Ja."
 

Yugi fühlte, wie sein Herz versuchte, seinem Körper zu entkommen, doch er spürte, wie die Erschöpfung wieder stärker wurde. Er blinzelte 

und langsam verschwamm alles vor seinen Augen, die Farben zogen sich zusammen und vermischten sich, bis nichts als Dunkelheit blieb.

 

***
 

Es war warm. Richtig schön warm! Und die Decke so weich...

Genüßlich kuschelte Yugi sich in das duftende Kissen. Auch weich... 

Etwas juckte ihn an der Nase. Er runzelte diese, aber es ließ nicht nach. Er hob seine Hand, doch schon nach wenigen Zentimetern spürte er 

einen leichten Ruck... und etwas um sein Handgelenk. Er rüttelte daran, doch er kam nicht frei.

Stöhnend schlug Yugi die Augen auf. Er wollte nicht... Da stürzte Atems Gesicht auf ihn ein, Ryous Verrat, die Thermoskanne...

Yugi wollte hochschießen, da hielt er auch schon inne. Die Decke war aber verdammt niedrig... Er sah sich um. Helles Holz, ihm gegenüber 

ein kleines Fenster. An die Seite gedrückt ein Gestell mit zwei roten Lampen. 

"Die Knutschbude?" Ungläubig musterte Yugi seine Ergebung erneut. Er lag in der Knutschbude. Die stand noch immer im Wald. Warum war 

es dann nicht kalt?

Stirnrunzelnd sah Yugi an sich hinunter. Er war gut zugedeckt, eine Heizdecke lag über dem Federbett. Yugi wollte mit seiner rechten das 

Bett zurückschlagen, doch auch diese Hand gehorchte ihm nicht. Statt dessen spürte er ein unangenehmes Ziehen in der Armbeuge. Yugi 

verrenkte sich etwas den Hals, bis er einen dünnen, durchsichtigen Schlauch entdeckte, der unter der Decke hervorkam und in einem Beutel 

endete. Darin war es dunkelrot, die Art, die Yugi schlecht werden ließ.

Dann aber überkam eine dringendere Frage Yugis Ekel vor der fast leeren Blutkonserve. Warum verpaßte man ihm Blut? Und wessen Blut? 

Wozu?

Da sah Yugi, daß es aus dem Schlauch in die Konserve tropfte. Er bekam keine Transfusion, ihm wurde Blut abgenommen!

Yugi schüttelte leicht den Kopf. Warum lag er in der Knutschbude und wurde auf medizinische Art um sein Blut erleichtert?

Er hatte genug und schrie. "Atem! Atem, komm sofort her! Hol mich hier raus, verdammt!"

Yugi keuchte. Nein, er würde sich nicht ausbluten lassen! Er würde nicht sterben heute! 

 

Vor dem Fenster bewegte sich etwas, dann öffnete es sich und Atems besorgtes Gesicht tauchte auf. "Oh, du... bist wach?"
 

"Allerdings." Yugi zog die Brauen zusammen. "Laß mich frei! Ich will nicht..."
 

"Dir passiert nichts", versicherte Atem ihm. 
 

"Du läßt mich ausbluten!"
 

Atem schüttelte den Kopf. "Wir brauchen nur etwas deines Blutes. Danach kannst und sollst du gehen. Ich hatte gehofft, du würdest es einfach 

verschlafen und morgen in deinem Bett aufwachen."
 

Yugi starrte Atem an, bis der den Kopf einzog. "Aber... Ich dachte, ich sollte sterben!"
 

"Ich schwöre dir, daß war nie unsere Absicht. Warte... Wer hat dir den Floh ins Ohr gesetzt?" Nun war es an Atem, düster dreinzublicken.
 

Yugi schüttelte den Kopf. "Laut Ryou heißt er Rishid."
 

"Es war auch Rishid?" Das Entsetzen und die Wut gleichermaßen überraschten Yugi. "Er wollte dir damit sagen, daß er dich tötet, wenn du 

dich blicken läßt. Deshalb kam Ryou zu mir und wir vereinbarten, daß wir es aussehen lassen würden, als säßest du im Versteck. Es tut mir 

leid, daß wir dich hintergangen haben, aber wir wollten dich beschützen."
 

"Warum hat Ryou das getan? Warum wollen andere Vampire mich töten? Was soll das Ganze hier? Atem, wenn du mir die letzten Monate 

nicht nur etwas vorgemacht hast, dann bitte erkläre es mir. Oder war alles für dich nur ein Spiel, um mich dort zu haben, wo du mich haben 

willst?"
 

Der Schock und die Trauer in Atems Augen schnitten tief in Yugis Herz. "Anfangs war es nur eins, das muß ich zugeben. Aber dann lernte ich 

dich richtig kennen. Ich hätte dir nie diesen Ring geschenkt, wärest du nur ein Opfer."
 

Es schmerzte und gleichzeitig fühlte es sich gut an. Doch so schnell war Yugis Skepsis nicht zerstreut. "Ich will die ganze Geschichte hören."
 

"Sie ist ziemlich lang!"
 

"Es ist nicht gerade so, als ob ich in der nächsten Zeit irgendwohin gehen könnte." Yugi hob eine Augenbraue und Atem hatte den Anstand, 

verlegen auszusehen. "Kommst du rein?" 

Atem nickte und vor Yugis Augen komprimierte er sich, bis er einfach durch das Fenster glitt wie ein seltsam gefärbter Bogen Papier. 

Er nahm wieder normale Gestalt an. Es sah ein wenig so aus, als hätte man ihn ausgeschüttelt. 

Es hätte Yugi mehr stören sollen, doch er fand keine Kraft mehr dafür. Er zog die Beine etwas an und Atem quetschte sich in die hinterste Ecke.

Yugi sah erst jetzt, daß Atem eine Art roten Mantel trug, der locker um ihn hing. Der Stoff war mit goldenen Zeichen geschmückt und golden 

glänzten auch Atems Finger und Handgelenke. Rubine blitzten auf den großen Ohrringen und aus Atems wilder Haarmähne erhoben sich 

goldene Flügel, die auch mit wertvollen Steinen geschmückt waren.

"Du siehst wirklich aus wie ein Pharao."
 

Atem zuckte mit den Achseln. "Du wolltest meine Geschichte hören." Yugi nickte. "Na schön..." Atem leckte sich über die Lippen und seine 

Augen verloren ihre Schärfe. "Ich war einst Pharao, das stimmt. Ich war siebzehn, als ich den Thron bestieg. Ich hatte das Glück, daß mein 

Vater zu jenen gehörte, die einen starken Gerechtigkeitssinn, politisches und diplomatisches Geschick und Intelligenz in sich vereinten. 

Obwohl ich mein ganzes Leben lang darauf vorbereitet worden war, einmal Kemets Herr in allen Belangen zu sein, war ich nur auf einem 

Gebiet herausragend: Kriegsführung. Doch als ich Pharao wurde, gab es keine Schlacht mehr zu schlagen. Wir hatten bereits unsere 

Nachbarn als unsere Verbündeten gewonnen oder sie zu Vasallenkönigreichen gemacht. Ich gebe zu, ich war gelangweilt und da unsere 

Kornspeicher voll und jede Nilschwemme gut war, gab es wenig für mich zu tun, das mich forderte. Ich vertrieb mir meine Zeit auf der Jagd, 

auf Festen und mit jedem, der mir gefiel, Mann oder Frau." Er lachte bitter auf. "Bis ich diese eine Frau traf. Sie hieß Mutemwia, Tochter eines 

Gaufürsten. Sie kam an den Hof, um den letzten Schliff zu erhalten und einen möglichst reichen und einflußreichen Mann zu heiraten. 

Sie fiel mir ins Auge, denn sie war so schön wie ehrgeizig. Lange, schwarze Haare, volle Lippen, Katzenaugen, lange Beine... Ich wollte 

sie besitzen und sie lud mich nur zu bereitwillig in ihr Schlafgemach ein. Ich besuchte sie einige Monate lang wöchentlich zwei- oder dreimal, 

doch nach einer Weile fing auch sie an, mich zu langweilen. Ich wandte mich anderen zu, meinem Harem, meinen Gemahlinnen, einigen 

Dienerinnen. Doch dann kam Mutemwia eines Tages zu mir und verkündete, ein Kind zu tragen und sagte, es sei auch das meine. Bis zu 

diesem Zeitpunkt hatte ich nur einige Töchter gezeugt... Was?"
 

"Du... Du hast Kinder... Ja, aber..." Yugi schüttelte den Kopf. Atem sah noch so jung aus!
 

"Ich war fünfzehn, als das erste geboren wurde. Damals war das normal. Wie dem auch sei, mir fehlte ein Sohn, ein Thronfolger. Und 

Mutemwia behauptete, ein Kind von mir empfangen zu haben. Ich war vielleicht gelangweilt, aber nicht naiv. Ich vermutete, sie wollte meine 

Gunst mit allen Mitteln zurückgewinnen, auch mit einem Kind, das in Wahrheit nicht das meine war. Und wäre es ein Sohn, wäre sie fürs Leben 

nicht nur versorgt gewesen, sondern hätte als Mutter des zukünftigen Königs eine nicht zu unterschätzende Macht erlangt. Ich war skeptisch 

und verbarg das auch nicht. Ich ließ Mutemwia gut versorgen, doch ich wollte dieses Kind sehen, bevor ich es annehmen oder ablehnen würde." 

Atem seufzte und fuhr sich durchs Haar, vorsichtig, um den Schmuck nicht zu verschieben. "Sie gebar einen Sohn, gesund und kräftig."
 

"Und?" Gespannt hing Yugi an Atems Lippen.
 

Atem machte ein abwertendes Geräusch. "Ich konnte keine Entscheidung treffen. Zuerst fand ich, daß er mir ähnlich sah, dann wieder nicht. 

Dann erschienen mir seine Gesichtszüge wie die meines Vaters und dann wieder nicht. Ich schob die Entscheidung auf, bis er älter sein 

würde. Mutemwia hingegen war erbost, daß ich ihr und dem Jungen so wenig Beachtung schenkte. Ich zweifelte an ihr. An ihrer Aufrichtigkeit." 

Atem schwieg. Er sah aus, als sei er Äonen weit weg, in einer anderen Welt, die Yugi sich nur ansatzweise vorstellen konnte.

"Es verging ein Jahr. Sie bekniete mich, ich versuchte, ihr zu entgehen. Ich wollte nicht ständig von meinem angeblichen Sohn hören. 

Eines Tages stritten wir uns furchtbar. So sehr, daß ich erzürnt davonstürmte und Ablenkung in der Jagd suchte. Ich trieb die Jagdhelfer und 

meine Begleiter an und als wir zurückkehrten, hatten wir soviele Gänse und Enten geschossen, daß der gesamte Palast mehrere Tage davon 

zehren konnte. Doch ich hatte keinen Hunger und wollte mich zurückziehen. Dabei kam ich an Mutemwias Gemächern vorbei. Ich hörte 

ihre Stimme und die eines Mannes." Atems Augen verdunkelten sich und seine Lippen formten ein umgedrehtes U. "Ich stürmte hinein. 

Sie umarmte diesen Fremden. Die beiden starrten mich an. So voller Angst und Schrecken... Ich verstand erst warum, nachdem ich mit 

meinem Jagdmesser ihre Kehlen aufgeschlitzt hatte."
 

"Was?" Es war nur ein Hauch, doch Atem zuckte zusammen.
 

Hastig fuhr er fort: "Ich war so wütend, so enttäuscht... Mir wurde klar, daß ich mir wirklich gewünscht hatte, dieser Junge sei mein Sohn! 

Doch ich sah mich betrogen und belogen, wie ich es von Anfang an befürchtet hatte. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, daß Mutemwia 

in das Reich der Götter einging, daß ihr heuchlerisches Herz die Waage des Anubis mit seiner bloßen Existenz beleidigte." Er schluckte hart 

und verbarg das Gesicht hinter seinen braunen, kräftigen Armen.

"Ich nahm das Messer und schnitt ihr das Herz aus der Brust! Und mein Wahnsinn fand seine Vollendung, denn ich beschloß, daß ich Ammit 

es ersparen würde, dieses verdorbene Fleisch auch nur riechen zu müssen."
 

Yugis Augen weiteten sich, als ihm klar wurde, worauf Atem hinauswollte. "Du hast doch nicht wirklich..."
 

"Kaum schmeckte ich es auf meiner Zunge, da spie ich es aus und alles, was ich an dem Tage gegessen hatte." Atem zitterte, als wäre ihm 

noch immer übel. "Ich sah, was ich getan hatte. Ich hatte zwei Menschen getötet, ohne auch nur darüber nachzudenken, und ich hatte einen 

Toten auf furchtbare Weise geschändet, anstatt seinen Leib den Balsamierern zu übergeben."
 

"Das... Das ist ja... Was hast du nur getan?" Yugi fühlte Abscheu und Trauer, aber seine Kehle wurde ihm eng wegen dem, was er für Atem 

empfand.
 

"Das habe ich mich auch gefragt. Ich war ein Gott auf Erden, doch mein Vater hätte nie solches Verhalten geduldet. Er hatte mich nicht erzogen, 

damit ich Beute meiner schlechten Eigenschaften wurde. Und doch war es geschehen... Ich versuchte, die Sache zu vertuschen. Ich hatte 

schließlich die Macht dazu. Doch ich konnte Mutemwias Vater nur mehr schwer in die Augen sehen, denn wie es sich herausstellte, hatte ich 

ihm nicht nur die Tochter, sondern auch den Sohn genommen. Ja, der Mann, den ich für ihren Liebhaber hielt, war ihr Bruder. Und ein halbes 

Jahr später konnte ich nicht mehr leugnen, daß ich Mutemwia zu unrecht der Lüge und des Betrugs bezichtigt hatte." Atem faßte sich 

bezeichnend in die Haare. "Ihr Sohn bekam mein Haar. Er war auch der meine. So ehrgeizig Mutemwia auch gewesen war, sie hatte mich nicht 

angelogen. Doch ich hatte gelogen, um die Wahrheit über ihren Tod zu verbergen. Doch dafür mußte ich mich auf viel zuviele Leute verlassen. 

Diener, Balsamierer, einige Berater... Einer von ihnen mußte mich verraten haben."
 

"Oh... Du hättest wohl besser ihr vertraut."
 

Atem nickte mit einem kleinen Lächeln. "Ich hätte ihr so vertrauen sollen wie dir."
 

Yugi spürte einen Stich im Herzen, tief und gnadenlos. Er schluckte und leckte sich die Lippen.
 

"Hast du Durst?" Atem beugte sich etwas vor und zog einen Plastikbecher mit Strohhalm, den Yugi bisher nicht gesehen hatte, zu dessen 

Lippen. Yugi trank gehorsam ein paar Schlucke, doch es war nicht Durst, der ihn quälte.
 

"Danke. Wie ging es weiter?"
 

"Der Gaufürst war ein gerissener und einflußreicher Mann. Er hatte die Macht, im ganzen Lande zu verbreiten, daß ich Set mehr huldigte als 

Horus. Daß ich das Land über kurz oder lang ins Verderben stürzen würde, daß die Götter sich von mir abgewandt hatten. Und das letzte 

war keine Erfindung. Nach meiner Schandtat fiel die Nilschwemme sehr schlecht aus und Heuschrecken fielen in Kemet ein und dezimierten 

die Kornvorräte um ein Vielfaches. Dazu kam, daß einige kleinere Vasallenstaaten langsam unruhig wurden, denn sie rochen unsere 

Schwäche und das Wiedererstarken Syriens und Babyloniens." Atem seufzte. "Kriege schreckten mich nicht, aber ohne Vorräte, ohne Saatgut 

konnten wir keinen durchhalten. Das wußte auch das Volk. Also revoltierte es. Mutemwias Vater führte es an. Sie erstürmten den Palast. 

Viele starben, noch mehr flohen. Ich hingegen geriet in die Fänge des Gaufürsten. Was ich nicht gewußt hatte, war, daß er selbst ein schwarzer 

Hexer war. Er war unglaublich mächtig und ebenso zornig. Für den Tod seiner Kinder sollte ich in alle Ewigkeit gestraft sein. Niemals sollten 

mein Leib und meine Seele Ruhe finden, mein Ba für immer an meinen Leib gefesselt sein, mein Herz für immer in totem Fleisch gefangen. 

Er badete mich im Blut derer, die versucht hatten, mich zu verteidigen." 

Atem sah Yugi an und seine Augen waren verschleiert durch das Wasser. 

"Doch der Fluch hatte auch Nebenwirkungen. Ich konnte meine Fesseln sprengen, plötzlich war ich schneller als der Wind. Doch ich dachte 

nur noch an Blut und Tod. Daran, zu trinken. Ich riß dem Gaufürsten die Kehle auf und soff sein Blut. Mein Cousin Seth stürzte herein, 

irgendwie hatte er es, wenn auch schwer verwundet, zu mir geschafft. Aber ich erkannte ihn nicht. Ich sprang ihn an, wir kämpften. Ich tötete 

ihn, doch er stand wieder auf. Mein Blut muß während des Kampfes in seinen Körper gelangt sein."
 

Yugi merkte erst, daß er die Luft angehalten hatte, als er nach dieser schnappte. "Dein Cousin? Aber ich dachte, er sei ein Kaiba?"
 

"Ja und Nein. Sagen wir, es kam uns zu Ohren, daß die Kaibas für ihren ältesten Adoptivsohn einen Doppelgänger suchten. Set sah Seto 

wie aus dem Gesicht geschnitten aus. Während Seto sich irgendwo in der Karibik noch immer von den Folgen eines wirklich bösen 

Nervenleidens erholt, agiert Set als sein öffentliches Double. Image geht den Kaibas über alles."
 

"Wow! So also kommt ihr an das Geld für die Schule!"
 

"Unter anderem."
 

"Noch eine Frage: Warum bist du braun, die anderen aber nicht?" Dieses Rätsel hatte Yugi lange genug geplagt.
 

"Alle werden blaß nach der Verwandlung. Nur ich nicht. Das liegt wohl daran, daß ich durch den Fluch direkt erschaffen wurde", erklärte 

Atem und strich über das wertvolle Gewand. "Ich bin auch sonst etwas anderes als alle meine vampirischen Nachkommen."
 

"Warte. Heißt das, du bist der allererste Vampir? Vor dir gab es keinen anderen?" Yugi mußte schlucken. "Und heute ist dein Todestag?"
 

"Das stimmt alles."
 

"Was geschah nach deiner Verwandlung?" kam Yugi auf die ursprüngliche Geschichte zurück. Das mußte er erst mal verdauen.
 

"Wir flohen aus dem Palast. Vielleicht ein letzter Teil unserer Menschlichkeit. Danach war es damit für eine lange Zeit vorbei. Wir zogen durch 

Ägypten, durch die angrenzenden Reiche. Wohin wir gingen, wir brachten den Menschen Tod und Zerstörung. Alt, jung, Mann, Frau... 

Wir machten vor nichts Halt und legten ganze Städte in Schutt und Asche. Ich bemerkte, daß ich Set kontrollieren konnte, so erschuf ich 

weitere wie ihn. Eine kleine Armee, die allein mir treuergeben war und auf jedes meiner Worte hörte. Doch schnell erschufen diese auch 

Kinder, die ich nicht beeinflußen konnte. Außerdem mußte ich eine gewisse Nähe aufrechterhalten, um ihnen meinen Willen aufzuzwingen. 

Doch es wurden zuviele und die ursprüngliche Gruppe Vampire wurde zerschlagen. Neue Gruppen bildeten sich, jede mit ihrem eigenen 

Anführer. Sie kämpften gegen andere Gruppen und trachteten dem eigenen Gruppenführer nach dem Leben, um seinen Platz einzunehmen. 

Jahrelang war ich nicht mehr als ein wildes Tier, das nur seinen Instinkten folgte. Doch irgendwann setzte Müdigkeit ein, Abscheu und die 

Sehnsucht nach mehr. Set erging es ähnlich. Wir fingen an, wieder menschliche Gefühle zu entwickeln. Mitleid, Trauer, Selbsthaß..."
 

Yugi hätte sich am liebsten aufgesetzt und Atem umarmt, bei dessen niedergeschlagenem Blick, der von einer Dimension des Leids und 

der Einsamkeit erzählte, die Yugi sich nicht vorstellen konnte.
 

"Wir kehrten zurück nach Waset... Theben also. Inzwischen war Mutemwias und mein Sohn ein erwachsener Mann geworden und regierte 

als Pharao Kemet. Dem Land ging es wieder gut und was einst geschehen war, war nicht mehr als ein Gruselmärchen, um Kinder zu 

erschrecken. Er hatte meine jüngste Schwester und einige meiner Töchter geheiratet."
 

Yugi schüttelte den Kopf. "Irgendwie hört sich das wirklich furchtbar an."
 

"Es waren andere Zeiten und über die Gefahren wußte man damals nichts. Wie dem auch sei, ich erfuhr in der Stadt, daß Mai nach einer 

komplizierten Geburt ihr Kind verloren hatte und selbst mit dem Tode rang."
 

"Laß mich raten: Du hast ihr dasselbe Angebot wie Anzu gemacht?" Atem hob eine Augenbraue und Yugi lächelte verlegen.
 

"Ja."
 

"Und Bakura?"
 

"Ich erwischte ihn, als er versuchte, einige Gräber auszurauben. Er haßt mich noch immer deshalb, aber andererseits konnte er so daran 

arbeiten, daß sein Herz eines Tages die Anubis-Waage heil übersteht." Atem grinste schief.
 

Yugi mußte lachen. "Abenteuerlich. Und traurig. Aber was hat es mit diesem Ritual auf sich?"
 

Atems Miene wurde entschlossen. "Damit will ich meinen Fehler wieder gut machen. Ich werde alle meine Nachkommen in Menschen 

zurückverwandeln." 
 

Yugi starrte ihn an. Er konnte seine Gedanken kaum fassen, als er plötzlich klar sah."Hast du Anzu deshalb verwandelt?"
 

"So ist es. Ich wollte nicht, daß sie sterben muß, schon gar nicht so kurz vor dem Rekeh-wer-Ritual. Ich hoffe, sie wird mir eines Tages 

verzeihen."
 

"Und du brauchst mein Blut für das Ritual, aber nicht mein Leben. Aber andere wollen mich töten, weil sie Vampire bleiben wollen. Sehe ich 

das richtig?" Aufmerksam blickte Yugi in Atems warme Augen.
 

"Richtig. Rishid ist Diener eines gewissen Marik, der sein kleines, tyrannisches Reich als einer der Gruppenführer aufgebaut hat und der 

deshalb nicht mehr auf seine übernatürlichen Kräfte verzichten will. Sie sind bestrebt, jeden zu töten, der das Opferblut stellen kann." Atem 

rutschte etwas vor und ließ seine Hand unter die Decke gleiten. Sacht strich er über Yugis. "Ein Freund von mir fand heraus, wie der Bann 

zu brechen war. Er war schon immer ein großartiger Zauberer. Als alter Mann spürte er mich auf und gab mir seine Aufzeichnungen. Damals 

hatte ich noch keinen Grund, Marik zu mißtrauen, also war er dabei, als Mahaad uns erklärte, wie der Bann zu brechen sei."
 

"Also ist er fast so alt wie du. Sag, wie wird der Bann gebrochen?"
 

"Durch "das Blut des königlichen Ebenbildes, welches reinen Herzens ist, welches das Herz des Königs reinwäscht". Du wirst mein Herz von 

all meinen Sünden befreien und dann wird der Fluch sich lösen." Atem lächelte. "Zuerst tat ich wirklich nur so, als sei ich interessiert an dir. 

Ich wollte die Nähe nicht ernsthaft zulassen, doch deine Gesellschaft hat mich verzaubert. Kein anderer war je so wie du. Kein anderer hat 

so für mich gefühlt. Dich zu beschützen wurde bald zu meinem Vergnügen." Er nahm Yugis Hand in die seine. "Versprich mir, daß du mich 

nicht vergißt. Bitte, Yugi."
 

"Warum sollte ich dich denn vergessen?" Yugi wurde plötzlich kalt und übel. Er spürte, daß Atem ihm noch nicht alles gesagt hatte. 
 

Atems Gesicht war sanft, doch reuevoll. "Dein Blut muß an mein Herz gelangen. Also werden sie es mir aus der Brust schneiden."

Flucht

Yugi fühlte, wie sein Gesicht kalt wurde. Er bewegte die tauben Lippen, doch er konnte nichts sagen. Mit flehenden Augen blickte er 

Atem an, hoffend, daß das letzte nur eine Täuschung seiner Ohren gewesen war oder ein grausamer, aber irrealer Scherz. Doch 

nichts geschah und ein unkontrolliertes Zittern überkam Yugi. Deshalb also hatten sie ihn festgebunden... "Aber, Atem..."
 

Der blickte zur Seite und Yugi konnte direkt spüren, wie schwer es ihm fiel. "Yugi, ich..."
 

Es krachte. Holzsplitter flogen durch die Gegend. Yugi fand sich vom Boden hochgehoben, dann prallte er wieder auf. Die Wucht 

drückte ihm die Luft in einem pfeifenden Schrei aus den Lungen.

Atems Augen erstrahlten golden und er zog knurrend die Lippen hoch. Lange Zähne verschoben den Kiefer. 

Yugi schrie wieder auf, als das Dach einfach über ihren Köpfen abgerissen wurde wie der Deckel einer Pappschachtel. Bösartige, 

rote Augen blickten auf ihn herab. Atem warf sich über Yugi und packte diesen. Die Stoffbänder um Yugis Handgelenke rissen mit 

einem häßlichen Geräusch. 

Atem sprang hoch und Yugi klammerte sich brüllend an ihm fest, als eisige Luft wie ein Rasiermesser über seine Haut glitt.

"Ateeeeem!"

Sie landeten. Braune Blätter rauschten um sie, es roch nach Harz. Yugi war das Herz in die Hose gerutscht und ihm schwindelte. 

Nur am Rande nahm er wahr, daß sein rechter Arm schmerzte.
 

"Fliehen ist zwecklos!" tobte der Vampir, der den Rest der Knutschbude mit einem Tritt vernichtete. Die Holzbohlen brachen wie Ästchen 

unter seinem Fuß.
 

"Sie sind hier!" rief Atem, der sich am Baumstamm abstützte. Yugi hielt er mit dem anderen Arm wie in einem Schraubstock umklammert. 

Es knackte und rauschte und im Zwielicht des späten Winternachmittags fielen Gestalten aus den Bäumen.

Atem wartete nicht ab. Er sprang sofort zum nächsten Baum weiter. Yugi blieb nichts anderes übrig, als sich an ihm festzuklammern. 

Wo Atem ihn hielt, schmerzte es. Yugi würde sicher einige blaue Flecken bekommen. Vorausgesetzt er konnte das noch. Er 

zitterte und das lag nicht allein an der Kälte. Schließlich ließ Atem sich zu Boden fallen und Yugi keuchte. Seine Kehle schmerzte, 

seine Augen tränten und er fühlte sich wie frisch der Gefriertruhe entstiegen.

"Sie werden dir nichts tun", schwor Atem leise.
 

Durch den Wald hallte Knurren und Geschrei. Immer wieder klang es, als ob etwas Schweres gegen die Bäume geschleudert wurde. 

"Atem..." Yugi schloß die Augen und klammerte sich an diesen. "Du mußt verschwinden!"
 

"Was?" Atem drückte Yugi etwas von sich weg.
 

"Du mußt gehen, dich verstecken. Vor mir kamen andere und es werden wieder welche kommen, stimmts? Aber ohne dich..."
 

"Vergiß es! Ich habe für sie alle gekämpft und ich werde nicht bei dir, der mir so viel bedeutet, damit aufhören. Außerdem sehe ich, 

was du versuchst. Ich soll weiterleben." Atem schüttelte den Kopf wie ein müder, alter Mann. Da schoß sein Kopf wieder hoch und 

angespannt spähte er in die Tannen um sie herum.
 

Dann hörte Yugi es auch. Es klang, als würde sich etwas Riesiges durch den Wald wälzen. Bäume ächzten und knackten, eine Tanne 

stürzte, abgeknickt wie ein Zahnstocher, zu Boden. Der Schnee wirbelte um sie auf. Yugis Augen wurden noch größer, als er eine 

ganze Linie dunkler Gestalten durch den Wald auf sie zumarschieren sah. Sie stapften durch den Schnee, über das Holz... Noch mehr 

Bäume fielen, nur durch einen Schritt, eine Handbewegung.

Yugi klammerte sich an Atem und sah flehend in dessen glühende Augen.

Da hörte er das Rauschen des Windes und vor ihnen baute sich eine Mauer auf. Ein blonder, zwei weiße und ein brünetter Haarschopf 

standen vor ihnen.
 

"Die Verstärkung kommt niemals noch rechtzeitig", zischte Seto.
 

Yugi mußte den Kopf recken, um über die Köpfe der anderen zu sehen. Ihre Angreifer hatten inne gehalten, dunkle Schatten vor dem 

Kontrast des hellen Bodens.
 

"Maul, Priester", knurrte Bakura. "Kämpf oder stirb, aber erzähl mir nicht, wie unsere Chancen stehen."
 

Mai knurrte. "Atem? Yugi?"
 

"Uns geht es gut", erwiderte Ersterer.
 

"Was machen sie da?" wisperte Yugi. Der Stillstand der anderen war schrecklicher als das Getöse zuvor.
 

"Sie warten auf den Großen Zampano." Mais Stimme troff nur so vor Verachtung. "Schließlich können wir keinen Kampf beginnen, bevor 

Marik seine Visage hier gezeigt hat, um uns zu erschrecken."
 

"Du solltest Meister Marik mehr Respekt zollen." Yugi erkannte die hallende Stimme als die des Vampirs, der ihn angeblich hatte warnen 

wollen. "Yugi, ich habe dir eine mehr als gerechte Chance gegeben."
 

"Die habe ich ihm versaut! Laßt ihn da raus!" Ryou war einen Schritt vorgetreten. 
 

"Geh da weg!" Bakura streckte den Arm aus, um Ryou zu ergreifen.
 

"Kennst du mich noch, Rishid? Kennst du mich..." Er schrie auf. Eine klauenbewehrte Hand hatte sich um seinen Hals gelegt.
 

Yugi sog scharf die Luft ein. Er hatte den Neuankömmling überhaupt nicht wahrgenommen! Er sah aus, als sei er direkt aus dem Boden 

gewachsen.

Die sandfarbenen Haare standen wild hoch, dazwischen funkelte es golden. Aber dieses Gesicht... Yugi fröstelte, als er in das völlig verzerrte 

Gesicht des Neuankömmlings blickte. Die Lippen verformten sich zu einem hämischen Lächeln, riesige Fangzähne ragten hervor.
 

"Der kleine Ryou. Wie könnte ich dich vergessen? Du kleiner Bastard hast mir ein Auge ausgestochen."
 

Yugi konnte die zwei gesunden Augen des Vampirs nur zu gut sehen, sie leuchteten in einem so dunklen Rot, daß ihm ganz schlecht wurde.
 

"Marik." Atems Stimme war fest, doch Yugi sah, wie Atems Wangenmuskel zuckte. "Laß ihn los."
 

"Loslassen?" Marik lachte schallend und seine langen Finger schlossen sich noch enger um Ryous blaße Kehle. "Er ist mein Eigentum, 

Pharao. Er gehört mir, seit er ein Kind war."
 

"Was? Marik, was redest du da für einen Scheiß?" Bakura stürzte sich vor und seine Klauen bohrten sich in Mariks Arm. Ryou taumelte, 

plötzlich frei, zurück in Mais Arme.
 

"Hallo, Baka-Ra." Marik grinste und bedachte die Kratzer mit einem milde interessierten Blick, bevor seine Höllenaugen das nächste Ziel taxierten. 

"Oh, warte, jetzt heißt du ja Bakura. War dir wohl zu peinlich, dich von einem Haufen Menschenblagen auslachen zu lassen."
 

"Fresse, du Mißgeburt!"
 

"D-deshalb heißt er so?" Ryou war der Unglauben deutlich anzusehen. Er hustete. "Du hast dich nicht...?"
 

"Nein, er hat sich nicht nach deiner Familie benannt." Marik drehte sich, um Ryou mustern zu können. "Der Dummkopf weiß nicht mal, daß 

er den Namen einer alten Vampirjägerfamilie angenommen hat." Mariks Miene wurde teuflisch. "Deiner Familie, mein liebes Täubchen."
 

Ryou erschauderte mit solch einem Ekel, das selbst Yugi es noch erkennen konnte. 
 

"Seiner Familie? Täubchen? Was hast du mit ihnen gemacht, Marik?" Bakuras -Baka-Ras, wie auch immer- Augen glühten wie Kohlen in der langsam einsetzenden Dunkelheit.
 

"Ich ahne es", murmelte Atem. Seto knurrte angewidert.
 

"Ich habe seine Eltern abgeschlachtet und dann... Sagen wir, Ryou lag in meinem Bett, als er die Hand gegen mich erhob. Dann ist er mir 

weggelaufen. Aber ich wußte, ich würde ihn wiedersehen. Irgendwann würde er so dumm sein, sich mir noch einmal zu stellen. Schließlich 

halte ich die Trümpfe in diesem Spiel in der Hand." Selbstgefällig lächelnd blickte Marik mühelos über die dünne Verteidigungslinie hinweg. 

"Also das ist dein neues Ebenbild, Pharao. Etwas mickrig geraten, wenn du mich fragst. Aber ich könnte mir vorstellen, mit ihm noch ein 

paar hübsche Sachen anzustellen. Er sieht wirklich viel jünger aus als er ist."
 

Yugi schmeckte Galle und Atems Griff wurde enger.
 

"Das ist abscheulich!" rief Mai. "Wie kannst du nur? Du... Du bist auch nicht anders als wir anderen! Du kannst das nicht tun."
 

"Oh, Prinzessin, man braucht keine funktionierenden Genitalien, um sich noch an gewissen Dingen zu erfreuen. Wie makelloser Haut den 

ganz persönlichen Stempel aufzudrücken. Ein glühendes Messer, ein paar Fesseln und eine ganze Menge Zeit allein zu zweit... Gibt es 

etwas Intimeres?"
 

Ryou drehte sich von Marik und dessen abscheulichem Lächeln weg, sein Gesicht war vollkommen verzogen in unsäglichem Schmerz. 

Yugi dachte an die Narben auf dessen Rücken und er schluchzte, als er völlig begriff, warum Ryou so wütend geworden war. Warum er 

Yugi gewarnt hatte...
 

"Du mieses, perverses Dreckstück." Bakuras Stimme war wie ein nahendes Gewitter. "Das ist selbst für einen Wahnsinnigen wie dich 

einfach nur unglaublich abartig. Kleine Kinder quälen..."
 

"Spricht der, der die Gräber von Königen ausgeraubt hat."
 

"Meine Opfer waren bereits tot, du Arsch!" Bakura zog die Lefzen hoch, sein Kiefer verschob sich knackend, um den unmenschlichen 

Zähnen mehr Raum zu bieten. Er sah wie eine verunglückte Mischung zwischen Mensch und Schakal aus, doch nicht minder entsetzlich.
 

"Bakura..." Ryou hatte ihm den Kopf zugedreht. Verwirrung sprach aus dem einen Wort.
 

"Jaja! Wie wärs, wenn wir die Sache hinter uns bringen? Danach haben wir noch soviel Zeit zum plaudern." Mariks Augen brannten auf 

Yugis Haut. "Ich lasse dir die Wahl, Pharao: Entweder du tötest den Kleinen oder du verwandelst ihn. Wenn ich ihn nämlich in die Finger 

bekomme, solange er noch ein Mensch ist, werde ich nicht so gnädig mit ihm sein wie mit seinem Vorgänger."
 

Atem knurrte wie ein Wolf. Zu Yugis Überraschung quollen Tränen aus dessen Augen. Das Schicksal seines Vorgängers war wohl für 

keinen gnädig, außer für einen Irren wie Marik. "Niemals... Vergiß es, Marik! Du bekommst Yugi auf keinen Fall."
 

"Die Chancen stehen besser für mich. Ansonsten hättest du dich ja schon durchgesetzt, nicht war, Pharao?" Marik lachte. "Wo ist deine 

Armee, wo sind deine Soldaten?"
 

Atem preßte die Lippen zusammen. Ein eisiger Blick war seine einzige Antwort.

Yugi wußte nicht, ob das gut oder schlecht war. Entweder wollte Atem Marik verwirren oder es gab keine Verstärkung mehr... jedenfalls 

nicht rechtzeitig.

Marik grinste nur noch breiter und Yugi konnte seine Zähne sehen, schärfer als jedes Rasiermesser. Er schauderte.
 

"Der Kleine ist klüger als du, Pharao." Marik schien zu verschwimmen und erschien ein Stück weiter hinten, hinter der stillschweigenden 

Reihe seiner Soldaten.
 

Yugi spürte, daß Marik keine Nachschubprobleme hatte. "Was jetzt?" flüsterte er. 
 

"Überleben", war Atems knappe Antwort.
 

Ein Ruf hallte über die Lichtung, durch den Wald. "Zerfetzt sie! Zeigt keine Gnade!"
 

Fauchend, kreischend, knurrend stürzten Mariks Vampire vorwärts, wie Hunde, von der Leine befreit. Schnee und Erde wirbelten durch 

die Luft. Es knallte laut und Yugi verzog das Gesicht. Der Knoblauch brannte sich in seine Nase und seine Kehle. Mai warf sich vor, ihre 

Krallen glitten durch den Hals eines gegnerischen Vampirs wie ein Messer durch Butter. Polternd fiel etwas Schweres zu Boden. Seto 

sprang hoch in die Luft, mit ausgestreckten Beinen raste er wieder zu Boden. Es knirschte, als er den Kopf eines zweiten Vampirs 

zermalmte wie ein rohes Ei. Ein ekelhafter Gestank durchdrang die Luft, nach Tod und Verwesung. Zum Glück blieb von den Gefallenen 

nichts als Staub übrig. Während Ryou auf die Vampire schoß, stand Bakura neben ihm, nur um plötzlich beiseite zu schießen und einen 

Angreifer zu packen, der aus dem Wald hinter ihnen auf sie zugerast gekommen war.
 

"Verfickte Scheiße! Verschwindet hier", knurrte Bakura. "Sie dürfen euch auf gar keinen Fall kriegen. Atem!"
 

Der zuckte zusammen, nickte und drehte um. Er sprang. Der Wind riß an seinen und Yugis Haaren und Kleidungsstücken. Um Yugi drehte 

sich die Welt, als sie so schnell durch den Wald hetzten. Grün und Braun rasten an ihnen vorbei und Yugi fühlte seinen Magen rumoren. 

Er preßte seine Augenlider zusammen, seine Augen tränten dennoch weiterhin. Was konnte er nur tun? Wie konnte er sie retten? Seine 

Gedanken wirbelten genauso durcheinander wie die Welt um ihn. Marik hatte gesagt, Yugi müßte sterben oder sich verwandeln lassen, 

dann gäbe es keinen Kampf. Kein Kampf, keine Tote... Zeit um eine neue Strategie auszudenken, sich besser aufzustellen für Atem und 

seine Gruppe. Yugi krallte seine Finger in Atems seltsamen Mantel. Es roch nach Kräutern, irgendwie dunkel und warm... Yugi schluckte 

trocken. "Atem, bitte... Ich muß gleich kotzen... Ich..."
 

Und tatsächlich hielt Atem inne. Besorgt ließ er Yugi zu Boden gleiten. Der schwankte. Er konnte sehen, daß sie schon fast an der 

Landstraße waren. Aber er mußte zurück aufs Schulgelände! Er beugte sich vor, öffnete den Mund... Es brannte auf seiner Zunge, 

in seiner Nase. Sein Körper verkrampfte sich, der Schmerz war furchtbar. Er würgte mehrfach. Es klatschte auf den Boden. Yugi 

schüttelte sich, während er sich aufrichtete; mit einem Ärmel wischte er über seinen Mund. Er trug nur einen Pullover und die Kälte 

kroch ihm nun noch schneller in die Glieder. Und Atem war so schnell, so schrecklich schnell... Er fühlte die Kälte nicht, nicht so!

Yugi schlang die Arme um seinen Leib, da legte Atem den Mantel um Yugi. Der Stoff war schwerer, als er erwartet hatte. "Danke..." 

Er kuschelte sich hinein und konnte Atems nackte Brust kaum ansehen. Dieser Schurz sah auch nicht aus, als würde er angemessenen 

Schutz bieten. Nicht hier zumindest.
 

"Wir sollten weiter", überging Atem Yugis Höflichkeit. Sein Blick war auf den Wald gerichtet und so angespannt wie er dastand, lauschte 

er auch sicher auf den Kampf.
 

"Aber, Atem... Du kannst sie doch nicht zurücklassen." Allein der Gedanke schmerzte.
 

"Sie wissen alle, was auf dem Spiel steht. Ich habe keinen von ihnen gezwungen." Atem wandte seine Aufmerksamkeit nun Yugi zu, das 

Gesicht ernst. "Ich werde Marik nicht gehorchen. Seine Friedensangebote waren immer nur Schall und Rauch. Wenn er dich bekommt, 

dann wird es dir schlechter ergehen, als du es dir in deinen schlimmsten Alpträumen ausmalen könntest."
 

Unwillkürlich mußte Yugi an Ryous Rücken denken, an Ryous schmerzerfülltes Gesicht... Wenn Yugi zurückging, dann würde er Ryous 

Opfer, für ihn zu kämpfen, mit Füßen treten. Er würde Ryous Leid einfach ignorieren. Er merkte, wie er in sich zusammensackte.
 

"Das heißt wohl, daß du verstanden hast, worum es geht." Atem war ein guter Beobachter. "Du wirst mir nicht mehr davonlaufen wollen."
 

"Kannst du Gedanken lesen?" murmelte Yugi halb im Scherz.
 

"Zum Glück nicht. Ich kenne dich nur recht gut, Yugi. Und so sehr ich deine Opferbereitschaft und deinen Glauben an friedliche Lösungen 

schätze, bei Marik ist das alles Verschwendung. Er versteht nur eine Sprache." Mühelos hob Atem Yugi wieder hoch.
 

Yugi schlang die Arme um Atems Nacken. "Gewalt." Als seine Wange die kalte Haut Atems berührte, schauderte er und doch fühlte er, wie 

sein Gesicht zu glühen begann. Er ermahnte sich eisern, daß dafür jetzt der schlechteste Zeitpunkt war. Doch gleichzeitig wollte er niemals 

mehr aus diesen Armen, von diesem Mann fort. 
 

Atem setzte zum Sprung an, da knackte es häßlich in Yugis Rücken. Erschrocken spähte Yugi zurück und sah, wie die Landstraße aufriß, 

als würde ein gigantischer Maulwurf sich unter ihr bewegen. Wasser spritzte in die Luft, es dampfte. Asphalt, Gestein und Erde flogen durch 

die Luft. Ein ekelhafter Geruch breitete sich aus.

Mit einem mächtigen Satz sprang Atem zurück. Keine Sekunde zu spät, wie Yugi bemerkte, denn ein Strahl Wasser traf ihren vorherigen 

Standort und ließ den Schnee zischend verdampfen. Yugi erschauderte.
 

"Was ist das?"
 

"Mariks Hexer." Atem sah sich um. "Elende Feiglinge, verstecken sich hinter magischen Schilden und greifen uns an." Er wich langsam 

zurück, seine Nase und seine Augen zuckten. Er machte einen Satz beiseite, als ein großer Brocken der Straße auf sie zugerast kam. 

Er traf krachend die Bäume hinter ihnen. Atem versuchte nun, von der Straße fortzulaufen und dabei nicht wieder zu nah an den Waldrand 

zu kommen. "Sie können überall sein..."
 

Yugi schrie auf, als etwas plötzlich hart gegen seinen Rücken prallte. Gleich darauf borst morsches Holz unter Atems schnellen Schritten. 

"Atem... Sie sind auch hier!" Kaum hatte er das gesagt flog ein weiteres Geschoß nur Millimeter an Yugis Wange vorbei und grub sich 

hinter ihnen in den Boden. Etwas Warmes rann über Yugis Gesicht.
 

"Diese Feiglinge!" Atem schlug nun Haken wie ein Hase, doch das verleitete die Hexer nur dazu, wild durch die Gegend zu schießen. Holz, 

Steine, Dreck... Alles toste um sie wie ein übernatürlicher Sturm. Yugi machte sich so klein wie möglich, doch er zuckte immer wieder 

zusammen, als das nächste Ding gegen seinen Rücken oder seine Schultern prallte. Das Blut rauschte ihm in den Ohren und seine Finger 

waren eisige Klauen auf Atems unnachgiebiger Haut.

Atem fluchte leise in einer unbekannten Sprache. Er drehte auf einmal auf der Hacke um und stürzte wieder auf die Straße zu. Ein Ast 

prallte gegen seinen Rücken, dann ein Brocken, dessen Größe Yugi unwillkürlich aufschreien ließ. Atem taumelte, doch er fing sich 

schnell wieder. Leider waren ihre Gegner auch nicht auf den Kopf gefallen. Schon pfiff ein Stein an Yugis Ohr vorbei.
 

"Sie greifen mich an. Atem, hier kommen wir nicht weg!"
 

Atem knurrte, seine Augen blitzten golden in der Dunkelheit, die sie so rasch eingehüllt hatte, daß Yugi es erst jetzt erkannte. "Ich überlasse 

dich ihnen nicht." Widerwillig schwenkte Atems Blick zurück zum Wald.
 

Yugi verstand, was Atem vorhatte, er hielt sich so gut es ging fest, auch wenn seine tauben Glieder ihm kaum noch gehorchen wollten. 

Er schloß die Augen, als die Luft um sie zog, als er wieder mehr Baum und Harz und Erde roch. Yugi hörte sein Herz gegen seine Rippen 

trommeln. So laut, daß es fast jedes andere Geräusch übertönte. Und doch war er sich sicher, das Rascheln der Bäume und das Knacken 

der Äste zu hören, ausgelöst durch feindlichen Schritt.

Weich kamen sie auf dem Boden auf, der dick mit Nadeln und Laub bedeckt war. Der Schnee um sie herum leuchtete gespenstisch.

Einen Sekundenbruchteil lang war alles totenstill. Dann traf sie eine gewaltige Bö und Yugi verlor den Halt. Und nicht nur er! Yugi fühlte, 

wie er aus Atems Armen glitt, als Atem stolperte. Er landete mit einem gequälten Keuchen im Schnee.

Er wollte sich hochrappeln, als sich etwas Kaltes um seine Handgelenke legte und langsam zudrückte. Er versuchte, sich loszureißen, 

doch etwas Rauhes, Hartes schrammte über seine Haut. Er heulte vor Schmerz auf, als er sich plötzlich bewegte. Er wurde einfach nach 

hinten gezogen!

"Atem! Es ist eine Falle!"

Schlacht der Herrscher

Yugi zerrte wie besessen an seinen Fesseln und versuchte, sich mit seinen Beinen abzubremsen. Es knirschte und ächzte, doch er wurde 

unerbittlich von Atem fortgezogen. Über Stock und Stein ging es und schon bald glaubte Yugi, daß ihm die Haut an seinem Hinterteil in 

Fetzen hängen müßte. Sicher spürte er es nur nicht, weil er sich schon wie ein Eisblock fühlte. Seine Fahrt endete an einem Baum und 

jetzt erkannte Yugi, daß seine Fesseln Wurzeln waren, Baumwurzeln!

"Mist", murmelte er. Neben ihm knirschte der Schnee und er riß den Kopf hoch. Mit undefinierbarem Blick starrte ihn Rishid an. Dann 

wurde dieser zurückgeschleudert, so schnell, daß Yugi es kaum begreifen konnte.

Yugi hörte Knurren und ein gräßliches Knacken. Er hoffte, daß es nur Holz gewesen war.
 

"Uh, der Pharao kämpft heute aber besonders hart. Ich glaube, das war Rishids Wirbelsäule."
 

Yugi erstarrte. Diese Stimme, erfüllt mit solcher Boshaftigkeit und morbidem Amüsement...

Er wurde auf die Beine gezogen. Die Wurzeln um seine Arme knackten und brachen, es schmerzte. Panisch starrte er hinauf in Mariks 

Gesicht, sein Herz hämmerte in seinem Kopf und er befahl seinen Füßen, sich zu bewegen, doch sie wollten ihm nicht gehorchen.
 

"Pharao!" rief Marik. "Es ist zu spät! Ich habe deinen kleinen Freund bereits." Er lachte und Yugi schauderte. "Der Zwerg hat ja schon ganz 

blaue Lippen... Tse, tse! Du hättest ihn besser anziehen sollen, Pharao. Oder früher aufgeben."
 

Das Gehölz zerbrach und Atem stand zornbebend vor ihnen. Ein langer Riß zog sich über sein Gesicht, doch vor Yugis Augen fing er an, 

sich schon wieder zu schließen. "Marik! Hat dein Irrsinn kein Ende?"
 

"Sieh es endlich ein, wir sind hier, um zu bleiben. Das größte Raubtier dieser Welt, Pharao. Macht und noch mehr Macht. Man muß schon 

so närrisch sein wie du, um das aufgeben zu wollen. Also wer ist hier irre?" Marik bedachte Yugi mit einem abwertenden Blick aus den 

Augenwinkeln. 
 

"Das Schlachten muß ein Ende haben, das Leid muß ein Ende haben. Wieviele sollen noch unter uns leiden? Wieviele von uns sollen noch 

unter meinem Fluch leiden?" Atem zitterte und sein Gesicht verzog sich, als wolle er gleich weinen. "Marik... Warum willst du keinen Frieden?"
 

"Wah, wah, wah! Jedes Mal dieselbe Nummer, Pharao. Du wirst langweilig." Marik schob Yugi ein Stück vor sich, doch er ließ dessen 

Schulter nicht los. "Dein Frieden ist mit einer Menge Blut erkauft. Wieviele wie er, die noch sterben sollen für deinen Irrsinn?"
 

"Du tötest sie aber, nicht Atem! Also bist du schuld!" Yugi merkte erst, daß er gesprochen hatte, als das Echo im Gehölz verhallte. Nun 

galt Mariks Aufmerksamkeit ganz ihm. Yugi glaubte, ihm würde das Blut in den Adern gefrieren, denn dieser stille Blick war schlimmer als 

ein Wutausbruch.
 

"Du findest es also richtig, daß einer es sich herausnimmt, über das Schicksal aller zu entscheiden?" Mariks Stimme war ebenfalls ruhig.
 

Yugi fühlte, wie seine Gedärme sich zu einem Knoten schlangen. Doch ihm entging der Fehler in der Argumentation nicht. "Du doch auch. 

Das willst du doch schließlich auch tun, wenn du willst, daß es so weitergeht. Du läßt den Leuten ja auch keine Wahl. Deine kleine Armee 

vorhin besteht wohl nur aus deinen Geschöpfen."
 

"Clever", zischte Marik und sein Grinsen teilte sein Gesicht fast schon in zwei Hälften. Seine Zähne glänzten feucht.
 

"Laß ihn los! Marik, du willst mich, nicht ihn!" 
 

Der Angesprochene wandte den Kopf langsam zu Atem, fast schon gelangweilt.  "Du wirst mir nie dein Herz überlassen. Du wirst immer 

weiter träumen von deiner vampirfreien Welt."
 

Yugi blickte zwischen den beiden Gegnern hin und her. Atems Augen waren nur noch glühende Schlitze in dem dunklen Gesicht. "Atem, 

du solltest laufen", bat er leise.
 

"Oh, hör mal! Der Kleine will dein Leben retten. Ist er nicht süß? So gutherzig, so niedlich... So schrecklich dumm!"
 

Yugi traf plötzlich mit voller Wucht etwas am Knie. Es krachte und knackte. Ein scharfer Schmerz schoß seinen Körper hinauf und er spürte, 

wie seine Hose feucht wurde. Yugi schrie und sackte in sich zusammen. Entsetzt starrte er auf sein rechtes Bein, das ab dem Knie 

merkwürdig abstand. "Nein, nein..." Yugi schüttelte den Kopf, dann verlor er den Halt mit den Armen und fiel gänzlich zu Boden. Er schrie 

wieder auf, als etwas wie ein hungriges Tier aus seinem zermalmten Knie hinaufschoß und seine Zähne in Yugis Eingeweiden vergrub. 

Helle Sterne tanzten vor Yugis Augen, neben seinem Geschrei hörte er dumpf ein wütendes Knurren und das Aufeinandertreffen zweier 

toter Leiber. 
 

"Scheiße! Sein Bein!" Die entsetzte Stimme Bakuras näherte sich ihm und dann beugten sich zwei weiße Schöpfe über Yugi.
 

Der starrte sie an, keuchend und immer wieder riß etwas durch seinen Leib. Plötzlich spürte er etwas Eisiges.
 

"Hilf mir mal!" Ryou klang drängend und Bakura schien ihm zu folgen.
 

Yugi spürte ein leichtes Gewicht auf seinem Knie, doch noch viel stärker war die Kälte. Keuchend hob er den Kopf und sah an sich 

hinunter. Sein Knie war mit Schnee überhäuft. Die Kälte deckte den Schmerz zu. "Atem..." Hastig sah er sich um und entdeckte diesen, 

wie er gerade flink Marik davonsprang und dann einen herumliegenden Ast auf diesen schleuderte.

Marik brüllte und, offenbar noch mehr erzürnt, setzte Atem nach, der sich in die Baumkronen geflüchtet hatte. Yugi drehte sich der Magen um.
 

"Das war Marik", zog Ryou Yugis Aufmerksamkeit auf sich. "Yugi braucht dringend einen Arzt."
 

"Hmpf! Wenn wir Marik nicht töten, braucht er nen Bestatter." Bakura stand auf und klopfte sich den Schnee ab. "Bleib hier." Damit sprang 

Bakura auf Marik zu, der gerade einen Baum mit einem Tritt fällte.

Yugi dachte unwillkürlich an sein Knie. Atem sprang herunter und gemeinsam mit Bakura nahm er Marik in die Zange. Krallen sausten 

zischend durch die Luft, manchmal auch durch Haut und Fleisch. Es roch nach Blut.
 

"Was ist mit den anderen?" erkundigte Yugi sich leise.
 

"Denen gehts gut, aber noch ist Mariks Armee nicht besiegt."
 

Selbst noch im Zwielicht konnte Yugi die Sorge in Ryous Gesicht lesen. "Es tut mir leid..."
 

"Wie bitte?"
 

"Was dir passiert ist... und... deiner Familie. Ich wußte nicht..." Yugi biß die Zähne zusammen. Ryou hielt fest seine Hand.
 

"Darum mach dir jetzt keine Gedanken. Versuch, dich auszuruhen. Sieh nicht hin..."
 

Doch Yugi konnte nicht anders und Ryou ebenfalls nicht. Marik war schwerer als Atem oder Bakura, aber er war dennoch erstaunlich 

schnell. Und seine Körperkraft war noch erstaunlicher. Bakura und Atem hingen inzwischen an Marik, ihre Zähne hatten sie in Nacken 

und Schulter ihres Gegners verbissen, während ihre Klauen sich in Mariks Oberarme bohrten.

Doch das schien Marik kaum zu stören. Er schüttelte sie ab wie ein Hund ein paar lästige Flöhe. Danach stürzte er sich auf Atem und der 

schrie auf, als Mariks Krallen durch sein Gesicht pflügten.

Bakura versuchte, erneut auf Marik zu springen, doch der riß den freien Arm hoch und Bakura prallte Kopf voran gegen Mariks Ellenbogen. 

Er fiel zu Boden wie ein Sack Mehl.

Knurrend zerrte dann Marik Atem hoch, nur um diesem einen Faustschlag in den Magen zu verpassen. Atem flog nach hinten und prallte 

krachend gegen einen Baumrest. Er fauchte und drehte sich gerade noch zur Seite und so bohrte sich Mariks Hand nicht in seine Brust, 

sondern in das gesplitterte Holz.

Atem rollte sich auf den Bauch und nutzte die Kraft seiner Arme, um sich wieder in die Senkrechte zu bringen. Marik riß seinen blutbefleckten 

Arm mit einem gequälten Knirschen aus dem Baum.
 

"Bleib stehen, damit ich dir das Herz rausreißen kann, Pharao! Ich dachte, du wolltest es mir schenken?" Marik lachte kehlig, dann fixierte 

er Atem wie die Schlange das Kaninchen.
 

Atem trat zwei Schritte zurück. "Hol mich doch. Oder hast du Angst vor mir?" Yugi konnte das amüsierte Lächeln schon hören.
 

Marik fletschte die Zähne. Er sprang einfach auf Atem zu, die Arme ausgestreckt. Atem ging leicht in die Knie und sprang direkt nach oben. 

Schnee und Äste rieselten auf Marik, der ungebremst auf den Boden schlug, herab... und dann sah Yugi, wie die Baumkrone sich merklich 

zu einer Seite senkte. Er wollte Achtung schreien, da brach sie auch schon unter Getöse ab und landete direkt auf Marik. 
 

Schnee und Erde wirbelten durch die Luft. Die Stille, die nun folgte, war noch ohrenbetäubender. Yugi merkte erst, daß er die Luft angehalten 

hatte, als er keuchend ausatmete. Er blinzelte und suchte nach Atem, doch durch die Wand aus fliegendem Schmutz konnte er nichts 

erkennen. Da riß der undurchsichtige Schleier auseinander und Atem landete nur wenige Meter von Yugi entfernt in einem Haufen nassen 

Laubs. Atem stemmte sich knurrend hoch, Blut lief aus seinen Mundwinkeln und aus den noch nicht verheilten Kratzern auf seinem Gesicht. 

Er hielt sich mit einer Hand die Rippen.

Ein irrsinniges Lachen ertönte und Marik stand auf den Ästen der gebrochenen Baumkrone.
 

Yugi schloß kurz die Augen. Oh nein... Als er sie wieder aufschlug, schoß ein schwarz-weißer Blitz auf Marik zu und riß diesen in das Gewirr aus Ästen. Ryou preßte seine Lippen zu einem dünnen Strich zusammen, dann 

schob er eine Kugel in Yugis Hände. "Hier, wirf die im Notfall, entsichert ist sie schon."
 

Yugi starrte auf die Knoblauchgranate, dann auf Ryou, der aufstand. "Aber..."

Der schüttelte nur den Kopf und zog eine Pistole. Er legte an und trat langsam näher, offenbar versuchte er, eine freie Schußbahn auf 

Marik zu erlangen.

Doch nach Stoffetzen und Dreck, die durch die Luft flogen, zu urteilen, hatte Bakura sich in Marik verbissen. Gebannt starrte Yugi auf Ryou, 

da stellten sich ihm die Nackenhaare auf. Er riß den Kopf zur Seite und starrte in einen dunkelroten Schlund, umgeben von triefenden 

Fangzähnen. Er schrie auf und hatte schon den Arm zum Wurf erhoben, da fuhr Ryou herum und feuerte mehrfach auf den Kopf des Biests. 

Yugi klatschten Blut und eine undefinierbare Masse ins Gesicht. Lieber nicht drüber nachdenken...

Er wischte es ab und schmierte es in den Schnee.

Das Biest sah fauchend zu Ryou, Qualm stieg aus seinem Schädel. Dann brüllte es auf und enorme Hitze und Licht umfingen Yugi, der die 

Augen zusammenkneifen mußte. Er roch verbranntes Fleisch und der Schmerzensschrei der Kreatur wurde hoch und durchdringend wie 

eine Sirene, bevor er in einem häßlichen Gurgeln verging. Yugi öffnete die Augen, zitternd wie Espenlaub, und sah, wie der Vampir vor ihm 

zu einem Häufchen Asche zerfiel. Dahinter tauchte Jonouchis grimmiges Gesicht auf.

Yugi starrte ihn an. Jonouchi grinste schief. Ryou stöhnte.
 

"Hey, denkt ihr, ich halte mich bei sowas raus?" Jonouchi hielt eine merkwürdige Konstruktion hoch, die verdächtig nach Benzin roch.
 

"Wie kommst du an einen Flammenwerfer?"
 

"Straßenwissen, Ryou. Wo ist der böse Oberfutzi, den Mai erwähnt hat?" Entschlossen blickte Jonouchi sich um. 
 

Auch Yugi ließ den Blick schweifen. Atem hatte sich aufgerappelt, doch er hing gefährlich zur Seite. Seinem verkniffenen Gesichtsausdruck 

nach hatte er starke Schmerzen, doch Yugi wußte, daß Atem keinen Laut von sich geben würde, bis er Marik vernichtet hatte.

Marik und Bakura hatten noch immer gerungen, doch Ersterer nutzte die Verwirrung Bakuras, um diesen vor Atems Füße zu schleudern. 

Bakura knurrte und hob sein zerkratztes Gesicht. Yugis einziger Trost war, daß Marik nicht besser aussah.
 

Ein Klicken ließ Yugi zu Ryou blicken. Dieser war plötzlich ganz konzentriert, die Pistole auf den stehenden und vor allem freien Marik gerichtet. 

Der grinste nur.

"Wenn du schießt, wirst du es bereuen." Marik blickte an seiner zerfetzten Kleidung hinab, Löcher und Kratzer zogen sich über sein Gesicht, 

seinen Hals, seine Arme. Der Schnee unter ihm färbte sich rot.
 

"Ach ja, werde ich das?" erkundigte Ryou sich. Sein ganzer Körper war wie eine eng aufgezogene Sprungfeder.
 

Marik lächelte. Es war das Lächeln eines Siegers. "Ich sagte doch, ich habe alle Trümpfe in der Hand. Zeit, einen auszuspielen, mein 

Täubchen." Er schnippte mit den Fingern und Yugi hörte dank seines angehaltenen Atems leise Schritte. Ganz leise und leicht... Und doch... 

Er suchte nach der Quelle, doch er sah sie erst, als sie auf die Lichtung kam und immer weiter auf Ryou zusteuerte.

Es war ein kleines Mädchen, vielleicht zehn Jahre alt, ihre Haut und ihr Haar waren so weiß wie der Schnee, ihre Augen dunkel in dem 

ausgemergelten Kindergesicht. Sie trug ein hellblaues Kleid, verziert mit Rüschen. Hellblaue Schleifen waren in ihr ordentlich gebürstetes 

Haar gebunden und ihre kleinen Füße steckten in schwarzen Lackschuhen und weißen Kniestrümpfen. 

Yugi war noch nahe genug an dem kleinen Mädchen, daß er die Leere in seinen Augen sah. Es war wie eine Puppe, eine übergroße 

Puppe aus Fleisch. Als Yugi zu Ryou blickte, waren dessen Augen weit aufgerissen und Tränen rannen über seine aschfahlen Wangen.
 

"A-amane..."
 

Das Mädchen regte sich nicht, sondern starrte an Ryou, an Yugi, an einfach allen vorbei. 
 

"Was hast du getan?" Ryous Stimme war ein Hauch voller Schmerz, als er auf die Knie sank, plötzlich kraftlos.
 

Eine eisige Faust umklammerte Yugis Herz. Das Mädchen sah Ryou so ähnlich...
 

"Oh", erklärte Marik, "als du so hastig gegangen bist, dachte ich mir, du möchtest deine Schwester genauso wiedersehen, wie sie damals war. 

Also habe ich ihre Uhr angehalten..."
 

"Du hast..." Ryou schüttelte langsam den Kopf, sein Brustkorb hob sich schnell und flach. "Aber sie ist doch vierzehn. Jetzt ist sie vierzehn."
 

Marik war den Kopf in den Nacken und lachte. Er lachte und doch hörte und spürte Yugi die Stille, die sich um sie alle gesenkt hatte. Diese 

worterstickende Stille, ein Leichentuch der Bösartigkeit.

Herz/Blut

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis irgendjemand wieder einen Muskel bewegen konnte. "Du..." Es war ein rauhes, kehliges Wort und 

zu Yugis Überraschung kam es von Bakura.
 

"Spar es dir", fiel Marik ihm ins Wort. "Auf deine alten Tage wirst wohl selbst du noch weich, was, Grabräuber?" Er sah zu Ryou, der noch 

immer vor Amane kniete wie ein reuiger Verbrecher vor seinem Richter. Oder Henker?

"Du wirst nicht auf mich schießen. Auch nur eine Kugel und..." Er machte eine auffordernde Handbewegung. Amane hob den Arm, in ihrer 

kleinen Hand lag ein Pflock, sicher so dick wie Yugis Handgelenk, dessen eines Ende zu einer scharfen Spitze geschnitzt worden war. 

Sie setzte diese Spitze ohne Mienenspiel auf ihren Brustkorb.

"...die kleine Amane hier wird sich selber pfählen. Ein passendes Ende für eine Vampirjägertochter, denkst du nicht auch, mein Täubchen?"  
 

Ryou schloß langsam die Augen, er nickte dabei. Auf Yugi wirkte er wie ein alter Mann, der alles verloren hatte. Er konnte nur hoffen, 

daß Ryou das nicht zu irgendeiner schrecklichen Dummheit verleiten würde. Yugis Hand krampfte sich um die Granate.
 

"Dich hinter kleinen Kindern verstecken..." Atems Blick war hart wie Stein. Langsam richtete Atem sich wieder auf, seine Hand glitt von 

seinen Rippen.

Bakura spuckte aus. Beide zogen die Lippen hoch und knurrten. Marik hingegen stieg unbekümmert aus den Resten der malträtierten 

Baumkrone.
 

Jonouchi zielte mit seinem Flammenwerfer auf ihn. "Hey, Arschkrampe! Fühlst dich wohl mächtig mächtig, was? Komm her und zeig mir, 

ob da überhaupt was dran ist!"
 

"Wer hat denn den rausgelassen?" Marik beäugte Jonouchi wie ein Insekt. "Versuch doch, mich zu treffen. Wenn du Wert darauf legst, 

ein paar Körperteile zu verlieren."
 

"Du laberst gerne, was?"
 

Yugi schüttelte entsetzt den Kopf. "Laß dich nicht reizen!"
 

Jonouchi sprang, Yugis Warnung ignorierend, vor, doch bevor er abdrücken konnte, wurde er von Ryou in den Schnee gerissen. "Ey!"
 

"Laß den Mist!"
 

Zwei verwischte Gestalten rasten an den Menschen vorbei und rammten Marik, was diesen zurücktaumeln ließ. Jonouchi trat nach Ryou, 

woraufhin dieser ihn stöhnend losließ.
 

"Sorry, aber ich laß den Psycho nicht weitermachen." Damit zielte Jonouchi auf die Kämpfenden und drückte ab.
 

Yugi schrie, als die Stichflamme die Dunkelheit aufleuchten ließ. Holz loderte auf und Funken stoben in den sternenbedeckten Himmel. 

Es grausiges Kreischen ertönte, das Yugi durch Mark und Bein ging. "Atem! Bakura!"
 

Da ertönte ein helles Sirren und Jonouchi schrie auf. Der Flammenwerfer entglitt seiner Hand und Benzin ergoß sich über den Boden. 

Jonouchi sprang gerade noch zurück, bevor es durch einen der Funken Feuer fing. "Scheiße." Er hob die Hand und starrte auf den 

Pfeil, der seine Hand glatt durchschlagen hatte, offenbar zu geschockt, um Schmerz zu empfinden.
 

"Ich hatte dich gewarnt", erklärte Marik. Der Tanz der Flammen warf düstere Schatten über ihn. Mariks Gesicht war zur Hälfte nur noch 

ein rotes, fleischiges Loch und die Hälfte seiner Nase gab Einblicke, auf die Yugi genauso gut hätte verzichten können.
 

Es raschelte neben Yugi und der sah plötzlich neben sich Atem, der einen hustenden Bakura in den Schnee fallen ließ. Es zischte.

"Atem..."
 

"Nur ein bißchen Haut und Bakura hat zuviel Rauch eingeatmet."
 

"Das stinkt hundserbärmlich! Bah!" Bakura rappelte sich auf und seine Augen verengten sich. "Ryou! Was...?"
 

Der Vampirjäger hatte Anlauf genommen und übersprang die Spur der Flammen. Der Saum seines Mantels fing an zu qualmen und 

Yugi rief eine Warnung. Kaum gelandet streifte Ryou das kokelnde Kleidungsstück ab und stürzte zu der kleinen, verlassenen Gestalt 

inmitten der Flammen. 
 

Marik lachte. Aus dem Wald klang ein unmenschliches Geheul. "Euer Kampf ist aussichtslos." Er verzog seinen Mund, der wie ein 

Schwarzes Loch in seinem Gesicht wirkte, zu einem hämischen Lächeln. "Na los, Ryou, rette die kleine Amane. Ich würde sie auch sehr 

vermissen." Seine dunkelrote Zunge glitt langsam über die teilweise verkohlten Lippen. "Sie ist so süß, wenn ich mit ihr spiele."
 

Ryou schüttelte sich voller Abscheu, dann hob er Amane vorsichtig auf die Arme. Er sah sich hastig um, Flammen schlugen vor ihm auf, 

und ging so gezwungen langsam vom Feuer weg. Yugis Augen hingen ebenso wie seine an dem Pfahl, der sich leicht auf Amanes 

dünner Brust bewegte. 
 

"Was sollen wir nur tun?" Ächzend stemmte Yugi sich noch höher. Ryou derweil trat Schnee auf die Flammen, hinter denen sein 

Gesicht schwamm, als würde es sich bald auflösen.
 

Atem stützte ihn. "Du wirst gar nichts tun!"
 

Jonouchi ächzte und mit einem unterdrückten Schrei riß er sich den Pfeil aus der Hand. Blut spritzte. "Hast du dann nen Plan B?"
 

"Hilf Ryou. Bakura, wir versuchen es nochmal." Atems Gesicht war hart, das Feuer spiegelte sich in seinen Augen. "Los!"

Beide Vampire setzten vor, während Jonouchi sich die Jacke abstreifte. Er rannte in Ryous Nähe und schlug mit der Jacke auf die 

Flammen, während Ryou immer mehr flimmerte.
 

Yugi biß die Zähne zusammen. Hinter ihm, neben ihm hallte der Kampf wider, den Mai und Seto führten. Nur zu zweit... Konnte das gut gehen?

Aber noch mehr lastete Atems Wohlergehen sorgenschwer auf Yugis Gedanken und Herz. Wenn Atem etwas passierte... Wenn 

sie Marik nicht töten konnten... Wenn...
 

Da zerschnitt ein greller Ton erneut die Nacht, tausendfach schien er sich auszubreiten. Bakura und Atem schrien auf, noch bevor 

sie Marik erreichen konnten. 
 

Yugi gefror das Blut in den Adern, als Bakura zusammensackte, aus seinem Körper ragten unzählige Pfeilschäfte. Es stank nach 

verschmortem Fleisch...

Atem konnte noch einige Schritte zurückweichen, bevor die Wucht mehrerer Pfeile ihn zurückriß. Ein letzter Pfeil heftete Atem mit der 

Schulter an einen Baum, gefiedertes Holz hatte Oberkörper, Arme und Beine glatt durchschlagen. Blut floß aus den Wunden und 

tropfte in den Schnee.
 

Marik kicherte vergnügt. "Glaubt ihr, ich habe nur einen Bogenschützen?"
 

"Warum nicht... die Magier?" Atem biß sich auf die Lippen, Blut tropfte von seinem Kinn.
 

"Zu langweilig."
 

Langweilig... War ihr Kampf so aussichtslos? Waren Atems gute Absichten wirklich verdammt? Yugi mochte es nicht glauben, 

Tränen rannen aus seinen Augen, nur um auf seinen Wangen zu gefrieren.
 

Marik grinste. Plötzlich stand er neben Yugi. Dieser prallte zurück, als wäre er mit einem Shinkansen kollidiert. "Jetzt sage ich an, Pharao."
 

Ein Vampir fiel von dem Baum, an dem Atem hing und sich keuchend gegen die Pfeile anspannte. Der Vampir zog eine Art Stab aus 

dem Gürtel. Der Stab knackte und fuhr auf sicher zwei Meter Länge aus. Die Spitze glänzte rötlich im Flammenschein. Der Vampir 

nahm Aufstellung und richtete den Speer auf Atem.

Als er zustieß, spürte Yugi, wie seine Kraft aus seinem Leib floß. Die Spitze drang in Atems Brustkorb. Atem schrie. Yugi öffnete leicht 

den Mund. Er konnte nicht sprechen.
 

Eine harte Hand packte ihn an der Schulter und zerrte ihn auf die Beine. Frische Agonie riß Yugis Körper entzwei. Ihm wurde langsam 

schwarz vor Augen. Rote Punkte tanzten am Rande seines Gesichtsfelds wie höhnische Teufelchen. Er spürte kaum noch das Gewicht 

in seiner rechten Hand. Das Gewicht... Er krallte die Finger um es, dann hob er seinen Arm. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. 

Ein grausamer Schmerz riß Yugis Hals in Fetzen, warme Näße tropfte auf Yugis Brust. Yugi blinzelte. Rot, weiß, schwarz... Es stürzte auf 

ihn nieder, wollte ihn begraben. Er bohrte die Zähne in seine Unterlippe. Der feinere Schmerz konzentrierte Yugis Sinne. Sein Arm war 

plötzlich ganz leicht. Es blitzte und es stank bestialisch. Wütendes Geheul zerschnitt die Luft. Marik taumelte zurück, sein fast wieder 

verheiltes Gesicht voller Blut.
 

Yugi lächelte.
 

Als ich hier ankam, wollte ich schon wieder weg. Ich wollte es hier auf Rosenhain nicht mögen. Ich konnte mir nicht vorstellen, hier 

Freunde zu finden. Irgendetwas zu finden.

Yugi taumelte, er stürzte, doch obwohl er sich die Hände blutig schrammte und nicht mehr hochkam, bewegte er sich vorwärts. Der 

Schnee unter ihm war rot, die pulsierende Hitze unter seinem rechten Oberschenkel schmolz ihn.
 

Ich wollte zuhause bleiben. In dem Haus, in dem ich mein ganzes Leben verbracht hatte, die meiste Zeit davon mit Großvater. Ich 

wollte im Lager sitzen und seine alten Spiele bewundern, das Geschäft fegen und die Regale hübsch ordnen. Ich wollte vor der 

Theke sitzen und mit Großvater etwas spielen, wenn nichts los war. 

Yugi hob den Kopf, sein Blick heftete sich auf Atem. Er nahm nur am Rande wahr, wie der Vampir mit dem Speer hustete und die Augen 

zusammenkniff. Atem sah Yugi an, es war wie eine Offenbarung.
 

Als Großvater starb, dachte ich, mein Leben sei auch vorbei. Wie könnte ich denn leben ohne ihn? Ohne seine Stimme, seine Nähe, 

seine Hilfe... seine Liebe? Er war immer für mich da! Er hat mich in den Arm genommen, als ich ihm verzweifelt gestanden habe, 

daß Mädchen mein Herz nicht höher schlagen lassen. Er hat mir ein Buch besorgt, damit ich von anderen lesen konnte, die genauso 

verzweifeln gewesen waren, aber doch ihren Weg ins Leben gefunden haben. Er hatte immer ein offenes Ohr für mich und als alle 

an der Schule es wußten und mich deshalb mit ihrem Gelächter, ihren Blicken, ihren Worten und manchmal sogar mit ihren Händen 

verletzten, ist er immer wieder zum Rektor gegangen. Er ließ mich schlafen und schrieb mir Entschuldigungen, er warf mich aus dem 

Bett und schickte mich zur Schule.

Atem lächelte, kaum mehr als eine winzige Bewegung seiner Mundwinkel. Seine Augen strahlten wärmer als das Feuer und gleichzeitig 

wußte Yugi, sie würden ihn nie verletzen. Atem legte eine Hand um den Speer. Er keuchte auf und riß sich los, den Speer von sich 

drückend. Der andere Vampir taumelte, wieder sirrte es. Der Qualm schützte sie. Atem riß den Speer aus seiner Brust, dann stieß er 

das stumpfe Ende mit Wucht in die Brust seines Wächters. Staub flog.
 

Ja, ich wollte nicht, daß es mir hier gefiel, ich wollte keine neuen Leute kennenlernen. Doch dann habe ich Emi und Jonouchi getroffen 

und Anzu und ganz besonders dich! Du warst so selbstsicher und stark und ich habe dich bewundert. So sehr, daß mein Herz anfing, 

für dich zu schlagen. Das ist sehr gut gewesen, denn deines kann das ja nicht mehr. Ich war verwirrt, ich war verliebt, ich traute dir und 

doch wieder nicht. Ich wollte in deinen Armen liegen, deine Lippen fühlen und doch hatte ich Angst vor deinem kühlen Körper. Ich 

wollte schreien, ich wollte schweigen. Ich hätte mit dir reden sollen.

Atem landete auf dem Boden, sein Rücken krachte gegen den Baumstamm, der daraufhin lärmend zu Boden stürzte. Er keuchte. Yugi 

zog sich nur noch mit der bloßen Kraft seiner Arme weiter. Ihm schwindelte und ihm war schlecht und noch mehr war er müde, doch er 

hielt erst inne, als er zitternd über Atem war. Er blickte tief in dessen Augen und lächelte. Blut fiel auf Atems gespaltene Brust. 
 

Ich wollte so gerne ein Leben, eine Ewigkeit an deiner Seite verbringen. Ich war so dumm... Ich hatte solche Angst. Dabei bist du da... 

Ich hätte dich doch nur greifen brauchen. Es tut mir leid, daß ich nicht mehr bei dir bleiben kann. So leid... Aber ich schenke dir deinen 

Traum. Ich will, daß du lebst.

Yugi krallte mühevoll seine tauben Finger in Atems Brustwunde. Stöhnend riß er das Fleisch weiter auf. Er konnte kaum noch geradeaus 

sehen. Atem schrie wie von Sinnen. Yugi lächelte müde. Er spürte kaum noch etwas, weder Kälte, noch Hitze, noch Schmerzen. Er stieß 

seine besudelten Finger in seine Halswunde, frisches Blut kam schwallartig hervorgeschossen und klatschte auf und in Atems Brust.

Yugi senkte den Kopf auf Atems Brust. Er hörte Atems Schrei.

"Ich liebe dich", wisperte Yugi. Er wußte, Atem hatte es gehört. Er schloß die Augen.
 

Ein konturloser Schemen glitt über Yugi, sein riesiges Maul riß auf. Ein Schlund zeigte sich, gerahmt von Elfenbeinzähnen. Es ging ganz 

tief hinunter. So tief... 
 

Yugi riß den Kopf hoch und schrie. Hitze fuhr auf einmal durch seinen Körper, durch jede Zelle, ja selbst seine Haare glühten. Er starrte 

auf Atem unter sich, auf dessen feuchtes, verzogenes Gesicht. Auf das goldene Pulsieren, das über seine Haut glitt. Das über Yugis Haut 

glitt. Yugi keuchte. Sein Bein schmerzte unerträglich, bevor die Pein plötzlich verschwand. Sein Hals pochte, dann war es fort. Yugi 

taumelte und fiel in Atems Arme. Er mußte die Augen schließen, so hell war es. Dieses Leuchten. Er fühlte, wie es durch seinen Körper 

pulste, wie es sich sammelte und gleichzeitig fühlte er tief in seinem Herzen, daß es Atem genauso erging.
 

Yugi spürte, wie sein Herz klopfte. Er spannte sich an. Er konnte es nicht benennen, diese Freude, diese Euphorie. Atems Hand lag in 

seinem Haar. Atems Lippen strichen über Yugis Stirn, so federleicht.

Yugi preßte seine heiße Stirn auf Atems Brust. Ba-bamm! Ba-bamm! Es grub sich tief in seine Seele, um dort zu bleiben. Atems Herzschlag... Atems Herz schlug für ihn.
 

Dann explodierte die Welt in Licht und Farben und Yugi hörte sich ebenso schreien wie Atem, ihre Stimmen fuhren hinauf in den Himmel, 

bis sie die Sterne berührten, die das Licht ihrer Vereinigung vertausendfacht über die gesamte Erde strahlen ließen.

Lebendig


 

Ba-bamm!

"Ryou!"

"G-großer Bruder?"

"Am-ama-ne..."

Ba-bamm!

"Waaah! Großer Brudeeer!"

"Uff! Schwesterchen..."

"Yugi! Atem!"

Ba-bamm!
 

Langsam öffnete Yugi die Augen. Er lag so warm und weich und es duftete so angenehm... Er wollte nicht aufstehen. Er drückte 

seine Nase gegen die dunkle Brust, die sich ihm immer wieder entgegenhob. Da hörte er es und riß die Augen auf.

"A-atem?"
 

"Yugi." 
 

Seine Stimme war so weich und sanft, so voller Glück. Yugi wollte sie immer wieder hören. Doch langsam wurden seine Zehen kalt. 

Das hier war nicht sein Bett. In seinem Bett lagen nämlich weder Schnee noch feuchtes Laub. Aber Atem war hier... Groggy blickte 

er sich um. Mai blickte ihn und Atem stirnrunzelnd an, die Arme um ihren Oberkörper geschlungen. Als sie sich regten, entspannte 

sich ihr Gesicht. 
 

"Sie leben!" rief sie, dann half sie zuerst Yugi und dann Atem auf die Beine. Letzterer schlotterte. Schnell warf Yugi den roten Mantel 

um seine Schultern.

"Ab ins Warme mit euch", kommandierte Mai, die das erste Mal so aussah, wie sich Yugi beim Anblick ihrer knappen Kleidung immer 

fühlte. Hinter ihr standen mehrere Leute, die Yugi nicht kannte. Sie blickten sich geschäftig um und teilten sich auf, teilweise schlotternd 

und zähneklappernd. War das die Verstärkung?
 

"Machen wir", antwortete Atem derweil. Er nahm Yugi bei der Hand und zog diesen fort. Yugi konnte sich gar nicht richtig umsehen. 

Er erhaschte nur einen Blick auf einen zitternden Bakura, der seinen Mantel um das Bündel auf seinen Armen geschlungen hatte.
 

"Atem... Hab... Hab ich geträumt?" erkundigte Yugi sich leise.
 

Atem sah zu ihm, stirnrunzelnd. "Was sagtest du? Sprich bitte lauter."
 

Yugi mußte lächeln. "Hat sich erledigt", erwiderte er lauter. Er hatte das Gefühl, daß seine Füße kaum den Boden berührten. 

Die Luft glitt an ihm vorbei, sie hielt ihn nicht auf, sie war erträglich.

Er stand so schnell in ihrem Zimmer, als hätte es den Weg dazwischen nicht gegeben. Doch nun spürte Yugi die Kälte und seine 

nasse Kleidung. Er war nicht der einzige. Dicht aneinandergedrängt standen er und Atem unter der warmen Dusche und Yugi 

lauschte den glücklichen, kleinen Geräuschen, die Atem machte, während ihre Leiber aufgewärmt wurden.

Sauber, müde und mit roten Wangen schlüpfte Yugi danach in seinen dicken Pyjama. Atem derweil durchforstete den Kleiderschrank 

und zog sich auch richtig dicke Sachen an, die Yugi noch nie gesehen hatte.
 

Gemeinsam hockten sie danach auf Atems Bett, die Arme umeinander gelegt. Yugi konnte kaum den Kopf von Atems Brust heben. Er 

konnte sich einfach nicht satt hören!

Erst als die Tür ging, hob Yugi den Kopf. "Ja, bitte?"
 

Es waren Mai und Seto. Sie brachten Heiße Schokolade und Nudeln mit Soße. Ihnen folgten Bakura, Ryou mit seiner Schwester... und...
 

"Marik?" Yugi starrte ungläubig die letzte Gestalt an, die durch die Tür trat. 
 

Der Junge mit den schulterlangen Haaren senkte den Kopf, als erwartete er Schimpfen oder Prügel. "Sollte ich nicht doch lieber...?"
 

"Bitte bleib." Atem winkte Marik in den Raum. "Niemand wird dir hier etwas tun."
 

"Ich glaube, ich verstehe nicht..." Hilfesuchend blickte Yugi zu Ryou, aber der hatte nur Augen für seine Schwester, die gerade ihre 

Hand in ihren Teller gesteckt hatte, die dampfenden Nudeln wieder fallen ließ und ihre Hand weinend zurückzog.
 

"Ich auch nicht. Ich verstehe gar nichts." 
 

Yugi zuckte zusammen und sein Blick schoß zur Tür. Sein Herz machte einen Sprung vor Glück. "Anzu!" Kaum gesagt hatte er schon 

ihre Taille umarmt. "Du bist auch wieder ein Mensch!"
 

"Ja." Sie sah ihn lächelnd an, dann umarmte sie auch Atem. Aufatmend, als hätte man ihre eine große Last abgenommen, trat sie nun 

zurück. "Ich bin froh, daß es euch gut geht."
 

"Wir sind froh, daß es dir gut geht." Jonouchi ließ die Tür hinter sich zufallen. "Mann, war das seltsam... Aber gut, daß wir dich gefunden 

haben, bevor du aus dem Fenster geklettert bist."
 

Mai lachte. "Aber die Laken mußt du mir entknoten, Jonouchi."
 

"Wieso ich?"
 

"Weil du bei mir eingebrochen bist, darum." Beide grinsten. 
 

"Jonouchi, deine Hand..." Yugi warf einen Blick auf sie, aber fand keine Spur des Durchschußes mehr.
 

"Was auch immer ihr da getrieben habt, es hat meine Wunde geheilt. Und die der anderen auch. Denk an dein Bein, Yugi, und deinen Hals!"
 

Anzus Blick wurde sanft. "Alles ist gut ausgegangen."
 

"Ich danke dir für dein Vertrauen, Anzu." Atem lächelte.
 

Jetzt, in diesem Moment, wurde Yugi wirklich klar, was Atem ihm vorhin alles berichtet hatte. Alles fand seinen Platz. "Warte... Du hattest 

das von Anfang an geplant? Anzu zu verwandeln, um sie zurückzuverwandeln?" Yugi blickte Atem mit großen Augen an.
 

Der nickte. "Ich habe es ihr aber nicht gesagt. Ich wollte sie nicht enttäuschen, falls es wieder schiefgeht. Hatten wir darüber nicht schon 

gesprochen?"
 

Yugi lachte laut und warf beide Arme um Atem. Gemeinsam fielen sie auf das Bett. Yugi küßte Atem leidenschaftlich. Sein Herz schlug, 

nein, das seines Liebsten schlug. Sein verrückter, kluger Liebster. Sein Körper glühte und wären da nicht Atems Arme um ihn gewesen, 

er wäre einfach davongeflogen, so leicht fühlte Yugi sich.
 

"Wenn wir nicht schon in eurem Zimmer wären, würde ich sagen, ihr solltet euch dorthin zurückziehen", schnarrte Seto.
 

"Außerdem wird das Essen kalt", minderte Mai seine Worte.
 

Seufzend standen Yugi und Atem auf, und setzten sich zu den anderen an den Tisch. Marik hatte sich in eine Ecke gedrückt und starrte 

auf seinen Teller. Es schien, als vermiede er jeglichen Blickkontakt.
 

"Sagt, was macht Marik hier?" erkundigte Yugi sich.
 

"Die anderen hätten ihn gelyncht, hätten sie ihn in die Finger bekommen." Mai sah sich stirnrunzelnd um und als sie sah, daß jeder zu 

essen und trinken hatte, setzte sie sich auch selber. 
 

"Seine Kinder?"
 

Sie nickte. "Unsere Verstärkung ist inzwischen eingetroffen, du hast sie vorhin kurz gesehen. Sie kümmern sich um die Krieger und 

Magier, die Marik unter seinem Bann hielt. Ich dachte, Atem, du wolltest sehen, wie es Marik jetzt geht."
 

Das Thema der Unterhaltung sackte sichtlich in sich zusammen und seine Augen zuckten zu Atem. "Bitte, ich... Ich möchte nur fortgehen. 

Weit fortgehen." Er wandte den Blick wieder ab, aber Yugi, der neben Atem saß, hatte die Scham und die Angst gesehen.
 

"Du bist jetzt anders als vorhin, Marik", entschloß er sich, das Thema direkt anzugehen. "Was ist geschehen?"
 

"Ich bin dem Irrsinn anheim gefallen. Das dürftest du ja gesehen haben. Es tut mir leid, Yugi." Seine Worte klangen so ehrlich und 

schuldbewußt, daß Yugi keinen Grund fand, sie anzuzweifeln. Marik blickte zu Ryou. Seine Schultern zitterten, als würde er sich selber 

davon abhalten müssen, zu fliehen. "Ryou, Amane... Ich... Ich kann nie gutmachen, was geschehen ist. Es tut mir so unendlich leid." Er 

verbarg das Gesicht hinter einer Hand und seine Schultern erbebten noch heftiger.
 

Ryou starrte Marik an, sein Gesicht erstarrt, dann senkte er den Blick. "Du warst wirklich wahnsinnig", antwortete er schlicht.
 

"Aber wieso ist er es als Mensch nicht mehr?" erkundigte Yugi sich leise bei Atem, der dabei innehielt, sich Nudeln in den Mund zu schaufeln, 

als gäbe es kein Morgen mehr. Wenigstens klang er dabei nicht wie ein zufriedenes Schwein so wie Bakura. "Du sagtest, der 

Wahnsinn würde nachlassen nach den ersten Jahren als Vampir."
 

"Das tat er auch für eine geraume Weile. Sonst hätte ich Marik damals nicht getraut. Der Punkt ist: Er wurde wieder wahnsinnig, 

aber anders. Davor sind - waren Vampire nicht gefeit. Und damals kannte man sowas wie Psychologie nicht. Marik verhielt sich 

immer seltsamer und ein Teil von ihm - dunkler, böser, machtversessener - übernahm die Kontrolle über ihn." Atem ließ seinen 

Löffel sinken. "Jetzt ist dieser Bann gebrochen. Zumindest vorerst."
 

Yugi nickte und betrachtete Ryou, der Amane liebevoll den Mund abwischte. Sie saß auf seinem Schoß und schien ihren Blick 

nicht auf mehr als ihren Bruder und das Essen zu richten. "Denkst du, sie werden damit fertig?"
 

"Nun, Ryou hat nicht versucht, Marik zu töten... Aber es wird kein leichter Weg für sie."
 

"Aber sie haben wenigstens noch einen Weg und eine Zukunft", führte Yugi Atems Gedanken fort. "Und Marik auch."
 

"Wir alle." Atem lächelte Yugi sanft an. "Und das verdanken wir dir", fuhr er lauter fort. "Wir müssen uns bei dir bedanken."
 

"Das stimmt!" Mai grinste. 
 

Bakura hielt inne, das untere Gesicht voller Tomatensoße, was Ryou die Augen verdrehen ließ. Seto stand auf. Er machte eine 

steife Verbeugung, daß Yugi fast glaubte, er würde auseinanderbrechen... oder zu quietschen anfangen wie ein schlecht geölter Roboter. 
 

"Wa-was?" Verwirrt blickte Yugi sich um. Alle, ausnahmslos alle waren aufgestanden und folgten Setos Beispiel. Nur Amane klammerte 

sich an Ryous Beine und winkte Yugi schüchtern zu.
 

Mit hochrotem Kopf blickte Yugi in seinen Teller. "E-es ist gut... Ich wollte euch helfen. Ich wollte, daß Atems, daß euer aller Traum wahr wird." Aber gedacht hatte er nur an Atem... 

Aber vielleicht war das in Ordnung, denn Atem hatte dafür an den Rest gedacht. Den Rest der Menschheit! Yugi blickte Atem an, 

dann stand er auf und verneigte sich vor ihm. "Danke, daß du bereit warst, das zu tun. Für uns alle!" stieß er hastig hervor. 

Warme Arme umschlangen ihn und er wurde an Atems Brust gedrückt.
 

"Wann immer meine Entschlossenheit in letzter Zeit nachließ, ich mußte nur dich ansehen, um sie wieder zu stärken." Atem sprach 

leise, wahrscheinlich war es ihm unangenehm, vor den anderen zuzugeben, daß auch er schwache Momente gehabt hatte. 

"Es tut mir leid, daß ich dir nicht die Wahrheit gesagt habe... und dein Blut abgezapft habe. Und Ryou dir ein Schlafmittel unterschieben ließ und..."
 

Yugi lachte leise. "Ich weiß. Du wirst es nicht wieder tun." Er löste sich von Atem und nahm mit roten Ohren zur Kenntnis, daß fast 

jeder sie durchdringend ansah. Er räusperte sich, dann setzte er sich wieder. "Was wird jetzt mit den ganzen Ex-Vampiren? Und den Ex-Vampirjägern?"
 

"Um die Vampire werden wir uns kümmern", erklärte Seto, der sein Besteck penibel auf den leeren Teller vor sich legte. "Es wird 

sicher nicht einfach, aber wir werden sie schon irgendwie wieder an ein menschliches Leben gewöhnen."
 

Ryou derweil zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es nicht. Ich habe keinem von ihnen was gesagt. Besser, ich bleibe ihnen erst mal fern."
 

"Die werden echt stinksauer sein, daß du ihren Job überflüßig gemacht hast", stimmte Bakura nachdenklich zu. Dann grinste er breit. 

"Gut gemacht, Ryou!"

Der schüttelte zwar daraufhin den Kopf, doch er konnte sein Lächeln nicht verbergen.
 

Yugi lehnte sich an Atem und schloß die Augen. Er war müde... Aber sehr, sehr glücklich! Er spürte, es würde jetzt aufwärts gehen, 

keine Vampire mehr, keine Alpträume mehr. Da fiel ihm noch etwas ein und er sah zu Marik, der sich inzwischen etwas entspannt 

hatte und vorsichtig seine Nudeln aß. 

"Sag mal... Kennst du zufällig einen Ushio?"
 

Marik verzog das Gesicht, als hätte er auf eine Pfefferschote gebissen. "Er sollte uns zu dir führen, als wir dich in Domino nicht mehr 

finden konnten. Haß ist ein starker Antrieb. Oder Liebe. Oder sonst ein starkes Gefühl. Es tut mir leid."
 

Yugi dachte an Miho und Honda. Er konnte froh sein, daß Marik nicht auf einen von ihnen aufmerksam geworden war. Dennoch wünschte 

er sich, die Sache mit Ushio wäre anders ausgegangen. "Es läßt sich nicht mehr ändern. Es gibt nur..."
 

"... die Zukunft!" ergänzten die anderen im Chor.
 

Yugi lachte auf.

Epilog

Die Wintersonne schien durch die großen Fenster der Aula und heizte den Raum zusätzlich zu den Heizungen, die sich wie eine weiße, 

geriffelte Schlange um den ganzen Raum zogen. Auf der Bühne stand das kleine Rednerpult, daneben hatte ein eingetopfter Tannenbaum 

seinen Platz gefunden; geschmückt mit roten Kerzen, Bändern und Kugeln passte er hervorragend zu den mit roten Schleifen besetzten 

Tannenzweigen, die Ecken, Stühlen und Türen festlichen Glanz verliehen.
 

Yugi wackelte ungeduldig mit den Beinen, während er "Stille Nacht" mitsang. Er reckte immer wieder denn Kopf, um nach vorne zu sehen, 

wo Atems wilder Haarschopf aufragte. Er bekam von links und rechts einen leichten Knuff in die Seiten und sah verlegen zu Emi und 

Jonouchi. Schließlich endete das Lied und sie durften sich setzen.
 

Der Direktor trat nun ans Rednerpult und lächelte väterlich ins Rund. "Ich weiß, ihr wollt alle heimfahren und feiern, aber gebt mir noch 

eine Chance dieses Jahr." Die Schüler lachten. Der Direktor sah nun ernster drein. "Die letzten Monate waren ausgesprochen unruhig 

und beängstigend. Eine eurer Mitschülerinnen wurde schwer verletzt, Vivian Wong wurde ermordet und zu allem Überfluß hat eine 

Gruppe Vandalen unser Wäldchen nicht nur übel zugerichtet, sondern sogar noch angezündet. Wir wissen nicht, was die Polizei herausfinden 

wird und ob die Schuldigen jemals zur Rechenschaft gezogen werden. Darum geht es mir auch heute nicht. Bitte gedenkt dem, was ihr 

habt. Und daß es zu haben ein Geschenk ist, selbst wenn es euch manchmal wie eine unglaubliche Bürde erscheint. Wir haben jemanden 

aus unserer Mitte verloren und es ist sehr schwer, danach weiter seinen Weg zu gehen. Wir sehen uns mit Zweifeln und Ängsten 

konfrontiert, mit unserer eigenen Sterblichkeit und der der Menschen, die uns wichtig sind. Aber um derer willen, die wir verloren haben, 

dürfen wir nicht den Kopf in den Sand stecken. Dabei ragt nämlich nur unser Hinterteil in die Höhe. Um die zu ehren, die uns, wenn ihr so 

wollt, vorausgegangen sind, sollten wir unseren Weg weitergehen, so gut wir es vermögen. Ich werde euch keine Lüge erzählen von der 

immer strahlenden Zukunft. Aber ich will euch in die Feiertage und in das nächste Jahr mit diesem Satz schicken: Wir gestalten unsere 

Zukunft selbst, wir sind selbst für unser Leben, unseren Weg verantwortlich und wie wir mit den Rückschlägen umgehen, die jeder von 

uns früher oder später erleben wird. Ich wünsche euch ein schönes Weihnachtsfest und einen glücklichen Start in das nächste Jahr. 

Daß ich euch alle gesund und munter nach den Ferien wiedersehe."
 

Es wurde geklatscht, auch von Yugi, der sich die eine oder andere Träne verdrücken mußte. Das Schulorchester spielte noch einmal auf, 

diesmal "Little Drummer Boy". Während die rhythmischen Klänge die Aula ausfüllten, kamen von vorne einige Schüler der Abschlußklasse 

mit großen Körben. Aus denen zogen sie für jeden eine kleine Zellophantüte geschmückt mit bunten Bändern und gefüllt mit Plätzchen. 

Seto kam ausgerechnet zu ihnen und drückte jedem sein Geschenk in die Hand, Jonouchi aber bekam zusätzlich noch einen Kommentar.
 

"Nicht alles auf einmal essen, sonst kommst du morgen nicht von der Toilette runter, du Vielfraß."
 

"Klappe, Kaiba!" Jonouchi grinste und steckte seine Plätzchentüte ein. "Wart nur bis nach den Ferien, dann mache ich dich wieder beim 

Schach fertig."
 

"Tse! Diesmal hast du keinen Schleim auf deiner Seite", konterte der und ging weiter.
 

Emi schüttelte lächelnd den Kopf, dann seufzte sie. "So, Jungs, ich muß los. Mein Vater kommt gleich und wir müssen sofort weiterfahren, 

wenn wir es noch aufs Schiff schaffen wollen."
 

"Viel Spaß auf der Kreuzfahrt", antwortete Yugi. "Ein frohes, neues Jahr."
 

"Und ein tolles Fest." Jonouchi hob die Hand, Emi verneigte sich leicht und nahm dann ihre Tasche und ihren Mantel. Mit einem letzten 

Winken lief sie zum Ausgang. "Tja, da sind wir nur zu zweit..."
 

"Wann mußt du los?"
 

"Herr Isshi hat gesagt um 13 Uhr. Dann sollte ich mal meine Koffer holen", antwortete Jonouchi nach einem Blick auf die große Uhr der 

Aula. Es blieben noch zwanzig Minuten. "Aber dann darf ich noch ne halbe Stunde am Bahnhof stehen."
 

"Ich komme mit. Ich hab ja noch etwas Zeit." Yugi stand lächelnd auf und zusammen mit Jonouchi ging er zurück in das Wohnheim. Es 

herrschte ein ausgelassener Trubel, überall standen Mädchen und Jungen zusammen und tauschten sich noch bis zur letzten Sekunde 

aus. Und doch, sobald sie abgeholt wurden, faßten sie ihre Koffer, ihre Taschen und stürzten aus der Schule, als hätten sie Angst, 

vergessen zu werden.

Überall stand Gepäck und Yugi wäre mehr als einmal über einen mit Hello Kitty dekorierten Koffer oder eine miefige Sporttasche gefallen. 

Dank Jonouchi aber schaffte er es heil nach oben. Im ersten Stock war es unheimlich ruhig. Nur einer ihrer Klassenkameraden kam aus 

dem Bad gerannt und warf diverse Toilettenartikel in eine weitgeöffnete Reisetasche, deren Reißverschluß er dann sirrend zuzog. 

Das Gepäckstück über die Schulter geworfen stürmte er zur Treppe.
 

"Machs gut, Ryota!" rief Yugi ihm nach, doch er bekam keine Antwort mehr. Dafür sah er Anzu, die bereits in Mantel und Mütze und mit 

einem braunen Koffer zu ihren Füßen neben Jonouchis Zimmertür wartete.
 

"Oh, hey!" Jonouchi grinste. "Du holst mich ab?"
 

"Sicher ist sicher. Und jetzt los!" Sie lächelte und sah dann zu Yugi. "Alles in Ordnung?"
 

Er nickte. "Ich wünsche dir frohe Feiertage. New York ist sicher toll."
 

"Allerdings! Und ich schreibe euch allen noch Karten." Anzu zog Yugi plötzlich in ihre Arme. "Feier du auch schön. Ich bin glücklich, daß 

Atem und du zueinander gefunden habt." 
 

"Äh, ähm..." Hochrot starrte Yugi in Anzus roten Mantel, bis sie ihn losließ.
 

"Paßt du etwas auf ihn auf?"
 

Er nickte, lächelnd. "Paß du gut auf dich auf."
 

Auch sie nickte. "Ich habe nicht vor, so schnell wieder zu sterben... oder mich selbst nicht mehr zu spüren." 
 

Jonouchi trat dann auf den Gang, einen großen Rucksack auf dem Rücken und eine kleinere Tasche in der Hand. "Fertig, Wir können."
 

"Gut." Anzu blickte nochmal zu Yugi. "Mach es gut, wir sehen uns nach den Ferien wieder."
 

"Ja, Alter. Ruf mich mal an und grüß Honda von mir."
 

"Mach ich. Gute Reise." Yugi sah seinen Freunden noch einen Moment nach, dann ging er ein Stück den Gang hinunter. Nicht alle würden 

wegfahren... Nicht alle hatten noch ein Zuhause...
 

Es war Amane, die ihm die Tür zu Ryous Zimmer öffnete. Sie sah Yugi mit großen Augen an, dann lächelte sie und zog ihn ungeduldig 

ins Zimmer.

Ein winziges Tannenbäumchen stand auf dem Schreibtisch, daneben eine Dose Plätzchen. Bakura zündete gerade eine Kerze an.
 

"Oh, hey, Knirps! Du solltest den Pharao nicht warten lassen." Er pustete das Streichholz aus.
 

"Ich wollte mich nur verabschieden und sehen, wie es euch geht."
 

Ryou lächelte und gab dabei Bakura so routiniert einen leichten Rippenknuffer, daß es kaum auffiel. "Danke, Yugi. Es geht uns soweit gut."
 

"Ja, seit Marik nicht mehr da ist", half Bakura nach.
 

Yugi lächelte schief. "Er ist zurück nach Ägypten gegangen?"
 

"Ja, mit einigen unserer Leute und Rishid. Ich schätze, wir sehen ihn so schnell nicht wieder." Bakura schob die Plätzchendose zu 

Amane, die sich nicht lange bitten ließ. Sie ließ Yugi los und machte sich über das süße Gebäck her. "Er hat mehr als genug Probleme 

mit sich selber."
 

"Und Amane?" erkundigte Yugi sich leiser.
 

Ryou warf seiner Schwester einen besorgten Blick zu und seufzte leise. "Sie hat Alpträume. Und sie ißt zuviel Süßes. Aber es wird besser. 

Dennoch...Nächstes Jahr bringe ich sie zur Therapie. Zum Glück gibt es Eingeweihte, die auch Psychologen sind." 
 

Yugi nickte verstehend.
 

"Psychologen", brummelte Bakura und schob die Hände in die Hosentaschen.
 

"Ja, allerdings", antwortete Ryou irritiert. 
 

Yugi konnte direkt fühlen, wie die Luft sich um ihn herum auflud, jedenfalls standen die Härchen an seinen Armen ab. "Ich denke, ihr 

solltet das ohne mich ausdiskutieren. Wir sehen uns nach den Ferien. Macht es gut und viel Spaß."

Er drückte Amanes Hand, lächelte die Jungen gewinnend an und schlüpfte dann aus dem Zimmer. Er wußte, sie würden ihn nicht 

vermissen, wenn sie wieder mit ihren Meinungsverschiedenheiten beschäftigt waren. Warum sie überhaupt soviel Zeit miteinander 

verbrachten, wenn sie sich auf kaum irgendetwas einigen konnten, war Yugi ein Rätsel, aber es war ja auch nicht sein Leben.
 

Er stieg hinauf in den dritten Stock. Auch hier war alles ruhig. Eine geringelte Socke baumelte verloren an einer Türklinke.

Yugi trat in Atem und sein Zimmer. Merkwürdig still war es. Yugis Rollkoffer stand in der Mitte des Zimmers, daneben Atems großer 

Koffer. Auf ihren abgezogenen Betten lagen Mützen und Handschuhe, außerdem eine kleine Tasche für die Fahrt. Yugi sah sich noch 

einmal um, aber alles, was mitmußte, war eingepackt, der Mülleimer geleert und das Fenster fest verschlossen.

Yugi seufzte leise und trat ans Fenster. Die Bäume wiegten sich behäbig im Wind, Schnee rieselte leicht von ihnen. Draußen standen die 

Autos und wie von Ferne drang das Geschrei und Gelächter der Befreiten an Yugis Ohr. Bald würde er wieder hier sein und dann zusehen, 

wie der Winter dem Frühling wich. Er freute sich schon darauf, aber erst mal freute er sich auf die Ferien.

Er schloß die Augen, als heiße Arme sich um seine Taille schlangen. Er lächelte.
 

"Alles gut?" Atems Lippen streiften Yugis Ohr.
 

"Ja. Bei dir?"
 

"Auch. Alles soweit geregelt." Atem schmiegte seine Wange an Yugis.
 

"Gut. Ist schon komisch, daß du noch immer regieren mußt wie ein König."
 

Atem mußte lachen. "Es wird noch eine Weile dauern, bis alle Vampire wieder mit einer menschlichen Existenz zurecht kommen."
 

"Und dann wirst du studieren?"  
 

"Mit dir. Ich hab mir die Pause bis dahin auch redlich verdient."
 

Yugi klopfte das Herz im Hals. Soviel Glück konnte doch kein Mensch haben... "Wer, wenn nicht du?"
 

Atem schmunzelte. "Du noch mehr, Yugi, du noch mehr. Du wärst fast gestorben."
 

Yugi dachte an jene schicksalhafte Nacht. Auch wenn er eine gewisse Traurigkeit gespürt hatte, Angst um sich selbst hatte er keine 

gehabt. "Du auch. Ich wollte das aber nicht. Du solltest leben und glücklich werden." Er ließ seine Finger zwischen Atems gleiten. 

Diese Wärme, dieses Pochen... "Du solltest dein Herz nicht verlieren."
 

"Das letzte ließ sich aber nicht vermeiden. Aber in deinen Händen ist es sicher. Ich liebe dich, Yugi."
 

Yugi blinzelte träge, als er das Auto erkannte, das nun in den Hof einfuhr. "Das sind sie... Wir müssen unsere Sachen runterbringen."
 

"Ganz sicher?"
 

Yugi wußte, daß Atem nicht Yugis Identifizierung in Frage stellte. "Ja. Du kommst mit mir." Das meinte Atem aber auch nicht, nicht ganz jedenfalls.

Atem drehte ihn um und sah ihm tief in die Augen. Yugi wurde die Kehle eng. Schnell stellte er sich auf die Zehenspitzen und küßte Atem.

"Ich liebe dich, Atem", erklärte er feierlich und nahm dann dessen Hand fest in die seine. "Es wird Zeit, ein neues Kapitel zu beginnen. 

Mit und dank dir."

Yugi atmete tief durch. 
 

Sie zogen sich an und stiegen mit ihren Koffern hinunter in die Eingangshalle, wo sie bereits von Yugis Eltern erwartet wurden. 

Fest hielt Yugi Atems Hand und trat so vor sie. Er lächelte und auch wenn sein Herz wie verrückt schlug, er spürte Atem bei sich und das 

ermutigende Lächeln seines Großvaters in seinem Herzen.

"Mama, Papa! Darf ich vorstellen? Das hier ist Atem, mein Freund."



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Kommentare zu dieser Fanfic (37)
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Von:  Polarstern
2024-02-07T14:54:41+00:00 07.02.2024 15:54
Wow.... Da bin ich erstmal sprachlos.

Das ist nicht nur eine Liebesgeschichte / Vampirgeschichte - du hast ein ganzes Universum sozusagen erschaffen.
Du hast so viel in diese Story eingebunden und ein Höchstmaß an Kreativität und Einfallsreichtum bewiesen.
Über die Storyline mit Ushio, Marik, der Backroundstory von Atemu, wie er zum Vampir wurde... Es war alles logisch und schlüssig und in einen spannenden und nahezu fehlerlosen Text verpackt!

Ich hab diese FF aufgesogen und konnte sie kaum aus der Hand legen. Sehr, sehr spannend!
Die Vermutung, dass Atemu ein Vampir ist, bringst du den Lesern ja recht schnell rüber (Kühle Haut, Yugi meint mal goldene Augen gesehen zu haben, das das Blut auf dem Oberteil etc.) (Wohl auch Seto und Bakura, da alle 3 nicht zum Abendessen kommen für gewöhnlich). Doch die spannende Frage ist die ganze Zeit: Hat Atemu (und die anderen beiden) etwas mit diesen grausamen Angriffen zu tun? Stecken sie dahinter oder wer anders? Wenn nein, wer sonst? Und was hat Atemu zu verheimlichen, was sind seine Geheimnisse?
Und was ist das für ein Ritual, das soo wichtig ist? Warum wird Yugi dafür hintergangen und soll er tasächlich geopfert werden??!

Alles wird Schritt für Schritt gelüftet. Mir ist auch deine sehr gute Recherche über das alte Ägypten aufgefallen.
Während der Pharao in den meisten FFs "Single" und unverheiratet ist und keine Kinder hat, zeigst du auf, dass das geschichtstechnisch nicht der Realität entsprach.
Nur was er wirklich getan hat.... aus Eifersucht diese Frau (und ihren Bruder) getötet und das Herz gegessen... uuhh... das ist schon eine ganz krasse Nummer. Obwohl das Töten und Hinrichten lassen in dieser Zeit ja nochmal eine ganz andere Rolle gespielt hat und mit unseren Wertvorstellungen von heute nicht verglichen werden darf. (Da es keine "Gewaltentrennung" gab und der Pharao eh alles nahezu allein bestimmt hat, musste er auch theoretisch keine Konsequenzen fürchten. Bis auf die Rache des Vaters...)
Aber trotzdem, was Atemu sich da geleistet hat, (und wie sich später herausgestellt hat, war diese Dame wohl auch unschuldig und es war tatsächlich sein Sohn...) verdient schon fast diese Verdammung zum Vampir X___x
Na gut, es ist 3000 Jahre her und die FF erwähnt mehrfach, dass sich Personen im Laufe der Jahre charakterlich sehr ändern können. (Und er hatte ja 3000 Jahre dafür Zeit...)
Aber das Yugi an so einer bestialischen Tötung nicht noch stärker zu knabbern hatte, hat mich etwas gewundert.

Eins der schönsten Kapitel war natürlich das Geständnis der erste Kuss in der "Knutschbude" :3
Du hast auf jeden Fall ein großes Schreibtalent, alles bildlich und emotional zum Leser rüber zu bringen. Ich konnte mir beim Lesen alles sehr gut vorstellen!

3 Fragen bleiben mir zum Schluss noch:
- Wieso sind 3000 Jahre alte Vampire in einem Internat? ;) "Wir haben unsere Gründe" Sagte Seto glaube ich irgendwo, aber die wurden glaube ich nirgendwo mehr genauer erläutert. Klar, sie suchen ihr "Opfer der Zeit". Aber geht das echt in einem teuren Eliteinternat am besten? ;) Naja gut, darauf basiert die FF und sonst hätten sich Ati und Yugi in der Story nie getroffen XD"

- Verstehe ich es richtig, dass dieses Ritual wohl seit 3000 Jahren immer wieder (immer wenn es ein neues "Opfer der Zeit" gab) von Ati und Co versucht wurde aber bisher nie gelungen ist? Also hat bisher immer Marik gewonnen? Sonst wären alle Vampire ja schon längst wieder Menschen.

- Die Menge an Yugis Blut, die für das Ritual benötigt wird. Yugi liegt gefühlte Ewigkeiten am Transfusionsbeutel um genug Blut zu bekommen, während Ati seine Geschichte erzählt. Und dann reichen am Schluss ein paar Spritzer aus der Verletzung? ;) (Btw - je nach Art der Verletzung - ich habe einen Medizinischen Beruf - wenn die Carotis Communis verletzt ist, kann das in wenigen Minuten/Sekunden zur/m Bewusstlosigkeit/Tod führen. Die ist dem Herzen so nahe, da ist so ein Druck drauf, da bleibt man nicht lange bei Bewusstsein.)

Aber gut, das ist wirklich Kritik auf seeehr, sehr hohem Niveau. Bitte nimm das nicht persönlich, ich möchte diese wunderbare FF damit nicht "angreifen". Nur ein paar Gedankengänge von mir.
Die Story hat mir supergut gefallen und hat schon einen Platz auf meiner Favoritenliste erhalten!
Und dann gabs am Schluss erstmal Nudeln mit Tomatensoße.... die Vampire vermissen ihr Blut scheinbar sofort schon XD"

Ich freue mich auch sehr über das süße Happy End, dass Atemu und Yugi jetzt als Menschen zusammen glücklich werden können :3
Du hast wirklich eine tolle Ausdauer beim Schreiben! All diese Ideen auch tatsächlich umzusetzen und die FF zu beenden!
Dankeschön für so viele Stunden Lesespaß die du mir damit bereitet hast!!!!

Viele Grüße
Polarstern

Von:  -Pharao-Atemu-
2017-01-27T07:39:00+00:00 27.01.2017 08:39
Endlich hab ich sie geschafft zu lesen.
Die ist toll geschrieben ich hab die Nacht nur Licht geschlafen ^\\\\^ ich Geisel mich so leicht. Und am Anfang wo man nur das unbekannte Wesen beschrieben sieht uhhhh.....
Aber Atemu und Yugi sind glücklich *freu*
Wirst du noch eine Fortsetzung schreiben? Das Leben an der Uni oder so? Aber ohne Vampire... *grübel* hmmm da würde was fehlen aber evtl. Hast du ja eine Idee
Lg

Das verrückte Kyo
Von:  CosmicDust
2015-10-25T20:20:11+00:00 25.10.2015 21:20
Ich habe deine Fanfiction damals gelesen...und sie dann aus den Augen verloren! Letztens habe ich mich wieder an sie erinnert und ich Ich habe WOCHENLANG hier nach gesucht und bin endlich glücklich sie gefunden zu haben!
Ich möchte dir nur sagen, dass deine Art zu schreiben und alles an dieser ff mich echt gefesselt hat!
Ich bin so froh sie jetzt noch einmal lesen zu können!
Und dieses mal hab ich mir den Namen 10x notiert haha
Danke für diese tolle ff!!

Lg CosmicDust
Von:  Nala
2014-08-17T12:00:44+00:00 17.08.2014 14:00
Hallo ^^
Ich habe deine FF vor vielleicht drei Tagen gesehen und es in einem Rutsch durchgelesen x3 Es ist eine wahnsinnig spannende Story und obwohl ich eigentlich überhaupt nicht auf Vampirgeschichten stehe, ist diese hier richtig gut.
Dein Schreibstil war sehr füssig und schön zu lesen. Es gab immer ein angenehmes Verhältnis zwischen Spannung und Pause oder Entwicklung der Geschichte. Das Ende war ein würdiger Schluss, sehr abenteuerlich und das am Ende alles gut gegangen ist, hat mein kleines Alles-Happy-Herz glücklich gemacht xD
Der Inhalt war toll. Ich stehe wie gesagt eigentlich nicht auf Vampire, was vielleicht den modernen Vampirgeschichten zu Schulden kam, aber deine war vernünftig bis ins kleinste Detail. Wie du die Verwandlung erklärt hast, wie jeder seinen Platz gefunden hat, war sehr natürlich und nicht in die Handlung hineingezwungen, weil man unbedingt noch erklären musste, wie es dazu kam xD
Mir persönlich ist nur nicht ganz klar, wie sie plötzllich alle wieder gesund waren am Ende und Verletzungen wie Yuugis Bein oder ähnliches nicht mehr vorhanden waren o.o Aber man muss ja auch nicht alles erklären :D
Jedenfalls fand ich deine Geschichte echt toll! Vielen Dank dafür =)
Nala
Von:  Nala
2014-08-17T11:58:42+00:00 17.08.2014 13:58
Hallo ^^
Ich habe deine FF vor vielleicht drei Tagen gesehen und es in einem Rutsch durchgelesen x3 Es ist eine wahnsinnig spannende Story und obwohl ich eigentlich überhaupt nicht auf Vampirgeschichten stehe, ist diese hier richtig gut.
Dein Schreibstil war sehr füssig und schön zu lesen. Es gab immer ein angenehmes Verhältnis zwischen Spannung und Pause oder Entwicklung der Geschichte. Das Ende war ein würdiger Schluss, sehr abenteuerlich und das am Ende alles gut gegangen ist, hat mein kleines Alles-Happy-Herz glücklich gemacht xD
Der Inhalt war toll. Ich stehe wie gesagt eigentlich nicht auf Vampire, was vielleicht den modernen Vampirgeschichten zu Schulden kam, aber deine war vernünftig bis ins kleinste Detail. Wie du die Verwandlung erklärt hast, wie jeder seinen Platz gefunden hat, war sehr natürlich und nicht in die
Von:  Yuugi_chan
2013-12-29T22:25:29+00:00 29.12.2013 23:25
Hej Jonouchi hat ja einen guten Geschmack was Bücher angeht :) !
Von:  Sandy
2013-10-30T21:28:56+00:00 30.10.2013 22:28
Hallo ich habe jetzt das erste und letzte Kapitel von dir und deiner ff gelesen war wieder super toll yugi und atem fahren zu yugis Eltern über die Weihnachtsferien doch schön das alles gut geendet ist mit einem schönen happy end fande wirklich super klasse deine ff freue mich jetzt schon wenn du wieder eine neue ff schreiben wirst. Hoffe mal bis bald wiedermit eeiner neuen ff wirklich super spannend bis zum Schluß war die ff gewesen bis demnächst wieder mal und darüber freue ich mich sehr lg bis bald wieder lg sandy
Von:  Sandy
2013-10-29T21:32:28+00:00 29.10.2013 22:32
Hallo ich bin es noch mal. Hab gerade gesehen das die ff abgeschlossen ist ist schon schade Dachte es würde weiter gehen da es irgendwie offenes ende war aber hat mir trotzdem ganz super klasse gefallen deine ff freue mich schon wenn ich weitere ff von dir lesen darf ich schon ein Fan von dir und deinen Fanfiction geworden smile. Jedenfalls falls es du dir überlegen solltest eine Fortsetzung zuschreiben mit yugi und atem oder andere ff mit den zwei kannst du mit mir wieder fest rechnen bin ich wieder dabei. Ich liebe inzwischen deine ff habe alle ff verschlungen und bin echt begeistert mache weiter so. Hoffe bis bald wieder mit LG von mir sandy ps: musste ich unbedingt gesagt oder ääh geschrieben werden.:-);-) bis dahin viel Spaß weiterhinbbeim schreiben von ff.:-);-)
Von:  Sandy
2013-10-28T14:15:02+00:00 28.10.2013 15:15
Hallo echt klasse alle sind wieder zurück zu Menschen geworden und atem und yugi sind wieder zusammen einfach spitze klasse wirklich super ff ich liebe deine ff echt spitze habe alle deine ff gelesen und muss sagenDeine FF ist einfach so anders. Viele handeln halt darum das sich die beiden ineinander verlieben, doch bei dir geht es noch um weit mehr das muss ich der yamixyugi_lightning zustimmen den ich sehe es auch so. Freue mich wenn es wieder weiter gehen wird bin jedenfalls schon mal gespannt. Hoffe bis bald echt klasse das Kapitel lg von mir sandy

Von:  Nanbi
2013-10-26T23:07:04+00:00 27.10.2013 01:07
Wow...
Unbeschreiblich toll. Jeden Tag habe ich immer geschaut ob ein neues Kapitel online ist.
Dieses hier, damit hast du mich tief berührt. Was Yugi für Yami alles tut.
Mir kommt da nur ein Gedanke. "Dein Herz beginnt wieder zu schlagen, das meine hört auf." Das klingt gerade irgendwie so für mich.
Jedenfalls ist das der Eindruck den man gerade jetzt bekommt.
Jetzt bin ich erst recht gespannt wie es weiter geht. Ich will wissen ob Atemu jetzt wirklich wieder ein Mensch ist und ob Yugi leben wird.
Die letzten Abschnitte lassen mich so mitfühlen mit den beiden. Ryou tut mir echt Leid wegen seiner Schwester. Hey, du musst unbedingt das Kapitel schnell hochladen, sonst werde ich noch halbers wahnsinnig. Ich muss erfahren was du mit Yugi und Atem anstellst.
Kompliment an dich. Ich liebe deine Fanfic und treu bleiben werde ich dir wohl ewig.
Deine FF ist einfach so anders. Viele handeln halt darum das sich die beiden ineinander verlieben, doch bei dir geht es noch um weit mehr
Bin einfach zu gespannt wie es weiter geht. ALsooooo, lass mich ja nicht zu lange warten ;)



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