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A thousand Years

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Gefällt euch mein Schreibstil?
Ich würde mich dann freuen, wenn ihr vielleicht auch meinen Roman Die Drachenballade über Amazon als eBook lesen würdet! Danke! :-) Komplett anzeigen

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Verbannung

 Liebe zwischen dem gleichen Geschlecht war stets eine verrufene Sache. Früher, wie heute. Doch die Liebe zwischen vermeidlichen Geschwistern des gleichen Geschlechts scheint Gotteslästerung gleich zu kommen!

Doch was tun, wenn das Herz den Anderen so sehr begehrt, dass es vor Sehnsucht beinahe zerquetscht wird?

Was tun, wenn der einzige Gedanke, den man noch fassen kann, das Bild des jeweils Anderen ist?

Wie soll man handeln, wenn der erste und letzte Gedanke stets der eigene Bruder ist?

Warten bis die Toleranz größer ist?

Warten bis man den Anderen vergisst?

Warten bis einer stirbt?

Das erscheint keine Option zu sein, wenn beide unsterbliche Götter sind. Denn vergessen war nicht möglich, da sie sich ständig über den Weg liefen. Toleranz schien auch fernab einer nahen Zukunft. Und das Sterben entfiel durch die unsterbliche Göttlichkeit...

Also tut man, was man tun muss. Man fängt eine Liebschaft im Geheimen an. Lebt im Schatten. Lebt im Verborgenen. Niemand darf etwas wissen, außer den Brüdern selbst. Niemand darf es auch nur ahnen. Sie liebten sich auf eine Art, die inniger nicht möglich war. Beiden fiel es schwer, noch ohne den Anderen zu sein. Und wenn es nur für einige Minuten war...

Genau deshalb war es nur eine Frage der Zeit bis Jemand es merkte. Bis die Gerüchte begannen. Die fragenden Blicke. Das Abwenden von früheren Freunden. Es wurde unmöglich es noch zu verbergen, weil alle es wussten ohne etwas zu wissen. An diesem Punkt hätten sie ein Ende finden müssen, doch ihr Stolz und ihre fanatische Liebe verhinderte den logischen Schritt und machte ein „Lebewohl“ absolut undenkbar.

 

„Thor...“, murmelte Loki, während er die kräftige Brust seines Bruders streichelte, "Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird Vater alles herauskriegen..."

„Und wenn schon?“

Loki setzte sich nun langsam auf und sah den Älteren tadelnd, aber auch liebevoll zugleich an: „Du weißt genau, was dann passieren wird!“

Der Donnergott schnaubte und drehte sich einfach auf die Seite. Die Decke verrutschte und dadurch konnte der Schwarzhaarige gut auf seinen blanken Hintern und die kräftigen Beine blicken. Aber viel mehr nahm ihn der breite Rücken ein. Langsam beugte sich Loki zu diesem und begann ihn mit seinen Lippen zu beküssen, während seine Hände unglaublich weich und sanft begannen, ihn zu liebkosen. Er suchte diese Nähe und der Blondhaarige schien es ebenso zu genießen. Es war süß, wie er leise schnurrte und sich eine Gänsehaut bei ihm bildete. Beide waren so schrecklich unersättlich, wie sie unterschiedlich waren.

Deshalb drehte sich Thor auch wieder zum Jüngeren und griff nach seinen Seiten. Geschickt warf er ihn um und beküsste die viel flachere und blassere Brust vom Gott des Schabernacks. Er genoss es, wie samtig und weich er war. Es gab keinen Gramm Fett an dem Körper Lokis und dennoch vermisste der Donnergott nicht großartig die Reize einer Frau. Nur manchmal, aber dann zeigte sein Bruder ihm, wie verdorben er eigentlich war und sie vertieften sich doch lieber ineinander als in einer Frau. Das war jedes Mal ein Kampf und ein Abenteuer. Zwar war Thor wesentlich stärker, aber Loki nutzte seine Illusionsmagie, um ihn ebenso zu dominieren. So war ihr Liebespiel sehr abwechslungsreich und abenteuerlustig. Dabei scheuten sie keine Experimente. Das Feuer erlosch nicht. Deshalb verstand der Donnergott die Sorge seines Bruders auch nicht. Lieber leckte er über dessen Brustkorb und kostete den leicht salzigen Geschmack. Das ließ nun Loki leise aufsäuseln und sich in der Decke verkeilen.

„Thor~...“, brachte er dann aber wieder heraus, „Ich meine das ernst!“

„Ja, ich auch.“, erwiderte der Donnergott grinsend und presste nun seinen Mund auf die Brustwarze des Schwarzhaarigen. Ohne Scham sog er die Luft ein und saugte an diesem. Beinahe sofort wurde der Nippel hart und bot dem Blondschopf die Chance, sanft und zwickend hinein zu beißen. Dadurch bog Loki den Rücken durch, während er sich in das lange, blonde Haar keilte.

Schnaubend sah der Dunkelhaarige seinen Obermann tadelnd an: „Er wird uns dafür lynchen, Thor. Das erlaubt er niemals...“

„Loki, er wird etwas toben, ja.“, sagte dann Thor genervt über die ständigen Unterbrechungen, „Und er wird über mangelnden Erbe fluchen, aber er hat ja noch Balder, der ihm ebenso Nachwuchs schenken kann. Er wird sich schwer tun, aber an all das gewöhnen. Immerhin war es für uns auch nicht leicht.“

„Ich wünschte, ich könnte da so optimistisch sein, wie du... Ich glaube eher, dass er uns Beide lynchen wird als dass er begreift, dass das zwischen uns etwas Ernstes und Echtes ist.“

Thor kam nun den Lippen des Jüngeren einfach näher und beküsste diese leidenschaftlich, ehe seine blauen Augen ihm direkt ins Gesicht blickten: „Ich liebe dich. Das ist alles, was für mich von Bedeutung ist... Ich lasse mir das nicht nehmen.“

Loki musste über dieses Liebesgeständnis lächeln und konnte sich nun ja doch nicht mehr gegen den Donnergott sträuben. Irgendwie wusste der stets, wie er ihn beruhigen konnte und wie er es schaffte, ihn von allen Sorgen abzubringen. Zumindest in den Momenten, in denen sie zusammen waren... Ganz von seinen Gedanken konnte man den Gott des Schabernacks einfach nicht abbringen.

Das wusste Thor aber ebenso gut.

 

Doch es kam, wie es kommen musste. Odin fand durchaus heraus, was die beiden Brüder miteinander teilten. Erst hatte er es einfach nicht glauben wollen, doch dann erwischte er sie in flagranti als sie sich einander hingeben wollten. Dann brauchte der Allvater keine weiteren Informationen mehr, um zu wissen, was alles von den Gerüchten stimmte und was nicht.

Er befahl Beide zum Bifröst und schickte Heimdall fort. Das war eine Sache, die Niemanden etwas anging. Auch nicht den Wächter der Götter... Mit gesenkten Häuptern kamen seine Söhne, wie er es befohlen hatte und standen mit einem respektvollem Abstand von ihm entfernt. Sie wagten es nicht, ein Wort zu sprechen. Das war auch besser so...

Dafür war Odin nicht wortlos, wenn auch immer noch wütend und fassungslos: „Ich kann es einfach nicht glauben, was ihr hinter meinem Rücken getan habt! So etwas hätte nie passieren dürfen! Wie lange geht das nun schon?!“ Keiner von Beiden antwortete. Das erzürnte ihn nur noch mehr. „Nicht nur, dass es verboten ist, es ist auch nicht zu verzeihen!“, wetterte Odin weiter, „Ich bin so enttäuscht darüber! Nicht nur, dass ihr... so etwas tut, ihr habt mich auch noch belogen! Ich hatte wirklich mehr von euch erwartet... Viel mehr.“

„Aber Vater...“, begann Loki mit feuchten Augen.

„RUHE!“, schrie der Allvater und brachte damit den Gott des Schabernacks zum Verstummen. Thor war selbst vollkommen bleiern und wusste weder, was er sagen noch, was er tun sollte. Loki hatte recht gehabt und das von Anfang an... Ihr Vater nahm es nicht so locker auf und er würde sich auch nicht an den Gedanken gewöhnen, welche Liebe sie gewählt hatten.

Und obwohl sie nun solch einen Zorn erhielten, streckte Loki seine Hand nach der seines Bruders aus. Er ergriff diese und drückte sie tröstend und beruhigend. Das besänftigte Odins Zorn keineswegs, sondern schürte ihn eher noch an. Immerhin bestätigten die Brüder so, dass alles wahr gewesen war. Zu lange hatte er sich gegen die Wahrheit gesträubt und darauf gab es nur eine einzige Antwort. Jene, die er niemals hatte aussprechen wollen...

„Ihr verdient eure Kräfte nicht länger.“, schnaubte der Allvater erbost und ebenso traurig und enttäuscht, „Im Namen meines Vaters und dessen Vaters, verbanne ich euch! Ihr dürft nicht nach Asgard zurückkehren und seid von nun an verdammt, das Leben von Sterblichen zu führen!“ Er ließ seinen Worten taten folgen. Dabei ignorierte er die feuchten, traurigen Augen seiner Kinder, sondern entriss ihnen nicht nur die Quellen ihrer Macht, sondern ebenso die Kleidung der Asen. Sie waren nicht mehr würdig, die Uniformen zu tragen, wie sie es nicht mehr würdig waren, diese göttlichen Kräfte zu führen.

Kein Klagen brachte den Allvater von seinem Vorhaben ab. Er entschied sich für eine der Welten und öffnete dann den Bifröst dazu. Dann erst verpasste er seinen beiden Söhnen einen heftigen Stoß, damit sie in den Strom gerieten, der sie direkt in die andere Welt befördern würden.

Sie sahen nicht mehr, wie das gesunde Augen des Mannes die Tränen hervorbrachte und wie er bebte. Er litt schrecklich unter dieser Entscheidung, doch einen anderen Ausweg als Verbannung sah er nun einfach nicht. Nicht nach dem Verbrechen, das sie begonnen hatten.

Es war keine Zeit für Milde...

Dennoch hoffte Odin innerlich sehr, dass Loki und Thor ihren Fehler einsehen und sich anders entscheiden würden. Dass er sie irgendwann zurück nach Asgard holen konnte...

 

Prolog Ende

Ein neues Leben

Alexander konnte sich selbst nicht erklären, wieso er ständig diesen gleichbleibenden Traum hatte. Von einer goldenen Stadt über der der Sternenhimmel hing und von diesem einäugigen Mann, der ihn verbannte. Wieso er stets seinen „Bruder“ sah, in dieser seltsamen Rüstung und dem seltsamen Auftreten. Ein Traum, der ihm wie ein altes Leben erschien, aber an so etwas glaubte er einfach nicht. Er glaubte nicht an eine andere Welt neben der, die er kannte. Er glaubte nicht an ein Leben vor diesem. Nun war er ein bekannter und begehrter Anwalt, der sich nur seiner Arbeit hingab. Sein „älterer Bruder“ Godric arbeitete als Kellner und sie verstanden sich nicht mehr seit Alex wusste, dass man ihn adoptiert hatte. Er erinnerte sich daran als sei es erst gestern gewesen als er im Keller nach etwas gesucht hatte und plötzlich die Adoptionsakte in der Hand hatte. Ihm war immer aufgefallen, dass seine „Eltern“ ihn nicht behandelt hatten, wie Godric. Godric war immer der Mittelpunkt gewesen. Sogar dann als heraus kam, dass Alexander ein begabtes Kind war und Förderung brauchte! Ihre Eltern hatten sich gegen eine spezielle Förderung entschieden, damit Godric sich nicht anders behandelt fühlte... Das hatte der Anwalt nie verstanden. Immerhin hatten sie Godrics Sportbegabung gefördert und alles, worin er eben gut war. Aber bei Alex wollten sie nicht mal ein paar Förderungskurse finanzieren, damit er sich seinem Niveau entsprechend entwickeln konnte.

Als er in der Highschool war und mit 16 in die gleiche Klasse wie sein Bruder versetzt wurde, weil er sonst hoffnungslos unterfordert gewesen wäre, hatte er sich noch gut mit Godric verstanden. Kurz darauf hatte er dann alles über die Adoption rausbekommen und verstanden, wieso seine Pflegeeltern nicht mehr unternommen hatten als das Überspringen einiger Klassen. Vorher hatte er seine Pausen mit seinem sportlichen Bruder verbracht, dann aber hatten nur noch Hass und Neid Platz bei ihm gefunden und er hatte sich entfernt. Das hatte Godric nie abgehalten, alle Schläger, die etwas gegen ihn hatten, zu verprügeln und seinen kleinen Bruder bis auf das Blut zu verteidigen. Etwas, was Godrics Noten sehr geschadet hatte... Das hatte Alex gewusst, aber der Kellner hatte stets von ihm verlangt zu schweigen. Ihren Eltern hatte er erzählt, dass er wegen Mädchen so schlechte Noten geschrieben hatte. Nun saß Godric in einem Beruf fest, der nur eine Notlösung hätte sein sollen. Zwar an einer Bar in einem Luxushotel und relativ gut bezahlt, aber ohne Aussichten auf einen Aufstieg. Sich zu bewerben hatte er ebenso aufgegeben...

Dann waren die Hawkins’ gestorben. Das hatte Godric hart getroffen. Alexander erinnerte sich noch genau, wie der Kellner am Grab gestanden und geweint hatte. Wie er die Welt für seinen Verlust verfluchte und sich immer wieder fragte, womit er und sie das verdient hatten. Dass er nicht nervlich zusammengebrochen war, war seinem besten Freund zu verdanken, nicht dem Anwalt. Er hatte den Zustand sogar verschlimmert, weil er immer wieder sagte, sie hatten es verdient und dass er sie immer gehasst hatte. Immer wieder rieb er God unter die Nase, dass sie niemals Geschwister gewesen waren und seine Zieheltern nie seine echten Eltern. Dabei kam es ihm so vor als hatte er all das schon ein Mal gesagt und schon ein Mal erlebt... Doch aufgehalten hatte ihn das nicht. Er hatte immer weiter Salz in die Wunde gestreut.

 

Dadurch hatten sie sich dann endgültig entfernt... Besonders, weil man Godric das Elternhaus vererbt hatte und Alexander ging praktisch leer aus. Da sein Bruder aber irgendwie nicht die Beziehung unter ihnen aufgeben wollte und immer noch die Hoffnung hatte, dass es wieder wie früher werden konnte, hatte er ihm vorgeschlagen, dort wohnen zu bleiben. Trotz all der schrecklichen Worte... Trotz allem, was Alexander zu verschulden hatte. Er stimmte zu, aber kündigte auch an, dass er so bald wie möglich ausziehen und ein eigenes Leben beginnen wollte. Das traf Godric ähnlich hart, wie die gemeinen Worte über seine Eltern und dessen Ableben. Immerhin wollte er immer mit ihm zusammen bleiben... Das war ein Bedürfnis, das tief in ihm verankert war. So tief, dass es schon wehtat...

Und obwohl sie in einem Haus lebten, lebten sie aneinander vorbei. Alexander tat alles, um Godric zu verletzen. Immer und immer wieder erinnerte er ihn an Dinge, die ihn schmerzten. Irgendwann hatte er sogar eine Affäre mit seinem Chef begonnen. Es verging kein Tag, an dem er den Kellner daran nicht erinnerte, indem er sagte, dass er wegen seinem Chef Überstunden gemacht habe. Er hatte es sogar schon so weit getrieben, dass er während des Sexes mit diesem ans Telefon gegangen und immer wieder in den Hörer gestöhnt hatte. An sich war es nicht die Homosexualität, die hierbei God ärgerte, sondern die Person, der er sich ergab... Er hasste Herrn Markrhon und erst recht, wie er seinen Bruder verdarb. Die Porno-Branche, in der Herr Markrhon tätig war, machte das Ganze nur noch schlimmer. Er produzierte Sexspielzeuge, Pornos aller Art und andere perverse Sachen, von denen Godric lieber nichts wissen wollte. Und da der Mann auch noch ein Perverser war, gab es mehr als genug Klagen, die sein Bruder für ihn abwandte. Und das mit Sorgfalt und Geschick. Egal, ob es um Kinderschändung, Vergewaltigung oder die Produkte ging, Alexander haute ihn raus, um dann seine Überstunden damit zu verbringen, mit ihm zu schlafen. Wieder und wieder...

Die Bezahlung die hinter diesem Job stand, war dem Kellner dabei vollkommen egal. Immerhin war es der größte Hersteller von solchen Produkten weltweit und er war mehr als erfolgreich dabei. So war sein Bruder zum Staranwalt geworden und verdiente ein halbes Vermögen, fuhr einen Porsche und sah immer modisch und gut aus. Manchmal erwischte er sich, wie er ihn anstierte und sich danach verzerrte, mal über sein Sakko zu streichen oder das lockige, braune Haar zu streicheln. Für diese Gedanken hasste er sich sehr. Immerhin waren sie doch Brüder! Auch wenn Alex adoptiert war... Doch manchmal kam es ihm so vor als wäre dieses Gefühl ein Teil von ihm. Als habe er es schon ein Mal empfunden... Er hatte diesen immer wiederkehrenden Traum, in dem sein Bruder diese seltsam grünschwarze Kleidung trug und schwarzes, langes Haar hatte. Sie lebten in einer goldenen Stadt, über der die Sterne funkelten. In diesem Traum ging es um wilde Lust, die er mit ihm teilte und dann einem einäugigen Mann, den er als seinen Vater erkannte und der ihn dann verbannte. Dann wachte er auf und war schweißnass und verstand die Welt nicht mehr.

Irgendwann hatte er seinen Bruder gefragt, ob er den gleichen Traum mal gehabt habe und sein zögern hatte ihm verraten, dass es ihm genauso ging. Auch wenn er nicht so ganz verstand, glaubte er dennoch, dass das vielleicht einem vorherigen Leben entsprang oder unterdrückten Gefühlen. Er war da offen für alles, anders als Alex.

 

Gerade weil die Lage zwischen ihnen derartig verfahren war, begann ihr Morgen immer gleich: Alexander saß am Frühstückstisch mit der Zeitung des Tages in den Händen, während Godric am Türrahmen stand, einen Apfel aß und ihn argwöhnisch beobachtete. Immerhin suchte er wieder die Immobilienseiten nach einem Haus oder einer passenden Wohnung ab. Jeden Tag blieb der Kellner länger und riskierte zu spät zur Arbeit zu kommen, nur damit er sehen konnte, ob sein Bruder etwas fand. Seit etwa zwei Jahren suchte der Lockenkopf nun nach einem Eigenheim und bisher hatte er nie eines gefunden. Trotzdem fürchtete God, dass er irgendwann von der Arbeit kam und Alexander einfach weg war ohne irgendwas zurück zu lassen...

Als dieser die Zeitung faltete und seufzend beiseite legte, atmete Godric erleichtert durch und legte seinem Bruder – wie jeden Tag – seinen angebissenen Apfel auf den Teller zu dem Quark und dem belegten Brot mit Putenbrust. Dazu frühstückte Alex meistens noch etwas Frühstücksflocken, Kaffee und am Wochenende mal ein Croissant mit Marmelade. Er achtete auf ausgewogene Ernährung und bevorzugte selbstgemachtes Essen, anders als der Kellner, der sich nicht mal seine Äpfel selbst kaufen würde, wenn der Anwalt die nicht immer beim Einkaufen mitbringen würde, sobald sie leer waren. Sie waren so schrecklich verschieden... Dadurch war das Haus sauber, der Kühlschrank gefüllt und alles modern eingerichtet. Überall, wo God war, war auch das Chaos und Alex war so neurotisch, dass er alles hinterher räumen musste, um klar zu kommen. Dazu kaufte er stets mit Einkaufsliste und gewissenhaft ein, plante einfach alles vor. Godric tat einfach alles irgendwie, wobei er nie einkaufte, was gebraucht wurde und nicht mal sein eigenes Zimmer aufgeräumt bekam. Dafür kam er gut mit Menschenmassen klar, liebte Partys, hatte viele Freunde. Die Leute und vor allem die Frauen liebten ihn einfach! Dazu kam, dass er ein Fitnessjunkie war und jeden Tag ins Sportstudio ging, um seine Muskeln zu trainieren. Widersprüchlich dazu war, dass er am Liebsten Fastfood aß und das wirklich aufwändige, frische und gute Essen seines Bruders verschmähte...

„Ich muss los.“, sagte Godric nach etwas zögern, wagte es aber nicht, Körperkontakt zum Anwalt zu suchen, „Wir sehen uns später.“

„Ja...“, antwortete der Lockenkopf und sah langsam hinauf zu dem hünenhaften Blondschopf, „Versuch’ pünktlich zu kommen und zieh’ dich um, bevor dein Chef sieht, dass du schon wieder deine Arbeitskleidung nicht auf der Hinfahrt schon an hattest.“

God stockte und er wurde ganz bleich. Das durfte sein Bruder gar nicht wissen! Über seine Probleme mit seinem Chef sprachen sie kaum und seine ständigen Verspätungen sprach er schon gar nicht an. Auch nicht, dass er sich seinen ordentlichen Anzug dort anzog, um die Zeit zu sparen und ihn nicht auf seinem Motorrad zu zerknittern. Langsam sahen die blauen, strahlenden Augen zu dem Jüngeren und fixierten ihn schockiert und neugierig: „Woher weißt du denn bitte davon?“

„Dein Chef hat gestern angerufen.“, seufzte der Anwalt und gab dem Blick Godrics nicht nach, „Er hat mich zehn Minuten lang ohne Pause angeschrien, dass ich nie wieder zu spät kommen soll, weil er mir sonst Körperöffnungen aufreißt, die ich nun nicht näher beschreiben oder benennen möchte. Außerdem wiederholte er wieder und wieder, dass ich gefälligst im Anzug aufzutauchen habe und mich nicht erst im Hotel umziehen soll.“ Alexander beobachtete, wie sich der Hüne etwas wand und sich sichtlich unwohl fühlte. Erst nachdem die Genugtuung nachließ, fuhr er fort: „Er hat mir tatsächlich nicht geglaubt, dass ich nicht du sei. Er sagte mir, ich solle die dummen Ausreden sein lassen und mich endlich am Riemen reißen, ansonsten würde das Konsequenzen haben. Dann legte er einfach auf... Ich wollte es dir schon gestern sagen, aber du warst ja ewig unterwegs.“

Der Kellner nickte bleiern: „Danke.“ Dann griff er nach seiner Jacke und ging einfach. Darüber sprechen wollte er einfach nicht und am Liebsten auch nicht daran denken. Sicherlich machte sich Alex nun lustig über ihn und seine Lebenssituation. Sein Chef hasste ihn, er kam nicht weiter und er konnte sich nicht von seinem Bruder abnabeln, der gar nicht sein Bruder war...

 

Godric fuhr viel zu schnell auf seinem Motorrad, weil er verzweifelt versuchte, noch rechtzeitig anzukommen. Das war natürlich unmöglich, weil er so lange gewartet hatte, ob Alex eine Wohngelegenheit fand. Dennoch sollte der Barchef keinen Grund haben, nochmals bei ihm Zuhause anzurufen und wieder den Falschen anzubrüllen. Das ärgerte ihn total! Wieso war ihm bloß nicht aufgefallen, dass er nicht selbst am Telefon war? Alleine der Name sollte doch alles sagen! Zornig trieb er den Motor mehr an.

Nach etwa zehn Minuten erreichte er das Hotel. Eine neue Redkordzeit, wenn man bedachte, dass man etwa dreißig Minuten von ihrem Zuhause aus brauchte, wenn man sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen hielt... Er stieg rasch von seinem Bike und eilte hinein. Leider verließ ihn ab da an das Glück, denn als er sich Richtung Umkleide begab, lief er seinem Chef über den Weg. Dem stand der Zorn ins Gesicht geschrieben. Godric war sich sicher, dass wenn noch mehr Blut in dessen Kopf gepumpt wurde, er einfach explodieren würde. Das sprach er aber lieber nicht aus...

„Sie sind schon wieder zu spät, Herr Hawkins!“, wetterte der Mann, „Ich habe Ihnen gestern erst gesagt, Sie sollen nicht mehr zu spät kommen und gefälligst fertig bekleidet hier auftauchen! Und nun sehen Sie wieder so... beschissen aus und Sie sind auch wieder zu spät!“

„Eigentlich haben Sie mit meinem Bruder telefoniert...“

„Nun reden Sie sich nicht raus!“

In dem Moment, wo der Kellner antwortete, kam gerade sein Kollege dazu. Sein ebenso blondes Haar war wesentlich kürzer als Godrics und er hatte es mit etwas Gel zu einer ordentlichen Frisur geformt. Den Anzug trug er auch bereits sauber und akkurat und sah einfach top gestylt aus. Kein Vergleich zu Alexander, aber trotzdem war er immer wieder erstaunt, wie Fili es schaffte, stets so klasse auszusehen und das am frühen Morgen. Und er war immer pünktlich, obwohl er seinen eigenen Bruder vorher noch zur Arbeit brachte und danach abholte! Obwohl sein Kumpel sehr klein war, kam er bei Frauen super an. Mit ihm zusammen machten sie etwa sechzig Prozent der Einnahmen der Bar aus. Sie waren Frauenmagnete, besonders wenn sie gleichzeitig Schicht hatten.

Das wussten sie Beide, aber nur Fili wusste es auch einzusetzen. Deshalb war er es auch, der ihren Chef ernst und böse anstierte als er sich einmischte: „Nun kommen Sie mal runter! Er kommt zwar zu spät zur Arbeitszeit, steht aber immer rechtzeitig hinter dem Tresen und das ordentlich und ausgeruht. Die Aufräumarbeiten vor dem Eröffnen der Bar schaffe ich auch alleine, Hauptsache er ist da, sobald die ersten Kunden aufschlagen!“

„Er wird dafür bezahlt, dass er rechtzeitig kommt!“, meckerte der Chef dagegen an und wirkte so als platzte er gleich, „Ich kann Niemanden gebrauchen, der nicht zur vereinbarten Zeit aufkreuzen kann! Ich habe die Kündigung schon lange geschrieben, ich muss sie nur noch unterschreiben!“ In dem Moment wurde God ganz übel. Jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht und er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Bisauf Kellnern hatte er nichts gelernt und deshalb wäre es eine düstere Zukunft, wenn er nun plötzlich gekündigt werden würde. Und dann auch noch unter solchen Umständen... Niemand würde ihn in einer Bar anstellen!

Fili aber ließ sich nicht erschüttern oder erdrücken: „Wenn Sie ihn feuern, dann werde ich kündigen! Und da wir mehr als fünfzig Prozent Ihrer Einnahmen sind, wird Ihr Chef sicher nicht erfreut sein, wenn die plötzlich komplett wegfallen!“

In dem Moment verstummte auch der Barchef. Nun sah er elend und krank aus... Der Hotelleiter würde ihn dafür verantwortlich machen, wenn die Bar plötzlich nicht mehr lief und Fragen stellen. Ihm dann zu schildern, wie das verlaufen war, war ein Albtraum. Damit hatten die Kellner gewonnen und das ärgerte ihn. Fili interessierte das nicht, sondern er zog seinen Kumpel mit sich und führte ihn in die Umkleide.

Hier waren sie vollkommen alleine und darüber waren sie Beide froh. Godric nickte dankbar und begann sich dann endlich umzuziehen und die langen Haare zu einem Zopf zusammen zu binden. Fili bemerkte, dass es ihm nicht gut ging und dass das nicht nur an dem Streit mit dem Brötchengeber lag: „Ist alles in Ordnung? Hattest du wieder Streit mit Alex?“ Er vermied es >dein Bruder< zu sagen, weil er dafür mal heftig einen auf den Deckel bekommen hatte. An dem Tag war es ein besonders heftiger Streit gewesen und sein Kumpel hatte ihm ins Gesicht geschrien, dass der Anwalt nicht sein Bruder sei. Seither achtete er darauf, es nicht mehr zu sagen, falls es wieder so eskaliert war.

„Nein.“, antwortete God ihm nun wieder gefasst, „Es ist alles in Ordnung. Mich hat nur der Arsch eben überrumpelt.“

„Wenn was sein sollte, dann zögere nicht und rede mit mir. Ich bin für dich da! Egal, worum es geht.“

„Ich weiß, danke, Fili.“

Der Kleinere nickte, wenn er auch über das ständige Schweigen seines Freundes besorgt war: „Wir sollten nun hinter den Tresen, bevor die Adern am Hals dieses Idioten platzen.“

„Ja, da hast du recht.“, stimmte Godric zu und strich sich nochmals das Jackett glatt, „Ich will die Sauerei nicht aufwischen müssen und du sicher auch nicht.“

„Nicht wirklich.“

 

Es dauerte keine zwei Minuten nach dem Eröffnen der Bar, da kamen schon die ersten Frauenschwärme. Es war noch recht früh und eigentlich sollte man meinen, dass Alkohol noch lange nicht auf der Speisekarte stand, aber hier war eigentlich immer volles Haus. Besonders aber abends und nachts. Es waren natürlich nicht nur attraktive Frauen dabei – das waren sogar die Wenigsten – aber das war Berufsrisiko. Immerhin standen zwei trainierte Männer mit verschmitzten Grinsen und schönen Gesichtern hinter der Theke und mischten süße und starke alkoholische Getränke. Und das schnell mit Sorgfalt und Geschick. Dabei konnten sie recht viele Kunden gleichzeitig abarbeiten. Die Frauen versuchten derweil mit den Barkeepern zu flirten und einige wagten es sogar, Körperkontakt aufzubauen. Beide gingen nur so viel darauf ein, dass es die Damen lockte, wieder zu kommen und gutes Trinkgeld da zu lassen. Da sie nun auf der Arbeit waren, kam mehr nicht in Frage. Nur hier und da mal ein Zwinkern oder ein kecker Spruch.

Obwohl Fili und Godric manchmal Wetten machten, ob sie es schafften, eine bestimmte Frau abzuschleppen. Dann ging es darum, ein Date auszumachen und die Telefonnummer zu bekommen. In der Regel bekamen sie das auch, weshalb es eigentlich ein unnötiges Spiel war, weil das Ergebnis von Anfang fest steht. Aber irgendwie musste man sich die Arbeit schön reden und dafür sorgen, dass die Zeit einfach schneller verging. Gerade weil sie so einen bescheuerten Barchef hatten und in einem Beruf steckten, der nicht viele Perspektiven bot. Obwohl Fili das nicht mal müsste... Sein Onkel hatte reich geerbt und bei dem lebte er nicht nur, er war auch bei ihm aufgewachsen. Also konnte der Kurzhaarige tun und lassen, was er wollte. Er hatte sich aber entschieden, trotzdem arbeiten zu gehen und er schwor, dass ihm das Kellnern tatsächlich Spaß brachte! Das fand Godric bewundernswert. Der jüngere Bruder von Fili war ähnlich eingestellt, obwohl dieser als Erzieher in einem dörflichen Kindergarten arbeitete. Ihr Onkel hingegen war ein Geschichtslehrer an einer örtlichen Schule.

God war sich sicher, dass er mit so viel Geld nie wieder arbeiten gehen würde bis es aufgebraucht war. Aber davon konnte er nur träumen... Nicht alle konnten erfolgreiche Anwälte sein oder ein großes Erbe abstauben, das man durch Aktien und kluge Anlagen noch vergrößerte. Obwohl er Alexander die Welt zu Füßen legen würde, wenn er wirklich solch ein Vermögen hätte. Er würde dann alles einsetzen, damit er endlich seinen Job kündigte. Und wenn er dafür in einer anderen Kanzlei anfing oder einer anderen Firma, war es ihm recht, so lange es nichts mit Pornos mehr zu tun hatte. Und er weit weg von dem perversen Herrn Markrhon war... Aber auch das war einfach zurzeit nicht denkbar.

Deshalb arbeitete er einfach weiter. Flirtete mit Frauen, steckte sich das Trinkgeld ein und ließ seine Muskeln und seinen Körper für ihn sprechen. Das liebten die Kundinnen.

 

Weniger unzufrieden mit der Gesamtsituation war Alexander. Er war ganz entspannt in seinem Porsche zu dem riesigen Firmengebäude gerast und hatte sich dort gerne hinter seinen Schreibtisch begeben. Er liebte seinen Beruf, wenn er auch einem schlechten und perversen Menschen davor bewahrte, ins Gefängnis zu gehen. Und dort gehörte er zweifellos hin. Doch der Anwalt handelte stets im Sinne seines Arbeitsgebers, wie es wohl alle taten – auf die eine oder andere Weise. Er gewann jeden Rechtstreit für ihn, indem er sich ausgiebig über den Streitpunkt informiert und wie viele der Klagepunkte der Wahrheit entsprachen und welche nicht. Dann las er sich Gesetzesabschnitte durch und konnte all diese Texte in seinem Kopf abrufen, wie ein Computer. Das war seine Begabung, die seine Zieheltern nie hatten fördern wollen. So konnte er sich souverän im Gerichtssaal den Klägern stellen, Beweise liefern und alle in Grund und Boden reden. Er verlor sehr selten und dann waren es meistens nur unbedeutende Klagen, die den Ruf von Herrn Markrhon kaum schädigte.

Er bereute keineswegs seine Entscheidungen und dass er so viele Siege davontrug, obwohl sein Boss schuldig war. Das war eben sein Beruf. Dafür wurde er bezahlt! Er handelte im Interesse seines Brötchengebers und das lag auch in seinem Interesse. So handelte Jeder und dafür ließ er sich nicht einfach verurteilen. Es gab nur eine berufliche Entscheidung, die er zutiefst bereute... Es verging kein Tag, an dem ihn das nicht quälte.

Vor etwas mehr als einem Jahr hatte sich ein junges Mädchen bei seinem Chef beworben. Eine Asiatin mit starkem deutschen Blutanteil, welches dadurch ein schönes gemischtrassiges Aussehen hatte, welches sich in mandelförmigen Augen, weichen Gesichtszügen und schönem, goldblondem Haar, einen aufregenden Körper und viel Talent zeigte. Doch da ihr die Erfahrung fehlte, wollte keine Modelagentur sie einstellen. Aus Frust bewarb sie sich dann bei seinem Chef – wahrscheinlich hatte sie nicht gedacht, dass dieser tatsächlich Interesse haben könnte. Da sie zu dieser Zeit minderjährig war, landete diese Bewerbung direkt auf seinem Tisch, statt auf dem seines Chefs. Das Potenzial hatte der Anwalt auf einem Blick erkannt und sich von der exotischen Schönheit in den Bann schlagen lassen. Sofort hatte Alexander über sie Recherchen gestartet und so recht schnell rausgefunden, dass das werdende Model ein mathematisches Genie war und aus einer reichen Familie stammte. Durch die Vergewaltigung ihres Onkels hatte sie einen Sohn bekommen, den man ihr aber weggenommen hatte, weil es eben aus Inzest entstanden war. Dazu kamen deutliche Anzeichen für häusliche Gewalt: Krankenhausbesuche, oftmals Verbände, Wutausbrüche in der Schule und ähnliches. Es war ein wirklich leichtes Spiel gewesen... Zusammen mit Herrn Markrhon hatte er sie überzeugt, ihre Familie zu verklagen und so wurde sie zu ihrem eigenen Vormund. Mit dem Geld, das sie schon vorher durch einen Sugardaddy verdient und gespart hatte, kaufte sie sich ein Haus und unterschrieb kurz darauf den Vertrag bei seinem Chef.

Was danach folgte, hatte ihr Niemand gesagt. Das war der Punkt, an dem er zu bereuen begann... Nicht nur der verklagte Vater und der Onkel wandten sich von ihr ab, sondern auch der Rest der Familie. Man machte ihr Vorwürfe, in der Schule war sie nur noch die, die ihren Vater verklagt hatte. Ihren 17. Geburtstag verbrachte sie vollkommen alleine, weil auch ihre Freunde sich von ihr abwandten, weil sie diesen drastischen Schritt und ihr vorheriges Schweigen einfach nicht verstanden. Natürlich war auch die Arbeit in der Porno-Branche risikobehaftet und führte zu perversen Fans und Stalkern. Außerdem musste sie >Kleidung< tragen, die sie sonst nur für ihren Partner gewählt hätte und sich vor laufenden Kameras ausziehen oder sogar mit Jemandem schlafen. Das hatte schon viel stärkere Personen zertrümmert. Auch wenn sie das nach Außen nicht zeigte, litt sie unter ihren Entscheidungen und auch darunter, in welcher Branche sie gelandet war. An ihrem 18. Geburtstag war er dann für sie da. Sie hatten schön gefeiert mit allem, was dazu gehörte: Kuchen, Kekse, Musik und Geschenke. Aber das ersetzte weder Freunde noch Familie...

Dennoch mochte er sie sehr. Mit ihr konnte er auf einem Niveau sprechen, das ihm seine Ziehfamilie nie hatte bieten können. Sie war dazu sehr frech und ehrlich, was er zu schätzen wusste. Aber ihre Fröhlichkeit wich von Tag zu Tag. Und er trug eine Teilschuld daran...

 

„Alex...“, hörte der Anwalt plötzlich eine vertraute Stimme und er sah von seinen Akten auf.

„Reika.“, erwiderte er schließlich und lächelte sanft, „Wie geht es dir?“

Das Model schüttelte den Kopf und kam etwas näher: „Wie immer. Willst du zusammen mit mir Mittag essen?“

Alexander stimmte zu und legte dafür seine Arbeit beiseite. Dann griff er nach seinem teuren Mantel und begab sich an die Seite der Blondine. Sanft legte er ihr seine rechte Hand ins Kreuz und führte sie so. Viele der Mitarbeiter sahen sie an als sie an ihnen vorbeikamen und tuschelten. Es gab viele Gerüchte, dass der Anwalt und das Model etwas miteinander am Laufen hätten. Das stimmte natürlich nicht. Aber es gab Tage, da war er sich einfach nicht sicher, was er empfand... Da waren die zu starken Gefühle für Godric und diese Träume. Der Drang, ihm nah zu sein, aber ihm gleichzeitig weh zu tun und ihn fern zu halten. Auf der anderen Seite verstand er sich wirklich gut mit Reika und harmonierte mit ihr geistig und charakterlich. Doch welche dieser Emotionen waren Freundschaft? Welche waren Verlangen? Welche Liebe? Früher war sich Alex sicher gewesen, dass er immer genau wusste, was er wann fühlte, aber inzwischen war er sich in nichts mehr sicher. Gerade, weil er seinen Bruder so gerne berühren wollte. Er wollte ihn spüren. Ihm nah sein... Das war zu einem so starken Bedürfnis geworden, dass er es nur unterdrücken konnte, indem er ihm wehtat und mit ihm immer wieder stritt. Das tat keinem von ihnen gut, aber er konnte es auch nicht wirklich einstellen.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Reika ihn und sah ihn ernst an. Sie machte sich Sorgen, auch wenn sie nicht in der Lage war, das richtig zu zeigen. Emotionen fielen ihr schwer, außer man sagte ihr, welchen Gesichtsausdruck sie machen sollte – was keine wirklichen Gefühle waren.

„Ja, natürlich, alles bestens.“, log der Anwalt ohne zu zögern, „Was sollte schon sein?“

„So wie ich dich kenne, irgendwas mit deinem großen Bruder.“

„Er ist nicht mein Bruder, ich-...“

„Ja, ja, du wurdest adoptiert.“, unterbrach sie ihn und beendete so direkt auch seinen Satz, „Das spielt doch keine Rolle, oder? Er ist dir doch trotzdem wichtig und ihr seid doch trotzdem zusammen groß geworden! Egal, wie du es nennst, er ist dir trotzdem wichtig. Und du kannst auch nicht ohne ihn.“

Zähne knirschend blickte Alex zur Seite und versuchte dem Blick auszuweichen, den sie ihm unverfroren schenkte: „Wie kommst du bloß auf solche Ideen, Reika? Ich kann ihn nicht leiden! Er ist dumm und er nervt... Er kennt nur Cartoons, Sport, Fressen und fremde Frauen ficken. Ich bin froh, wenn ich nicht mehr mit ihm unter einem Dach wohne!“

„Das sagst du seit wir uns kennen.“, erwiderte die Langhaarige gelassen, während sie ein Restaurant betraten, welches nah der großen Firma war und wirklich gutes und frisches Essen servierte, „Aber du bist immer noch nicht ausgezogen und trägst immer noch Sorgenfalten, sobald ihm irgendwas zustößt. Eigentlich findest du keine passende Immobilie, weil du nicht ausziehen, sondern bei ihm bleiben willst. Vielleicht empfindest du keine geschwisterliche Bindung zu ihm, aber irgendeine Art von Liebe hegst du.“ Ein Kellner führte die Beiden an einen kleinen, aber schönen Tisch mit gutem Blick auf die belebte Straße. Er gab ihnen auch direkt eine Speisekarte, ehe er sich entfernte. Dann sah die junge Frau ihn erneut an: „Leugne es ruhig, aber wenn mir das sogar auffällt, dann ist da auch was dran.“

„Ich habe etwas mit Herrn Markron...“

„Ja... Eine lieblose Affäre.“

Dazu wusste der Anwalt nichts mehr zu sagen. Sie hatte ja recht... Da war irgendwas, auch wenn er das Kind nicht benennen konnte oder wollte. Da waren starke Gefühle und die hinderten ihn an dem Schlussstrich. Nun ärgerte er sich aber noch mehr! Er machte sich Vorwürfe wegen dem, was er ihr angetan hatte und nun half sie ihm, indem sie ihm Tipps gab und für ihn da war, statt dass er seine Schuld beglich. Es half ihm weiter, wenn er auch immer noch keine Antwort hatte, die ihn nach Vorne brachte.

Trotzdem dankte er ihr und sah sie dann erneut an: „Darf ich dich mal etwas fragen?“

„Natürlich, frag’.“

„Hast du manchmal wiederkehrende Träume?“, wollte der Anwalt wissen und fühlte sich etwas unbehaglich dabei, „Träume, die du dir nicht erklären kannst, aber die dir so... vertraut und realistisch vorkommen. Als hättest du das, was darin getan und gesagt wurde, wirklich erlebt. Aber sobald du aufwachst, weißt du, dass das eigentlich nicht sein kann.“

„Ja, solche Träume habe ich.“, sagte die Asiatin erstaunt und sah von der Speisekarte auf, „Was träumst du?“

Alexander war erleichtert, dass sie solche Träume auch zu haben schien und sie ihn nicht für verrückt erklärte. Dadurch konnte er sich entspannen und sah ihr nun mutiger in die schönen, eisblauen Augen: „Es sind eigentlich verschiedene Träume, die immer mal wieder kommen. In dem einen bin ich in einer goldenen, riesigen Stadt, die nicht auf der bekannten Erde zu sein scheint. Mein Bruder trägt eine seltsame Rüstung und wir werden für unsere... Liebschaft verbannt. Der Traum kommt am Häufigsten vor...“ Er wartete auf ihre Reaktion, bemerkte aber weder Abscheu noch Skepsis. Nur gesunde Neugier. „In einem anderen Traum lebe ich im Mittelalter und scheine ein König zu sein. Auch dort kommt mein Bruder vor und wir haben eine heimliche Affäre... Ich wache immer auf, sobald ich sozusagen... Na ja... komme!“, berichtete Alex etwas aufgeregter, „Die anderen Träume finden in diesen Szenarien statt, unterscheiden sich aber inhaltlich nicht großartig. Mein Bruder ist immer da, wenn er auch stets etwas anders aussieht. Aber ich erkenne ihn durch seine Gesichtszüge und seine Augen... Wir haben jeweils andere Namen, aber es kommt mir so vertraut vor als hätte ich das wirklich erlebt.“

„Wie heißt ihr denn in deinen Träumen?“, wollte das Model wissen und bestellte sich derweil einen gemischten Salat. Er wählte ein Schnitzel mit Bratkartoffeln. Erst als der Kellner weg war, fuhr der Anwalt fort: „In dieser goldenen Stadt heißt er Thor und ich Loki...“

„Das sind alte nordische Götter.“, mischte sich Reika ein, „Thor ist der Gott des Donners und Loki ist der Thor des Schabernacks. Zumindest glaubte man das...“

Mit so etwas kannte sich Alexander einfach nicht aus, deshalb freute es ihn, dass sie so ein aufgewecktes und interessiertes Wesen hatte, dass so etwas bei ihr nicht nur hängen blieb, sondern sie darüber auch in der Regel recht viel wusste. Er würde sich diese Aussage merken, damit er später eigene Forschungen anstellen konnte. Vielleicht fand er dann den Grund dieser Träume heraus. Es war zumindest ein Ansatz...

Dennoch riss er sich aus seinen Gedanken und räusperte sich: „Okay, danke. Und in dieser Mittelalter-Träumerei heiße ich Konstan und er Ben. Zumindest nennen wir uns so, aber es kommt mir so vor als wären das nicht unser ganzer Name, sondern nur Kosenamen. Vielleicht auch Decknamen oder so...“

Reika dachte kurz nach, ehe sie ihm eine Antwort gab: „Vielleicht Kurzformen für Konstantin und Benedikt? Das wären zumindest typische Namen für so eine Zeit.“

Tatsächlich weckte das ein vertrautes Gefühl in ihm. Als habe er eben diese Namen schon oft gehört und sich damit verbunden gefühlt. Aber vielleicht redete er sich das auch nur ein. Wollte an etwas wie Vorhersehung glauben... Er war 26 Jahre alt und hatte immer noch keine ernsthafte Beziehung, keine Kinder und nichts, was er für die Zukunft plante. Wäre es da nicht schön zu wissen, dass da Jemand war, der ihm über viele Leben folgte? Jemand, der einfach zu ihm gehörte, was auch immer geschah?

Diese Hoffnung erschien ihm albern. Es war ihm sogar ein bisschen peinlich... Immerhin redete er sich nun ein, dass Godric vom Schicksal für ihn bestimmt wurden war. Aber sie waren zusammen aufgewachsen, wie Geschwister! Auch wenn sie keine waren... Der Kellner empfand es immerhin so. Außerdem war es selbst zu der heutigen Zeit immer noch sehr verrufen, homosexuell zu sein. Gerade bei Männern. Zwar hatte Alex die Liebschaft mit seinem Chef, aber das war weder etwas Ernstes noch eine Sache, die er nach außen trug. Außerdem hatte er es ursprünglich nur begonnen, um God mit dem Gedanken wahnsinnig zu machen, er sei >schwul<. Dass er vielleicht wirklich schwul war, war nun erschütternd... Doch es würde so vieles erklären. Viele ihrer Streitigkeiten, viele seiner Gedanken. Zu viele seiner Fantasien als er mit Herrn Markrhon schlief.

„Vielleicht bedeutet es nichts...“, murmelte das Model und riss ihn damit aus seinen Gedanken, „Vielleicht sind es auch Erinnerungen an ein Leben, das lange vor diesem stattfand. Egal, was es ist, du solltest es nicht ignorieren. Und auch nicht die Botschaft, die dir diese Träume sicher zu übermitteln versuchen. Es geht nicht umsonst immer nur um euch Beide...“

„Du hast wahrscheinlich recht.“

„Natürlich habe ich das!“, kicherte Reika, „Ich habe immer recht.“

„Jetzt klingst du schon wie Gody.“, grinste der Anwalt.

Kurz darauf brachte man ihnen auch das Essen an den Tisch und sie redeten weiter. Über alles, was ihnen zu den Träumen in den Sinn kam. Es war ein sehr angeregtes Essen.

 

Der Abend hatte bei den Geschwistern ebenso eine Routine entwickelt, wie der Morgen. Godric kam von der Arbeit, warf seine Schuhe ab, wie es ihm gerade passte, schmiss die Jacke auf den Boden und verursachte auf der Suche nach Cola sehr viel Chaos in der gemeinsamen Küche. Dann ließ er sich einfach auf dem Sessel fallen und schaute den Kinderkanal oder einen Animationsfilm auf DVD. Alexander kam irgendwann zwischen 20.00 und 22.00 Uhr nach Hause, las Jacke und Schuhe auf, um sie ordentlich aufzuhängen und abzustellen. Entzog sich dann die eigenen Lackschuhe und die Jacke, um sie ebenso ordentlich dazu zu stellen. Dann ging er in die Küche und räumte dort wieder alles auf, ehe er mit ein paar Akten von der Arbeit ins Wohn- und Esszimmer kam. Dort setzte er sich wortlos an den Essenstisch, schlug eine Akte auf und begann sie zu lesen und zu studieren. Darüber seufzte dann der Kellner, der sich aus seinem Sessel erhob und nahm von der Pinwand ein Prospekt eines Lieferanten – wie gehabt vom Pizzalieferanten. Dann kam er zurück, setzte sich zu seinem Bruder an den Tisch und sah auf die Schrift des Zettels.

„Hast du schon gegessen?“, fragte Godric etwas distanzierter, wie jeden Abend.

„Tatsächlich habe ich heute schon gegessen.“, antwortete der Anwalt. Das kam nicht oft vor. Meistens arbeitete er ohne Pause durch und nahm sich seine Arbeit dennoch mit nach Hause. Das gemeinsame Abendessen war ihre einzige gemeinsame Aktivität, in der sie sich nicht stritten und einfach beisammen waren. Deshalb wartete der Kellner auch immer darauf, dass sein Bruder nach Hause kam und aß bis dahin nichts.

Deshalb seufzte er auch leise, ehe er Alex anblickte: „Möchtest du trotzdem etwas zu Essen, Lexy?“

Nun war es der Anwalt, der seufzte. Er hasste diesen Spitznamen und wusste beim besten Willen nicht, wie der Kellner damals darauf gekommen war. Aber er ließ sich beim besten Willen nicht davon abbringen, egal, was er machte oder sagte!

„Ich würde einen gemischten Salat nehmen...“, murmelte Alexander nach einer kurzen Bedenkzeit. Er wollte das gemeinsame Essen nicht ausfallen lassen, nur weil Reika heute mal mit ihm Mittagessen war. Dafür bedeutete ihnen Beiden das zu viel.

Godric nickte und stand auf. Er wählte die Nummer des Lieferanten und bestellte für sich – wie immer – eine große Salamipizza und dazu den gewünschten Salat. Er bestätigte die Anschrift und bedankte sich, dann legte er auf. In der Zeit hatte der Lockenkopf sein Gesicht in den Händen vergraben und schwerfällig ausgeatmet. Er ging davon aus, dass es gerade Niemand sah, aber natürlich war es genau der falsche Moment. God kam zurück und zögerte etwas, setzte sich dann aber wieder zu seinem Bruder. Auch das war neu. Sonst guckte er Cartoons bis die Lieferung ankam.

Ganz zaghaft legte er ihm die Hand auf die zusammengesackten Schultern: „Ist alles in Ordnung, Lexy?“

„Warum fragen das heute alle?“

„Vielleicht, weil du so aussiehst als stimmte etwas nicht.“

Die Meisten schienen ihn besser einschätzen zu können als es ihm lieb war. Alle bemerkten sein hadern und zögern. Sie sahen den Frust in seinen Augen und die Schuld auf seinen Schultern. Da konnte er offenbar auch Niemanden überzeugen, dass das alles nur Einbildung war. Davon konnte sich der Anwalt nicht mal selbst überzeugen! Aber das galt auch für seinen Bruder.

Erst nach einigen Augenblicken konnte sich Alexander aus seiner Starre lösen und senkte die Hände, um dem Älteren direkt ins Gesicht zu sehen: „Alls gut, Gody. Ich bin einfach nur etwas müde, mehr ist es nicht.“

Die Lüge erkannte der Kellner sofort. Deshalb fackelte er auch nicht lange, sondern stahl ihm direkt die Akten unter den Fingern weg. Darauf reagierte der Anwalt allergisch. Er sprang auf und wollte sich die Papiere zurückschnappen, aber Godric rannte einfach weg und stellte sich auf die andere Seite des Sofas.

„Was soll denn das?!“, schimpfte Alex wütend. In dem Moment, wo er um das Sofa treten wollte, ging auch Godric weiter, damit der Abstand gleich blieb. Die teure Couch, die der Anwalt irgendwann gekauft, aber nie genutzt hatte...

„Ich finde, du solltest mal einen Abend frei machen.“, antwortete dann der Kellner, „Du musst mal was anderes machen als zu arbeiten. Das ist doch deine Freizeit, Lexy! Guck’ mal Fern oder geh’ spazieren. Denk’ mal an etwas Anderes als deine Arbeit.“

Darin unterschieden sich die Geschwister auch. Godric floh vor jeder Arbeit und Verantwortung, während Alexander diese suchte. Leider war die Arbeitswut zu groß geworden und inzwischen war er ein Workaholic. Etwas, was der Kellner nicht gerne mit ansah. Trotzdem versuchte der 26-Jährige um das Sofa zu laufen, aber kurz bevor er God hatte, sprang er einfach über die teure Couch und brachte diese so wieder zwischen sie. Der Anwalt fluchte erbost und haderte, ob er diesem Beispiel folgen sollte, entschied sich aber für die Aufgabe. Genervt setzte er sich wieder an den Essenstisch. Godric kam vorsichtig näher und setzte sich dann einfach auf die Akten neben den Jüngeren. So konnte Alex ihn nicht austricksen und wieder an die Arbeit kommen.

Obwohl dieses Spielchen sie Beide etwas aufgelockert und an ihre Jugend erinnert hatte, wirkte Alexander immer noch zerschlagen. Es war fast so als belastete ihn irgendwas. Wahrscheinlich etwas, was Godric eh nicht verstand, weil es seinen Horizont überschritt, aber das hinderte ihn keineswegs, es trotzdem zu wagen.

„Was ist denn nun los?“, versuchte es der Blondschopf erneut.

„Nichts, was dich-... Ach, vergiss’ es.“

„Nichts, was mich etwas angeht, he?“

„Interessiert. Ich wollte interessiert sagen...“, murmelte Alexander und sah den Hünen etwas verletzbarer an, „Nicht, dass es dich nichts anginge...“

God schluckte schwer. Das war viel mehr als er sonst von dem Anwalt als Antwort bekam. Zwar besaß sein Bruder eine Silberzunge und er wusste auch, dass er den Schalk in sich hatte, aber trotzdem gingen ihre Antworten meistens nicht über kurze Belanglosigkeiten hinaus. Dass Alex ihn beschwichtigte, kam niemals vor. Aber auch nicht, dass er so schutzlos und verletzlich wirkte. Deshalb wusste der Kellner, dass er nun nicht aufhören durfte.

„Doch, es interessiert mich.“, sagte er mit fester Stimme, „Sonst würde ich nicht fragen. Was ist los?“

Unbehaglich knetete sich der Anwalt die Hände und schien kurz nachzudenken, ehe er zur Antwort bereit war: „Erinnerst du dich an die große Klage vor etwa einem Jahr? Wo ich dafür gesorgt habe, dass das jetzige Vorzeigebild meines Chefs ihr eigenes Vormund wird und die Modelstelle antritt? Das Mädchen, das ihre Familie für Vergewaltigung, Misshandlung und Vernachlässigung verklagte?“

„Klar, erinnere ich mich.“, antwortete Godric und nickte, „Du hast damals Tag und Nacht gearbeitet. Ihr habt sehr oft getagt und es war kein einfacher Rechtskrieg. Ihr Vater hatte super Anwälte. Trotzdem habt ihr gewonnen... Was ist mit dem Fall?“

„Reika ist inzwischen eine sehr gute Freundin von mir geworden.“, gestand Alex. Das überraschte den Kellner. Sein Bruder hatte sonst keine Freunde und schon gar keine weiblichen! Zumindest bekam er nichts in der Richtung mit.

Trotzdem verstand der Blondschopf das Problem dahinter nicht. Er überlegte, kam aber nicht drauf, weshalb er doch nachhaken musste: „Und was genau ist das Problem?“

„Sie geht an all dem zugrunde...“, antwortete Alexander unwohl, „Freunde, Verwandte... Alle wenden sich ab. Sie wurde in ihrem letzten Schuljahr extrem gemobbt. Sie lebt alleine in einem viel zu großen Haus... Dazu kommt, dass sie sich für die Kamera auszieht, damit wildfremde Männer sich an diesem Bild eine runterholen. Was meinst du, wie Leute auf der Straße reagieren, die sie erkennen? Es ist widerlich!“ Er schüttelte sich bei dem Gedanke. Manchmal verstand er nicht, wieso sein Geschlecht so war, wie es eben war! Immerhin war Reika eine junge Frau, wie jede Andere, nur mit einem recht offenen Beruf. „Auch wenn sie die Starke mimt, das Ganze macht sie fertig. Sie wollte ein >richtiges< Model werden und nun verkauft sie ihren Körper. Sie wollte mal so viel mehr sein, aber sie tritt auf der Stelle und das vollkommen alleine. Und ich bin Schuld...“

Nun war es Godric, der seinen Mut zusammennahm. Er ergriff eine der Hände des Jüngeren und hielt sie so fest, dass er sich nicht losreißen konnte, aber so sanft, dass er ihm nicht wehtat. Dabei blickten die blauen Augen tief in die seines Bruders: „Wieso solltest du Schuld sein? Sie hatte doch eine Wahl! Außerdem haben doch ihre Verwandten all diese Dinge wirklich getan, oder? Es ist doch besser, wenn sie weg von ihnen ist! So ist sie sicher...“

„Aber ich hätte ihr sagen müssen, was solch eine Klage mit sich bringt! Ein verdammtes Jahr... So lange hätte sie doch noch warten können.“

„Nein, auf keinen Fall.“, widersprach God direkt, „In dem Jahr hätte sonst was passieren können! Vielleicht hätte man sie tot geprügelt! Vielleicht wäre noch Schlimmeres geschehen. Und denke nur an den dauerhaften Schaden ihres Verstandes! Ein Jahr macht so viel aus...“ Endlich erwiderte Alexander den Druck der Hand des Blondschopfes. Diese Worte schienen wirklich tröstlich zu sein. Godric wusste, dass das an der Wahrheit dahinter lag. Deshalb fuhr er auch fort: „Wenn du sühnen willst, dass du ihr das Leben gerettet hast für einen hohen Preis, dann hilf’ ihr, eine bessere Stelle zu finden. Du hast Kontakte und kennst viele Leute! Wie oft wirst du gefragt, ob du für ein Shooting zu haben wärst? Jeder hält dich für ein Model! Das kannst du für sie nutzen.“ Daran hatte der Anwalt noch gar nicht gedacht! Wenn Reika sich nicht bewarb, dann konnte er ja immer noch rumfragen. Vielleicht lud sie Jemand ein und sie konnte sich dann beweisen. Endlich rauskommen aus der Szene... Vielleicht würde sein Chef ihn dafür feuern, aber sein Gewissen gebot, dass er etwas unternahm.

Nun drückte Alex die Hand des Älteren etwas fester. Zwang seine Finger sogar zwischen seine. Sah ihm dabei fest in die Augen: „Ja, du hast recht. Wenn ich das auch nicht gerne zugebe.“

„Klar habe ich recht!“, erwiderte Godric.

Es läutete an der Tür, also löste er sich unwohl von dem Anwalt. Er fürchtete sich etwas, dass der sich seine Akten zurück stahl und arbeitete, wenn er wiederkam. Trotzdem musste er an die Tür und bezahlte dort den Lieferanten. Als er zurückkam, saß Alexander immer noch da und die Akten lagen immer noch auf dem Stuhl. Erstaunt und etwas stolz stellte der 28-Jährige das Essen auf den Tisch und holte Besteck aus der Küche. Dann setzte er sich erneut auf die Papiere und schob seinem Bruder den Salat hin. Er selbst öffnete den Karton mit der dampfenden, leckeren Pizza. Der Kellner inhalierte den Duft. Davon bekam er einfach nicht genug! Dann begann er sie zu schneiden. Er aß zuerst den Rand, um das Beste für den Schluss aufzuheben. Der Anwalt öffnete derweil den Salat und rührte etwas darin herum, ehe er ebenso zu essen begann.

„Fang’ am Besten gleich morgen damit an, Lexy.“, warf dann nochmals der Blondschopf ein, „Je schneller du dein Gewissen beruhigst desto besser. Geh’ doch zu diesem total angesagten Laden... Wie hieß er noch? Das Chiyo? Da kennst du doch den Leiter von und der ist doch souverän.“

Wieder ein Gedanke, der Alexander gar nicht gekommen war. Abrupt sprang er auf und wusste kaum noch seine Gedanken und Ideen zu ordnen. Er packte Godric im Nacken und presste seinen Mund direkt auf seinen. Sein Bruder war zu überrumpelt, um irgendwie darauf zu reagieren und der Kuss war auch zu kurz: „Danke, Gody. Wirklich... Vielen Dank!“

Mit diesen Worten stürmte er in sein Zimmer, in dem auch sein Computer stand. Er würde Recherche betreiben. Godric aber blieb alleine mit dem Essen im Wohn- und Esszimmer und versuchte zu verstehen, was gerade passiert war.

 

 

Kapitel 1 Ende

Einnehmende Träume

Inzwischen war es der Anwalt gewohnt, dass er seltsame Träume hatte. Träume, die ihn an etwas erinnern wollten. Doch dieses Mal war es irgendwie anders: Er war einfach intensiver. Dazu kam, dass es das erste Mal ein ganz neues Szenario war. Ohne Kontrolle über seine Entscheidungen zu haben und ohne seinem Körper Befehle geben zu können, schritt er durch einen goldenen Flur. Weitläufig und so wunderschön dargestellt. Doch eben an dieser Schönheit hatte er sich schon lange satt gesehen... All das hatte an Aufregung und Feuer verloren. Anders als sein großer Bruder, dessen Gemach er nun betrat. Thor blickte direkt auf und erhob sich dann von seinem großen Tisch: „Hey, Loki, was kann ich für dich tun?“

„Ich wollte sehen, was du machst.“, erwiderte er und setzte sich einfach auf das Bett des Älteren, „Was machst du also?“

„Ich langweile mich.“

„Du kennst Langeweile? Ernsthaft?“

Der Donnergott kicherte etwas und nickte dann. Schließlich kam er näher und setzte sich dann neben den Schwarzhaarigen. Sie hatten ein wenig Distanz zueinander. Eine Weile saßen sie nur da und sagten nichts. Es war angenehm, wenn man einander hatte und sich verstand, auch wenn man nichts sagte. Zumindest ging es dem Blondschopf so.

Doch Loki ging es da anders, der nach einer Weile wieder zum Hünen sah: „Empfindest du etwas für diese... Frauen, die dich so umwerben?“

Thor war bei dieser Frage sehr erstaunt und stockte. Natürlich hatte er sehr viele Verehrerinnen, da eigentlich alle davon ausgingen, dass er mal den Thron erben würde. Außerdem galt er als stattlicher Mann mit großen Kräften und Fähigkeiten. Durch Mjölnir konnte er Gewitter beschwören, die je nach Ausmaß seiner Gefühle besonders stark oder schwach waren - aber eindrucksvoll waren sie stets. Und obwohl er dadurch das holde Geschlecht anzog, hatte er sich bisher keinem Frauenzimmer verschrieben. Loki war da eher weniger begehrt... Niemand rechnete damit, dass er den Thron erben könnte und seine Magiebegabung war den Asen unheimlich. Es gab eigentlich nur Krieger unter ihnen und die wenigen, die der Magie bewandert waren, konnten es nicht so, wie er. Das hatte ihn irgendwann einsam werden lassen. Erst recht, weil Thors engen Freunde ihn nur ärgerten und lächerlich machten. Er hasste sie inzwischen richtig... Doch das rieb er seinem Bruder nicht unter die Nase. Immerhin mochte er diese Leute.

Trotzdem räusperte sich der Blondschopf nach einer Weile und schüttelte den Kopf: „Nein... Ich empfinde für keine etwas. Warum fragst du?“

„Empfindest du etwas für... mich?“, fragte der Schwarzhaarige etwas verunsichert.

„Natürlich, Loki, du bist doch mein Bruder!“

„Das meinte ich damit nicht...“

„Was meintest du dann?“, fragte Thor sichtlich verwirrt.

Nun war es Loki, der unruhig wurde. Er setzte sich von links nach rechts um. Fand offenbar keine bequeme Sitzposition. Es ärgerte ihn, dass er das Thema überhaupt angesprochen hatte und auch, wie er das getan hatte! Dennoch erwartete der Ältere offensichtlich eine Antwort, weshalb er langsam zu dem Donnergott blickte: „Ob du mehr für mich empfindest als... geschwisterliche Zuneigung...?“

„Freundschaft?“

„Manchmal glaube ich, ich sei adoptiert.“, seufzte der Schwarzhaarige und sah seinen Bruder dabei ungläubig an. Seine blasse Hand fuhr sich durch den Schopf und er überlegte, wie er es seinen Bruder klar machen sollte. Das war manchmal schwerer als es ihm lieb war. „Ich meine weder Freundschaft noch Geschwisterliebe, Thor.“, versuchte es der Gott des Schabernacks erneut, „Ich meine solche Gefühle, die ein Mann sonst für eine Frau hegt.“

Es wurde wieder still zwischen ihnen. Allmählich zweifelte Loki daran, dass sein Bruder je verstehen würde, was er meinte. Da konnte er auch mit einer Wand reden, die wohl noch vor ihm verstehen würde.

„Loki...“, murmelte Thor dann doch etwas entsetzt, „Das, wovon du sprichst, ist verboten!“

„Es ist also verboten, über Gefühle zu sprechen?“

„Du weißt, was ich meine!“

„Ich habe dich bisher zu nichts aufgefordert, Thor.“, antwortete der Schwarzhaarige nicht unbedingt begeistert, „Ich habe dich nur gefragt, ob du vielleicht mehr empfindest. Ich habe durchaus gemerkt, wie du mich ansiehst. Ich sehe das doch! Sag’ mir nicht, dass ich mir das nur einbilde!“

Da verstummte der Donnergott endgültig. Er resignierte und senkte die blauen Augen auf seine Füße als wären die gerade unheimlich interessant geworden. Das war natürlich auch eine Möglichkeit, um vor einem ernsten Gespräch zu flüchten. Weggucken und totschweigen... Das hatte er von Odin gut gelernt, der über seine 3-Wörter-Sätze sowieso kaum hinauskam.

Etwas, womit Loki noch nie etwas anfangen konnte. Er seufzte und erhob sich dann, um in dem Raum auf und ab zu gehen. Er wusste nicht, was er nun zur Entschärfung sagen oder tun sollte. Immerhin hatte er nicht vorgehabt, den blondhaarigen Gott damit zu verschrecken. Aber das war in Anbetracht der Situation wohl eher eine aussichtlose Sache.

Deshalb ließ er einen anderen Gedanken zu als er sich erneut zu Thor drehte: „Erinnerst du dich an unsere Kindheit?“

„Natürlich tue ich das.“, erwiderte der Ältere etwas verwirrt.

„Damals bin ich oft weggelaufen. Ich bin raus aus der Stadt in die Wälder und habe ein stilles Örtchen gesucht.“, erzählte Loki, „Höhlen, Baumstämme... Ich war da nicht besonders wählerisch. Bloß habe ich dann immer beim Lesen die Zeit vergessen und plötzlich wurde es dunkel. Obwohl ich keinen schlechten Orientierungssinn hatte, fand ich durch die Dunkelheit einfach den Rückweg nicht. Obwohl ich nie wusste, wo ich eigentlich war, hast du es irgendwie immer gewusst.“ Der Gott des Schabernacks musste etwas schmunzeln als er sich daran erinnerte. Thor hatte ihn mal heulend aus einer feuchten Höhle gerettet, in der er Unterschlupf gesucht hatte als er partout den Weg nicht gefunden hatte. Dann hatte er sie Beide Heim geführt. Der Schwarzhaarige löste sich aus dieser Erinnerung und sah erneut zum Älteren: „Aber nicht nur dann, du hast immer irgendwie gewusst, wo ich war. Ob in Asgard oder außerhalb. Damals so wie heute...“

„Was soll ich dazu sagen? Ich bin halt klasse!“

„Und auch ein wenig eingebildet.“, spottete Loki.

Thor verzog kurz das Gesicht, musste dann aber doch grinsen: „Kaum.“

Der Donnergott konnte einfach nicht verstehen, was seine Freunde gegen seinen kleinen Bruder hatten! Er war zwar den Meisten gegenüber verschlossen und distanziert oder einfach spöttisch, aber er war vor allem ein liebenswerter Mensch. Er war bei ihm auch ganz anders als wenn andere Asen dabei waren, aber das glaubte ihm keiner. Sif erwähnte sogar mehrmals, dass sie gerne die Geheimnisse des Magiers ergründen würde als sei er ein Versuchsobjekt... Das fand Thor beunruhigend. Aber noch mehr beunruhigend ihn die tiefe Bindung zum Jüngeren. Er wusste es nicht in Worte zu fassen und das machte die Unterhaltung sehr schwer. Tatsächlich erwischte er sich oft, wie er Loki ansah und das auf eine Art und Weise, die sich nicht schickte! Er träumte von ihm, hatte das Bedürfnis ihn anzufassen und ihn zu beschützen. Wenn der Gott des Schabernacks nicht bei ihm war, drehte er fast vollkommen durch und war stets kurz davor, ganz Asgard nach ihm abzusuchen. Solche Gefühle hatte bisher weder Weib noch Mann bei ihm ausgelöst. Das verunsicherte Thor allerdings sehr, weil es eine Empfindung war, die in dieser Form als verboten galt.

„Wundert es dich denn wirklich so sehr, dass ich mir wünsche, da wäre mehr?“, fragte Loki und riss seinen Bruder so aus den Gedanken.

Der Donnergott sah ihn an und legte dabei den Kopf schief: „Wer sagt denn das? Ich würde am Liebsten mit mir selbst zusammen sei! Stell’ dir mal vor, was das für eine heiße Liebe wäre, Bruder.“ Thor kicherte wie ein kleines Mädchen und schien sich tatsächlich vorzustellen, wie das aussehen würde.

„Du bist ein Idiot...“, murmelte der Magier und rollte mit den Augen, „Ein totaler Idiot.“

Das war Provokation genug, damit der Blondschopf sich erhob. Erst zögerte er, dann griff er aber nach dem Kreuz des Jüngeren und zog ihn plötzlich heftig an sich, sodass Loki gegen die starke Brust klatschte. Dann sahen die blauen Augen tief in die seines Gegenübers als wollte er sein Innerstes mit nur einem Blick ergründen und so nach Wahrheiten und Lügen suchen. Nach einer Weile des Starrens legte der Schwarzhaarige seine Hände an den Brustkorb des Älteren und fand auch seine Fassung wieder. Trotzdem konnte Thor beim besten Willen nicht sagen, ob er sich wieder über ihn lustig machte. Darin war der Illusionist schon immer gut gewesen! Seit Jahren fiel der Donnergott immer wieder auf die gleichen Tricks rein.

Doch dann entdeckte er etwas, was er bei Loki seit vielen Jahren nicht mehr entdeckt hatte. Ein Zunder, der zu einem Feuer entbrannte und Leidenschaft in sein Gesicht brachte. Ein tiefgründiges Verlangen, welches jede Vermutung nach Spielchen Lüge strafte. Es war Thor oft so vorgekommen als hätte der Schwarzhaarige die Freude am Leben verloren und als würden ihn Asgard und die Asen vollkommen langweilen. Als lebte er nur noch des Lebens wegen... Doch nun entdeckte er das Feuer ihrer Jugend. Den Drang, sich zu beweisen und etwas zu erobern. Etwas, was tief in seiner Brust wummerte. Etwas, was ihm das Atmen erschwerte...

 Er erinnerte sich an die Frage Lokis und ging etwas in sich. > Empfindest du mehr für mich? < Tat er das? War da mehr? Ein Verlangen, welches sich gegen all die Gesetze stemmen würde? Gegen den Allvater? Gegen alle Widrigkeiten? Die Augen seines Bruders schrien >Ja<, sein Herz auch... Aber sein Verstand warnte ihn. Erinnerte ihn an sein Erbe und alles, was er erreicht hatte. Dinge, die er verlor, wenn er seinen Kopf und sein Herz nun an den Gott des Schabernacks verlor. Aber waren diese Dinge wirklich von Bedeutung, wenn er sich dafür seinen Gefühlen verschließen musste? Er konnte es wirklich nicht sagen...

Loki aber wusste, was er wollte. Er war sich sicher, dass alles, was Asgard zu bieten hatte und die Bestimmung ein Thronerbe zu sein, nicht ansatzweise so wichtig war, wie das eigene Herz. Er brauchte Thor. Er hatte ihn immer gebraucht... Daran würde sich niemals etwas ändern. Zwar glaubte er nicht an Schicksal, aber es wäre schön, wenn es genau das war, was sie stets zusammenführte und sein Herz zum Springen brachte.

„Wenn du nicht einsehen willst, dass ich die beste Wahl bin...“, begann der Schwarzhaarige, „Dann wähle ich eben kämpfen! Ich werde alles tun, damit du jede Frau vergisst, die sich dir an den Hals wirft. Ich werde dafür sorgen, dass du pausenlos nur noch an mich denkst. Es wird für dich keinen anderen Asen geben – nur mich.“ Thor schluckte schwer bei diesen Worten. Erneut suchte er nach einer Lüge oder ein wenig Schalk, aber da war nichts. Nur das Feuer der Leidenschaft und das Funkeln der Wahrheit. Loki schien aber dennoch nicht fertig mit ihm zu sein als er fortfuhr: „Du gehörst zu mir, Thor. Ich war mir dessen schon immer sicher. Und deshalb werde ich bekommen, was ich mir wünsche. Du kannst dich so lange sträuben, wie du willst, das wird das Unausweichliche nur verzögern.“

Erneut schluckte der Blondschopf schwer. Egal, wie viele Frauen versucht hatten, ihm den Hof zu machen bisher hatte es keine geschafft, ihn so aus dem Konzept zu kriegen oder ihn derart schwanken zu lassen. Die Silberzunge seines Bruders hatte ihn vollkommen in den Bann geschlagen. Er fing an, an diese Worte zu glauben und an die Wahrhaftigkeit hinter der Absicht des Jüngeren. Er erwischte sich sogar dabei, dass er sich wünschte, dass das wirklich kein Spiel war. Erinnerte sich, wie oft er seinem Bruder vielsagende Blicke geschenkt und wie oft er ihn gedanklich an eine Wand gepresst und die Kleidung vom Leib gerissen hatte. Dinge, die er bis eben vollkommen verdrängt hatte... Dinge, die sein Vater nie verstehen würde!

Doch es war im Anschluss nicht der Allvater, der nicht verstand, sondern der Donnergott. Plötzlich griff Loki nach dessen starken Nacken, drückte ihn zu sich herab und presste seine schmalen Lippen auf seine. Er formte einen leidenschaftlichen und ungestümen Kuss. Der Gott des Schabernacks saugte sogar an der Unterlippe des Älteren und legte den Kopf schief, damit ihre Nasen einander nicht behinderten. Dann erst erwiderte Thor diesen wilden Kuss. Seine Hand am Kreuz des Jüngeren übte nun mehr Druck aus, damit der Schwarzhaarige an seinen Körper gepresst wurde, während die andere sich an Hals, Wange und Nacken von Loki drängte, um zu verhindern, dass dieser sich zurückzog und den Kuss damit beendete. Der Blondschopf legte mehr Feuer in den Kuss, während er sich dem Magier immer mehr aufdrängte. Er schnaubte, weil sein Atem so unruhig wurde, während ihn das Herz bis zum Hals schlug. Thor hatte sich immer für hetero gehalten, aber er hatte seinen Brüdern gegenüber immer Hintergedanken gehabt, für die er sich gehasst hatte. All diese Gedanken kamen nun heraus und er legte sie mit Gefühl in den Kuss. Schnappte nun selbst nach der Unterlippe des Illusionisten, während er sich in die Lederkleidung verkeilte. Er wollte nicht mehr ablassen, wollte ihn nicht gehen lassen und noch weniger wollte er, dass all das nur ein Spaß war. Wäre es das, dann wäre er es, der um Lokis Herz kämpfen und es für sich beanspruchen würde. Nun hatte er das Feuer in ihm entfacht und wenn er es nicht bereit war, zu bändigen, dann würde es ihn verschlucken. So wie es Thor nun mit den Lippen seines Gegenübers versuchte.

Loki war kalt und heiß zugleich. Er hatte es darauf angelegt und den Kuss als Erster ausgeführt, dennoch konnte er kaum glauben, dass sein Bruder zu solch einer Erwiderung fähig war. Plötzlich hatte der Blondschopf die Kontrolle an sich gerissen! Er ließ weder zu, dass er sich zurückzog noch, dass er es war, der den dominanten Part übernahm. Dennoch drängte der Gott des Schabernacks seine Zunge heraus und leckte damit über den Mund des Größeren. Dieser zögerte erst, öffnete dann aber das Tor zu seinem Mundraum. Nun konnte er sein Geschmacksorgan direkt in die feuchtwarme Höhle schieben und stupste gegen die Zunge seines Bruders. Dieser erwiderte es kurz, schloss dann aber seine Lippen und begann an der Zunge zu saugen. Der Schwarzhaarige war erstaunt und sah in die blauen Augen des Hünen, der vollkommen entbrannt war. Zwar hatte Loki stets bemerkt, wie sein Bruder ihn ansah und auch, wie nah sie sich standen, aber er hatte nie ernsthaft zu träumen oder zu hoffen gewagt, dass es jemals wirklich so weit kam. Und, dass es sich wirklich so unfassbar gut anfühlte...

Nachdem Thor ihn genug verschlungen hatte, löste er endlich den Mund und ließ ihnen Beiden die Chance, Luft zu holen und die Ereignisse zu verarbeiten. Doch die Gedanken kreisten um ihr Gespräch und in welche Richtung es sich entwickelt hatte. Immer wieder musste er an den heißen Kuss denken und daran, wie sein Bauch davon noch kribbelte und zog. So heiß war ihm schon lange nicht mehr gewesen...

„Vielleicht bin ich es doch eher, der um dich kämpft und dich erobert.“, schnurrte der Donnergott süffisant grinsend und ließ seine große Hand über den Rücken des Mannes wandern. Streichelte ihn beruhigend und leidenschaftlich. Loki hatte etwas in ihm aufgeweckt, was er vielleicht doch lieber hätte ruhen lassen sollen. Doch nun gab es kein Entkommen mehr...

Erst wirkte der Gott des Schabernacks verlegen, dann hob er seinen Blick allerdings mutiger und stierte dem Älteren direkt in das selbstbewusste Gesicht: „Du hast mich vielleicht gerade überrascht, aber nur, weil du dich vorher geziemt hast, wie ein kleines Prinzesschen! Ich falle kein zweites Mal auf diese Showeinlage herein. Das kannst du mir glauben!“

„Prinzesschen?!“, grollte der Hüne und sein Gesicht verfinsterte sich. Das Ego des Donnergottes war legendär und entsprechend konnte Loki draußen auch schon den Donner hören, während es immer mehr zu zog.

„Ja, Prinzesschen!“, erwiderte der Jüngere zu stolz, um den Kopf einzuziehen, „Ich kann dir ja dein hübsches, goldenes Haar flechten und dann ziehst du dir ein rosa Rüschenkleidchen an und wir machen eine Teeparty. Das würde dir doch gefallen und deinem ganzen Wesen gerecht werden.“

„Na warte...“

Thor wollte seinen kleinen Bruder dichter an ihn pressen. Ihm so den Atem rauben, aber Loki löste sich einfach in seinen Armen auf. Es war nur eine Illusion. Vollkommen irritiert starrte er in die leeren Hände und sah dann zur Tür, in der stand der Magier mit einem verschmitzten Grinsen: „Wirklich beeindruckend, Bruder... Ob du wohl irgendwann nicht darauf reinfällst?“

„Wenn ich dich in die Finger kriege!“, schnaubte der Blondschopf und rannte sofort los.

„Wenn!“, lachte der Schwarzhaarige und rannte ebenso los. Sie stürmten wie kleine Kinder durch die Flure des Palastes und ließen verwirrte Wachen und Diener hinter sich zurück. Auf diese Art getobt hatten die Geschwister nicht mehr seit sie aus den Kinderschuhen herausgewachsen waren. Aber das hinderte sie offenbar nicht daran, es nun nachzuholen. Dabei legte Loki Thor immer wieder mit seinen Illusionen herein und spottete dann über die Einfältigkeit des Älteren. Und mit einem Schlag waren sie Beide wieder jung und Thron und Vater waren vergessen.

 

Als Alexander vom Wecker auf seinem Nachttisch geweckt wurde, fuhr er schreckhaft zusammen. Sofort schlug er nach dem lauten Gebimmel und schnaubte angestrengt. Sonst hatte er mit dem Aufstehen keine Schwierigkeiten, aber dieser detaillierte Traum, der sich so real angefühlt hatte, hang noch in seinen Gedanken. Er hätte so gerne gewusst, wie sich das Ganze weiter entwickelte... So gerne hätte er die Geschichte weitergeführt. Aber er hatte sich vorgenommen, heute ins Chiyo zu fahren und dessen Leiter zu bitten, Reika als Model anzustellen. Das musste er noch vor der Arbeit tun und deshalb musste er früher aufstehen und das Haus verlassen. Es war keine Zeit zum Schlafen und zum Träumen.

„Ich... habe Gody geküsst...“, murmelte er dann plötzlich. Erst jetzt wurde ihm das bewusst. Er hatte den ganzen Abend Recherche betrieben und eine Mappe für das Model zusammengestellt und war dann wie tot ins Bett gefallen. Erst jetzt dachte er wirklich darüber nach, was am Vorabend passiert war. Nicht nur, dass der Kellner ihm einen sinnvollen Rat gegeben hatte, er hatte sogar den Anwalt dazu gebracht, ihm einen Schmatzer zu schenken! Bei weitem nicht so feurig, wie der Kuss in seinem Traum, aber trotzdem direkt auf den Mund. Und er erwischte sich dabei, dass er sich danach sehnte, solch einen leidenschaftlichen Kuss mit Godric zu teilen. Er wollte seine Lippen genauso auf seinen spüren. Er wollte, dass er ihn liebte und nur noch an ihn dachte. Wann hatte er angefangen, so für den Älteren zu empfinden? Warum war ihm das niemals bewusst gewesen?

Seufzend kroch Alex endlich aus seinem Bett und begann dieses direkt aufzuschütteln und ordentlich zu machen. Dann putzte er sich die Zähne, zog sich einen sauberen Anzug an und machte sich die Haare. Das alles ging wie von selbst und deshalb brauchte er nicht lange. In der Küche machte er sich einen Kaffee und füllte ihn in einen Coffee-to-go-Becher. Schwarz, wie er das Teufelsgebräu eben liebte. Dann griff der Anwalt nach der Mappe und verließ das Haus akkurat und ordentlich, wie man ihn einfach kannte. Er stieg in seinen Porsche, stellte sein Getränk in den Halter dafür und sah nochmals zu dem Familienhaus. Er hoffte irgendwie, dass Godric aufstand und aus dem Fenster sah, aber da tat sich nichts. Deshalb ließ er nun den Motor aufschnurren und fuhr los. Rasant, viel zu schnell und konzentriert. Von Geschwindigkeitsbegrenzungen hatte der Lockenkopf noch nie etwas gehalten. Er fuhr einen Sportwagen und den musste man an seine Grenzen bringen. Außerdem kam er gerne schnell von A nach B, auch wenn er damit vielleicht eine Gefährdung darstellte. Doch er wusste auch, wie schnell er fahren konnte und fuhr mit dem Bewusstsein, niemals seine eigenen Grenzen zu überschreiten. Dafür war er einfach zu gewissenhaft.

Nach etwa einer halben Stunde erreichte er so den bekannten Modeladen, dessen Inhaber als Trendsatter galt. Wer hier als Model angestellt wurde, hatte nicht nur fürs Leben ausgesorgt, sondern man konnte auch damit rechnen, dass in kürzester Zeit so gut wie Jeder das Gesicht kannte. Man wurde zu teuren Partys eingeladen, bekam viele Angebote anderer Agenturen und wurde beneidet. Jeder, der sich eine Karriere als Model wünschte, wollte diesen Wunsch im Chiyo in Erfüllung gehen lassen. Aber natürlich musste man eine einzigartige Schönheit besitzen und ein großes Potenzial an Talent. Hier wurde kein Standardgesicht angestellt und schon gar keine Püppchen, die zwar hübsch aussahen, aber ansonsten keinerlei Fähigkeiten oder Gehirn besaßen. Der Besitzer des Ladens galt als sehr ernst, streng und kritisch. Das konnte Alex bestätigen. Einige Male hatte er auf Partys mit diesem gesprochen oder hatte in den Runden gestanden, in denen er der Mittelpunkt war und hatte ihm genau zugehört. Ihn von sich zu überzeugen, war sehr schwer und er ließ sich nicht blenden. Da war Herr Markrhon leichter zu überzeugen...

Dennoch trank der Anwalt nun einen tiefen Schluck des Kaffees, griff dann nach der Mappe und ging dann zu dem Klamottenladen. Eine Verkäuferin wollte ihn aufhalten, aber er ging einfach nach Hinten. Obwohl er sich selbst einlud, klopfte er dennoch vorher an die Tür und trat dann ein. Der Gründer des Ladens saß hinter seinem riesigen Schreibtisch, auf dem zahlreiche Skizzen für neue Kreationen verstreut lagen. Dazwischen stand eine Tasse mit Kaffee und ein paar Akten mit Rechnungen. Ebenso verstreut wie die Zeichnungen waren auch die diversen Farbstifte. Der ältere Mann sah endlich auf und blickte Alex an. Sofort folgte ein musternder Blick über die modische und akkurate Erscheinung.

„Ich hätte ein Model für Sie, Herr Daiji.“, sagte der Lockenkopf und trat näher. Die Verkäuferin, die dem Anwalt panisch gefolgt wurde, wurde vom Chef einfach raus gewunken. Betreten schloss sie die Tür und ließ die Männer damit alleine zurück.

„Haben Sie Erfahrung? Und eine Mappe?“, fragte Herr Daiji ernst und musterte erneut die Erscheinung seines Gegenübers, „Ich hätte da tatsächlich eine Kollektion, für die wären Sie perfekt geeignet. Beinahe wie für Sie geschaffen.“

„Was?“, fragte Alex etwas stockend, „Doch nicht ich! Ich bin Anwalt, Herr Daiji. Ich arbeite bei Herrn Markrhon... Wir haben auf einigen Partys miteinander gesprochen.“

„Ach ja... Sie sind das.“, erinnerte sich nun der Besitzer des Ladens und lehnte sich wieder etwas zurück. Der Anwalt wusste, dass Reika entfernt verwandt war mit ihm, aber das würde ihr keine besseren Chancen geben. Hier zählte nur Aussehen, Einzigartigkeit und Talent. „Falls Sie doch mal in die Modelbranche einsteigen wollen...“, setzte er dann nochmals an, „Dann melden Sie sich. Mir fallen tausend Kleidungsstücke ein, die Sie wunderbar vermarkten würden.“

Der 26-Jährige wusste nicht, ob er sich beleidigt oder geschmeichelt fühlen sollte. Er bekam auf den Partys so oft Angebote, dass er manchmal tatsächlich überlegte, ob er nicht mal ein Shooting wagen sollte. Einfach nur, um zu sehen, ob er gut darin sei und ob es ihm gefallen würde. Doch darum ging es nun nicht und er wollte seiner Freundin keineswegs die Show stehlen. Stattdessen legte er dem Mann nun die Mappe vor die Nase: „Es geht um sie. Sie arbeitet zurzeit bei meinem Chef, aber das ist nicht die Karriere, die sie angestrebt hat. Sie würde viel lieber in einem Betrieb, wie Ihrem arbeiten. Sie hat sich auch bestimmt schon bei Ihnen beworben und Sie haben wahrscheinlich wegen ihrer mangelnden Erfahrung kein Interesse gezeigt.“ Herr Daiji sagte dazu nicht. Er schlug einfach die Mappe auf, las das Empfehlungsschreiben eines sehr bekannten Stylisten, den er selbst kannte und schätzte. Das war sehr viel Wert... Und die Fotos waren beeindruckend. Reika spielte mit der Kamera, wie diese mit ihr. Sie schien die Macht über das Geschehen zu haben und schien dabei alles tragen zu können. Solch ein Talent hatte er schon seit vielen Jahren nicht mehr gesehen. Wieso war sie ihm nicht eher aufgefallen? Die Bewerbung musste eine seiner Assistenten abgelehnt haben, denn ihm wäre das Potenzial definitiv aufgefallen. „Sie hat Talent, Herr Daiji, und sie weiß, was sie tut.“, fuhr Alex fort, „Ich bilde mir nicht ein, dass ich Ihren Job beherrsche, aber über die Jahre in Herr Markrhons Dienst, habe ich wohl ein gewisses Fachwissen entwickelt. Doch ihr Talent kann sogar ein Blinder sehen.“

„Meine Assistenten offenbar nicht...“, murrte der Mann und schlug etwa bei der Hälfte der Mappe das Ganze wieder zu, „Ich will sie persönlich treffen. Morgen, selbe Uhrzeit wie heute. Keine Verspätung und ein akkurates Auftreten. Kommen Sie dann einfach zu mir herein, so wie heute.“

Der Anwalt strahlte bis zu beiden Ohren. Solch einen Erfolg hatte er sich nicht zu träumen gewagt! Da schien er sowieso lieber von seinem Bruder und sich in seltsamen Welten zu träumen... Er sollte lieber öfters mit Godric über seine Sorgen sprechen, wenn es dem so leicht fiel, eine Lösung zu finden.

Er nickte heiter und grinste dem Älteren entgegen: „Alles klar, wir machen das. Und vielen Dank.“

„Ja, ja.“, brummte der Mann und winkte ab. Für ihn war das Thema erledigt und er würde die Mappe für weitere Einsicht bei sich behalten. Vielleicht einige der Fotos sogar digitalisieren und ein wenig bearbeiten. Er fühlte sich richtig inspiriert. Ein guter Start in den Arbeitstag.

„Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.“

Alex bekam zwar keine Antwort, wartete aber auch auf keine. Lieber eilte er aus dem Büro und freute sich schon sehr darauf, wenn er Reika von diesem Erfolg berichten konnte!

 

Godric hatte die halbe Nacht am Esstisch gesessen und mit seiner Pizza einen Starrwettbewerb gestartet. Gewonnen hatte die leckere Speise, denn irgendwann waren ihm fast die Augen zugefallen. Erst dann hatte er sich erhoben und war langsam in sein chaotisches Schlafzimmer getigert. Dort lagen überall Dreckwäsche, altes Geschirr und Zeitschriften verstreut. Hier räumte Alexander nicht mehr auf, denn sie hatten oft genug über Privatsphäre gestritten. Unter diesem Standpunkt hatten sie vereinbart, dass keiner von Beiden das Zimmer des jeweils anderen betrat. So musste der Kellner aber auch mit dem Chaos und dem muffigen Geruch leben, welches hier vorherrschte. Deshalb vermied er es auch, seinen Damenbesuch mit nach Hause zu bringen.

Er war wie tot ins Bett gefallen und war direkt eingeschlafen. Dafür hatte er sich nicht mal umgezogen. Er verfiel in einen neuen Traum, der aber zu den Szenarien passte, die er schon kannte. Er befand sich in einem dreckigen Keller. Um ihn herum standen viele junge und alte Männer, die alle Waffen trugen. Sie jubelten und feuerten ihn an. Alle standen in einem Kreis um ihn. Nein, nicht nur um ihn. Da war ein älterer Mann, hart, groß, beunruhigend streng im Blick. Er griff ihn mit seiner Axt an, doch er wich geschickt aus. Die Zuschauer jubelten, während sein Gegner schnaubte. Er griff ihn erneut an, aber er wich einfach aus. Dann erst setzte er zum Gegenangriff an. Er machte einen Ausfallschritt nach vorne, dann schlug er mit dem Griff seiner eigenen Axt direkt in die Seite des Mannes. Er keuchte schmerzhaft, wollte sich aber nicht geschlagen geben. Er sprang auf ihn zu, aber er duckte sich unter dem Angriff weg und schlug dann mit der Kehrseite der Axt direkt in den Rücken des Mannes. Der Angreifer sackte keuchend zu Boden und die Masse jubelte erneut. Rief immer wieder: „Ben!“ Sein voller Name lautete Benedikt Galvin Graufell, aber das wusste keiner. Nur seine Familie und vielleicht ein paar alte Freunde... Er mochte es eh lieber, wenn man ihn einfach >Ben< nannte. Nun aber wischte er sich Dreck und Schweiß aus dem Gesicht, um dann seinem tapferen Gegner auf die Füße zu helfen.

„Sehr beeindruckend, Ser Ben.“, sagte plötzlich eine gepflegte und angenehme Stimme. Die Meute machte Platz und offenbarte den recht jungen König, der erst seit einigen Jahren herrschte. Eine seiner ersten Amtshandlungen war gewesen, dass er Benedikt zu seinem Hauptmann ernannt hatte. Sein Rat hatte den König dafür verflucht und ihn für verrückt erklärt. Immer wieder hieß es, dass der Krieger zu jung, zu unerfahren und zu unbesonnen sei. Das war ihm aber egal gewesen, denn er hatte Benedikt oft beobachtet. Heimlich... Zu der Zeit war er noch ein Prinz gewesen.

Die Menschen hielten die Luft an und verbeugten sich tief: „Mein König... Was macht Ihr denn hier?“

„Seht ihr denn nicht, dass ich meine Krone nicht auf habe?“, fragte der Adelssohn und deutete auf seinen lockigen Kopf, „Und habe ich nicht die Regel festgelegt, dass ich nicht euer König bin, so lange ich keine Krone trage? Ich bin gerade ein Mann wie jeder Andere!“ Tatsächlich trug er eine recht billige Lederhose, darüber ein Leinenhemd und über der eine aufgeknüpfte Lederjacke. Jeder Adlige hätte die Hände über den Kopf zusammengeschlagen, wenn sie das gesehen hätten! Aber das störte ihn nicht. Er grinste breit und heiter, ärgerte sich aber, dass die ganzen Soldaten ihm zu Kreuze krochen. „Warum versuche ich es überhaupt? Die meisten Kretins wollen das einfach nicht begreifen... Ser Ben, würdet Ihr vielleicht einen Kampf mit mir wagen? Nur zur Übung, versteht sich.“

Wieder wurde es vollkommen still. Der Adlige war sich sicher, dass die Leute die Luft anhielten. Seit er König geworden war, wollte Niemand mit ihm trainieren oder Übungskämpfe machen. Jeder fürchtete, dass er dann den Kopf forderte, wenn etwas schief lief. Das ärgerte ihn sehr, denn als Prinz hatte er stets Gegner und Lehrmeister gefunden. Seit dem Tod seines Vaters hatte sich so vieles geändert und das viel zu schnell.

Benedikt hatte bisher weder etwas gesagt noch besonders auf den Herrscher reagiert. Eher musterte er das fröhliche Gesicht und die erhabene Erscheinung, die in diese dreckige, modrige Umgebung nicht so recht passen wollte. Dann erst nickte er: „Welche Waffe führt Ihr, Konstantin?“

Der König strahlte praktisch. Nicht nur, dass er mit ihm kämpfen wollte, er sprach ihn auch mit seinem Vornamen an! Jemand, der ihm zuhörte und auf ihn einging. Das hatte ihm sehr gefehlt.

„Ich kämpfe mit dem Schwert, Ser Ben.“, antwortete er freudig erregt. Er winkte einen Soldaten zu sich und ließ sich ein Übungsschwert aushändigen. Das erprobte Konstantin mit einigen gezielten Hieben. Es war nicht ganz auf seine Größe und Kraft angepasst, aber er wollte gleiche Chancen setzen, damit er einschätzen konnte, wie gut oder schlecht er wirklich war. Da war ein speziell für ihn gefertigtes und teures Schwert eher ungeeignet. Das löste er nun auch von seinem Gürtel und gab es einem Diener, den er einfach nicht abgeschüttelt bekam. Dann stellte er sich hin, achtete darauf, dass er eine Position einnahm, die er sowohl zum Angriff als auch zur Verteidigung nutzen konnte.

Benedikt wartete nicht darauf, dass er den Kampf frei gab. Er warf seine Axt einem Soldaten zu und ließ sich ein Übungsschwert geben und taxierte nur kurz den Adelssohn. Der stand schon mal ganz gut und hielt das Schwert richtig. Für Lob nahm er sich aber keine Zeit, sondern stürmte direkt auf den König los. Er versuchte diesen frontal anzugreifen. Aber Konstantin mochte schlank sein und nach außen eher ungeschult wirken, aber er war wendig. Geschickt sprang er zur Seite und hieb mit seiner Klinge nach der des Angreifers, um ihn so ins Schwanken zu bringen. Das erstaunte den Hauptmann, der nur durch seinen geschulten Griff nicht entwaffnet wurde. Er schlug zur Seite, aber der Adelssohn wich mit einer geschickten Pirouette aus und brachte wieder etwas Distanz zwischen sie. Benedikt war erstaunt über das Geschick und die Präzision, die der König an den Tag legte. Es gab Geschichten, dass dieser als Prinz oft trainiert hatte und sogar an Scharmützeln und anderen Schlachten teilgenommen und bisher stets siegreich, aber meistens schwer verletzt zurückgekehrt war. Nun begann er diesen Gerüchten Glauben zu schenken... Besonders weil er auch seinem nächsten Angriff entging und sofort zum Gegenangriff ausholte. Der König versuchte ihm seine Klinge in die Seite zu bohren, doch dieses Mal war es der Krieger, der geschickt auswich. Langsam verlor er wirklich die Geduld bei diesem wendigen Körper. Die Meisten winselten jetzt schon um Gnade! Also musste er seine Taktik ändern. Deshalb brachte sich der Langhaarige in eine günstige Position und begann dann wie ein Berserker auf Konstantin einzuschlagen. Dieser hob immer wieder sein Schwert zur Abwehr und parierte so die Angriffe. Doch dem Gesicht des Mannes war zu entnehmen, dass das sehr schmerzhaft war. Benedikt besaß einfach viel mehr Kraft und so verlor er immer mehr des Feldes.

Der Adelssohn spürte nach ein paar Hieben, dass der Hauptmann ihn am Oberarm erwischte. Das Blut spritzte von dem Metall und verteilte sich in der Trainingshalle. Die Soldaten wichen keuchend aus als wäre es pures Gift. Etwas, was der König nicht verstand. Was sollte so schlimm an seinem Blut sein? Doch Zeit zum Denken blieb nicht. Sein Gegner war gnadenlos! Bald schon war er fast am Ring der Zuschauer angekommen und das wäre die sichere Niederlage seinerseits. Er musste endlich handeln und aus dem Schlaghagel entkommen, sonst wäre der Kampf schneller vorbei als es ihm lieb war! Konstantin handelte instinktiv als er den nächsten Hieb abwartete, diesen abwehrte und sich dann auf die Knie warf, um unter den nächsten Angriff fort zu rutschen. So entkam er nicht nur der Attacke, sondern konnte auch wieder etwas Distanz zwischen sie bringen. Benedikt war vollkommen überrumpelt, aber ebenso beeindruckt über diese Reaktion. Dieses Gefühl stieg als der König einen Schlag von unten direkt Richtung seiner Seite startete. Der Hauptmann konnte nicht mehr richtig reagieren und wurde deshalb von dem Schwert etwas aufgeschlitzt. Seine Seite blutete, aber das Adrenalin ließ ihn das kaum spüren. Konstantin nutzte derweil die Überraschung und den Schwung, um wieder auf die Füße zu kommen. Er grinste kurz, denn ihm brachte das alles wirklich viel Spaß, aber er wurde rasch wieder ernst. Der Kampf war immerhin noch lange nicht vorbei.

Nun war es Benedikt, der eine Drehung zur Seite machte, das Schwert über seinen Kopf riss und all seine Kraft in den nächsten Angriff legte. Er wollte, dass der Adlige blockte, wie es wohl ein normaler Soldat instinktiv getan hätte. Aber der Mann wusste, dass wenn er das tat, wäre er für einige Momente vollkommen wehrlos. Die Kraft hinter den Hieb würde seine Muskeln zu sehr beanspruchen und furchtbar schmerzen. Deshalb wich er rasch zur Seite aus und entging knapp dem kräftigen Hieb. Der Plan des Hauptmannes war aber gewesen, ihn zum Blocken zu bringen, um direkt einen zweiten Schlag zu nutzen und seinen Arm damit abzutrennen – natürlich hätte er vorher gestoppt. Den zweiten Schlag verübte er dennoch und erwischte den Adelssohn dadurch am Unterarm. Das Blut spritzte erneut und wieder wichen die Zuschauer ehrfürchtig aus.  Konstantin nutzte die Gelegenheit – die wohl auch seine letzte Chance auf einen Sieg darstellte – und holte nun selbst zum Angriff aus. Er zielte auf den Schwertarm des Kriegers und erhoffte sich, dass dieser zu spät reagierte.  Benedikts Verstand war schon müde von dem ausgiebigen Übungskampf und denen, die davor gewesen waren, weshalb er nicht so schnell reagierte, wie er es eigentlich konnte. Deshalb erwischte der Adelssohn auch das Leder und den Stoff und zerfetzte es. Verletzte ihn, aber er wimmerte nicht als das Blut aus der Schnittwunde quoll. Lieber holte er zum Gegenschlag aus und legte viel Kraft hinein. Konstantin wollte dem Angriff entgehen, stolperte aber über einen Stein am Boden, der etwas heraus stach. Der Aufprall war hart und schockierte den Adligen so sehr, dass er das Schwert losließ, welches über den Boden schlitterte. Sofort hob er die Hände und signalisierte so, dass er unbewaffnet war und aufgab: „Ich ergebe mich! Gnade! Nehmt meine Frau, nicht mich! Ihr dürft alles mit ihr machen, aber lasst mich am Leben!“ Er lachte lautstark. Es war kein Geheimnis, dass die Ehe des Adelssohnes erzwungen wurden war und er sehr unglücklich mit seiner Frau war. Sie passten nicht zusammen und deshalb gab es auch keine Erben. Lieber trieb der König seine Späße auf seine Kosten, wodurch seine Frau schon im ganzen Reich verspottet wurde. Sogar die Zofen kicherten, sobald sie den Raum betrat...

Benedikt fand es sehr schade, dass so eine Kleinigkeit für das Ende des Kampfes gesorgt hatte. Er bückte sich und half seinem König wieder auf die Füße: „Ich will das wiederholen. Wäre der Boden ausgebessert wurden, dann wärt Ihr nicht gestürzt und der Kampf würde noch laufen. Das ist kein wirklicher Sieg und deshalb will ich es nochmals wagen... Ihr habt wirklich gut gekämpft.“

„Danke sehr.“, sagte Konstantin und ließ sich aufhelfen. Er kam nicht daran vorbei, stolz auf sich zu sein. Solch ein Lob von so einem großartigen Kämpfer! Das bekam nicht jeder. „Das letzte Mal, wo ich so verprügelt wurde, war als mein Vat-... der ehemalige König raus bekam, dass ich es war, der die Küche angezündet hat! Ich habe dann versucht das Feuer mit Apfelwein zu löschen... Hat nicht so gut geklappt, sah aber echt toll aus! Die Schönheit verging aber als er mir dann die Albernheiten ausprügeln wollte.“, lachte der König vollkommen heiter. Ihm waren solche Geschichten nicht peinlich. Peinlich wurde es erst dann als er plötzlich seine Frau schreien hörte. Sie hatte ihn offenbar gefunden, zumindest war sie nicht mehr fern...

Er wurde mit einem Schlag bleich und sah durch die Runde: „Oh nein... Jemand hat mich an diese Schreckensvision verraten! Will sie denn wirklich Niemand haben? Nein? Dann seid ihr alle weiser als der Oberste Herrscher.“ Seufzend nahm er sich sein Schwert wieder entgegen und befestigte es an seiner Hüfte. „Nun, es war nett, aber ich fürchte, ich muss gehen. Ser Benedikt.“, verabschiedete sich der Adlige und rannte dann wie ein kleiner Junge los. Er wollte fliehen und wählte dafür die entgegen gesetzte Richtung von den Rufen seiner Frau. Jene, die kurz darauf in den Keller stürmte und entsetzt noch sah, wie Konstantin rausstürmte. Ihr Blick kreuzte sich kurz mit dem des Hauptmannes, dann rief sie ihrem Mann nach und rannte ihm hinterher.

 

Benedikts weiteres Training erschien ihm langweilig, aber es war eben seine Pflicht. Immer wieder hing er an den Kampf mit dem König und er wünschte sich eine baldige Revanche. Bis dahin würde er den Boden ausbessern lassen!

Nun aber war es bereits später Abend und er saß in seiner Stammtaverne mit einigen seiner Soldaten. Sie tranken und redeten miteinander. So schuf er sich eine Vertrauensbasis mit ihnen. Außerdem gab er gerne sein Gold für Alkohol und Nutten aus. Deshalb war er eigentlich immer blank, obwohl er als Hauptmann sehr gut bezahlt wurde. Plötzlich setzte sich Jemand neben ihn: „Ser Ben, welch Überraschung.“ Konstantin grinste schief. Er hatte durchaus gewusst, dass der Krieger jede Nacht in dieser Taverne verbrachte. Erst mit seinen Männern, dann alleine. Bis sein Gold eben leer war und man ihn raus warf...

„Ich muss ehrlich sein: Ich bin wirklich überrascht.“, erwiderte der Soldat als er sich wieder gefangen hatte. Der König trug wieder nicht seine Krone, aber dieses Mal etwas teureres Leder. Er sah, wie immer, gut und erhaben aus. Der Hauptmann dagegen war dreckig und wirkte verbraucht. Etwas was den Adelssohn nicht in seiner Heiterkeit stoppte, der sich direkt ein Met bestellte. „Das geht auf mich.“, warf der Hauptmann direkt ein. Das überraschte Konstantin, aber er dankte. Die hübsche Schenkfrau schenkte dem Adligen direkt sein Getränk ein und beugte sich tief über den Tresen als sie es ihm vor die Nase stellte. Jeder Mann wäre gestorben für den Blick in das tiefe Dekoletté, aber Konstantin hatte keine Augen für sie. Er fixierte einfach nur den Soldaten, den er bisher immer nur kurz gesprochen hatte, aber dauernd beobachtete. Jetzt erst fiel dem König auf, dass es in der Taverne vollkommen still geworden war seit er zur Kenntnis genommen war. Nur Benedikt verhielt sich einigermaßen normal. Alle stierten, aber Niemand wagte es, etwas zu sagen. Da hob der Hauptmann seinen Becher und stieß mit seinem Sitznachbarn an: „Auf eine lange und glorreiche Nacht!“

„Auf eine lange Nacht, in der meine Frau mich mal nicht findet... Prost!“, erwiderte der König. Dann trank er direkt aus dem Krug und leerte ihn in wenigen Zügen. Da entspannten sich auch langsam die Krieger, die johlten und lachten: „Da will dir Jemand Konkurrenz machen, Ben!“

Das war eine deutliche Herausforderung. Deshalb trank nun auch der Krieger und leerte seinen Becher ebenso rasch. Dann sah er erneut zu dem Adligen neben sich: „Er scheint ein erfahrener Trinker zu sein. Ich bin gespannt, was ich heute noch alles über ihn rauskriege... Noch zwei Krüge!“

„Zu viel, fürchte ich.“, kicherte Konstantin heiter.

Die Schenkdame füllte sofort wieder ihre Becher und beide Männer leerten sie so schnell es ging. Dann bestellte der König nach und auch diese Runde leerten sie. Inzwischen lockerten sich alle Männer wieder und feuerten die Trinkenden an. Sie tranken fleißig und die Hemmungen fielen mit jedem neuen Schluck des süßen Alkohols. Da Konstantin sowieso ein Freigeist war und immer über alles reden und alles lustig fand, war es keine Überraschung, dass er nach ein paar Krügen schon genug Mut für Fünf besaß. Er kicherte wie ein kleines Kind und lachte über einige der Geschichten der Soldaten.

Erst nach einem weiteren Becher Met konnte sich der Mann dann aber überwinden, sich selbst ins Lächerliche zu ziehen: „Vor ein paar Jahren war ich schon mal hier! Da habe ich mir Mut angetrunken, wie jetzt auch.“ Benedikt bestellte zwei weitere Becher und der Alkohol floss weiter. Der Adelssohn leerte seinen erneut, ehe er fortfuhr: „Danach verließ ich die Taverne und entdeckte, dass sich eine Dienerin im Teich meines Vaters wusch. Ich war gar nicht so wirklich an ihr interessiert, aber an einem Streich schon! Da stahl ich die Kleidung, die sie am Ufer zurückließ und rannte davon. Direkt in die Arme meines Vaters!“ Konstantin musste lachen. Er erinnerte sich an dessen entsetzten Blick auf die Frauenkleidung in seinen Armen. Schließlich leerte er den nächsten Becher, der sofort wieder befüllt wurde. „Er sah mich zornig an und fragte dann: > Sohn, was sind das für Kleider?! Hast du etwa ein armes Frauenzimmer bestohlen, das sich gerade wäscht?! < Ich war vollkommen in Panik und wusste gar nicht, was ich tun soll! Wenn ich überrumpelt werde, sind meine Ausreden nicht unbedingt... gut. Deshalb antwortete ich recht unbesonnen: > Nein, Vater, das sind meine! Ich wollte gerade in die Taverne und dort strippen! <“, erzählte der König immer noch lachend und auch seine Zuhörer lachten nun brüllend, „Er hat mir die ganze Nacht den Drang rausgeprügelt, mir Frauenkleider anziehen zu wollen! Ich konnte drei Tage nicht mehr sitzen...“

Nun fielen wirklich alle Vorbehalte. Der König wurde als Mensch angesehen und Niemand machte sich mehr Gedanken, dass er sie vielleicht enthauptete, wenn sie etwas Falsches sagten oder taten. Deshalb zeigten sie auch deutliches Interesse an der Geschichte: „Was wurde aus dem bestohlenen Mädchen?“

„Oh, natürlich!“, erwiderte Konstantin und trank auch den nächsten Becher leer, „Ich traf sie am nächsten Tag zufällig im Flur! Sie war offenbar nackt in ihre Gemächer gelangt und hatte dort Ersatzkleider geholt. Zumindest war sie nicht nackt... Ich gab ihre die Kleider wieder und sagte: > Entschuldigt, es war eine Verwechslung. < Da bekam ich eine heftige Ohrfeige und ich sah sie nicht wieder! Da wusste ich, dass ich Frauen niemals verstehen würde...“

„Da kennen wir noch einen!“, lachte einer der Soldaten, „Ben schafft es nicht mal, dass die Huren über Nacht bleiben! Egal, wie viel er ihnen zu zahlen bereit ist!“

Obwohl es auf die Kosten es Hauptmannes ging, musste auch er lachen. Es war einfach eine sehr witzige Situation. Doch allmählich trog der Alkohol seine Sinne. Immerhin hatte er schon vor dem Eintreffen des Königs mit dem Trinken angefangen. Was ihn aber nicht hinderte, weiter zu saufen. Immerhin wollte er dem Adelssohn in nichts nachstehen! Er lauschte gerne dessen albernen Geschichten, die die Meisten aus Scham immer für sich behalten hätten. Er fand es faszinierend, mit wie viel Humor er das alles berichtete und das Gelächter auf sich nahm.

Als sich die Taverne allmählich etwas leerte, sah Konstantin allerdings erneut zum Hünen: „Ich wollte Euch eigentlich fragen, ob Ihr meine rechte Hand werden wollt? Ihr müsst nicht sofort antworten! Denkt in Ruhe darüber nach.“

Es kam Benedikt so vor als wurde er mit einem Schlag wieder nüchtern werden. Das war ein außergewöhnlich gutes Angebot! Eine Position, von der Jeder träumte. Dabei reizte ihn nicht mal die Macht und das Gold, welche dahinter standen... Also erwiderte er nun den Blick: „Fragt mich morgen nochmals, denn nun neige ich tatsächlich dazu, >Ja< zu sagen. Das könnte vom Alkohol kommen.“

Der König kicherte, stimmte aber zu, das Gespräch zu verschieben. Dann beugte er sich zu seinem Sitznachbarn und beküsste dessen Wange. Das schien ein Akt des Alkohols zu sein, zumindest johlten die letzten Männer, die noch da waren. Benedikt war überrascht, konnte das aber nicht ohne Erwiderung lassen! Deshalb drehte er nun den Kopf zum Adligen und verfehlte etwas sein Ziel. So küsste er den Mundwinkel. Auch darüber lachten die Leute. Es gingen immer mehr. Inzwischen war alles recht überschaubar. Konstantin störten die letzten Zuschauer nicht. Er drehte sich sogar mit feurigen Blick zu den Hauptmann: „Das nennt Ihr einen Kuss, Ser Ben?“

Der König fackelte nicht lange. Er lehnte seine Hand an die Wange des Hünen und presste ihm dann seinen Mund auf. Es wurde still um sie. Dann lachten die Leute, denn sie hielten auch das nur für eine Tat der Trunkenheit. Trotzdem zogen sie sich nun lieber zurück. Es war spät, sie mussten den Rausch ausschlafen und wollten davon lieber nichts weiter wissen. Derweil löste sich Benedikt auch aus seiner Starre und erwiderte den leidenschaftlichen Kuss seines Gegenübers. Er konnte kaum glauben, dass er gerade von dem Adelssohn so geküsst wurde! Er legte sogar den Kopf schief und machte alles intensiver.

„DAS ist ein Kuss!“, sagte Konstantin danach stolz.

Benedikt ließ auch das nicht so im Raum stehen. Stattdessen griff er nach dem Nacken des Königs, zog ihn zu sich und drückte ihm nun seinen Mund auf. So konnte Konstantin sich nicht einfach zurückziehen und gleichzeitig konnte er nun einen wilden Kuss formen. Dabei wechselte er die Position des Kopfes immer wieder von rechts nach links. Saugte an der Unterlippe des Adligen oder biss sogar zwickend hinein. Gerade diese Leidenschaft erwiderte der Mann gerne. Inzwischen waren sie alleine in der Taverne – sah man von dem Personal ab. So konnten sie sich ungehemmt verschlingen und alles auf den Rausch schieben. Benedikt zog irgendwann sogar den Herrscher auf seinen Schoß und stützte ihn mit der Hand in dessen Rücken. Je länger sie sich verschlangen desto intensiver und heißer wurde die Situation. Konstantin schlug das Herz beinahe bis in den Hals, während sein Puls raste. Da ging es dem Krieger nicht anders. Er hatte schon viele Münder geküsst, doch keiner hatte ihn je so in Wallung gebracht! Und er war oft genug noch betrunkener dabei gewesen... Am Liebsten wollte er seine Finger nie mehr vom König lösen und für immer hier sitzen und seinen Mund auf seinem schmecken.

Trotzdem mussten sie eine Pause einlegen. Beide schnaubten nach Luft, aber keiner nach einer wirklichen Pause. Es war der Adelssohn, der dann mit seinem Handrücken über die raue Wange des Hauptmannes strich und ihm heiß in die Augen stierte: „Wir sollten in meine Gemächer gehen...“

„Dann führt mich.“

Konstantin nickte und bemerkte, dass der Krieger nach seinem Geldbeutel suchte, der viel zu leicht war, um das Met überhaupt ansatzweise zu bezahlen. Er war da flüssiger und warf einen vollen Beutel mit klimpernden Münzen auf den Tresen. Es war viel zu viel, aber das kümmerte den König keineswegs. „Stimmt so.“, sagte er sogar und bemerkte die Freude in den Augen der Schenkdame gar nicht. Sie dankte mehrmals, aber das ging in einem Rauschen unter.

Der König war alleine in die Taverne gekommen, doch nun verließ er sie gemeinsam mit seinem Hauptmann. Und dabei konnten sie weder Lippen noch Finger voneinander lassen...

 

Godric fuhr mit einem leisen Schrei hoch als der Wecker plötzlich schrill klingelte. Er schwitzte und er fühlte sich wirklich so als habe er die ganze Nacht gesoffen und wäre nun kurz vor einem Stelldichein gewesen. Seine Hand fuhr an seine feuchte Stirn und er versuchte zu verarbeiten, was in diesem Traum geschehen war... Ihm war so heiß gewesen und es war so verboten und gleichzeitig schön gewesen! Ein Blick nach unten reichte und er sah, dass er wirklich erregt war. Das tat er mit einem Fluch ab. Eine kalte Dusche würde dem Abhilfe beschaffen, denn Zeit hatte er für solche Spielereien nicht! Sofort begab sich der Kellner unter die Dusche und wählte so lange das kalte Nass bis sein Problem sich von alleine löste. Erst dann stellte er das Wasser heißer, griff nach Shampoo und Duschgel, um sich den Schweiß komplett weg zu waschen, ebenso wie die intensiven Erinnerungen.

Als er damit fertig war, fönte er sich das blonde Haar, richtete es eher Salopp und zog sich dann Jeans und Hemd an. Alex saß bestimmt schon an seinem Frühstück, wie jeden Morgen und rollte mit den Augen, wenn er sah, dass er vollkommen fertig war und wieder zu spät dran war. Doch schon auf den Weg zum Ess- und Wohnzimmer bemerkte er, dass es nicht nach Kaffee roch. Als er hereinkam, war der Raum leer. Kein Frühstück auf dem Tisch, kein Kaffee, der durchlief. Eigentlich hatten die Brüder vereinbart, nicht in das Zimmer des jeweils Anderen zu gehen, aber er wollte wissen, ob dieser krank oder schon weg war. Auch hier herrschte gähnende Leere und die beeindruckende Ordnung. Seufzend zog der Blondschopf die Tür zu, ging in die Küche und schnappte sich einen Apfel. Irgendwie schmeckte er nicht, wenn Alexander nicht da war und er ihn beobachten konnte. Seufzend zwang er sich zu zwei Bissen, dann warf er ihn in die Biotonne.

Es gab heute keinen Grund für ihn, länger zu bleiben. Deshalb packte er seine Sachen, zog sich Schuhe und Jacke an, um sich dann auf seinem Motorrad auf den Weg zur Arbeit zu machen. Dabei dachte er pausenlos an diesen unheimlich realistischen Traum und den kurzen Kuss von dem Anwalt am Vorabend. Er war sich sicher, dass er auch bei der Arbeit an nichts anderes mehr denken konnte...

 

 

Ende Kapitel 2

Die Schwäche in unseren Herzen

Am Vortag hatten die Brüder kein Wort miteinander gewechselt. Zwar aßen sie abends wieder zusammen, aber irgendwie konnte sich keiner wirklich überwinden, das Wort an den Anderen zu richten. Nun war schon der nächste Abend gekommen und Godric saß vor seiner üblichen Salamipizza und Alexander an seinem üblichen Schnitzel mit Bratkartoffeln – beides vom Lieferanten. Eigentlich hatte der Anwalt kochen wollen, aber sein Bruder bestand darauf, zu bestellen. Er fand zwar die Kochkunst genial, aber er liebte auch seine fettigen Pizzen und Burger. Döner, McDonalds. Und die waren ihm lieber als das herrlich frische Essen des Anwalts. Etwas, was dieser keineswegs verstand.

„Warum warst du gestern so früh weg?“, fragte God und brach so die unheimliche Stille zwischen ihnen, „Wolltest du mich etwa nicht sehen?“

„Wie kommst du darauf?“

„Na ja... Wegen... Na, wegen vorgestern. Unsere Unterhaltung hatte ein... seltsames Ende.“

Alex versteifte sich mit einem Schlag. In all der Aufregung hatte er den Kuss vollkommen vergessen! Endlich löste er seinen Blick von den Schnitzel und sah dem Älteren entgegen: „Nein, das Ende der Unterhaltung hatte damit nichts zu tun. Ich bin noch vor der Arbeit zum Chiyo gefahren.“

„Oh!“, stieß Godric heraus und wirkte erleichtert, „Das habe ich natürlich gewusst! Ich wollte dich nur testen!“

Darüber musste der 26-Jährige tatsächlich lachen. Er schlug dem Kellner dann sogar auf den Oberarm – natürlich nicht sehr fest. Dann aß er einfach weiter, weil er nicht wusste, wie er das Gespräch aufrecht erhalten sollte. Das fiel ihm nur bei Godric so schwer... Sonst war er ein wirklich guter Redner. Und er liebte es auch, der Mittelpunkt in einer Unterhaltung zu sein. Das klappte im Beruf, das klappte bei Reika, das klappte auf Festen, Bällen und Events, aber nicht bei seinem eigenen Bruder. Wahrscheinlich hätte sich jeder über ihn lustig gemacht, wenn das raus käme.

Aber zum Glück war der Kellner hartnäckig und aufmerksam: „Und? Was wurde nun aus der Sache im Chiyo?“

Alex ließ sein Essen wieder unbeachtet und erwiderte den Blick des 28-Jährigen: „Na ja, sie hatte heute ein Vorstellungstermin bei dem Leiter. Sie sollte ein Outfit zusammen stellen und dann vor ihm laufen. Er war begeistert von ihrer Kleidungswahl, weil sie eine normale Röhrenjeans mit einem Top und einem passenden Schal wählte und sie lief wohl echt gut.“ Der Anwalt kam nicht drum herum, stolz auf seine Freundin zu sein. Er grinste und erinnerte sich gerne an dieses Ereignis. „Er fand es gut, dass sie sich etwas anzog, was auch >gewöhnliche Mädchen< tragen können ohne nuttig auszusehen.“, erklärte er dann gelassen, „Er hat sie direkt unter Vertrag genommen. Ich habe ihr dann geholfen, dass sie bei Herrn Markrhon sofort aus dem Vertrag austreten konnte. Das hatte ich eh als Klausel damals eingebaut... Irgendwie hatte ich geahnt, dass sie in der Branche nicht bleiben würde. Aber ich hatte nicht gedacht, dass ich ihr dabei helfen würde!“

„Was hat dein Chef dazu gesagt, Lexy?“, erkundigte sich nun der Blondschopf etwas besorgt, „Er findet es doch sicher nicht gut, dass du sein Aushängeschild nicht nur sofort aus den Vertrag geholt hast, sondern ihr dazu die neue Stelle organisiert hast!“

„Na ja... Begeistert war er nicht.“

„Verlierst du nun deine Anstellung?“

Der Anwalt lachte freudlos auf, schüttelte dann aber seinen Kopf: „Wohl eher nicht. Ich bin zu wertvoll für Herrn Markrhon... Aber er wird mir das Leben zur Hölle machen. Auf seine... spezielle Art und Weise.“

„Klingt nicht viel besser...“, murmelte Godric nicht begeistert. Er zupfte eine Salami von seiner dampfenden Pizza, um sie genüsslich zu verspeisen und dachte dabei über die Situation seines Bruders nach. Er fühlte sich mitschuldig, weil er ihn auf die Idee gebracht hatte. Aber Alexander nahm das alles erstaunlich gefasst. Er aß einfach weiter als könnte kein Wässerchen ihn trüben und als gäbe es nichts auf der Welt, was ihn aus der Bahn warf. Das fand der Kellner bewunderns- und beneidenswert. Wenn er daran dachte, wie er auf die Drohungen seines Chefs oftmals reagierte, wurde ihm ganz schlecht! Dabei sollte er doch der Touchere sein!

Doch bisher hatte sich der Anwalt nie über ihn beklagt. Nicht mal nachdem er wusste, dass sie nicht verwandt waren... Sie hatten sich zwar oft gestritten und er hatte stets schlecht über seine Eltern geredet, aber nie wirklich schlecht über ihn. Ihre Meinungen gingen lediglich auseinander... Doch für Alex’ Toleranz ihm gegenüber, war er sehr dankbar.

„Wirst du dir eine andere Stelle suchen?“, wollte God dann wissen und versuchte nicht zu begeistert von diesem Vorschlag zu wirken. Immerhin hätte er ihn gerne weg von Lucigar Markrhon – seinem persönlichen Todfeind.

„Ich weiß noch nicht...“, murmelte der Lockenkopf, „Ich werde da echt gut bezahlt und bin erst durch diese Anstellung so bekannt geworden.“

„Es gibt doch bestimmt hunderte große Unternehmen, die sich die Finger nach einem Anwalt wie dir lecken!“

„Davon gehe ich aus.“

„Wieso nutzt du die Chance dann nicht?“

Alexander fühlte sich erneut unbehaglich. Setzte sich immer wieder auf dem Stuhl um und versuchte dem Blick des Älteren auszuweichen. Er mochte es nicht, dass Godric ihn so im Kreuzverhör hatte! Nun wusste er zumindest, wie der sich immer bei seinem Chef fühlen musste.

Der Kellner deutete die Reaktion falsch und resignierte mit einem Schlag: „Weil du ihn tatsächlich... liebst?“

„Was?“

„Du schläfst immerhin mit diesem... diesem... Wichser!“, schrie es der 28-Jährige gefrustet heraus, „Da ist es wohl auch nicht überraschend, dass du ihn... liebst... Aber ist schon okay... Ich toleriere das... Echt.“

Mit einem Schlag war die Verspannung weg und Alexander brach in schallendes Gelächter aus. Godric war vollkommen fassungslos und starrte ihn mit offenem Mund an. Doch noch erlöste er ihn nicht. Dafür amüsierte er sich gerade einfach zu köstlich! Vor Lachen tat ihm sogar der Bauch weh, während er sein Gesicht in seinen Händen vergrub und um Fassung rang. Der Kellner war sich nicht sicher, ob er sich nun beleidigt fühlen oder lieber mitlachen sollte. Dafür war dieser Gefühlsausbruch zu plötzlich gekommen und noch viel zu unaufgeklärt!

Nach einer Weile wischte sich der Anwalt die Lachtränen aus den Augen und blickte dem Älteren direkt ins Gesicht: „Ich liebe den doch nicht! Wie in aller Welt kommst du darauf?“

„D-Du... Du schläfst doch mit ihm!“

„Und du schläfst jede Nacht mit einer anderen Frau.“, amüsierte sich Alex, „Willst du mir sagen, dass du sie alle liebst? Dein Herz muss wirklich riesig sein, Gody!“

Nun zog der Kellner eine beleidigte Schnute. Er fühlte sich wie in die Highschool zurückversetzt als er versucht hatte, bei den coolen Kids in die Clique zu kommen. Nur war es nun wesentlich peinlicher, weil das coole Kid nicht nur jünger, sondern auch noch sein Bruder war!

Dennoch räusperte sich God nach einer Weile und straffte seine Schultern: „Das ist doch was vollkommen Anderes! Außerdem liebe ich sie ja gewissermaßen alle... Irgendwie... Hart... Kurz. Aber dennoch mit viel Ausdauer und Elan.“

„Danke! Das reicht an Informationen!“

Nun war es Godric, der lachte: „Du aber schläfst nur mit diesem einen Mann. Da kann man doch davon ausgehen, dass da mehr hinter steckt als... na ja... liebloser Sex.“

„Du lehnst dich aber weit aus dem Fenster.“, kicherte Alex, „Wer sagt, dass ich nur mit Herrn Markrhon schlafe?“

Erneut stockte Godric. Der Anwalt hatte natürlich recht! Zwar hatte er sie einige Male in flagranti am Telefon erwischt und oft genug hatte er ihm den Sex mit seinem Boss unter die Nase gerieben, aber er hatte nie behauptet, dass er sonst mit keinem Anderen schlief. Das hatte er einfach nur angenommen! Ein ziemlicher dummer Gedankengang, wenn er nun darüber nachdachte und absolut sinnfrei.

Mit leicht geröteten Wangen blickte der Blondschopf also wieder den Jüngeren an: „Also seid ihr gar kein Paar, oder so?“

„Auf keinen Fall.“

„Und wieso reibst du mir dann... das alles mit euch so unter die Nase?“, wollte God wissen und schnaubte erbost.

„Tu’ ich doch gar nicht.“

„Klar!“, wehrte er sich vehement, „Immer wieder redest du davon und du gehst ans Telefon, während ihr es macht! Du bleibst länger, um es mit ihm zu tun... Du hast sogar ein Bild von euch als Hintergrund auf deinem Handy gehabt!“

Alexander lachte erneut heftig und brachte Godric damit nur noch mehr aus dem Konzept: „Das, mein Lieber, tue ich, weil ich weiß, dass du ständig an mein Handy gehst, um den Klingelton von dir auf deinen neusten Lieblingssong zu ändern. Vielleicht solltest du einfach nicht mehr ungefragt an meine Sachen gehen, dann würde ich nicht solche Maßnahmen ergreifen.“

„Warum hast du mir nicht einfach gesagt, dass ich das sein lassen soll?!“

„Das hast du dir eigentlich schon selbst beantwortet.“, kicherte der Anwalt amüsiert, „Weil es zu einfach wäre. Einfach kann Jeder. Und du hättest eh nicht auf mich gehört.“

„Aber ich gehe doch immer noch an dein Handy, um den Ton zu wechseln!“

„Ja, aber jetzt tust du es mit der Angst im Nacken.“

„Sadist.“

„Idiot.“

Nun musste auch Godric lachen und die Schamesröte wich aus seinem Gesicht. Er war richtig glücklich, dass das nun geklärt war und der 26-Jährige doch keine Beziehung mit seinem Chef hatte. Es war offenbar nur liebloser Sex und damit konnte er noch eher leben als mit einer ehrlichen Liebe. Auch wenn es ihm lieber wäre, dass er gar nichts mit Herrn Markrhon zu tun hätte, konnte er eben nicht alles haben.

„Und... bist du nun wirklich... schwul...?“, wollte der Kellner dann doch noch wissen. Immerhin schien Alex ihn mit vielen Dingen nur ärgern zu wollen, dann wäre es gut zu wissen, was er nun noch ernst nehmen konnte.

„Hmmm... Weiß nicht.“, gestand der Lockenkopf leise, „Kann schon sein. Ich bin zumindest nicht abgeneigt.“

„Aha...“

„Gody, deine Pizza wird kalt.“, erinnerte er. Eine bessere Ablenkung fiel Alexander spontan einfach nicht ein. So konnte er selbst in seinen Kartoffeln stochern, die inzwischen auch schon kalt waren. Ebenso wie das Schnitzel. Es wurde mal Zeit, dass er das Gericht wechselte, wenn sie schon ständig bestellten, musste da wenigstens etwas Abwechslung rein.

Den Kellner schien es gar nicht zu stören. Der aß mit Begeisterung seine sicher zehntausendste Salamipizza vom gleichen Lieferanten und sie schmeckte ihm weiterhin. Egal, ob heiß oder kalt.

Doch Alexander musste doch nochmals das Gespräch aufnehmen: „Ich habe morgen übrigens Urlaub, bin aber den ganzen Tag unterwegs. Nicht, dass du wieder in Panik gerätst, wenn ich morgens schon weg bin und sonst was denkst.“

„Haha.“, spottete God und verzog das Gesicht, „Du nimmst freiwillig Urlaub?“

„Sicher.“

 

Der restliche Abend verlief ruhig und Godric schien seinen Gedanken um die Informationen schweifen zu lassen. Versuchte die Wahrheit von der Lüge zu trennen. Er war sich so oft nicht sicher, ob der Anwalt etwas ernst meinte oder ob er ihn veralberte. Das war nicht besser geworden, wo er nun wusste, dass er das auch wegen seinem Boss getan hatte! Zumindest blieb dieses Mal ein seltsamer Traum für Beide aus.

Das war gut für Alexander, der am nächsten Tag früh vom Wecker aus dem Bett geholt wurde. Er ging seinen Tagesablauf nach, wie es wohl jeder Dritte tat: Er sprang unter die Dusche, zog sich etwas Ordentliches an – in seinem Falle ein Anzug – richtete sich das Haar, aß ein ausgewogenes Frühstück und las dabei Zeitung. Dann wich der Alltag plötzlich als er zurück in sein Schlafzimmer ging, seinen Schrank öffnete und hinten eine zweite Wand zur Seite schob, die ein Spezialfach mit einem Schuhkarton verbarg. Diesen Karton holte er raus und ging mit ihm zu seinem Porsche, verstaute die Kiste im Kofferraum und fuhr los.

Die Strecke, die er vor sich hatte, umfasste einige Stunden. Erst nach etwa vier Stunden mit einigen Pausen erreichte er eine recht kleine Stadt, die relativ friedlich und unauffällig wirkte. Alex war das erste Mal hier, aber er hasste es schon jetzt! Bis auf ein wenig geschäftliches Treiben war es hier absolut ruhig und er kam sehr gut voran. Er betrachtete die Naturkulisse um sich, die größer und aufwändiger war als er es kannte, aber er konnte sich nicht wirklich daran erfreuen. Alles sah so nach Vorstadt aus, wie man es aus dem Fernsehen kannte. Beinahe zu klischeehaft. Manchmal meinte er, dass nicht er die Leute verspottete, sondern dass er vom Leben verspottet wurde. Ein Gedanke, über den Godric sicher gelacht hätte! Ihm selbst war nicht nach lachen. Vollkommen ernst folgte er der Ansage seines Navis und bog in eine kleine Wohngegend ein. Auch die wirkte sehr idyllisch. Männer, die ihren Rasen mähten. Frauen, die ihre Blumenbeete schön machten. Ein paar Mütter, die mit ihrem Kinderwagen an der Straße standen und mit einer Freundin angeregt redete. Kinder, die mit Bällen oder Puppen tobten und spielten. Das musste einer dieser Vororte sein, über die die Leute immer schwärmten. Der Ort, an den man zog, sobald man das Geld dafür hatte! Ein Ort, an dem andere Urlaub machten und der auf den ersten Blick traumhaft schön, aber wenn man wirklich hier lebte genauso schrecklich war, wie alle anderen Wohnorte es waren. Nach außen wirkte alles anders als es von Innen war. Das wusste der Anwalt am Besten...

Er fuhr weiter und versuchte sich die Gegend nicht zu genau einzuprägen. Ignorierte die staunenden Blicke auf seinen teuren Wagen. Ja, sollten sie doch gucken! Selbst die Leute in ihrem Paradies konnten sich so etwas nicht zwingend leisten. Hypotheken auf ihren Häusern und all die Mäuler zum Stopfen, da blieb nicht viel für echten Luxus. Der 26-Jährige bog erneut ab. Hier wurden die Häuschen und Vorgärten kleiner und es war auch nicht mehr ganz so viel Leben. Man merkte einfach, dass er ein anderes Viertel erreichte. Je weiter er fuhr desto leerer wurden die Straßen und desto verkümmerter waren die Gärten. Keine spielenden Kinder und wenn doch, dann nicht mal halb so fröhlich. Keine fürsorglichen Mütter an der Straße, dafür aber einige Dirnen und einige unaufmerksame und genervte Mütter, die nach einigen Minuten zu drogenabhängigen Schreckensvisionen wurden. Das hier war die Gegend, in der Niemand je landen wollte. Der Ort, über den man den Kopf schüttelt, wenn Jemand erwähnte, dass er dort lebte. Auch hier sah sich Alexander nicht großartig um, obwohl den Leuten sein Auto noch mehr auffiel. Sie starrten mit offenen Mündern und folgte nach lange seiner Strecke. Ein letztes Mal bog er ab, dann sagte sein Navigationsgerät ihm, dass er sein Ziel erreicht habe.

Das Haus vor dem er hielt, war heruntergekommen. Der Garten drum herum war vollkommen eingegangen. Braunes Gras, Blumen, die den Kopf hängen ließen. Wenn man das wieder richten wollte, dann musste man das Haus sprengen und ein neues bauen und dabei komplett neue Muttererde auffüllen. Dann wäre es mit viel Geduld und Mühe VIELLEICHT möglich, ein schönes Fleckchen zu erschaffen. Aber wenn der Anwalt ehrlich war, lohnte sich das wohl kaum. Denn man müsste am Besten direkt alle Häuser sprengen und ersetzen. Genauso wie die abgegriffenen und kaputten Leute hier. Er schauderte als ihm klar wurde, was er da gerade dachte. Wie er diese Leute für ein Leben verurteilte, dass sie sich wohl nicht ausgesucht hatten. Zumindest nicht alle... Das hatte das Leben also inzwischen aus ihm gemacht.

Alex stieg aus seinem Porsche und ging zu seinem Kofferraum, um den Schuhkarton heraus zu nehmen. Dann setzte er sich auf den Beifahrersitz und verriegelte die Türen, den Karton stellte er neben sich vor das Lenkgrad. Dann wippte er vor und zurück, während er sein Gesicht in seinen Händen vergrub. Ihm war übel und er spürte, dass ihm die Farbe aus dem Gesicht wich. Er mahnte sich zur Ruhe. Versuchte den Puls zu verringern. Aber es klappte nicht wirklich. Also öffnete der Anwalt nun den Karton und holte die Pistole heraus, die darin lag mit einigen Magazinen und dem Werkzeug zum Reinigen. Er hatte sie schon vor einigen Monaten erstanden und damit an Schießständen geübt. Inzwischen schoss er gar nicht mal so schlecht. Die Identitätsnummer war von Anfang an entfernt gewesen und es gab auch keine Papiere, die ihn mit der Waffe in Verbindung brachten. Nicht mal gefälschte... Höchstens der Verkäufer, aber so weit er wusste, war der eh ausgewandert und betrieb sein Geschäft nun woanders. War sicher auch besser, wenn man bei solch einem Waffenhandel den Hauptsitz öfters wechselte. Immerhin bekam er für jedes Verbrechen, welches mit einer seiner Schusswaffen begangen wurde, eine Teilschuld. Da wollte er sicher mit so wenigen wie möglich auftrumpfen können.

Doch das interessierte den Lockenkopf gar nicht. Er kontrollierte den Lauf und ob nichts klemmte. Wechselte nur zur Sicherheit das Magazin, damit es nicht am Ende doch leer war. Kontrollierte erneut alles. Er kam sich beinahe etwas dämlich vor! Aber er wollte sowohl Ladehemmungen vermeiden ebenso andere Fehlfunktionen. Seine Hände zitterten, während er die Waffe hob und auf einen Baum zielte. Er versuchte sich mit einer Atemtechnik zur Ruhe zu treiben. Er wollte nicht zu sehr wackeln, nicht am Ende verfehlen. Als er sich sicher war, befestigte er die Waffe an seinem Gürtel und verstaute ein volles Magazin in seiner Jacketttasche. Dann stieg er erneut aus und verriegelte dieses Mal den Porsche mit dem Autoschlüssel.

 

Ein letztes Mal schnappte der Anwalt nach Luft, dann drückte er die Klingel. Er hörte von Innen Gerumpel und Gestolper. Sogar ein Fluchen als der Bewohner offenbar über einen Hocker oder ähnliches stürzte und beinahe fiel. Nach all dem Krach öffnete man Alexander endlich die Tür. Vor ihm stand ein hochgewachsener, abgegriffener Mann, der dicke Augenringe trug und eine Glatze hatte. Seine Kleidung war lockere und dreckige Sportkleidung, die genau in das Viertel passte. Es fehlten nur noch weinende Kinder und meckernde Huren, dann wäre wirklich jedes Klischee erfüllt. Aber wenn er ehrlich war, reichte ihm das schon.

„Was kann ich für Sie tun?“, fragte der Typ mit rauchiger und genervter Stimme, „Ich verkaufe das Grundstück nicht.“

Alexander gab ihm keine Antwort. Stattdessen drückte er seine Hand an das Schlüsselbein des Älteren und drückte ihn in dessen Haus. Hinter sich ließ er die Tür ins Schloss fallen.

„Hey!“, meckerte der Herr, „Was soll der Scheiß, du Wichser?!“

In dem Moment hob der 26-Jährige seine Pistole. Nun zitterte er gar nicht und hielt den Lauf direkt auf den Kopf des Mannes gerichtet. Der war mit einem Schlag still und zitterte am ganzen Körper. Der Blick des Lockenkopfes war eiskalt und berechnend: „Setz’ dich auf den Stuhl da!“ Er gehorchte und setzte sich artig auf den Stuhl. Alex nahm sich ein Klebeband, das er in der Nähe entdeckte und klebte Arme und Hände an die Rückenlehne und die Füße an zwei der Stuhlbeine. Trotzdem richtete er auch weiterhin die Schusswaffe auf den Älteren und zitterte auch weiterhin nicht als täte er das jeden Tag. Innerlich aber war ein Kampf entbrannt. Bilder, die so seltsam vertraut und doch so fern war. Wie ein bläuliches Wesen über diesem seltsamen einäugigen Mann gebeugt stand und ihm androhte, ihn zu töten. Alex hatte den Finger am Abzug und verscheuchte die seltsamen Erinnerungen, um sich wieder auf den Gefesselten konzentrieren zu können.

„Wer sind Sie?!“, schrie dieser panisch, „Warum tun Sie das?! Ich habe kein Geld! Und auch sonst keine Wertsachen, die ich Ihnen überlassen kann!“

„Sie sind doch Harry Monroe, oder etwa nicht?!“, schnaubte der Anwalt wütend.

„D-Das... stimmt...“, antwortete Harry irritiert, „Was wollen Sie denn nur von mir? Ich kenne Sie nicht!“

Alexander holte tief Luft, hielt die Waffe aber dennoch weiterhin auf den Älteren gerichtet. Das Entsetzen in dessen Augen und die Panik, die sein Gesicht verzerrte, war so greifbar. Es war erschütternd und doch zog er sich nicht zurück. Schweiß trat auf die Stirn des 26-Jährigen, aber noch rührte er sich nicht, um diesen weg zu wischen. Er behielt Harry im Auge, der immer noch nicht wusste, womit er das alles verdient hatte.

„Vor 27 Jahren, Mister Monroe, haben Sie einen Sohn gezeugt. Erinnern Sie sich daran, wie Sie diese Frau gevögelt haben?“, fragte Alex mit bebender Stimme, „Und vor etwa 26 Jahren kam er dann zur Welt und wurde zur Adoption frei gegeben und einige Tage später tatsächlich adoptiert. Dämmert es langsam?“ Harry hielt die Luft an. Wagte nun einen genaueren Blick auf den Bewaffneten. Tatsächlich gab es Ähnlichkeiten. Alexander war zwar schöner, besaß aber diese markanten Gesichtszüge von ihm und besaß die gleiche Haarfarbe, wie er sie früher gehabt hatte. Eine jüngere, gesündere und schönere Ausgabe von sich selbst.

Harry räusperte sich und versuchte etwas näher zu rücken, aber der Anwalt reagierte empfindlich darauf und schoss sehr knapp an dem Kopf des Mannes vorbei. Sofort hielt er still und das Zittern war fort. Nun gab es den Beweis, dass er schießen würde und das würde er nicht provozieren. Reuvoll hob er den Blick seiner braunen Augen: „Also... bist du mein Junge...?“

„Gut geschlussfolgert, Sherlock.“, antwortete Alex zynisch und verzog angewidert das Gesicht, „Wieso hast du mich fortgegeben? Wieso habt ihr mich fortgegeben?!“ Harry schwieg. Darauf gab es keine Antwort, die für ihn gut ausgehen konnte. Schon gar nicht die Wahrheit... „Oh, du musst es mir nicht sagen.“, knurrte der 26-Jährige erbost, „Du warst ein großer Drogen-Dealer gewesen! Heute schwimmst du zwar mit den kleinen Fischen, aber das war nicht immer so. Meine Mutter war eine einfache, drogenabhängige Hure! Sie ist inzwischen gestorben, weißt du? Eine Überdosis, wüsstest du das? Natürlich nicht...“ Monroe fühlte sich sehr unwohl in dieser Lage, denn sein leiblicher Sohn wusste schon alles, wofür man seine echten Eltern sonst aufsuchte und befragte. Da er aber eine Waffe auf ihn richtete, schien er damit trotzdem nicht durch zu sein. Da Harry immer noch nichts antwortete, fuhr Alexander einfach fort: „Du kamst ins Gefängnis einige Jahre nachdem ich adoptiert wurde und seit etwa zwei Jahren bist du wieder ein freier Mann. Ihr wärt Beide ehrlich keine guten Eltern gewesen und ihr hättet mit mir niemals umgehen können... Aber wenigstens wärt ihr meine Eltern! Ist dir eigentlich klar, wie es ist, immer der Außenseiter zu sein?! Und nicht mal zu wissen, wieso man nicht dazu gehört?!“

„Junge...“

„Nenn’ mich nicht >Junge< als wären wir Vater und Sohn, wie es im Buche steht!“, schrie er hysterisch und umfasste die Waffe fester. Inzwischen wurde der Lockenkopf immer bleicher und das schweißnasse Gesicht ließ ihn noch kranker aussehen. Er sah um einige Jahre gealtert aus und so fühlte er sich auch.

„Wie... soll ich dich dann nennen? Wie heißt du?“

„Ich trage den Namen, den ihr mir damals gegeben habt!“

Harry schluckte so schwer als musste er einen Tennisball verschlucken. Den Namen hatte offenbar nicht er, sondern seine Mutter ausgesucht. Und wie solch ein Prachtvater eben war, hatte es ihn einen Scheiß interessiert. Doch deshalb würde der Anwalt ihm nicht die Antwort in den Mund legen.

Der Glatzkopf schluckte nochmals, dann hob er wieder den Blick auf den Jüngeren: „Sie... wollte dir einen königlichen und... erhabenen Namen geben... A... A... Alexander... Richtig?“

Das überraschte ihn nun doch. Er nickte bleiern und sein Vater schien sehr stolz auf sich, dass er sich doch noch erinnern konnte. Das konnte er auch sein, wenn er all die Jahre nicht mehr daran gedacht hatte!

„Ich wäre ein mieser Vater gewesen, Alexander...“, sagte Harry vorsichtig, „Und sie eine schreckliche Mutter. Du hörst das bestimmt nicht gerne, aber du warst eben ein... Unfall.“ Er schloss die Augen, rechnete damit, dass er erneut schießen würde, aber dieses Mal blieb er ruhig. Deshalb fuhr der Mann lieber fort: „Wir hielten es für das Beste, wenn wir dich weggeben und du wenigstens eine Chance hast. Ich weiß, dass es nicht leicht ist, wenn man sich wie ein Außenseiter fühlt, aber das war bestimmt besser als in so einer Gegend, wie dieser hier aufzuwachsen. Du wärst sicher nach einigen Wochen tot gewesen!“

„Und das ist deine tolle Rechtfertigung? Ihr wolltet das Beste für mich? Wohl eher das Beste für euch!“

„Natürlich waren wir auch egoistisch. Wir wollten dich nicht, dass gebe ich ja zu. Aber... Aber-...“

„Was >Aber<?“, knurrte Alex wütend.

„Willst du es ernsthaft so enden lassen? Hier und jetzt?“, fragte Harry ihn vorsichtig, „Du würdest doch alles verlieren!“

„Ich habe vorgesorgt...“

„Das denken alle Verbrecher. Das habe auch ich gedacht bis ich plötzlich im Knast saß und so schnell nicht wieder raus kam.“

Da war etwas dran. Das wusste Alexander ja selbst! Aber er war so unbeschreiblich wütend. Er fühlte sich abgeschoben, verraten und vollkommen im Stich gelassen. Sein eigener Vater versuchte ja nicht mal ihm mit Lügen dieses Gefühl zu nehmen! Aber wollte er das wirklich? Süße Lügen, die ihm vorheuchelten, dass er mehr für ihn und seine Mutter war? Mehr als nur ein erhabener Name, der eine bessere Chance verdient hatte?

Wieder verschwamm ihm der Blick und er sah, wie dieses blaue Wesen aufgespießt wurde. Von ihm. Und er spürte keine wirkliche Reue darüber. Als beendete er den Abschnitt seines Lebens, der ihm stets Leid gebracht hatte... Er rettete diesen Mann, der für ihn stets wie ein Vater gewesen war, aber ihn nicht gerecht behandelt hatte. Nicht in seinen Augen... Das blaue Wesen hingegen war ein Fremder. Laufey... Ein Name der in seinem Kopf gesäuselt wurde, wie eine Beleidigung. Rasch schüttelte der Anwalt den Kopf. Kam wieder zurück ins Diesseits und wischte sich zittrig die schweißnasse Stirn ab. Wann hatte er zu zittern begonnen? Und seit wann schwitzte er so heftig? Harry beobachtete ihn skeptisch und beunruhigt. Wahrscheinlich dachte er, dass sein Sohn krank war und jeden Moment ohne eine böse Absicht abdrücken würde. Oder dass er vollkommen wahnsinnig war und mit den Stimmen in seinem Kopf stritt. Das war ihm egal als er wieder die Pistole auf seinen Vater richtete und mit neuem Vater in dessen ängstlichen Augen starrte: „Nenn’ mir nur einen Grund, warum ich es nicht hier und jetzt beenden soll? Ich wäre dann frei... Es gäbe Niemanden mehr, der mein Blut trägt. Niemand mehr, der mich an all das erinnert!“

„Was machst du beruflich?“, wollte Harry plötzlich wissen.

„Was?“

„Was machst du beruflich? Was arbeitest du?“

„Das habe ich schon verstanden! Warum willst du das wissen?“

Der Glatzkopf räusperte sich und sah den jungen Mann tadelnd an: „Fällt es dir so schwer, mir einfach zu antworten?“

„Ich bin Anwalt.“, antwortete Alex Zähne knirschend.

„Oh, wow, das ist gut.“, sagte der Ältere ehrlich erstaunt und beeindruckt, „Und die Karriere willst du wegwerfen? Du fährst doch offenbar... Was stand da draußen? Ein Porsche? Du fährst einen Porsche und ich glaube, ich habe dich mal im Fernsehen gesehen! Das willst du wegwerfen, um so Jemanden wie mich zu töten? Das bin ich doch niemals wert.“

Alexander verengte die Augen und schwor sich, dass er niemals so wie sein Vater sein würde. Er kam etwas näher und fasste die Pistole nun fester an. Das Zittern verschwand wieder. Harry erstarrte, denn er sah den Entschluss in den Augen seines eigenen Kindes. Wahrscheinlich hatte er es auch nicht besser verdient... Auch wenn er gerne länger so weitergemacht hätte, wie bisher.

Plötzlich erklang eine Melodie. Der 26-Jährige fuhr genauso zusammen, wie es der Ältere tat. Der Sound war ihm fremd, aber der Anwalt konnte sich denken, wer es war und wieder an seinem Handy die Klingeltöne geändert hatte. Er haderte, ob er fortfahren und das Telefon ignorieren sollte oder ob er doch lieber ranging. Monroes Augen machten deutlich, dass er auf Zweiteres hoffte. Selbst wenn es nur eine Verlängerung von ein oder zwei Minuten war, reichte das aus, um Abschied von der Welt zu nehmen. Dem angstvollen Blick gab Alex schließlich nach, hob den Zeigefinger vor den Mund und signalisierte ihm, dass er still sein sollte. Harry nickte, denn er wusste, dass wenn er nun irgendwas schrie, dann würde der Lockenkopf gnadenlos abdrücken. Man würde ihn dann vielleicht eher verhaften können, aber was brachte ihm das, wenn er tot war?

Endlich holte Alex das Handy aus seiner Hosentasche und hob ab, während er seinen leiblichen Vater streng im Auge behielt: „Gody, was gibt es denn?“

„Entschuldige, wenn ich dich störe.“, antwortete auf der anderen Seite der Blondschopf, „Du bist ja schon eine Weile weg und deshalb wollte ich dich fragen, ob wir heute überhaupt zusammen essen?“

Der Anwalt haderte. Er hatte nicht vorgehabt, nach diesem Verbrechen einfach nach Hause zu gehen: „Ich... weiß noch nicht.“

„Ich dachte mir, weil wir die letzten Tage immer nur bestellt haben, wie ich es wollte, könntest du ja heute mal kochen.“, brabbelte Godric ungehemmt weiter, „Du magst es ja lieber frisch und kochst so gerne. Ich finde das nur fair! Außerdem... verstehen wir uns seit kurzem wieder so gut, weißt du?“

„Ja, ich weiß.“

„Deshalb würde ich es klasse finden, wenn wir das mit den gemeinsamen Essen und den Gesprächen so beibehalten würden! Aber dafür muss ich dir ja auch etwas entgegen kommen.“

„Das wäre wirklich toll, Gody.“ Das wäre es wirklich. Zum ersten Mal ging es in ihrer Beziehung wieder vorwärts und das ohne schmerzhafte Zankereien. Sah man von ein paar kleinen Witzen ab, die aber die Situation eher versüßte.

Die Freude des Kellners war beinahe durch das Telefon greifbar: „Super! Dann klappt es also mit dem gemeinsamen Essen?“

„Ich denke, dass wir das hinkriegen.“, erwiderte der Anwalt zurückhaltend, während er seinen Vater ebenso anstarrte, wie er ihn. Es war eine seltsame Lage.

„Klasse! Bis nachher dann! Ich habe dich lieb!“

Das klang ehrlich. Und es brachte Alex zum Schwanken, was er antworten sollte. So etwas hatten sie sich seit vielen Jahren nicht mehr gesagt. Er wusste nicht mal sicher, ob sie das jemals getan hatten... Doch sein Herz machte diesen deutlich spürbaren Sprung, den er nicht ignorieren konnte: „Ich habe dich auch lieb, Gody.“ Dann legte sein Bruder mit einem Jauchzen auf und ließ ihn zurück in dieser dunklen Stunde. Der Anwalt verstaute sein Handy wieder und umschloss die Waffe wieder mit beiden Händen.

„Und ihn?“, fragte Harry.

„Wie bitte?“

„Bist du bereit diesen Gody aufzugeben?“, fragte er nun genauer, „Denn wenn du weitermachst, könnt ihr euch nur noch über Gefängnistelefone sagen, dass ihr euch lieb habt.“

Das war ein Punkt, der nicht abzustreiten war. Und so lange der Anwalt auf der Flucht war, konnten sie sich so etwas sogar gar nicht sagen. Dennoch schob er seinen Finger an den Abzug und sah seinen Vater kalt an. Dieser wurde mit einem Schlag still und kalter Schweiß rann ihm von der verkrampften Stirn. Er versuchte nicht, sich aus den Fesseln des Stuhls zu befreien und bettelte auch nicht. Er schloss die Augen und wartete auf sein Todesurteil.

„Du hättest diese Kugel verdient.“, sagte Alex und brach die Stille, „Du hättest sie beim besten Willen verdient! Mehr als die meisten Anderen!“ Monroe öffnete langsam wieder seine Augen und sah, dass sein Sohn die Pistole langsam sinken ließ. „Und ich bin mir sicher, dass Niemand um dich weinen würde und es mir besser ginge, wenn ich wüsste, dass du nicht mehr da bist!“ Der 26-Jährige kam auf ihn zu und schlug seinem Vater den Knauf der Pistole direkt ins Gesicht. Dann trat er ihn direkt in den Bauch, sodass er krachend mit dem Stuhl zu Boden ging. Dann bückte sich Alex und öffnete das Klebeband an den Händen des Gefesselten, während er ihn sauer anstierte: „Wenn du zur Polizei gehst oder sonst etwas tust, dann wirst du es bereuen, das schwöre ich dir. Man wird bei mir keine Beweise finden, also versuche es gar nicht erst! Und dir glaubt eh keiner...“ Er riss brutal und langsam an dem Klebeband, aber Harry unterdrückte jeden wehleidigen Laut. Dann befreite Alexander die Beine des Älteren. Die Reste des Bandes verstaute der Lockenkopf in seiner Jacketttasche und erhob sich danach. Mehr hatte er immerhin hier nicht angefasst.

Zwar wich Alex nun zurück, hatte aber die Pistole griffbereit, falls Monroe sich doch für Gegenwehr entschied oder Rache. Das wäre dumm und unratsam, aber das war es auch, unverhütet Sex zu haben, wenn man kein Kind wollte. „Ich verschone dich nicht, weil du es verdienst hast.“, setzte der junge Mann dann an, „Ich verschone dich auch nicht für irgendwas, was du gesagt hast. Alles, was du gesagt hast, war Mist! Du bist ein richtiger Arsch, der das Schlimmste verdient hätte und am Liebsten würde ich abdrücken und alles hier beenden. Hier und jetzt...“

„Warum tust du es dann nicht?“, wollte Harry wissen und bereute die Frage sofort. Immerhin konnte das den Anwalt wieder umstimmen.

„Weil ich Jemanden habe, der es wert ist, dass man für ihn auf einen Drang verzichtet, der tief in mir pocht. Weil da Jemand ist, der auf mich wartet und die Kugel nicht verdient hat, die ihn genauso getroffen hätte, wie dich.“, erwiderte der Anwalt und leckte sich über die trockenen Lippen, „Du lebst, weil es Menschen gibt, die nicht nur besser sind als du, sondern die es auch noch wert sind, dass man alles für sie tut. Du aber bist wertloser Dreck. Du warst nie etwas und du wirst niemals etwas sein. Er Versager, wie er im Buche steht... Und ich habe auch Besseres verdient. Besseres als das, was nach diesem Schuss gekommen wäre.“ Das schmeckte dem Glatzkopf gar nicht, aber es war wohl besser so etwas zu hören als die Alternative. Letztendlich verstand er ja auch, was er meinte und das war das Schlimmste dabei.

Aber Alex’ Worte erinnerten ihn auch daran, dass er einen Schuss schon abgegeben hatte. Er stieg über seinen Vater, behielt ihn aber im Auge. Er fand die Kugel in einem Buch und nahm dieses an sich. Die Hülse lag nicht weit von seiner vorherigen Position, die er ebenso einsteckte. Er würde nichts hinterlassen, wo vielleicht Fingerabdrücke drauf waren, falls Harry dumm genug war und ihn anzuzeigen versuchte.

Der Anwalt ging heraus ohne ein Wort des Abschieds an seinen leiblichen Vater zu richten. Draußen wischte er die Klingel noch mit seinem Ärmel ab, dann verstaute er die Waffe, das Magazin und alle Beweise in dem Schuhkarton, um diesen wieder in seinen Kofferraum zu stellen. Dann stieg er ein und fuhr ohne einen Blick zurück los. Er schwor sich, dass er nie wieder in diese Stadt kommen würde. Komme, was da wolle...

 

„Du verstehst dich nun also besser mit deinem Bruder?“, fragte Fili in der Umkleidekabine. Sie machten gerade Feierabend nach einem anstrengenden Tag. Natürlich hatte ihr Chef wieder versucht Godric fertig zu machen, aber das war so alltäglich, wie die Frauen, die alle Trinken bestellten.

„Japp.“, erwiderte der Langhaarige nicht ohne stolz, „Seit etwa zwei Tagen läuft es eigentlich relativ rund. Ich meine: Es ist noch nicht perfekt und nicht, wie früher, aber es geht aufwärts. Das ist doch schon etwas, oder?“

„Auf jeden Fall!“

Godric zog sich die Ausrüstung für sein Motorrad an und grinste dabei wie ein glücklicher Idiot. Er selbst merkte es nicht mal und es wäre ihm wohl auch nie klar geworden, wenn sein Kumpel nicht so vor sich her gekichert hätte. Also sahen seine blauen Augen ihn fragend an: „Was ist so lustig?“

„Du grinst immer so dämlich heute.“

„Tu’ ich gar nicht!“

„Alter, guck’ doch mal in den Spiegel! Du grinst ehrlich wie ein Idiot!“, spottete Fili amüsiert.

Das ließ sich der Kellner nicht zwei Mal sagen. Sofort ging er zum einzigen Spiegel in der Umkleide und sah darin... dass er wie ein Idiot grinste! God lief puterrot an und fragte sich, womit er denn das verdient hatte. So hatte er ja seit der Highschool nicht mehr ausgesehen und er war froh drüber gewesen! So hatte er früher immer geschaut, wenn er gerade Sex gehabt hatte. Voller Stolz und Tatendrang...

„Was war denn um Himmelswillen der Auslöser für das gebesserte Verhältnis?“, fragte sein Kumpel amüsiert, „Muss ja richtig klasse gewesen sein, damit du dich so sehr freust und nicht mehr aufhören kannst.“

„Es... war nichts Besonderes...“, sagte Godric und begann vor dem Spiegel an seinen Mundwinkeln zu ziehen. Das machte es natürlich keineswegs besser. Fili begann sogar noch lauter zu lachen, weil er es einfach nicht fassen konnte! Dennoch versuchte der Blondschopf weiterhin das dämliche Grinsen los zu werden oder es zumindest zu kaschieren.

„Nun sag’ schon!“

Der 28-Jährige grummelte, ließ endlich die Finger von seinem Mund und drehte sich dann zu seinem Kollegen. Der starrte ihn weiterhin erwartungsvoll an. God war sich einfach nicht sicher, ob er ihm das wirklich sagen wollte. Klar, Fili hatte eine enge Bindung zu seinem kleinen Bruder und sie taten Dinge miteinander, die wollte Godric nicht mal denken, trotzdem kam es ihm falsch und dämlich vor.

„Was bist du so schüchtern? Sag’ einfach, was los war!“, drängelte Fili ihn weiter und sah den Größeren wissbegierig an. Godric sprach generell nicht gerne über sein Privatleben und schon gar nicht über Probleme, aber jetzt wurde ihm klar, dass das nicht nur Probleme betraf, sondern speziell den jüngeren Bruder. Aber offenbar würde sein Kumpel nicht klein beigeben, ehe er nicht mit der Wahrheit herausrückte. Das machte es nicht wirklich besser.

Schnaubend blickte der 28-Jährige zur Seite: „Na ja... Ich habe ihm einen Tipp gegeben und als Dank hat er mich dann halt... geküsst...“

„Geküsst?“, fragte der Kleinere erstaunt, „Ehrlich? Wohin? Wange?“

„Nein.“

„Stirn?“

„Nein.“

Fili blinzelte sowohl verwirrt als auch überrascht: „Oh... Du willst mir doch nicht sagen, dass er dich auf den Mund...?“

„Doch, genau das will ich sagen.“, antwortete God und wurde erneut rot im Gesicht. Nach seinem Geschmack wurde er heute zu oft verlegen und aus dem Konzept gebracht.

„Das ist ja... wunderbar!“, freute sich der Kollege ehrlich und schlug dem Hünen ermunternd auf die Schulter, „Und wie war es für dich? Wie fühlst du dich damit?“

„Wie soll ich mich schon fühlen?“

„Veralber’ mich nicht... Ihr habt doch seit Jahren keine Zärtlichkeiten mehr getauscht!“, erwiderte der Kellner skeptisch, „Da muss du da doch etwas empfunden haben?“

„Ja...“, stimmte Godric zu und verzog das Gesicht, „Ich war sehr verwundert und habe die halbe Nacht nicht gepennt. Beziehungsweise habe ich schon gepennt, aber nur seltsame Sachen geträumt.“

Nun wurde Fili noch hellhöriger. Vollkommen interessiert und neugierig blickte er ihm direkt in die Augen und suchte nach einer Wahrheit, die ganz tief darin verborgen lag. Das sorgte aber auch dafür, dass God sich unbehaglich fühlte. Am Liebsten wäre er umgedreht und einfach abgehauen. Aber dann wäre der Kleinere ihm garantiert gefolgt und hätte ihn noch vehementer zur Rede gestellt. Der Hüne seufzte also leise und versuchte abzuwinken: „Ist doch egal... Komische Sachen eben. Aus anderen Zeiten und Welten und so. Ich war ich, aber irgendwie auch nicht...“ Das schien seinem Kollegen immer noch nicht zu reichen. Er stierte ihn an als sei er ein interessantes Versuchstier. „Na ja, und Lexy kommt halt auch ständig drin vor. Er heißt anders und sieht etwas anders aus, aber er ist trotzdem irgendwie... er.“, versuchte God es weiter zu erklären, „Und bisher hatte ich eigentlich immer das Gleiche geträumt, aber nach dem Kuss von Lexy hatte ich einen neuen Traum. Aber das Szenario war eben gleich... Ist schon komisch.“

„Glaubst du an Wiedergeburten, God?“

„Na ja, nicht unbedingt... Es wäre schon irgendwie schön, wenn es so etwas gäbe und Schicksal und all das Zeug, aber ich würde dem nun nicht unbedingt nachjagen.“, antwortete der Kellner vorsichtig, „Ich denke unabhängig davon, ob man ein Vorleben hatte und ob es nun Vorherbestimmung gibt, sollte man sein Leben einfach leben und alles tun, damit dieses Leben ideal wird und man im Hier und Jetzt alles tut, damit man seine Liebe findet und man am Ende möglichst wenig zu bereuen hat. In der Vergangenheit zu leben, bringt einen doch nicht weiter... Egal, wie schön es klingt.“

„Du bist gar nicht so dumm, wie du immer tust.“, amüsierte sich Fili und bekam dafür einen Hieb an den Oberarm. Er zuckte zwar kurz zusammen, aber er ärgerte sich keineswegs über diesen Tadel.

„Sorry, Kumpel, aber ich muss los.“, warf Godric dann mit einem schiefen Grinsen ein, „Ich will mit meinem Bruder essen. Oh! Guck’ nicht so! Es werden keine Körperflüssigkeiten ausgetauscht!“

„So lange du daran glaubst...“, kicherte Fili, „Viel Spaß und liebe Grüße.“

„Bis morgen.“

 

Der Kellner freute sich schon ungemein auf das gemeinsame Essen mit dem Jüngeren. Deshalb gab er auch extra Gas auf seinem Motorrad. Mogelte sich durch manche kleine Lücke und sorgte so dafür, dass viele Leute ihn anhupten und sicherlich auch verfluchten. Dabei war noch nicht mal klar, ob sie überhaupt zusammen essen würden! Aber irgendwas in ihm sagte, dass dem so sein würde. Vielleicht würde ihn genau das gleich enttäuschen, aber er war schon immer etwas naiv gewesen...

Er erreichte das Elternhaus eigentlich recht schnell. Auf der Auffahrt stand auch der teure Porsche. Godric parkte sein Motorrad in der Garage und dort ließ er auch seine Schutzkleidung. Dann erst ging er ins Haus, aber hier war es total dunkel. Schuhe und Jacke warf der Blondschopf einfach ab und suchte besorgt im Dunkeln den Lichtschalter: „Lexy?“ Er erhielt keine Antwort. Sein Herz wummerte ihm bis zum Hals. Eigentlich wollte er nicht wissen, ob irgendwas passiert war. Nicht jetzt, wo es doch langsam bergauf ging! Seufzend überwand sich der Kellner und suchte im Dunkeln den Weg durch den Flur ins Ess- und Wohnzimmer. Vorsichtig drückte er die Tür auf und war erstaunt, was er darin vorfand. Der Raum war verdunkelt und damit auch ja kein Licht eindrang, waren die Vorhänge zugezogen. Es gab nur flackernde, kleine Kerzen, die schön auf dem Tisch drapiert waren. Ebenso einige auf nahen Regalen und Tischlein. Es sah wirklich sehr aufwändig und romantisch aus. Dazu kam, dass auf dem Tisch ein paar Blumengestecke und silberne Verzierungen eine Eleganz hervorlockten, die er noch nie in diesem Esszimmer gesehen hatte. Zumindest nicht mehr seit dem Tod seiner Mutter... Ruhige Musik spielte im Hintergrund, die er erst jetzt wahrnahm. Ein Klavierstück, aber mit so etwas kannte Godric sich nicht aus. Es duftete außerdem herrlich nach Essen und irgendwas, was er gerade nicht einordnen konnte... Vielleicht Rose?

Der Kellner trat näher an den Tisch heran. Da fiel ihm auf, dass sogar das gute Silberbesteck aufgedeckt war und das genau richtig angeordnet. Weingläser standen auch bereit. Es sah wirklich aus, wie in einem Luxusrestaurant! Obwohl dazu sein Chef fehlte, der fluchte, schimpfte und ihn beleidigte... Nun entdeckte er sogar die fein und säuberlich ausgestreuten Rosenblütenblätter, die um seinen Platz lagen und einige auch als Spur vom Flur in diesen Raum. Es war so dunkel gewesen, dass ihm das gar nicht aufgefallen war! Nun hatte er einige platt getreten. Das fand der Hüne schade, aber er konnte es auch nicht mehr ändern.

Kurz darauf sprang die Küchentür auf, aus der Licht in den Raum geflutet wurde. Der Anwalt wirkte ehrlich überrascht als er seinen älteren Bruder entdeckte: „Seit wann bist du denn hier?“

„Ich bin eben erst gekommen.“, erwiderte Godric, „Ich hatte gerufen, aber du hast es offenbar nicht gehört.“

„Hmmm, scheint wohl so. Setz’ dich doch.“

Godric folgte der Bitte und setzte sich auf seinen abgestammten Platz. Aber irgendwie kam ihm das alles seltsam vor: „Erwartest du noch Damenbesuch?“

„Nein. Wie kommst du darauf?“

„Wegen den ganzen... Details.“, erwiderte God etwas irritiert und deutete auf die Kerzen und die Rosenblätter, „Das erscheint mir etwas viel für ein Essen von uns beiden. Es sieht natürlich alles total schick aus! Gefällt mir ehrlich total! Aber mal ehrlich: Erwartest du noch wen?“

Alexander lachte über diese Skepsis und stellte nun die Teller ab, die er eh getragen hatte. Es war ein gemischter Salat, der definitiv frisch zubereitet und mit eigener Salatsoße verfeinert wurde. Dann ging er in die Küche und holte den gekühlten Wein, um ihnen diesen einzuschenken. Auch der war sehr teuer, wie alles, was man zu sehen bekam.

„Sagen wir, ich freue mich einfach, dass es zurzeit so gut läuft, Gody.“, sagte der Lockenkopf dann, „Und ich bin dankbar, dass du genau im richtigen Moment angerufen hast. Sehr dankbar... Und das wollte ich angemessen mit dir feiern. Besonders, weil du freiwillig frisches Essen zu dir nehmen willst!“

„Hmm... Verstehe.“

Der 26-Jährige eilte nochmals in die Küche und kontrollierte alles, was er auf dem Herd zurückließ, ehe er zurück in das Esszimmer kam und sich dem Blondschopf gegenüber setzte. Godrics verwirrter Blick war verständlich, aber der Anwalt würde nicht weiter darauf eingehen. Nicht heute. Nicht jetzt.

„Lass’ es dir schmecken, Gody.“

„Ja, danke...“, murmelte der Kellner, „Du dir auch, du komischer Vogel.“ Darüber lachte der Lockenkopf lediglich und fühlte sich keineswegs beleidigt. Es würde ein entspannter Abend werden und sie würden viel reden. Etwas, was sie seit zu langer Zeit nicht mehr richtig getan hatten...

 

Kapitel 3 Ende

Unheilbare Sünde

Godric verstand zwar nicht, wieso sein Bruder sich über das Telefonat so sehr gefreut hatte, dass er ihm ein Drei Gänge Menü zubereitet und dabei auf seinen Geschmack abgestimmt hatte, aber es hatte auf jeden Fall wunderbar geschmeckt. Die grüne Vorspeise war zwar nicht unbedingt seins, aber als Hauptgang gab es selbstgemachte Hamburger und ebenso selbstgemachte Pommes. Als Nachtisch hatte Alexander selbstgemachtes Eis mit Sahne, Streuseln und Erdbeersoße serviert. So viel Selbstgemachtes! Und alles hatte so wunderbar geschmeckt! Natürlich bekehrte das nicht den Fastfood-Esser, aber für zwischendurch konnte er damit durchaus klar kommen. Während dieses tollen Essens redeten sie über alles Mögliche. Die alte Schulzeit, wie es bei God auf der Arbeit lief, angesagte Clubs und ihren gemeinsamen Kumpel Joshua. Es war richtig entspannt und fast so als hätten sie niemals einen heftigen Streit untereinander gehabt. Als habe der Anwalt niemals diese grauenhaften Dinge über seine Eltern gesagt...Egal, was passiert war, es hatte eine positive Entwicklung gebracht.

Mit vollem Magen und einem gutem Gefühl in der Brust ging der Kellner dann endlich schlafen. Er verfiel heute sehr schnell seinen Träumen, obwohl er genau das am nächsten Tag bereuen würde. Denn in dieser Nacht kam ein neuer Traum, der sein Bewusstsein wieder fest ergriff. Erneut in diesem fremden Königreich und wieder war er der imposante Hauptmann. Er schritt durch die Flure und genoss hohes Ansehen. Nicht nur, dass er ein ausgezeichneter Kämpfer war, er stand dem König auch sehr nah und war dessen rechte Hand. Es gab Gerüchte um ihre Beziehung zueinander. Es gab Munkeln, dass sie mehr waren als Hauptmann und König... Aber bisher hatten sie alles recht gut von sich abwenden können. Egal, wie laut sie sich liebten und an welchen Orten – und das taten sie und sie taten es oft – irgendwie erwischte man sie einfach nicht. Aber vielleicht wollte es auch keiner... Nur die Frau Konstantins wusste um ihre Affäre und hatte geschworen, es nicht zu verraten. Auch wenn Benedikt ihr nicht wirklich traute und sie erst recht nicht leiden konnte, vertraute er auf das Urteil seines Geliebten, der inzwischen sogar inoffiziell mit ihm verheiratet war. Mit einem Lächeln auf den Lippen betrachtete der Hauptmann den schönen Ring an seinem schmutzigen Finger. Konstantin hatte keine Kosten gescheut, um ihn einen wunderschönen Goldring mit kriegerischen Verzierungen herstellen zu lassen. Dabei wäre es egal gewesen, was er ihm für ein Ring geschenkt hätte... Aber so etwas wollte der König nicht hören. Und er wollte ihn nicht damit beleidigen. Diesen Ring gab es nur noch ein zweites Mal und der befand sich am Finger seines Liebsten bei seinem anderen Ehering. Er hatte ihm geschworen, dass er den anderen Ring nur aus der Pflicht heraus trug und nicht, um ihn zu verletzen oder weil Elizabeth ihm irgendwas bedeutete. Es hatte sich sehr deutlich gezeigt, dass Konstantin überhaupt nichts mit Frauen anfangen konnte. Da war die Gefahr größer, dass Benedikt mit einer durchbrannte. Aber das würde er nicht. Dafür war er viel zu verliebt! Selbst nach all den Jahren der geheimen Liebe, waren seine Gefühle genauso stark, sogar stärker als am ersten Tag.

Es schmerzte nur, dass sie unter Augenzeugen keinen Körperkontakt aufbauen durften und auch nicht vertraut miteinander reden oder sich sehnsuchtsvoll anstarren durften. Das war früher schon hart gewesen und es wurde mit der Zeit nicht leichter. Erst recht nicht, weil der Herrscher unter dem Konstantin regierte, sogar selbst Interesse gezeigt hatte und ebenso um die Homosexualität des Königs wusste. Aber auch das hatten sie irgendwie überstanden. Irgendwie hoffte der Hüne, dass sie dann auch irgendwann so offen ihre Beziehung ausleben konnten, auch wenn das wie eine Kinderfantasie erschien. Doch die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt. Deshalb erlaubte sich Benedikt zu hoffen, dass er irgendwann solch ein Glück erfahren würde. Falls es irgendwann so weit sein würde, dann wünschte er sich sehr, dass Konstantin dann ebenso offen mit ihrer Liebe leben wollte, wie er.

Da ihn aber der König gerufen hatte, blieb ihm wenig Zeit, sich eine solche Zukunft auszumalen. Man öffnete ihm sofort die Türen zu den Privatgemächern des Lockenkopfes und er trat respektvoll und gefasst ein. Konstantin wurde gerade von einem Knappen in seine edle Rüstung gesteckt, die sauber und poliert war. Doch Benedikt wusste, dass Harnisch, Handschuhe und alles andere schon Blut geleckt hatten und ab und an auch mal tiefe Kerben gehabt hatten. Er mochte ein gütiger König sein, aber er liebte auch den Kampf und zu beweisen, dass er besser, wendiger und klüger als alle Anderen war. Seit er mit seinem Hauptmann trainierte, hatte er auch viel mehr Kraft in seinem Körper und wusste seine Waffen geschickter einzusetzen. Inzwischen waren ihre Kämpfe stets Kopf an Kopf-Rennen. Mal gewann Konstantin, mal er. Ähnlich lief es nun auch im Bett, wenn es um die Frage der Dominanz ging.

Trotzdem verwirrte es den Soldaten, dass man Konstantin voll bekleidete. Das war keine Jagdausrüstung und ein Kampf war für heute auch nicht angesetzt. Nicht mal Training... Deshalb trat der Langhaarige auch flott näher: „Was ist los?“

Konstantin sah auf und nickte seinem Mann zu, dann schickte er die Knaben heraus, die ihm bei der Rüstung geholfen hatten. Sie schlossen hinter sich die Tür, sodass sie unter sich waren. So entspannte sich Benedikt sichtlich und das würde vieles leichter machen. „Hilf’ mir mal mit der Schnalle, Ben.“, bat der König ihn und er gehorchte, „Ich muss in einen Krieg ziehen, Ben.“ Sofort erstarrte der Hauptmann und sah ihn entsetzt an. Er suchte nach einem Scherz, dem Schalk, aber da war nur Ernst. „Du musst hier bleiben, Ben. Wenn mir was zustößt, dann gebührt dir die Last der Krone.“, führte der Mann fort und griff zärtlich nach der zittrigen Hand seines Geliebten, „Außerdem musst du von hier aus die Soldaten an die Orte senden, an denen sie wirklich gebraucht werden. In solchen Taktiken bist du einfach wesentlich besser...“

„Was? Warum“, fragte Benedikt und seine Zunge fühlte sich bleiern und geschwollen an in seinem Mund. Ihm war schwindelig und schlecht und er war sich sicher, dass er jeden Moment einfach umkippen konnte. Das bemerkte auch Konstantin, der ihn mitleidig anlächelte und seine Hand tröstlich drückte.

„Der Herrscher hat rausgefunden, dass ich die Gesetze komplett abgeändert habe in meinem Reich.“, erklärte der König freudlos, „Er hat mich aufgefordert, mein Regime wieder anzupassen und ich habe mich geweigert. Ich habe ihm gesagt, dass ich weder Rassismus noch Sklaverei dulden kann und dass es meinem Land viel besser geht seit all das verboten ist. Das hat ihm nicht gefallen...“ Er stieß ein schmerzhaftes Lachen aus als er an das wutentbrannte Gesicht zurück dachte. Dass er ihn noch hatte gehen lassen, grenzte an ein Wunder.

„Das heißt...“

„Ja... Das heißt es.“, erwiderte Konstantin kleinlaut, „Wenn ich tödlich verwundet werde, werde ich nun auch daran sterben. Er hat mich entmachtet. Ich bin nicht mehr unsterblich.“ Benedikt wollte schlucken, aber er konnte es einfach nicht. Sein Mund war so trocken und es schmerzte so sehr als habe er Rasierklingen gegessen. Auch das bemerkte der Adlige und seufzte betrübt als er fortfuhr: „Er wird erst aufhören, wenn ich falle oder nachgebe. Nachgeben kommt nicht in Frage, Ben. Nicht nach allem, was geschehen ist... Nicht nach allem, was ich riskiert habe.“

„Tust du das, wegen deinem Vater?“

Er schüttelte den Kopf und sah dann fest in die Augen seines Mannes: „Nein, nicht nur. Es stimmt ja, dass ich seinen Tod immer noch nicht so richtig verarbeitet habe, aber so ist das wohl, wenn man dabei zusehen muss, wie er qualvoll und langsam mit einem Messer enthauptet wird und man in dessen Blut seinem Mörder die Treue schwören muss. Aber ich habe es genug überwunden, um mich nicht mehr daran zu klammern...“

„Dann tust du es für dein Volk?“

„Nein.“

„Wofür willst du dich dann opfern?“, wollte der Hauptmann wissen und wurde von Moment zu Moment immer bleicher.

„Für dich. Damit du einen Ort des Glücks und des Friedens hast.“, erwiderte Konstantin und griff nach den großen Händen seines Liebsten, um jede Kuppe einzeln zu beküssen, „Ich will für dich einen Ort schaffen, an dem du zur Ruhe kommst und vergessen kannst. Das ist in einem Reich der Unterdrückung nicht möglich... Es mag keine wirkliche Freiheit geben, aber das kommt doch schon nah ran.“

Benedikt konnte nicht sagen, wann er das letzte Mal geweint hatte. Es war auf jeden Fall sehr, sehr lange her... Doch nun flossen die Tränen von alleine. Nicht, wegen den Idealen, die sein König und Mann anstrebte, sondern wegen dem Gedanken, dass er vielleicht starb und er ihn nie wieder sah. Dass er nie wieder seine Kuppen auf diese Art küssen würde. Dass er ihn nie mehr in den Arm nehmen würde. Dass sich ihre Lippen nie mehr berührten... Dieser Gedanke war so schmerzhaft und unerträglich, dass er am Liebsten schreien, schlagen und toben würde. Aber auch dafür war er zu bleiern und benebelt.

Immer und immer wieder schnappte der Hauptmann wild nach Luft. Versuchte sich zu fangen und sah den Lockenkopf mit nassen Augen ins schöne Gesicht: „Es gibt keinen Ort des Glücks ohne dich. Es gibt keine Freiheit ohne dich... Mein Leben ist wertlos ohne dich. Bitte... Tu’ mir das nicht an!“

„Kein Leben ist wertlos...“, warf Konstantin schmerzerfüllt ein, „Du bist meine bessere Hälfte, Ben. Und daran wird sich niemals etwas ändern... Erinnerst du dich an die Unterhaltung, die wir mal geführt haben? Über Walhalla und meinen Vater?“

„Ja...“, murmelte Benedikt mit brüchiger Stimme.

„Du hast gesagt, dass mein Vater dort mit den Helden und den Göttern in einer goldenen Halle speisen würde und ab und an stolz auf mich herab blicken würde.“, führte der König fort, „Du hast gesagt, dass er erschrocken sein würde, weil ich mich widersetze, um im nächsten Moment deshalb stolz zu sein. Du hast gesagt, dass ich irgendwann ebenso in die Goldenen Hallen eingehen und mit den Helden trinken und feiern würde. Glaubst du das immer noch?“

„J-Ja...“

Sanft erfasste der Adelssohn die Wangen seines Mannes und beugte sich zu ihm, um ihm einen leidenschaftlichen und ehrlichen Kuss zu schenken. Er zog ihn gefühlvoll in die Länge, während seine kräftigen Hände verhinderten, dass Benedikt sich zurückzog. Erst als er bereit war, diesen herrlichen Kussmund aufzugeben, löste sich Konstantin, lehnte seine Stirn aber an die seines Hauptmannes. Seine tapferen, aber ebenso angstvollen grauen Augen stierten in die des Kriegers als er fortfuhr: „Dort werde ich auf dich warten. Sobald die Zeit gekommen ist, werde ich dort mit dir zusammen saufen, Lieder singen und dir meinen Vater vorstellen. Aber nicht heute... Du hast noch ein langes Leben vor dir.“

„Das klingt so als würdest du sowieso sterben...“, schluchzte Benedikt leise und verfluchte sich für seine Gefühlsausbrüche, „Das klingt so als gäbe es keine Hoffnung, dass du diesen Krieg überlebst. Als hättest du schon abgeschlossen.“

„So ist es auch.“

Der Hauptmann konnte nicht sagen, woran es lag, dass er nun plötzlich ganz ruhig wurde. Es liefen noch die letzten Tränen, aber er schluchzte nicht mehr und das Zittern seines Körpers beruhigte sich auch mit einem Schlag. Ob es nun die Gewissheit seines Liebsten war oder dessen Mut konnte er nicht beschreien, aber irgendwie spendete es ihm Kraft. Wenn er auch innerlich traurig und zerrissen war. Aber Konstantin war nicht von seinem Beschluss abzubringen und wahrscheinlich hatte er auch recht und es war das Beste, was er in seiner momentanen Lage tun konnte. Niemals aufgeben... Niemals kapitulieren.

Sein Vater wäre so stolz auf ihn.

 

All der Stolz wich als nach Monaten des Krieges, des Tötens und der Verzweiflung die Schlacht beendet war. Es gab auf beiden Seiten unzählige Verluste. Kinder, die ihre Väter verloren hatten. Frauen, die man geschändet hatte... Geplünderte Dörfer. Hungernde Familien. Es hatte Dunkelheit und Verderben über das Land gebracht. Doch die Heere bekämpften sich unerbittlich. Dann kam die Kunde, auf die der Hauptmann gewartet hatte. Jedes Mal, wenn man ihm Berichte vom Schlachtfeld schickte und er die Armee neu formiert hatte. Der König war gefallen.

Benedikt weinte nicht als er den Brief las. Er saß einfach nur da und starrte auf das dicke Pergament und den Satz darauf. Alleine in Dunkelheit strich sein Daumen immer wieder über das Papier. Er fragte sich, womit er das verdiente... Wieso er nicht schützen konnte, was er liebte. Manchmal glaubte er, dass Konstantin jeden Moment lachend durch diese Tür käme und ihm sagte, dass all das nur ein böser Traum oder ein verdammt schlechter Scherz war. Manchmal war es ihm als wachte er morgens neben ihm auf. Doch das Bett war leer, ebenso wie sein Herz... Wieder las er die Zeilen. Und wieder. Wieder... Dann sprang die Tür auf, aber es war nicht der König, sondern ein Botenjunge. Freudlos starrte der Soldat ihm entgegen und winkte ihn dann zu sich. Er gab ihm einen Brief, den er langsam öffnete und dann die neuen Zeilen las. Es war die Aufforderung zur Kapitulation an die rechte Hand des Königs und dass dieser so lange regieren sollte bis ein passender Kandidat gefunden war. Der Hauptmann spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. Er hatte dieses Szenario in den letzten Monaten immer wieder erlebt und war durchgegangen, wie er darauf reagieren sollte, aber nun war es irgendwie vollkommen anders. Er wusste nicht, ob er die Bürde der Krone vorerst tragen konnte und ob er jemals vergeben konnte... Er wusste nicht, auf wen er wütender war: Auf sich, Konstantin oder den Herrscher.

Der Knabe wurde aber von Moment zu Moment unruhiger, deshalb blickten die leeren Augen ihm nun auch endlich entgegen: „Wir geben auf und ich trage so lange die Krone bis ein neuer König gewählt wurde.“ Der Botenjunge schien wirklich erleichtert zu sein und nickte. Er notierte das alles auf Pergament. „ABER...“, setzte der Langhaarige an und brachte ihn damit wieder zum Erstarren, „Dafür fordere ich den Leichnam des ehemaligen Körpers zu erhalten. So weit es geht unbeschadet. Keine dummen Vertröstungen und keine Verzögerungen. Er wird hier beigesetzt. In dem Land, das er liebte, beschützte und in dem er geboren wurde. Hast du das alles notiert?“

„Na... Natürlich, Mylord!“, stotterte der Knabe und rannte dann eilig los. Eine gefährliche Botschaft für solch einen Bursche, aber das hatte Benedikt nicht zu verschulden. Wenn er meinte, dieser Pflicht nachgehen zu müssen, lag sein Schicksal in seiner eigenen Hand.

 

Nach einigen Wochen des Wartens schickte man endlich den Leichnam Konstantins in das Reich. Man hatte die Rüstung poliert und seine Haut gereinigt und offenbar einen Zauber auf ihn gelegt, damit er nicht verweste. Sein Schwert hatte man ihm in seine Hände gelegt, damit er es halten konnte. Der Thronsaal war leer, bis auf der Bettstatt für den toten König und Benedikt. Seine Krönung würde an diesem Abend stattfinden, aber bis dahin wollte er weder Wachen noch Diener um sich wissen. Er ging auf und ab und starrte immer wieder in das schöne Gesicht seines Mannes. Immer wieder hoffte er, dass er aufspringen und ihn anlachen würde. Aber er lag da, bleicher als sonst und ohne jegliche Bewegung. Er sah aus als schliefe er... Als wäre nie etwas Schlimmes passiert. Doch ohne sein Lachen, seine seltsamen Geschichten und seiner Liebe war es nur ein Körper.

„Dies ist kein Abschied auf ewig.“, sagte Benedikt dann und ging weiter auf und ab, „Ich werde nicht >Lebewohl< sagen. Du hast mir versprochen, dass du in Walhalla warten wirst! Und ich erwarte, dass du dein Wort hältst.“

Natürlich bekam er keine Antwort. Auf keine Art und Weise... Aber er brauchte das einfach. Musste diese Dinge aussprechen, die er versäumt hatte. Musste sagen, was in ihm vorging und was ihn so erschütterte. Er überwand sich endlich und trat an die Leiche heran. Er kniete sich daneben und griff nach den kalten Händen, die um den Griff des Schwertes lagen und die seine Zärtlichkeit nie wieder erwidern würden und beugte sich über das entspannte Gesicht, das ihn nie mehr anlachen würde. Dann senkte er seinen Mund und schenkte ihm einen letzten Kuss für die Reise zu dem Fest der Götter, Helden und Könige.

„Wir werden uns dort sehen, Konstan.“, flüsterte er mit brüchiger Stimme. Nun kullerten wieder seine Tränen und benetzten die kalte Haut der Wangen. Es sah etwas so aus als weinte der König ebenso. Ebenso um das, was er verloren hatte. Auch wenn er sich etwas anderes wünschte, konnte keine Macht dieser Welt ihn zurück bringen oder die Zeit zurückdrehen. „Bis dahin werde ich alles versuchen, damit du stolz auf mich bist.“, weinte Benedikt, „Feier’ bis uns wiedersehen schön mit deinem Vater, den Göttern und den anderen Helden. Du hast es verdient. Mehr als du es jemals einsehen wolltest. Du warst der Beste von uns... Besser als ich. Besser als der Herrscher. Besser als jeder Mensch. Und dafür liebe ich dich. Ich werde dich immer lieben...“

Er küsste ihn nochmals. Ein letzter Abschiedskuss. Das Leben ging weiter und er musste sich seinen neuen Pflichten stellen. Er würde nicht mehr zurückblicken – nie wieder. Denn vor ihm wartete eine glorreiche Zukunft und ein Tod an der Seite seines einzigen Helden. Bis dahin würde er das Leben für Zwei führen. Und es war irgendwie tröstlich, dass Konstantin über diese Denkweise lachen und grinsen würde.

Er glaubte fest daran, dass diese Liebe für die Ewigkeit bestimmt war. Wie ihr Kennenlernen vorherbestimmt gewesen war. Sie würden sich wiedersehen...

 

Als Godric hochschrak merkte er sofort, dass er Tränen im Gesicht hatte. Zittrig wischte er sich diese weg, aber er konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Das war alles so echt, so greifbar gewesen... Und es riss ihm ein Loch in seine Brust. Als habe er gerade Alexander verloren! Er musste sich ein paar Mal wachrütteln bis er sich sicher war, dass er im Jetzt war und dass es Alex wirklich gut ging.

Dem Anwalt aber erging es nicht wesentlich besser. Nach allem, was er am Vortag getan und fast getan hätte, sah er es aber als gerechte Strafe an als ihn sein persönlicher Albtraum erfasste. Da war wieder diese goldene Stadt, aber größer und voller als vorher. Es sah aus als seien einige Jahre vergangen. Es hatte sich viel getan als Loki und Thor auf Midgard geschickt wurden. Der Donnergott war auch da und er sah ihn streng an: „Wieso tust du das alles? Ich dachte, dass du mich liebst!“

„Das habe ich von dir auch gedacht.“, antwortete Loki.

Da wurde dem Hünen der Mund ganz trocken. Er wusste nicht, was er darauf sagen sollte. „Du hast deinen eigenen Vater getötet, Loki“, erinnerte Thor ihn dann, „Aber vorher hast du ihn an die Bettstatt unseres Vaters gebracht!“

„DEINES Vaters!“, warf der Schwarzhaarige wütend ein, „Und du weißt, warum ich das getan habe.“

Zähne knirschend ging Thor auf und ab. Rang mit sich und der Vernunft. Vernünftig war sein Adoptivbruder schon lange nicht mehr. Der Wahnsinn hatte seinen Verstand benebelt und er fürchtete, dass er das zu verschulden hatte. Sie hatten Loki einsperren müssen und seither besuchte er ihn jeden Tag. Brachte ihm Bücher und versuchte an seinem Gewissen zu appellieren. Doch bisher hatte das gar nichts bewirkt.

Betrübt sah der Hüne ihn also erneut an: „Wieso bist du nur so verbittert? Wir waren mal glücklich miteinander!“

„Ja, das waren wir!“, schrie der Gott des Schabernacks und schlug gegen die Scheibe seines Gefängnisses. Etwas, was schmerzhaft war, aber Loki zuckte nicht mal. „Wir hätten auf Midgard ein sorgloses Leben führen können!“, brüllte er ihn an, „Uns lag die Welt offen, endlich auszuleben, was wir sind und was wir fühlen! Aber du hattest du ja ein schlechtes Gewissen und hast dich nach deinem Vater gesehnt! Du musstest ja der Zeit auf Asgard nachweinen!“

„Wieso musst du mir das immer noch vorhalten?“

„Weil ich dir nur deshalb nachgab! Deshalb haben wir unsere Liebe aufgegeben und wurden aus der Verbannung geholt! Wir haben unsere Kräfte und das Leben in dieser schönen Stadt zurück, aber wir haben...“, er brach ab und senkte den Blick.

Nun war Thor aufmerksamer und sah ihn fest an: „Was haben wir?“

„Wir haben unsere Herzen getötet...“

Mit einem Schlag war Thor furchtbar übel. Er wusste ja, was sein Adoptivbruder meinte. Immer wieder sah er zu ihm und sehnte sich nach der Zeit auf Midgard. Dort hatten sie sich geliebt und waren frei gewesen. Sie waren sich so nah, wie niemals zuvor gewesen... Keine Augen, die sie beobachteten und keine Verpflichtungen. Es war eine herrliche Zeit gewesen. Sie hatten gemeinsam alles erkundet, hatten gelacht und geweint. Das Leben als Sterbliche war hart gewesen, aber nichts, was er nicht für Loki ausgehalten hätte. Doch seine Liebe zu Odin war zu stark gewesen. Ebenso sein Heimweh. Der Gott des Schabernacks hatte auf all diese Dinge verzichten können und nie zurück geblickt, was Thor stets bewundert hatte. Und dennoch war er außer Stande gewesen, sich daran ein Beispiel zu nehmen.

Sie hatten um Gnade gefleht und deshalb hatte Odin ihnen dann vergeben und die Rückkehr gestattet. Dann hatte das Unglück seinen Lauf genommen... Loki hatte erfahren, dass er gar kein Odinson war und danach drehte er vollkommen durch. Er hatte versucht, Thor zu töten, hatte die Eisriesen ins Reich gelockt und Laufey – seinen wirklichen Vater – mit dieser Finte getötet. Er hatte ihn verloren, dann war er wieder aufgetaucht und hatte nur Chaos mit sich gebracht, aber dennoch konnte der Blondschopf ihn gefangen nehmen. Das hatte ihre Beziehung nicht einfacher gemacht. Immerhin liebte er ihn weiterhin, auch wenn sie das nicht mehr auslebten. Das machte alles so schmerzhaft.

„Du hast zurückgewollt, Thor und du hast uns aufgegeben.“, zischte der Illusionist und schritt weg von seiner Gefängniswand.

„Ich habe uns nicht aufgegeben!“, wehrte sich der Donnergott, „Mir geht es doch genauso schlecht dabei!“

Der Schwarzhaarige sah ihn kalt und müde an. Für ihn war alles verloren seit Thor ihre Beziehung für ein Leben in Asgard eingetauscht hatte. Er hatte ihm das Herz gebrochen. Auf eine Art und Weise, wie es nie wieder ganz sein würde... Da halfen keine Heiler, keine lieben Wörter. Mit dem zertrümmerten Herz war auch sein Verstand zerstört wurden. Er hatte all das nicht ertragen. Die Zurückweisung und dass er eine Lüge gelebt hatte. Er hatte sich nichts weiter gewünscht als gleichgestellt zu sein. Das Streben nach Macht war erst entstanden als seine Welt in sich zusammenfiel, wie ein Kartenhaus.

Seitdem fragte er sich, warum er es überhaupt noch versuchte. Warum er weiterhin mit Thor über diese Dinge sprach. Sie würden sich niemals einig werden. Das war ihnen einfach nicht gegönnt. Wie so vieles...

„Geh’ einfach zu deinem geliebten Vater und lerne, wie es ist, einen Thron zu besitzen und über Leben und Tod zu entscheiden, Thor.“, sagte Loki kalt, „Das, was zwischen uns war, wird nie wieder sein. Du hast dich für dein Blut entschieden und ich habe entschieden, dass ich das nicht akzeptiere.“

Es brach Thor das Herz, dass er einfach nicht mehr zum Jüngeren durchdrang. Dennoch nickte er bleiern und schenkte Loki noch einen letzten Blick, ehe er sich zurückzog. Es war alles gesagt, aber wie sich der Blondschopf kannte, würde er nie müde werden und trotzdem versuchen, ihn zu bekehren.

 

Was dann kam, hatte keiner von ihnen kommen sehen und keiner hatte es gewollt. Nur ein paar Stunden nach ihrem Gespräch kam ein Ase zu Thor gerannt und sah bleich und krank aus. Er schnappte nach Luft und sah zwischen ihm und Odin hin und her. Keiner wusste, was sie erwartete, sonst wären sie wohl weniger geduldig gewesen und hätten den Mann zu einer Äußerung gedrängt.

„Es... tut mir leid...“, sagte er atemlos und wischte sich den Schweiß von der Stirn, „Loki... Loki ist...“

Darauf reagierte Thor sofort. Er sprang auf und eilte auf den Boten zu, den er grob am Kragen packte und von den Füßen hob: „Was ist mit Loki?! He?! Rede!“

„Beruhige dich, Thor!“, mahnte Odin und eilte an die Seite seines Sohnes. Rasch drückte er ihm die Hand auf die Schulter. Dann wurde der arme Knabe auch heruntergelassen, der schwer nach Luft hechelte und lieber einen Sicherheitsabstand zu dem Thronfolger einnahm. Das war womöglich auch das Beste.

„Loki, Herr... Er ist... Er ist tot...“

WAS?!“, schrie Thor und im selben Moment zog ein Gewitter über Asgard auf und es donnerte laut. Blitze und Donner krachten und es grenzte eher an einen Weltuntergang. Es wurde auch immer schlimmer bis sogar heftiger Regen einsetzte. Odin musste ihn festhalten, damit er nicht auf den Boten losging. Der zitterte am ganzen Körper und wollte am Liebsten weglaufen. „Wie?!“, brüllte der Hüne, „Wie konnte das passieren?! Wer war das?!“

„Er... Er selbst, Mylord...“, antwortete er wehmütig, „Er hat sich selbst umgebracht.“

Nun wurde der Blondschopf ganz ruhig. In sein wutverzerrtes Gesicht mischte sich Verzweiflung und die eine Frage: Warum? Vor ein paar Stunden hatten sie sich so schrecklich gestritten, aber er war nie auf den Gedanken gekommen, dass der Schwarzhaarige so labil war. Aber das war ihm nun schon ein paar Mal nicht aufgefallen... Irgendwie verstand er Loki einfach nicht so, wie er es wollte.

Doch der Donnergott konnte und wollte nicht glauben, was man ihm gesagt hatte. Er stieß seinen Vater von sich und den Boten zur Seite und rannte mit dem Tosen im Hintergrund durch die Gänge. Er atmete so heftig, dass seine Brust sich permanent hob und senkte. Jeder seiner Schritte hallte. Ihn tat alles weh, aber er konnte nicht aufhören zu laufen. Noch nie war ihm der Weg zu dem Gefängnis so lang vorgekommen, wie heute. Noch nie waren die Asen so gesichtslose Hindernisse, wie jetzt. Einige stieß er einfach beiseite, um schneller voran zu kommen. Er betete und flehte, dass das nur ein dummer Scherz war. Er hoffte, dass das nicht das Ende ihrer Geschichte war. Das Ende ihrer gemeinsamen Reise... Er lief immer schneller. Seine Muskeln schmerzten und in seinen Lungen war auch ein stechender Schmerz. Doch er forderte seinen Körper mehr. Zog an allen Kraftreserven und stürmte als sei der Teufel persönlich hinter ihm her.

Nach endlosen Laufen stürmte er endlich in den Kerker und stieß auch hier die Asen beiseite. Dann sah er es und er konnte nur knapp den Kampf gegen die Übelkeit gewinnen. Loki lag da in seinem Käfig. Das Gesicht war bereits bleich und um ihn herum war eine Blutlache. Er musste schon etwas länger tot sein. Wahrscheinlich kurz nachdem der Donnergott gegangen war... Der war noch wie gelähmt und starrte auf den Leichnam seines Bruders.

„Wie... konnte das passieren...?“, fragte der Blondschopf mit trockener Kehle.

„Er hatte ein Messer, Mylord.“, antwortete einer der Wachen vorsichtig, „Er muss es irgendwann gestohlen haben als er Essen bekommen hat und hat dann auf eine Gelegenheit gewartet, es zu nutzen.“

Das würde zu ihm passen... Alles sauber und langsam planen. Mit messerscharfem Verstand sein eigenes Ableben, wie ein Theaterstück durchplanen und es dann perfekt ausführen.

Raus!“, schrie der Blondschopf emotional, „Alle raus!“

Niemand wagte es, etwas zu fragen oder zu widersprechen. Sie eilten heraus und ließen ihn alleine zurück. Nun fühlte er sich weniger beobachtet und irgendwie sicher. Sein Vater würde Rücksicht nehmen und ihm diesen Moment gönnen, das wusste er. Nun ging er erstmal auf und ab und starrte immer wieder auf den bleichen Loki und dessen Blut, das schon vertrocknet war. Seine Gefühle spielten verrückt, ebenso wie sein Herz. Er wusste nicht, ob er weinen oder lachen sollte. Ob er wütend oder traurig sein sollte.

Die Menschen beteten zu ihnen, wenn ihr Herz ihnen schwer wurde, doch zu wem sollte ein Gott beten? Um wessen Gnade sollte er flehen? Wo sollte er Halt finden?

Er schrie wie von Sinnen und griff zu einem Regal, um es krachend zu Boden zu bringen. Das Holz splitterte und verteilte sich genauso über den Boden, wie der Inhalt. Dann trat er gegen ein Tischchen, welches der Kraft direkt nachgab. Immer wieder schrie er und draußen tobte ein wildes Unwetter. Alle Möbelstücke, die der Donnergott fand, zertrümmerte er mit aller Gewalt, um in dem Moment, wo nichts mehr zum Zerstören da war, immer wieder auf eine massive Wand einzuschlagen. All den Schmerzen zum Trotz tat er das lange bis seine Hand blutete und die Knochen leicht angeknackst waren. Das würde heilen, anders als sein Herz und seine Seele.

Als ihn seine Kraft verließ und er wild schnaubend versuchte, Luft zu bekommen, wandten sich seine blauen Augen wieder zu ihm. Er hoffte, dass er einfach aufstehen, ihn auslachen und dann abhauen würde. Er hoffte, dass das ein schlechter Scherz oder Traum war. Dann trat er näher. Langsam, vorsichtig als könnte er sonst irgendwas kaputt machen. Leicht zittrig auf den Beinen kniete er sich neben den Schwarzhaarigen und hob diesen behutsam in seine Arme. Weinend drückte er ihn an ihn und strich immer wieder unsicher das lange Haar beiseite und schenkte seiner Stirn verzweifelte Küsse und wiegte ihn auf und ab, außer Stande seiner Gefühle Herr zu werden.

Trotz seiner Hoffnung, tat sich einfach nichts. Er war das einzige Leben in diesem Raum und er war sich dabei sicher, dass er auch nicht mehr lebte. Der Gott des Schabernacks hatte ihn ebenso mit in den Tod gerissen mit seinem letzten Geniestreich. Doch wahrscheinlich hatte er das nicht mal geahnt. Er hatte nur an sich gedacht und nicht an die, die er zurückließ. Keine Sekunde hat er daran gedacht, was er nun durchmachen würde. Er war so schrecklich egoistisch... So furchtbar unverbesserlich.

„Ich liebe dich, Loki~...“, schluchzte Thor endlich mit krächzender Stimme, „Es tut mir so leid. Alles tut mir so leid!“ Er drückte seinen Adoptivbruder immer dichter an sich und vergrub sein Gesicht in dessen dunkles Haar. Roch den Duft ein, der ihn in den letzten Monaten so sehr gefehlt hatte. „Ich weiß, dass du noch länger auf Midgard bleiben wolltest. Ich weiß es ja... Und ich wollte es ja auch! Wirklich.“, schluchzte er bitterlich, „Ich wollte so gerne mit dir zusammen sein. Aber ich war zu schwach, Loki... Zu schwach, um von meinem Vater und Asgard los zu kommen! Zu feige, um meine Bestimmung hinter mir zu lassen. Du hattest zweifelsohne Besseres verdient...“

Ihm versagte die Stimme. Er erinnerte sich so gerne an ihre Zeit auf Midgard. Sein Adoptivbruder hatte ihm eigentlich jeden Tag neue Streiche gespielt. Obwohl er schlecht über diese Welt und ihre Entwicklung sprach, hatte es ihnen Beiden sehr gefallen. Natürlich hätte der Gott des Schabernacks das niemals zugegeben, aber ihm hatte Midgard besser gefallen als Asgard. Dort war er richtig aufgeblüht! Und wenn Thor ehrlich zu sich selbst war, dann hatte es auch ihm dort besser gefallen.

Was brachte die weite Entwicklung, wenn sie nicht mal die retten konnten, die sie liebten? Was hatte all diese Macht und der Thron für eine Bedeutung, wenn es Niemanden gab, mit dem er all das teilen konnte? Was war ein halbes Leben schon wert?

„Wir sind... im Streit auseinander gegangen, aber... ich schwöre dir, dass ich dich über alles liebte.“, fuhr er endlich fort, „Und ich werde dich niemals vergessen. Weder deine guten noch deine schlechten Seiten. Ich werde unsere Zeit auf Midgard nicht vergessen und auch nicht, wie du gelacht hast, wenn du mich mal wieder reingelegt hast...“ Er küsste nun die Schläfe Lokis, während er ihn weiterhin hielt als würde ihn das zurück bringen. „Und ich bitte dich um Vergebung für meine Schwäche, auch wenn ich dir wohl niemals für deine vergeben kann...“, flüsterte Thor und betrachtete das leblose Gesicht vor sich, „Ich hasse mich, dass ich das nun sage, aber selbst im Tod bist du der schönste Mann, den ich jemals gesehen habe. Ich liebe dich...

 

Alexander ahnte nicht, dass Godric ähnlich, wie er hochfuhr. Er ahnte nicht, wie viel sie eigentlich verband. Der Anwalt fuhr sich durch die scheißnasse Stirn und den Haaransatz und fluchte leise. Das Schlimme an diesem Traum war nicht, zu sehen, was die Zurückgelassenen empfunden hatten, sondern dass er bei seinem Selbstmord dabei gewesen war. Nein, nicht seiner... Aber es hatte sich so angefühlt als wäre es seiner gewesen.

Jetzt erinnerte er sich auch an die Unterhaltung, die er mit Reika geführt hatte. Draußen war es noch dunkel und als er auf die Uhr sah, las er ab, dass es auch erst vier Uhr morgens war. Schlafen konnte und wollte der Anwalt jetzt nicht, weshalb er die Decke wegstieß und aufstand, um seinen Laptop hochfahren zu lassen und dann aus der Küche eine Wasserflasche zu holen. Sein Puls raste immer noch als wäre er immer noch in diesem furchtbaren Albtraum gefangen. Sein Blick schweifte kurz zu seinem Kleiderschrank und er wusste, was darin lag, aber er riss sich direkt wieder davon los, um sich vor seinen Laptop zu setzen und einen Schluck Wasser zu trinken. Als er endlich fertig geladen war, öffnete er den Browser und gab über Google „Loki und Thor“ ein. Es gab erschreckend viele Ergebnisse und die alle zu durchforschen würde wohl mehr Zeit in Anspruch nehmen als diese Nacht. Doch das war ihm gerade vollkommen egal. Er öffnete Seiten, in denen die Schlagworte interessant klangen und las sich alles durch. Las über diesen magischen Hammer Mjölnir, den Thor besaß und die Fähigkeiten, den Donner und die Stürme zu beherrschen. Las über den Gott des Schabernacks und dessen Hohn. Er las über den Allvater.

Immer wieder kamen ihm dabei Bilder in den Kopf. Schlagartig. Er griff sich in sein lockiges Haar  und rieb sich die pochende Schläfe. Es waren so viele Bilder. So vieles, was er nicht verstand. So greifbar und so einnehmend... Zu real, um ein Traum zu sein. Als hatte er dieses Leben eins selbst geführt. Als hatte er den Donnergott über alles geliebt. Als wäre er für ihn einfach alles gewesen... Doch nicht nur er! Er hatte auch Odin Allvater vergöttert und den jungen Balder. Es war als habe man ihn damals vollkommen zerrissen und er hatte am Ende nicht mehr gewusst, wo genau sein Platz war. Als hätte er nur eine Hand gebraucht... Doch sie hatten nur seine Fassade gesehen. Nicht erkannt, wie sehr er nach Hilfe schrie. Dass jedes Lachen Show war. Wie schwer es ihm gefallen war, zu atmen... Wie schwer es ihm gefallen war, im Schatten seines älteren Bruders zu stehen, der nicht mal sein Bruder gewesen war.

In so vielen Hinsichten waren sie sich ähnlich. Viele ihrer Entscheidungen ließen sich zusammenführen... Doch gestern hatte Alex etwas getan, wozu Loki nicht imstande gewesen war: Er verschonte das Leben seines Vaters seiner Liebe willen. Er hatte sich entschieden, dass das Glück seines Bruders über seinem stand. Selbst dann, wenn er es niemals so empfinden würde... Selbst dann, wenn er es niemals erfuhr. Loki hatte vergeben wollen, aber er hatte es nicht gekonnt und als er erkannte, dass sein Verstand und sein Herz vergiftet und nie mehr geheilt werden konnten, beendete er es endgültig.

Der Anwalt schluckte schwer. Nun suchte er nach König Konstantin und filterte die Ergebnisse heraus, indem er seinen Nachnamen ergänzte. Tatsächlich gab es einige Einträge, aber die waren eher ungenau. Es ging um einen König, der versuchte, ein Land zu retten, das vergiftet war von Korruption, Fremdenhass und Verzweiflung. Ein König, der sich gegen alles gestellt und dafür einen hohen Preis zahlte. Es hatte Gerüchte gegeben, dass er neben seiner Frau eine Liebschaft zu seinem Hauptmann geführt hatte. Benedikt... Es war wage, deckte sich aber auch mit den Träumen, die er zu diesen Beiden erlebt hatte. Deshalb erfassten ihn wohl auch dort diese Bilder. Die Erinnerung, wie sehr sie sich geliebt hatten und dass sie nicht ohneeinander wollten. Sie waren stärker gewesen als Thor und Loki. Die Beiden hatten sich und ihrer Liebe eine Chance gegeben, obwohl man sie ebenso verurteilte. Aller Widrigkeiten zum Trotz hatten sie gekämpft, dann geheiratet und glücklich miteinander ihr Leben verbracht. Wo Thor zu zweifeln und zu schwanken begonnen hatte, hatte Benedikt genau gewusst, was er wirklich wollte.

Doch auch ihnen war das Schicksal nicht hold. Beinahe so als wollte es sie daran erinnern, dass sie es nicht verdienten, zusammen zu sein. Als lastete ein Fluch auf ihnen... Zwar hatte sich Konstantin nicht umgebracht, aber er hatte sich geopfert, um seine Ideale und seinen Mann zu verteidigen. Das war in Anbetracht der ausweglosen Lage wohl auch die beste Entscheidung gewesen. Aber er hatte dennoch damit ein Herz gebrochen.

Und nun waren sie hier... Hier in der neuen Zeit. Mit hochmodernen Handys, teuren Laptops und schönen Autos und versuchten es erneut. Zu ängstlich, um sich zu regen... Zu verletzt, um etwas zu wagen. Zu erschöpft, um weiter zu machen, wo sie aufhörten. Sie kreisten umeinander und wehrten sich dabei gegen die Anziehungskraft des jeweils Anderen, unfähig zu erkennen, dass es genau das ist, was sie brauchen. Gefangen in Bürokratie und Selbstmitleid... Geblendet von der Modernen.

Alexander starrte noch eine Weile auf sein Display und fragte sich, ob es vielleicht an der Zeit war, sich aus der Starre zu lösen. Er wusste nicht, ob er nun einfach nur wahnsinnig wurde oder ob das, was er vermutete, wahr war, aber in diesem Moment war es ihm einfach vollkommen egal. Es war ihm egal, ob er den Verstand verlor und wie es bei Anderen rüber kam.

Er schloss den Monitor und erhob sich. Irgendwie wusste er, dass Godric im Wohnzimmer stand und ebenso mit sich haderte, wie der Anwalt es bis eben noch getan hatte. Als Alexander die Tür öffnete und das Licht seines Schlafzimmers in das Wohnzimmer drang und den Kellner aus den Schatten schälte, blickte dieser erstaunt und verwirrt auf. Er sah ein bisschen so aus als habe er genauso schlecht geschlafen, wie er. Der Anwalt musste nicht weiter nachdenken als er auf den Hünen zuging und plötzlich nach seinen Nacken und seiner Wange griff, um ihn leidenschaftlich und bestimmend zu küssen. Der 28-Jährige war erst vollkommen überrumpelt, dann aber erwiderte er den Kuss. Nach einigen Atemzügen legte er seine eigene Hand an die Wange des Jüngeren und drückte die andere in sein Kreuz, um ihn dicht an sich zu pressen. Ihre Münder pressten sich entbrannt und feurig aufeinander. Ihre Herzschläge wurden zu einem, ihre Atmung passte sich an die des Anderen an. Es war so als drehte man einen Schlüssel in einem Schlüsselloch... Es passte einfach.

So lange hatten sie sich gefürchtet und sich versteckt. So lange hatten sie sich angeschwiegen. Viel zu lange hatten sie eine Versöhnung hinausgezögert... Es erschien als wäre das sowieso unvermeidbar gewesen. Als wäre es ihre Bestimmung gewesen, sich zu finden und sich zu wollen. All der Neid, die Eifersucht und der Frust fielen von Alex. Er war zum ersten Mal dankbar, dass er adoptiert war. Zum ersten Mal in seinem Leben verfluchte er nicht Godrics Eltern dafür, dass sie ihn in ihre Familie holten. Es war ihm sogar egal, dass er eine Lüge gelebt hatte. Es war unwichtig, wer seine Eltern gewesen waren...

Das spürte auch der Kellner, der sich nun bestimmender gegen ihn presste. Er drängte sich einfach dem Körper des Jüngeren auf und führte ihn so zu dem teuren Sofa. Erst stockten sie, weil der 26-Jährige mit seinem Hintern gegen die Rückenlehne der Sitzmöglichkeit stieß und gegen die presste ihn God eine Weile, um ihn leidenschaftlich und schnaubend zu vermitteln, dass er der Boss war. Seine große Hand glitt dabei kurz über den knackigen Hintern, um sich für einen Moment in der Backe zu verkeilen, dann glitt sie zum Oberschenkel und umschloss es bestimmend, aber mit der nötigen Vorsicht. Der Hüne hob das Bein und schließlich löste sich seine andere Hand von Alex’ Wange, um nach dem anderen Bein zu greifen. Ohne Anstrengung oder Mühe hob er den Anwalt hoch als sei er ein Fliegengewicht.

„Ich... liebe dich...“, nuschelte Alexander in den Kuss und legte derweil seine Arme um den Nacken des Älteren.

„Ich dich... viel mehr...“

Nun trug Godric ihn um das Sofa herum und schaffte es sogar, nirgendwo anzuecken. Als sie nah genug waren, ließ er den Anwalt auf den Polstern nieder und kroch selbst über ihn. Dabei suchte er den direkten Körperkontakt zu dem Unterliegenden.

„Aber wir sind... Brüder...“, warf dann der Kellner ein.

„Nein, sind wir nicht.“

„Ja... Ich weiß...“, murrte Godric mit heißem Atem direkt an den Mund von Alex, „Du bist adoptiert.“

„Das meine ich nicht...“

Der Lockenkopf strich schnurrend über den nackten Oberkörper des Blondschopfes. Er war wirklich mehr als gut trainiert. Es zeichneten sich so viele Muskeln ab, die willig tanzten, wenn er sie berührte.

„Was... meinst du dann...?“, fragte Godric als der Anwalt einfach nichts mehr sagte.

„Wir sind viel mehr als das...“, erwiderte er, „Viel mehr als Brüder. Und viel mehr als alles anderen.“

Darüber musste der Hüne lächeln. Solche Worte war er gar nicht von seinem kleinen Bruder gewohnt, aber es fühlte sich unglaublich gut an, es mal zu hören zu bekommen. Plötzlich stand die Zeit einfach still und dieser Moment schien nur ihnen zu gehören. Als gäbe es kein Morgen.

„Wann bist du nur so romantisch geworden?“, fragte der Kellner liebevoll.

„Ich weiß nicht.“, erwiderte er kichernd, „Liegt vielleicht daran, dass ich eine wunderbare Motivation habe, romantisch zu sein.“ Sanft küsste er den Mund des 28-Jährigen und dann sein Kinn, um darüber zum Hals zu wandern, den er ebenfalls mit Küssen bespickte. „Du bist es wert, dass man dich auf Händen trägt, Gody.“ Als wollte er diese Worte bestärken, strichen seine Hände über die Schultern zu der Wirbelsäule, um dieser zu folgen. Er hinterließ dabei stets eine angenehme Gänsehaut bei Godric, der diese Tat erwiderte, indem er nun über die Seiten des Unterliegenden streichelte.

Doch seine blauen Augen konnten und wollten sich im Moment einfach nicht von ihm lösen. Er hang förmlich an den Lippen des Anwalts: „Aber du verdienst es genauso.“

„Na ja, nicht ganz so sehr.“

„Oh doch!“

Alexander kicherte etwas und küsste nun wieder den Mund des Älteren: „Ich liebe es, wenn du dich ärgerst.“

„Das ist nicht nett, Lexy.“

„Aber die Wahrheit.“, konterte er, „Außerdem liebe ich es noch mehr, wenn du lächelst. Oder wenn du lachst... Dann glaube ich, ich wäre im Himmel.“

„Okay... Nun wirst du aber etwas zu schmalzig.“, sagte der Kellner und grinste schief.

Motiviert von dieser Reaktion griff nun Alexander nach den Seiten des Älteren, holte etwas Schwung und warf ihn von sich direkt auf den Fußboden neben sich. Er ließ ihm keine Zeit, die Situation zu verarbeiten, sondern stieg direkt vom Sofa herunter über den Blondschopf, um sich auf dessen Bauch zu setzen als sei er sein persönlicher Thron. Kurz darauf verarbeitete God auch, was gerade geschehen war und musste lachen. Dass er mal von Alexander zu Boden gebracht werden würde, hatte er niemals erwartet. Doch es war nicht unbedingt zu seinem Nachteil, denn der Anwalt senkte seinen Kopf und begann die Brust des Älteren zu beküssen. Ab und an drängte er sogar seine Zunge heraus und leckte mit der ganzen Fläche über die leicht salzige Haut. Danach kühlte diese feuchtwarme Spur durch die Luft ab und sorgte für neue wohlige Gefühle. Schließlich leckte er um die Brustwarze herum. Erst in großen Bögen, dann kam er immer näher. Erst als Alex sah, dass dieser sich erregt erhob, senkte er seinen Mund direkt darauf und bildete einen Sog um diesen. Damit brachte er Godric zu einem leisen Keuchen, welches lauter wurde als er seine Zähne sanft und zwickend auf den Nippel senkte und ihn ein bisschen biss oder sogar daran zog. Ein unbeschreibliches Gefühl und in dem Moment wollte er mit Niemandem tauschen.

„Weiter~...“, drängte der Kellner ihn schnurrend. Seine eigene Hand glitt nun durch das lockige Haar und brachte es vollkommen durcheinander. Es fühlte sich so schön weich und samtig an.

„Wie heißt das Zauberwort?“, fragte Alexander und sah von dem Brustkorb auf in das verzogene Gesicht, „Ich mache erst weiter, wenn du es sagst.“

Der 28-Jährige sah den Anwalt beinahe schon verurteilend an: „Willst du mich etwa gerade ernsthaft erziehen?“

„Vielleicht...“

Als wäre es die Strafe dafür, dass er nicht einfach >bitte< sagte, pustete der Lockenkopf einfach gegen die feuchte Brustwarze und sorgte dafür, dass sie sich schlagartig abkühlte. Das würde für noch mehr Spannungen sorgen, worauf es der Anwalt auch anlegte. Entsprechend räkelte sich auch God und verkeilte sich regelrecht im dunkleren Haar des Jüngeren.

„Okay... Okay!“, gab er recht schnell nach, „Weiter... bitte.“

Vorerst reichte das dem 26-Jährigen, der mit einem triumphalen Grinsen erneut die Brustwarze umschloss, um daran zu saugen und einige Male hinein zu beißen. Dieses Mal sagte der Kellner lieber nichts, aber das musste er auch nicht. Seine Lustlaute sagten alles, was Alex wissen musste.

Als er genug von der starken Brust hatte, wanderten seine Lippen und sein Mund über den Sixpack des Älteren und liebkosten dort jeden Muskel und jede Hautfalte. Es faszinierte ihn, wie Godric dabei den Bauch einzog oder ihn wieder entspannte und wie er sich immer mal wand. Kurz darauf erreichte er den Bauchnabel des Mannes und umkreiste diesen ebenso mit seiner Zunge. Als er das Gefühl hatte, dass er Godric genug gequält hatte, schob er sein Geschmacksorgan hinein und erfreute sich am Keuchen des Älteren und wie sich sein Bauch heftig zusammenzog.

„Ich liebe dich, Lexy~...“

Langsam sah der Anwalt wieder auf und betrachtete das sanft gerötete Gesicht des Blondschopfes, der sicherlich sein erstes Abenteuer mit einem Mann wagte: „Ich liebe dich auch und ich werde ganz vorsichtig mit dir umspringen.“

„Versprichst... du mir das...?“, fragte Godric etwas verunsichert. Neuland zu begehen, war eine Sache, aber dabei nur eine geringfügige Macht auf das Kommende zu haben, eine ganz andere.

„Ich schwöre es dir sogar...“, erwiderte Alexander und lächelte charmant. Als wollte er das beweisen, kroch er wieder zum Gesicht des Kellners und küsste ihn inbrünstig.

 

Kapitel 4 Ende

Feuer der Vergangenheit

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Der Vergangenheit zum Trotz

Es war ihre erste Nacht, die sie miteinander verbracht hatten. Das war ein weiter und schwerer Weg gewesen und es waren einige schlechte Ereignisse und Träume notwendig gewesen, um das Offensichtliche zu zulassen und ihnen zu gestatten sich ihrer Liebe zu stellen. Doch das Wissen um ihre früheren Leben wog dennoch schwer auf ihren Schultern. Das Wissen, dass all diese Träume keine Einbildung gewesen waren und auch keine Fantasie, sondern Erinnerungen aus Seelen, die sie in sich vereinigten. Seelen, die aus ihren Fehlern gelernt und sich entwickelt hatten, auch wenn sie am Ende sich gefürchtet hatten, nochmals ein Risiko einzugehen. Doch in den Augen von Alexander war es das alles wert. Loki und Thor hatten so gut, wie alles falsch gemacht und es einfach nicht geschafft zueinander zu stehen. Ihr Ende war unvermeidbar... Konstantin und Benedikt aber waren sehr gut davor. Sie hatten es geschafft, sich auf eine Art zu lieben, die vielen ewig verschlossen bleiben wird. Aber sie lebten in einer Lüge... Außer Stande offen zu ihrer Liebe zu stehen und allen zu zeigen, was sie einander hatten. Es hatte sie Beide in ein tiefes Loch gestoßen, ihr Herz nur für Momente der Zweisamkeit zu öffnen. Und schließlich verloren sie alles, weil Konstantin sich opferte, um seinem Liebsten mehr zu ermöglichen als das, was sie hatten, außer Stande zu erkennen, dass sie bereits alles hatten, was sie brauchten.

Doch manchmal braucht es etwas mehr als Schicksal...

Um das zu erkennen hatten sie drei Anläufe gebraucht. Die Bestimmung aber hatte sie immer beieinander gelassen. Sie waren immer einander nah gewesen, aber meistens so unerreichbar fern bis sie es dann schafften, die Mauer zwischen ihnen einzureißen. Dann fühlten sie sich immer so zueinander hingezogen und wollten nichts Anderes mehr als den jeweils Anderen. Das war es, wovon die meisten Leute träumten. Das war die unverfälschte Liebe zwischen ihnen. Auch wenn viele es nicht verstehen werden und man sie für diese Art von Zuwendung verabscheuend ansah, würden sie es nun nicht mehr verbergen. Sie würden sie selbst sein.

 

Noch war es recht früh an diesem Samstag, aber das hinderte den Anwalt nicht, ein aufwändiges Frühstück zu bereiten. Selbstgebackene, heiße Brötchen, Rühreier mit Speck, ein paar Würstchen, Wurst vom Schlachter, Käse vom Stand und Bioobst in mundgerechte Häppchen geschnitten. Dazu kam natürlich noch frischer Kaffee. All das deckte er fein säuberlich auf und dekorierte den Tisch noch mit einigen Kerzen. Die Liebe zum Detail verlor er dabei keineswegs, denn es sollte weder überfüllt noch fad wirken, weshalb er noch ein paar Blumen aus dem Garten drapierte. Mit etwas Abstand betrachtete er sein Werk und war zufrieden mit dem Ergebnis und der Wirkung.

„Gody!“, rief er dann, „Das Frühstück ist nun fertig!“

Der Kellner war erleichtert als es endlich Essen gab und kam frisch geduscht, in sauberer Kleidung und aufgeweckten Zustand in das Ess- und Wohnzimmer, welches Alex ihn verboten hatte, so lange er nicht fertig war. Das hatte er ungern akzeptiert, aber dennoch staunte der Blondschopf nicht schlecht als er all die Speisen auf den Tisch entdeckte und wie schön es angerichtet war. Da merkte er wieder, dass Alexander sein Adoptivbruder war, denn so verschieden konnte man bei direkter Verwandtschaft unmöglich sein!

Eine Weile war er wie gelähmt bei dem Anblick, ehe er endlich den Schöpfer anstarrte: „Das sieht toll aus! Aber erwarten wir Besuch? So viel Essen...“

„Du hast schon ganze Tierfamilien in dir vereinigt, Gody, deshalb bezweifle ich, dass viel übrig bleibt.“, kicherte der 26-Jährige und zog dem Hünen seinen Stuhl zurück, damit er sich setzen konnte, „Außerdem waren wir sehr aktiv letzte Nacht und müssen unsere Kräfte wieder aufstocken. Da hilft doch ein ausgewogenes Frühstück!“

Godric kicherte über diese Aussage, wie ein kleiner Junge. So wirklich erwachsen war er einfach nie geworden, aber das liebte Alex an ihm. Liebevoll gab er ihm ein frisches Brötchen und befüllte seinen Teller dann noch mit dem Rührei und zwei Würstchen, ehe er sich runterbeugte und dem Kellner einen Kuss stahl, den dieser gerne erwiderte. Erst dann setzte er sich selbst und nahm sich ebenso Brötchen, Rührei, ein Würstchen und Putenbrust zum Belegen. Dennoch sah der Anwalt immer wieder zu dem Älteren und geriet ein wenig ins Schwärmen. Er liebte einfach alles an ihm! Erst recht, wenn er die Zunge etwas rausstreckte, damit unbewusst seine Oberlippe berührte und derweil das Brötchen versuchte konzentriert und sauber aufzuschneiden. Der 28-Jährige wusste nicht, dass er das immer machte und Alex würde es ihm nicht sagen, damit er diesen Anblick weiter genießen konnte.

Ihr Frühstück lief vollkommen entspannt. Der Lockenkopf machte nicht mal Andeutungen zur Zeitung zu greifen und die Immobilienseite zu durchforsten, sondern aß einfach entspannt das gute Essen oder trank den dampfenden Kaffee. Das tat dem Kellner gut, der sich ab und an Apfelschiffchen vom Teller in der Mitte stahl, den Alex absichtlich dort hingestellt hatte. Er wusste ja, dass sein Bruder nicht zugeben würde, dass er etwas Gesundes tatsächlich gerne aß. Also musste es so weit weg sein, dass es nicht als seines galt, aber so nah dran, dass er es >stehlen< konnte. Darüber musste der Anwalt kichern, was die Aufmerksamkeit des Blondschopfes weckte: „Was ist denn so lustig?“

„Weißt du, dass du unheimlich niedlich bist?“

„Ich? Nein! Warum?“

„Nur so... Es ist einfach so.“

Der 28-Jährige war sich nicht sicher, ob er sich gerade über ihn lustig machte, aber das war ihm eigentlich egal, wenn er dafür den Jüngeren so gelassen und fröhlich sah. Deshalb zuckte er mit den Schultern und machte einfach weiter, wie bisher. Er war sowieso im Paradies. Auch dann noch, wenn man ihn auf den Arm nahm.

„Wie soll es nun weitergehen...?“, fragte dann plötzlich Alexander und sah etwas betreten zur Seite.

„Wie meinst du das?“

„Na ja...“, murmelte der Anwalt, „Es ist ganz klar, dass diese Träume nicht nur Träume sind, sondern Erinnerungen... Auch wenn ich es nicht ganz verstehe und es mich immer noch verstört, ist das einfach nicht widerlegbar.“

„Ja.“, stimmte Godric zu, „Und?“

„Bisher ging es niemals gut aus.“

Das war ein Punkt, an den hatte der Kellner nicht wirklich gedacht. Dennoch stimmte es... Bisher hatten alle seine Leben ihre Liebe verloren und das auf eine sehr schmerzhafte Art und Weise. Sie hatten sich gegenseitig gequält, aber sich auch ihre Herzen geschenkt. Dennoch schwankte er nicht als er Alexander erneut ansah: „Ich verstehe nicht, worauf du hinaus willst.“

„Wenn wir doch wissen, dass wir unter einem schlechten Stern stehen, sollten wir es dann überhaupt wagen, es erneut zu versuchen?“

„Klar.“

„Wie kannst du das nur so locker sagen?“, fragte der Anwalt irritiert und verunsichert.

„Du versuchst nun einfach, dich nicht umzubringen oder dich zu opfern.“, erwiderte der Blondschopf grinsend, „Und ich achte darauf, dass es dir gut geht und ich werde dich natürlich beschützen.“

Der 26-Jährige verzog über den schwarzen Humor das Gesicht und seufzte schwer. Es war nicht das, was er hatte hören wollen. Deshalb sagte er dazu auch nichts, sondern widmete sich weiter seinen duftenden Brötchen. Dem Hünen fiel auf, dass der Witz nicht gut gezogen war und ärgerte sich über sich selbst. Wenn es schwer wurde, versuchte er das mit Witzen zu entschärfen, aber das war natürlich weder eine Lösung noch hilfreich. Viele verletzte das sogar und das schien er auch bei Alex geschafft zu haben. Deshalb ging er in sich und dachte über den Einwand des Anwalts nach und über die Schicksale, die ihre Vorleben erlitten hatten. Die Art und Weise, wie es so weit hatte kommen können... Meistens hatten sie irgendwie aneinander vorbei gelebt und geredet, was dann für das dunkle Ende ihrer Liebesgeschichte gesorgt hatte. Den Fehler durften sie nicht wiederholen.

„Alex...“, begann dann Godric und erhaschte so wieder seine Aufmerksamkeit, „Wir haben tausend Jahre gebraucht, um an dem Punkt zu sein, an dem wir uns nun befinden. Es war wahrlich nicht gut um unsere Vorleben gestanden und manch einer würde meinen, dass das eine Schlacht ist, die von Anfang an verloren ist... Aber das denke ich nicht.“

„Warum bist du dir da so sicher?“, wollte der Lockenkopf wissen und sah Godric fest in die Augen. Er würde sofort erkennen, wenn dieser log oder stolperte.

„Das weiß ich nicht. Ich bin es einfach.“

„Aber was ist, wenn uns wieder kein Happyend zusteht?“, fragte Alex beunruhigt, „Was ist, wenn diese Reise notwendig war, um uns zu zeigen, dass dieser Versuch dumm und nutzlos ist? Damit wir erkennen, dass wir niemals eine Zukunft haben werden?“

Der Kellner resignierte kurz und dachte über diese harte Vorstellung nach. Über die Möglichkeit, dass eine höhere Macht sich einen Spaß daraus machte, sie zu quälen und ihnen aufzuzeigen, dass ihre Lage hoffnungslos war. Nach allem, was sie gesehen hatte, war das nicht so weit hergeholt. Es gab Dinge, die die Welt verloren hatte, wie Magie und höhere Mächte, aber sie waren irgendwie noch vorhanden. In ihnen und anderen Wiedergeborenen. Da erschien es nicht weit hergeholt, dass eine dieser Kräfte ihnen eine Lektion erteilen wollte.

„Vielleicht ist dem so, aber ich denke trotzdem, dass das egal ist und wir es versuchen müssen.“, sagte der Kellner ernst.

„Aber bisher ging es doch immer so schrecklich aus! Hast du denn keine Angst, dass sich das wiederholt?“

„Natürlich habe ich das.“, antwortete Godric, „Aber so lange ich mit dir zusammen sein darf, ist mir das vollkommen egal. Ich überwinde das... Für dich.“ Der Hüne beugte sich nun über den Frühstückstisch und erfasste die Hand des Anwalts liebevoll, aber auch bestimmend. Dabei sahen seine blauen Augen ihn voller Leidenschaft an: „Ich liebe dich, Alex. Ich liebe dich über alles und es hat lange gedauert bis ich das erkannt habe. Und es tut mir leid, dass ich ein Narr war und es erst jetzt sehe... Aber das ändert nichts an der Stärke meiner Gefühle.“

„Ich liebe dich auch, God.“, sagte der 26-Jährige ehrlich, „So sehr, dass es manchmal wehtut. Du hast dafür gesorgt, dass ich diesen Satz erst verstehe...“

Godric musste darüber lächeln, während seine Brust vor Glück anschwoll: „Egal, wie schlecht es uns vorher ergangen ist, Alex, egal, wie oft uns ein schlechtes Ende vergönnt war, das ist alles bedeutungslos. Wir leben im Hier und Jetzt und unser Ziel ist die Zukunft, nicht die Vergangenheit. Wenn uns bisher nie ein gutes Ende bestimmt war, dann sind wir nun unser eigenes Happyend...“

Das rührte den Anwalt zu Tränen, der nun die Finger des 28-Jährigen liebevoll umschloss und mit seinem Daumen über die Hand des Hünen streichelte. Und obwohl es nur Worte waren, glaubte er ihm und war sich irgendwie sicher, dass sie es schaffen konnten.

Der Vergangenheit zum Trotz würden sie nach tausend Jahren ihr persönliches Happyend haben – gemeinsam.

 

A thousand Years Ende



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Kommentare zu dieser Fanfic (21)
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Von:  Soraleya
2018-03-03T22:27:37+00:00 03.03.2018 23:27
Ich bin leider erst jetzt über die Geschichte gestolpert und muss dir einfach sagen das sie atemberaubend ist . Ich liebe sie und das Youtoubevideo hat mich ernsthaft zum weinen gebracht weil es so schön war, einfach wahnsinn . Deine Geschichte ist so schön und umfangreich und einfach atemberaubend geschrieben , einfach ein echter Traum . Danke dafür das du das so perfekt zu Papier gebracht hast . alles liebe Niya
Antwort von:  Kylie
04.03.2018 08:17
Huhu. =)
Danke für deinen Kommentar. Freut mich, dass dir die FF so gut gefällt. :D
Ich wünsche dir noch ein schönes Wochenende. :3
LG
Cicilla
Antwort von:  Soraleya
04.03.2018 12:38
Danke dir :) , wünsche dir auch ein schönes wochende . Werd die ff nochmal und nochmal lesen mit dem schönem Lied im Hintergrund
Antwort von:  Kylie
04.03.2018 19:09
Das ist sehr nett. Ich hoffe doch, dass dir das Lesen weiterhin viel Freude bereitet. =)
Von:  Yoyo
2013-10-29T18:12:41+00:00 29.10.2013 19:12
Wo kommen plötzlich die ganzen guten FF's her?
Wahnsinn!
Ich habe angefangen daran zu zweifeln hier sowas zu finden, aber WOW!

Ich liebe dieses Pairing einfach über alle Maßen, ich finde toll wie du alles was man über sie weiß mit dem verbunden hast, was keiner weiß...diese Liebe, die Leidenschaft, die Tragik...sehr schön verpackt, sehr schön geschrieben.
Vor allem die Idee mir den verschiedenen Leben und Reinkarnationen <3
Die Rückblicke, die verzweifelten Momente und das tolle Ende!!

Danke dafür *___*
Antwort von:  Kylie
29.10.2013 20:16
Erstmal vielen Dank fürs Lesen und das liebe Kommi und die Komplimente. :-)
Es freut mich sehr, dass dir die FF so gut gefallen hat!
Da ich für die FF am Liebsten 1-2 Kapitel mehr gemacht hätte, es aber wegen der Wichtelaktion und meinem Roman in Arbeit sein gelassen habe, freut es mich natürlich, dass sie dennoch so gut ankommt. ^__^

Und nichts zu danken! Ich habe zu danken. <3
Antwort von:  Yoyo
29.10.2013 20:21
Meiner Meinung nach, hätte sie nicht noch 1-2 Kapitel mehr gebraucht. An manchen Stellen hätte man sicher mehr ausschmücken können, aber im Groben und Ganzen war es ein guter Lesefluß, nicht zu abgehackt geschrieben und man hat alles nachvollziehen können.
Von daher. <3

Und du schreibst einen Roman? Was denn genau?
Antwort von:  Kylie
29.10.2013 20:27
Das ist gut. Hatte auch nur die "wichtigen Fakten" wirklich reingenommen und dann eben das "Unnötige" weggelassen, damit die FF auf jeden Fall einen schönen und verständlichen Abschluss bekommt und der Lesefluss gewährleistet bleibt. Auch dann, wenn man die Hintergrundgeschichten nicht so detailliert kennt, wie ich und Dandelion. XD

Japp, das tue ich. ^^ Fantasy (welch Überraschung! XD) in der Richtung von Drachen, Elfen, Dämonen etc. Das volle Programm eigentlich. Die FF war so eine kleine Pause davon. *lacht*
Antwort von:  Yoyo
29.10.2013 20:34
Na ja, ein bisschen mehr Hintergrundwissen kann natürlich nie schaden, wobei ich selbst die Filme natürlich kenne und das vielleicht anders sehe als jemand der gar keine Ahnung hat.
Die wichtigen Fakten waren hier jedoch ausreichend. <3
Ich mochte auch besonders den Charkterwandel, zwischen allen drei Inkarnationen.*_*
*noch erwähnen wollte*

Ui~
Und was hast du mit dem Roman vor? Richtig an einen Verlag schicken?
Antwort von:  Kylie
29.10.2013 20:39
Ja, das stimmt wohl. Dafür bräuchte ich wohl mal einen leser oder eine Leserin, der/die keinen der Filme kennt. Aber es ist wohl unwahrscheinlich, dass so Jemand dann eine solche FF liest. xD
Aber es ist schön, dass dir der Wandel der Charakter über ihre verschiedenen Leben und wie sie sich weiterentwickelt haben, gefallen hat. Das war eigentlich der wichtigste Punkt in der Geschichte. :-)

Ich werde versuchen an einen Verlag zu kommen und es so zu veröffentlichen, wenn ich fertig und zufrieden bin und dann wird sich zeigen, ob es was wird. Wenn nicht, dann werde ich die Geschichte hier über Mexx veröffentlichen. Das reicht mir dann auch. Wäre nur schade, sie dann ungelesen versauern zu lassen. :-/
Antwort von:  Yoyo
29.10.2013 20:41
Stimmt, das ist eher unwahrscheinlich, aber dennoch haste dein Ziel erreicht ^_~
Perfekt!

Ich will sie lesen...irgendwann! *_*
Antwort von:  Kylie
29.10.2013 20:47
Und nochmals danke. :D

Hoffen wir das Beste, dass du es irgendwann dann wirklich lesen kannst. Und dann am Besten als Buch und/oder eBook. <3
Von: abgemeldet
2013-10-14T14:52:42+00:00 14.10.2013 16:52
Seufz.
Ich liebe happy ends. Das mit der Kritik war ja auch nicht so gemeint das es mir nicht gefallen hat... im Gegenteil. Nur die Wortwahl fand ich etwas derbe mehr nicht. Im realen leben gibt es auch keinen blumensex wenn es ums hintenrum geht. XD
Antwort von:  Kylie
15.10.2013 07:29
Nochmals danke für deinen Kommi. :-)
Happyend ist eigentlich relativ. Genaugenommen ist es ein offenes Ende, wo sich der Leser/die Leserin selbst ausmalen kann, wie es dieses Mal zwischen ihnen ausgehen wird. Ob sie es schaffen, den Kreis zu durchbrechen und ihr Happyend bekommen oder es wieder zerbricht. ^^ Aber ich weiß, was du meinst. xD
Und wegen der Kritik musst du dir auch keine Gedanken machen. Ich nehme so etwas Niemandem krumm. ^^ Meine Adult-Kapitel sind ja nicht grundlos Adult und das war noch sehr unschuldig zu dem, was ich sonst schreibe. xD Wollte aber den Romantik-Faktor nicht zu massiv damit runterdrücken. ^^
Also alles super! Keiner kommt zu Schaden. ;-)

Freut mich jedenfalls, dass dir die kleine FF so gefallen hat. ^__^
Von: abgemeldet
2013-10-13T20:27:17+00:00 13.10.2013 22:27
O/////O
Oh mein Gott!!
Loki ist der Seme ?!? Kreisch!!
Ich hatte so gehofft das Thor öh Nee godrick der seme ist. Drop!
Aber das mindert die Erotik keines Wegs.
Allerdings habe ich eine klitzekleine winzige Mini Mini Kritik.

Die Art mit der der Akt beschrieben wird, wirkt etwas... hart. Vielleicht liest du es dir nochmal durch und findest es ja selbst... ansonsten können wir gerne mal über mns darüber reden. Immerhon muss sowas nicht über ne wertumg gehen ^^
Ich Freu mich aufs ende.
Antwort von:  Kylie
14.10.2013 13:09
Danke für deinen Kommi. ^^

Na ja, Lexy und Gody sind ja anders als Loki und Thor. Und da Godric keinerlei... hmmm... "schwule Erfahrungen" hat, ist es recht unwahrscheinlich, dass er direkt die Führung übernimmt.
Man kann aber davon ausgehen, dass sich das in zukünftigen Akten drehen wird bzw. ein Kampf um die Dominanz entbrennt. ^^
So weit will ich die FF aber gar nicht auslasten, da es ja nur ein kleines Geschenk für meine Süße ist. <3

Falls du damit meinst, dass es nicht wie "Blümchensex" rüberkommt, ist das auch so gewollt. Auf Softy-Kram stehe ich persönlich gar nicht, aber das ist ja Geschmackssache. ^^

Viel Spaß beim Weiterlesen. :-)
Von: abgemeldet
2013-10-11T21:13:30+00:00 11.10.2013 23:13
Ich schwitze!
O/////O

Uiuiuiuiuiuiuiuiui.
In diesem kapi war ja alles drin.
Heulen
Zittern
Beben
Beten
Wieder heulen
freuen
mitfiebern
und schmachtend seufzen

ich schmelze dahin^^
Antwort von:  Kylie
11.10.2013 23:16
Die volle Packung an Emotionen kompakt zu einem Bad der Gefühle vermengt. xD
Und auch jetzt freue ich mich wieder, dass es dir so gefällt und du dich weiterhin mitreißen lässt. :-) *Taschentuch reicht*

Und wieder danke für deinen Kommi und das Lesen. ^^
Von: abgemeldet
2013-10-11T20:32:34+00:00 11.10.2013 22:32
OH MEIN GOOOTT!!!!!!!

Ich habe blut und wasser geschwitzt...
Ein glück das Gody rechtzeitig angerufen hat! Stöhn.
Alles andere wäre eine katastrophe!!!óÒ

Aaawh~~~ wie romantisch. na wenn das mal kein guter weg ist... schnell weiter lesen!!!!
Antwort von:  Kylie
11.10.2013 22:37
Na, dann habe ich mein Ziel ja erreicht. ;-)
Freut mich, dass du dich so hast mitreißen lassen, dass du sogar gefiebert hast. ^__^

Viel Spaß beim Weiterlesen. :D
Antwort von:  Kylie
11.10.2013 22:38
PS: Danke natürlich fürs Lesen und deinen Kommi. <3
Von: abgemeldet
2013-10-04T21:11:36+00:00 04.10.2013 23:11
Gott diese zerrissenheit der beiden.und dann die Traumsequenzen. Super!!! Mann kann sich in beide hineinversetzen das macht richtig Spaß!
Antwort von:  Kylie
05.10.2013 12:19
Und wieder danke ich für deinen Kommi. :-)
Freut mich, dass es dir so gefällt und du so viel Spaß an der FF hast. Ich hoffe, dass das so bleibt. ^.^
Antwort von: abgemeldet
07.10.2013 18:47
Ganz bestimmt !!!!
Von: abgemeldet
2013-10-03T20:49:21+00:00 03.10.2013 22:49
Ui ui ui. Das nenn ich harten tobak. Cool wie du die Gefühle der beiden zu Wort bekommst. Freu mich schon total auf das nächste Kapitel!
Antwort von:  Kylie
04.10.2013 06:46
Danke für deinen Kommi. :-)
Freut mich, dass du das sagst, weil mir die Gefühlsschiene und auch das Komplizierte hinter Beziehungen sehr wichtig ist.
Mal sehen, vielleicht kriege ich das zweite Kapitel auch schon heute fertig. ^^
Antwort von: abgemeldet
04.10.2013 15:49
Oh das wurde mich wirklich freuen. Sowas nenn ich gute Nacht lektüre ^^
Antwort von:  Kylie
04.10.2013 15:52
Ich habe es sogar geschafft, demnach hast du deine Gute Nacht-Lektüre sogar bekommen. xD
Antwort von: abgemeldet
04.10.2013 15:55
Jaiiiiii xD jetzt muss Arbeit nur schnell umgehen und dann schreib i dir wieder ein kommiiii ^_____^
Antwort von:  Kylie
04.10.2013 15:57
xDDD Schön, dass du dich so freust. :-)
Hetz' dich nicht, aber freuen würde ich mich natürlich dennoch. ;-) Schon mal viel Spaß beim Lesen! :D
Von:  Yako
2013-10-03T08:31:37+00:00 03.10.2013 10:31
Na die haben ja ne super Beziehung.:-)

Antwort von:  Kylie
03.10.2013 10:50
Was soll ich sagen? So sind Geschwister eben. xD
Von:  Happiness
2013-10-02T13:45:28+00:00 02.10.2013 15:45
Hey! Ich bin auf auf deine FanFic gestoßen und ich finde sie super! Wirklich. Ich hoffe, dass du weiterschreibst und die Fanfic auch zu Ende bringst.Deine Idee und dein Schreibstil sind awesome, ich freue mich schon auf ein neues Kapitel von dir.
Liebe Grüße,
Happiness
Antwort von:  Kylie
02.10.2013 22:04
Vielen Dank für die Blumen. Freut mich, dass es dir so gefällt. :-)
Zumindest bin ich bestrebt, die FF auch zu Ende zu bringen. xD

Liebste Grüße

Cissy
Antwort von:  Happiness
04.10.2013 22:00
Blumen? Äh, gerne :) Ich hoffe, sie riechen gut :D


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